Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 27. Sept. 2011 - 1 L 732/11.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2011:0927.1L732.11.MZ.0A
bei uns veröffentlicht am27.09.2011

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der (Haupt-) Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 26. Mai 2011 gegen die Verfügung des Antragsgegners vom April 2011 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO anzuordnen, hat keinen Erfolg.

2

Insoweit ist allerdings zunächst entgegen der Ansicht des Antragsgegners davon auszugehen, dass der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet ist, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesver-waltungsgerichts gehören zu den verfassungsrechtlichen Streitigkeiten, die von der Rechtswegzuweisung des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausgenommen sind, nur solche Verfahren, die die Rechtsbeziehungen von Verfassungsorganen oder am Verfassungsleben beteiligten Organen zueinander betreffen (sogenannte doppelte Verfassungsunmittelbarkeit), nicht hingegen Streitigkeiten zwischen Bürger und Staat (BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1976 - VII C 71.75-, BVerwGE 51, 69), und zwar auch dann, wenn Verfassungs-, insbesondere Grundrechtsnormen streitentscheidend sind.

3

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO erweist sich jedoch bereits als unstatthaft und damit als unzulässig. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs nur statthaft, wenn der Betreffende sich gegen eine behördliche Maßnahme wendet, die als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, denn das dem Antragsteller übersandte Formularschreiben zur Gebäude- und Wohnraumzählung vom April 2011 nebst Fragebogen ist mangels Regelungscharakter mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen nicht als Verwaltungsakt i. S. des § 35 VwVfG anzusehen. Insoweit verweist das Gericht zur weiteren Begründung auf die diesbezüglichen umfassenden Ausführungen in dem den Bevollmächtigten des Antragstellers bekannten Beschluss des VG Berlin vom 22. August 2011 (Az.: 6 L 1.11, juris), denen es sich anschließt (vgl. in diesem Zusammenhang auch VG Neustadt, Beschluss vom 3. August 2011, Az.: 4 L 612/11.NW, wo die Verwaltungsaktqualität des vergleichbaren Informationsschreibens zur bevorstehenden Haushaltsbefragung ebenfalls verneint wird).

4

Der Hilfsantrag des Antragstellers, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufzugeben, „bis zum rechtskräftigen Abschluss des anhängigen oder eines anhängigen Musterverfahrens (Az.: n.n.) keine weiteren Erhebungen zu Lasten des Antragstellers vorzunehmen und / oder die Datenzusammenführung nach § 12 Zensusgesetz zu vollziehen“, hat ebenfalls keinen Erfolg.

5

Dem Begehren fehlt schon das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Da gegenüber dem Antragsteller bislang kein verbindlicher Verwaltungsakt in Form eines Heranziehungsbescheides erlassen wurde, besteht gegenwärtig keine Gefahr, dass weitere Erhebungen zu Lasten des Antragstellers vorgenommen werden und eine Datenzusammenführung nach § 12 Zensusgesetz vollzogen wird (VG Neustadt, Beschluss vom 3. August 2011, Az.: 4 L 612/11.NW; VG Berlin, Beschluss vom 22. August 2011, Az.: 6 L 1.11, a.a. O.).

6

Im Übrigen fehlt es diesem Antrag auch an der hinreichenden Bestimmtheit. Denn es ist nicht ersichtlich, welche konkreten zukünftigen Erhebungen in Vollziehung des Zensusgesetzes 2011 zu Lasten des Antragstellers dem Antragsgegner genau untersagt werden sollen. Dies gilt auch, soweit der Antragsteller die Vollziehung einer Datenzusammenführung nach § 12 Zensusgesetz untersagt haben will. Auch in diesem Zusammenhang ist nicht ansatzweise zu erkennen, wogegen sich das Begehren konkret richtet. Darüber hinaus können bislang noch gar nicht erhobene Daten auch nicht zusammengeführt werden (OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. September 2011, Az.: 11 ME 261/11, juris; VG Neustadt, Beschluss vom 3. August 2011; VG Berlin, Beschluss vom 22. August 2011, a.a.O.).

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

8

Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 GKG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 40


(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 03. Aug. 2011 - 4 L 612/11.NW

bei uns veröffentlicht am 03.08.2011

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500 € festgesetzt. Gründe 1 Das im Wege einer objektiven Ant

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(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

1

Das im Wege einer objektiven Antragshäufung (§ 44 VwGO analog) verfolgte Begehren der Antragsteller kann keinen Erfolg haben.

I.

2

Der Hauptantrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen „die Verfügungen des Antragsgegners zur Auskunftsverpflichtung zur Haushaltsbefragung“ anzuordnen, ist schon unstatthaft und damit unzulässig.

3

Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage ist nur statthaft, wenn der Betreffende sich gegen einen Verwaltungsakt wendet, der von Gesetzes wegen sofort vollziehbar ist. Vorliegend hat der Antragsgegner aber keinen Verwaltungsakt gegenüber den Antragstellern erlassen.

4

In der Verwaltungsakte befindet sich lediglich ein von der Kreisverwaltung S  erstelltes Informationsschreiben vom 9. Mai 2011, das an die „Auskunftspflichtigen zur Zensus-Haushaltebefragung“ gerichtet ist. Dieses Informationsschreiben wurde den Antragstellern von einem sog. Erhebungsbeauftragten in den Briefkasten ihres Wohngebäudes in A-Dorf eingeworfen. Das Schreiben enthält weder eine Rechtsbehelfsbelehrung noch die sonstigen äußeren Merkmale eines Verwaltungsakt im Sinne des § 1 LVwVfG i.V.m. § 35 VwVfG, gegen den derselbe Rechtsbehelf zulässig wäre wie bei „echten“ Verwaltungsakten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, NVwZ-RR 2010, 587). Aber auch in materieller Hinsicht stellt dieses Schreiben keinen Verwaltungsakt dar. Nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 35 Satz 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 35 Satz 2 VwVfG ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

5

Das genannte Schreiben erfüllt nicht die Merkmale eines Verwaltungsakts in der hier allein in Betracht kommenden Form der Allgemeinverfügung. Darin informiert die Kreisverwaltung S die Auskunftspflichtigen im Landkreis über die bevorstehende Haushaltsbefragung, die auf der Grundlage des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 vom 8. Juli 2009 – ZensG 2011 – (BGBl. 2009 Seite 1781) vorgenommen werden soll. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:

6

„An die Auskunftspflichtigen zur Zensus-Haushaltebefragung

7

Im Jahr 2011 findet europaweit eine Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung statt. Mit dieser auch als Zensus 2011 bezeichneten Erhebung wird in Deutschland zum Stichtag 9. Mai 2011 u.a. festgestellt, wie viele Menschen in unserem Land leben, was sie arbeiten und wie sie wohnen. Da nicht alle benötigten Informationen aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, sind zusätzliche Befragungen erforderlich. Ihre Wohnanschrift wurde nach einem mathematisch-statistischen Zufallsverfahren für die Zensus-Haushaltebefragung nach § 7 ZensG 2011 ausgewählt. Daher ist es erforderlich, dass wir von Ihnen und den mit Ihnen gemeinsam in einem Haushalt lebenden Personen einige Informationen erfragen.

8

Die Zensus-Daten sind für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von großer Bedeutung. Deshalb hat der Bundesgesetzgeber für die Haushaltebefragung eine Auskunftspflicht vorgesehen (§18 Abs. 3 ZensG 2011).

9

Für die Organisation der Befragungen vor Ort wurde die oben genannte Zensus-Erhebungsstelle bei der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße eingerichtet. Die Befragung erfolgt durch von uns bestellte Erhebungsbeauftragte, die sich selbstverständlich ausweisen können und zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Eine(r) dieser Interviewer(innen) wird Sie in den kommenden Tagen aufsuchen, um mit Ihnen gemeinsam festzustellen, ob Sie und ggf. mit Ihnen gemeinsam wohnende Personen in die Befragung einzubeziehen sind. Sie haben die Möglichkeit, die Erhebungsunterlagen mit ihr/ihm gemeinsam oder innerhalb von 14 Tagen selbst auszufüllen. Die notwendigen Unterlagen hierfür erhalten Sie von Ihrer/Ihrem Erhebungsbeauftragten. Der Besuchstermin ist auf beiliegender Karte vermerkt.

10

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem beigefügten Faltblatt und der Rückseite dieses Schreibens. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre(n) Erhebungsbeauftragte/n.

11

Für Ihre Unterstützung beim Zensus 2011 danken wir Ihnen ganz herzlich.

12

Diejenigen allgemeinen Begriffsmerkmale eines Verwaltungsakts, die auch eine Allgemeinverfügung erfüllen muss, sind hier nicht gegeben. Zwar scheitert die Rechtsqualität einer Regelung nicht bereits daran, dass sie in einem Informationsschreiben enthalten ist und den Adressaten für ihre Unterstützung beim Zensus 2011 ausdrücklich gedankt wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, NJW 1987, 1839). Das Informationsschreiben hat aber keinen Regelungscharakter mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen, indem es die Rechtslage verbindlich durch Verwaltungsakt feststellt (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, PharmR 2010, 534). Denn bei zutreffendem Verständnis zielt es nicht auf die Setzung einer Rechtsfolge, sondern erschöpft sich lediglich in Hinweisen auf die Rechtslage. Der Inhalt der in ihm zum Ausdruck gebrachten behördlichen Erklärung ist anhand der gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln; danach ist allein der erklärte Wille maßgebend, und zwar so, wie der Empfänger die für ihn bestimmte Erklärung nach Treu und Glauben hat auffassen dürfen (vgl. BVerwG, NVwZ 2010, 133). Aus der Sicht eines objektiven Empfängers informiert das Schreiben vom 9. Mai 2011 nur über die bevorstehende Befragung durch einen von der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße bestellten Erhebungsbeauftragten. Es wird darauf hingewiesen, dass dieser den Empfänger des Schreibens „in den kommenden Tagen aufsuchen“ wird, um mit ihm gemeinsam festzustellen, ob er und ggf. mit ihm gemeinsam wohnende Personen in die Befragung einzubeziehen sind. Ferner wird der Empfänger darauf aufmerksam gemacht, dass er die Möglichkeit hat, die Erhebungsunterlagen mit dem Erhebungsbeauftragten gemeinsam oder innerhalb von 14 Tagen selbst auszufüllen. Von einer verbindlichen Regelung mit Außenwirkung kann daher keine Rede sein.

13

Ein Verwaltungsakt, der im Wege eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt., 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 15 Abs. 6 BDatSchG angegriffen werden kann, liegt sicher dann vor, wenn die für die Haushaltebefragung nach dem ZensG 2011 zuständigen Stellen gegenüber den nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 von Gesetzes wegen zur Auskunft Verpflichteten förmliche Bescheide erlassen werden. Dazu hat der Antragsgegner im Verfahren angegeben, demnächst würden erst einfache Erinnerungsschreiben an diejenigen Personen erfolgen, die ihrer Auskunftspflicht bisher nicht nachgekommen seien. Erst danach würden förmliche Heranziehungsbescheide mit Zwangsgeldandrohung ergehen.

14

Ist das Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs damit schon unstatthaft, so war der Hauptantrag als unzulässig abzulehnen.

15

Nur der Vollständigkeit halber weist die Kammer ferner darauf hin, dass der Antrag in Übrigen auch unbegründet ist. Denn er richtet sich gegen den falschen Antragsgegner.

16

Unterstellt, das Informationsschreiben vom 9. Mai 2011 wäre ein Verwaltungsakt, so wäre im vorliegenden Verfahren nicht der Antragsgegner, sondern der Landkreis S passivlegitimiert im Sinne des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (zur systematischen Einordnung des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO s. z.B. BVerwG, NVwZ-RR 2003, 41; OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ 1987, 296).

17

Nach § 1 des Landesgesetzes zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011 vom 28. September 2010 – AGZensG 2011 - (GVBl 2010, 269) ist das Statistische Landesamt zuständige Behörde für die Vorbereitung und Durchführung des Zensus 2011 nach § 1 Abs. 1 ZensG 2011, soweit nicht nach Maßgabe dieses Gesetzes eine Aufgabenübertragung auf die kreisfreien Städte und die Landkreise erfolgt. Gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 8 AGZensG 2011 sind zuständig für die Erhebung im Rahmen der Haushaltebefragung die kreisfreien Städte und die Landkreise, die jeweils eine Erhebungsstelle einrichten und diese mit dem erforderlichen Personal ausstatten. Gemäß § 3 Abs. 2 AGZensG 2011 nehmen sie die ihnen mit diesem Gesetz übertragenen Aufgaben als Auftragsangelegenheit wahr. Folglich wäre hier der Landkreis S passivlegitimiert.

II.

18

Der Hilfsantrag der Antragsteller, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, bis zum rechtskräftigen Abschluss des anhängigen oder eines anhängigen Musterverfahrens keine weitere Erhebungen zu Lasten der Antragstellerin vorzunehmen und die Datenzusammenführung nach § 12 ZensG 20911 nicht zu vollziehen, kann ebenfalls keinen Erfolg haben.

19

Zunächst unterstellt die Kammer zugunsten der Antragsteller, dass sich der Hilfsantrag auf beide Antragsteller beziehen soll und es sich nur um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt.

20

Dem Begehren fehlt schon das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Wie oben ausgeführt, ist bisher gegenüber den Antragstellern kein verbindlicher Verwaltungsakt erlassen worden. Folglich besteht gegenwärtig schon keine Gefahr, dass weitere Erhebungen zu Lasten der Antragsteller vorgenommen werden und eine Datenzusammenführung nach § 12 ZensG 2011 vollzogen wird.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

1

Das im Wege einer objektiven Antragshäufung (§ 44 VwGO analog) verfolgte Begehren der Antragsteller kann keinen Erfolg haben.

I.

2

Der Hauptantrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen „die Verfügungen des Antragsgegners zur Auskunftsverpflichtung zur Haushaltsbefragung“ anzuordnen, ist schon unstatthaft und damit unzulässig.

3

Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage ist nur statthaft, wenn der Betreffende sich gegen einen Verwaltungsakt wendet, der von Gesetzes wegen sofort vollziehbar ist. Vorliegend hat der Antragsgegner aber keinen Verwaltungsakt gegenüber den Antragstellern erlassen.

4

In der Verwaltungsakte befindet sich lediglich ein von der Kreisverwaltung S  erstelltes Informationsschreiben vom 9. Mai 2011, das an die „Auskunftspflichtigen zur Zensus-Haushaltebefragung“ gerichtet ist. Dieses Informationsschreiben wurde den Antragstellern von einem sog. Erhebungsbeauftragten in den Briefkasten ihres Wohngebäudes in A-Dorf eingeworfen. Das Schreiben enthält weder eine Rechtsbehelfsbelehrung noch die sonstigen äußeren Merkmale eines Verwaltungsakt im Sinne des § 1 LVwVfG i.V.m. § 35 VwVfG, gegen den derselbe Rechtsbehelf zulässig wäre wie bei „echten“ Verwaltungsakten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, NVwZ-RR 2010, 587). Aber auch in materieller Hinsicht stellt dieses Schreiben keinen Verwaltungsakt dar. Nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 35 Satz 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 35 Satz 2 VwVfG ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

5

Das genannte Schreiben erfüllt nicht die Merkmale eines Verwaltungsakts in der hier allein in Betracht kommenden Form der Allgemeinverfügung. Darin informiert die Kreisverwaltung S die Auskunftspflichtigen im Landkreis über die bevorstehende Haushaltsbefragung, die auf der Grundlage des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 vom 8. Juli 2009 – ZensG 2011 – (BGBl. 2009 Seite 1781) vorgenommen werden soll. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:

6

„An die Auskunftspflichtigen zur Zensus-Haushaltebefragung

7

Im Jahr 2011 findet europaweit eine Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung statt. Mit dieser auch als Zensus 2011 bezeichneten Erhebung wird in Deutschland zum Stichtag 9. Mai 2011 u.a. festgestellt, wie viele Menschen in unserem Land leben, was sie arbeiten und wie sie wohnen. Da nicht alle benötigten Informationen aus Verwaltungsregistern gewonnen werden können, sind zusätzliche Befragungen erforderlich. Ihre Wohnanschrift wurde nach einem mathematisch-statistischen Zufallsverfahren für die Zensus-Haushaltebefragung nach § 7 ZensG 2011 ausgewählt. Daher ist es erforderlich, dass wir von Ihnen und den mit Ihnen gemeinsam in einem Haushalt lebenden Personen einige Informationen erfragen.

8

Die Zensus-Daten sind für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von großer Bedeutung. Deshalb hat der Bundesgesetzgeber für die Haushaltebefragung eine Auskunftspflicht vorgesehen (§18 Abs. 3 ZensG 2011).

9

Für die Organisation der Befragungen vor Ort wurde die oben genannte Zensus-Erhebungsstelle bei der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße eingerichtet. Die Befragung erfolgt durch von uns bestellte Erhebungsbeauftragte, die sich selbstverständlich ausweisen können und zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Eine(r) dieser Interviewer(innen) wird Sie in den kommenden Tagen aufsuchen, um mit Ihnen gemeinsam festzustellen, ob Sie und ggf. mit Ihnen gemeinsam wohnende Personen in die Befragung einzubeziehen sind. Sie haben die Möglichkeit, die Erhebungsunterlagen mit ihr/ihm gemeinsam oder innerhalb von 14 Tagen selbst auszufüllen. Die notwendigen Unterlagen hierfür erhalten Sie von Ihrer/Ihrem Erhebungsbeauftragten. Der Besuchstermin ist auf beiliegender Karte vermerkt.

10

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem beigefügten Faltblatt und der Rückseite dieses Schreibens. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre(n) Erhebungsbeauftragte/n.

11

Für Ihre Unterstützung beim Zensus 2011 danken wir Ihnen ganz herzlich.

12

Diejenigen allgemeinen Begriffsmerkmale eines Verwaltungsakts, die auch eine Allgemeinverfügung erfüllen muss, sind hier nicht gegeben. Zwar scheitert die Rechtsqualität einer Regelung nicht bereits daran, dass sie in einem Informationsschreiben enthalten ist und den Adressaten für ihre Unterstützung beim Zensus 2011 ausdrücklich gedankt wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, NJW 1987, 1839). Das Informationsschreiben hat aber keinen Regelungscharakter mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen, indem es die Rechtslage verbindlich durch Verwaltungsakt feststellt (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, PharmR 2010, 534). Denn bei zutreffendem Verständnis zielt es nicht auf die Setzung einer Rechtsfolge, sondern erschöpft sich lediglich in Hinweisen auf die Rechtslage. Der Inhalt der in ihm zum Ausdruck gebrachten behördlichen Erklärung ist anhand der gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln; danach ist allein der erklärte Wille maßgebend, und zwar so, wie der Empfänger die für ihn bestimmte Erklärung nach Treu und Glauben hat auffassen dürfen (vgl. BVerwG, NVwZ 2010, 133). Aus der Sicht eines objektiven Empfängers informiert das Schreiben vom 9. Mai 2011 nur über die bevorstehende Befragung durch einen von der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße bestellten Erhebungsbeauftragten. Es wird darauf hingewiesen, dass dieser den Empfänger des Schreibens „in den kommenden Tagen aufsuchen“ wird, um mit ihm gemeinsam festzustellen, ob er und ggf. mit ihm gemeinsam wohnende Personen in die Befragung einzubeziehen sind. Ferner wird der Empfänger darauf aufmerksam gemacht, dass er die Möglichkeit hat, die Erhebungsunterlagen mit dem Erhebungsbeauftragten gemeinsam oder innerhalb von 14 Tagen selbst auszufüllen. Von einer verbindlichen Regelung mit Außenwirkung kann daher keine Rede sein.

13

Ein Verwaltungsakt, der im Wege eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt., 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 15 Abs. 6 BDatSchG angegriffen werden kann, liegt sicher dann vor, wenn die für die Haushaltebefragung nach dem ZensG 2011 zuständigen Stellen gegenüber den nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 von Gesetzes wegen zur Auskunft Verpflichteten förmliche Bescheide erlassen werden. Dazu hat der Antragsgegner im Verfahren angegeben, demnächst würden erst einfache Erinnerungsschreiben an diejenigen Personen erfolgen, die ihrer Auskunftspflicht bisher nicht nachgekommen seien. Erst danach würden förmliche Heranziehungsbescheide mit Zwangsgeldandrohung ergehen.

14

Ist das Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs damit schon unstatthaft, so war der Hauptantrag als unzulässig abzulehnen.

15

Nur der Vollständigkeit halber weist die Kammer ferner darauf hin, dass der Antrag in Übrigen auch unbegründet ist. Denn er richtet sich gegen den falschen Antragsgegner.

16

Unterstellt, das Informationsschreiben vom 9. Mai 2011 wäre ein Verwaltungsakt, so wäre im vorliegenden Verfahren nicht der Antragsgegner, sondern der Landkreis S passivlegitimiert im Sinne des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (zur systematischen Einordnung des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO s. z.B. BVerwG, NVwZ-RR 2003, 41; OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ 1987, 296).

17

Nach § 1 des Landesgesetzes zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011 vom 28. September 2010 – AGZensG 2011 - (GVBl 2010, 269) ist das Statistische Landesamt zuständige Behörde für die Vorbereitung und Durchführung des Zensus 2011 nach § 1 Abs. 1 ZensG 2011, soweit nicht nach Maßgabe dieses Gesetzes eine Aufgabenübertragung auf die kreisfreien Städte und die Landkreise erfolgt. Gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 8 AGZensG 2011 sind zuständig für die Erhebung im Rahmen der Haushaltebefragung die kreisfreien Städte und die Landkreise, die jeweils eine Erhebungsstelle einrichten und diese mit dem erforderlichen Personal ausstatten. Gemäß § 3 Abs. 2 AGZensG 2011 nehmen sie die ihnen mit diesem Gesetz übertragenen Aufgaben als Auftragsangelegenheit wahr. Folglich wäre hier der Landkreis S passivlegitimiert.

II.

18

Der Hilfsantrag der Antragsteller, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, bis zum rechtskräftigen Abschluss des anhängigen oder eines anhängigen Musterverfahrens keine weitere Erhebungen zu Lasten der Antragstellerin vorzunehmen und die Datenzusammenführung nach § 12 ZensG 20911 nicht zu vollziehen, kann ebenfalls keinen Erfolg haben.

19

Zunächst unterstellt die Kammer zugunsten der Antragsteller, dass sich der Hilfsantrag auf beide Antragsteller beziehen soll und es sich nur um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt.

20

Dem Begehren fehlt schon das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Wie oben ausgeführt, ist bisher gegenüber den Antragstellern kein verbindlicher Verwaltungsakt erlassen worden. Folglich besteht gegenwärtig schon keine Gefahr, dass weitere Erhebungen zu Lasten der Antragsteller vorgenommen werden und eine Datenzusammenführung nach § 12 ZensG 2011 vollzogen wird.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.