Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 21. Sept. 2016 - 3 A 498/14
Tenor
1. Das Verwaltungsgericht Greifswald ist sachlich unzuständig; der Rechtsstreit wird an das zuständige Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern verwiesen.
2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerinnen wenden sich gegen die Kompensationsmaßnahme „Wiedervernässung des Polders Werre“ auf dem Darß.
- 2
Das Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund (Vorhabenträger) plante im Jahre 2008 die Maßnahme „Anpassung der Seewasserstraße im nördlichen Peenestrom an die veränderten Anforderungen aus Hafen- und Werftbetrieb in der Stadt Wolgast“.
- 3
Der Beklagte erließ am 20. Februar 2009 den auf §§ 12 Abs. 2 i.V.m. 14 Abs. 1 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) gestützten Planfeststellungsbeschluss. Als Kompensationsmaßnahme für den Eingriff in Natur und Landschaft sieht der Planfeststellungsbeschluss die Maßnahme „Renaturierung des Polders Werre“ vor.
- 4
Während des Planfeststellungsverfahrens hat die Klägerin zu 1. auf die große Bedeutung der Wasserfassung „Peters Kreuz“ als einzige Trinkwasserversorgung im Bereich Darß/Zingst hingewiesen und eingewandt, dass die Wiedervernässung einer Teilfläche des Polders Werre zu einer Versalzung des Grundwassers und einer damit verbundenen Gefährdung für die Wasserfassung „Peters Kreuz“ führen könne.
- 5
In Bezug auf die genannte Kompensationsmaßnahme enthält der Planfeststellungsbeschluss im Abschnitt A. (Festsetzungen) IV. (Anordnungen) 10. (Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft) folgende Regelung:
- 6
10.2 Vor Umsetzung der Kompensationsmaßnahme hat der Träger des Vorhabens eine Modellierung der Grundwasserverhältnisse unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Wiedervernässung vorzulegen. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus der Modellierung für die Steuerung der Schöpfwerke im Bereich der Polder Werre und Born sind mit der zuständigen unteren Wasserbehörde abzustimmen. Das LUNG und der Wasser- und Bodenverband „Recknitz-Boddenkette“ sind in die Abstimmung einzubeziehen. Die Ergebnisse der Modellierung und der Abstimmung sind der Planfeststellungsbehörde und der obersten Wasserbehörde vorzulegen.
- 7
10.3 Die Umsetzung der Kompensationsmaßnahme darf nur erfolgen, wenn aufgrund der Ergebnisse der Modellierung, gegebenenfalls in Verbindung mit zusätzlich durchzuführenden technischen Maßnahmen, ausgeschlossen werden kann, dass durch die Maßnahme eine Beeinträchtigung des Grundwassers und der Wasserversorgung für die Gemeinden Prerow und Zingst (Wasserfassung Peters Kreuz) eintreten kann. Bei Bedarf sind zusätzlich geeignete technische Maßnahmen durchzuführen.
- 8
Der Planfeststellungsbeschluss ist bestandskräftig. Eine von der Klägerin zu 2. erhobene Anfechtungsklage (OVG Greifwald 5 K 12/09) wurde am 9. November 2010 von ihr zurückgenommen.
- 9
In der Folgezeit wurde die Grundwassermodellierung gemäß der Anordnung A. II. 10.2 und 10.3 durch die Technische Universität Berlin durchgeführt. Nach deren Ergebnis ist eine Gefährdung für die Wasserfassung „Peters Kreuz“ ausgeschlossen. Die Klägerinnen halten die Modellierung für unzureichend und begehren im Hauptantrag die Verpflichtung des Beklagten, den Vorhabenträger zur Einhaltung der genannten Nebenbestimmungen anzuhalten.
II.
- 10
Der Beschluss beruht auf § 83 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Ist das Gericht sachlich unzuständig, spricht es dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das sachlich zuständige Gericht.
- 11
Die sachliche Zuständigkeit des VG Greifswald ist nicht gegeben. Denn nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen betreffen.
- 12
Der Zweck der Zuständigkeitsvorschrift besteht darin, durch eine Verkürzung des Verwaltungsgerichtsverfahrens auf eine Tatsacheninstanz den Neubau und Ausbau der Verkehrswege zu beschleunigen. Dieser Gesetzeszweck verlangt eine weite Auslegung der Norm dahin, dass sie alle Verwaltungsstreitsachen erfasst, die unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Planfeststellungsbeschluss für Vorhaben im Sinne der bezeichneten Norm haben (OVG Münster, Urt. v. 27.06.2014 – 16 D 31/13.AK –, juris Rn. 29 zu § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO).Ein unmittelbarer Bezug in diesem Sinne ist aber nur anzunehmen bei einer Streitigkeit, die Teil der genehmigungsrechtlichen Bewältigung des Vorhabens ist, m.a.W. einer Streitigkeit über die Rechtmäßigkeit einer Planfeststellung für ein Vorhaben (VGH Mannheim, Beschl. v. 20.10.2010 – 5 S 2335/10 –, juris Rn. 6 zu § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO).
- 13
Gemessen an diesen Kriterien geht es hier nicht – wie die Klägerinnen meinen – lediglich um den Vollzug einer Nebenbestimmung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern um die Zulässigkeit der planfestgestellten Kompensationsmaßnahme „Wiedervernässung des Polders Werre“ überhaupt. Denn Voraussetzung hierfür ist der Ausschluss einer Beeinträchtigung des Grundwassers und der Wasserversorgung für die Gemeinden Prerow und Zingst (Wasserfassung „Peters Kreuz“). Selbst wenn es so sein sollte, dass die diesbezügliche Feststellung nicht unmittelbar im Planfeststellungsbeschluss selbst getroffen werden muss, sondern – wie erfolgt – über die hier in Rede stehende Nebenbestimmung (Anordnung A. IV. 10.3 Satz 1 des Planfeststellungsbeschlusses) gleichsam aus dem Planfeststellungsverfahren ausgegliedert werden kann, ändert dies nichts daran, dass „der Vollzug“ der Nebenbestimmung die Zulässigkeit der Kompensationsmaßnahme und damit die Zulässigkeit der diesbezüglichen Planfeststellung betrifft.
- 14
Vor diesem Hintergrund ist es nicht recht verständlich, wenn die Klägerinnen vortragen, sie würden sich nicht gegen die Zulässigkeit des Planungsvorhabens wenden. Das Gegenteil ist der Fall: Sie befürchten eine Gefährdung der Wasserfassung „Peters Kreuz“ und halten die zum gegenteiligen Ergebnis kommende Grundwassermodellierung für methodisch fehlerhaft. Damit stellen sie die Zulässigkeit des Planungsvorhabens in Frage. Die Beteiligten streiten nur deshalb nicht (formal) über die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, weil die Streitfrage im Planfeststellungsverfahren nicht geklärt wurde.
- 15
Ebenfalls unerheblich ist, ob der Planfeststellungsbeschluss bei einer feststehenden Gefährdung der Wasserfassung vollzogen werden kann, wenn zusätzliche Maßnahmen zum Erhalt des Grundwasserreservoirs durchgeführt werden. Denn diese Frage betrifft nicht den vorliegenden Streitgegenstand.
- 16
Die Beteiligten sind zu der Verweisung angehört worden.
- 17
Hinweis:
- 18
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 83 Satz 2 VwGO.
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Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen
- 1.
die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9a Abs. 3 des Atomgesetzes, - 1a.
das Bestehen und die Höhe von Ausgleichsansprüchen auf Grund der §§ 7e und 7f des Atomgesetzes, - 2.
die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen der in § 7 des Atomgesetzes bezeichneten Art (§ 9 des Atomgesetzes) und die wesentliche Abweichung oder die wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 des Atomgesetzes sowie die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung (§ 6 des Atomgesetzes), - 3.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als dreihundert Megawatt, - 3a.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer, - 3b.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt, - 4.
Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist, - 4a.
Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Einrichtungen nach § 66 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist, - 5.
Verfahren für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Anlagen zur Verbrennung oder thermischen Zersetzung von Abfällen mit einer jährlichen Durchsatzleistung (effektive Leistung) von mehr als einhunderttausend Tonnen und von ortsfesten Anlagen, in denen ganz oder teilweise Abfälle im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelagert oder abgelagert werden, - 6.
das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich, - 7.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen, - 8.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen, - 9.
Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen, - 10.
Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes, - 11.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1 350 Tonnen Tragfähigkeit zugänglich sind, unbeschadet der Nummer 9, - 12.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Wasserkraftanlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt, - 12a
Gewässerbenutzungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, - 12b
Planfeststellungsverfahren für Gewässerausbauten im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, - 13.
Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz, - 14.
Zulassungen von - a)
Rahmenbetriebsplänen, - b)
Hauptbetriebsplänen, - c)
Sonderbetriebsplänen und - d)
Abschlussbetriebsplänen
- 15.
Planfeststellungsverfahren nach § 65 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 19.7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung und den Betrieb oder die Änderung von Dampf- oder Warmwasserpipelines.
(2) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug ferner über Klagen gegen die von einer obersten Landesbehörde nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen.
(3) Abweichend von § 21e Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes soll das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts anordnen, dass ein Spruchkörper, der in einem Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 tätig geworden ist, für dieses nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. tragen die Kläger. Etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 3. hat diese selbst zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger begehren die Feststellung des Außerkrafttretens des Planfeststellungsbeschlusses der damaligen Deutschen Bundesbahn vom 10. Dezember 1993, mit dem die Beseitigung des Bahnüberganges T. Straße in Bahn-km 134,065 der Strecke L. -E. - (F. -B. ) - I. (Westfalen) und Bau einer Eisenbahnüberführung in L1. festgestellt wurden. Laut Begründung des Planfeststellungsbeschlusses war Anlass für sein Ergehen, dass die Strecke E1. - I. nach dem Bundesverkehrswegeplan 1985 für eine Geschwindigkeit von 200 km/h auszubauen sei. Bei dieser Geschwindigkeit seien höhengleiche Bahnübergänge nicht mehr zulässig, so dass der Bahnübergang „T. Straße“ zu beseitigen sei und als Ersatz eine Eisenbahnüberführung - Straße in Tieflage - in Bahn-km 134,200 gebaut werden solle. Die Kläger zu 3. und 4. hatten im Planfeststellungsverfahren Einwendungen erhoben. Gegen den Planfeststellungsbeschluss wurden zwei Klagen (VG Gelsenkirchen 14 K 5209/94 und 14 K 5242/94) geführt, die im Wege eines gerichtlichen Vergleichs vom 21. September 1999 mit Widerrufsfrist bis zum 12. Oktober 1999 beendet wurden.
3Die Beigeladenen hatten im Januar/März 1993 eine Kreuzungsvereinbarung getroffen, deren Genehmigung der Bundesminister für Verkehr im September 1993 ablehnte. Im Jahr 2006 schlossen die Beigeladenen eine überarbeitete Kreuzungsvereinbarung, die das zuständige Ministerium genehmigte. Danach ist die Beigeladene zu 1. Baulastträgerin des Schienenwegs, der Beigeladene zu 2. Baulastträger der neu entstehenden K 40 n („T. T1. “).
4Nachdem die Kläger Anfang des Jahres 2013 davon Kenntnis erlangt hatten, dass die Beigeladene zu 1. die Errichtung der Bahnbrücke im Zuge der Querspange T2. ab November 2014 plane und der Beigeladene zu 2. die neue Verbindungsstraße K 40 n im Jahr 2016 verwirklichen werde, wiesen sie den Beigeladenen zu 2. auf das nach ihrer Auffassung erfolgte Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses vom 10. Dezember 1993 hin, weil sich keine Umsetzungsmaßnahmen des Planfeststellungsbeschlusses ergeben hätten.
5Mit ihrer am 23. Mai 2013 erhobenen Klage machen die Kläger geltend:
6Für das Klageverfahren sei das Oberverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig. § 48 Abs. 1 Nr. 7 VwGO erfasse auch einen Rechtsstreit um das Außerkrafttreten eines eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses wegen nicht rechtzeitig begonnener Planausführung. Ihre Feststellungsklage sei zulässig. Es bedürfe nicht der Erstreitung eines Feststellungsbescheids im Wege der Verpflichtungsklage; ein entsprechender Verwaltungsakt sei nicht konstitutiv, sondern deklaratorisch. Da nicht der Erlass eines Verwaltungsakts begehrt werde, habe es eines Antrags bei der Beklagten vor Erhebung der Feststellungsklage nicht bedurft. Gleichfalls bestehe ein Feststellungsinteresse für den geltend gemachten Anspruch auf Feststellung des Außerkrafttretens des Planfeststellungsbeschlusses. Falls die Straße K 40 n gebaut würde, sei mit einem täglichen Verkehrsaufkommen von etwa 7.000 Fahrzeugen zu rechnen.
7§ 75 Abs. 4 VwVfG sei anwendbar und werde nicht von § 18c Nr. 1 AEG teilweise verdrängt, wonach statt der Fünfjahresfrist eine Zehnjahresfrist zum Planerhalt gelte. Da das Allgemeine Eisenbahngesetz zum 1. Januar 1994 in Kraft getreten sei, erfasse es den am 10. Dezember 1993 ergangenen Planfeststellungsbeschluss nicht. Zudem habe das Allgemeine Eisenbahngesetz vor Schaffung des § 18c im Jahr 2006 keine Regelung zum Außerkrafttreten der Planfeststellung abweichend von § 75 Abs. 4 VwVfG gekannt.
8Bau- oder sonstige Realisierungsmaßnahmen zur Umsetzung des Vorhabens seien nicht begonnen worden. Ein Grundstückstausch im Jahr 1996 durch die Beigeladene zu 3. sei nicht als Beginn der Umsetzung des Plans anzusehen. Die Grundstückstauschverträge, die nicht vorgelegt seien, seien vor dem Beginn der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses abgeschlossen worden. Die Frist des § 75 Abs. 4 VwVfG beginne erst mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit. Zudem hätten die Grundstückstauschverträge der Beigeladenen zu 3. nicht der Verwirklichung des konkreten Vorhabens gedient, sondern mittelbar oder zufällig im weiteren Zusammenhang mit der Gesamtmaßnahme gestanden. Es sei nicht um die Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses gegangen, sondern um die Schaffung von mehr Gewerbeflächen entlang der Stichstraßen. Der Beigeladene zu 2. habe sich nicht nur aus der Maßnahme als Straßenbaulastträger zurückgezogen, sondern Teile des Flurstücks 244 seien weiterveräußert worden. Im Jahr 1996 sei zudem die Gesamtfinanzierung des Planvorhabens ungesichert gewesen, weil die Kreuzungsvereinbarung aus dem Jahr 1993 vom zuständigen Ministerium nicht genehmigt worden sei. Schließlich machten die beiden Grundstücke nur einen geringfügigen Teil der benötigten Grundstücke aus, nämlich ungefähr 22,8 % der insgesamt für den Straßenbau benötigten Fläche. Auch die Herstellung eines Straßenabschnitts durch dieselbe Beteiligte ab dem Jahr 2003 zeige als insoweit geringfügige Teilrealisierung der K 40 n nicht die Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses. Bei dem südlichen Bereich der Gewerbegebietsstichstraße handele es sich nicht um ein Teilstück der „T. T1. “, sondern um ein kleines, abgeschlossenes Straßenstück mit einem Wendehammer.
9Die hilfsweise beantragte Feststellung der Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses folge daraus, dass der Planfeststellungsbeschluss durch die unzuständige Behörde erlassen worden sei, was gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG dessen Nichtigkeit zur Folge habe. Vorrangiges Planungsziel sei es, aus Gründen der Erhöhung der Sicherheit und zur Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs den höhengleichen Bahnübergang „T. Straße“ durch den Bau einer 200 m nordwestlich gelegenen Eisenbahnüberführung zu beseitigen. Hierfür sei es nicht erforderlich, die gesamte Straße neu zu planen und zu bauen. Es handele sich nicht um notwendige Folgemaßnahmen im Sinne von § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, wonach auf das Vorhaben bezogene notwendige Folgemaßnahmen an anderen Anlagen festgestellt werden könnten. Vorliegend bestehe ein Übergewicht der „Straßenplanung“ im Verhältnis zu den „eisenbahnrechtlichen Maßnahmen“.
10Die Kläger beantragen,
11festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der Deutschen Bundesbahn - Bundesbahndirektion F. - vom 10. Dezember 1993 außer Kraft getreten ist,
12hilfsweise,festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der Deutschen Bundesbahn - Bundesbahndirektion F. - vom 10. Dezember 1993 nichtig ist.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Die Klage sei unzulässig. Es liege keine Streitigkeit zwischen ihr und den Klägern vor. Es fehle daher auch an einem Feststellungsinteresse. Ein etwaiges Feststellungsinteresse der Kläger gegenüber den Beigeladenen reiche für eine Klage gegen sie - die Beklagte - nicht aus. Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage im Drittrechtsverhältnis verlange ein Feststellungsinteresse gegenüber der beklagten Partei. Der fragliche Planfeststellungsbeschluss sei nicht außer Kraft getreten, weil mit dem Bau der planfestgestellten Anlagen innerhalb von fünf Jahren ab Bestandskraft begonnen worden sei. Durch den Bau einer Stichstraße im Jahr 2003 sei mit der baulichen Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses innerhalb der Umsetzungsfrist begonnen worden. Die Stichstraße sei zum Teil durch Bebauungsplan und zum anderen Teil durch den Planfeststellungsbeschluss vom 10. Dezember 1993 zugelassen worden.
16Die Beigeladene zu 1. beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Klage sei bereits unzulässig. Die Kläger seien von dem streitigen Planfeststellungsbeschluss nicht unmittelbar betroffen. Es fehle zudem an dem notwendigen vorgängigen Antrag an die Verwaltung. Der Planfeststellungsbeschluss sei im Jahr 1996 umgesetzt worden, da die Flurstücke 244 und 279 erworben worden seien. Die südliche Verlängerung der Stichstraßen sei Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses und ab Oktober 2003 hergestellt worden. Straßenquerschnitte und Ausbaustandard für diesen Teilabschnitt entsprächen denen für die Anbindung an die K 40 n. Die mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses liege nicht vor, weil ein etwaiger Zuständigkeitsmangel nicht im Sinne von § 44 Abs. 1 VwVfG offenkundig sei.
19Der Beigeladene zu 2. beantragt.
20die Klage abzuweisen,
21und macht geltend:
22Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts bestehe nicht; sachlich zuständig sei das Verwaltungsgericht. Der Hauptantrag der Kläger sei unzulässig. Den Klägern gehe es darum, mit der Klage Lärmbelastungen abzuwehren, die für sie aus der Umsetzung des im Planfeststellungsbeschluss geregelten Vorhabens resultierten. Da der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar sei, könne ein Feststellungsinteresse, das erst mit der Umsetzung des Plans aktualisiert werde, nicht begründet werden. Anderenfalls wäre ein Kläger, der im Zuge einer Anfechtungsklage die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen unzulässiger Lärmimmissionen geltend mache, schlechter gestellt als ein Kläger, der aus demselben Grund mit einer Feststellungsklage die Unwirksamkeit des Plans geltend mache. Auch aus § 75 Abs. 4 VwVfG lasse sich ein Feststellungsinteresse der Kläger nicht ableiten. Zweck der Befristung sei es, Vorratsplanungen ohne erkennbare Umsetzungswahrscheinlichkeit zu unterbinden. Diese Regelung diene letztlich dem Schutz des Eigentumsrechts derjenigen, auf deren Flächen sich das planfestgestellte Vorhaben erstrecke. So liege es bei den Klägern nicht; es würden keine Flächen in Anspruch genommen, die in ihrem Eigentum stünden.
23Vorliegend sei die Zehnjahresfrist des § 18c Nr. 1 AEG einschlägig. Dies folge aus der Übergangsvorschrift des § 39 Abs. 2 AEG. Danach gelte die Zehnjahresfrist auch für Planfeststellungsbeschlüsse, die vor dem Inkrafttreten der Regelung am 17. Dezember 2006 erlassen worden seien, sofern der Plan nicht außer Kraft getreten sei. Da der Gesetzgeber der Übergangsvorschrift nicht differenziert und pauschal auf alle vor dem Inkrafttreten der Übergangsvorschrift erlassenen Planfeststellungsbeschlüsse verweise, spreche vieles dafür, dass die Fristenregelung auch für die nach dem Bundesbahngesetz erlassenen Planfeststellungsbeschlüsse gelte. Abgesehen hiervon sei der streitige Planfeststellungsbeschluss innerhalb der Fünfjahresfrist umgesetzt worden. Dies ergebe sich aus einer Gesamtschau der nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses erfolgten Tätigkeiten. Hierzu gehörten bereits der erste Entwurf einer Kreuzungsvereinbarung im Jahr 1993 und die Erarbeitung des Bebauungsplans Nr. 8 Ka durch die Beigeladene zu 3. im Jahr 1995. Der Grundstückserwerb im Jahr 1996 durch die Beigeladene zu 3. im Wege des Grundstückstausches sei eine nach außen erkennbare Tätigkeit zur Verwirklichung des Plans gewesen. Die Flurstücke 244 und 279 seien mit Billigung des Beigeladenen zu 2. erworben worden, weil sie für den Bau der K 40 n benötigt würden. Zwar seien Teile dieser Flächen später an einen privaten Erwerber weiterveräußert worden, aber nicht diejenigen Teilflächen, die für das Straßenbauvorhaben benötigt würden. Dass die Umsetzungsmaßnahme vor Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses ergangen sei, stehe der Anwendung des § 75 Abs. 4 VwVfG nicht entgegen. Der Regelungszweck der Vorschrift gehe dahin, dass die Umsetzungsmaßnahme spätestens in der Zeit von fünf Jahren ab Unanfechtbarkeit erfolgen müsse, um den ernsthaften Umsetzungswillen zu dokumentieren. Wenn der Vorhabenträger vor Unanfechtbarkeit des Plans die Umsetzung beginne, zeige er erst recht sein Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens.
24Ausreichend sei, wenn Durchführungsmaßnahmen auf Veranlassung des Vorhabenträgers oder mit seiner Zustimmung erfolgten. Die Beigeladene zu 3. habe die Grundstücke ausschließlich zur Realisierung des planfestgestellten Vorhabens erworben. Soweit Teilflächen später weiterveräußert worden seien, sei dies im Hinblick auf die Verwirklichung des Plans unbeachtlich, weil diese Flächen für die geplante Trasse nicht benötigt würden. Dass der Beigeladene zu 2. im Jahr 1996 seinen Rückzug aus dem Vorhaben angekündigt habe, sei Vertragsverhandlungen zu der Kreuzungsvereinbarung mit der Beigeladenen zu 1. geschuldet gewesen. Die erworbenen Grundstücke stellten mit 22,8 % der für den Straßenbau benötigten Flächen einen mehr als nur geringfügigen Teil der benötigten Grundstücke dar. Dieser Erwerb zeige den Beginn der Verwirklichung des Vorhabens an. Die Umsetzung des Bebauungsplans Nr. 8 Ka durch die Beigeladene zu 3. und die im Zuge dessen erfolgte Verwirklichung einer außerhalb des Bebauungsplans gelegenen Stichstraße im Geltungsbereich des Planfeststellungsbeschlusses stelle eine Maßnahme dar, die als Durchführung des Plans anzusehen sei. Die Ausführung der Stichstraße diene keinesfalls der Erschaffung oder Anbindung von Gewerbeflächen. Schließlich stellten die Verhandlungen und der Abschluss einer Kreuzungsvereinbarung Tätigkeiten dar, die die Ernsthaftigkeit des Realisierungswillens der Vorhabenträger dokumentierten.
25Der Hilfsantrag sei aus den angeführten Gründen unzulässig und zudem unbegründet, weil ein Nichtigkeitsgrund nicht gegeben sei. Die geltend gemachte sachliche Unzuständigkeit sei kein absoluter Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 44 Abs. 2 VwVfG.
26Die Beigeladene zu 3. stellt keinen Antrag.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29I. Der Hauptantrag der Kläger bleibt ohne Erfolg. Der Planfeststellungsbeschluss der Deutschen Bundesbahn - Bundesbahndirektion F. - vom 10. Dezember 1993 ist nicht außer Kraft getreten.
301. Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts folgt aus § 48 Abs. 1 Nr. 7 VwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen betreffen. Der Zweck der Zuständigkeitsvorschrift besteht darin, durch eine Verkürzung des Verwaltungsgerichtsverfahrens auf eine Tatsacheninstanz den Neubau und Ausbau der Verkehrswege zu beschleunigen. Dieser Gesetzeszweck verlangt eine weite Auslegung der Norm dahin, dass sie alle Verwaltungsstreitsachen erfasst, die unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Planfeststellungsbeschluss für Vorhaben im Sinne der bezeichneten Norm haben.
31Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 30. Oktober 2002 - 8 A 02.40063 -, NVwZ-RR 2003, 156 = juris, Rn. 3.
32Ob in die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts auch Streitigkeiten fallen, bei denen es um den Bestand eines unanfechtbaren Planfeststellungsbeschlusses geht, also um Streitigkeiten über die Geltungsdauer (vgl. etwa § 75 Abs. 4 VwVfG), wird in der Rechtsprechung und in der Literatur unterschiedlich beantwortet.
33Bejahend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26. September 2003 - 5 S 1599/02 -, NuR 2004, 810 = juris, Rn. 14 m.w.N.; Schmidt, in: Eyermann, Kommentar zur VwGO, 14. Aufl. 2014, § 48 Rn. 16 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 ‑ 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239 = juris, Rn. 20; verneinend Bay. VGH, Beschluss vom 30. Oktober 2002 ‑ 8 A 02.40063 -, a.a.O.; vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 30. Oktober 2003 ‑ 1 C 10611/03 -, NVwZ-RR 2004, 697 f. = juris, Rn. 5.
34Nach Auffassung des Senats fallen Streitigkeiten um den Bestand des Plans ebenfalls in den Anwendungsbereich der bezeichneten Norm. Denn in solchen Verfahren wird in vergleichbarer Weise über die Zulässigkeit des Vorhabens gestritten. Zwar geht es in Verfahren um den Bestand des Planfeststellungsbeschlusses nicht um die Rechtmäßigkeit des Vorhabens. Die planerisch-gestaltende Aufgabe ist mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Plans erfüllt. Vielmehr betrifft der Streit um seinen Bestand dessen Wirksamkeit wegen nicht rechtzeitig begonnener Planausführung. Dieser Komplex steht aber zu dem konkreten Planfeststellungsverfahren in einem unmittelbaren Bezug. Denn der angeführte Gedanke der Verfahrensbeschleunigung greift auch im Falle der Klärung des Planbestands. Es besteht nach wie vor ein Interesse an der alsbaldigen Klärung, ob das Vorhaben (noch) umgesetzt werden darf. Ob diese Erwägungen gleichfalls für den Fall der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 77 VwVfG und seines Widerrufs gemäß § 49 VwVfG gelten, ist in diesem Verfahren nicht zu klären.
35Die Klage ist als Feststellungsklage i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Kläger haben auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass der Planfeststellungsbeschluss der damaligen Deutschen Bundesbahn vom 10. Dezember 1993 nach § 75 Abs. 4 VwVfG außer Kraft getreten ist.
36Berechtigtes Interesse ist jedes nach Lage des Falls anzuerkennende schutzwürdige Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Betroffenen zu verbessern.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1986 ‑ 5 C 40.84 ‑, BVerwGE 74, 1 = juris, Rn. 28; Möstl, in: Posser/Wolff, Kommentar zur VwGO, 2. Aufl. 2013, § 43 Rn. 19.
38Das festzustellende Rechtsverhältnis muss nach ständiger Rechtsprechung nicht zwischen Kläger und Beklagtem, sondern kann auch zwischen dem Beklagten und einem Dritten bestehen.
39Möstl, in: Posser/Wolff, a.a.O., § 43 Rn. 9.
40Das Feststellungsinteresse muss bei Drittfeststellungsklagen aber gerade gegenüber dem Beklagten und nicht nur gegenüber dem Beigeladenen vorliegen.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1997 - 8 C 23.96 -, NJW 1997, 3257 = juris, Rn. 18; eingehend hierzu Pietzcker, in Schoch/Schneider/Bier, Kommentar zur VwGO, Stand April 2013, § 43 Rn. 22 ff.; Möstl, in: Posser/Wolff, a.a.O., § 43 Rn. 19.
42Dabei wäre die Annahme, es gehe hier um die Feststellung eines zwischen Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses, allerdings nicht zutreffend. Vielmehr machen die Kläger gegenüber der Beklagten die Abwehr von Lärmbelastungen geltend, die aus der zukünftigen Umsetzung des im Planfeststellungsbeschluss geregelten Vorhabens resultierten. Eine Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses sei aber unzulässig, weil dieser mittlerweile außer Kraft getreten sei. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit die Frage des Außerkrafttretens des Planfeststellungsbeschlusses, mithin ein Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagten. Für diese Feststellung kann den Klägern ein berechtigtes Interesse nicht abgesprochen werden.
43Es besteht aber nicht die notwendige Klagebefugnis der Kläger. Über das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung hinaus ist § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden.
44So BVerwG, Urteile vom 26. November 2003 ‑ 9 C 6.02 -, BVerwGE 119, 245 = juris, Rn. 28, und vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, DVBl 2009, 1382 = juris, Rn. 24 m.w.N.; vgl. auch Pietzcker, in Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., Rn. 28 ff., sowie Möstl, in: Posser/Wolff, a.a.O., 20 ff.
45An der erforderlichen Klagebefugnis fehlt es nur dann, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers durch das festzustellende Rechtsverhältnis verletzt sein könnten.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1997 - 1 C 29.95 -, BVerwGE 104, 115 = juris, Rn. 18.
47So liegt es hier. Das Anliegen der Kläger, Lärmbelastungen aufgrund der Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses abzuwehren, kann in diesem Klageverfahren eine Klagebefugnis nicht begründen. Im Zusammenhang mit dem Außerkrafttreten eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 4 VwVfG ist anerkannt, dass dem Vorhabenträger ein entsprechender Feststellungsanspruch zusteht. Insofern ist der Vorhabenträger auch klagebefugt. Auch der planbetroffene Grundstückseigentümer, der von zusätzlichen Maßnahmen betroffen wird, weil dessen Flächen zur Verwirklichung des festgestellten Plans benötigt werden, hat einen Anspruch auf Feststellung des Außerkrafttretens im Rahmen der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Insoweit steht eine eigenständige Beeinträchtigung des Eigentumsrechts nach Art. 14 Abs. 1 GG in Rede. Es soll verhindert werden, dass der insoweit zusätzlich betroffene Eigentümer über einen unangemessen langen Zeitraum die Ungewissheiten über eine tatsächliche Inanspruchnahme seines Grundstücks hinnehmen muss.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2009 ‑ 9 C 9.08 -, BVerwGE 135, 110 = juris, Rn. 11; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26. September 2003 - 5 S 1599/02 -, a.a.O., juris, Rn. 15; Deutsch, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Kommentar zum VwVfG, 2014, § 75 Rn. 201; Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar zum VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 75 Rn. 98.
49Die Kläger sind von dem Plan in dieser Weise jedoch nicht betroffen. Ihre Grundstücke werden durch das planfestgestellte Vorhaben nicht in Anspruch genommen. Vielmehr machen die Kläger allein geltend, sie seien durch die Realisierung des Planfeststellungsbeschlusses deutlich erhöhten Lärmimmissionen ausgesetzt und ihre Gesundheitsbelange würden beeinträchtigt. Diese Fragen sind im Planfeststellungsverfahren hingegen durch den unanfechtbaren Planfeststellungsbeschlusses geklärt worden und können nicht mehr Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (vgl. § 73 Abs. 4 und § 75 Abs. 2 VwVfG). Somit kann dieser Umstand auch keine mögliche Rechtsverletzung in einem Verfahren auf Feststellung des Außerkrafttretens des Plans nach § 75 Abs. 4 VwVfG begründen.
502. Die Klage ist zudem unbegründet.
51Beurteilungsmaßstab für das Feststellungsbegehren ist § 75 Abs. 4 VwVfG. Nach dessen Satz 1 tritt der Plan außer Kraft, wenn mit seiner Durchführung nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen wird. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt nach Satz 2 jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.
52Ob die Zehnjahresfrist des § 18c Nr. 1 AEG einschlägig ist, kann der Senat dahinstehen lassen. Nach dieser Vorschrift tritt der Plan außer Kraft, wenn mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen wird. Nach der Übergangsvorschrift des § 39 Abs. 2 AEG gilt die Zehnjahresfrist auch für Planfeststellungsbeschlüsse, die vor dem Inkrafttreten der Regelung am 17. Dezember 2006 erlassen worden sind, soweit der Plan noch nicht außer Kraft getreten ist. Da die Übergangsvorschrift allgemein auf alle vor dem Inkrafttreten der Übergangsvorschrift erlassenen Planfeststellungsbeschlüsse verweist, kann dies ein Beleg dafür sein, dass die Fristenregelung auch die nach dem Bundesbahngesetz erlassenen Planfeststellungsbeschlüsse erfasst. Ob der Planfeststellungsbeschluss unter der Geltung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes ergangen ist, wäre ohne Bedeutung. Diese Frage kann indes unbeantwortet bleiben, weil mit der Durchführung des Plans spätestens innerhalb von fünf Jahren nach dessen Unanfechtbarkeit begonnen worden ist.
53Unanfechtbarkeit ist in diesem Zusammenhang gegeben, wenn gegen den Planfeststellungsbeschluss insgesamt kein Rechtsbehelf mehr anhängig ist und ein solcher von niemandem mehr erhoben werden kann; außer Betracht bleiben solche Betroffene, denen der Planfeststellungsbeschluss nicht oder fehlerhaft zugestellt worden ist.
54Vgl. Neumann, a.a.O., § 75 Rn. 95 m.w.N.; Kämper, in: Bader/Ronellenfitsch, Kommentar zum VwVfG, 2010, § 75 Rn. 55.
55Danach trat die Unanfechtbarkeit des Plans mit Ablauf des 12. Oktober 1999 ein. Zu diesem Zeitpunkt lief die Widerrufsfrist für die in den Verfahren VG Gelsenkirchen 14 K 5209/94 und 14 K 5242/94 abgeschlossenen Vergleiche ab, ohne dass einer der Beteiligten den Widerruf des jeweiligen Vergleichs erklärt hatte. Die fünfjährige Ausführungsfrist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG war danach ab dem 13. Oktober 2004 abgelaufen (§ 31 VwVfG i.V.m. § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB). Innerhalb dieser Frist ist entgegen der Meinung der Kläger mit der Durchführung des Plans begonnen worden.
56Der Begriff des Beginns der Durchführung des Plans ist in Einklang mit dem Zweck der gesetzlichen Befristung von Planfeststellungsbeschlüssen auszulegen, Vorratsplanungen ohne erkennbaren Realisierungsgrad zu unterbinden. § 75 Abs. 4 VwVfG dient andererseits der Rechtsklarheit für die von der Planfeststellung betroffenen Personen und Behörden. Sie sollen nicht auf unbegrenzte Zeit im Unklaren darüber gelassen werden, ob der Plan tatsächlich ausgeführt wird, zumal der Planfeststellungsbeschluss sich schon mit seinem Erlass mittelbar auf die Nutzung und Verwertung betroffener Grundstücke auswirken kann. Deshalb bestimmt § 75 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 VwVfG in der Fassung vom 31. Mai 2013 (BGBl. I, 1388, 1390), dass als Beginn der Durchführung des Plans jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung für die planmäßige Verwirklichung des Vorhabens gilt. Demgemäß kommen als Maßnahmen, die ein Außerkrafttreten von Planfeststellungsbeschlüssen verhindern können, nur solche in Betracht, bei denen nach Art, Umfang und Zielrichtung deutlich erkennbar zum Ausdruck kommt, dass das Vorhaben in überschaubarem Zeitraum verwirklicht werden soll. Das schließt rein verwaltungsinterne Vorbereitungsmaßnahmen ebenso aus wie symbolische Akte, die nur dem Zweck dienen, den Ablauf der Frist zu hindern. Auch lassen nur Maßnahmen, die nicht mehr ohne Weiteres rückgängig gemacht werden können und für die Verwirklichung des Plans von Bedeutung sind, den Schluss zu, dass das Vorhaben nunmehr ernsthaft ins Werk gesetzt werden soll.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2009 ‑ 9 C 9.08 -, BVerwGE 135, 110 = juris, Rn. 11 f.; Neumann, a.a.O., § 75 Rn. 94 f. m.w.N.
58Von diesen rechtlichen Erwägungen ausgehend ist der Planfeststellungsbeschluss vom 10. Dezember 1993 fristgemäß umgesetzt worden. Bereits in dem Erwerb der Grundstücke Gemarkung T2. , Flur 1, Flurstücke 244 und 279, im Jahr 1996 durch die Beigeladene zu 3. liegt eine nach außen erkennbare Tätigkeit zur Verwirklichung des Plans von hinreichendem Gewicht für das Gesamtvorhaben. Der verbindliche Erwerb eines mehr als nur geringfügigen Teils der zur Verwirklichung des Vorhabens benötigten Grundstücke stellt nämlich eine Maßnahme zur Durchführung des Plans dar, die die Frist zum Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses unterbricht. Die finanziellen Aufwendungen eines umfangreichen Grunderwerbs lassen regelmäßig den Schluss zu, dass das Vorhaben ernsthaft in Angriff genommen werden soll. Auch kann anhand objektiver Umstände festgestellt werden, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt die Bedarfsflächen verbindlich erworben wurden.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2009 ‑ 9 C 9.08 ‑, a.a.O. = juris, Rn. 14.
60Die Flurstücke wurden nach allem Anschein erworben, weil sie (teilweise) für den Bau der K 40 n benötigt werden. Diese Grundstücke sind nämlich im Grunderwerbsplan als Anlage 9 zum Planfeststellungsbeschluss mit den Ziffern 5 und 6 bezeichnet. Die geplante Kreisstraße K 40 n setzt an die geplante Eisenbahnüberführung in L1. an und soll im Norden bis an die X. Straße und im Süden an die E2. Allee gebaut werden. Infolgedessen haben die Beigeladenen in ihrer im Jahr 2006 getroffenen Vereinbarung über eine Maßnahme an einem Bahnübergang unter § 1 Abs. 2 die Notwendigkeit aufgezeigt, den bisherigen Bahnübergang durch den Bau einer Eisenbahnüberführung in Bahn‑km 134,201 im Zuge der verlegten K 40 n zu ersetzen. Hierauf hat auch der Bebauungsplan Nr. 8 Ka der Beigeladenen zu 3. vom 17. November 1995 hingewiesen, wo es unter 4.3 (Berücksichtigung von Fachplanungen) heißt, im Zuge einer Fachplanung nach § 18 AEG werde beabsichtigt, eine neue Verbindungsstraße (K 40 neu) zwischen der L 663 (E2. Allee) und der K 40 (X. Straße) zur Beseitigung des höhengleichen Bahnübergangs an der T. Straße zu schaffen.
61Der Ernstlichkeit des Planrealisierungswillens zur Zeit des Grundstückserwerbs steht nicht entgegen, dass die Verwirklichung des Gesamtvorhabens aus insbesondere finanziellen Gründen noch mit Unsicherheiten behaftet war. Zumindest die Beigeladene zu 3. hat ernsthaft und erkennbar den Willen zur Umsetzung des Plans zum Ausdruck gebracht. Dass der Beigeladene zu 2. im Jahr 1996 seinen Rückzug aus dem Vorhaben angekündigt hatte, hat, wie die unstreitige weitere Entwicklung zeigt, nicht dazu geführt, dass er sich tatsächlich aus der Maßnahme zurückgezogen hat. So hat er etwa unwidersprochen dargelegt, dass er die Beigeladene zu 1. im gerichtlichen Verfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss vor dem VG Gelsenkirchen unter Hinweis auf ausdrückliches Festhalten an der geplanten Maßnahme gebeten hatte, den gerichtlichen Vergleich nicht zu widerrufen. Schließlich bestätigt auch die im Jahr 2006 unter den Beigeladenen abgeschlossene überarbeitete Kreuzungsvereinbarung die andauernde Beteiligung des Beigeladenen zu 2. als Baulastträger der neu entstehenden K 40 n an dem Vorhaben.
62Der Erwerb betraf auch einen mehr als nur geringfügigen Teil der zur Verwirklichung des Straßenbauvorhabens benötigten Grundstücke. Die erworbenen Grundstücke machen ca. 22,8 % der insgesamt für den Straßenbau benötigten Flächen aus und haben damit mehr als nur eine geringfügige Bedeutung für die plangemäße Verwirklichung des Gesamtvorhabens. Daran ändert auch nichts, dass in der Folgezeit Teile der Flächen, die nicht für das Straßenbauvorhaben benötigt wurden, weiterveräußert wurden; der von der geplanten Trasse erfasste Teil der Grundstücke steht nach wie vor im Eigentum der Beigeladenen zu 3.
63Weiter steht der die Frist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG unterbrechenden Umsetzung des Plans durch den Flächenerwerb der Beigeladenen zu 3. nicht entgegen, dass dieser Erwerb schon im Jahr 1996 und damit vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses stattgefunden hat. Jedenfalls dann, wenn wie vorliegend die in Rede stehende Umsetzungsmaßnahme nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit fortwirkt, bestehen nach Auffassung des Senats keine Bedenken, diese Tätigkeit als Beginn der Durchführung des Plans zu werten. Außerdem belegt eine beginnende Planumsetzung schon vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit, die mit dem Risiko zweckverfehlender und gegebenenfalls rückabzuwickelnder Aufwendungen behaftet wäre, falls es etwa im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur Aufhebung des Planes käme, besonders nachdrücklich den Willen der Planungsträger zur Umsetzung ihres Vorhabens.
64Auch stellt der Bau der südlichen Verlängerung der Stichstraße zum C.----weg ab Oktober 2003 bis April 2004 eine Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses dar. Diese Stichstraße ist sowohl durch den Planfeststellungsbeschluss (südliche Verlängerung) als auch durch den bezeichneten Bebauungsplan Nr. 8 Ka der Beigeladenen zu 3. (in Richtung C.----weg ) baurechtlich zugelassen worden. Die Straßenquerschnitte entsprechen für diesen auf dem Planfeststellungsbeschluss beruhenden Teilabschnitt den für eine Anbindung an die K 40 n. Hierauf weist auch eine Luftbildaufnahme aus dem Jahr 2012 hin. Das Ende der Stichstraße ist aufgeweitet, so dass ein Anschluss an die Umgehungsstraße K 40 n im Wege der Auftrichterung möglich ist. Dass das Ende der Stichstraße derzeit möglicherweise als „Wendehammer“ zu charakterisieren ist, steht dieser Beurteilung nicht entgegen.
65Eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht (§ 75 Abs. 4 Satz 2 Hs. 2 VwVfG). Mit der Unterbrechung der Durchführung des Plans beginnt die Frist des Absatz 4 nicht erneut zu laufen. Der Planfeststellungsbeschluss tritt nicht außer Kraft, wenn die begonnene Durchführung für mehr als fünf Jahre eingestellt wurde. Dieser Fall wird allein von § 77 VwVfG erfasst. Es kommt darauf an, ob die Einstellung der Arbeiten nach begonnener Durchführung als endgültige Aufgabe des Vorhabens zu werten ist; dann hebt die Planfeststellungsbehörde den Plan auf.
66II. Der Hilfsantrag bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
67Die Nichtigkeitsfeststellungsklage ist gleichfalls unzulässig. Sie ist zwar gemäß § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft, gegenüber einer Anfechtungsklage nicht subsidiär (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGO) und nicht fristgebunden. Ebenso wenig ist ein vorheriger Antrag gemäß § 44 Abs. 5 VwVfG gegenüber der Beklagten Voraussetzung. Allerdings fehlt aus den oben angeführten Gründen die erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Die Nichtigkeitsfeststellungsklage tritt neben oder an die Stelle einer Anfechtungsklage und ist mit ihr austauschbar. Deshalb ist es in besonderem Maße folgerichtig, dass auch die Nichtigkeitsfeststellungsklage an eine Klagebefugnis gebunden wird.
68Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1981 ‑ 7 B 46.81 u.a. -, NJW 1982, 2205 = juris, Rn. 2; Möstl, in: Posser/Wolff, a.a.O., § 43 Rn. 23.
69Der Hilfsantrag ist auch unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet entgegen der Auffassung der Kläger nicht an einem schwerwiegenden Fehler mit der Folge seiner Nichtigkeit nach § 44 Abs. 1 VwVfG. Dass der Planfeststellungsbeschluss nach dem Dafürhalten der Kläger wegen eines Übergewichts der „Straßenplanung“ im Verhältnis zu den „eisenbahnrechtlichen Maßnahmen“ durch die unzuständige Behörde erlassen worden ist, kann nicht die Nichtigkeit des Plans zur Folge haben. Die fehlende sachliche Zuständigkeit für den Erlass eines Verwaltungsakts (diese bezieht sich auf die der Behörde zugewiesenen Sachaufgaben) oder die fehlende Verbandszuständigkeit (diese betrifft die Aufgabenabgrenzung zwischen verschiedenen selbständigen Verwaltungsträgern) führen nur dann zur Nichtigkeit des Bescheids, wenn die mit dem Verwaltungsakt geregelte Angelegenheit unter keinem sachlichen Gesichtspunkt Bezug zum Aufgabenbereich der handelnden Behörde hat und dies auch offensichtlich ist.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 1974 - IV C 42.73 ‑, NJW 1974, 1961 = juris, Rn. 24; Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 44 Rn. 15; Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, a.a.O., § 44 Rn. 25.
71Danach beurteilt ist der Planfeststellungsbeschluss nicht gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig. Bei dem planfestgestellten Vorhaben handelt es sich um ein einheitliches Vorhaben, das eisenbahnrechtliche Maßnahmen, aber auch Straßenbaumaßnahmen betrifft. Es kann daher keine Rede davon sein, dass überhaupt kein Bezug zum Aufgabenbereich der damaligen Deutschen Bundesbahn bestanden hat. Bei dieser Gemengelage liegt weder ein zur Nichtigkeit führender schwerwiegender Fehler vor noch ist ein etwaiger Fehler offensichtlich.
72Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind, soweit sie einen eigenen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt haben, für erstattungsfähig zu erklären, im Übrigen nicht.
73Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. den § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
74Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen
- 1.
die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9a Abs. 3 des Atomgesetzes, - 1a.
das Bestehen und die Höhe von Ausgleichsansprüchen auf Grund der §§ 7e und 7f des Atomgesetzes, - 2.
die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen der in § 7 des Atomgesetzes bezeichneten Art (§ 9 des Atomgesetzes) und die wesentliche Abweichung oder die wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 des Atomgesetzes sowie die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung (§ 6 des Atomgesetzes), - 3.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als dreihundert Megawatt, - 3a.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer, - 3b.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt, - 4.
Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist, - 4a.
Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Einrichtungen nach § 66 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist, - 5.
Verfahren für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Anlagen zur Verbrennung oder thermischen Zersetzung von Abfällen mit einer jährlichen Durchsatzleistung (effektive Leistung) von mehr als einhunderttausend Tonnen und von ortsfesten Anlagen, in denen ganz oder teilweise Abfälle im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelagert oder abgelagert werden, - 6.
das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich, - 7.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen, - 8.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen, - 9.
Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen, - 10.
Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes, - 11.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1 350 Tonnen Tragfähigkeit zugänglich sind, unbeschadet der Nummer 9, - 12.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Wasserkraftanlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt, - 12a
Gewässerbenutzungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, - 12b
Planfeststellungsverfahren für Gewässerausbauten im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, - 13.
Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz, - 14.
Zulassungen von - a)
Rahmenbetriebsplänen, - b)
Hauptbetriebsplänen, - c)
Sonderbetriebsplänen und - d)
Abschlussbetriebsplänen
- 15.
Planfeststellungsverfahren nach § 65 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 19.7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung und den Betrieb oder die Änderung von Dampf- oder Warmwasserpipelines.
(2) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug ferner über Klagen gegen die von einer obersten Landesbehörde nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen.
(3) Abweichend von § 21e Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes soll das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts anordnen, dass ein Spruchkörper, der in einem Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 tätig geworden ist, für dieses nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.
Tenor
Der Verwaltungsgerichtshof ist für die Entscheidung des Rechtsstreits sachlich unzuständig.
Der Rechtsstreit wird an das sachlich und örtlich zuständige Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen.
Gründe
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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen
- 1.
die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9a Abs. 3 des Atomgesetzes, - 1a.
das Bestehen und die Höhe von Ausgleichsansprüchen auf Grund der §§ 7e und 7f des Atomgesetzes, - 2.
die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen der in § 7 des Atomgesetzes bezeichneten Art (§ 9 des Atomgesetzes) und die wesentliche Abweichung oder die wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 des Atomgesetzes sowie die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung (§ 6 des Atomgesetzes), - 3.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als dreihundert Megawatt, - 3a.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer, - 3b.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt, - 4.
Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist, - 4a.
Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Einrichtungen nach § 66 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist, - 5.
Verfahren für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Anlagen zur Verbrennung oder thermischen Zersetzung von Abfällen mit einer jährlichen Durchsatzleistung (effektive Leistung) von mehr als einhunderttausend Tonnen und von ortsfesten Anlagen, in denen ganz oder teilweise Abfälle im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelagert oder abgelagert werden, - 6.
das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich, - 7.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen, - 8.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen, - 9.
Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen, - 10.
Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes, - 11.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1 350 Tonnen Tragfähigkeit zugänglich sind, unbeschadet der Nummer 9, - 12.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Wasserkraftanlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt, - 12a
Gewässerbenutzungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, - 12b
Planfeststellungsverfahren für Gewässerausbauten im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, - 13.
Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz, - 14.
Zulassungen von - a)
Rahmenbetriebsplänen, - b)
Hauptbetriebsplänen, - c)
Sonderbetriebsplänen und - d)
Abschlussbetriebsplänen
- 15.
Planfeststellungsverfahren nach § 65 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 19.7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung und den Betrieb oder die Änderung von Dampf- oder Warmwasserpipelines.
(2) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug ferner über Klagen gegen die von einer obersten Landesbehörde nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen.
(3) Abweichend von § 21e Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes soll das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts anordnen, dass ein Spruchkörper, der in einem Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 tätig geworden ist, für dieses nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.
Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.