Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 17. Dez. 2013 - 3 A 1080/11


Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt in Höhe der Vollstreckungsschuld vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten wegen der Festsetzung von Baugebühren.
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Die Klägerin beantragte beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau des Hoteltrakts H.-Straße in ein Seniorenpflegeheim mit 62 Einzelzimmern. Die Baumaßnahme betrifft einen umbauten Raum von 12.800,00 m³ mit einer Gesamtfläche von 3.220 m². Mit der Erteilung der Baugenehmigung setzte der Beklagte die Gebühr für die Baugenehmigung mit Bescheid vom 23. Juni 2011 auf 9.000,00 EUR fest. Auf den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin hob der Beklagte den Gebührenbescheid mit Abhilfebescheid vom 14. September 2011 – zugestellt am 22. September 2011 – insoweit auf, als die Festsetzung den Betrag von 5.885,00 EUR übersteigt und erließ einen Gebührenbescheid über ebendiesen Betrag, der sich aus einer Gebühr für die Erteilung der Baugenehmigung i.H.v. 5.300,00 EUR und einer Gebühr für die Genehmigung der Nutzungsänderung i.H.v. 585,00 EUR zusammensetzt.
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Am 20. Oktober 2011 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei in Ansehung der Gebühr für die Erteilung der Baugenehmigung rechtswidrig. Die Höhe der anrechenbaren Bauwert betrage nicht, wie vom Beklagten im Widerspruchsbescheid angenommen, 530.000,00 EUR, sondern lediglich 80.000,00 EUR.
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Die Klägerin beantragt,
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den Gebührenbescheid des Beklagten vom 23. Juni 2011 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 14. September 2011 und des ergänzenden Gebührenbescheides gleichen Datum insoweit aufzuheben, als die Festsetzung der Gebühr für die Erteilung der Baugenehmigung den Betrag von 800,00 EUR übersteigt.
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Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Mit Beschluss vom 16. Dezember 2013 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.
Entscheidungsgründe
I.
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Der Rechtsstreit kann ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 6. März 2012 bzw. 11. April 2012 ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
II.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Zwar ist der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig, weil die Gebühr für die Erteilung der Baugenehmigung zu niedrig festgesetzt worden ist. Dieser Fehler begründet jedoch keinen Aufhebungsanspruch, weil die Annahme einer Rechtsverletzung (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bei einer zu niedrigen Gebührenfestsetzung ausgeschlossen ist.
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Sie findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 1 Landesverwaltungskostengesetz (VwKostG M-V) i.V.m. § 1 Baugebührenverordnung – BauGebVO M-V). § 1 Satz 1 bestimmt, dass für Amtshandlungen der Bauaufsicht Kosten (Gebühren und Auslagen) zu erheben sind.
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Die Höhe der Gebühr ergibt sich aus dem Gebührenverzeichnis (Anlage 1) und den Anlagen 2 und 3 (§ 1 Satz 2 BauGebVO M-V). Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 sind die anrechenbaren Bauwerte für die in der Anlage 2 aufgeführten Gebäude aus dem Brutto-Rauminhalt der Gebäude, vervielfältigt mit dem jeweils angegebenen Wert je Kubikmeter Brutto-Rauminhalt, zu berechnen. Anlage 2 Nr. 7 BauGebVO MV sieht für Hotels, Heime und Sanatorien mit jeweils mehr als 60 Betten einen anrechenbarer Bauwert von 126 EUR/Kubikmeter vor. Bei dem Seniorenpflegeheim handelt es sich um ein Heim im Sinne der Vorschrift. Da die Klägerin dem nicht entgegen tritt, kann von weiteren Darlegungen abgesehen werden. Ausweislich der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2013 vorgelegen Berechnung ergibt sich für den von der Klägerin vorgenommenen Umbau auf Grundlage der Anlage 2 Nr. 7 BauGebVO M-V eine Baugebühr von 19.025,00 EUR. Einwände gegen die Berechnung werden von der Klägerin nicht geltend gemacht.
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Anders als die Beteiligten meinen, richtet sich die Ermittlung der anrechenbaren Bauwerte für das Vorhaben der Klägerin nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGebVO M-V, denn diese Vorschrift erfasst nur die in der Anlage 2 nicht aufgeführten baulichen Anlagen. Daraus folgt, dass die Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGebVO M-V ausgeschlossen ist, soweit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGebVO M-V i.V.m. Anlage 2 vorliegen. Für die vom Beklagten vorgenommene Differenzierung in Umbauten, die „quasi einem Neubau entsprechen“ und solchen, bei denen dies – wie hier – nicht der Fall sein soll, gibt die Anlage 2 Nr. 7, die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 BauGebVO M-V Bestandteil der Verordnung ist, nichts her. Das vom Beklagten in diesem Zusammenhang herangezogene Schreiben des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern vom 22. Juli 2009 bezieht sich nicht auf die Baugebührenverordnung, sondern auf die Verordnung über die Prüfingenieure und Prüfsachverständigen vom 10. Juli 2006 und hat daher bereits aus diesem Grund vorliegend keine Bedeutung.
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Zudem könnte das Ministerium den Anwendungsbereich der Anlage 2 Nr. 7 BauGebVO M-V nicht im Erlasswege begrenzen. Denn Raum für die Steuerung der Rechtsanwendung durch Richtlinien oder Erlasse besteht nur bei Vorschriften, die der Behörde ein Ermessen eröffnen. Mit Hilfe von Richtlinien bzw. Erlassen kann auf eine einheitliche Ausübung des Ermessens hingewirkt werden. Bei den Merkmalen der Anlage 2 handelt es sich aber nicht um Ermessensvorschriften, sondern um unbestimmte Rechtsbegriffe, die einer vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Raum für (steuerbare) Ermessensentscheidungen besteht daher nicht.
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Anders als der Beklagte meint, ist die Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGeBVO M-V i.V.m. Anlage 2 Nr. 7 in Umbaufällen auch nicht unbillig. Denn es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Gebühren nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGeBVO M-V i.V.m. Anlage 2 um pauschalierte Beträge handelt, die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung einen landesspezifischen Durchschnittswert wiedergeben (vgl. VG Dessau, Urt. v. 18.04.2007 – 1 A 97/05 –, juris Rn. 20). Dies schließt eine Differenzierung nach dem Umfang der Umbaumaßnahme aus. Dem vom Beklagten benannten Urteil des OVG Greifswald vom 23. Mai 2007 (– 1 L 410/05 – juris) lassen sich Argumente für die von ihm vorgenommene Unterscheidung ebenfalls nicht entnehmen. Die Entscheidung befasst sich mit dem Verhältnis der Tarifstellen in Nr. 9 und Nr. 12 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGebVO M-V (a.F.) und führt aus, dass die von § 3 Abs. 2 BauGebVO M-V a.F. vorausgesetzte atypische Sondersituation wegen des eindeutigen Verhältnisses der genannten Tarifstellen nicht bestehe (a.a.O. Rn. 19).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.