Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Rechtsstreites werden den Antragstellern als Gesamtschuldnern auferlegt.

3. Der Streitwert beträgt 213,42 Euro.

Gründe

1

Der sinngemäße Antrag,

2

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17.11.2008 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 03.06.2009 in Höhe von 767,57 Euro anzuordnen,

3

hat keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig; insbesondere ist die Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erfüllt, da der Antragsgegner in dem Widerspruchsbescheid den Antrag der Antragsteller auf Aussetzung der Vollziehung nur insofern stattgegeben hat, als die Festsetzung den Betrag von 767,57 Euro übersteigt; im Übrigen hat er den Antrag abgelehnt.

4

In der Sache hat der Antrag allerdings keinen Erfolg. Einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gewährt das Gericht entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Letzteres wird von den Antragstellern nicht geltend gemacht. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte sind auch nicht erkennbar.

5

Es bestehen bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Beitragsbescheides vom 17.11.2008. Er findet seine Rechtsgrundlage in der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung - WAgS) vom 27.11.2007.

6

1. Die Satzung ist nach derzeitiger Erkenntnis wirksam. Insbesondere weist sie den gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderlichen Mindestinhalt auf. Keine Bedenken bestehen gegen den in § 2 Satz 2 WAgS i.V.m. Anlage 1 Ziff. 1.3. geregelten Beitragssatz. Er beruht auf der vom Antragsgegner vorgelegten Beitragskalkulation 2007, die nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden ist (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 03.07.2008 - 3 B 801/08, n.v., zuletzt VG Greifswald, Beschl. v. 06.05.2009 - 3 B 249/09, n.v.).

7

Der Einwand der Antragsteller, es seien ersichtlich keine Baumaßnahmen festzustellen gewesen und der Antragsgegner würde nicht detailliert darlegen, welche Baumaßnahmen zu welchen Baukosten und unter Einbeziehung welcher Förderung durchgeführt worden seien, verfängt nicht. Die Antragsteller verkennen, dass der Beitragssatz - wie oben angeführt - auf der Beitragskalkulation 2007 beruht. Bei dieser Beitragskalkulation handelt es sich um eine sog. Globalkalkulation, d.h. mit dieser werden einerseits alle Herstellungskosten, die der Vergangenheit wie auch die der Zukunft, bis zur endgültigen Herstellung der Einrichtung, jedenfalls für den künftigen Zeitraum, in dem die Kalkulation Gültigkeit beanspruchen soll, ermittelt bzw. geschätzt und anderseits für den gleichen Zeitraum alle Verteilungseinheiten (Beitragsflächen) bestimmt, um so den Beitragssatz zu ermitteln. Eines Nachweises, welche konkreten Baumaßnahmen getätigt wurden (wie etwa im Straßenbaubeitragsrecht), bedarf es somit nicht. Es ist auch nicht erforderlich, dass Baumaßnahmen im Bereich des Grundstücks der Antragsteller durchgeführt wurden. Denn nach § 1 Abs. 1 WAgS i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die öffentliche Wasserversorgung der Grundstücke (Wasseranschlusssatzung - WAS) vom 27.11.2007 betreibt der Verband (mehrere) Wasserversorgungsanlagen als eine öffentliche Einrichtung. Zur Finanzierung der Anschaffung und Herstellung dieser (einen) Einrichtung erhebt der Verband gemäß § 1 Abs. 2 lit. a WAgS Anschlussbeiträge von den Antragstellern. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass aus der Kalkulation 2007 hervorgeht, ob und inwieweit Fördermittel geflossen sind. Diese wurden auch von dem umlagefähigen Aufwand abgezogen.

8

Nicht zu beanstanden ist entgegen den Ausführungen der Antragsteller, dass bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes alle seit dem Beginn der Herstellung der Anlage getätigten Investitionen berücksichtigt worden. Dies entspricht vielmehr den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Globalkalkulation.

9

Soweit die Antragsteller einwenden, dass vermutet werde, dass allgemeine Instandhaltungs- und Wartungsmaßnahmen bei der Beitragserhebung mit einbezogen wurden, ist der Vortrag unsubstanziiert und daher unbeachtlich.

10

2. Auch die Rechtsanwendung durch den Antragsgegner unterliegt keinen Bedenken.

11

Der Beitragsanspruch ist nicht infolge Festsetzungsverjährung gemäß § 47 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V erloschen, da die Festsetzungsfrist gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V - entgegen der Ansicht der Antragsteller - nicht schon am 31.12.2008 abgelaufen ist. Bei Bekanntgabe des Bescheides vom 17.11.2008 am 05.05.2009 war der Beitragsanspruch somit noch nicht erloschen.

12

Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V beträgt die Festsetzungsfrist für alle kommunalen Abgaben und damit auch für Anschlussbeiträge vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Die Beitragspflicht ist nicht bereits mit dem Anschluss des Grundstücks an die Anlage bzw. der Schaffung der Anschlussmöglichkeit, sondern gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V erst mit dem In-Kraft-Treten der Wasserabgabensatzung vom 27.11.2007 entstanden. Die Vorschrift bestimmt, dass die sachliche Beitragspflicht entsteht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Satzung (ständige Rechtsprechung auch zu § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F.: vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 03.03.2005 - 1 L 56/04, S. 4 ff. des Umdrucks).

13

Die Wasserabgabensatzung vom 27.11.2007, in Kraft getreten am 01.01.2008, ist die erste wirksame Rechtsgrundlage für eine Beitragserhebung, so dass die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2008 angelaufen ist und mit Ablauf des Jahres 2012 abläuft. Die vor dem In-Kraft-Treten der Wasserabgabensatzung vom 27.11.2007 Geltung beanspruchenden Beitragsatzungen sind allesamt unwirksam und konnten daher weder das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht noch den Lauf der Festsetzungsfrist auslösen (vgl. dazu ausführlich VG Greifswald, Beschl. v. 03.07.2008 - 3 B 801/08). Dies gilt auch für die Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung vom 26.11.2001) vom 26.11.2001 (abweichend noch: VG Greifswald, Beschl.v. 22.07.2009 - 3 B 584/09). Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung geht die Kammer nunmehr davon aus, dass die dem damals beschlossenen Beitragssatz zu Grunde liegende Kalkulation fehlerhaft ist. Nach den vom Antragsgegner jetzt vorgelegten Unterlagen sind auf der Kostenseite der Kalkulation von 2001 nur die zum Zeitpunkt der Berechnung erfolgten Investitionen (367.159,99 DM) und auf der Flächenseite nur die im Bereich dieser Maßnahmen gelegenen Grundstücke (164.984 m²) erfasst. Damit leidet die Kalkulation an einem methodischen Fehler. Obwohl es sich bei der Kalkulation um eine Globalkalkulation handelt, wird weder der Gesamtaufwand bis zur endgültigen Fertigstellung der Anlage (ausweislich der Kalkulation von 2007: 13.933.985,90 Euro netto) noch die Gesamtzahl der zu diesem Zeitpunkt beitragspflichtigen Flächen im Verbandsgebiet (ausweislich der Kalkulation von 2007: 14.305.606 m²) erfasst. Mangels wirksamer Bestimmung des Beitragssatzes ist die Wasserabgabensatzung vom 26.11.2001 unvollständig (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) und daher unwirksam.

14

Dem Antragsgegner ist es auch nicht verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Wasserabgabensatzung vom 26.11.2001 zu berufen. Vielmehr ermächtigt das Gesetz, indem es in § 9 Abs. 3 KAG M-V das In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Satzung für die (früheste) Entstehung der sachlichen Beitragspflicht selbst gewissermaßen als Tatbestandsvoraussetzung ausgeformt hat (vgl. Sauthoff in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand Sept. 2009, § 8 Rn. 1664), die normanwendende Behörde, diesen Zeitpunkt rechtlich zu bestimmen. Die Behörde muss somit grundsätzlich selbst die Prüfung vornehmen, ob alle gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Umsetzung seiner Beitragserhebungspflicht erfüllt sind. Dazu gehört auch die Prüfung, ob zeitlich vor dem aktuell gültigen Satzungsrecht bereits eine wirksame Beitragssatzung bestanden hat, die die sachliche Beitragspflicht hat entstehen lassen und der Bestimmung der Beitragsforderung sowie Fragen einer etwaigen Verjährung zu Grunde zu legen ist. Davon umfasst ist somit und gerade auch der Fall, dass eine frühere Abgabensatzung nicht förmlich aufgehoben wurde, sondern ihre Geltung durch eine geänderte Satzung abgelöst worden ist, weil der Satzungsgeber die Fehlerhaftigkeit seiner bisherigen Satzung erkannt hat. Hat der Satzungsgeber die Fehlerhaftigkeit der früheren Satzung erkannt, darf er bei der Prüfung der Beitragsfälle die nicht aufgehobene Satzung nicht zu Grunde legen. Es obliegt seiner an Recht und Gesetz gebundenen Beurteilung, ob die aktuelle Satzung die erste wirksame Satzung im Sinne des § 9 Abs. 3 KAG M-V ist (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 16.12.2008 - 4 M 148/08 -, zit. nach juris, Rn. 15).

15

Auch das auf § 242 BGB zurückzuführende Verbot eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens steht dem Berufen auf die Unwirksamkeit der Wasserabgabensatzung vom 26.11.2007 nicht entgegen. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass die Prüfkompetenz der normanwendenden Behörde dergestalt missbraucht werden kann, dass im Bedarfsfall ein Satzungsfehler gleichsam "aus dem Hut gezaubert" wird, um die Beschränkungen der Festsetzungsverjährung zu umgehen. Ein solcher Fall, der mit Blick auf § 242 BGB bedenklich wäre, ist vorliegend jedoch ersichtlich nicht gegeben.

16

Bereits aus der Niederschrift zur Verbandsversammlung des Wasserzweckverbandes Strelitz vom 01.11.2007 (vgl. BA, Wasserabgabensatzung WAgS Beitragssatzung nebst Verfahrensakte, S. 18 zu TOP 23) geht hervor, dass der Antragsgegner die Fehlerhaftigkeit der Wasserabgabensatzung vom 26.11.2001 erkannt hat und damit die Notwendigkeit des Erlasses einer neuen, geänderten - nunmehr wirksamen - Satzung. Der Geschäftsführer des Antragsgegners hat in dieser Versammlung die Ansätze der Kalkulationen aus dem Jahr 2001 und 2007 gegenübergestellt und herausgearbeitet, dass die Ansätze aus dem Jahr 2001 fehlerhaft sind, da diese nicht von den gesamten Investitionen und den gesamten Flächen im Verbandsgebiet ausgehen. Weiterhin hat er ausgeführt, dass auf Grund der festgestellten Unwirksamkeit der Wasserabgabensatzung vom 26.11.2001 auch keine Trinkwasserbeiträge mehr seit Anfang 2007 erhoben worden seien. Die neue Kalkulation solle abgewartet werden.

17

Ein treuwidriges Verhalten ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der "Bekanntmachung des Wasserzweckverbandes Strelitz" im Müritz-Anzeiger vom Januar 2009. In dieser teilte der Antragsgegner mit, dass die Festsetzungsfrist am 31.12.2008 ende und Trinkwasserbeiträge, die vor Weihnachten fällig werden, auf Antrag 6 Monate zinslos gestundet werden. Zwar ist das Verhalten des Antragsgegners insoweit widersprüchlich, als er nunmehr Beitragsbescheide auch nach dem 31.12.2008 erlässt. Allerdings bleibt es den Beteiligten unbenommen, ihr Verhalten bzw. Rechtsansichten zu ändern. Treuwidrig und damit missbräuchlich ist dieses Verhalten nur dann, wenn es einen Vertrauenstatbestand begründet und der andere Teil im Hinblick hierauf Dispositionen getroffen hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Antragsteller im Vertrauen auf diese Mitteilung Dispositionen getroffen haben. Die Antragsteller berufen sich weder in ihrer Antrags- noch in ihrer Klageschrift auf diese Bekanntmachung; offensichtlich hatten sie von dieser keine Kenntnis.

18

Schließlich kann in der "Bekanntmachung des Wasserzweckverbandes Strelitz" im Müritz-Anzeiger vom Januar 2009 auch kein Verzicht auf die Geltendmachung künftiger Beiträge gesehen werden. Bei der Mitteilung über die endende Festsetzungsfrist handelt es sich lediglich um eine Information, der keine rechtverbindliche Wirkung zukommt. Der Hinweis auf die endende Festsetzungsfrist ist darüber hinaus - wie oben gezeigt - rechtsfehlerhaft und - wie vom Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 13.08.2009 dargelegt - der beim Zweckverband Strelitz bestehenden Rechtsunsicherheit wegen der noch ausstehenden gerichtlichen Prüfung der Satzung vom 26.11.2001 geschuldet.

19

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung aus den §§ 52 Abs. 3, 53 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei der streitige Abgabenbetrag für das Eilverfahren zu vierteln war.

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Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 26. Aug. 2009 - 3 B 781/09 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

Abgabenordnung - AO 1977 | § 47 Erlöschen


Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ans

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Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 26. Aug. 2009 - 3 B 781/09 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 16. Dez. 2008 - 4 M 148/08

bei uns veröffentlicht am 16.12.2008

Tenor Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt. Gründe I. 1 Der Antragsteller begehrt die Feststellung de

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die Feststellung der Ungültigkeit der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasseranlage der Gemeinde S. vom 9. Juli 1998 im Vorwege durch einstweilige Anordnung.

2

Die Gemeinde S. ist seit dem 1. Januar 2003 Mitglied des Zweckverbandes, den der Antragsteller vertritt. Auf Grundlage der o.g. Satzung hatte sie zuvor zum Teil bereits Anschlussbeiträge erhoben. Der Zweckverband veranlagt in seinem Zuständigkeitsbereich auf Grundlage von Anfang des Jahres 2002 in Kraft getretenen Satzungsrechts ebenfalls zu Anschlussbeiträgen. Er beabsichtigt nunmehr, Beiträge auch für das Gemeindegebiet S. zu erheben, soweit dies noch nicht vor dem Eintritt der Gemeinde in den Zweckverband im Jahre 2003 auf Grundlage der Beitragssatzung vom 9. Juli 1998 geschehen ist.

3

Der Antragsteller hat am 24. Oktober 2008 einen Normenkontrollantrag gestellt mit dem Ziel, die Beitragssatzung der Gemeinde S. vom 9. Juli 1998 sowie die zugehörige Erste Änderungssatzung "vom 22. April/3. Juni 1999" für ungültig zu erklären (4 K 30/08). Zugleich hat er den hier vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

4

Der Antragsteller vertritt die Auffassung, die Beitragssatzung der Gemeinde S. vom 9. Juli 1998 sei aus verschiedenen Gründen rechtswidrig und nicht wirksam. Beitragspflichten seien daher erst auf Grundlage der Satzung des Zweckverbandes aus dem Jahre 2002 entstanden und nach § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V noch nicht verjährt. Eine Geltendmachung von Beitragsansprüchen sei jedoch möglicherweise unzulässig, weil man sich eventuell bei Annahme der Unwirksamkeit der Beitragssatzung und damit verbundener Übergehung ihrer möglichen Verjährungsfolgen gleichsam eine darauf gerichtete autonome Normverwerfungskompetenz anmaße. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO stehe der Zulässigkeit eines Normenkontrollantrages hier nicht entgegen. Die Beitragssatzung der Gemeinde S. vom 9. Juli 1998 sei zum Zeitpunkt des Beitritts der Gemeinde in den Zweckverband bereits länger als zwei Jahre in Kraft gewesen. Sie hätte den Antragsteller zuvor nicht tangiert. Die Frist könne daher nicht greifen. Die Normenkontrolle erscheine vorliegend nach Sinn, Zweck und Eilbedürftigkeit alternativlos. Das in bestimmten Konstellationen sekundäre Fristerfordernis müsse angesichts der Rechtsschutzbedürfnisse der potentiellen Beitragsschuldner zurückstehen. Die Einhaltung der Frist wirke sich allenfalls zugunsten von potentiell Abgabepflichtigen aus. Diese würden profitieren, wenn die Beitragssatzung der Gemeinde S. verjährungsbedingt nicht mehr vollzogen werden könne, die Normenkontrolle verfristet sei und eine Beitragserhebung auf Grundlage der Satzung des Antragstellers wegen unzulässiger Normverwerfung unwirksam sei. Dies könne nicht Intention von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sein.

5

Der Antragsteller beantragt,

6

die jederzeitige Ungültigkeit der Satzung der Gemeinde S. über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasseranlage der Gemeinde vom 9. Juli 1998 sowie der Ersten Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasseranlage der Gemeinde vom 9. Juli 1998 vom 22. April 1999/3. Juni 1999 im Vorwege durch einstweilige Anordnung auszusprechen.

7

Der Antragsgegner vertritt den Standpunkt, er sei nicht der richtige Beklagte; vielmehr sei dies die Gemeinde S. selbst.

II.

8

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

9

Einstweiliger Rechtsschutz in Form einer einstweiligen Anordnung wird im Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO auf Antrag gewährt, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen Gründen dringend geboten ist. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Antrag in der Hauptsache offensichtlich unzulässig ist (vgl. OVG M-V, Beschl. v. 3.12.2008 - 4 M 158/08 -; 14.10.2003 - 4 M 66/03 -; 29.12.2005 - 4 M 165/05 -, unter Hinweis auf OVG M-V, Beschl. v. 20.11.1997 - 3 M 145/97 -, NuR 1999, 237; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, §47 Rn. 153). Das ist hier der Fall.

10

1. Der am 24. Oktober 2008 gestellte Normenkontrollantrag ist nicht fristgemäß gestellt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der Fassung von Artikel 1 des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 1. November 1996 (BGBl. I S. 1626) konnte der Normenkontrollantrag nur binnen einer Frist von zwei Jahren nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift gestellt werden. Nach der nunmehr geltenden Fassung der Vorschrift ist dies nur innerhalb eines Jahres möglich. Die für den gegen die Beitragssatzung der Gemeinde S. vom 9. Juli 1998 gerichteten Normenkontrollantrag des Antragstellers noch geltende Frist von zwei Jahren war bei Antragstellung am 24. Oktober 2008 offensichtlich verstrichen.

11

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fällt der Beginn der Frist mit der Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zusammen. Eine späterer Fristbeginn scheidet grundsätzlich aus. Dies gilt auch für die vorliegende Fallgestaltung. Für die gegen eine bereits eingetretene Verfristung des Normenkontrollantrages vorgetragenen Argumente des Antragstellers ist kein Raum. Der Umstand, dass nach Bekanntmachung der Beitragssatzung vom 9. Juli 1998 und dem ca. 6 Jahre zurückliegenden Eintritt der Gemeinde S. in den Zweckverband des Antragstellers zum 1. Januar 2003 die Problematik der Beitragserhebung in der Verantwortung des Antragstellers erst Anfang des Jahres 2008 "wiederaufgelebt" sein soll, ist für die Frage des Fristbeginns nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO irrelevant. Keinesfalls läuft die Antragsfrist erst ab diesem Zeitpunkt. Sie ist vielmehr schon in dem genannten Zeitpunkt des Beitritts der Gemeinde in den Zweckverband seit Jahren abgelaufen gewesen. Daran vermochte insbesondere die Tatsache nichts zu ändern, dass die Gemeinde während des Laufes der Zwei-Jahresfrist noch nicht Verbandsmitglied und der Antragsteller deshalb in dieser Zeit mit der streitigen Beitragssatzung rechtlich noch in keiner Weise konfrontiert gewesen ist. Ob die die Antragsbefugnis verleihende Pflicht der Behörde zur Beachtung der Norm schon zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Norm geltend gemacht werden konnte oder erst später eingetreten ist, ist für den Beginn des Fristlaufs unerheblich (Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 47 Rn. 289).

12

Die Geltung der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist hier auch nicht sinnwidrig, wie der Antragsteller meint. Der insbesondere den Gesetzesmaterialien zu entnehmende Zweck der Antragsfrist greift auch vorliegend. Sie soll Beeinträchtigungen der Rechtssicherheit entgegenwirken, die sich durch Normenkontrollanträge ergäben, die Jahre nach Inkrafttreten und praktischer Anwendung der Norm gestellt würden. Weil die gerichtliche Inzidentkontrolle im Rahmen der Überprüfung von Normvollzugsakten unangetastet bleibt, geht es darum, die Norm alsbald vor allgemein verbindlicher Verwerfung zu schützen und ihr damit faktisch erhöhten Bestandsschutz zu verschaffen. Die Regelung steht im Kontext der Bemühungen des Gesetzgebers, die Rechtsfolgen rechtswidriger Normgebung zu minimieren (Schoch/Gerhardt/Bier, VwGO, § 47 Rn. 35).

13

Die Anwendung von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO führt hier auch nicht etwa deshalb zu sinnwidrigen Ergebnissen, weil u.a. eine Beitragserhebung auf Grundlage der eigenen Satzung des Antragstellers für das Gebiet der Gemeinde wegen "unzulässiger Normverwerfung" (vgl. beispielhaft zu einem solchen Fall: OVG des Saarlandes, 20.02.1989 - 1 R 102/87 -, AS 29, 233 ff) "unwirksam" sei. Dem Ansatz, der Antragsteller müsse sich bei der Heranziehung zu Anschlussbeiträgen für das Gebiet der Gemeinde S. bei Anwendung des eigenen Satzungsrechts zwangsläufig eine Art "Normverwerfungskompetenz" anmaßen, ist nicht zu folgen. Auch wenn der Antragsteller solche Beitragsforderungen nur nach Prüfung und unter der Annahme geltend machen kann, dass Beitragspflichten auf Grundlage der Beitragssatzung der Gemeinde vom 9. Juli 1998 mangels Wirksamkeit dieser Satzung noch nicht entstanden - und mittlerweile verjährt - wären, sie vielmehr erst aufgrund der - wirksamen - eigenen Beitragssatzung aus dem Jahre 2002 entstanden sind und daher noch keine Verjährung (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) eintreten konnte, maßt er sich damit grundsätzlich noch keine Normverwerfungskompetenz an.

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Der Antragsteller würde bei einer Heranziehung zu Anschlussbeiträgen für das Gemeindegebiet S. die Beitragssatzung der Gemeinde vom 9. Juli 1998 nicht auf Grund Anmaßung einer entsprechenden, ihm als Behörde nicht zustehenden Kompetenz als unwirksam ansehen und für seine Entscheidungen außer Betracht lassen. Er hat vielmehr bei seiner Entscheidung darüber, ob noch weitere Grundstückseigentümer des Veranlagungsgebietes H. ebenso wie nach dem Antragstellervorbringen zuvor bereits andere Eigentümer zu Beiträgen herangezogen werden müssen, zu prüfen, ob für die Frage nach Entstehung und Verjährung der Beitragsforderungen sein aktuell geltendes oder ein früheres Satzungsrecht (hier die Satzung der Gemeinde S. vom 9. Juli 1998) anzuwenden ist. Die Antwort auf die Frage nach dem der Beitragsforderung zugrundezulegenden Recht richtet sich danach, welche Regelungen im Zeitpunkt der Entstehung der durch später eintretende tatsächliche und rechtliche Umstände grundsätzlich unveränderbaren sachlichen Beitragspflichten gegolten haben. Diese Prüfung hat sich an der gesetzlichen Vorgabe des § 9 Abs. 3 KAG M-V auszurichten, die in Übereinstimmung mit der bereits vor Novellierung des Kommunalabgabengesetzes geltenden Rechtslage (§ 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a.F.; vgl. dazu Senat, 21.07.2006 - 1 M 60/06 -, juris, Rn. 8/9) bestimmt, dass die sachlichen Beitragspflichten frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entstehen können.

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Der Antragsteller ist damit wie alle anderen Anwender des einschlägigen Kommunalabgabenrechts gezwungen, seine beitragsrechtlichen Sachverhalte unter anderem anhand dieser Bestimmung zu beurteilen. Er muss selbst die Prüfung vornehmen, ob alle gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Durchsetzung seiner Beitragserhebungspflicht erfüllt sind. Dazu gehört die Prüfung, ob zeitlich vor dem aktuell gültigen Satzungsrecht bereits eine wirksame Beitragssatzung bestanden hat, die die sachlichen Beitragspflichten hat entstehen lassen und der Bestimmung der Beitragsforderung sowie Fragen einer etwaigen Verjährung zugrundezulegen ist. Indem das Gesetz in § 9 Abs. 3 KAG M-V das Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung für die (früheste) Entstehung der sachlichen Beitragspflichten selbst gewissermaßen als Tatbestandsvoraussetzung (vgl. Sauthoff in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 1664) ausgeformt hat, ermächtigt es auch die normanwendende Behörde, diesen Zeitpunkt rechtlich zu bestimmen. Dies umfasst den Fall, dass eine frühere Abgabensatzung nicht förmlich aufgehoben, sondern in ihrer Geltung durch eine geänderte Satzung abgelöst worden ist, weil der Satzungsgeber die Fehlerhaftigkeit seiner bisherigen Satzung erkannt hatte. Die abgabenerhebende Behörde ist dann nicht verpflichtet, der Prüfung der Beitragsfälle, insbesondere der Frage der Festsetzungsverjährung die frühere, vom Satzungsgeber selbst nicht aufgehobene Satzung zugrundezulegen. Es obliegt vielmehr ihrer an Recht und Gesetz gebundenen Beurteilung, ob die aktuelle Satzung die erste wirksame Satzung im Sinne von § 9 Abs. 3 KAG M-V ist. Nichts anderes hat im vorliegenden Fall zu gelten, in dem es um die Frage früheren wirksamen Satzungsrechts für Teile des Verbandsgebietes geht.

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Der Normenkontrollantrag ist nach den vorstehenden Ausführungen gleichermaßen unzulässig, soweit er gegen die Erste Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasseranlage der Gemeinde vom 9. Juli 1998 vom 22. April 1999/3. Juni 1999 gerichtet ist. Der Antragsteller hat zwar "klarstellend" mitgeteilt, diese Satzung sei "wohl nicht in Kraft getreten". Eine dahingehende Antragsrücknahme hat er jedoch nicht erklärt.

17

Der Senat hat nach Unzulässigkeit des Normenkontrollantrages insbesondere nicht zu prüfen, ob die Beitragssatzung der Gemeinde S. vom 9. Juli 1998 wirksam ist oder nicht. Gleiches gilt für die Frage, ob nach fünfeinhalbjährigem Zuwarten des Antragstellers Beitragsforderungen für das Veranlagungsgebiet der Gemeinde S. Aspekte des Vertrauensschutzes entgegenstünden.

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2. Der Normenkontrollantrag hätte offensichtlich auch keinen Erfolg, solange er gegen den Amtsvorsteher des Amtes W. als Antragsgegner gerichtet ist. Dieser weist zu Recht darauf hin, dass er nicht der richtige Beklagte ist. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist der Normenkontrollantrag gegen die Körperschaft zu richten, welche die Satzung erlassen hat. Dies ist hier die Gemeinde S.. Das Amt führt den Prozess als Prozessstandschafter für die amtsangehörige Gemeinde nach § 127 Abs. 1 Satz 6 KV M-V nur in den Fällen, die ihrerseits von § 127 Abs. 1 Sätze 1 und 2 KV M-V erfasst werden, d.h., in denen es originär um gemeindliches Verwaltungshandeln geht, für das nicht die Gemeinde einen eigenen Verwaltungsapparat soll vorhalten müssen, sondern dessen Umsetzung und Ausführung das Amt für sie übernimmt (OVG M-V, 1.11.2000 - 1 L 130/98 -, juris, Rn.24). Dies trifft auf den Erlass einer kommunalen Abgabensatzung nicht zu.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

20

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat hat den sogenannten Auffangstreitwert von 5.000,00 in Ansatz gebracht. Eine Ermäßigung kam nicht in Betracht, da der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO auf eine weitgehende Vorwegnahme der Hauptsache zielt.

21

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.