Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 27. Mai 2015 - 8 B 9/15

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2015:0527.8B9.15.0A
bei uns veröffentlicht am27.05.2015

Gründe

1

Der vorläufige Rechtsschutzantrag der Antragstellerin, mit welchem sie sinngemäß beantragt,

2

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die für den 28.05.2015 geplante Vernehmung der Zeugen B... und C... abzusetzen,

3

hat keinen Erfolg.

4

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 ZPO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung eines bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Der zu sichernde Anspruch und der Grund der Anordnung sind glaubhaft zu machen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

5

Der Antragstellerin steht bereits kein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte einstweilige Anordnung zur Seite. Denn sie wehrt sich mit dem Eilantrag gegen die bevorstehende Beweisaufnahme (§ 24 DG LSA) durch Zeugenvernehmung (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 DG LSA) in dem gegen sie eingeleiteten behördlichen Disziplinarverfahren. Bei der Beweiserhebung im Rahmen des anhängigen Disziplinarverfahrens handelt es sich um eine behördliche Verfahrenshandlung zur Aufklärung des Sachverhaltes bzw. Klärung des Disziplinarvorwurfs. Derartige, die spätere Sachentscheidung vorbereitende Maßnahmen, können nicht isoliert angefochten bzw. rechtlich überprüft werden (vgl. § 3 DG LSA; § 44 a VwVfG LSA). Sinn dessen ist es, den Abschluss des anhängigen Behördenverfahrens nicht zu verzögern oder zu erschweren (vgl. nur: Kopp/Schenke; VWGO; 17.Auflage 2011, § 44 a Rz. 1). Denn mit dem Rechtsmittel gegen die abschließende Behördenentscheidung steht dem Betroffenen ausreichender und effektiver Rechtsschutz zur Seite.

6

Nichts anderes gilt vorliegend im Disziplinarrecht. Denn münden die disziplinarrechtlichen Ermittlungen in dem Erlass einer Disziplinarverfügung (§ 33 DG LSA) gegen die Antragstellerin oder der Erhebung der Disziplinarklage (§§ 34, 49 DG LSA), können etwaige Fehler in der Beweiserhebung im Rahmen der dagegen zustehenden Rechtsbehelfe (§§ 41, 59 DG LSA) bzw. in der Verteidigung gegen die Disziplinarklage (§ 52 DG LSA) geltend gemacht werden, wobei die Möglichkeit der Heilung bzw. Ersetzung der fehlerhaften Verfahrenshandlungen durch Tätig werden des Disziplinargerichts besteht Vgl. nur: VG Magdeburg, Urteil v. 13.12.2012, 8 A 7/11 m. w. Nachw.; juris). Gleiches gilt soweit das behördliche Disziplinarverfahren unter Feststellung oder offenlassen eines Dienstvergehens eingestellt werden sollte (§ 32 Abs. 4 DG LSA). Nur soweit es unmittelbar zu Grundrechtseingriffen kommt, bedarf es etwa im Fall der begehrten Herausgabe von Unterlagen (§ 26 DG LSA) oder einer Beschlagnahme und Durchsuchung (§ 27 DG LSA) wegen des Richtervorbehaltes einer vorhergehenden gerichtlichen Entscheidung. Gleiches gilt soweit ein Zeuge oder Sachverständiger seinen Pflichten nicht nachkommt (§ 25 DG LSA). Schließlich nennt das Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt, wie auch die der anderen Länder und des Bundes, für den vorläufigen Rechtsschutz nur die dort genannten Verfahren zur Beschleunigung (§ 60 DG LSA) und gegen die vorläufige Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen (§§ 38, 61 DG LSA).

7

Nichts anderes gilt, soweit die Antragstellerin den Anordnungsanspruch damit zu begründen versucht, dass bereits das Disziplinarverfahren entgegen § 17 DG LSA aufgrund einer anonymen Anzeige unter Verstoß gegen das Legalitätsprinzip fehlerhaft eingeleitet worden sei. Auch die Frage nach der ordnungsgemäßen und rechtmäßigen Einleitung eines Disziplinarverfahrens stellt sich naturgemäß erst zum Abschluss der Ermittlungen und stellt somit selbst keine angreifbare Disziplinarentscheidung dar (Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 5. Auflage 2012, § 52 Rz. 16). Mag man zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes Ausnahmen dahingehend zulassen, dass völlig abwegige oder willkürliche Einleitungen und Ermittlungen untersagt werden könnten, liegen diese auch nicht vor. Zutreffend zitiert die Antragstellerin insoweit die Ausführungen des Disziplinargerichts in dem Urteil vom 13.12.2012 (8 A 7/11; juris), wonach unter Verweis auf das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 29.07.2010, 2 A 4.09; juris), der Verdacht eines Dienstvergehens hinreichend konkret sein muss und bloße Vermutungen zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens nicht ausreichen. Hinreichende Tatsachen können sich ergeben aus Hinweisen von Verwaltungsangehörigen, Aktenvorgängen, aber auch aus schriftlichen oder mündlichen Mitteilungen von Verwaltungsfremden. Zweifelhaft ist der Umgang mit anonymen Anzeigen und Mitteilungen. Dabei werden jedenfalls auch anonyme Mitteilungen, die offensichtlich nicht ins Blaue hinein vorgenommen wurden sondern in sich schlüssig und substantiiert sind und unter Nennung weiterer Tatsachengrundlagen „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 DG LSA) für ein Dienstvergehen liefern, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens im Einzelfall rechtfertigen können. So liegt der Fall hier. Jedenfalls das an den Landrat des Landkreises C-Stadt gerichtete anonyme Schreiben (Eingang am 18.12.2014), beinhaltet derartige substantiierte Angaben und damit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 DG LSA „zureichend tatsächliche Anhaltspunkte die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen“, so dass für den Dienstvorgesetzten die Dienstpflicht bestand, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Dies im Übrigen noch viel mehr, weil die Antragstellerin selbst die Einleitung des Disziplinarverfahrens nach § 18 DG LSA zur „Selbstreinigung“ beantragte. Aber auch dies mag gegebenenfalls im Rahmen einer Klage gegen eine Disziplinarverfügung oder einer Disziplinarklage geprüft werden; willkürlich erscheint die Einleitung jedenfalls nicht.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 72 Abs. 4, 73 Abs. 1 DG LSA, 154 Abs. 1 VWGO.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 13. Dez. 2012 - 8 A 7/11

bei uns veröffentlicht am 13.12.2012

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarverfügung, womit gegen den Kläger wegen eines Dienstvergehens die Kürzung seiner Dienstbezüge in Höhe von einem Zehntel für die Dauer von sechs Monaten verhängt wurde.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 27. Mai 2015 - 8 B 9/15.

Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 25. Apr. 2017 - 15 B 4/17

bei uns veröffentlicht am 25.04.2017

Gründe 1 Die Antragstellerin ist Bürgermeisterin und Hauptverwaltungsbeamtin der Stadt A-Stadt und wurde unter dem 03.02.2017 durch den Antragsgegner als Stadtrat der Stadt A-Stadt nach § 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt (DG

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarverfügung, womit gegen den Kläger wegen eines Dienstvergehens die Kürzung seiner Dienstbezüge in Höhe von einem Zehntel für die Dauer von sechs Monaten verhängt wurde.

2

Der Kläger ist Volljurist und seit dem 01.09.2008 Kanzler der … Universität in C-Stadt (BesGr. B 2 BBesO). Nach § 71 Abs. 3 Hochschulgesetz Sachsen-Anhalt (HSG LSA) wird der Kanzler für die Dauer von acht Jahren zum Beamten auf Zeit ernannt. Die während des Disziplinarverfahrens vom Dienstherrn betriebene beamtenrechtliche Abordnung und Versetzung des Klägers wurde letztendlich gerichtlich aufgehoben (vgl. VG Magdeburg, Urteil v. 13.12.2011, 5 A 56/11 MD und 5 B 26/11 MD, Beschluss des OVG LSA vom 24.04.2012, 1 L 31/12, juris).

3

Mit der streitbefangenen Disziplinarverfügung vom 16.03.2011 des Kultusministeriums wird dem Kläger vorgeworfen, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er am 13.03., 08.05., 27.10. und 02./03.12.2009 Dienstfahrzeuge der Universität zu privaten Zwecken genutzt habe. Dadurch habe er gegen seine Pflichten aus §§ 34, 35 Satz 2 Beamtenstatutsgesetz (BeamtStG) und § 42 Satz 2 der Landeshaushaltsordnung (LHO) i. V. m. den einschlägigen Richtlinien über die Haltung und Benutzung von Dienstkraftfahrzeugen (Kraftfahrzeugrichtlinien-KfzR) und den dazu ergangenen universitären Festlegungen (Fuhrparkordnung, Rundschreiben) verstoßen. Den Pflichtenverstoß habe er vorsätzlich begangen. Denn als Volljurist und in seiner Funktion als Kanzler und Beauftragter für den Haushalt der Universität sei ihm hinlänglich bekannt, dass Dienstkraftfahrzeuge grundsätzlich nur zur Durchführung dienstlicher Zwecke genutzt werden dürften.

4

Weiter wird dem Kläger vorgehalten, Mitarbeiterinnen gemobbt, verbal und sexuell belästigt zu haben. Dadurch habe er gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG vorsätzlich und schuldhaft verstoßen. Er habe sich der Zeugin D. über einen längeren Zeitraum hinweg körperlich genähert, sie verbal belästigt und unmittelbar deren Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz betrieben, als sie dem vom Kläger bei einem gemeinsamen Mittagessen am 02.03.2010 geäußerten Wunsch nach „mehr persönlicher Nähe“ nicht entsprochen habe. Auch die Zeugin E. habe bestätigt, dass der Kläger sich ihr ähnlich genähert und sie belästigt habe. Die Grenze zur Pflichtwidrigkeit sei überschritten, wenn ein Beamter gegenüber weiblichen Bediensteten trotz deren eindeutig ablehnender Haltung aus sexuellen Gründen zudringlich werde. Der Kläger habe bewusst während des Dienstes körperlichen Kontakt zu den genannten Zeuginnen gesucht und sie wiederholt umarmt sowie bewusst durch Bemerkungen sexuellen Inhalts belästigt. Gegenüber der Zeugin D. habe der Kläger geschlechtsbezogene Äußerungen und Anspielungen in Bezug auf deren Kleidung getätigt. Dieses Verhalten sei von den Zeuginnen für den Kläger eindeutig erkennbar ausdrücklich verbal und durch Körpersprache abgelehnt und von ihnen als verletzend empfunden worden. Insbesondere die Zeugin D. habe psychisch gelitten. Ein Beamter, der innerhalb des Dienstes Mitarbeiterinnen sexuell belästige, beeinträchtige erheblich sein Ansehen und das der Beamtenschaft, störe erheblich den Dienstfrieden und verletze in schwerwiegender Weise die Würde und Ehre der Betroffenen.

5

Den gegen die Disziplinarverfügung eingelegten Widerspruch wies das vormals zuständige Kultusministerium mit Widerspruchsbescheid vom 19.04.2011 mit den Gründen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück.

6

Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage wendet sich der Kläger weiter gegen die Disziplinarverfügung. Das Disziplinarverfahren sei bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden. Neben der gegen den Kläger betriebenen beamtenrechtlichen Abordnung und Versetzung sei das Disziplinarverfahren Teil der Mobbing-Kampagne gegen den Kläger, so dass ein objektives, faires und vor allem gesetzeskonformes Disziplinarverfahren nicht geführt worden sei.

7

Dem Kläger sei keine vollständige Akteneinsicht durch den Ermittlungsführer gewährt worden. Der am 09.06.2010 zur Akteneinsicht übersandte Disziplinarvorgang sei unvollständig gewesen. Es habe dort die gesamte Korrespondenz zwischen dem AL 4 des Beklagten, Dr. … und dem Bevollmächtigten des Klägers im Zeitraum vom 01.04.2010 bis etwa zum 18.05.2010 und insbesondere das Protokoll über die Besprechung am 15.04.2010 gefehlt. Aufgrund fehlender nachvollziehbarer Unterlagen sei nicht feststellbar, auf welcher Tatsachengrundlage das Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei. Es sei insbesondere nicht erkennbar, welche Informationen für die Einleitungsverfügung vom 26.05.2010 ursächlich gewesen seien. Aufgrund des Vermerkes des späteren Ermittlungsführers von etwa Mitte April 2010, wonach „die Gewissheit“ für Dienstvergehen, begründe sich die Befangenheit des Ermittlungsführers, so dass dieser als ungeeignet anzusehen sei und gar nicht zum Ermittlungsführer hätte bestellt werden dürfen. Zudem habe der Ermittlungsführer weitere Verfahrensfehler begangen. In den Zeugenladungen seien das Beweisthema nicht angegeben worden. Dem Kläger und seinem Bevollmächtigten seien die Teilnahme an der Zeugenvernehmung nicht gestattet worden. Das Anwesenheits- und Fragerecht nach § 24 Abs. 4 Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt (DG LSA) könne nicht gegen ein nachträgliches Anhörungsrecht nach § 30 DG LSA ausgehebelt werden. Beide Rechte hätten unterschiedliche Zielsetzungen. Dem Wunsch des Bevollmächtigten nicht zu entsprechen, die Zeugenvernehmungen an einem Tag wegen der Anreise aus A-Stadt vorzunehmen, sei eine bewusste Schikane. Die Zeugin D. und der Zeuge Z. seien zum sog. IKAM-Projekt befragt worden, obwohl dies nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens gewesen sei. Schließlich würden die Protokolle über die vom Ermittlungsführer vernommenen Zeugenaussagen nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 28 DG LSA genügen. Es fehle an den zwingend in § 168 a Abs. 1 StPO vorgeschriebenen Angaben, so dass die stereotypische Angabe „Auf Frage“ nicht genüge.

8

Diese auf der Befangenheit des Ermittlungsführers beruhenden Verfahrensfehler führten zur Rechtswidrigkeit der Disziplinarverfügung. Auch der Widerspruchsbescheid habe diese Verfahrensfehler nicht geheilt. Zudem habe der Staatssekretär im Kultusministerium als Widerspruchsbehörde seinen eigenen Ausgangsbescheid überprüft.

9

Die fehlerhaften Beweiserhebungen könnten auch nicht im Gerichtsverfahren geheilt werden. Denn das Recht auf Beweisteilhabe nach § 24 Abs. 4 DG LSA gehe inhaltlich weit über den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Verwaltungsverfahren hinaus. Die zwingend notwendig gewesene Teilnahme des Klägers an den Zeugenvernehmungen im behördlichen Verfahren könnten im Gerichtsverfahren nicht nachgeholt werden.

10

Hinsichtlich der vorgehaltenen Nutzung der Dienstkraftfahrzeuge zu privaten Zwecken sei festzustellen, dass dies in zahllosen Fällen auch bei anderen Mitgliedern der Universität genau so gewesen sei und der Dienstherr nur bei dem Kläger die Kostenerstattung und eine disziplinarrechtliche Ahndung vornehme. Die vorgeworfenen Fahrten ließen die seinerzeit bei dem Kläger bestandenen persönlichen und beruflichen Umstände außer Betracht. Der als Kanzler viel beschäftigte Kläger sei aus wirtschaftlichen und persönlichen Gründen gezwungen gewesen, in A-Stadt und C-Stadt neue Wohnungen zu finden. Insoweit habe er sich in seinen Mittagspausen zu einem Wohnungsbesichtigungstermin fahren lassen, um seine Dienstgeschäfte nicht unnötig lange unterbrechen zu müssen. Er sei auch auf das Angebot zurückgekommen, ein Schlafsofa von A-Stadt nach C-Stadt transportieren zu lassen. Die Nutzung des Dienstfahrzeuges zu einem Termin als ehrenamtlicher Richter des Landesozialgerichts A-Stadt-B. sei rechtmäßig gewesen. Denn der Kläger habe die Fahrt zugleich für ein Personalvorstellungsgespräch mit einer ehemaligen Kollegin der Filmhochschule Babelsberg genutzt. Die Filmhochschule liege nur wenige hundert Meter vom Gerichtsgebäude entfernt. Die Nutzung der Bahn sei nicht möglich gewesen, da am selben Abend ein Termin der Staatskanzlei stattgefunden habe.

11

Die Vorwürfe des Mobbing und der sexuellen Belästigung der Zeuginnen D. und E. beruhten auf Unterstellungen und den bereits gerügten formellen Fehlern. In der Disziplinarverfügung sei nicht hinreichend herausgearbeitet, welches konkrete Verhalten des Klägers zu der in § 3 Abs. 4 AGG definierten sexuellen Belästigung geführt hätten. Der Kläger bestreite mit Nachdruck jedwedes Mobbing und jedwede sexuelle Belästigung der Zeuginnen D. und E., welche nach immerhin eineinhalbjähriger Zusammenarbeit erfolgt sein sollten. Hingegen hätten dienstliche Spannungen ohne jedweden sexuellen Bezug vorgelegen.

12

Neben dem Zeitfaktor und der unbeanstandeten eineinhalbjährigen Zusammenarbeit und der plötzlichen Erhebung der Vorwürfe während der unfallbedingten Dienstunfähigkeit des Klägers, sei festzustellen, dass die Verhaltensweisen des Klägers bei Besprechungen und bei einer Fortbildungsveranstaltung in Gegenwart von Dritten vorgenommen seien. Diese Dritten seien jedoch nicht erwähnt oder vernommen worden.

13

Die Zeugin D. sei unglaubwürdig und wolle dem Kläger schaden. Dies werde auch dadurch ersichtlich, dass sie in der Zeugenvernehmung, obwohl nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens, zu dem sog. IKAM-Projekt ausgesagt habe.

14

Der Kläger beantragt,

15

die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 16.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2011 aufzuheben.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen

18

und verteidigt als nach dem 19.04.2011 zuständige Behörde die Disziplinarverfügung und die darin vorgehaltenen Pflichtenverstöße.

19

Die vom Kläger bemängelten Verfahrensfehler seien nicht gegeben. Die Akteneinsicht sei vollständig gewährt worden. Die Korrespondenz mit dem AL 4, Dr...., sei kein Bestandteil der Disziplinarakte gewesen. Zudem habe der Kläger diese Korrespondenz selbst geführt. Eine Voreingenommenheit des Ermittlungsführers sei nicht ersichtlich. Der Vermerk des Ermittlungsführers über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens sei der damaligen summarischen Prüfung geschuldet gewesen. Der Ermittlungsführer habe den Klägervertreter mit Schreiben vom 26.07.2010 die Protokolle über die Vernehmungen der Zeugen übersandt. Ein eventueller Verstoß gegen die Beweisteilhabe sei somit nach den Grundsätzen der Rechtsprechung jedenfalls geheilt. Denn der Kläger habe somit Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen und ergänzende Beweisanträge zu stellen, wovon er jedoch keinen Gebrauch gemacht habe. Nach § 24 Satz 2 DG LSA könne der Beamte von der Teilnahme an der Beweiserhebung ausgeschlossen werden, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere mit Rücksicht auf den Zweck der Ermittlungen oder zum Schutz der Rechte Dritter erforderlich sei. Diese Gefahr habe vorliegend bestanden. Denn Gegenstand der Zeuginnenvernehmungen sei insbesondere das Verhalten des Klägers als Vorgesetzter ihnen gegenüber gewesen. Dies habe der Ermittlungsführer nachvollziehbar begründet und dem Klagevertreter mitgeteilt. Aus der tatsächlichen Vornahme der Zeugenvernehmungen an mehreren Tagen könne keine Schikane dem Kläger oder seinem Vertreter gegenüber gesehen werden. Von der Zeugenvernehmung P. sei der Kläger nicht ausgeschlossen worden. Richtig seien die Vorgänge zum sog. IKAM-Projekt nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens. Wenn jedoch einzelne Zeugen von sich aus darauf zu sprechen kämen um das Verhalten des Klägers in bestimmten Situationen zu illustrieren oder Persönlichkeitsaspekte zu verdeutlichen, sei dies als Teil der Zeugenaussage zu protokollieren. Schließlich sei die Protokollierung der Zeugenaussagen gem. § 28 DG LSA i. V. m. § 168 a StPO nicht zu beanstanden. Die Angabe in Protokollen „Auf Frage“ sei allgemein üblich und auch nicht zu beanstanden.

20

Der Kläger erwidert: Der Ausschluss des Klägers von der Zeugenvernehmung der Zeuginnen D. und E. mit der Begründung diese zu schützen, sei nicht nachvollziehbar. Denn diese hätten durchaus nach Alter und Persönlichkeit und ihrer beruflichen Stellung die Situation verkraften können. Sogar Opfern von Kapitalverbrechern werde zugemutet, in der gerichtlichen Hauptverhandlung in Anwesenheit des Angeklagten auszusagen. Die Zeugin D. werde als „ausgesprochen belastbar und außerordentlich fähige Mitarbeiterin“ sowie als „selbstbewusste Kollegin“ beschrieben. Eine Zeugin mit einem derartigen Persönlichkeitsbild werde mit Sicherheit „nicht psychischen Auswirkungen“ bei einer Zeugenvernehmung in Anwesenheit des Klägers ausgesetzt sein.

21

Eine Heilung der fehlerhaften Beweisaufnahme durch Übersendung der Vernehmungsprotokolle sei so der Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Der rechtswidrige Ausschluss des Beamten von seinem Anwesenheits- und Fragerecht bei der Zeugenvernehmung im Verwaltungsverfahren sei nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.12.2005 (2 A 4/04) allenfalls heilbar im Klageverfahren durch Teilnahme des Beamten an der Beweisaufnahme des Gerichtes (so auch BVerwG, U. v. 27.01.2011, 2 A 5/09 ).

22

Das Gericht hat durch Vernehmung der Zeuginnen D. und E. in der mündlichen Verhandlung über das dem Kläger vorgeworfenen Verhalten ihnen gegenüber und durch Vernehmung des Zeugen G. über die Umstände der Nutzung dienstlicher Personenkraftwagen Beweis erhoben. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie den der Verfahren 5 B 26/11, 5 A 56/11 und 1 L 31/12 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

24

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitbefangene Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 3 DG LSA; § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

25

1.) Die Disziplinarverfügung ist nicht bereits aufgrund der vom Kläger gerügten Verfahrensfehler aufzuheben. Denn diese liegen nicht vor bzw. sind geheilt oder sind als reine Ordnungsvorschriften unerheblich. Es liegt kein Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens vor.

26

Ein schwerer Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens liegt vor, wenn gegen eine Verfahrensvorschrift verstoßen worden ist, deren Verletzung schwerwiegend und für den Ausgang des Verfahrens (noch) von Bedeutung ist. Ein schwerwiegender Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift ist regelmäßig dann gegeben, wenn die Rechte eines Verfahrensbeteiligten wesentlich beeinträchtigt worden sind oder wenn der Verfahrensverstoß den Zweck einer Formvorschrift wesentlich vereitelt; wenn eine vom Gesetzgeber als zwingend ausgestaltete Verfahrensvorschrift, d. h. nicht nur eine reine Ordnungsvorschrift, nicht beachtet wurde. Das Gericht darf eine solche zwingende Vorschrift nicht dadurch "leerlaufen" lassen, dass es ihre Nichtbeachtung als für das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens unerheblich einstuft. Vielmehr ist es Aufgabe des Gerichts, die Nachholung einer unterbliebenen Verfahrenshandlung, soweit es das Verfahrensrecht zulässt, herbeizuführen (vgl. BVerwG, Beschluss v. 31.01.2012, 2 WD 4.11; Urteil v. 29.07.2010, 2 A 4.09; Urteil v. 20.10.2005, 2 C 12.04; Beschluss v. 18.11.2008, 2 B 63.08; alle juris).

27

Ein Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens ist wesentlich, wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann (BVerwG, Urteil v. 24.06.2010, 2 C 15.09; juris).

28

a.) Soweit der Kläger rügt, dass in der Disziplinarakte nicht die gesamte Korrespondenz zwischen dem AL 4 und dem Bevollmächtigten des Klägers vorhanden sei, führt dies nicht zu einer Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht nach § 20 Abs. 4 DG LSA. Die Disziplinarakte ist nicht etwa unvollständig. Denn diese Korrespondenz wurde vom Kläger selbst geführt, so dass bereits nicht ersichtlich ist, weshalb Rechte des Klägers verletzt sein sollten. Soweit der Kläger anscheinend darauf anspielt, dass diese Korrespondenz, die auf Vermeidung eines Disziplinarverfahrens und einer gütlichen Beilegung gerichtet war, deswegen nicht in den Disziplinarvorgang aufgenommen worden sei, um sich von einer Einleitung des Disziplinarverfahrens nicht abhalten zu lassen, ist dies nicht hinreichend nachvollziehbar. Damit ist jedenfalls kein Recht auf Akteneinsicht verletzt. Es geht in diesem Zusammenhang auch nicht darum, dass Geheimakten geführt oder die Einsicht darin verweigert wurde (vgl. zu einem ähnlichen Fall: BVerwG, Urteil v. 29.07.2010, 2 A 4.09; juris).

29

b.) Das behördliche Disziplinarverfahren ist formgerecht eingeleitet worden. Entscheidend und gerichtlich nachprüfbar hinsichtlich des behördlichen Disziplinarverfahrens ist nur, ob die Einleitung disziplinarrechtlicher Ermittlungen im Sinne des Disziplinargesetzes angezeigt war und vermerkt wurde. Dies ist durch die Verfügung vom 19.05.2010 und der Mitteilung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens an den Kläger unter dem 26.05.2010 rechtsfehlerfrei geschehen.

30

Zuständig für die Einleitung ist gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 DG der Dienstvorgesetzte des Beamten. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 DG LSA ist die Einleitung aktenkundig zu machen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 DG LSA ist der Beamte über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten. Da auch keine gesetzlichen Formerfordernisse für den Aktenvermerk bestehen, ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der zuständige Dienstvorgesetzte in der Disziplinarakte vermerkt, wenn er die Entscheidung über die Einleitung getroffen hat. Aus den Vermerken müssen sich die inhaltlich unmissverständliche Entscheidung und die Verantwortlichkeit des Dienstvorgesetzten hierfür ergeben. Dieser muss sich den Einleitungsvermerk jedenfalls zu Eigen gemacht haben (BVerwG, Beschluss v. 18.11.2008, 2 B 63.08; juris). Dies hat Staatssekretär … durch Abzeichnung mit Rotstift und ausweislich des Vermerkes des Ermittlungsführers … vom 21.05.2010 unzweifelhaft getan (Beiakte A, Bl. 65).

31

Die Vorschrift setzt am Legalitätsprinzip an (BVerwG, Urteil v. 29.07.2010, 2 A 4.09; juris). Danach muss der Verdacht eines Dienstvergehens hinreichend konkret sein und bloße Vermutungen sind nicht ausreichend. Dadurch soll die Sachaufklärung sichergestellt werden. Ermittlungen nach § 17 DG LSA dürfen nur eingeleitet werden, wenn Tatsachen bekannt werden, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Das schließt Ermittlungen aus, durch die erst festgestellt werden soll, ob solche Tatsachen vorliegen. Es genügen also nicht bloße Vermutungen, Gerüchte oder ähnliches (zweifelhaft: anonyme Anzeige). Hinreichende Tatsachen können sich ergeben aus Hinweisen von Verwaltungsangehörigen, Aktenvorgängen, aber auch aus schriftlichen oder mündlichen Mitteilungen von Verwaltungsfremden. Die dem Dienstvorgesetzten bekannt gewordenen Tatsachen müssen den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, d. h., dass eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegen würde, wenn sich die verdächtigten Tatsachen als wahr erweisen würden. Der Verdacht bezieht sich zunächst also nur auf das Vorliegen einschlägiger Tatsachen, über die Rechtsfrage, ob die verdächtigte Tat auch den Tatbestand eines Dienstvergehens erfüllt, muss Gewissheit bestehen (vgl. Thüringer OVG, Urteil v. 06.11.2008, 8 DO 584/07; juris; zusammenfassend: Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 4. Auflage 2009, § 17, Rz. 5).

32

Richtig verweist der Kläger auf einen undatierten Vermerk des späteren Ermittlungsführers … (Bl. 18, Beiakte A). Daraus ist ersichtlich, dass ein Anfangsverdacht im Sinne des § 17 DG LSA vorgelegen hat. Auch wenn dort nicht explizit genannt ist, aus welchen „bislang vom MK übermittelten Unterlagen i. V. m. der Erörterung vom 25.03.2010“ sich der Verdacht eines Dienstvergehens ergibt, so ist in dem Vermerk doch hinreichend zum Ausdruck gebracht, was dem Kläger zur Last gelegt wird; nämlich die Nutzung des Dienstkraftfahrzeuges und die sexuelle Belästigung von Mitarbeiterinnen. Aufgrund der aus den Akten und dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten ersichtlichen zeitlichen Geschehnisse im März 2010, ergeben sich die Tatsachen, die den Verdacht des Dienstvergehens rechtfertigten. Im Anschluss an das Mittagessen zwischen dem Kläger und seiner Mitarbeiterin, der Zeugin D., am 02.03.2010 betrieb der Kläger jedenfalls deren arbeitsplatzmäßige Umsetzung mit der Begründung ihrer Schlechtleistung. Darauf fand am 04.03.2010 ein als Moderation bezeichnetes Gespräch zwischen dem Kläger, der Zeugin D., Herrn …. und Frau … statt. Schließlich nahmen die Dezernenten die unter Teilnahme des Klägers und den Zeuginnen stattgefundene Dezernententagung am 11./12.03.2010 zum Anlass in einem gemeinsamen Brief an den Rektor die Zusammenarbeit mit dem Kläger zu problematisieren, ja aufzukündigen. Nachdem sich Rektor … in einer „Mail“ an den Kläger vom 12.03.2010 „entsetzt“ über die Vorkommnisse zeigte, eröffnete er dem Kläger während des Gesprächs am 15.03.2010 die mögliche Einleitung eines Disziplinarverfahrens aufgrund der Vorkommnisse. Schließlich fand am 18.03.2010 ein Gespräch mit der Konflikt- und Mobbingbeauftragten der Universität statt. Demnach zeigten sich „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ hinsichtlich des Verdachtes eines Dienstvergehens, die dem Kläger auch bekannt waren.

33

Die Voraussetzungen der Nichteinleitung eines Disziplinarverfahrens aufgrund Verjährung oder eines Maßnahmeverbotes (§§ 14, 15 DG LSA) lagen ebenso nicht vor (§ 17 Abs. 2 DG LSA).

34

c.) Weder aus § 168 a StPO noch aus sonstigen Verfahrensvorschriften ergibt sich, dass die „Frage“ im Protokoll aufzunehmen ist.

35

d.) Zutreffend ist der klägerische Vorwurf, dass der Ermittlungsführer in den ihm übermittelten Ladungen zu den Zeugenvernehmungen zwar die Namen der Zeugen aber nicht das Beweisthema angegeben hat. Nach § 24 Abs. 4 DG LSA ist dem Beamten Gelegenheit zu geben, an der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen sowie an der Einnahme des Augenscheins teilzunehmen und hierbei sachdienliche Fragen zu stellen (Rechte auf Beweisteilhabe). Der Beamte kann das ihm ausdrücklich eingeräumte Fragerecht aber nur dann sachdienlich wahrnehmen, wenn er sich auf die Vernehmung vorbereiten kann. Dies setzt voraus, dass er rechtzeitig erfährt, worum es in der Beweisaufnahme voraussichtlich geht. Hierfür müssen ihm rechtzeitig vor einer Zeugenvernehmung die Namen der Zeugen und die Beweisthemen genannt werden. Dies fordert auch der Anspruch des Beamten auf ein faires Disziplinarverfahren (BVerwG, U. v. 15.12.2005, 2 A 4.04; B. v. 18.11.2008, 2 B 63.08; beide juris).

36

Es mag dahinstehen, ob dieser mögliche Verfahrensfehler tatsächlich besteht. Denn dem Kläger war durch die Einleitungsverfügung hinlänglich bekannt, welche Disziplinarvorwürfe ihm gemacht werden und welche Personen diesbezügliche zeugenschaftliche Aussagen machen können, sodass die Angabe des Beweisthemas überflüssig erscheinen mag.

37

Den Ausschluss des Beamten von der Anwesenheit während der Zeugenvernehmung aus wichtigen Gründen, insbesondere mit Rücksicht auf den Zweck der Ermittlungen oder zum Schutz der Rechte Dritter, sieht § 24 Abs. 4 Satz 2 DG LSA ausdrücklich vor.

38

Die Ausschlussgründe sind aktenkundig zu machen (§ 24 Abs. 4 Satz 3 DG LSA). Dies ist mit Verweis auf die persönliche Betroffenheit der Zeuginnen D. und E. geschehen. Entscheidend ist, dass dem Bevollmächtigten des Klägers nicht die Teilnahme verweigert wurde und die Ermessensentscheidung des Ermittlungsführers über den Ausschluss des Klägers nachvollziehbar ist.

39

Abgesehen davon - und dies ist entscheidend - hatte der Ermittlungsführer den - etwaigen - Verstoß gegen das Recht auf Beweisteilhabe unter Angabe des Beweisthemas im behördlichen Disziplinarverfahren geheilt. Denn er hat dem Bevollmächtigten des Klägers die Vernehmungsniederschriften übersandt. Dadurch erhielt der Kläger die Gelegenheit zu den Aussagen der Zeuginnen Stellung zu nehmen und ergänzende Beweisanträge zu stellen. Dann hätte der Ermittlungsführer wohl möglich Zeugen erneut vernehmen müssen (vgl. BVerwG, U. v. 15.12.2005, 2 A 4.04 und B. v. 18.11.2008, 2 B 63.08; beide juris). Der Kläger hat diese Möglichkeit jedoch nicht wahrgenommen. Dementsprechend ist der Kläger – zu diesem Zeitpunkt – im Verfahren gerade nicht nur auf die letztendliche Schlussanhörung nach Abschluss der Ermittlungen (§ 30 DG LSA) angewiesen.

40

e.) Die Terminsverlegung der Beweisaufnahme ist im Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt selbst nicht geregelt. Über § 3 DG LSA gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz und die Verwaltungsgerichtsordnung bzw. die Strafprozessordnung. Nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Die Rechtsprechung sieht nur solche Gründe als erheblich an, die zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern. Wobei die Gründe glaubhaft zu machen sind. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nur dann vor, wenn einem Beteiligten trotz zumutbaren eigenen Bemühens die Möglichkeit zur Äußerung verweigert oder abgeschnitten wird. Deshalb begründet allein die Unmöglichkeit an einem Termin teilzunehmen, nicht einen Anspruch auf Aufhebung oder Verlegung. Vielmehr muss sich ein Prozessbevollmächtigter im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten bemühen, einen solchen Hinderungsgrund selbst in zumutbarere Weise zu beseitigen (vgl. statt vieler nur: Bay.VGH, Beschluss v. 15.01.2009, 7 ZB 06.3284; m. w. Nachw.; juris).

41

All dies ist hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Vernehmungen der Zeuginnen D. und E. nicht erkennbar. Der Klägerbevollmächtigte beantragte nur die Verlegung des Termins zur Vernehmung des Zeugen Prof. … wegen eines Termins am Verwaltungsgericht A-Stadt. Der Klägerbevollmächtigte führte aus, dass es sich „hart an der Grenze zur Schikane [bewegt], wenn Sie in Kenntnis des Wohnorts meines Mandanten und meines Kanzleisitzes in A-Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen die Vernehmung der drei geladenen Zeugen terminieren und damit entweder eine dreimalige Anreise oder zwei Übernachtungen in C-Stadt mit entsprechendem Zeit- und Kostenaufwand verursachen wollen.“ Ähnlich formulierte er unter dem 08.06.2010 die Anhörungen an einem Tag durchzuführen. Einen generellen, unbedingten und eindeutigen Verlegungsantrag kann dem nicht entnommen werden. Dem Verlegungsantrag zur Vernehmung des Zeugen … am 28.07.2010 vom 20.07.2010 (Fax) beantwortete der Ermittlungsführer mit Fax vom 26.07.2010 dahingehend: „Sofern Sie nach Vorstehenden [Protokollübersendung] daran festhalten wollen, der Zeugenanhörung … beizuwohnen, sehe ich Ihrem Hinweis entgegen, damit kurzfristig ein anderer Termin ins Auge gefasst werden kann.“ Der Klägerbevollmächtigt erwiderte mit Fax vom 28.07.2010:„[…] habe ich […] um die Verlegung des Termins […] gebeten, um daran teilnehmen zu können, anderenfalls hätte es bei dem Vernehmungstermin am 28.07.2010 verbleiben können. Ein neuer Termin in meiner Anwesenheit setzt allerdings voraus, dass das Anwesenheits- und Fragerecht meines Mandanten gewahrt wird [….]“. Professor … wurde dann am 28.07.2010 vernommen.

42

Der Verlegungsantrag zur Vernehmung des Zeugen … wurde demnach wohl nicht beschieden. Unterstellt, dies hätte „aus wichtigem Grund“ geschehen müssen, liegt gleichfalls keine Verletzung rechtlichen Gehörs vor. Denn ähnlich wie in der Rechtsprechung zu gerichtlichen Verlegungsterminen vertreten, muss dies auch im behördlichen Verfahren gelten. Wird danach ein Antrag auf (gerichtliche) Terminsverlegung nicht beschieden, hat sich der Kläger rechtzeitig durch Rückfrage über die Entscheidung seines Antrages zu informieren. Solange ihm eine Terminsaufhebung nicht mitgeteilt worden ist, muss er davon ausgehen, dass die mündliche Verhandlung stattfindet (BFH, Beschluss v. 20.09.2010, V B 105/09; juris).

43

Letztendlich ist auch hier bedeutsam, dass das Protokoll übersandt wurde, was zur, vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen, nachträglichen Heilung führt.

44

f.) Schließlich und letztendlich hat das Disziplinargericht etwaige Fehler bei der behördlichen Beweisaufnahme durch die eigene gerichtliche Beweisaufnahme geheilt (vgl. zu dieser Möglichkeit ausführlich m. w. Nachw.: VG Magdeburg, Urteil v. 04.11.2009, 8 A 19/08;]; im Ergebnis wohl auch: OVG LSA, Urteil v. 02.12.2010, 10 L 1/10;, beide juris).

45

g.) Es ist nicht zu beanstanden, dass der Staatssekretär … im Ausgangs- und im Widerspruchsverfahren entschieden hat.

46

Die ausgesprochene Gehaltskürzung nach § 8 DG LSA kann aufgrund § 33 Abs. 3 Nr. 1 DG LSA die oberste Dienstbehörde bis zum Höchstmaß festsetzen. Dienstvorgesetzter des Hochschulkanzlers war bis zum Ressortwechsel im Mai 2011der Kultusminister, danach der Beklagte (§ 110 Abs. 2 HSG LSA in der bis zum 26.07.2010 geltenden Fassung; danach § 46 Abs. 10 HSG LSA). In dem Disziplinarbescheid vom 16.03.2011 handelte der Kultus-Staatssekretär. Daran ist nichts zu erinnern. Denn insoweit ist für die Ausübung der Disziplinarbefugnis entscheidend, dass das Disziplinargesetz in § 33 Abs. 3 Nr. 1 von der „obersten Dienstbehörde“ und nicht wie an anderen Stellen (z. B. §§ 33 Abs. 2; 34 Abs. 2 Satz 1, Alt. 2; 17 Abs. 1 DG LSA) von dem „Dienstvorgesetzten“ spricht. Wer innerhalb der Behörde im Einzelfall zuständig ist, ergibt sich aus dem Disziplinargesetz nicht, so dass auf allgemeine Rechtgrundsätze zurückzugreifen ist (VG Düsseldorf, Beschluss v. 08.03.2006, 38 K 3451/05.BDG; juris). Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 des Beschlusses der Landesregierung über die Gemeinsame Geschäftsordnung der Ministerien – Allgemeiner Teil – (GGO LSA) v. 15.03.2005 i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Geschäftsordnung der Landesregierung (GOLReg) und dem Beschluss der Landesregierung über die gegenseitige Vertretung der Minister ist der Staatssekretär der ständige Vertreter des Ministers. Entscheidend ist demnach, dass der Disziplinarbescheid von der Leitungsebene des Ministeriums erlassen wurde (vgl. OVG NRW, Beschluss v. 22.08.2007, 21d A 1624/06.BDG, wonach sogar Mitarbeiter des Personalreferats zeichnungsbefugt seien). Auch bei Unterzeichnung durch den Staatssekretär ergeht die Entscheidung durch den Minister (BVerwG, Beschluss v. 29.01.2008, 1 WB 4.07; Beschluss v. 15.08.1972, 1 DB 10.72; beide juris). Hier kommt hinzu, dass das Verfahren stets auf der Leitungsebene geführt wurde und die Ministerin ausweislich der von ihr mit Grünstift zahlreich vorgenommen Änderungen in die Entscheidung involviert war (Beiakte A).

47

Dass der Staatssekretär sodann auch über den Widerspruch entscheidet ist systemkonform. Denn nach § 42 Abs. 1 Satz 1 DG LSA entscheidet über das nach § 41 DG LSA grundsätzlich vorgesehene Vorverfahren die oberste Dienstbehörde, also der Staatssekretär auch über den Ausgangsbescheid. Dies ist gesetzeskonform und auch in anderen Fällen wie z. B. der gemeindlichen Selbstverwaltung systemimmanent.

48

h.) Das Studium der Unterlagen legt die Vermutung nahe, dass der Umgang mit den Verlegungsanträgen einem Missverständnis zugrunde lag. Wie aus den oben wiedergegebenen Textpassagen ersichtlich ist, ging der Ermittlungsführer – fehlerhaft – davon aus, dass der Bevollmächtigte sowieso wegen des Ausschlusses des Klägers nicht kommen wollte. Bei der Vernehmung … war der Kläger aber nicht ausgeschlossen und schließlich ist der Bevollmächtigte zu keiner Zeugenvernehmung erschienen.

49

Die diesbezügliche - fehlerhafte - Vorgehensweise des Ermittlungsführers leitet vielmehr zu der Frage über – und das meint der Kläger auch im Kern – ob kein faires Disziplinarverfahren geführt wurde bzw. der Ermittlungsführer befangen war.

50

a. a.) § 21 Abs. 1 DG LSA spricht davon, dass der Ermittlungsführer ein „geeigneter Bediensteter“ sein müsse.

51

Der Ermittlungsführer … steht im Rang eines Ministerialrates im Hause des Kultusministeriums Sachsen-Anhalt. Die generelle Ungeeignetheit des Ermittlungsführers ist nicht erkennbar. Soweit das OVG LSA in dem Urteil vom 02.12.2010 (10 L 1/10; juris) aufgrund der statusrechtlichen Gleichrangigkeit des Ermittlungsführers mit der damaligen beschuldigten Beamtin die Ungeeignetheit bzw. dann auch wieder nur „Zweifel“ an der Geeignetheit konstruiert, folgt dem das Disziplinargericht in dieser Bestimmtheit nicht. Üblicherweise sei es zur Vermeidung des Anscheins eines persönlichen (Konkurrenz-)Interesses – Voraussetzung für die Bestellung eines Ermittlungsführers, dass dieser ein höheres statusrechtliches Amt habe. Diese aus Gründen der Chancengleichheit bei Beförderungen resultierende Sichtweise, ist vorliegend offensichtlich nicht notwendig.

52

Die Vorwürfe des Klägers gegen den Ermittlungsführer resultieren aus seiner (rechtlichen) Bewertung der Tätigkeit des Ermittlungsführers, belegen aber gleichsam nicht, die unfairen Ermittlungen gegen den Kläger. Auch das Bundesverwaltungsgericht führt in dem Beschluss vom 18.11.2008 (2 B 63.08; juris) aus, dass der Ermittlungsführer in dem dortigen Fall nicht wegen Besorgnis der Befangenheit von seiner Tätigkeit entbunden werden musste. Denn der Verstoß des Ermittlungsführers gegen die Beweiserhebungsvorschriften – alternativ hier: Verlegungsvorschriften – konnte diese Besorgnis nicht begründen. Lagen dem damals auch andere rechtliche Normen zugrunde, wonach die Auffassung der Nichtmitteilung des Beweisthemas vertretbar gewesen sei, ist der Sachverhalt vergleichbar. Entscheidend für die Nichtannahme der Besorgnis der Befangenheit ist, dass die vom Ermittlungsführer gemachten „Fehler“ nicht als willkürlich begangen oder im Sinne einer Voreingenommenheit oder eines unfairen Verfahrens gegenüber dem Kläger anzusehen sind (vgl. ähnlich: BVerwG, Urteil v. 29.07.2010, 2 A 4.09; juris). Auch von einer „Schikane“ kann bei objektiver Betrachtung nicht ausgegangen werden.

53

Demnach durfte die unter dem 23.08.2010 vom Kläger gestellte und mit den oben genannten Verfahrensfehlern begründete „Dienstaufsichtsbeschwerde und die Ablehnungsgründe gegen den Ermittlungsführer“, wenn auch ohne weitere Begründung, zurückgewiesen werden (Bl. 251, Beiakte A).

54

b. b.) Das Gericht hat auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass das Disziplinarverfahren gegen den Kläger aus sachfremden Erwägungen, also als Mobbing gegen den Kläger geführt wurde. Zwar hatte die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts C-Stadt im Urteil vom 13.12.2011 (5 A 56/11) in dem beamtenrechtlichen Verfahren des Klägers ausgeführt, dass sich die Bemühungen des MK vorrangig auf die Herauslösung des Klägers aus der Universität konzentrierten, ohne dass ein Bemühen um eine Aufklärung und Beilegung des Konfliktes durch das MK zu erkennen gewesen wäre. Dies widerspreche den Grundsätzen eines fairen Verfahrens. Der Kläger habe an der Fortdauer der Spannungen nicht vorwerfbar mitgewirkt. Er habe sich vielmehr immer gesprächs- und aufklärungsbereit gezeigt. Die Universität habe ein Mediationsverfahren abgelehnt. In dem Beschluss zur Nichtzulassung der Berufung vom 24.04.2012 (1 L 31/12; juris) teilt das OVG LSA die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die „Verschuldensfrage“ durch die Universität nicht aufgeklärt worden sei. So mag es auch und sogar sein, dass sich der Kläger bei den Dezernenten wegen der Aufdeckung von „Fehlern“ unbeliebt gemacht hat.

55

Gleichwohl belegt dieses etwaige unfaire beamtenrechtliche Verfahren nicht gleichsam das unfaire Disziplinarverfahren. Denn – wie bereits oben ausgeführt – war die Einleitung des Disziplinarverfahrens geboten. Dass die zum Disziplinarverfahren geführten Vorkommnisse gleichsam willkommener Anlass für die beamtenrechtlichen Maßnahmen gegen den Kläger waren, berührt das Disziplinarverfahren nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass das Disziplinarverfahren als Vorwand für die beamtenrechtlichen Verfahren benutzt wurde oder wird. Denn dann wäre davon auszugehen, dass Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst erhoben worden wäre, wobei der Ausspruch der Höchstmaßnahme wegen der Vorwürfe nicht gänzlich von der Hand zu weisen wäre.

56

Mag der Vorhalt des Klägers sogar zutreffend sein, dass die Zeuginnen D. und E. zur Niederschrift ihrer Beobachtungen durch Dritte aufgefordert worden seien, ist dieses Vorgehen allein den Ermittlungen geschuldet und macht das Disziplinarverfahren nicht zu einem einseitig unfair geführten Verfahren. Der Kläger übersieht auch hier die oben dargestellten tatsächlichen hinreichenden Anhaltspunkte für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens nach § 17 DG LSA. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeuginnen etwa unter Druck gesetzt oder zu einem bestimmten Aussageverhalten aufgefordert wurden. Darüber hinaus ist nicht das Aussageverhalten der Zeuginnen im behördlichen, sondern im gerichtlichen Verfahren maßgeblich und die Würdigung obliegt dem Gericht (BVerwG, Urteil v. 29.07.2010, 2 A 4.09; juris). Aus diesem Grunde muss die Kammer den in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten (Beweis-)Antrag zur Vernehmung der Herren … und … zu der Frage, ob Dritte das Verhalten der Zeuginnen initiiert bzw. gefordert hätten, nicht nachgehen.

57

2.) Die Disziplinarverfügung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Überzeugung des Disziplinargerichts steht fest, dass der Kläger die ihm zur Last gelegten Pflichtenverstöße und damit ein - innerdienstliches - Dienstvergehen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) begangen hat. Dabei liegt der Schwerpunkt der Verfehlungen auf dem Vorwurf des Verstoßes gegen die allgemeine beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht nach § 34 Satz 3 BeamtStG innerhalb des Dienstes aufgrund seines Verhaltens gegenüber den Zeuginnen D. und E. (a.). Der Vorwurf, Dienstfahrzeuge pflichtwidrig zu privaten Zwecken genutzt zu haben, ist wegen der Umstände des Einzelfalls und der daraus resultierenden Milderungsgründe nahezu unbedeutend (b.). Die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Form der Gehaltskürzung (§ 8 DG LSA) ist verhältnismäßig, den Pflichtenverstößen angemessen und auch nach § 59 Abs. 3 DG LSA zweckmäßig (c.).

58

a.) Hinsichtlich des Disziplinarvorwurfs der Übergriffe gegenüber den Zeuginnen D. und E. geht das Disziplinargericht von Folgendem aus:

59

a. a.) Sexuelle Belästigung ist kein Straftatbestand. In besonderen Fällen kann die einschlägige Handlung gleichzeitig als Beleidigung (mit sexuellem Hintergrund) gem. § 185 StGB strafbar sein. Ob sich der Belästigte subjektiv beleidigt fühlt oder nicht, ist dabei nicht entscheidend. Da § 185 StGB kein Auffangtatbestand ist, fallen sexualbezogene Handlungen nur dann unter diese Vorschrift, wenn besondere Umstände einen selbstständigen beleidigenden Charakter erkennen lassen.

60

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist eine Benachteiligung im Sinne des allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG). In § 3 Abs. 4 AGG wird sie definiert als

61

„ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird“.

62

Nach §§ 7 Abs. 3 und 24 Nr. 1 AGG gilt das Verbot der sexuellen Belästigung nach § 3 Abs. 4 AGG auch im öffentlichen Dienstrecht und wird damit eine Beamtenpflicht.

63

Es mag dahinstehen, ob das Verhalten des Klägers gegenüber den Zeuginnen den Tatbestand der sexuellen Belästigung nach § 3 Abs. 4 AGG erfüllt. Denn dem Disziplinargericht drängt sich aufgrund der nach § 13 DG LSA notwendigen Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des Klägers der Eindruck auf, dass das von ihm im Umgang mit den unmittelbaren Mitarbeiterinnen gezeigte Verhalten, seiner Persönlichkeit entspricht ohne das er dadurch die weiblichen Bediensteten verletzend sexuell belästigen wollte bzw. ihm die diesbezügliche objektive Bewertung überhaupt bewusst war. Denn der Kläger führte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend aus, dass für ihn in seinem unmittelbaren beruflichen Umfeld, eine Vertrautheit und damit eine gewisse menschliche Wärme unverzichtbar erschienen. Danach mögen gewisse Verhaltensweisen von ihm, wie der Wunsch mit „Lieber Herr A.“ angesprochen zu werden, die Mitarbeiterinnen zu duzen, über die Wochenend- und Freizeitaktivitäten „seiner“ engsten Mitarbeiterinnen informiert zu werden oder das überschwängliche in den Arm nehmen, seinem einseitigen Bedürfnis nach mehr Vertrautheit im dienstlichen Umgang geschuldet gewesen sein. So hieß es im behördlichen Verfahren auch, dass der Kläger durch Rückfragen bei den Damen stets um Anerkennung bemüht gewesen sei und diese sich in eine „Mutterrolle“ gedrängt fühlten.

64

b. b.) Auf die Subsumtion des Verhaltens des Klägers unter den Tatbestand der sexuellen Belästigung kommt es indes auch nicht an. Denn unabhängig davon, ist im Einzelfall jede ungebührliche, gegen die allgemeinen Regeln des Anstands und der guten Sitten im gesellschaftlichen, menschlichen Umgang untereinander verstoßende Handlung im Dienstbetrieb geeignet, einen Verstoß gegen die allgemeine innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht nach § 34 Satz 3 BeamtStG darzustellen (so auch: BVerwG, Urteil v. 29.07.2010, 2 A 4.09; juris). Eine disziplinarrechtlich relevante, die Achtung und Wahrung des Berufsbeamtentums schädigende Handlung liegt insbesondere dann vor, wenn die Übergriffe durch einen Vorgesetzten gegenüber ihm dienstlich unterstellte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen begangen wird.

65

Die vom Disziplinargericht in der mündlichen Verhandlung durch die Vernehmung der Zeuginnen D. und E. durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Kläger gegenüber den Zeuginnen gegen seine allgemeine innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verstoßen hat.

66

Zur Überzeugung des Gerichts haben die Zeuginnen wahrheitsgemäß ausgesagt. Die Zeuginnen sind glaubwürdig und ihre Aussagen sind glaubhaft. Die den Zeuginnen vom Kläger unterstellte Tendenz zur Mehrbelastung sieht das Gericht nicht. Für die Kammer ist nicht erkennbar, dass die Zeuginnen den Kläger durch eine bewusste Falschaussage belasten oder schädigen wollten. Zudem ist keine Motivation der Zeuginnen für eine derartige Belastungstendenz ersichtlich. Die Zeuginnen neigten bei ihren Schilderungen nicht zu verbalen Übertreibungen, besonderen sprachlichen Ausschmückungen oder Verschärfungen hinsichtlich der Art, Intensität oder Dauer der vorgeworfenen Handlungen. Vielmehr sind die Aussagen detailreich, lassen deutlich den Bezug zu einem eigenen Erleben erkennen und decken sich mit ihren bereits im behördlichen Verfahren gemachten Angaben. Zudem sind die Aussagen der Zeuginnen im Kernbereich übereinstimmend, ohne dass Gründe für eine Absprache ersichtlich sind.

67

Die Zeugin D. gab an, dass der Kläger anlässlich eines Essens zum Ausdruck brachte, dass er über die dienstliche Zusammenarbeit hinaus von ihr mehr Nähe erwartet. Der Kläger suchte beispielsweise in Dienstberatungen insistierenden Blickkontakt und schaute auf ihre Beine. Schließlich ist es auch zu körperlichen Berührungen gekommen. Der Kläger strich ihr über die Haare bzw. wuschelte diese mit der Bemerkung, „bitte noch einmal angucken.“ Am Schreibtisch sitzend strich der Kläger ihr zwei bis dreimal über den Rücken, wobei sie durch ihre Haltung (Hohlkreuz) versuchte auszuweichen. Ein anderes Mal trat der Kläger von hinten so nahe an die Zeugin heran, dass sich ihre Wangen berührten. Auch das völlig unpassende mehrfache Zuwerfen von sog. Kussmunden empfand die Zeugin als unangenehm.

68

Die sich durch musternde Blicke und dem Zuwerfen von Kussmunden ausdrückende Zuneigung des Klägers gegenüber Frau D. wurde von der Zeugin E. bestätigt. Darüber hinaus sagte die Zeugin E. aus, dass der Kläger auch ihr gegenüber körperliche Annäherungen vornahm. Es ist oft vorgekommen – auf Nachfrage durch das Gericht – fast alltäglich, dass der Kläger der Zeugin E. über den Rücken strich. Mit der Zeit nahm die Intensität dieser Berührungen zu. Bei einem Diktat hat die Zeugin den Mund bzw. den Atem des Klägers stark in der Nähe ihres Kopfes gespürt.

69

Für die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeuginnen spricht auch, dass sie nicht generell alle körperlichen Kontakte ablehnten, sondern diese bei bestimmten Anlässen, wie Geburtstagen durchaus vorkamen und als angemessen angesehen wurden. Auch wurde der Kontakt mit dem Kläger von den Zeuginnen nicht generell als unangenehm bezeichnet. Eher waren ab dem letzten Quartal des Jahres 2009 Steigerungen in der Suche nach den zudringlichen Körperkontakten zu verzeichnen.

70

Ein Beamter, der innerhalb des Dienstes Mitarbeiterinnen (körperlich) belästigt, beeinträchtigt erheblich sein Ansehen und das der Beamtenschaft, stört den Dienstfrieden und verletzt in schwerwiegender Weise die Würde und Ehre der Betroffenen. Vor allem weibliche Bedienstete müssen im Dienst vor jedweden Belästigungen seitens ihrer Vorgesetzten und Kollegen sicher sein (BVerwG, B. v. 16.07.2009, 2 AV 4.09; juris).

71

b.) Hinsichtlich des zur Last gelegten Pflichtenverstoßes der unzulässigen Nutzung der Dienstkraftfahrzeuge der Universität zu privaten Zwecken ist soviel festzustellen, dass dieser Tatbestand vorliegt und vom Kläger wohl auch eingeräumt wird. Das Problem dabei ist vielmehr, wieweit dem Kläger hier ein Verschulden vorzuwerfen ist. Denn er verteidigt sich damit, dass es in der …-Universität üblich sei, dass auch andere Bedienstete die Dienstkraftfahrzeuge zu privaten Zwecken genutzt hätten und nur er im Rahmen der gegen ihn geführten Mobbing-Kampagne disziplinarrechtlich herangezogen werde.

72

Nach der gerichtlichen Beweisaufnahme durch die Vernehmung des Zeugen G. und der Auswertung der vom Gericht angeforderten Stellungnahme der Universität sowie unter Zugrundelegung der bezeichneten rechtlichen Gegebenheiten, ist das Disziplinargericht davon überzeugt, dass die Bereitstellung der Dienstfahrzeuge durch die Universität nicht an den zugrunde gelegten Vorschriften orientiert war.

73

Nach Nr. 7.1 der Richtlinien über die Haltung und Benutzung von Dienstkraftfahrzeugen (Kraftfahrzeugrichtlinien – KfzR; - RdErl. des MF v. 08.11.2002 – 22.02500-1) und den Regelungen der Universität dürfen Dienstkraftfahrzeug grundsätzlich nur für dienstliche Zwecke, namentlich für Einsatzfahrten, Arbeitseinsätzen sowie Dienstreisen und Dienstgängen im Sinne von § 2 des Bundesreisekostengesetzes benutzt werden. Die hier einschlägige Regelung der Universität vom 06.09.2000 besagt nichts zu einer Genehmigung, sondern enthält nur den grundsätzlichen Hinweis auf die Benutzung für dienstliche Zwecke. Die Fuhrparkordnung der Universität vom 03.06.2005 regelt unter Nr. 5.2, dass Fahrzeuganforderungen entsprechend Vordruck nach entsprechender Genehmigung als Fahrauftrag gelten. Nach Nr. 7.2 der Richtlinie ist die Zustimmung des Dienststellenleiters bzw. nach Nr. 1.1 der Regelungen der Universität vom 28.01.2010 ab dem 01.02.2010 {hier also nicht einschlägig} des „Genehmigenden“ erforderlich. Nach Nr. 3.1 der Richtlinie der Universität ab 01.02.2010 bedarf die Benutzung eines Dienstfahrzeuges eins schriftlichen Fahrantrages. Die Genehmigung von Fahranträgen obliegt dem Leiter der Fahrbereitschaft, der den Einsatz der Dienstkraftfahrzeuge koordiniert.

74

Den in den Akten befindlichen und im Übrigen von Frau E. unterschriebenen Fahraufträgen zu den vorgeworfenen Terminen ist allesamt zu entnehmen, dass diese bei „gehöriger Prüfung“ den privaten Charakter der Fahrt ohne Probleme erkennen lassen (13.03.2009; Termin zur Wohnungsbesichtigung; 08.05.2009; Abholung und Transport in A-Stadt; 27.10.2009; Transport …straße; 02./03.12.2009; Termin beim Landessozialgericht A-Stadt-B.). Somit hat der Kläger nicht etwa eine Dienstfahrt vorgegeben, sondern wahrheitsgemäß den - privaten - Zweck der Fahrt angegeben. Diese hätten dann unter Zugrundelegung der rechtlichen Gegebenheiten nicht „genehmigt“ werden dürften. Denn wenn - wie hier - der Dienstherr ein „Genehmigungs-, Prüf- oder Überwachungsverfahren“ unter Verwendung „amtlicher“ AntragsVordrucke vorschreibt oder auch nur vorhält, muss er sich selbst auch an diese Gepflogenheiten halten und die ordnungsgemäße Prüfung des Antrages vornehmen. Daran hat es die Universität fehlen lassen. Der Zeuge G. führte aus, dass er als Leiter der Fahrbereitschaft stets aufgrund eines bloßen unterschriebenen Fahrantrages ein Fahrzeug zur Verfügung stellte. Seine „Genehmigungsprüfung“ beschränkte sich demnach lediglich auf das Vorhandensein eines Fahrzeuges. Demnach hat das Gericht keine Zweifel daran, dass der Vorhalt des Klägers zutreffend ist, dass auch andere Bedienstete der Universität vergleichsweise privat veranlasste Fahrten unternahmen. Soweit die Universität in diesem Zusammenhang dem Gericht gegenüber ausführt, dass derartige Fahrten nicht bekannt seien, ist dies wenig nachvollziehbar.

75

Trifft die Universität somit ein erhebliches Mitverschulden, ist der Kläger gleichwohl nicht vom Verstoß gegen seine beamtenrechtliche Pflicht zur Uneigennützigkeit (§ 34 Satz 2 BeamtStG) unter der Befolgung der einschlägigen Vorschriften vollständig freizusprechen. Denn insoweit ist zutreffend, dass der Kläger als Volljurist und Kanzler der Universität und somit als Verwaltungschef und Beauftragter für den universitären Haushalt um die Problematik der Fahrten wusste. Zudem hat er selbst an der Neuregelung im Jahre 2010 mitgewirkt. Auch wird ihm bewusst gewesen sein, dass der von ihm als Kanzler über Frau E. in Auftrag gegebene Fahrauftrag durch Herrn G. oder einer sonstigen - ihm dienstlich unterstellten - Person nicht abgelehnt werden wird.

76

c.) Bei der disziplinarrechtlichen Bewertung der Pflichtenverstöße geht das Gericht davon aus, dass der Schwerpunkt des (einheitlichen) Dienstvergehens auf dem Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht im Dienst beruht.

77

Bei körperlicher Belästigung am Arbeitsplatz ist eine Regeleinstufung nicht angezeigt. Die Variationsbreite derartiger Zudringlichkeiten im Dienst ist zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden könnten. Stets sind die besonderen Umstände des Einzelfalls maßgebend. In schweren Fällen innerdienstlicher (sexueller) Belästigung weiblicher oder männlicher Mitarbeiter, insbesondere wenn der Beamte unter Ausnutzung seiner Vorgesetzteneigenschaft versagt und dadurch nicht nur seine Integrität in der Dienststelle weitgehend eingebüßt, sondern auch sein Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn schwer erschüttert ist, kann sich grundsätzlich die Frage seiner weiteren Tragbarkeit im öffentlichen Dienst stellen, während in minderschweren Fällen eine mildere Disziplinarmaßnahme verhängt werden kann (BVerwG, U. v. 29.07.2010, 2 A 4.09; Bayr. VGH, U. v. 13.07.2011, 16 a D 10.565; beide juris). Erhebliches Gewicht kommt derartigen Verfehlungen durch die Häufigkeit, Anzahl der betroffenen Kolleginnen und deren Dauer zu. Zudem wird der Betriebsfrieden massiv gestört.

78

Unter Zugrundelegung dessen, spricht gegen den Kläger, dass er als Vorgesetzter gegenüber den Zeuginnen die körperlichen und verbalen Übergriffe über einen längeren Zeitraum unternahm. Gleichwohl muss die eingangs vom Gericht erwähnte Persönlichkeitsstruktur des Klägers berücksichtigt werden, die die Handlungen in einem milderen Licht erscheinen lassen bzw. als weniger sexuell motiviert erklären, wobei das Gericht keinen Zweifel daran lässt, dass der Kläger schuldhaft handelte. Der Kläger hat permanent und über einen längeren Zeitraum die körperliche Integrität seiner beiden engsten Mitarbeiterinnen, der Zeuginnen D. und E., missachtet und sie damit am Arbeitsplatz gegen ihren erkennbaren Willen belästigt. Damit hat er die Grenzen des moralischen und sittlichen Anstandes am Arbeitsplatz überschritten. Schließlich hat er die Zurückweisung „nach mehr Nähe“ durch die Zeugin D. anlässlich des Gespräches beim Italiener auch dazu genutzt, ihre dienstliche Versetzung aus plötzlichen Gründen der Schlechtleistung zu betreiben.

79

Aufgrund der bei dem Pflichtenverstoß hinsichtlich der privaten Benutzung der Dienstfahrzeuge bestehende Entlastungsmöglichkeit, hält das Gericht die vom Beklagten aufgrund seiner Disziplinarbefugnis ausgesprochene Disziplinarmaßnahme insgesamt für verhältnismäßig, weil der Tat angemessen und als erzieherischen Maßnahme auch erforderlich und schließlich zweckmäßig (§ 59 Abs. 3 DG LSA).

80

3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 72 Abs. 4 DG LSA i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 3 DG LSA, § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.