Verwaltungsgericht Köln Urteil, 29. Juli 2015 - 3 K 3789/13
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger unter Aufhebung des Lehrauftrags vom 00.00.0000 einen neuen Lehrauftrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist seit dem Sommersemester 2002 Lehrbeauftragter bei der Beklagten für die Fächer „B. , L. , N. “. Seitdem wurden ihm jeweils semester- oder jahresweise Lehraufträge über 5 bis 10 Semesterwochenstunden erteilt. Die Erteilung der Lehraufträge wurde intern immer damit begründet, dass die geringe Größe des unterrichteten Fachs keine Einstellung eines hauptberuflich Lehrenden rechtfertige.
3Am 23.07.2012 wurde ihm für das Wintersemester 2012/2013 und das Sommersemester 2013 ein Lehrauftrag für die Fächer „B. und G. “ in einem Umfang von bis zu 10 Semesterwochenstunden (SWS) erteilt. Der Lehrauftrag wurde in der Folge für das Wintersemester auf 6 Stunden und für das Sommersemester auf 7,5 Stunden reduziert. Es wurde darauf hingewiesen, dass nach der Vergütungsrichtlinie für Stunden im Hauptfach 104,49 Euro je SWS im Monat und im Nebenfach je 81,60 je SWS gezahlt werde. Ein entsprechender Lehrauftrag wurde am 01.08.2013 und zuletzt am 20.08.2014 erteilt.
4Der Kläger hat am 00.00.0000 Klage erhoben.
5Er begründet seine Klage im Wesentlichen wie folgt: Die erteilten Lehraufträge seien nichtig, jedenfalls rechtswidrig. Dies folge schon daraus, dass der Beklagten keine Verwaltungsaktbefugnis zustehe, da § 36 KunstHG dies nicht vorsehe. Die Vergütungshöhe sei sittenwidrig, da er weniger als die Hälfte eines W 2-Professors je geleisteter SWS erhalte und insgesamt einen durchschnittlichen Bruttostundenlohn von 11.50 Euro habe. Dies verstoße gegen § 138 BGB, der als allgemeiner Rechtsgedanke auch im öffentlichen Recht Anwendung finde. Die Lehraufträge seien zu unbestimmt.
6Weiterhin führe die Befristung zur Rechtswidrigkeit der Lehraufträge. Auch Lehraufträge könnten grundsätzlich unbefristet erteilt werden. Sie würden als arbeitsvertragsähnliche Beschäftigungsverhältnisse von der Richtlinie 1999/70/EG erfasst, weshalb das TzBfG zumindest analog anzuwenden sei. Die Erteilung der Lehraufträge per Verwaltungsakt führe insgesamt zu einer unzulässigen Umgehung von Arbeitnehmerschutzvorschriften. Er sei ohne weiteres als Arbeitnehmer anzusehen. Die Beklagte führe für ihn Sozialversicherungsbeiträge ab. Abweichend von § 36 KunstHG sei er auch nicht selbstständig tätig, sondern vielfach Weisungen der Beklagten unterworfen. Weiterhin würden ihm nicht nur Lehraufgaben übertragen, sondern er müsse darüber hinaus zahlreiche Aufgaben wahrnehmen, die ansonsten Professoren übertragen würden. So seien Lehrbeauftragte unter anderem auch in den Personalvertretungen an den N1. vertreten. Es sei ersichtlich rechtsmissbräuchlich, dass die Beklagte Lehraufträge nur bis zu maximal 10 SWS übertrage, um nicht Gefahr zu laufen, in den Anwendungsbereich von Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu gelangen.
7Der geltend gemachte Zahlungsanspruch entspreche der Differenz der Bezüge zwischen dem Kläger und einem W 2-Professor seit dem 01.01.2010.
8Er beantragt,
9die mit Bescheiden vom 23.07.2012, vom 01.08.2013 und vom 20.08.2014 erteilten Lehraufträge aufzuheben,
10festzustellen, dass zwischen der Beklagten und ihm ein unbefristetes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art, hilfsweise ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis besteht,
11äußerst hilfsweise,
12die Beklagte zu verpflichten, ein unbefristetes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art,
13hilfsweise ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis abzuschließen,
14die Beklagte zu verurteilen, an ihn 39.897,13 Euro brutto nebst Zinsen zu bezahlen,
15die Beklagte zu verurteilen, an ihn je Semesterwochenstunde 263,32 Euro brutto zu bezahlen,
16festzustellen, dass die ihm erteilten Lehraufträge vom 00.00.0000, vom 00.00.0000 und vom 00.00.0000 im Hinblick auf die Befristung und oder Vergütung nichtig, zumindest rechtswidrig sind.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie ist der Auffassung, dass § 36 KunstHG die Erteilung von Lehraufträgen auch für dauerhaften Lehrbedarf rechtfertige. Da die Lehraufträge per Verwaltungsakt erteilt würden, fänden auch die Bestimmungen über Befristungen von Arbeitsverhältnissen keine Anwendung. Der Kläger sei auch nicht als Arbeitnehmer für die Beklagte tätig, weshalb auch die Richtlinie 1999/70/EG nicht anwendbar sei. Das folge schon daraus, dass die Lehraufträge durch Verwaltungsakt erteilt würden und kein Vertragsschluss erfolge. Weiterhin schließe § 36 KunstHG gerade das Vorliegen eines Dienstverhältnisses aus. Selbst sollte der Anwendungsbereich der Richtlinie eröffnet sein, so seien die Befristungen gerechtfertigt. Das Lehrfach des Klägers sei ein sehr kleines Unterrichtsfach, deshalb bestünde nur ein geringer, stark schwankender Bedarf. Ob ein Dauerbedarf bestünde, sei durchaus fraglich. Weiterhin seien die künstlerischen Hochschulen in hohem Maße auf die Exzellenz von verschiedenen und wechselnden Künstlern angewiesen. Die Tätigkeit sei für den Kläger weiterhin nur eine Nebentätigkeit, da dieser im Übrigen eine N2. betreibe.
20Es sei schließlich keinesfalls so, dass missbräuchlich Arbeitnehmerschutzbestimmungen umgangen würden. Zwar könne sie wohl auch privatrechtliche Anstellungsverhältnisse mit Lehrbeauftragen begründen. Tue sie dies jedoch nicht, sei dagegen nichts einzuwenden. Der Kläger sei für sie keinesfalls wie ein Arbeitnehmer tätig. Vielmehr bestimme schon § 36 KunstHG, dass Lehrbeauftragte selbstständig tätig seien. Dies sei beim Kläger der Fall, auch wenn er organisatorische Vorgaben zu beachten habe.
21Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 04.02.2015 seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten Anfechtungsantrag bezüglich der Bescheide vom 00.00.0000 und vom 00.00.0000 auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Die Beklagte hat diesen Anträgen widersprochen.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie teilweise unzulässig und teilweise unbegründet.
25Die Klage ist mit dem Hauptantrag auf Aufhebung der Lehraufträge vom 00.00.0000, vom 00.00.0000 und vom 00.00.0000, die Verwaltungsakte gemäß § 35 VwVfG darstellen, als Anfechtungsklage zulässig.
26Die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist durch die Klageerhebung am 00.00.0000 gewahrt, da der am 00.00.0000 erteilte Lehrauftrag nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, so dass die Klagefrist nach § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr betrug.
27Der Kläger hat für die Anfechtungsklage auch insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis, als er davon ausgeht, dass es der Beklagten für die Erteilung eines Lehrauftrags an der Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts fehlt. Denn soweit diese Auffassung zutrifft, ist er nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte darauf angewiesen, zunächst diesen Verwaltungsakt durch das Verwaltungsgericht aufheben zu lassen, um so dessen Tatbestandswirkung zu beseitigen. Erst dann kann er bei den Arbeitsgerichten den Abschluss eines Arbeitsvertrags einklagen,
28vgl. BAG, Urteil vom 23.06.1993 – 5 AZR 248/92 – juris Rz. 42.
29Eine Anfechtungsklage scheidet jedoch mangels Rechtsschutzbedürfnisses insoweit aus, als der Kläger im Ergebnis die Erteilung eines unbefristeten und höher dotierten Lehrauftrags begehrt. Denn insoweit ist allein die rechtsschutzintensivere Verpflichtungsklage möglich.
30Die Anfechtungsklage ist, soweit demnach zulässig, jedoch unbegründet. Denn der Beklagten steht die Befugnis zur Erteilung von Lehraufträgen durch Verwaltungsakt gemäß § 36 Satz 1 KunstHG NRW zu. Nach § 36 Satz 1 KunstHG NRW können Lehraufträge für einen durch hauptberufliche Lehrkräfte nicht gedeckten Lehrbedarf erteilt werden. Der Lehrauftrag ist nach Satz 3 der Vorschrift ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art. Dieses öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis eigener Art kann nach Auffassung der Kammer durch Verwaltungsakt begründet werden.
31Vgl. etwa zur Vorgängervorschrift VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20.12.2006 – 12 K 414/03 – juris Rz. 13, aus der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung LAG BW, Urteil vom 29.07.2009 – 13 Sa 18/09 – juris Rz. 37 ff.; zweifelnd für das bayerische Recht BayVGH, Urteil vom 23.06.1999 – 7 B 98.2272 – juris Rz. 12.
32Dafür spricht entscheidend, dass „erteilen“ in einem öffentlich-rechtlichen Kontext eine Einseitigkeit der Vergabe des Lehrauftrags zum Ausdruck bringt. Dem Gesetzgeber war die entsprechende, jahrzehntelange Praxis in NRW auch bekannt, als er das Kunsthochschulgesetz 2008 verabschiedete. Änderungen waren ausweislich der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 14/5555, S. 134) nicht beabsichtigt.
33Dieses Ergebnis der Auslegung des nationalen Rechts bedarf auch nicht der Korrektur aufgrund europäischer Vorgaben. Denn die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge gibt Regelungen zu Befristungsmöglichkeiten vor, enthält sich aber jeder Aussage über die jeweils nach nationalem Recht zu wählende Rechtsform. Es liegt insoweit auch nicht, wie vom Kläger vorgetragen, ein Rechtsformenmissbrauch der Beklagten vor. Denn diese kann sich der Rechtsform des Verwaltungsakts zur Erteilung von Lehraufträgen ohne Weiteres bedienen. Sie kann sich hierdurch nur gerade nicht sonstigen (europa-)rechtlichen Bindungen entziehen.
34Bleibt die Anfechtungsklage somit ohne Erfolg, so kann dahinstehen, ob die vom Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgenommene Umstellung in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag für die Lehraufträge vom 00.00.0000 und vom 00.00.0000 noch zu berücksichtigen war. Denn jedenfalls blieben auch diese Anträge nach dem oben Gesagten in der Sache ohne Erfolg. Im Übrigen dürfte von einer Erledigung im Rechtssinne gerade nicht auszugehen sein, wenn von dem Verwaltungsakt, wie vom Kläger im Schriftsatz vom 04.02.2015 vorgetragen, weiterhin rechtliche Wirkungen ausgehen.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. 9. 2008 - 7 C 5/08.
36Auch die hilfsweise gestellten Anträge des Klägers, festzustellen, dass zwischen der Beklagten und ihm ein unbefristetes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art, hilfsweise ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis besteht, haben keinen Erfolg. Ein solches unbefristetes Rechts- oder Dienstverhältnis besteht derzeit nicht. Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass ein entsprechender Vertragsschluss oder die Erteilung eines unbefristeten Lehrauftrags nicht erfolgt ist.
37Das Bestehen eines unbefristeten Rechts- oder Dienstverhältnisses folgt auch nicht aus § 16 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG). Einer direkten Anwendung der Vorschrift steht schon der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen, die an das Bestehen eines Arbeitsvertrags anknüpft. Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die erteilten Lehraufträge scheidet aus. Es fehlt insofern schon an dem Vorliegen einer Regelungslücke, die die analoge Anwendung einer zivilrechtlichen Norm im öffentlichen Recht ermöglichen würde. Denn das Verwaltungsrecht enthält selbst die Möglichkeit für den Inhaber eines befristeten Lehrauftrags, die Erteilung eines unbefristeten Lehrauftrags einzuklagen.
38Die Klage des Klägers hat mit dem äußerst hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erteilung eines neuen Lehrauftrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Denn die derzeit dem Kläger erteilten Lehraufträge sind rechtswidrig.
39Dies folgt allerdings nicht daraus, dass die Beklagte dem Kläger eine höhere als die gewährte Vergütung zuerkennen müsste. Es ist schon sehr zweifelhaft, inwieweit die Vergütung eines Lehrauftrags als öffentlich-rechtlichem Rechtsverhältnis, die jeweils in dem Einzelnen Verwaltungsakt festgelegt wird, überhaupt an § 138 BGB zu messen ist. Jedenfalls fehlt es an einer geeigneten Vergleichsgruppe, an der sich eine höhere Vergütung des Klägers orientieren könnte. Die Gruppe der hauptamtlichen Professoren in der Besoldungsgruppe W 2, die der Kläger für vergleichbar hält, ist hierfür von vorneherein nicht geeignet. Denn diese haben andere und sehr viel weitergehende Aufgaben wahrzunehmen als Lehrbeauftragte. Der vom Kläger gezogene Vergleich der jeweiligen Lehrverpflichtung und der gezahlten Vergütung greift deshalb zu kurz. Professoren haben außerdem einen ausgesprochen selektiven Auswahlprozess durchlaufen, während Lehrbeauftragte ohne einen solchen bestellt werden.
40Auch ein anderer tauglicher Vergleichsmaßstab besteht nicht. Hinsichtlich der Lehrkräfte für besondere Aufgaben ist zu beachten, dass diese anders als Lehrbeauftragte weiteren Bindungen in Bezug auf ihre Arbeitskraft unterliegen, insbesondere dem Nebentätigkeitsrecht. Auch insoweit besteht schon im Ansatz keine Vergleichbarkeit. Im Übrigen beziehen diese bei einer Eingruppierung in TVöD 12 oder 13 und einer Lehrverpflichtung bis zu 17 Wochenstunden nach der Lehrverpflichtungsverordnung auch kein derart höheres Gehalt als Lehrbeauftragte, dass die Vergütung der Lehrbeauftragten als sittenwidrig einzustufen wäre.
41Als rechtswidrig erweist sich jedoch die Befristungspraxis der Beklagten. Dem Kläger steht ein Anspruch zu, einen unbefristeten Lehrauftrag erteilt zu bekommen.
42§ 36 KunstHG NRW enthält keine Vorgaben zu der Befristung von Lehraufträgen, sondern lässt nach seinem Wortlaut sowohl die Erteilung unbefristeter als auch befristeter Lehraufträge zu.
43Der Anspruch des Klägers folgt aus der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge. Lehraufträge an Kunst- und N1. im Land Nordrhein-Westfalen fallen nach Auffassung der Kammer in den Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung. Diese bestimmt ihren Anwendungsbereich in § 2 Nr. 1 wie folgt:
44„Diese Vereinbarung gilt für befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag oder –verhältnis gemäß der gesetzlich, tarifvertraglich oder nach den Gepflogenheiten in jedem Mitgliedstaat geltenden Definition.“
45In der Rechtsprechung des EuGH ist anerkannt, dass diese Vorschrift grundsätzlich auch Tätigkeiten im öffentlichen Dienst und auch in Beamtenverhältnissen erfasst,
46vgl. etwa EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-177/10 – Rosado Santana – und Urteil vom 13.03.2014, C-190/13 – Márquez Samohano.
47Der Frage, ob das Arbeitsverhältnis durch Vertrag oder eben im öffentlichen Dienstrecht durch einseitigen Akt begründet wird, hat der EuGH in seiner Rechtsprechung bisher für nicht ausschlaggebend gehalten und entschieden, dass die Richtlinie im Rahmen von ebenfalls durch einseitigen Hoheitsakt begründeten Beamtenverhältnissen anwendbar ist,
48siehe EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-177/10 – Rosado Santana –.
49Der von Seiten der Beklagten gegen die Anwendbarkeit vorgetragene Grund, dass der Lehrauftrag durch einseitigen Hoheitsakt zustande komme, überzeugt vor diesem Hintergrund nicht. Denn insoweit relevante Unterschiede sind nicht ersichtlich.
50Im Urteil vom 13.03.2014 hat der EuGH die Richtlinie auch auf befristete Arbeitsverträge von Assistenzprofessoren angewandt. Die Kammer stellt insofern fest, dass nach der Beschreibung durch den EuGH einige Gemeinsamkeiten zwischen spanischen Assistenzprofessoren und deutschen Lehrbeauftragten bestehen. Auch die s.
51Assistenzprofessoren sollen aus der Praxis kommen. Sie sollen die Tätigkeit an der Hochschule nur als Nebentätigkeit ausüben, um den Hochschulunterricht in spezifischen Bereichen durch die Erfahrung anerkannter Fachleute zu bereichern. Um Letzteres zu gewährleisten, soll ein regelmäßiger Austausch der Assistenzprofessoren erfolgen. Vor diesem Hintergrund spricht nach Auffassung der Kammer Überwiegendes dafür, dass auch Lehrbeauftragte an N1. in NRW in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Zwar wendet die Beklagte hiergegen ein, dass der Lehrauftrag gem. § 36 Satz 3 KunstHG kein Dienstverhältnis begründen soll. Andererseits interpretiert etwa das BAG die Vorschrift nur dahingehend, dass dies der Abgrenzung zu vollzeitbeschäftigten Angestellten und Beamten dienen soll,
52vgl. BAG, Urteil vom 01.11.1995 – 5 AZR 84/94 – juris Rz. 20.
53Im Übrigen spricht unter einem europarechtlichen Blickwinkel vieles für eine Einbeziehung der Lehraufträge in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Dafür streitet zuvörderst der vom EuGH auch im Zusammenhang mit dieser Richtlinie stets betonte Grundsatz der Auslegung nach der praktischen Wirksamkeit,
54vgl. etwa EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-177/10 – Rosado Santana – juris Rz. 50.
55Es gibt keinen europarechtlich relevanten Grund anzunehmen, dass der durch Verwaltungsakt bestellte Lehrbeauftragte weniger schutzwürdig ist als der vertraglich gebundene Lehrbeauftragte, den es in anderen Bundesländern gibt. Dazu kommt, dass das nordrhein-westfälische Recht Lehrbeauftragte an L1. als sozialversicherungspflichtig einstuft und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gewährt, was bei Lehrbeauftragten an Fachhochschulen und Universitäten oder klassisch selbstständigen Tätigkeiten gerade nicht der Fall ist. Auch hier billigt das nordrhein-westfälische Recht dem Lehrbeauftragten an L1. gerade eine höhere Schutzbedürftigkeit als anderen Selbstständigen zu. Aus europarechtlicher Sicht drängt sich hier der Gedanke des widersprüchlichen Verhaltens auf. Auch die Teilzeitbeschäftigung von Lehrbeauftragten steht der Anwendbarkeit der Richtlinie nach der klaren Rechtsprechung des EuGH nicht entgegen,
56vgl. EuGH, Urteil vom 13.03.2014, C-190/13 – Márquez Samohano, juris Rz. 58.
57Geht man somit von der Anwendbarkeit der Richtlinie aus, so ist die Befristungspraxis der Beklagten nicht gerechtfertigt. Der EuGH hat in dem Urteil vom 13.03.2014 deutlich gemacht, dass Dauerbefristungen an Hochschulen wegen der besonderen Bedürfnisse gem. § 5 Abs. 1 lit) a der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt sein können. Der EuGH hat hierzu ausgeführt, dass die nationalen Stellen anhand objektiver und transparenter Kriterien zu prüfen hätten, ob die fortlaufende Befristung einem echten Bedarf entspricht und ob sie zur Erreichung eines im Sinne der Richtlinie legitimen Ziels geeignet und erforderlich sei. Nicht gerechtfertigt sei es grundsätzlich, wenn ein ständiger und dauerhafter Bedarf durch befristet Beschäftigte gedeckt würde. Etwas anderes gelte, wenn ein dauerhafter Bedarf durch wechselnde Beschäftigte gedeckt würde, da die befristet Beschäftigten jeweils nach Ablauf ihrer Tätigkeit an der Hochschule an ihren früheren Arbeitsplatz zurückkehrten. In diesem Falle entspräche die Befristung dem Ziel, einen Austausch zwischen Wirtschaft und Hochschule zu ermöglichen. Befristete Tätigkeiten zur Deckung eines faktisch ständigen Bedarfs dürften jedoch nicht zum Zweck einer ständigen Wahrnehmung verlängert werden. Im zu entscheidenden Fall LAG eine Befristung über insgesamt 3 Jahre eines Assistenzprofessors vor.
58Überträgt man diese Maßstäbe auf den vorliegenden Fall, so ist die derzeitige, sich beim Kläger seit über 12 Jahren fortsetzende Befristungspraxis der Beklagten nicht durch legitime, durch die Befristungen verfolgte Ziele gerechtfertigt. Denn die Beklagte hat selbst nicht vorgetragen, bei ihrer Ermessensentscheidung über die Erteilung des Lehrauftrags die Vorgaben der Richtlinie beachtet zu haben. Sie hat im gerichtlichen Verfahren allein das abstrakte Kriterium des Bedarfs an wechselnden Lehrkräften geltend gemacht, jedoch nicht im entferntesten vorgetragen, welche Umstände beim Kläger zu einer nunmehr 12-jährigen ununterbrochenen Beschäftigung geführt haben. Die schwankende erforderliche Unterrichtsstundenzahl in den vom Kläger unterrichteten Fächern kann die Befristungspraxis nicht rechtfertigen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass der Kläger Lehraufträge für B. , B. L. , N. und G. erhalten hat, so dass Schwankungen eventuell ausgeglichen werden könnten. Im Übrigen besteht auch die Möglichkeit, den unbefristeten Lehrauftrag mit einer Anpassungsklausel zu versehen, so dass entweder zu viel oder zu wenig geleistete Stunden über die Semester ausgeglichen würden oder ein Abänderungsvorbehalt hinsichtlich der Stundenanzahl in den Lehrauftrag aufgenommen würde. Angesichts der Tatsache, dass in der weit überwiegenden Anzahl der Semester zwischen 7 und 9 Semesterwochenstunden durch den Kläger geleistet wurden, erscheint dies ohne weiteres möglich.
59Die Beklagte ist demnach zu verpflichten, dem Kläger einen neuen Lehrauftrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Ein weitergehender Verpflichtungstenor kommt nicht in Betracht, da es im Ermessen der Beklagten steht, wie sie die Vorgaben der europarechtlichen Richtlinie bei der Neubescheidung konkret berücksichtigt.
60Soweit der Kläger weiterhin einen Zahlungsanspruch im Wege der Leistungsklage verfolgt, ist die Klage unbegründet. Denn nach dem oben Gesagten besteht schon kein Anspruch auf eine höhere als die bereits gezahlte Vergütung. Im Übrigen steht einer höheren Vergütung für den Zeitraum 0000 bis Mitte 0000 schon die Bestandskraft der jeweils erteilten Lehraufträge entgegen.
61Soweit der Kläger schließlich die Feststellung begehrt, dass die ihm erteilten Lehraufträge vom 00.00.0000, vom 00.00.0000 und vom 00.00.0000 im Hinblick auf die Befristung und/oder Vergütung nichtig, zumindest rechtswidrig sind, fehlt es der Klage schon an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.
62Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO.
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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.