Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 12. Sept. 2013 - 2 B 284/13

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2013:0912.2B284.13.0A
bei uns veröffentlicht am12.09.2013

Gründe

1

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers vom 09. März 2013 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. August 2013, in dem diese das Asylverfahren nach Rücknahme des Asylantrages eingestellt und die Abschiebung nach Belgien angeordnet hat, bleibt ohne Erfolg.

2

Die Zulässigkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO wird im Hinblick auf die am 06.09.2013 in Kraft getretene Änderung von § 34 a AsylVfG durch Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.08.2013 (BGBl. I v. 05.09.2013, S. 3473, 3474) unterstellt.

3

Der Antrag bleibt jedoch in der Sache erfolglos, weil der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.08.2013 rechtmäßig ist.

4

Die Eltern des Antragstellers und sein 2011 geborener Bruder haben am 09.05.2012 Asylanträge in der Bundesrepublik Deutschland gestellt, nachdem ihre zuvor in Belgien gestellten Asylanträge abgelehnt worden waren. Nach der Feststellung dessen auf Grund der Mitteilung des Belgischen Asylamts vom 09.11.2012 hat die Antragsgegnerin am 07.03.2013. die Asylanträge als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung der Eltern und des Bruders des Antragstellers nach Belgien angeordnet. Einen hiergegen gerichteten Aussetzungsantrag hat das erkennende Gericht mit Beschluss vom 27.03.2013 - 2 B 107/13 MD abgelehnt und zu dessen Begründung ausgeführt:

5

Die Voraussetzungen der §§ 27 a, 34 a AsylVfG liegen vor, denn Belgien hat seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragsteller erklärt.

6

Dass die vorgesehene Abschiebung der Antragsteller nach Belgien ausnahmsweise in verfassungskonformer Auslegung des § 34 a Abs. 2 AsylVfG (vgl. dazu: BVerfG, U. v. 14.05.1996, BVerfGE 94, 49 ff) ausgesetzt werden muss, weil den Antragstellern dort die Todesstrafe, Verfolgung oder andere existenzielle Nachteile drohen, ist von ihnen nicht dargetan worden und nicht ersichtlich. Derartiges schließt das Gericht vielmehr aus.

7

Soweit in der Antragsbegründung darauf verwiesen wird, dass die Antragstellerin zu 2) hochschwanger und deshalb nicht reisefähig sei, könnte diese Tatsache allein dem tatsächlichen Vollzug der Ausreisepflicht der Antragstellerin entgegen stehen und eine Aussetzung der Abschiebung gem. § 60 a Abs. 2 AufenthG (Duldung) erfordern, worüber indes nicht die Antragsgegnerin – auch nicht im Wege der Mitteilung gegenüber der Ausländerbehörde -, sondern allein die für den Vollzug der Ausreisepflicht zuständige Ausländerbehörde zu entscheiden hat.

8

Demgemäß ist allein dieser gegenüber ein etwaiger Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung geltend zu machen. Im Zusammenhang damit ist die Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 2) zu überprüfen, wenn hieran Zweifel bestehen und diese ggf. nicht ohne eine ärztliche Beurteilung ausgeräumt oder bestätigt werden können.“

9

Im Ergebnis dasselbe gilt für den am 21.05.2013 geborenen Antragsteller, denn gem. Art 4 Abs. 3 Dublin II-VO erstreckt sich die Zuständigkeit des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist (hier: Belgien) auch auf Kinder, die – wie der Antragsteller - nach Ankunft des Asylbewerbers im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss. Hieraus folgt, dass der Antragsteller auch vor der Rücknahme des Asylantrags durch Erklärung seines Prozessbevollmächtigten vom 08.08.2013 keinen eigenständigen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland hatte und es auch keines weiteren Verfahrens zur Feststellung der Zuständigkeit bedarf. Darauf, dass der Asylantrag vor einem etwaigen Aufnahmeersuchen an Belgien zurückgenommen worden ist, kommt es daher entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten nicht an.

10

Die Abschiebungsanordnung gem. § 34 a Abs. 1 AsylVfG erweist sich als rechtmäßig, weil das Asylverfahren des Antragstellers auf Grund der durch Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO angeordneten untrennbaren Verbindung mit dem Asylverfahren der Eltern trotz der Rücknahme des Antrags in Belgien durchzuführen wäre. Auf die Reichweite der Antragsrücknahme kommt deshalb ebenso wenig an.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 83 b AsylVfG.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.