Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 28. März 2014 - 33 K 5730/13.PVB
Gericht
Tenor
Die am 18.07.2013 erfolgte Wahl von Herrn T. N. zum Vorstandsmitglied des Beteiligten zu 1) wird für unwirksam erklärt.
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G r ü n d e:
2I.
3Der Antragsteller gehört als Mitglied der Gruppe der Beamten dem Beteiligten zu 1) an, also dem Personalrat beim Bundesministerium der W. (C. ) mit Erstem Dienstsitz in C1. . Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob die in der Sitzung des Beteiligten zu 1) am 18.07.2013 durchgeführte Wahl des Personalratsmitglieds Herrn T. (T1. ) N. zum Ersatzmitglied des Vorstandes des Beteiligten zu 1) wirksam ist. Streitig ist hier, ob das Personalratsmitglied P. (P1. ) X. berechtigt war, an der in der Sitzung vom 18.07.2013 erfolgten Wahl teilzunehmen.
4Dem Personalratsmitglied P1. X. war für die Zeit vom 17.07.2013 bis zum 07.08.2013 Erholungsurlaub bewilligt worden. Am 12.08.2013 änderte das für Urlaubsangelegenheiten zuständige Referat J. 000 0 im C. auf Antrag des P1. X. die Urlaubsbewilligung und widerrief schriftlich unter anderem den für den Sitzungstag am 18.07.2013 bewilligten Erholungsurlaub. Das Personalratsmitglied P1. X. nahm am 18.07.2013 an der Sitzung des Beteiligten zu 1) teil. P1. X. bat am 18.07.2013, kurz vor Beginn der Personalratssitzung sein Beschäftigungsreferat telefonisch darum, den für den 18.07.2013 bewilligten Urlaub aufzuheben. Bei der telefonischen Kontaktaufnahme mit seinem Beschäftigungsreferat traf P1. X. seinen Dienstvorgesetzten nicht an. Der Dienstvorgesetzte des P1. X. stimmte dem formalen Widerruf des Erholungsurlaubes erstmals und mündlich noch am Sitzungstag des 18.07.2013 zu. Die Zustimmung des Vorgesetzten erfolgte jedoch erst zur Mittagszeit und damit nach Beendigung der Personalratssitzung, die um 10.55 Uhr beendet war.
5In der Sitzung des Beteiligten vom 18.07.2013 wurde Herr T1. N. zum Ersatzvorstandsmitglied des Beteiligten zu 1) gewählt und zwar mit einer Mehrheit von 11 zu 10 Stimmen. An dieser Wahl nahm auch der P1. X. teil.
6Der Antragsteller hat am 18.09.2013 das vorliegende personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet, mit dem er die Wahl des T1. N. für unwirksam erklären lassen will.
7In dem vom Antragsteller gleichzeitig angestrengten einstweiligen Rechtsschutzverfahren 33 L 1415/13.PVB hat die erkennende Kammer den Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 29.10.2013 im Wege einer einstweiligen Verfügung verpflichtet, die am 18.07.2013 erfolgte Wahl eines weiteren Vorstandsmitglieds nach § 33 BPersVG erneut durchzuführen.
8Der Beteiligte hat in seiner Sitzung vom 14.11.2013 die Wahl eines weiteren Vorstandsmitgliedsmitglieds erneut durchgeführt. Herr T1. N. wurde wieder gewählt und zwar wieder mit einer Mehrheit von 11 zu 10 Stimmen. Die Wahl erfolgte auf der Grundlage folgenden Beschlussantrages:
9„Beschlussantrag Umsetzung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts KöIn vom 29.10.2013 (33 L 1415/13.PVB). In Umsetzung des Beschlusses wird die Wahl zum 5. Mitglied des erweiterten Vorstandes vom 18.07.2013 mit der Maßgabe erneut durchgeführt, dass dieser Beschluss gelten soll für den Fall, dass im Verfahren VG Köln – 33 K 5730/13.PVB - die Wahl des Mitglieds N. am 18.07.2013 rechtskräftig für rechtsunwirksam erklärt wird.“
10Der Antragsteller trägt zur Begründung seines Antrages vor, die am 18.07.2013 erfolgte Wahl des T1. N. sei unwirksam. An der Wahl habe P1. X. teilgenommen, der an der Wahl nicht habe teilnehmen dürfen, weil er sich zur Zeit der Personalratssitzung in Urlaub befunden habe. Erholungsurlaub sei beim Bundesministerium der W. beim Referat J. 000 0 zu beantragen. Änderungen zu bereits bewilligtem Erholungsurlaub seien persönlich auf der Rückseite des genehmigten Urlaubsbescheides beim Referat J. 000 0 zu beantragen und könnten nur vom Referat J. 000 0 bewilligt werden. Erst wenn der Urlaub durch das genannte Referat wieder aufgehoben werde, befinde sich der betreffende Beamte oder Soldat nicht mehr in Urlaub. Ein Personalratsmitglied dürfe während der Dauer eines bewilligten Erholungsurlaubes an Personalratssitzungen nicht teilnehmen.
11Der Antragsteller beantragt,
12die am 18.07.2013 erfolgte Wahl von Herrn T. N. zum Vorstandsmitglied des Beteiligten zu 1) für unwirksam zu erklären.
13Der Beteiligte zu 1) beantragt,
14den Antrag abzulehnen.
15Nach seiner Auffassung ist die am 18.07.2013 durchgeführte Wahl des T1. N. rechtlich nicht zu beanstanden. Herr P1. X. habe sich am Morgen des 18.07.2013 telefonisch mit seinem Beschäftigungsreferat in Verbindung gesetzt. Sein Beschäftigungsreferat habe gegen die Aufhebung seines Erholungsurlaubes für den 18.07.2013 keine Bedenken erhoben. Das zuständige Referat J. 000 0 habe dann mit Bescheid vom 12.08.2013 den für den 18.07.2013 bewilligten Erholungsurlaub rückwirkend aufgehoben. Im Übrigen werde ein Betriebsratsmitglied nach der Rechtsprechung des BAG während eines Erholungsurlaubes nicht zeitweilig verhindert angesehen und müsse nicht zwingend durch ein Ersatzmitglied vertreten werden. Diese Grundsätze der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung seien auf die urlaubsbedingte Verhinderung eines Personalratsmitglieds übertragbar.
16Der Beteiligte zu 2) stellt keinen Antrag.
17Nach seiner Ansicht ist die Wahl des T1. N. vom 18.07.2013 fehlerhaft. P1. X. sei nicht wahlberechtigt gewesen, weil er sich zur Zeit der Personalratssitzung in Erholungsurlaub befunden habe. Dieser Erholungsurlaub sei frühestens gegen Mittag des 18.07.2013 aufgehoben worden, indem der für P1. X. zuständige Dienstvorgesetzte der Aufhebung des bewilligten Erholungsurlaubes zugestimmt habe.
18II.
19Der Antrag hat Erfolg. Die am 18.07.2013 erfolgte Wahl des T1. N. in den erweiterten Vorstand des Beteiligte zu 1) ist unwirksam. Zur Begründung kann Bezug genommen werden auf die Ausführungen des Beschlusses der Fachkammer vom 29.10.2013 im Eilverfahren, deren Richtigkeit durch das Vorbringen des Beteiligten zu 1) im vorliegenden Verfahren nicht in Zweifel gezogen wird. Hier hat die Kammer ausgeführt:
20„Bei der Wahl am 18.07.2013 ist gegen wesentliche Vorschriften über die Wahlberechtigung verstoßen worden. Herr P. (P1. ) X. hätte am 18.07.2013 nicht an der Wahl eines weiteren Mitgliedes des Vorstandes des Beteiligten zu 1) teilnehmen dürfen. An seiner Stelle hätte gem. § 31 Abs. 1 Satz 2 BPersVG ein Ersatzmitglied des Beteiligten zu 1) an der Wahl mitwirken müssen. Das Mitglied des Beteiligten zu 1) Herr P1. X. war am 18.07.2013 zeitweilig verhindert i.S.v. § 31 Abs. 1 Satz 2 BPersVG. Eine zeitweilige Verhinderung in diesem Sinne ist gegeben, wenn das Personalratsmitglied objektiv nicht in der Lage ist oder wenn es ihm subjektiv nicht zugemutet werden kann, sein Amt auszuüben. Während der Dauer des ihm genehmigten Erholungsurlaubes ist es einem Personalratsmitglied nicht zuzumuten, an Personalratsgeschäften, namentlich an Sitzungen der Personalvertretung teilzunehmen, mit der Folge, dass seine Teilnahme an Sitzungen und Abstimmungen des Personalrates unzulässig ist,
21vgl. BayVGH, Beschluss vom 14.09.1988 – 17 P 88.02465 -, juris; Beschluss vom 23.07.2003 – 17 P 03.18 -, juris; VG Münster, Beschluss vom 28.08.1986 – 2 PVB 3/86 -, juris.
22Es unterliegt nicht der Entscheidungsbefugnis des Personalratsmitglieds trotz genehmigten Erholungsurlaubes an Sitzungen des Personalrates teilzunehmen,
23a.A. BAG für Bestimmungen des BetrVG, Beschluss vom 08.09.2011 – 2 AZR 388/10 -, juris.
24Die gesetzmäßige Besetzung der Personalvertretung hängt nicht vom subjektiven Willen ihrer Mitglieder ab, sondern beurteilt sich nach objektiven gesetzlichen Kriterien. Liegt ein Verhinderungsgrund vor, so tritt gem. § 31 Abs. 1 Satz 2 BPersVG kraft Gesetzes ein Ersatzmitglied ein. Bei dem Eintrittsrecht des Ersatzmitglieds handelt es sich um keine Stellvertretung, die der Vertretene nach Belieben beenden kann. Der mit dem Eintritt des Ersatzmitglieds verbundene Ausschluss des Personalratsmitglieds dauert vielmehr fort bis zum Wegfall des Verhinderungsgrundes,
25vgl. BayVGH, Beschluss vom 14.09.1988 – 17 P 88.02465 -, juris.
26P1. X. war nicht berechtigt, an der Sitzung des Beteiligten zu 1) am 18.07.2013 teilzunehmen. Ihm war im Zeitpunkt der Sitzung des Beteiligten zu 1) am 18.07.2013, in der die Wahl eines weiteren Vorstandsmitglieds stattfand, Erholungsurlaub genehmigt worden. Der Widerruf des genehmigten Erholungsurlaubs durch den Dienstherrn gem. § 8 Abs. 2 EUrlV erfolgte frühestens mit der Entscheidung des Leiters des Beschäftigungsreferates des P1. X. , die Unterbrechung des Erholungsurlaubes zu bewilligen. Diese Entscheidung hat der Leiter des Beschäftigungsreferats am 18.07.2013 unstreitig erst zur Mittagszeit getroffen. Zu dieser Zeit war die Sitzung des Beteiligten zu 1) am 18.07.2013 bereits beendet. Ausweislich des Sitzungsprotokolls endete die Sitzung bereits um 10.55 Uhr.“
27Im Übrigen ist für den Zeitpunkt der Aufhebung des Erholungsurlaubes nicht bereits auf die Entscheidung des unmittelbaren Vorgesetzten des P1. X. abzustellen, weil sie als bloße behördeninterne Mitwirkungshandlung anzusehen ist. Im Außenverhältnis zum Beschäftigten wird die Aufhebung des Urlaubs erst wirksam durch die Bekanntgabe der Entscheidung des für die Aufhebung zuständigen Referates J. 000 0. Dieses hat erst mit Bescheid vom 12.08.2013 den Erholungsurlaub für den 18.07.2013 aufgehoben. Dass die Aufhebung des Urlaubs mit Rückwirkung erfolgte, ist für die Wahlberechtigung eines Personalratsmitglieds ohne Belang. Im Interesse der Rechtssicherheit muss bereits im Zeitpunkt der Personalratssitzung feststehen, dass die teilnehmenden Personalratsmitglieder teilnahme- und wahlberechtigt sind. Dies setzt im Falle eines beurlaubten Beschäftigten voraus, dass die für den Beschäftigten außenverbindliche Entscheidung über die Aufhebung des Urlaubs vor Beginn der Personalratssitzung gegenüber dem Beschäftigten getroffen und bekannt gegeben wurde.
28Einer Kostenentscheidung bedarf es im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht.
Annotations
(1) Scheidet ein Mitglied aus dem Personalrat aus, so tritt ein Ersatzmitglied ein. Das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied des Personalrats zeitweilig verhindert ist.
(2) Die Ersatzmitglieder werden der Reihe nach aus den nicht gewählten Beschäftigten derjenigen Vorschlagslisten entnommen, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören. Ist das ausgeschiedene oder verhinderte Mitglied mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt, so tritt der nicht gewählte Beschäftigte mit der nächsthöheren Stimmenzahl als Ersatzmitglied ein.
(3) § 31 Absatz 2 gilt entsprechend bei einem Wechsel der Gruppenzugehörigkeit vor dem Eintritt des Ersatzmitglieds in den Personalrat.
(4) Ist die Personalratswahl mit Erfolg angefochten worden oder der Personalrat durch gerichtliche Entscheidung aufgelöst, treten Ersatzmitglieder nicht ein.
(1) Die Mitgliedschaft im Personalrat erlischt durch
- 1.
Ablauf der Amtszeit, - 2.
Niederlegung des Amtes, - 3.
Beendigung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, - 4.
Ausscheiden aus der Dienststelle, - 5.
Verlust der Wählbarkeit, - 6.
Eintritt in eine mehr als zwölfmonatige Beurlaubung, - 7.
Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell, - 8.
Ausschluss aus dem Personalrat oder Auflösung des Personalrats auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung oder - 9.
gerichtliche Entscheidung über die Feststellung der Nichtwählbarkeit nach Ablauf der in § 26 bezeichneten Frist, es sei denn, der Mangel liegt nicht mehr vor.
(2) Die Mitgliedschaft im Personalrat wird durch einen Wechsel der Gruppenzugehörigkeit eines Mitglieds nicht berührt; dieses vertritt weiterhin die Gruppe, von der es gewählt wurde.
(1) Erholungsurlaub kann ausnahmsweise widerrufen werden, wenn bei Abwesenheit der Beamtin oder des Beamten die ordnungsmäßige Erledigung der Dienstgeschäfte nicht gewährleistet wäre. Mehraufwendungen, die der Beamtin oder dem Beamten durch den Widerruf entstehen, werden nach den Bestimmungen des Reisekostenrechts ersetzt.
(2) Wünscht die Beamtin oder der Beamte aus wichtigen Gründen den Urlaub hinauszuschieben oder abzubrechen, so ist dem Wunsche zu entsprechen, wenn dies mit den Erfordernissen des Dienstes vereinbar ist und die Arbeitskraft der Beamtin oder des Beamten dadurch nicht gefährdet wird.