|
|
| Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 03.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2009 ist, auch soweit er die Bewilligung von Beihilfe für die Anschaffung eines Elektromobils ablehnt, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Beihilfe (§ 113 Abs. 5 VwGO). |
|
| Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit des angegriffenen Beihilfebescheids ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die eine Beihilfe begehrt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, ZBR 2006, 195). |
|
| Somit ist hier die Sach- und Rechtslage zum 30.09.2008 (Datum der Rechnung) maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt galten die Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) i.d.F. v. 01.11.2001 - GMBl S. 918 -, zuletzt geändert durch Art. 1 der 28. Änderungsverwaltungsvorschrift (28. ÄndVwV) vom 30.01.2004 - GMBl S. 379, trotz ihrer Nichtigkeit übergangsweise noch bis zum Ende der Legislaturperiode des 16. Deutschen Bundestags (also bis 27.10.2009) (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2008 - 2 C 24/07 -, DVBl 2008, 1193 = ZPR 2009, 41 = NVwZ 2008, 1378). |
|
| Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für die Anschaffung der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel; Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich nach Anlage 3 dieser Vorschrift. Nach Nr. 1 der Anlage sind, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet wurden, beihilfefähig u.a. die Aufwendungen für einen Krankenfahrstuhl mit Zubehör. Nicht zu den Hilfsmitteln zählen nach Nr. 9 der Anlage u.a. Gegenstände, die der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen, insbesondere Elektrofahrzeuge (vgl. nunmehr § 25 i.V.m. Anlagen 5 und 6 der Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - vom 13.02.2009 - BGBl I 2009,326 - ). |
|
| Ob die ärztliche Bescheinigung des Dr. J. vom 01.04.2008 eine Verordnung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV darstellt, kann dahinstehen. Auch im Falle einer Verordnung als Hilfsmittel wären die Kosten nicht beihilfefähig. |
|
| Das vom Kläger beschaffte Elektromobil ist kein Krankenfahrstuhl im Sinne der o.g. Beihilfevorschrift. |
|
| Charakteristisch für einen Krankenfahrstuhl im Sinne der Beihilfevorschriften ist angesichts der Wortwahl - Krankenfahrstuhl, nicht etwa Krankenfahrzeug - zunächst, dass in diesem Hilfsmittel ungeachtet seiner konkreten Ausgestaltung immer noch die Grundstruktur eines (fahrbaren) Stuhls erkennbar ist. Diese ist durch eine auf vier Beinen ruhende Sitzfläche, eine Rückenlehne und ggf. Armlehnen geprägt. Entsprechend den Zwecken, denen der Krankenfahrstuhl dient, ist er mit Rädern ausgerüstet (die ihrerseits wieder unterschiedlich gestaltet sind je nachdem, ob das Gerät von einem Dritten geschoben oder durch seinen Nutzer selbst bewegt werden soll), hat besondere Arm- oder Rückenlehnen, Abstellflächen für die Füße, Vorrichtungen, um den Rumpf oder einzelne Gliedmaßen zu schützen oder zu fixieren. Wie auch immer indes der Krankenfahrstuhl im Einzelfall im Hinblick auf die Behinderungen des jeweiligen Nutzers und die konkreten Zwecke, denen der Fahrstuhl dient, konstruiert ist, so wird im Regelfall doch sichtbar, dass dem Gerät ein für besondere Zwecke um- und ausgerüsteter Stuhl zugrunde liegt (vgl. Abb. links). Dem Betrachter ist ohne Weiteres erkennbar, dass dieses Gerät, der Krankenfahrstuhl, bauartbedingt auf die Nutzung durch einen behinderten Menschen zugeschnitten und speziell zur Beförderung von Behinderten gebaut ist (vgl. auch niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 31.01.2008 - 16 K 355/06 -, Juris Rn. 21). Charakteristisch ist weiterhin, dass ein Krankenfahrstuhl gerade auch dafür gedacht ist, im Gebäude, d.h. in Wohnungen oder sonstigen Aufenthaltsbereichen, genutzt zu werden. Seine Konstruktion als fahrbarer Stuhl mit entsprechenden Abmessungen und Wenderadius ermöglicht es seinem Benutzer, sich in Wohnungen von Raum zu Raum zu bewegen und auch z.B. an Tische heranzufahren. Da der Krankenfahrstuhl von seiner Konstruktion her ausgesprochen auf den Ausgleich von Behinderungen ausgerichtet ist, ist seine Benutzung für Menschen ohne entsprechende Behinderungen uninteressant; er bietet Menschen ohne erhebliche Gehbehinderung regelmäßig keine Vorteile (vgl. Finanzgericht Düsseldorf, EuGH-Vorlage vom 28.12.2009 - 4 K 2025/09 Z, EU -, Juris Rn. 19). |
|
|
| Bei dem vom Kläger angeschafften Elektormobil (s. Abb.) handelt es sich ersichtlich nicht um einen Krankenfahrstuhl i.S. von Nr.1 der Anlage 3 (zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BHV), sondern um ein Elektrofahrzeug im Sinne von Nr. 9 der Anlage 3. Dieses Fahrzeug ist so gebaut, dass es schon von seinem optischen Eindruck her niemandem einfallen wird, dieses Fahrzeug als Krankenfahr-"stuhl" zu bezeichnen. Wegen seiner Konstruktion und seinen Ausmaßen ist das Fahrzeug auch gar nicht dazu geeignet, in Wohnungen als Ersatz für einen Stuhl zu dienen. Das Elektromobil ist zur Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr gedacht und entsprechend ist es auch ausgestattet mit Beleuchtung nach der StVO incl. Blinker, Bremslichtern und Warnblinklicht. Der an der Lenksäule angebrachte Einkaufskorb belegt ebenfalls, dass das Elektromobil für den außerhäuslichen Einsatz bestimmt ist. Dafür, dass es sich nicht um einen Krankenfahrstuhl handelt, spricht im Übrigen auch die Internetpräsentation der Herstellerfirma. Diese präsentiert dieses Elektromobil unter dem Oberbegriff "Scooter“ und nicht unter dem Oberbegriff "Rollstühle", unter dem sie u.a. auch elektrisch betriebene Rollstühle anbietet. |
|
|
| Die Anschaffung des Elektromobils ist nicht beihilfefähig, da die Anschaffung der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen ist. Bei dem vom Kläger beschafften Elektromobil - vom Anbieter „Scooter“ genannt - handelt es sich ungeachtet dessen, dass es als behindertengerecht bezeichnet wird und je nach Art und Ausmaß der Behinderungen auch von einem behinderten Menschen genutzt werden kann, nicht um ein Hilfsmittel, das speziell auf die Nutzung durch kranke oder behinderte Menschen zugeschnitten ist. Ein Elektromobil spricht einen breiteren Personenkreis an, der keines Rollstuhls bedarf, aber seine Mobilität erhöhen will. Es kann unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen auch im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung, etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in der Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Der allgemeinen Lebenshaltung dienen diejenigen Hilfsmittel, die üblicherweise herangezogen werden, um die "Unbequemlichkeiten" des Lebens zu erleichtern, und die aufgrund der objektiven Eigenart und Beschaffenheit des Gegenstandes keinen unmittelbaren Bezug zu dem festgestellten Krankheitsbild haben. Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall ein Gegenstand ohne die Erkrankung nicht angeschafft würde oder worden wäre. Maßgebend ist vielmehr, ob das Hilfsmittel - von einer krankheitsentsprechenden Ausstattung abgesehen - auch von einem Gesunden im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung üblicherweise genutzt werden kann (vgl. OVG Nordrhein-Westf., Beschluss vom 07.07.1998 - 12 A 5885/96 -, Juris Rn. 14 ff). Bei dem vom Kläger beschafften Elektromobil handelt es sich jedoch um ein Fahrzeug, dessen (möglicher) Benutzerkreis sich nicht auf Kranke und Behinderte beschränkt, sondern das nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit auch für solche Personen gedacht ist, deren Gehfähigkeit jedenfalls noch nicht derart eingeschränkt ist, dass sie eines Krankenfahrstuhls zwingend bedürften (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 25.09.1996 - 10 K 12672/94 -). Es wird kein Zusammenhang zu einem krankheitsbedingten Bedarf hergestellt und ein notwendiger Zusammenhang ist auch nicht ersichtlich (vgl. OVG Nordrhein-Westf., Beschluss vom 07.07.1998, a.a.O., Rn. 19). Das Elektromobil verfügt über keinerlei Einrichtungen, die es gerade für die Benutzung durch Behinderte bestimmen (vgl. Finanzgericht Düsseldorf, EuGH-Vorlage vom 28.12.2009 - 4 K 2025/09 Z, EU -, Juris Rn. 19). Dass das Elektromobil der Ehefrau des Klägers als Hilfsmittel zum Ausgleich ihrer eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit dient, ändert nichts daran, dass es objektiv der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen ist. |
|
| Der Kläger hat auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes Anspruch auf die Beihilfegewährung für dieses Elektromobil. Der Umstand, dass der Beklagte früher Beihilfe für ein ähnliches Gerät gewährt hat, begründet keinen Vertrauensschutz. Die Kammer hat in einem anderen Verfahren schon ausgeführt, dass es sich von selbst verstehe, dass die Abrechnung der Beihilfestellen Einzelfallcharakter hat und keine darüber hinausgehende positive Feststellung oder Festlegung zur Beihilfefähigkeit künftiger Anträge enthält (vgl. Urteil vom 11.02.2004 - 6 K 1205/03 -). Selbst wenn die früher für ein ähnliches Gerät bewilligte Beihilfe rechtswidrig gewesen sein sollte, ist die Beklagte selbstverständlich nicht verpflichtet, diese rechtswidrige Praxis fortzusetzen. |
|
| Die Fürsorgepflicht gebietet hier ebenfalls nicht die Gewährung einer weiteren Beihilfe. Die Beihilfevorschriften stellen eine für den Regelfall grundsätzlich abschließende Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen dar. Weitergehende Beihilfeansprüche können allenfalls dann begründet sein, wenn die Fürsorgepflicht in einem Einzelfall gleichwohl noch in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Von Verfassungs wegen fordert die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheitsfällen entstandener Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang (ständige Rechtsprechung, BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, BVerfGE 83, 89, und Beschluss vom 07.11.2002, NVwZ 2003, 720; BVerwG, Urteil vom 03.07.2003, BVerwGE 118, 277; Beschluss vom 11.12.1997 - 2 B 72/97 -, Urteil vom 14.03.1991 - 2 C 23/89 -, zitiert nach Juris). Daran wäre etwa zu denken, wenn die Ehefrau des Klägers erst durch ein Elektromobil die ihren Grundbedürfnissen zuzuordnende Bewegungsfreiheit erhielte; diese Bewegungsfähigkeit könnte sie aber bereits durch einen Krankenfahrstuhl erhalten. |
|
|
|
| Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. |
|