Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 15. Mai 2018 - 5 K 1027/16

bei uns veröffentlicht am15.05.2018

Tenor

Der Bescheid des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald vom 04.11.2015 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 01.03.2016 werden aufgehoben. Das beklagte Land wird verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erteilung der Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung als Heilpraktiker auf dem Gebiet der Chiropraktik unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis.
Dem Kläger war mit Bescheid des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald vom 28.10.2014 die Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung auf dem Gebiet der Physiotherapie erteilt worden. Am 06.07.2015 beantragte er darüber hinaus die Erteilung der Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung auf dem Gebiet der Chiropraktik. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, er sei mit diesem Gebiet bestens vertraut, da er im Anschluss an seine ursprüngliche Ausbildung zum Physiotherapeuten eine Weiterbildung in Orthopädischer Manueller Therapie (OMT) absolviert habe. Bereits aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1970 ergebe sich, dass die Ausübung der selbständigen Tätigkeit auf diesem Gebiet der (sektoralen) Heilpraktikererlaubnis bedürfe. In jüngster Zeit hätten verschiedene Verwaltungsgerichte dargelegt, dass es sich bei der Chiropraktik um einen eigenständigen Beruf handele, der den verfassungsrechtlichen Schutz der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG genieße. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO gehe von einem eigenständigen heilkundlichen Beruf aus. In anderen Ländern werde das Berufsbild und die Ausbildung hierzu sogar ausdrücklich gesetzlich geregelt. In Deutschland bestünden kein Ausbildungsgang und auch keine besondere Regelung zur qualifizierten Ausübung der Chiropraktik. Dennoch sei diese auch in Deutschland etabliert, was sich etwa daran zeige, dass es einen eigenen Berufsverband gebe. Die Abgrenzbarkeit der Chiropraktik gegenüber anderen Bereichen der heilkundlichen Tätigkeiten habe konsequenterweise dazu geführt, dass mehrere Verwaltungsgerichte entschieden hätten, dass eine sektorale Heilpraktikererlaubnis auch für den Bereich der Chiropraktik erteilt werden könne. Aufgrund seiner absolvierten OMT-Ausbildung sei eine weitere Kenntnisprüfung bei ihm nicht mehr erforderlich.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg lehnte das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald den Antrag mit Bescheid vom 04.11.2015 ab. Die einschlägige Verwaltungsvorschrift im Land Baden-Württemberg sehe keine sektorale Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Chiropraktik vor. Art. 12 Abs. 1 GG gebiete keine Auslegung dahingehend, dass eine solche eingeschränkte Heilpraktikererlaubnis zu erteilen sei. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung sei zum Schutz der Volksgesundheit dann nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem begrenzten Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben wolle. In diesem Fall reiche es aus, eine auf dieses Gebiet beschränke Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt sei, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kenne und beachte. Danach sei der Bereich der Physiotherapie hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar. Der Tätigkeitsumfang werde durch die Beschreibung der Ausbildungsziele im Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie sowie durch die Aufzählung der physiotherapeutischen Behandlungsmethoden und Therapieformen in der einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsordnung definiert. Es handele sich um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel. Angesichts dieses normativen Rahmens sei nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Physiotherapie zähle oder nicht. Dies alles treffe auf die Chirotherapie nicht zu. Dieser Bereich sei gerade nicht hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar. Das deutsche Recht gebe keinen normativen Rahmen vor, dem Ausbildungsziele oder eine Aufzählung chiropraktischer Behandlungsmethoden zu entnehmen wären. Die Richtlinien der WHO seien nicht als solcher normativer Rahmen anzusehen, da es sich um nicht verbindliche Empfehlungen handele. Ebenso wie bei der Physiotherapie würden mit der Chiropraktik Störungen des Bewegungsapparates hauptsächlich durch Manipulation anatomischer Strukturen wie der Wirbelsäule behandelt, was etwa bei den Physiotherapeuten mit der sog. Manuellen Therapie erfolge und was auch eine typische Behandlung durch Osteopathen sei. Es sei gerade nicht abgrenzbar, ob eine bestimmte Behandlung der Wirbelsäule oder des Bewegungsapparates dem Tätigkeitsbereich der Physiotherapie, der Osteopathie oder der Chiropraktik zuzuordnen sei. Eine eingeschränkte Erlaubnis komme auch deshalb nicht in Betracht, weil der Patient nicht beurteilen könne, welche Behandlungstätigkeiten überhaupt zum Erlaubnisbereich gehörten, in dem der Heilbehandler arbeiten wolle. Soweit das Verwaltungsgericht Frankfurt in einem vom Kläger zitierten Urteil die Auffassung vertrete, dass, sofern der Betroffene einen im Ausland erworbenen akademischen Abschluss besitze, der den Richtlinien der WHO entspreche, Gesundheitsgefahren für die Patienten nicht zu befürchten seien und deshalb ein Bedürfnis nach einer weiteren Kenntnisüberprüfung durch die Behörde nicht bestehe, sei dem nicht zu folgen. Die chiropraktische Tätigkeit könne ihrer Methode nach auch gesundheitliche Schäden verursachen. Für die Anwendung chiropraktischer Techniken werde somit ärztliches Fachwissen verlangt, das die richtige Diagnose sowie eine zutreffende Art der Entscheidung bezüglich der Behandlung voraussetze. Dies schließe die Fähigkeit ein zu erkennen, wann eine ärztliche Heilbehandlung notwendig sei. Dabei gehe es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten.
Der Kläger erhob am 26.11.2015 Widerspruch. Soweit das Landratsamt darauf abhebe, dass die einschlägige Verwaltungsvorschrift keine sektorale Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Chiropraktik vorsehe, sei dies rechtlich ohne Belang, da eine Verwaltungsvorschrift nicht geeignet sei, ein Grundrecht – wie hier Art. 12 Abs. 1 GG – sozusagen außer Kraft zu setzen. Soweit das Landratsamt annehme, die Chiropraktik sei im Gegensatz zur Physiotherapie nicht hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar, sei diese Einschätzung falsch. Das Landratsamt verkenne insoweit die Relevanz der Abgrenzbarkeit als Kriterium dafür, ob eine sektorale Heilpraktikererlaubnis erteilt werden könne. Von Bedeutung sei dies nur insoweit, dass für Sachkundige eine Abgrenzung ermöglicht werde zwischen Tätigkeiten, die ein nur für einen bestimmten Sektor zugelassener Heilpraktiker durchführen dürfe, und denen, die ihm verboten seien. Der Umstand, dass gewisse Tätigkeiten zugleich auch in den Kompetenzbereich anderer Heilberufe fielen, könne dieser Abgrenzbarkeit dagegen nicht entgegenstehen. Ansonsten dürfte auch keine sektorale Heilpraktikererlaubnis für den Bereich der Physiotherapie erteilt werden, weil es ja auch dort Überschneidungen etwa mit der Chiropraktik gebe. Der Kläger als OMT-Therapeut wisse sehr wohl, was er dürfe und was er nicht dürfe. Ob andere Gesundheitsfachberufe dies auch dürften oder nicht, habe ihn dagegen nicht zu interessieren. Da es für die Abgrenzbarkeit auf die Kenntnis des Sachkundigen ankomme, könne auch das weitere Argument des Landratsamts, der Patient könne dies nicht beurteilen, nicht als Begründung für den angefochtenen Bescheid dienen. Schließlich seien die Ausführungen gegen Ende des Bescheids unverständlich. Damit wolle das Landratsamt belegen, dass auf eine Kenntnisüberprüfung bei der beantragten Zuerteilung der sektoralen Heilpraktikererlaubnis im Bereich der Chiropraktik nicht verzichtet werden könne. Wenn dies zuträfe, würde dies aber gerade voraussetzen, dass die sektorale Heilpraktikererlaubnis im Bereich der Chiropraktik sehr wohl möglich sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2016 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch zurück. Die Widerspruchsbehörde verwies auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid. Ergänzend wurde dargelegt, chiropraktische Anwendungen seien mit Risiken verbunden und nach wie vor nur in Weisungsabhängigkeit von einem approbierten Arzt zu erbringen. Der Kernbereich des Art. 12 GG werde dadurch nicht beeinträchtigt, weil die eigentlichen chiropraktischen Tätigkeiten nicht eingeengt würden. Der Kläger könne seine Kenntnisse und Techniken an Patienten anwenden. Lediglich könne auf die Mitwirkung des Arztes als eines Heilkundigen nicht verzichtet werden. Die Zusammenarbeit zwischen Arzt und weisungsabhängigem Gesundheitsfachberufler sei im medizinischen Bereich althergebracht und bewährt. Nur in Ausnahmefällen werde eine Verselbständigung zugelassen. Ein solcher Ausnahmefall werde für das Gebiet der Chiropraktik nicht gesehen. Anders als die Physiotherapie lasse sich die Chiropraktik nicht hinreichend klar als eigenständige Erscheinung herauspräparieren. Die Ausschnitte aus der Heilkunde, die durch sektorale Heilpraktikererlaubnisse repräsentiert würden, sollten nicht wiederum in Ausschnitte unterteilt werden. Es bestünden Bedenken, dass dies zu noch mehr Überschneidungen und damit zu einer vermehrten Unübersichtlichkeit führe. Zwar gebe es auch im ärztlichen Beruf viele Aufspaltungen in fachärztliche Kompetenzen. Dabei handele es sich aber um Aufspaltungen von einer durch ein qualifiziertes wissenschaftliches Studium erworbenen Grundkompetenz. Ein Teil-Heilpraktiker habe diese Grundkompetenz nicht vorzuweisen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 07.03.2016 zugestellt.
Der Kläger hat am 07.04.2016 Klage erhoben. Er ergänzt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Dabei legt er insbesondere Unterlagen zu seiner OMT-Weiterbildung vor.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald vom 04.11.2015 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 01.03.2016 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, dem Kläger die Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung als Heilpraktiker auf dem Gebiet der Chiropraktik zu erteilen;
hilfsweise, das beklagte Land zu verpflichten, den entsprechenden Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Es verteidigt die angegriffenen Bescheide. Dabei führt es insbesondere aus, dass nach der bisher ergangenen Rechtsprechung zwar davon ausgegangen werden könne, dass es sich bei der Tätigkeit als Chiropraktor um ein eigenständiges Berufsbild handele. Gleichwohl sei dieses nicht in dem Maße abgrenzbar, dass es verantwortet werden könne, eine darauf beschränkte – und damit einer umfassenden Überprüfung zum Zwecke der Gefahrenabwehr entzogene – Heilpraktikererlaubnis zu erteilen. Die Überprüfung vor Erteilung der Heilpraktikererlaubnis sei keine berufsfördernde Eignungskontrolle. Sie diene lediglich der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit im konkreten Einzelfall. Danach komme eine auf das Gebiet der Chiropraktik beschränkte Erlaubniserteilung aufgrund des vom Kläger in Österreich erworbenen OMT-Diploms nicht in Betracht. Denn dieses lasse nicht erkennen, dass jeder Absolvent dieses Ausbildungsgangs ohne weitere Kenntnisüberprüfung eigenverantwortlich in diesem Bereich tätig sein könne. Die Frage, ob eine Gefahr für die Volksgesundheit gegeben sei, sei grundsätzlich mit Blick auf das Berufsbild und die entsprechenden Berufsausbildungs- und Prüfungsverordnungen hierzu zu beantworten. Da es zum Berufsbild des Chiropraktors keine normativen Vorgaben gebe, könne auch die Frage, ob im Einzelfall bei selbständiger Ausübung der Chiropraktik eine Gefahr für die Volksgesundheit ausgeschlossen sei, nicht beantwortet werden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die dem Gericht vorliegenden Akten des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Freiburg (jeweils 1 Heft) sowie auf die Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
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Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO).
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Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald vom 04.11.2015 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 01.03.2016, die den Antrag des Klägers mit der Begründung abgelehnt haben, die Heilpraktikererlaubnis könne nicht auf das Gebiet der Chiropraktik beschränkt werden, sind rechtswidrig ergangen und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten. Der Kläger hat gegenüber dem beklagten Land aber nicht den mit seinem Hauptantrag verfolgten Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung auf dem Gebiet der Chiropraktik, sondern lediglich den mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruch, dass über seinen diesbezüglichen Antrag neu unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entschieden wird (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Rechtsgrundlage für die Erteilung der Heilpraktikererlaubnis ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) - Heilpraktikergesetz HeilprG - i.V.m. der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) - Erste Durchführungsverordnung Heilpraktikergesetz HeilprGDV -. Hiernach bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will. Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden. Die Anwendung chiropraktischer Methoden zur Behandlung funktionaler Störungen des menschlichen Bewegungsapparates - wie sie der Kläger, der kein Arzt ist, vorhat - stellt eine Ausübung der Heilkunde dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.1970 - I C 53.66 -, juris). Davon gehen auch die Beteiligten aus.
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Im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG besteht auf die Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 HeilprGDV gegeben ist. Von Bedeutung ist dabei insbesondere § 2 Abs. 1 Satz 1 i) HeilprGDV. Danach wird die Erlaubnis nicht erteilt, wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten würde.
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Die einschlägigen einfachrechtlichen Normen scheinen von einer umfassenden und damit unbeschränkten Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden und damit unbeschränkten Kenntnisüberprüfung auszugehen. Jedoch ist die Heilpraktikererlaubnis anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Wie das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden hat, enthält das Heilpraktikergesetz weder dem Sinn noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat für eine solche Beschränkung noch kein Bedürfnis bestanden. Seitdem haben sich die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe jedoch in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung den gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, und Urt. v. 26.08.2009 - 3 C 19/08 -, BVerwGE 134, 345). Da ein Erlaubnisvorbehalt für die Tätigkeit im Bereich der Heilkunde eine sog. subjektive Berufszulassungsschranke der Berufsfreiheit darstellt, muss dieser, um verhältnismäßig zu sein, dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter dienen. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist aber zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung als einem wichtigen Gemeinschaftsgut nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.2009, a.a.O.). Ist eine beabsichtigte heilkundliche Tätigkeit abgrenzbar, genügt eine Kenntnisüberprüfung hierüber, um Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung auszuschließen. In diesem Fall reicht es daher aus, auf der Grundlage einer solchen eingeschränkten Kenntnisüberprüfung eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
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Entgegen der von den beteiligten Behörden in den angegriffenen Bescheiden vertretenen Auffassung kann eine Heilpraktikererlaubnis nach diesen Grundsätzen auf die Ausübung der Chiropraktik beschränkt werden.
20 
Dem steht nicht entgegen, dass in der einschlägigen Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums Baden-Württemberg zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes vom 23.06.2014 (GABl. 2014 S. 357) eine beschränkte Heilpraktikererlaubnis lediglich für die Gebiete Psychotherapie, Physiotherapie und Podologie vorgesehen ist, nicht aber für den Bereich Chiropraktik. Denn Verwaltungsvorschriften entfalten eine nur verwaltungsinterne Bindungswirkung, können aber einen letztlich auf Art. 12 Abs. 1 GG beruhenden Anspruch auf Erteilung der Heilpraktikererlaubnis nicht einschränken. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden, dass die Heilpraktikererlaubnis über die in der Verwaltungsvorschrift genannten Fälle hinaus auf die Ausübung der Ergotherapie bzw. auf die Ausübung der Logopädie beschränkt werden kann (Urt. v. 23.03.2017 - 9 S 1034/15 und 9 S 1899/16 -, jeweils juris).
21 
Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass auch das Gebiet der Chiropraktik, auf dem der Kläger tätig werden will, hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar ist, so dass eine hierauf beschränkte Heilpraktikererlaubnis grundsätzlich erteilt werden kann.
22 
Ein wesentliches Kriterium für die Frage der Abgrenzbarkeit eines bestimmten Gebiets der Heilkunde besteht darin, ob das Berufsbild und die Ausbildung auf diesem Gebiet gesetzlich geregelt sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.2009, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.03.2017, a.a.O.). Dies ist hier nicht der Fall. Auf dem Gebiet der Chiropraktik hat der Gesetzgeber die Ausbildung und die Berufsausübung - zumindest bisher - nicht ausdrücklich normiert. Das Vorhandensein oder Fehlen eines entsprechenden normativen Rahmens kann aber nicht allein ausschlaggebend sein für die Frage einer hinreichenden Abgrenzbarkeit des Gebiets der Heilkunde. Es ist anerkannt, dass Art. 12 Abs. 1 GG nicht nur rechtlich fixierte Berufe schützt, sondern auch neue Berufsbilder, die bisher noch keine gesetzliche Regelung erfahren haben (so schon BVerfG, Urt. v. 11.06.1958, BVerfGE 7, 377). Unter der Geltung des Art. 12 Abs. 1 GG ist es also nicht so, dass der Gesetzgeber neue Berufe erst schafft, diese bilden sich vielmehr frei im gesellschaftlichen Raum und werden dann - sofern ein Regelungsbedürfnis hierfür gesehen wird - vom Gesetzgeber entsprechend normiert. Von daher kann ein eigenständiger Beruf mit einem klar abgrenzbaren Berufsbild auch ohne eine gesetzliche Regelung vorliegen.
23 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist der Chiropraktiker als eigenständiger Beruf mit abgrenzbarem Berufsbild bereits verschiedentlich bejaht worden. So sind schon im Verwaltungsverfahren die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Leipzig (Urt. v. 11.07.2013 - 5 K 1161/11 -, juris) und vor allem des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Urt. v. 27.05.2014 - 4 K 2714/12.F -, juris) erörtert worden. Inzwischen haben sich das Verwaltungsgericht Aachen (Urt. v. 03.03.2016 - 5 K 1114/14 -, juris) und das Verwaltungsgericht München (Urt. v. 18.01.2018 - M 27 K 17.693 -, juris) dem angeschlossen. Auch das erkennende Gericht hält dies für zutreffend.
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Aufschlussreich ist für das Gericht in diesem Zusammenhang, dass offensichtlich bereits das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1970 (Urt. v. 25.06.1970, a.a.O.) von einem klar umrissenen Beruf des Chiropraktikers ausging („Unklarheiten darüber, was unter der dem Kläger untersagten chiropraktischen Tätigkeit zu verstehen sei, haften der Verfügung nicht an.“). Auch die WHO, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen für das internationale öffentliche Gesundheitswesen, geht von einem eigenständigen heilkundlichen Beruf des Chiropraktikers aus, denn sie hat im Jahr 2006 Richtlinien zu Mindestanforderungen an das Studium und zur Sicherheit in der Chiropraktik erlassen. Darin sind detaillierte Vorgaben zum Studium der Chiropraktik gemacht worden, die das Berufsbild hinreichend umschreiben und deshalb als wichtige Referenz für Verwaltungsentscheidungen dienen können (vgl. VG Leipzig, Urt. v. 11.07.2013, a.a.O.). Insbesondere enthalten die WHO-Richtlinien auch eine Definition des Begriffs der Chiropraktik, die als international etabliert angesehen werden kann. Danach hat die Chiropraktik die Diagnose, Behandlung und Prävention von funktionellen Störungen des menschlichen Bewegungsapparates zum Gegenstand, wobei vor allem mit den Händen therapiert wird, keine Medikamente verordnet werden und keine chirurgischen Eingriffe vorgenommen werden. Auch das Vorliegen einer solchen allgemein akzeptierten Definition ist in der Rechtsprechung als Kriterium für die Abgrenzbarkeit eines Bereichs der Heilkunde herangezogen worden (vgl. vor allem VG Aachen, Urt. v. 03.03.2016, a.a.O.). In anderen Ländern, wie in den USA, Kanada, Dänemark, Finnland, Island, Liechtenstein, Malta, Norwegen, Zypern, der Schweiz und Großbritannien ist das Berufsbild des Chiropraktors, dessen Ausbildung nach den von der WHO entwickelten Standards erfolgt und ein Vollzeitstudium zwischen 4 und 7 Jahren sowie eine nachfolgende praktische Assistenzzeit umfasst, zudem ausdrücklich gesetzlich geregelt (vgl. VG Frankfurt, Urt. v. 27.05.2014, a.a.O.). Auch in der Bundesrepublik ist die Chiropraktik insoweit etabliert, als es inzwischen zwei Berufsverbände für dieses Gebiet der Heilkunde gibt, nämlich zum einen seit 1980 die Deutsche Chiropraktoren-Gesellschaft e.V. und zum anderen seit 1994 den Bund Deutscher Chiropraktiker e.V. Schließlich ist als weiterer Anhaltspunkt für eine hinreichende Abgrenzbarkeit anzuführen, dass es seit dem Jahr 2011 in der Bundesrepublik Deutschland einen eigenen zertifizierten Studiengang der Chiropraktik mit den Abschlüssen Bachelor und Master an einer staatlich anerkannten privaten Hochschule gibt, nämlich an der Dresden International University (vgl. hierzu VG München, Urt. v. 18.01.2018, a.a.O.).
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Nach alledem hat das Gericht keinen Zweifel, dass eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Chiropraktik erteilt werden kann. Die vom beklagten Land gegen diese Einschätzung erhobenen Einwendungen dringen nicht durch. So ist insbesondere nicht erforderlich, dass es keine Überschneidungen zwischen der Chiropraktik und anderen Gebieten der Heilkunde - wie etwa der Physiotherapie - gibt. Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits in der Klagebegründung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Abgrenzbarkeit als Kriterium für die Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis sicherstellen soll, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.03.2017, a.a.O.). Entscheidend ist also nur, ob der Betreffende nach der ihm erteilten beschränkten Heilpraktikererlaubnis einen bestimmten Handgriff vornehmen darf, dagegen kommt es nicht darauf an, ob möglicherweise auch jemand, der eine andere beschränkte Heilpraktikererlaubnis besitzt, den gleichen Handgriff vornehmen darf. Auch das weitere Argument des Beklagten, die Patienten könnten nicht beurteilen, ob eine bestimmte Behandlungstätigkeit zum Bereich der einem Heilbehandler erteilten beschränkten Erlaubnis gehöre, vermag nicht zu überzeugen. Denn maßgeblich ist nicht die subjektive Sicht der Patienten, sondern die nach objektivierten Kriterien vorzunehmende Zuordnung einer bestimmten Behandlungsform zu einem Gebiet der Heilkunde, auch wenn diese Behandlungsform im Einzelfall mehreren Gebieten zugehörig sein mag.
26 
Soweit die Vertreter des beklagten Landes insbesondere in der mündlichen Verhandlung auf praktische Schwierigkeiten verwiesen haben, im Rahmen der Kenntnisüberprüfung für eine beschränkte Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Chiropraktik mangels einer gesetzlich vorgeschriebenen Ausbildung die hinreichende Qualifikation des Bewerbers festzustellen, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich hierbei nicht um ein spezifisches Problem handelt, welches sich allein im Falle der beschränkten Heilpraktikererlaubnis stellen würde. So hat bereits das Bundesverwaltungsgericht in dem schon erwähnten Urteil vom 25.06.1970 - zu einem Zeitpunkt also, als die Rechtsprechung noch davon ausging, die Heilpraktikererlaubnis könne nicht in beschränkter Form erteilt werden - ausgeführt, das Gesundheitsamt werde bei seiner Überprüfung zu berücksichtigen haben, dass sich der dortige Kläger neben seiner nicht unter das Heilpraktikergesetz fallenden Massagetätigkeit seit Jahrzehnten nur auf dem Gebiet der Chiropraktik betätige und auch künftig nur auf diesem Gebiet Heilkunde auszuüben beabsichtige. Ein Nachweis von Kenntnissen und Fähigkeiten, die seine derzeitige und künftige heilkundliche Tätigkeit nicht berührten, dürfe von ihm unter diesen Umständen nicht verlangt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.1970, a.a.O.). Auch wenn man den Kläger daher - wie es die beteiligten Behörden für richtig halten - auf die Beantragung einer umfassenden Heilpraktikererlaubnis verweisen wollte, würde dies nichts daran ändern, dass sich das Gesundheitsamt im Rahmen der Kenntnisüberprüfung einen Eindruck von seiner chiropraktischen Kompetenz verschaffen müsste. Der dadurch entstehende erhöhte Verwaltungsaufwand ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.03.2017, a.a.O.). Sollte das Gesundheitsamt nicht über hinreichende eigene Sachkunde verfügen, um die chiropraktischen Fähigkeiten des Klägers beurteilen zu können, müsste daher für die durchzuführende Kenntnisüberprüfung ggf. externer Sachverstand hinzugezogen werden.
27 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat in einer neueren Entscheidung (Urt. v. 26.01.2017 - 4 K 5923/15 -, juris) die Abgrenzbarkeit des Gebiets der Chiropraktik und damit die Möglichkeit der Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis auf diesem Gebiet verneint, weil es den von den anderen Verwaltungsgerichten hierfür herangezogenen Richtlinien der WHO und den gesetzlichen Regelungen in anderen Ländern an einer Verbindlichkeit in Deutschland fehle. Das Gericht folgt dem nicht, weil die vom Verwaltungsgericht Stuttgart gegebene Begründung letztlich auf einen Zirkelschluss hinausläuft. Hätte der deutsche Gesetzgeber die WHO-Richtlinien oder ausländische Bestimmungen für verbindlich erklärt, bestünde bereits ein normativer Rahmen, so dass an der Abgrenzbarkeit des Gebiets der Chiropraktik kein Zweifel bestünde. Erst das Fehlen eines solchen normativen Rahmens macht den Rückgriff auf weitere Kriterien erforderlich, der aber - wie dargelegt - verfassungsrechtlich angezeigt ist, um dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen.
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Kann somit die Heilpraktikererlaubnis auf die Ausübung der Chiropraktik beschränkt werden, sieht sich das Gericht jedoch derzeit gehindert, dem Kläger die von ihm beantragte Erlaubnis ohne vorherige Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt zuzusprechen. Die vom Kläger erfolgreich absolvierte Weiterbildung auf dem Gebiet der Orthopädischen Manuellen Therapie (OMT) ist nach den dem Gericht bislang vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend, um eine Kenntnisüberprüfung entbehrlich zu machen.
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Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i) HeilprGDV ist die Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt, die auf der Grundlage von unlängst in Kraft getretenen Leitlinien des Bundesministeriums für Gesundheit zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern durchgeführt wird, als Voraussetzung für die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis normiert. Hierauf kann daher nur ausnahmsweise verzichtet werden, wenn die vorliegenden Unterlagen im Einzelfall zweifelsfrei ergeben, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden auch ohne gesonderte Überprüfung keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten würde. Aus dem Umstand, dass es sich bei der Kenntnisüberprüfung um eine Maßnahme der Abwehr von Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter handelt, sowie aus dem bestehenden Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt, dass ein strenger Maßstab geboten ist, um von der gesonderten Kenntnisüberprüfung absehen zu können. Dies gilt für das Gebiet der Chiropraktik wegen der besonderen Gefahrgeneigtheit der chiropraktischen Behandlung umso mehr. So hat schon das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1970 dargelegt, dass es allein im Hinblick auf die nicht unerheblichen Gesundheitsgefahren, die bei mangelhafter Beherrschung der chiropraktischen Technik drohen, gerechtfertigt sei, die rechtmäßige Ausübung der Chiropraktik auch dann von dem Besitz einer Erlaubnis abhängig zu machen, wenn ein Arzt oder Heilpraktiker die chiropraktische Behandlung angeordnet hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.1970, a.a.O.). Anders als etwa Physiotherapie oder Ergotherapie bleibt Chiropraktik also auch dann Ausübung der Heilkunde und wird nicht zu einer erlaubnisfreien Heilhilfstätigkeit, wenn sie auf Anordnung eines Arztes oder Heilpraktikers vorgenommen wird und dieser dem Chiropraktiker vor Behandlungsbeginn die Diagnose mitteilt sowie ggf. weitere Hinweise für die chiropraktische Behandlung aus ärztlicher Sicht gibt. Die vom Regierungspräsidium Freiburg im Widerspruchsbescheid vertretene Auffassung, der Kläger könne in Weisungsabhängigkeit von einem approbierten Arzt seine chiropraktischen Kenntnisse und Techniken schon jetzt an Patienten anwenden, ist daher unzutreffend.
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Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag das Gericht nicht festzustellen, dass der Kläger mit den von ihm im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen hinreichende Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der Chiropraktik bereits nachgewiesen hätte. Nach der Einleitung des Curriculums zur OMT-Weiterbildung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Manuelle Therapie e.V. handelt es sich bei der OMT um eine Spezialisierung in der Physiotherapie. Als Zielgruppe werden Physiotherapeuten mit einer abgeschlossenen Weiterbildung in der Manuellen Therapie angesprochen. Der Begriff Chiropraktik ist dagegen in dem Curriculum - zumindest in dem vom Kläger vorgelegten Auszug - nicht enthalten.
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Soweit in der Rechtsprechung bisher eine Kenntnisüberprüfung für entbehrlich gehalten wurde, hatten die jeweiligen Bewerber entweder im Ausland ein Vollzeitstudium der Chiropraktik durchlaufen (so in den Fällen, die den Entscheidungen des VG Leipzig, Urt. v. 11.07.2013, a.a.O., und des VG Frankfurt, Urt. v. 27.05.2014, a.a.O., zugrunde lagen) oder sie hatten (so im Fall des VG München, Urt. v. 18.01.2018, a.a.O.) den neuen Studiengang der Chiropraktik an der Dresden International University absolviert. Die Weiterbildung in OMT ist mit diesen Vollzeitstudien der Chiropraktik aber nicht zu vergleichen. So bestehen schon vom Umfang der Ausbildung her gravierende Unterschiede. Während etwa der Studiengang an der Dresden International University 9.000 Stunden umfasst, von denen 7.200 Stunden auf den Bachelor-Studiengang und 1.800 Stunden auf den Master-Studiengang entfallen (vgl. hierzu VG München, Urt. v. 18.01.2018, a.a.O.), beläuft sich die Weiterbildung in OMT ausweislich des Curriculums auf 843 Unterrichtsstunden. Auch inhaltlich weicht die vom Kläger durchlaufene Weiterbildung deutlich von den Studien in Chiropraktik ab. Während die Weiterbildung - wie sich auch schon der Bezeichnung Orthopädische Manuelle Therapie entnehmen lässt - stark an der Orthopädie orientiert ist, ist etwa das Studium in Dresden nach dem dortigen Curriculum sehr viel breiter aufgestellt.
32 
Das Gesundheitsamt wird daher im vorliegenden Fall eine Kenntnisüberprüfung auf dem Gebiet der Chiropraktik durchzuführen haben. Soweit in der Rechtsprechung eine eingeschränkte Überprüfung zugelassen wurde, beruhte dies darauf, dass aufgrund der Ausbildung des Bewerbers auf dem entsprechenden Gebiet der Heilkunde davon ausgegangen werden konnte, dass er die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung aufgrund einer ärztlichen Verordnung hinreichend sicher beherrscht, so dass lediglich die Befähigung zu einer selbständigen Erstdiagnose und damit einer eigenverantwortlichen Tätigkeit in der Kenntnisüberprüfung nachgewiesen werden musste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.03.2017, a.a.O., für den ausgebildeten Logopäden bzw. den ausgebildeten Ergotherapeuten). Da eine chiropraktische Behandlung jedoch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.1970, a.a.O.) nicht in einzelne Funktionen aufgeteilt werden kann, die teils von Ärzten, teils von Chiropraktikern ausgeübt werden, die diagnostische Tätigkeit und die praktische Durchführung der chiropraktischen Handgriffe sich vielmehr nicht voneinander trennen lassen, kommt eine derartige Einschränkung im Prüfungsprogramm der Kenntnisüberprüfung auf diesem Gebiet von vornherein nicht in Betracht.
33 
Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Kenntnisüberprüfung nicht um eine Prüfung im herkömmlichen Sinne handelt, die eine zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringende Prüfungsleistung des Bewerbers zur Voraussetzung hat, sondern um die Umschreibung des Gegenstandes und des Zieles der der Behörde aufgegebenen Sachverhaltsermittlung, wobei die Art der Durchführung ihrem pflichtgemäßen Ermessen anheimgestellt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.01.1993 - 3 C 34/90 -, BVerwGE 91, 356). Bei dieser Sachverhaltsermittlung wird die Behörde zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen. Sollte der Kläger die bisher vorgelegten Unterlagen in einer Weise ergänzen können, die belegt, dass seine Zusatzausbildung in Orthopädischer Manueller Therapie - ggf. im Zusammenwirken mit seiner Ausbildung zum Physiotherapeuten - einem Vollzeitstudium der Chiropraktik doch gleichwertig ist, bedarf es daher nicht zwingend der Durchführung einer schriftlichen und/oder mündlichen Prüfung, sofern das Gesundheitsamt keinen weiteren Aufklärungsbedarf sieht, weil es bereits aus dem ihm dann vorliegenden Unterlagen schließen kann, dass die Ausübung der Heilkunde auf dem Gebiet der Chiropraktik durch den Kläger keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten würde.
34 
Die Kostentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht sieht keinen Anlass, die Entscheidung wegen der Kosten nach § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
35 
Die Berufung wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf das Gebiet der Chiropraktik grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat.

Gründe

 
14 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO).
15 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald vom 04.11.2015 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 01.03.2016, die den Antrag des Klägers mit der Begründung abgelehnt haben, die Heilpraktikererlaubnis könne nicht auf das Gebiet der Chiropraktik beschränkt werden, sind rechtswidrig ergangen und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten. Der Kläger hat gegenüber dem beklagten Land aber nicht den mit seinem Hauptantrag verfolgten Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung auf dem Gebiet der Chiropraktik, sondern lediglich den mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruch, dass über seinen diesbezüglichen Antrag neu unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entschieden wird (§ 113 Abs. 5 VwGO).
16 
Rechtsgrundlage für die Erteilung der Heilpraktikererlaubnis ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) - Heilpraktikergesetz HeilprG - i.V.m. der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) - Erste Durchführungsverordnung Heilpraktikergesetz HeilprGDV -. Hiernach bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will. Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden. Die Anwendung chiropraktischer Methoden zur Behandlung funktionaler Störungen des menschlichen Bewegungsapparates - wie sie der Kläger, der kein Arzt ist, vorhat - stellt eine Ausübung der Heilkunde dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.1970 - I C 53.66 -, juris). Davon gehen auch die Beteiligten aus.
17 
Im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG besteht auf die Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 HeilprGDV gegeben ist. Von Bedeutung ist dabei insbesondere § 2 Abs. 1 Satz 1 i) HeilprGDV. Danach wird die Erlaubnis nicht erteilt, wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten würde.
18 
Die einschlägigen einfachrechtlichen Normen scheinen von einer umfassenden und damit unbeschränkten Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden und damit unbeschränkten Kenntnisüberprüfung auszugehen. Jedoch ist die Heilpraktikererlaubnis anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Wie das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden hat, enthält das Heilpraktikergesetz weder dem Sinn noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat für eine solche Beschränkung noch kein Bedürfnis bestanden. Seitdem haben sich die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe jedoch in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung den gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, und Urt. v. 26.08.2009 - 3 C 19/08 -, BVerwGE 134, 345). Da ein Erlaubnisvorbehalt für die Tätigkeit im Bereich der Heilkunde eine sog. subjektive Berufszulassungsschranke der Berufsfreiheit darstellt, muss dieser, um verhältnismäßig zu sein, dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter dienen. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist aber zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung als einem wichtigen Gemeinschaftsgut nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.2009, a.a.O.). Ist eine beabsichtigte heilkundliche Tätigkeit abgrenzbar, genügt eine Kenntnisüberprüfung hierüber, um Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung auszuschließen. In diesem Fall reicht es daher aus, auf der Grundlage einer solchen eingeschränkten Kenntnisüberprüfung eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
19 
Entgegen der von den beteiligten Behörden in den angegriffenen Bescheiden vertretenen Auffassung kann eine Heilpraktikererlaubnis nach diesen Grundsätzen auf die Ausübung der Chiropraktik beschränkt werden.
20 
Dem steht nicht entgegen, dass in der einschlägigen Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums Baden-Württemberg zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes vom 23.06.2014 (GABl. 2014 S. 357) eine beschränkte Heilpraktikererlaubnis lediglich für die Gebiete Psychotherapie, Physiotherapie und Podologie vorgesehen ist, nicht aber für den Bereich Chiropraktik. Denn Verwaltungsvorschriften entfalten eine nur verwaltungsinterne Bindungswirkung, können aber einen letztlich auf Art. 12 Abs. 1 GG beruhenden Anspruch auf Erteilung der Heilpraktikererlaubnis nicht einschränken. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden, dass die Heilpraktikererlaubnis über die in der Verwaltungsvorschrift genannten Fälle hinaus auf die Ausübung der Ergotherapie bzw. auf die Ausübung der Logopädie beschränkt werden kann (Urt. v. 23.03.2017 - 9 S 1034/15 und 9 S 1899/16 -, jeweils juris).
21 
Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass auch das Gebiet der Chiropraktik, auf dem der Kläger tätig werden will, hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar ist, so dass eine hierauf beschränkte Heilpraktikererlaubnis grundsätzlich erteilt werden kann.
22 
Ein wesentliches Kriterium für die Frage der Abgrenzbarkeit eines bestimmten Gebiets der Heilkunde besteht darin, ob das Berufsbild und die Ausbildung auf diesem Gebiet gesetzlich geregelt sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.2009, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.03.2017, a.a.O.). Dies ist hier nicht der Fall. Auf dem Gebiet der Chiropraktik hat der Gesetzgeber die Ausbildung und die Berufsausübung - zumindest bisher - nicht ausdrücklich normiert. Das Vorhandensein oder Fehlen eines entsprechenden normativen Rahmens kann aber nicht allein ausschlaggebend sein für die Frage einer hinreichenden Abgrenzbarkeit des Gebiets der Heilkunde. Es ist anerkannt, dass Art. 12 Abs. 1 GG nicht nur rechtlich fixierte Berufe schützt, sondern auch neue Berufsbilder, die bisher noch keine gesetzliche Regelung erfahren haben (so schon BVerfG, Urt. v. 11.06.1958, BVerfGE 7, 377). Unter der Geltung des Art. 12 Abs. 1 GG ist es also nicht so, dass der Gesetzgeber neue Berufe erst schafft, diese bilden sich vielmehr frei im gesellschaftlichen Raum und werden dann - sofern ein Regelungsbedürfnis hierfür gesehen wird - vom Gesetzgeber entsprechend normiert. Von daher kann ein eigenständiger Beruf mit einem klar abgrenzbaren Berufsbild auch ohne eine gesetzliche Regelung vorliegen.
23 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist der Chiropraktiker als eigenständiger Beruf mit abgrenzbarem Berufsbild bereits verschiedentlich bejaht worden. So sind schon im Verwaltungsverfahren die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Leipzig (Urt. v. 11.07.2013 - 5 K 1161/11 -, juris) und vor allem des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Urt. v. 27.05.2014 - 4 K 2714/12.F -, juris) erörtert worden. Inzwischen haben sich das Verwaltungsgericht Aachen (Urt. v. 03.03.2016 - 5 K 1114/14 -, juris) und das Verwaltungsgericht München (Urt. v. 18.01.2018 - M 27 K 17.693 -, juris) dem angeschlossen. Auch das erkennende Gericht hält dies für zutreffend.
24 
Aufschlussreich ist für das Gericht in diesem Zusammenhang, dass offensichtlich bereits das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1970 (Urt. v. 25.06.1970, a.a.O.) von einem klar umrissenen Beruf des Chiropraktikers ausging („Unklarheiten darüber, was unter der dem Kläger untersagten chiropraktischen Tätigkeit zu verstehen sei, haften der Verfügung nicht an.“). Auch die WHO, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen für das internationale öffentliche Gesundheitswesen, geht von einem eigenständigen heilkundlichen Beruf des Chiropraktikers aus, denn sie hat im Jahr 2006 Richtlinien zu Mindestanforderungen an das Studium und zur Sicherheit in der Chiropraktik erlassen. Darin sind detaillierte Vorgaben zum Studium der Chiropraktik gemacht worden, die das Berufsbild hinreichend umschreiben und deshalb als wichtige Referenz für Verwaltungsentscheidungen dienen können (vgl. VG Leipzig, Urt. v. 11.07.2013, a.a.O.). Insbesondere enthalten die WHO-Richtlinien auch eine Definition des Begriffs der Chiropraktik, die als international etabliert angesehen werden kann. Danach hat die Chiropraktik die Diagnose, Behandlung und Prävention von funktionellen Störungen des menschlichen Bewegungsapparates zum Gegenstand, wobei vor allem mit den Händen therapiert wird, keine Medikamente verordnet werden und keine chirurgischen Eingriffe vorgenommen werden. Auch das Vorliegen einer solchen allgemein akzeptierten Definition ist in der Rechtsprechung als Kriterium für die Abgrenzbarkeit eines Bereichs der Heilkunde herangezogen worden (vgl. vor allem VG Aachen, Urt. v. 03.03.2016, a.a.O.). In anderen Ländern, wie in den USA, Kanada, Dänemark, Finnland, Island, Liechtenstein, Malta, Norwegen, Zypern, der Schweiz und Großbritannien ist das Berufsbild des Chiropraktors, dessen Ausbildung nach den von der WHO entwickelten Standards erfolgt und ein Vollzeitstudium zwischen 4 und 7 Jahren sowie eine nachfolgende praktische Assistenzzeit umfasst, zudem ausdrücklich gesetzlich geregelt (vgl. VG Frankfurt, Urt. v. 27.05.2014, a.a.O.). Auch in der Bundesrepublik ist die Chiropraktik insoweit etabliert, als es inzwischen zwei Berufsverbände für dieses Gebiet der Heilkunde gibt, nämlich zum einen seit 1980 die Deutsche Chiropraktoren-Gesellschaft e.V. und zum anderen seit 1994 den Bund Deutscher Chiropraktiker e.V. Schließlich ist als weiterer Anhaltspunkt für eine hinreichende Abgrenzbarkeit anzuführen, dass es seit dem Jahr 2011 in der Bundesrepublik Deutschland einen eigenen zertifizierten Studiengang der Chiropraktik mit den Abschlüssen Bachelor und Master an einer staatlich anerkannten privaten Hochschule gibt, nämlich an der Dresden International University (vgl. hierzu VG München, Urt. v. 18.01.2018, a.a.O.).
25 
Nach alledem hat das Gericht keinen Zweifel, dass eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Chiropraktik erteilt werden kann. Die vom beklagten Land gegen diese Einschätzung erhobenen Einwendungen dringen nicht durch. So ist insbesondere nicht erforderlich, dass es keine Überschneidungen zwischen der Chiropraktik und anderen Gebieten der Heilkunde - wie etwa der Physiotherapie - gibt. Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits in der Klagebegründung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Abgrenzbarkeit als Kriterium für die Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis sicherstellen soll, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.03.2017, a.a.O.). Entscheidend ist also nur, ob der Betreffende nach der ihm erteilten beschränkten Heilpraktikererlaubnis einen bestimmten Handgriff vornehmen darf, dagegen kommt es nicht darauf an, ob möglicherweise auch jemand, der eine andere beschränkte Heilpraktikererlaubnis besitzt, den gleichen Handgriff vornehmen darf. Auch das weitere Argument des Beklagten, die Patienten könnten nicht beurteilen, ob eine bestimmte Behandlungstätigkeit zum Bereich der einem Heilbehandler erteilten beschränkten Erlaubnis gehöre, vermag nicht zu überzeugen. Denn maßgeblich ist nicht die subjektive Sicht der Patienten, sondern die nach objektivierten Kriterien vorzunehmende Zuordnung einer bestimmten Behandlungsform zu einem Gebiet der Heilkunde, auch wenn diese Behandlungsform im Einzelfall mehreren Gebieten zugehörig sein mag.
26 
Soweit die Vertreter des beklagten Landes insbesondere in der mündlichen Verhandlung auf praktische Schwierigkeiten verwiesen haben, im Rahmen der Kenntnisüberprüfung für eine beschränkte Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Chiropraktik mangels einer gesetzlich vorgeschriebenen Ausbildung die hinreichende Qualifikation des Bewerbers festzustellen, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich hierbei nicht um ein spezifisches Problem handelt, welches sich allein im Falle der beschränkten Heilpraktikererlaubnis stellen würde. So hat bereits das Bundesverwaltungsgericht in dem schon erwähnten Urteil vom 25.06.1970 - zu einem Zeitpunkt also, als die Rechtsprechung noch davon ausging, die Heilpraktikererlaubnis könne nicht in beschränkter Form erteilt werden - ausgeführt, das Gesundheitsamt werde bei seiner Überprüfung zu berücksichtigen haben, dass sich der dortige Kläger neben seiner nicht unter das Heilpraktikergesetz fallenden Massagetätigkeit seit Jahrzehnten nur auf dem Gebiet der Chiropraktik betätige und auch künftig nur auf diesem Gebiet Heilkunde auszuüben beabsichtige. Ein Nachweis von Kenntnissen und Fähigkeiten, die seine derzeitige und künftige heilkundliche Tätigkeit nicht berührten, dürfe von ihm unter diesen Umständen nicht verlangt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.1970, a.a.O.). Auch wenn man den Kläger daher - wie es die beteiligten Behörden für richtig halten - auf die Beantragung einer umfassenden Heilpraktikererlaubnis verweisen wollte, würde dies nichts daran ändern, dass sich das Gesundheitsamt im Rahmen der Kenntnisüberprüfung einen Eindruck von seiner chiropraktischen Kompetenz verschaffen müsste. Der dadurch entstehende erhöhte Verwaltungsaufwand ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.03.2017, a.a.O.). Sollte das Gesundheitsamt nicht über hinreichende eigene Sachkunde verfügen, um die chiropraktischen Fähigkeiten des Klägers beurteilen zu können, müsste daher für die durchzuführende Kenntnisüberprüfung ggf. externer Sachverstand hinzugezogen werden.
27 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat in einer neueren Entscheidung (Urt. v. 26.01.2017 - 4 K 5923/15 -, juris) die Abgrenzbarkeit des Gebiets der Chiropraktik und damit die Möglichkeit der Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis auf diesem Gebiet verneint, weil es den von den anderen Verwaltungsgerichten hierfür herangezogenen Richtlinien der WHO und den gesetzlichen Regelungen in anderen Ländern an einer Verbindlichkeit in Deutschland fehle. Das Gericht folgt dem nicht, weil die vom Verwaltungsgericht Stuttgart gegebene Begründung letztlich auf einen Zirkelschluss hinausläuft. Hätte der deutsche Gesetzgeber die WHO-Richtlinien oder ausländische Bestimmungen für verbindlich erklärt, bestünde bereits ein normativer Rahmen, so dass an der Abgrenzbarkeit des Gebiets der Chiropraktik kein Zweifel bestünde. Erst das Fehlen eines solchen normativen Rahmens macht den Rückgriff auf weitere Kriterien erforderlich, der aber - wie dargelegt - verfassungsrechtlich angezeigt ist, um dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen.
28 
Kann somit die Heilpraktikererlaubnis auf die Ausübung der Chiropraktik beschränkt werden, sieht sich das Gericht jedoch derzeit gehindert, dem Kläger die von ihm beantragte Erlaubnis ohne vorherige Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt zuzusprechen. Die vom Kläger erfolgreich absolvierte Weiterbildung auf dem Gebiet der Orthopädischen Manuellen Therapie (OMT) ist nach den dem Gericht bislang vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend, um eine Kenntnisüberprüfung entbehrlich zu machen.
29 
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i) HeilprGDV ist die Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt, die auf der Grundlage von unlängst in Kraft getretenen Leitlinien des Bundesministeriums für Gesundheit zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern durchgeführt wird, als Voraussetzung für die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis normiert. Hierauf kann daher nur ausnahmsweise verzichtet werden, wenn die vorliegenden Unterlagen im Einzelfall zweifelsfrei ergeben, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden auch ohne gesonderte Überprüfung keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten würde. Aus dem Umstand, dass es sich bei der Kenntnisüberprüfung um eine Maßnahme der Abwehr von Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter handelt, sowie aus dem bestehenden Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt, dass ein strenger Maßstab geboten ist, um von der gesonderten Kenntnisüberprüfung absehen zu können. Dies gilt für das Gebiet der Chiropraktik wegen der besonderen Gefahrgeneigtheit der chiropraktischen Behandlung umso mehr. So hat schon das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1970 dargelegt, dass es allein im Hinblick auf die nicht unerheblichen Gesundheitsgefahren, die bei mangelhafter Beherrschung der chiropraktischen Technik drohen, gerechtfertigt sei, die rechtmäßige Ausübung der Chiropraktik auch dann von dem Besitz einer Erlaubnis abhängig zu machen, wenn ein Arzt oder Heilpraktiker die chiropraktische Behandlung angeordnet hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.1970, a.a.O.). Anders als etwa Physiotherapie oder Ergotherapie bleibt Chiropraktik also auch dann Ausübung der Heilkunde und wird nicht zu einer erlaubnisfreien Heilhilfstätigkeit, wenn sie auf Anordnung eines Arztes oder Heilpraktikers vorgenommen wird und dieser dem Chiropraktiker vor Behandlungsbeginn die Diagnose mitteilt sowie ggf. weitere Hinweise für die chiropraktische Behandlung aus ärztlicher Sicht gibt. Die vom Regierungspräsidium Freiburg im Widerspruchsbescheid vertretene Auffassung, der Kläger könne in Weisungsabhängigkeit von einem approbierten Arzt seine chiropraktischen Kenntnisse und Techniken schon jetzt an Patienten anwenden, ist daher unzutreffend.
30 
Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag das Gericht nicht festzustellen, dass der Kläger mit den von ihm im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen hinreichende Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der Chiropraktik bereits nachgewiesen hätte. Nach der Einleitung des Curriculums zur OMT-Weiterbildung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Manuelle Therapie e.V. handelt es sich bei der OMT um eine Spezialisierung in der Physiotherapie. Als Zielgruppe werden Physiotherapeuten mit einer abgeschlossenen Weiterbildung in der Manuellen Therapie angesprochen. Der Begriff Chiropraktik ist dagegen in dem Curriculum - zumindest in dem vom Kläger vorgelegten Auszug - nicht enthalten.
31 
Soweit in der Rechtsprechung bisher eine Kenntnisüberprüfung für entbehrlich gehalten wurde, hatten die jeweiligen Bewerber entweder im Ausland ein Vollzeitstudium der Chiropraktik durchlaufen (so in den Fällen, die den Entscheidungen des VG Leipzig, Urt. v. 11.07.2013, a.a.O., und des VG Frankfurt, Urt. v. 27.05.2014, a.a.O., zugrunde lagen) oder sie hatten (so im Fall des VG München, Urt. v. 18.01.2018, a.a.O.) den neuen Studiengang der Chiropraktik an der Dresden International University absolviert. Die Weiterbildung in OMT ist mit diesen Vollzeitstudien der Chiropraktik aber nicht zu vergleichen. So bestehen schon vom Umfang der Ausbildung her gravierende Unterschiede. Während etwa der Studiengang an der Dresden International University 9.000 Stunden umfasst, von denen 7.200 Stunden auf den Bachelor-Studiengang und 1.800 Stunden auf den Master-Studiengang entfallen (vgl. hierzu VG München, Urt. v. 18.01.2018, a.a.O.), beläuft sich die Weiterbildung in OMT ausweislich des Curriculums auf 843 Unterrichtsstunden. Auch inhaltlich weicht die vom Kläger durchlaufene Weiterbildung deutlich von den Studien in Chiropraktik ab. Während die Weiterbildung - wie sich auch schon der Bezeichnung Orthopädische Manuelle Therapie entnehmen lässt - stark an der Orthopädie orientiert ist, ist etwa das Studium in Dresden nach dem dortigen Curriculum sehr viel breiter aufgestellt.
32 
Das Gesundheitsamt wird daher im vorliegenden Fall eine Kenntnisüberprüfung auf dem Gebiet der Chiropraktik durchzuführen haben. Soweit in der Rechtsprechung eine eingeschränkte Überprüfung zugelassen wurde, beruhte dies darauf, dass aufgrund der Ausbildung des Bewerbers auf dem entsprechenden Gebiet der Heilkunde davon ausgegangen werden konnte, dass er die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung aufgrund einer ärztlichen Verordnung hinreichend sicher beherrscht, so dass lediglich die Befähigung zu einer selbständigen Erstdiagnose und damit einer eigenverantwortlichen Tätigkeit in der Kenntnisüberprüfung nachgewiesen werden musste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.03.2017, a.a.O., für den ausgebildeten Logopäden bzw. den ausgebildeten Ergotherapeuten). Da eine chiropraktische Behandlung jedoch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.1970, a.a.O.) nicht in einzelne Funktionen aufgeteilt werden kann, die teils von Ärzten, teils von Chiropraktikern ausgeübt werden, die diagnostische Tätigkeit und die praktische Durchführung der chiropraktischen Handgriffe sich vielmehr nicht voneinander trennen lassen, kommt eine derartige Einschränkung im Prüfungsprogramm der Kenntnisüberprüfung auf diesem Gebiet von vornherein nicht in Betracht.
33 
Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Kenntnisüberprüfung nicht um eine Prüfung im herkömmlichen Sinne handelt, die eine zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringende Prüfungsleistung des Bewerbers zur Voraussetzung hat, sondern um die Umschreibung des Gegenstandes und des Zieles der der Behörde aufgegebenen Sachverhaltsermittlung, wobei die Art der Durchführung ihrem pflichtgemäßen Ermessen anheimgestellt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.01.1993 - 3 C 34/90 -, BVerwGE 91, 356). Bei dieser Sachverhaltsermittlung wird die Behörde zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen. Sollte der Kläger die bisher vorgelegten Unterlagen in einer Weise ergänzen können, die belegt, dass seine Zusatzausbildung in Orthopädischer Manueller Therapie - ggf. im Zusammenwirken mit seiner Ausbildung zum Physiotherapeuten - einem Vollzeitstudium der Chiropraktik doch gleichwertig ist, bedarf es daher nicht zwingend der Durchführung einer schriftlichen und/oder mündlichen Prüfung, sofern das Gesundheitsamt keinen weiteren Aufklärungsbedarf sieht, weil es bereits aus dem ihm dann vorliegenden Unterlagen schließen kann, dass die Ausübung der Heilkunde auf dem Gebiet der Chiropraktik durch den Kläger keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten würde.
34 
Die Kostentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht sieht keinen Anlass, die Entscheidung wegen der Kosten nach § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
35 
Die Berufung wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf das Gebiet der Chiropraktik grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 15. Mai 2018 - 5 K 1027/16

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

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(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis. (2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung vo

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 15. Mai 2018 - 5 K 1027/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 03. März 2016 - 5 K 1114/14

bei uns veröffentlicht am 03.03.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt aufgrund des Urt

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2015 - 9 K 1519/13 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land die Erteilung der Erlaubnis zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf den Bereich der Ergotherapie (sektorale Heilpraktikererlaubnis).
Im Jahre 1989 wurde ihr die Erlaubnis erteilt, eine Tätigkeit unter der damals gesetzlich vorgesehenen Berufsbezeichnung „Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutin“ auszuüben. Im Jahre 2009 erwarb sie den akademischen Grad „Diplom-Ergotherapeutin (FH)“. Sie ist in einer eigenen Praxis tätig.
Mit Schreiben an das Gesundheitsamt beim Landratsamt Karlsruhe vom 05.12.2011 beantragte die Klägerin die Zulassung zur Heilpraktikerprüfung im Bereich Ergotherapie. Mit Schreiben vom 07.09.2012 teilte das Gesundheitsamt ihr mit, dass die Arbeitsgruppe der Obersten Landesgesundheitsbehörden im Einvernehmen aller Bundesländer entschieden habe, dass bundeseinheitlich keine Erlaubnisse für den Bereich Ergotherapie erteilt würden. Ihr Antrag habe somit keine Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin hielt gleichwohl an ihrem Begehren fest. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.09.2012 präzisierte sie ihren Antrag dahingehend, ihr die beschränkte Heilpraktikererlaubnis - vorbehaltlich der erfolgreichen Ablegung der erforderlichen Prüfung - zu erteilen.
Mit Bescheid vom 30.11.2012 lehnte das Gesundheitsamt den Antrag ab, da Ergotherapie in gegenständlicher Sicht nicht hinreichend abgrenzbar sei. Zudem handele es sich dabei nicht um die Ausübung von Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes, da sie keine nennenswerten Gesundheitsgefahren zur Folge haben könne.
Den von der Klägerin gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 05.06.2013, zugestellt am 08.06.2013, mit der Begründung zurück, bei den Tätigkeiten im Bereich der Ergotherapie fehle es in Anbetracht ihres breit gefächerten Einsatzes an der erforderlichen Abgrenzbarkeit. Die Ergotherapie finde Anwendung bei der Wiederherstellung und Förderung eingeschränkter körperlicher und geistiger Fähigkeiten in praktisch allen medizinischen Fachbereichen. Beispielhaft seien die Pädiatrie, Orthopädie, Chirurgie, Innere Medizin, Psychiatrie, Neurologie und die Geriatrie genannt. Die mangelnde Abgrenzbarkeit der Ergotherapie stehe auch der Durchführung einer sektoralen Heilpraktikerprüfung auf diesem Gebiet entgegen. Ob von ergotherapeutischen Behandlungen nennenswerte Gesundheitsgefahren ausgehen könnten, könne dahingestellt bleiben.
Die Klägerin hat am 21.06.2013 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 30.11.2012 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.06.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Ergotherapie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden; hilfsweise festzustellen, dass sie - nach Kenntnisüberprüfung - für selbstständige Behandlungen aus dem Aufgabenkreis der ihr erteilten Erlaubnis zur Ausübung einer Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ einer Heilpraktikererlaubnis nicht bedarf.
Mit Urteil vom 19.03.2015 hat das Verwaltungsgericht der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Das Bescheidungsbegehren sei zulässig und begründet. Die vom Landratsamt für die Versagung der von der Klägerin begehrten Erlaubnis angeführten Gründe erwiesen sich als rechtlich nicht tragfähig. Die Klägerin habe Anspruch auf eine neue Entscheidung.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin sei § 1 Abs. 1 HeilprG in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz (1. DVO - HeilprG). Danach bedürfe der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben wolle. Auf die Erteilung der Erlaubnis bestehe ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO - HeilprG eingreife. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung als erlaubnispflichtige heilkundliche Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes anzusehen. Die Ausübung der Heilkunde umfasse nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt werde. Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG fielen darunter nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Heilbehandlungen, die nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erforderten und gesundheitliche Schäden verursachen könnten. Ärztliche Fachkenntnisse könnten erforderlich sein im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder auch schon im Hinblick auf die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden dürfe, ohne dass der Patient durch die Verrichtung selbst unmittelbar Schaden nehme. Auch Tätigkeiten, die für sich gesehen ärztliche Fachkenntnisse nicht voraussetzten, fielen unter die Erlaubnispflicht, wenn sie nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben könnten. Dazu zählten auch mittelbare Gefährdungen, wenn durch die Behandlung ein frühzeitiges Erkennen ernster Leiden verzögert werde und die Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung nicht nur geringfügig sei. Eine solche Gefahr bestehe dann, wenn die in Rede stehende Heilbehandlung als eine die ärztliche Berufsausübung ersetzende Tätigkeit erscheine. Der Beklagte stelle nicht in Abrede, dass die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung ärztliche Fachkenntnisse erfordere. Dies ziehe auch die Kammer nicht in Zweifel. Die Ausübung einer Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ sei nach § 1 ErgThG erlaubnispflichtig. Die Erteilung der Erlaubnis setze nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErgThG das Bestehen einer nach dreijähriger Ausbildung abzulegenden staatlichen Prüfung für Ergotherapeuten voraus. Die in der dreijährigen Ausbildung vermittelte Fachkunde betreffe ausweislich der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten (ErgThAPrV) in erheblichem Umfang auch spezifisch heilkundliche Kenntnisse, wie sich aus der Anlage 1 ableiten lasse. Diese spezifisch heilkundlichen Kenntnisse seien gemäß §§ 5 f. ErgThAPrV auch Gegenstand des schriftlichen und mündlichen Teils der staatlichen Prüfung. Als Beleg für das Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse bei Durchführung von Maßnahmen der Ergotherapie könne auch die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Heilmittel-Richtlinie - angeführt werden. Gemäß § 35 Abs. 1 der Richtlinie dienten die Maßnahmen der Ergotherapie der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten. Es gehe bei der von der Klägerin angestrebten eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden also bereits im ersten Schritt um die Diagnose krankheitsbedingt gestörter Körperfunktionen, was ohne ärztliche (heilkundliche) Fachkenntnisse nicht möglich erscheine.
Auch die im Anschluss an die Diagnose der Krankheit zu treffende Entscheidung, welche der vielfältigen ergotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen angezeigt sei (vgl. §§ 36 f. der Richtlinie), lasse sich ohne Anwendung der in der Ausbildung zum Ergotherapeuten vermittelten heilkundlichen Kenntnisse nicht sachgerecht treffen. Dass Gegenstand ergotherapeutischer Maßnahmen auch beratende Tätigkeiten - etwa mit Blick auf die Verbesserung der eigenständigen Lebensführung - sein könnten (vgl. § 35 Abs. 3, § 36 f. der Richtlinie), die für sich genommen keine ärztlichen Fachkenntnisse erfordern dürften, ändere, da insoweit nur ein Randbereich der Tätigkeit betroffen sei, nichts an dem grundsätzlichen Erfordernis derartiger Kenntnisse für die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung.
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Die von der Klägerin angestrebte eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung könne auch nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben. Das - hier zu bejahende - Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse für die in Rede stehende Behandlung führe ohne Weiteres zu der Annahme, dass diese Behandlung mit der Gefahr gesundheitlicher Schäden verbunden sei. Denn die Ausübung einer Tätigkeit ohne die hierfür erforderlichen ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse sei a priori geeignet, gesundheitliche Schäden beim Patienten nach sich zu ziehen. Der Einwand des Beklagten, die Ergotherapie biete so gut wie keine Risiken, wenn sie von einem gut ausgebildeten Therapeuten durchgeführt werde, gehe von einem unzutreffenden rechtlichen Ansatz aus. Bei der Frage nach der Gefahrengeneigtheit der Tätigkeit seien die durch eine Ausbildung vermittelten ärztlichen Fachkenntnisse auszublenden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ergotherapeutische Maßnahmen als solche keinen Gesundheitsschaden hervorrufen könnten, was zweifelhaft erscheine, lasse sich jedenfalls eine mittelbare Gesundheitsgefährdung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Abrede stellen. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung setze die Diagnose der Krankheit voraus, die zu der jeweils in Rede stehenden körperlichen oder geistigen Störung führe. Dies impliziere die Gefahr einer Fehldiagnose und infolgedessen die Verzögerung eines rechtzeitigen Erkennens ernster Leiden. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen mittelbaren Gefährdung erscheine auch nicht als nur geringfügig. Entgegen der Auffassung des Landratsamts sei es nicht völlig fernliegend, dass Patienten mit gravierenden Krankheiten sich bei Auftreten von Störungen ihrer motorischen oder kognitiven Funktionen statt in ärztliche in ergotherapeutische Behandlung begäben. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn sich die gravierende Krankheit in ihrem Frühstadium befinde und noch nicht zu Symptomen geführt habe, die das Aufsuchen eines Arztes als vorrangig erscheinen ließen. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung sei somit eine erlaubnispflichtige heilkundliche Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes.
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Die Erlaubnispflicht nach diesem Gesetz entfalle nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Ergotherapeutin sei. Für die Berufsgruppe der ausgebildeten Physiotherapeuten, die im Besitz einer nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 MPhG erteilten Erlaubnis seien, habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass diese Erlaubnis nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde berechtige. Zur Begründung habe das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, das Berufsrecht unterscheide zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche und seelische Leiden behandeln dürften (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt seien. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Physiotherapeuten zähle zu der zweiten Gruppe. Zur weiteren Begründung habe das Bundesverwaltungsgericht auf die in § 8 MPhG genannten Ausbildungsziele sowie auf die diesbezügliche Gesetzesbegründung verwiesen. Daraus sei abzuleiten, dass der für Physiotherapeuten vorgesehene Unterrichtsstoff die der ärztlichen Diagnose nachgelagerte Heilmittelerbringung, nicht aber die eigenverantwortliche Entscheidung darüber betreffe, ob ein bestimmtes Leiden überhaupt durch eine Behandlungsmethode der Physiotherapie kuriert werden könne. Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe seien auch Ergotherapeuten zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt. Die ihnen nach dem Ergotherapeutengesetz erteilte Erlaubnis berechtige also nicht zur Ausübung der Heilkunde.
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Das Ergotherapeutengesetz definiere allerdings nicht eigenständig, wozu die Ausbildung zum Ergotherapeuten befähigen solle. Hinsichtlich der Mindestanforderungen an die Ausbildung verweise § 5 ErgThG auf die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Deren Auswertung ergebe, dass die Ausbildungsinhalte jedenfalls keine hinreichenden Kenntnisse und Fähigkeiten für eine Erstdiagnose vermittelten. Diagnostische Maßnahmen würden lediglich in § 5 ErgThAPrV, betreffend den schriftlichen Teil der Prüfung angesprochen. Gegenstand dieses Teils der Prüfung sei danach unter anderem die spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen. Der mündliche Teil (§ 6) der Prüfung betreffe Kenntnisse und Fähigkeiten in der Befunderhebung jedenfalls nicht explizit; der praktische Teil (§ 7) habe derartige Kenntnisse und Fähigkeiten nur am Rande zum Gegenstand (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 2, wonach die im Rahmen des praktischen Teils der Prüfung durchzuführende ergotherapeutische Behandlung auf der Grundlage eines schriftlichen Prüfungsberichts beruhe, der - auch - die ergotherapeutische Befunderhebung betreffe). Dies sei weniger, als die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten dem Prüfling abverlange. Die Befunderhebung sei nämlich Bestandteil der Ausbildung zum Physiotherapeuten (vgl. Teil A Nr. 15 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten). Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 dieser Verordnung sei im praktischen Teil der Prüfung an einem Patienten aus verschiedenen medizinischen Fachgebieten je eine Befunderhebung durchzuführen, zu bewerten und zu dokumentieren. Wenn dies nach der Rechtsprechung nicht ausreiche, um bei Physiotherapeuten bereits aufgrund der ihnen erteilten Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Physiotherapeut von hinreichenden Kenntnissen und Fähigkeiten für eine Erstdiagnose auszugehen, seien - erst recht - Ergotherapeuten nicht bereits aufgrund ihrer Ausbildung zur eigenverantwortlichen Behandlung körperlicher oder seelischer Leiden befähigt.
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Auch ein Blick auf die Gesetzeshistorie belege, dass es sich bei dem Beruf des Ergotherapeuten um einen sogenannten Heilhilfsberuf oder Gesundheitsfachberuf handele, dessen Angehörige zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt seien. Vorläufer des Ergotherapeutengesetzes sei das Gesetz über den Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten vom 25.05.1976 (BGBl. I S. 1246) gewesen. Nach dem Entwurf der Bundesregierung zu diesem Gesetz (BT-Drs. 7/3113, S. 7) handele es sich bei dem Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten um einen nichtärztlichen Heilberuf, wobei, wie aus den weiteren Ausführungen (S. 7, dort letzter Absatz) deutlich werde, der Gesetzentwurf die Begriffe Heilberuf und Heilhilfsberuf synonym verwende. Aus der Begründung zu § 1 des Entwurfs (BT-Drs. 7/3113, S. 8) gehe diese dienende Funktion des Therapeuten deutlich hervor; denn es heiße dort: „Der Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut übt seine Tätigkeit unter ärztlicher Anleitung an körperlich und geistig behinderten Menschen aus ...“. An dieser berufsrechtlichen Einstufung habe sich durch die späteren Änderungen des Gesetzes nichts geändert. Die mit Wirkung zum 01.01.1999 erfolgte Ersetzung der Berufsbezeichnung „Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut“ durch die Bezeichnung „Ergotherapeut“ sei in diesem Zusammenhang ohne Belang. Auch die die Ausbildung und Prüfung der Ergotherapeuten betreffende Rechtsverordnung habe sich im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang nicht erheblich geändert. Mit Blick auf die Vermittlung von Fähigkeiten für eine Erstdiagnose seien die Anforderungen an den Auszubildenden und Prüfling im Wesentlichen unverändert geblieben, wie die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten vom 23.03.1977 (BGBl. I S. 509) belege.
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Ebenso wenig wie bei Physiotherapeuten bedeute die nach alledem anzunehmende Ausgestaltung des Berufsbildes der Ergotherapeuten als Heilhilfsberuf allerdings keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Für eine derartige Sperre sei auch dem Ergotherapeutengesetz nichts zu entnehmen. Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Ergotherapie bleibe unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Dass die Heilpraktikererlaubnis anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar sei, die von der Klägerin begehrte sektorale Heilpraktikererlaubnis also grundsätzlich rechtlich in Betracht komme, sei in der Rechtsprechung geklärt. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung sei zum Schutz der Volksgesundheit nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben wolle.
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Der Bereich der Ergotherapie sei hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar. Ohne Erfolg stelle der Beklagte dies unter Hinweis auf den ganzheitlichen Ansatz der Ergotherapie in Abrede. Seiner Auffassung, anders als bei der Psychotherapie und Physiotherapie fehle es an einem bestimmten und bestimmbaren Kreis von Leiden, die zu heilen in die Kompetenz des Ergotherapeuten fielen, sei unter entsprechender Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Physiotherapeuten entgegenzuhalten, dass zwar die Ursachen für Störungen, deren Behebung in die Zuständigkeit des Ergotherapeuten falle, vielfältig sein könnten, und dass die Erstdiagnose der für die Störung ursächlichen Krankheit über ein einzelnes Fachgebiet der Medizin hinausgehende Kenntnisse erfordern könne, dass dies für die Abgrenzbarkeit der Erlaubnis aber noch nichts besage. Was den Bereich der Physiotherapie betreffe, sehe das Bundesverwaltungsgericht keine Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen. Aus der Vielfalt der Ursachen für vom Physiotherapeuten zu behandelnde Störungen ergäben sich nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieform. Bei der Ergotherapie verhalte es sich letztlich nicht anders; auch ihr Bereich sei hinreichend abgrenzbar. Ausschlaggebend für diese Einschätzung sei, dass der Tätigkeitsumfang des Ergotherapeuten durch die Benennung der für ihn maßgeblichen Behandlungsverfahren in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) und die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung im Einzelnen aufgeführten Ausbildungsinhalte präzise genug definiert sei. Es handele sich bei der Ergotherapie zudem - wie auch bei der Physiotherapie - um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie).
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Angesichts dieses normativen Rahmens sei nicht zu befürchten, dass in der Praxis nicht auflösbare Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Ergotherapie zähle oder nicht; eine Abgrenzung der Tätigkeiten, die ein nur für die Ergotherapie zugelassener Heilpraktiker durchführen dürfe, von denen, die ihm verboten seien, erscheine möglich. Da die Klägerin bereit sei, sich einer Kenntnisüberprüfung zu unterziehen, bedürften die insoweit zu stellenden Anforderungen im vorliegenden Verfahren keiner Klärung. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, dass, wie der Beklagte geltend mache, eine einigermaßen klar umrissene Kenntnisüberprüfung bei Ergotherapeuten nicht möglich sei. Ohnehin habe eine derartige Kenntnisüberprüfung nicht formalisiert, sondern unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls zu erfolgen.
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Der Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Hierzu führt er aus, bei der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden handele es sich nicht um eine heilkundliche Tätigkeit im Sinne des § 1 HeilprG. Es fehle an dem Merkmal nennenswerter Gesundheitsgefahren. Ferner sei der Bereich der Ergotherapie nicht hinreichend abgrenzbar, so dass eine sektorale Heilpraktikerbefugnis für diesen Bereich nicht erteilt werden könne.
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Richtigerweise schränke das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit des § 1 HeilprG auf solche Heilbehandlungen ein, die nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erforderten und gesundheitliche Schäden verursachen könnten. Es sei unstreitig, dass die eigenverantwortliche Anwendung eines Teils der ergotherapeutischen Methoden heilkundliche Fachkenntnisse erfordere. Dies gelte jedoch nicht für alle ergotherapeutischen Behandlungen. Der überwiegende Teil erfordere nur eingeschränkte beziehungsweise keine spezifischen heilkundlichen Fachkenntnisse.
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Dies ergebe sich schon aus den Methoden und den Zielsetzungen der Ergotherapie im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes. Dieser gehe aus § 35 der Heilmittel-Richtlinie ebenso hervor wie aus der vom Vorstand des Deutschen Verbandes der Ergotherapeuten e.V. (DVE) am 09.08.2007 beschlossenen Definition der Ergotherapie, die laute: „Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist, sie bei der Durchführung für sie bedeutungsvoller Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken. Hierbei dienen spezifische Aktivitäten, Umweltanpassung und Beratung dazu, dem Menschen Handlungsfähigkeit im Alltag, gesellschaftliche Teilhabe und eine Verbesserung seiner Lebensqualität zu ermöglichen.“
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Ebenso betonten internationale Definitionen der Ergotherapie deren ganzheitlichen Ansatz, der überwiegend jenseits des Krankheitsbegriffs des Heilpraktikergesetzes liege: So habe der Weltverband der Ergotherapeuten (World Federation of Occupational Therapists - WFOT) von allen seinen Mitgliedsländern entsprechende Definitionen gesammelt. Die Definition der Ergotherapie, auf die sich das Council Meeting der WFOT 2005 geeinigt habe, laute in der Übersetzung (WFOT 2005 - entnommen Scheepers C et al: Ergotherapie, Vom Behandeln zum Handeln, 5. Aufl. 2015, S. 3-4): „Ergotherapie ist ein Beruf, der mit der Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden durch Betätigung (occupation) befasst ist. Das primäre Ziel der Ergotherapie ist es, Menschen zu ermöglichen, an Aktivitäten des täglichen Lebens teilzunehmen. Ergotherapeuten erreichen dies dadurch, dass sie Menschen befähigen, Dinge zu tun, die ihre Fähigkeiten zur Teilnahme (an Aktivitäten) erweitern, oder indem sie die Umwelt modifizieren, um eine Teilnahme (am Lebensalltag) besser zu unterstützen... Ergotherapeuten glauben, dass Partizipation (Teilnahme am Leben) unterstützt oder eingeschränkt werden kann durch die physische und soziale Umwelt und deren Einstellungen und gesetzliche Bedingungen der Umwelt. Deshalb ist die ergotherapeutische Praxis darauf ausgerichtet, Aspekte der Umwelt zu verändern, um eine Partizipation zu erweitern. Ergotherapie wird in vielen Bereich praktiziert, eingeschlossen Kliniken, Gesundheitszentren, Heime, Arbeitsplätze, Schulen und Seniorenheime. Die Klienten sind aktiv in den therapeutischen Prozess involviert und die Ergebnisse der Therapie sind individuell, klientengesteuert und werden an Begriffen von Partizipation(smöglichkeiten) und Zufriedenheit mit der Teilnahme (an Aktivitäten) gemessen.“ Bei einem so weitläufigen und ganzheitlichen Ansatz liege es auf der Hand, dass die Ergotherapie in großen Teilen keine speziellen medizinischen Fachkenntnisse erfordere.
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Zu dem gleichen Ergebnis komme man, wenn man sich die konkreten ergotherapeutischen Mittel und Verfahren ansehe. Beschrieben seien diese in der Anlage 1 Teil A Nr. 13 ff. zu § 1 Abs. 1 ErgThAPrV: handwerkliche und gestalterische Techniken mit verschiedenen Materialien (Nr. 13), Spiele, Hilfsmittel, technische Medien (Nr. 14), arbeitstherapeutische Verfahren (Nr. 20), adaptierte Verfahren (Nr. 21). Auch für die ergotherapeutischen Maßnahmen, die der Bundesverband für Ergotherapeuten in Deutschland e.V. (BED) in seiner „Patienteninformation zur Ergotherapie" aufzähle, seien keine medizinischen Fachkenntnisse erforderlich.
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Sowohl die Zielsetzung der Ergotherapie, wie sie sich aus § 35 Heilmittel-Richtlinie und der Definition des Berufsverbandes DVE ergebe, als auch der Blick auf die konkreten Hilfsmittel und Verfahren, wie sie sich aus der Anlage zur ErgThAPrV ergäben, zeigten somit, dass für den überwiegenden Teil der Ergotherapie nur eingeschränkte beziehungsweise keine spezifischen heilkundlichen bzw. ärztlichen Fachkenntnisse erforderlich seien.
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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bestünden bei ergotherapeutischen Behandlungen auch keine nennenswerten Gesundheitsgefahren, weder unmittelbar noch mittelbar. Zu beachten sei dabei, dass ein nur geringfügiges Gefahrenmoment nicht ausreichend sei, um die Erlaubnispflicht auszulösen, weil diese Rechtsfolge für Verrichtungen, die keine nennenswerten Gesundheitsgefahren zur Folge haben könnten, unverhältnismäßig wäre. Zum Beweis der medizinisch-fachlichen Tatsache, dass ergotherapeutische Behandlungen keine nennenswerten Gesundheitsgefahren im Sinne des Heilpraktikergesetzes zur Folge haben könnten, werde angeregt, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
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Ergotherapeutische Maßnahmen hätten keine unmittelbaren Gesundheitsgefahren zur Folge. Besonders die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Herleitung der Gesundheitsgefahren aus dem Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse sei unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssten die Merkmale ärztliche Fachkenntnisse und Gesundheitsgefahren kumulativ vorliegen, nicht alternativ. Würde die Notwendigkeit ärztlicher Fachkenntnisse automatisch bei jedem Gesundheitsfachberuf die Annahme potentiell gefährlicher Behandlungsmethoden bedeuten, hätte die Rechtsprechung die Merkmale nicht mit einem „und“ verknüpft, sondern mit einem „oder“ und damit alternativ. Auch der erkennende Senat gehe in seinem Urteil vom 19.03.2009 (9 S 2518/08) davon aus, dass es heilkundliche Tätigkeiten geben könne, für die zwar ärztliche Fachkenntnisse erforderlich seien, die aber dennoch nicht zwangsläufig Gesundheitsgefahren zur Folge haben müssten. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse „ohne Weiteres“ dazu führe, die Behandlung sei mit der Gefahr gesundheitlicher Schäden verbunden, widerspreche somit obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung und sei überdies sachlich nicht gerechtfertigt.
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Auch der Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, dass bei der Prüfung der Gefahrengeneigtheit der Tätigkeit die durch eine Ausbildung vermittelten ärztlichen Fachkenntnisse auszublenden seien, gehe fehl. Der erkennende Senat habe in seinem Urteil vom 19.03.2009 die Berufsausbildung explizit in seinen Leitsatz aufgenommen: „Die Berufsausübung eines nach § 1 Nr. 1 MPhG zugelassenen Masseurs und medizinischen Bademeisters stellt keine Ausübung der Heilkunde im Sinne des § 1 Abs. 2 HeilprG dar.“
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Weiter bejahe das Verwaltungsgericht auch eine mittelbare Gefahr und führe aus, es sei nicht völlig fernliegend, dass Patienten mit gravierenden Krankheiten sich bei Auftreten von Störungen ihrer motorischen oder kognitiven Funktionen statt in ärztliche zunächst in ergotherapeutische Behandlung begäben. Dies könne insbesondere der Fall sein, wenn sich die gravierende Erkrankung im Frühstadium befinde und noch nicht zu Symptomen geführt habe, die das Aufsuchen eines Arztes vorrangig erscheinen ließen. Dies widerspreche der Lebensrealität. Bei der Vielzahl der durch die Ergotherapie ergänzend oder in selteneren Fällen ausschließlich zu behandelnden Gesundheitsstörungen sei nicht davon auszugehen, dass der Ergotherapeut im Erstkontakt aufgesucht werde. Bei den Physiotherapeuten sei die Sachlage anders und nicht vergleichbar: Dass ein Physiotherapeut insbesondere bei unspezifischen Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden als Erstkontakt aufgesucht werde und dadurch eine mittelbare Gesundheitsgefahr eintreten könne (z.B. bei Bandscheibenvorfällen mit neurologischen Symptomen; bei Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden mit einhergehenden Infektionserkrankungen etc.) sei plausibel und erfahrungsgemäß auch nicht selten. Im Gegensatz dazu werde die Ergotherapie, insbesondere auch bei den von der Klägerin vorgetragenen gravierenden Krankheitsbildern beziehungsweise deren Frühstadien, in aller Regel als Behandlungsmöglichkeit erst nach ärztlicher Diagnose und aufgrund ärztlicher Initiative ergriffen.
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Unzutreffend sei auch, dass der Bereich der Ergotherapie ausreichend ausdifferenziert und abgrenzbar sei. Für die Prüfung der Abgrenzbarkeit sei maßgeblich, warum und unter welchem Gesichtspunkt die Abgrenzbarkeit für die Frage der Heilpraktikererlaubnis überhaupt relevant sei. Es gehe darum, inwieweit die für den regulären Heilpraktiker erforderliche Kenntnisüberprüfung eingeschränkt werden könne und aus Verhältnismäßigkeitserwägungen eingeschränkt werden müsse, weil der Antragsteller nur in einem abgrenzbaren Gebiet tätig werden wolle. Die Frage der Abgrenzbarkeit müsse in zwei Schritten geprüft werden: Zunächst stelle sich die Frage, inwieweit die Ergotherapie ein medizinisch-fachlich abgrenzbares Gebiet darstelle. Falls man eine solche inhaltliche Abgrenzbarkeit bejahe, müsse im zweiten Schritt die Frage gestellt werden, inwieweit dies Auswirkungen auf die Kenntnisüberprüfung habe, ob also auch die Überprüfung und damit die spätere Erlaubnis abgrenzbar sei und auf das fragliche Gebiet beschränkt werden könne. Danach sei die Ergotherapie inhaltlich nicht hinreichend abgrenzbar.
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Die Ergotherapie finde bei einer Vielzahl von Leiden mit einer Vielzahl von Therapieformen Anwendung, und zwar aus den unterschiedlichsten medizinischen Fachbereichen. Als Beleg hierfür sei auf die Heilmittel-Richtlinie zu verweisen: Die dort in den §§ 36-40 genannten und nicht näher spezifizierten Behandlungsmethoden reichten von motorisch-funktioneller Behandlung, sensomotorisch-perzeptiver Behandlung, Hirnleistungstraining/neuropsychologisch orientierter Behandlung, psychisch funktioneller Behandlung bis hin zu Thermotherapie. In der Anlage 1 zur ErgThAPrV würden zwar ergotherapeutische Mittel und Verfahren aufgezählt. Die Bezeichnungen seien aber oftmals unspezifisch, einzelne Behandlungsverfahren würden nicht näher bestimmt. Nach dem gegenwärtigen Entwicklungsstand des Berufsbildes fehle insbesondere den Randbereichen der beruflichen Tätigkeit die notwendige Schärfe.
29 
Zur Konkretisierung der Ergotherapie dürfe auch nicht einseitig auf einzelne Teile der Anlage 1 ErgThAPrV abgehoben werden. Zu berücksichtigen sei die gesamte Verordnung. Insbesondere Nr. 13 und 14 beschrieben die sehr vielfältigen Mittel der Ergotherapie, die einer Abgrenzung nicht zugänglich seien. Darüber hinaus verdeutlichten die dort genannten Mittel den erheblichen Anteil nicht heilkundlicher Tätigkeiten von Ergotherapeuten, welcher wesentlich weiter sei als der von Physiotherapeuten oder Podologen. Insbesondere die in Nr. 13 und 14 der Anlage 1 ErgThAPrV genannten ergotherapeutischen Mittel seien grundsätzlich nicht in der Lage, die Gesundheit eines Patienten zu gefährden. Auch bezüglich der Nr. 15 bis 22 der Anlage 1 ErgThAPrV gelte, dass diese zahlreiche Tätigkeiten außerhalb des heilkundlichen Bereichs beträfen, welche nicht hinreichend abgrenzbar seien. Insbesondere seien auch arbeitstherapeutische Verfahren Gegenstand der Ergotherapie. Diese Verfahren fielen nicht in den heilkundlichen Sektor. Unter die Punkte der Prüfungsordnung lasse sich eine unübersehbare Anzahl „ergotherapeutischer“ Verfahren subsumieren. Es bliebe jedoch unklar, welche konkreten Tätigkeiten von der Erlaubnis umfasst wären und welche nicht. Hierbei sei stets zu berücksichtigen, dass Verstöße gegen das Heilpraktikergesetz strafbewehrt seien (§ 5 HeilprG). Würde man den gesamten Bereich der Ergotherapie pauschal unter Heilpraktikervorbehalt stellen, würde der Bereich der Strafbarkeit unzulässig ausgeweitet. Es käme zu unzumutbaren Rechtsunsicherheiten für Ergotherapeuten ohne sektorale Zulassung beziehungsweise für Dritte, die angrenzende Verfahrenstechniken - nicht heilkundlicher Natur - anböten.
30 
Für den Bereich der Physiotherapie und der Podologie sei die Abgrenzbarkeit dagegen gegeben, weil sowohl der Kreis der Leiden als auch der Kreis der Therapien klar bestimmt sei. So seien in der Physiotherapie die Leiden auf den Stütz- und Bewegungsapparat begrenzt und die anzuwendenden Methoden unter den Oberbegriffen krankengymnastische Behandlungstechniken, Massagetherapie, Elektro-, Licht-, und Strahlentherapie und Hydro-, Balneo-, Thermo- und Inhalationstherapie mit den dazu gehörenden Therapieverfahren in der PhysThAPrV (Anlage 1 Nr. 16-20) aufgezählt. Bei der Ergotherapie fehle es an einer solchen klaren Begrenzung von Leiden und Therapieformen. In der Praxis werde schon eine Abgrenzung ergotherapeutischer zu physiotherapeutischen oder psychotherapeutischen Verfahren praktisch unmöglich sein.
31 
Anders als die Berufsgesetze der Physiotherapeuten und Podologen definiere das Ergotherapeutengesetz zudem nicht, wozu die Ausbildung zum Ergotherapeuten befähigen solle. Hinsichtlich der Mindestanforderungen an die Ausbildung verweise § 5 ErgThG lediglich auf die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Die Inhalte der Berufsausbildung müssten jedoch nicht deckungsgleich mit dem Berufsbild sein. So könnten Weiterbildungen erst nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgen. Aus diesem Grund sei allein das Vorliegen der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung kein wesentliches Argument für die Abgrenzbarkeit der Ergotherapie. Dort würden zwar Verfahren genannt, die in den Bereich der Ergotherapie fielen. Darüber hinaus kämen jedoch noch weitere Verfahren in Betracht. Dies werde durch die Internetpräsenz der Klägerin bestätigt. Diese führe dort unter dem Menüpunkt „Ergotherapie“ folgende Punkte auf: „Pädiatrie, Neurologie, Geriatrie, Psychiatrie“. Neben der Ergotherapie (nicht als deren Unterpunkt) nenne sie: „Benaudira, Neurofeedback, Schwerpunkt ADS, Handtherapie, Palliativbereich, tiergestützte Therapie“. Da die Klägerin als Ergotherapeutin ausschließlich dazu berechtigt sei, Ergotherapie im Delegationsverfahren als heilkundliches Verfahren auszuüben, sei zu ihren Gunsten anzunehmen, dass diese Verfahren ebenfalls in den Bereich der Ergotherapie fielen. Dies dokumentiere anschaulich die Unmöglichkeit einer Abgrenzbarkeit der Verfahren. Gleiches gelte für die weiteren Angaben der Klägerin. Diese bezeichne sich auf ihrer Internetseite wie folgt: „Dipl.-Ergotherapeutin, SI-Therapeutin, ADS-Coach, Syst Therapeutin, NFB-Trainerin, Weiterbildung: tiergestützte Therapie (3-jährige Ausbildung), Legasthenietrainer, Entspannungstrainer, Rückenschulleiter, systemische Therapie, NFB, Schwerpunkt: Familientherapie, Gesprächstherapie, NFB.“ Insbesondere die genannten Weiterbildungen illustrierten, dass das Berufsbild des Ergotherapeuten aufgrund der Vielzahl der einschlägigen und angrenzenden Verfahren durch den Ausübenden individuell gestaltet werden könne.
32 
Auch zum Beweis der medizinisch-fachlichen Tatsache, dass das Gebiet der Ergotherapie inhaltlich nicht hinreichend abgrenzbar sei, werde angeregt, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
33 
Selbst wenn man die Auffassung vertrete, dass für die Ergotherapie sowohl der Kreis der Leiden als auch der Kreis der Therapien bestimmt beziehungsweise bestimmbar seien, sei jedenfalls der Umfang so groß, dass Kenntnisse in einem Ausmaß abgeprüft werden müssten, die einer vollen Heilpraktikerprüfung gleich kämen. Es handele sich gerade nicht nur um eine kleine, näher bestimmte Teilmenge, die eine sektorale Heilpraktikererlaubnis und infolgedessen eine eingeschränkte Kenntnisüberprüfung wie bei den Physiotherapeuten rechtfertigen würde. Unter der - ausdrücklich bestrittenen - Annahme, dass ergotherapeutische Behandlungen gefährlich sein könnten, gebiete es der Schutzzweck des Heilpraktikergesetzes - nämlich der Schutz der Volksgesundheit und Schutz vor ungeeigneten Heilbehandlern - dann geradezu, eine vollumfassende Heilpraktikerüberprüfung durchzuführen. Aufgrund der Vielzahl der Therapieformen für eine Vielzahl von Leiden sei die Ergotherapie als eine so umfangreiche Behandlungsform einzustufen, dass eine sinnvolle Abgrenzung und Einschränkung der erforderlichen und abzuprüfenden Kenntnisse nicht möglich sei und aus Verhältnismäßigkeitserwägungen auch nicht geboten erscheine.
34 
Der folgenden Aussage des Senats aus seinem Urteil vom 19.03.2009 (9 S 2518/08) sei beizupflichten: „Die weitere Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis führte daher im Ergebnis zur Einführung oder jedenfalls Ausdehnung der sektoralen Kurierfreiheit, was dem Anliegen des Heilpraktikergesetzes diametral entgegensteht und mit dem Standard anderer europäischer Staaten kaum in Einklang gebracht werde kann.“ Zudem greife das Heilpraktikergesetz das Bedürfnis in der Bevölkerung nach naturheilkundlichen Behandlungsformen auf. Es solle verhindern, dass diese Behandlungsformen - die von Ärzten überwiegend nicht angeboten würden - in den Bereich des Illegalen fielen. Das Heilpraktikergesetz diene jedoch nicht dazu, einem staatlich reglementierten Gesundheitsfachberuf einen eigenständigen Berufszugang zu ermöglichen.
35 
Ein gesetzlich fixiertes Berufsbild des Ergotherapeuten bestehe nicht. Vielmehr sei das tatsächlich existente Berufsbild maßgeblich. Nach diesem faktischen Begriff der Ergotherapie berieten und behandelten Ergotherapeuten Personen, die Einschränkungen im Bereich der Motorik, der Sinnesorgane oder der geistigen oder psychischen Fähigkeiten hätten. Daneben gäben sie Anregungen und Anleitungen zur Gestaltung des Arbeitsplatzes. Ziel sei die Ermöglichung lebenspraktischer Fähigkeiten oder die Rückkehr in den Berufsalltag. Bei ihrer Tätigkeit wirkten sie überwiegend nicht selbst auf den Körper des Patienten ein. Vielmehr beschränke sich ihre Arbeit in der Regel auf eine Anleitung des Patienten im Rahmen ergotherapeutischer Verfahren. Das Berufsbild des Ergotherapeuten vereine in seinen Bestandteilen verschiedene wissenschaftliche Disziplinen. Hiermit korrespondiere eine Vielfalt der Berufsbilder innerhalb des Bereichs der Ergotherapie, welche jedoch nicht sämtlich heilkundlicher Natur seien. Integraler Bestandteil der Ergotherapie seien handwerkliche Tätigkeiten wie beispielsweise Basteln und Kochen. Einzelne „ergotherapeutische“ Verfahren könnten unter dem Vorbehalt des Heilpraktikergesetzes stehen; die Ergotherapie als solche sei jedoch kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis. Eine sektorale Heilpraktikerzulassung für Ergotherapie würde die Patientensicherheit massiv gefährden. Eine sorgfältige Überprüfung von sektoralen Heilpraktikeranwärtern sei in der Praxis kaum möglich. Mit einer solchen Erlaubnis wäre eine bundesweite Tätigkeit möglich; auch in Bundesländern, die eine sektorale Heilpraktikerzulassung für Ergotherapeuten ablehnten.
36 
Der Beklagte beantragt,
37 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2015 - 9 K 1519/13 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
38 
Die Klägerin beantragt,
39 
die Berufung zurückzuweisen,
40 
hilfsweise festzustellen, dass sie für selbstständige Behandlungen aus dem Aufgabenkreis der ihr erteilten Erlaubnis zur Ausübung einer Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ einer Heilpraktikererlaubnis nicht bedarf.
41 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen des Beklagten im Einzelnen entgegen.
42 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Karlsruhe und des Regierungspräsidiums Karlsruhe sowie die Prozessakten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (jeweils ein Band) vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
43 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
44 
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Ergotherapie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
45 
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, BVerwGE 134, 345, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, 358).
46 
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. Soweit sich der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 19.03.2009 - 9 S 1413/08 -, MedR 2009, 610, zu Physiotherapeuten) etwas Entgegenstehendes entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.
47 
a) Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.08.2009, a.a.O., und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, BVerwGE 66, 367, 369).
48 
Die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass sie heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzt. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Ergotherapeuten ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten - ErgThG - vom 25.05.1976 (BGBl. I 1976 S. 1246), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten - ErgThAPrV - vom 02.08.1999 (BGBl. I 1999 S. 1731), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.04.2016 (BGBl. I S. 886), abzustellen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErgThG wird die Erlaubnis, eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ auszuüben, erteilt, wenn der Antragsteller (unter anderem) nach einer dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung für Ergotherapeuten bestanden hat. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV auf folgende Fächergruppen: 1. Allgemeine Krankheitslehre; Spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie psychosoziale Aspekte; Grundlagen der Arbeitsmedizin; 2. Psychologie und Pädagogik; Behindertenpädagogik; Berufs-, Gesetzes- und Staatskunde; 3. Motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren; Neurophysiologische Behandlungsverfahren; Neuropsychologische Behandlungsverfahren; Psychosoziale Behandlungsverfahren; Arbeitstherapeutische Verfahren. Die dreijährige Ausbildung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten umfasst nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV mindestens den in der Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 2.700 Stunden und die aufgeführte praktische Ausbildung von 1.700 Stunden. Der Unterrichtsteil beinhaltet neben allgemeiner und spezieller Krankheitslehre zum Beispiel je 100 Stunden motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren (A Nr. 16), neurophysiologische Behandlungsverfahren (A Nr. 17) sowie neuropsychologische Behandlungsverfahren (A Nr. 18). Die praktische Ausbildung im motorisch-funktionellen, neurophysiologischen oder neuropsychologischen Bereich beläuft sich auf 400 Stunden (B Nr. 2). Diese normative Ausprägung des Berufsbildes des Ergotherapeuten lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis heilkundlicher Fachkenntnisse schließen. Nicht zuletzt manifestiert sich darin ein zeitlich wie inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand (vgl. zu diesem Aspekt OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 -, NJW-RR 2016, 109, 110).
49 
Zusätzlich zum Berufsrecht kann zur Bestimmung des Berufsbildes auch auf andere gesetzliche Regelungen der Ergotherapie - namentlich auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (vgl. ferner zum Beihilferecht §§ 23, 24 BBhV mit den Anlagen 9 und 10) - abgestellt werden. Insbesondere ist mit in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Ergotherapie um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend (vgl. zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 8/16, § 92 SGB V Rn. 3 ff., m.w.N.). Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu.
50 
Nach § 35 Abs. 1 dienen die Maßnahmen der Ergotherapie der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten. Sie bedienen sich komplexer aktivierender und handlungsorientierter Methoden und Verfahren (§ 35 Abs. 2). Die §§ 36 ff. befassen sich mit einzelnen Behandlungsmethoden und therapieergänzenden Maßnahmen. In der Anlage 1 werden zudem - einem negativen Ansatz folgend - nichtverordnungsfähige Heilmittel aufgezählt. Auch die Anlage 2 (Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf nach § 32 Abs. 1a SGB V) befasst sich im Einzelnen mit Fragen der Zuordnung zur Ergotherapie. Im Zweiten Teil (sog. Heilmittelkatalog) findet sich die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Hierbei werden detailliert Diagnosegruppen, funktionelle/strukturelle Schädigungen, Leitsymptomatiken, Ziele der Ergotherapie und entsprechende Heilmittelverordnungen zueinander in Beziehung gesetzt. In diesem Rahmen werden auch schwerstwiegende Erkrankungen thematisiert und mit komplexen Behandlungsmethoden in Verbindung gebracht. Dies verdeutlicht umso mehr, dass die selbstständige Ausübung von Ergotherapie heilkundliche Fachkenntnisse erfordert.
51 
Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis. Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren (vgl. zu deren hohem Rang als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192, und vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181, 194; Senatsurteil vom 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, MedR 2015, 40; Achterfeld, MedR 2013, 103), ist eine weite Auslegung geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, 107; Schnitzler, MedR 2010, 828, 831; Zuck, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Ergotherapie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse bedingen. Ob es sich dabei - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - insgesamt betrachtet lediglich um Randbereiche handelt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen.
52 
Soweit der Beklagte dem die anders formulierten Begriffsbestimmungen der verschiedenen Berufsverbände der Ergotherapeuten (WFOT, BED, DVE) entgegenhält, vermögen diese nichts zu ändern. Angesichts des normativ abgesteckten Rahmens tragen die Verbandsdefinitionen nichts Maßgebliches zur Bestimmung des Berufsbildes im Rechtssinne bei (vgl. auch VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017 - 7 A 3879/16 -, juris Rn. 23).
53 
Der Senat ist ferner der Auffassung, dass mit der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden ist. Anders als das Verwaltungsgericht dies postuliert hat, dürfte sich dies zwar nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen.
54 
Die selbstständige Ausübung der Ergotherapie weist allerdings eine zur Erfüllung des Heilkundebegriffs führende Gefahrengeneigtheit auf. Der rechtliche Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, dass die durch die Ausbildung zum Ergotherapeuten erworbenen Kenntnisse nicht zur Verneinung eines der Ergotherapie immanenten Gefahrenpotentials herangezogen werden können, ist zutreffend. Die Frage, ob eine eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie gefahrenträchtig ist, ist abstrakt und deshalb grundsätzlich losgelöst von den subjektiven Verhältnissen des Antragstellers zu beantworten. Zwar darf der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen (teilweise) vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HeilprG nicht noch einmal gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2006 - 9 S 519/06 -, VBlBW 2007, 24). Auch eine Pflicht, bereits erworbene Kenntnisse (bloß) nochmals überprüfen zu lassen, nur weil sich der Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes mit den Regelungen über die Qualifikation zum Ergotherapeuten überschneiden mag, ist regelmäßig unzumutbar. Dies spielt jedoch für die Subsumtion eines heilhilfsberuflichen Gebietes wie der Ergotherapie unter den Begriff der Heilkunde keine Rolle. Während die Frage, ob die Ergotherapie der Heilkunde zuzuordnen und deshalb nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig ist, rein objektiv vorzunehmen ist, wirken sich Vorkenntnisse des Antragstellers erst in einem zweiten Schritt, nämlich darauf aus, ob und in welchem Umfang zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis noch eine Kenntnisüberprüfung stattzufinden hat. Soweit dem Senatsbeschluss vom 10.07.2006 (a.a.O.) etwas Gegenteiliges entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten.
55 
Die Gefahrengeneigtheit der Ergotherapie lässt sich auch ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bejahen. Es kann bereits davon ausgegangen werden, dass durch die Anwendung (mancher) ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden können. Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre. Insofern gilt es unter anderem zu bedenken, dass es zu den Aufgaben des Ergotherapeuten gehört, bereits an den Folgen schwerwiegender Gesundheitseinschränkungen leidende Patienten - zum Beispiel nach einem Schlaganfall - zu behandeln. Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Ergotherapie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.
56 
Dies gilt umso mehr, als ein großer Teil der Patienten von Ergotherapeuten nicht nur wegen eines isoliert aufgetretenen Leidens gesundheitlich eingeschränkt sein dürfte, sondern eher einen generell herabgesetzten Gesundheitszustand aufweist. Jedenfalls ist dem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge die Inanspruchnahme von Heilmittelleistungen durch Pflegebedürftige überproportional hoch. Ein Drittel von ihnen erhält Leistungen der Physiotherapie. Auch Leistungen der Ergotherapie und der Logopädie werden von dieser Versichertengruppe stärker in Anspruch genommen als von anderen Versichertengruppen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage im Bundestag, BT-Drucks. 18/7283, S. 7). Um bloß bagatellartige Heilmaßnahmen (vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 HeilprG Rn. 13) oder eine sonst von nennenswerten Gesundheitsgefahren freie Betätigung (vgl. insoweit zu Masseuren und medizinischen Bademeistern BVerwG, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 B 31.11 -; BayVGH, Urteil vom 10.02.2011 - 21 B 10.188 -, jeweils juris) geht es bei der Ergotherapie nicht.
57 
b) Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Ergotherapeutin ist. Die ihr nach dem Ergotherapeutengesetz erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Ergotherapeutin berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Ergotherapeuten zählt zu der zweiten Gruppe (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
58 
Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass der Ergotherapeut anhand eines vom Arzt angegebenen Leitsymptoms nur die Einzelheiten der ergotherapeutischen Behandlung abklärt und diese durchführt.
59 
Deutlich wird die den Ergotherapeuten durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Ihnen ist die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Ergotherapeuten ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
60 
Die durch § 63 Abs. 3b SGB V in der Fassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.05.2008 (BGBl. I S. 874) ermöglichten Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der kassenärztlichen Versorgung bestätigen, dass der Gesetzgeber weiterhin von einem Berufsbild ausgeht, wonach Ergotherapeuten nur aufgrund ärztlicher Anordnung tätig werden dürfen. Die Modellvorhaben beruhen gerade auf diesem Umstand und knüpfen daran an, ohne jedoch die berufsrechtlich gezogenen Grenzen zu verschieben. Vielmehr hat der Gesetzgeber Bedacht darauf gelegt, dass den Ergotherapeuten keine Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden, bei denen es sich um selbstständige Ausübung der Heilkunde handelt (§ 63 Abs. 3b Satz 2 und 3 SGB V; vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; BT-Drucks. 16/8525 S. 105).
61 
Dass Ergotherapeuten mit eigener Praxis sozialrechtlich ähnlich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer von Heilmitteln zugelassen werden können (§ 124 Abs. 1 und 2 SGB V), ist für die berufsrechtlich gezogenen Grenzen ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Die Zulassung berechtigt nicht zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, sondern betrifft die Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen und deren Leistungspflicht bei der Versorgung mit Heilmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
62 
c) Die Ausgestaltung des Berufsbildes der Ergotherapeuten als Heilhilfsberuf bedeutet auf der anderen Seite keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Der Gesetzgeber hat mit dem Ergotherapeutengesetz die Anwendung dieser Behandlungsmethoden nicht auf die nach diesem Gesetz ausgebildeten Ergotherapeuten beschränkt und damit dieses Betätigungsfeld für Heilpraktiker geschlossen, sondern nur die Voraussetzungen und den Rahmen für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeut“ normiert (vgl. § 1 Abs. 1 ErgThG). Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Ergotherapie bleibt unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Die jeweiligen Berufszugangsregelungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen bestehen nebeneinander. Insoweit gilt für die Ergotherapie nichts anderes als für andere vom Gesetzgeber fixierte Heil- oder Heilhilfsberufe (vgl. für den Bereich der Physiotherapie BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; für den Bereich der Psychotherapie Urteile vom 09.12.2004 - 3 C 11.04 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 22, und vom 28.11.2002 - 3 C 44.01 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21).
63 
2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Ergotherapie erteilt werden darf. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 361); die dortigen Erwägungen sind aber - wie das Bundesverwaltungsgericht später ausdrücklich betont hat - nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. - diese Voraussetzungen bejahend für das Gebiet Physiotherapie - BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v., Beschlussabdruck S. 7 ff.; dem folgend etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 668/09 -, MedR 2012, 751; Beschluss vom 04.11.2013 - 13 A 1463/12 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 LB 225/12 -, NdsVBl. 2014, 130). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
64 
Der Bereich der Ergotherapie ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar (ebenso: VG Braunschweig, Urteil vom 21.01.2015 - 1 A 32/14 -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017, a.a.O.). Der Tätigkeitsumfang wird durch den in der Anlage 1 ErgThAPrV aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die aufgeführte praktische Ausbildung definiert. Es handelt sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie). Angesichts dieses normativen Rahmens ist nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Ergotherapie zählt oder nicht. Ähnlich wie bei der Psychotherapie geht es bei der Ergotherapie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um bestimmte Therapieformen für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben können. Daraus ergeben sich keine (unzumutbaren) Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieformen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
65 
Der Annahme des Beklagten, für den Ergotherapeuten fehle es im Gegensatz etwa zum Physiotherapeuten an einem gesetzlich fixierten Berufsbild, kann nicht zugestimmt werden. Ein hinreichender normativer Rahmen ist insbesondere mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten gesetzt. Daneben kann auf die Heilmittel-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dabei ist es unschädlich, dass - insoweit abweichend von der Rechtslage bei den Physiotherapeuten - kein ausdrückliches Ausbildungsziel definiert ist. Der Beruf des Ergotherapeuten erfährt durch die sonst vorhandenen, oben genannten Normen, darunter etwa die genaue Bestimmung der Ausbildungsinhalte, eine hinreichende Prägung.
66 
Soweit der Beklagte der Auffassung ist, das Maß nicht-heilkundlicher Bestandteile der Ausbildung und erst recht der faktischen Betätigung des Ergotherapeuten sei (auch bei unterstellter eigenverantwortlicher, das heißt von ärztlicher Verordnung unabhängiger Berufsausübung) so hoch, dass dies der Erteilung einer auf dieses Gebiet bezogenen Heilpraktikererlaubnis entgegenstehe, überzeugt das nicht. Die Argumentation des Beklagten verkennt insoweit die Bedeutung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis. Mit deren Erteilung werden die nicht-heilkundlichen Bestandteile der Tätigkeit des Ergotherapeuten nicht zur Heilkunde aufgewertet oder auch nur „umdeklariert“. Es bedarf deshalb auch keiner genauen Ermittlung und Gewichtung der heilkundlichen im Verhältnis zu den nicht-heilkundlicher Verrichtungen eines Ergotherapeuten. Soweit sich Teile des ergotherapeutischen Tätigkeitsfeldes eindeutig dem nicht-heilkundlichen Bereich zuordnen lassen, sind sie der Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet Ergotherapie nicht abträglich; sie haben für die Heilpraktikererlaubnis schlicht keine Relevanz.
67 
Lediglich insoweit, als wegen der Weite des Berufsbildes des Ergotherapeuten hiervon auch Betätigungsfelder umfasst sind, bei denen zweifelhaft sein könnte, ob es sich bei selbstständiger Ausübung um Heilkunde handelt, bedarf dies einer näheren Betrachtung. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Ergotherapie führt allerdings zu keiner Änderung des dem Ergotherapeuten Gestatteten mit Ausnahme dessen, dass das Erfordernis einer jeweiligen ärztlichen Verordnung für das Tätigwerden als Ergotherapeut entfällt. Vor diesem Hintergrund erscheint der Vortrag des Beklagten, der auf eine erhöhte Rechtsunsicherheit, eine mögliche Gefährdung von Patienten und eine Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 5 HeilprG abzielt (vgl. auch Sasse, GesR 2013, 641 ff.), überzogen.
68 
Mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten ist normativ entschieden, welchen Voraussetzungen die Führung der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ unterliegt (zur Bußgeldbewehrung siehe § 7 ErgThG). Auf den Umfang dessen, was im Sinne von § 5 HeilprG strafbar ist, hat die Anerkennung von Heilpraktikererlaubnissen für bestimmte therapeutische Teilgebiete keinen Einfluss. Von Bedeutung könnten somit allein vermehrt auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zulassung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie im Hinblick auf den in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten genannten Kanon der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und deren heilkundliche Qualität sein.
69 
Auch ohne einen Bezug zur Heilpraktikererlaubnis stellt sich indes schon bislang das Problem der Bestimmtheit und der Auslegung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, da es gilt, die genauen Ausbildungs- und Prüfungsinhalte für Ergotherapeuten zu bestimmen. Diese Problematik verlagert sich bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten auf die Ebene der Überprüfung durch das Gesundheitsamt, das aus den solchermaßen normativ vorgegebenen Ausbildungs- und Prüfungsinhalten des Ergotherapeuten abzuleiten hat, welche Kenntnisse bei diesem vorausgesetzt werden können und welche zusätzlich für die Ausübung selbstständiger Heilkunde auf dem so umrissenen Gebiet zusätzlich überprüft werden müssen. Ferner kann auf einer weiteren Ebene, nämlich im Rahmen der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit der Anwendung von Behandlungsmethoden nach § 5 HeilprG, die Frage aufgeworfen sein, welchen Umfang eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten abdeckt. Um eine Besonderheit gerade der Ergotherapeuten geht es insoweit allerdings nicht. Abgrenzungsprobleme dergestalt, ob bestimmte Behandlungen als Heilkunde zu betrachten sind und - falls ja - ob sie von einer Heilpraktikererlaubnis gedeckt sind, entstehen nicht dadurch, dass ein Ergotherapeut auch zahlreiche nicht-heilkundliche Maßnahmen praktiziert, sondern können ebenso etwa bei Physio- oder Psychotherapeuten auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -, NJW 2011, 3591, wonach die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs „Ausübung der Heilkunde“ auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich ist). Zwar ist einzuräumen, dass das Gebiet der Ergotherapie etwas weniger scharf umrissen ist; dies wird allerdings dadurch abgemildert, dass sich auch hier - wie oben (S. 21 ff.) dargestellt wurde - ein „heilkundlicher Teil“ bestimmen lässt und es für die beschränkte Heilpraktikererlaubnis allein auf diesen Teilbereich ankommt. Mithin ist eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie ebenso wenig zu unbestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG wie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten aus Gründen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Auch eine mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht hinreichend bestimmte Strafbarkeit ist mit ihr nicht verbunden (vgl. zur Verwaltungsaktakzessorietät von Strafgesetzen Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 62, m.w.N.).
70 
Entgegen der Annahme des Beklagten handelt es sich bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Für die Einholung eines darauf bezogenen Sachverständigengutachtens besteht auch sonst kein Anlass.
71 
Der bei einer weiteren Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis zu erwartende erhöhte Verwaltungsaufwand (vgl. auch Sasse, a.a.O.) ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen. Sektorale Beschränkungen der Heilpraktikererlaubnis spiegeln im Übrigen nur die fortgeschrittene Ausdifferenzierung der Gesundheitsberufe durch den Gesetzgeber wider. Solange einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Betätigung bei der Patientenbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt aufrechterhalten bleibt, besteht eine systematische Unstimmigkeit oder - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10.05.1988 a.a.O., S. 195) - eine Ungereimtheit, die sich dadurch jedenfalls abmildern lässt, dass der Zugang zu abgrenzbaren heilkundlichen Betätigungsfeldern durch entsprechend beschränkte Heilpraktikererlaubnisse eröffnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
72 
3. Ein Ergotherapeut ist allerdings allein kraft seiner Ausbildung nicht zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit befähigt. Zum Schutz der Patienten ist deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die in der Ausbildung nicht vermittelten Kenntnisse zur ergotherapeutischen Behandlung ohne ärztliche Verordnung nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
73 
Nach § 2 Abs. 1 lit. i 1. DVO-HeilprG ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt vorzunehmen, um festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) bedeuten würde. Diese Überprüfung fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt mit der konkret beabsichtigten Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., S. 373). Der Umfang der Überprüfung steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Von einem Berufsbewerber dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in einem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f. und vom 10.02.1983, a.a.O., S. 372 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988, a.a.O., S. 194). Er muss keine Kenntnisse nachweisen, die er für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund seiner Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; näher zum Ganzen auch Schelling, a.a.O., § 2 DVO-HeilprG, Rn. 8 ff.).
74 
Aufgrund ihrer Ausbildung kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung mit den Mitteln der Ergotherapie hinreichend sicher beherrscht. Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der ergotherapeutischen Behandlungsmethoden müssen deshalb nicht überprüft werden. Gleiches gilt für heilkundliche Kenntnisse über Krankheiten, die mit Beschwerden auf dem Gebiet der Ergotherapie in keinem Zusammenhang stehen und mit denen ein Ergotherapeut in der Praxis nicht konfrontiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
75 
Ihre Ausbildung befähigt die Klägerin aber nicht zu einer selbstständigen Erstdiagnose. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausbildungsprogramm für Ergotherapeuten nach Maßgabe des Ergotherapeutengesetzes und der Ergotherapeuten-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung gerade keine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vorgesehen, die für eine solche Erstdiagnose erforderlich sind. Entsprechend dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Berufsbild wird ein Ergotherapeut im Rahmen der Krankenbehandlung nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig (siehe oben). Seine durch die Ausbildung vermittelte Befähigung ist begrenzt auf die fachgerechte Anwendung der Ergotherapie bei Patienten, bei denen die vorgelagerte Entscheidung darüber, ob überhaupt eine mit dieser Therapieform zu behandelnde Krankheit vorliegt, bereits getroffen worden ist. Diese Ausbildungslücke ist normativ vorgegeben. Sie folgt der Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein nach seinen Vorstellungen geschulter Ergotherapeut keine selbstständige Heilkunde ausüben kann, aber auch nicht soll. Es geht also nicht nur um eine Bewertung der durch die Ausbildung erreichbaren Befähigung, sondern auch um die im Vorfeld getroffene Festlegung, inwieweit Nichtärzten eine selbstständige Heiltätigkeit anvertraut werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
76 
Eine andere Beurteilung wäre erst dann geboten, wenn sich die Einschätzung des Gesetzgebers als eindeutig unzutreffend oder überholt erweisen würde. Dazu müsste etwa dargelegt werden, dass die vorgegebenen Ausbildungsinhalte nicht mit dem Berufsbild eines Heilhilfsberufes korrespondierten, sondern - gleichsam überschießend - deutlich weitergehende Kenntnisse vermittelten als für die Ausübung des Berufs erforderlich. Dafür spricht indes nichts. Die für ein eigenverantwortliches Handeln nötigen Kenntnisse entstehen auch nicht in ausreichendem Maße durch die Befassung mit der Ergotherapie gleichsam als Nebeneffekt der Aneignung von Kenntnissen über die richtige Anwendung der Therapiemethode. Es besteht nämlich ein grundlegender Unterschied zwischen der fachgerechten Anwendung einer Behandlungsmethode und ihrer Indikation. Auch von einem ausgebildeten Ergotherapeuten muss deshalb zum Schutz der Patienten verlangt werden, dass über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber vorhanden sind, ob eine solche Behandlung angezeigt ist. Dabei geht es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
77 
Eine solche Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Patienten nicht unverhältnismäßig. Vor allem dient sie nicht nur der Abwehr mittelbarer Gefahren, die daraus erwachsen können, dass ein Patient von dem notwendigen Besuch eines Arztes abgehalten wird, etwa weil er der Erstdiagnose eines ausgebildeten Ergotherapeuten besonderes Vertrauen entgegenbringt. Es geht vielmehr auch um Gefahren, die durch die Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar hervorgerufen werden können. Sie bleiben bei falscher Diagnose oder nicht erkannten Kontraindikationen nicht lediglich wirkungslos, sondern können das Leiden des Patienten unter Umständen deutlich verschlimmern. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu solchen Tätigkeiten, die für sich genommen nicht zu Beeinträchtigungen führen können (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, MedR 2005, 35 und vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890; ferner Beschluss vom 07.08.2000 - 1 BvR 254/99 -, NJW 2000, 2736; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
78 
Aus alledem ergibt sich für den Regelfall ein bestimmter Zuschnitt der Kenntnisüberprüfung bei ausgebildeten Ergotherapeuten, die auf ihrem Gebiet eigenverantwortlich tätig werden wollen. Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Ergotherapeut gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
79 
Da die Kenntnisüberprüfung keine formalisierte Prüfungsleistung darstellt, sondern allein der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gefahrenabwehr dient, kommt es außerdem auf mögliche Einzelumstände an. Die Behörde muss zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach dem Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; so bereits auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f.).
II.
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Ergotherapie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
81 
Beschluss vom 23. März 2017
82 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; vgl. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, VBlBW Sonderbeilage Januar 2014; Senatsbeschluss vom 20.12.2016 - 9 S 1935/16 -).
83 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
43 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
44 
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Ergotherapie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
45 
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, BVerwGE 134, 345, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, 358).
46 
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. Soweit sich der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 19.03.2009 - 9 S 1413/08 -, MedR 2009, 610, zu Physiotherapeuten) etwas Entgegenstehendes entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.
47 
a) Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.08.2009, a.a.O., und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, BVerwGE 66, 367, 369).
48 
Die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass sie heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzt. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Ergotherapeuten ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten - ErgThG - vom 25.05.1976 (BGBl. I 1976 S. 1246), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten - ErgThAPrV - vom 02.08.1999 (BGBl. I 1999 S. 1731), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.04.2016 (BGBl. I S. 886), abzustellen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErgThG wird die Erlaubnis, eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ auszuüben, erteilt, wenn der Antragsteller (unter anderem) nach einer dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung für Ergotherapeuten bestanden hat. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV auf folgende Fächergruppen: 1. Allgemeine Krankheitslehre; Spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie psychosoziale Aspekte; Grundlagen der Arbeitsmedizin; 2. Psychologie und Pädagogik; Behindertenpädagogik; Berufs-, Gesetzes- und Staatskunde; 3. Motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren; Neurophysiologische Behandlungsverfahren; Neuropsychologische Behandlungsverfahren; Psychosoziale Behandlungsverfahren; Arbeitstherapeutische Verfahren. Die dreijährige Ausbildung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten umfasst nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV mindestens den in der Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 2.700 Stunden und die aufgeführte praktische Ausbildung von 1.700 Stunden. Der Unterrichtsteil beinhaltet neben allgemeiner und spezieller Krankheitslehre zum Beispiel je 100 Stunden motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren (A Nr. 16), neurophysiologische Behandlungsverfahren (A Nr. 17) sowie neuropsychologische Behandlungsverfahren (A Nr. 18). Die praktische Ausbildung im motorisch-funktionellen, neurophysiologischen oder neuropsychologischen Bereich beläuft sich auf 400 Stunden (B Nr. 2). Diese normative Ausprägung des Berufsbildes des Ergotherapeuten lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis heilkundlicher Fachkenntnisse schließen. Nicht zuletzt manifestiert sich darin ein zeitlich wie inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand (vgl. zu diesem Aspekt OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 -, NJW-RR 2016, 109, 110).
49 
Zusätzlich zum Berufsrecht kann zur Bestimmung des Berufsbildes auch auf andere gesetzliche Regelungen der Ergotherapie - namentlich auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (vgl. ferner zum Beihilferecht §§ 23, 24 BBhV mit den Anlagen 9 und 10) - abgestellt werden. Insbesondere ist mit in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Ergotherapie um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend (vgl. zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 8/16, § 92 SGB V Rn. 3 ff., m.w.N.). Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu.
50 
Nach § 35 Abs. 1 dienen die Maßnahmen der Ergotherapie der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten. Sie bedienen sich komplexer aktivierender und handlungsorientierter Methoden und Verfahren (§ 35 Abs. 2). Die §§ 36 ff. befassen sich mit einzelnen Behandlungsmethoden und therapieergänzenden Maßnahmen. In der Anlage 1 werden zudem - einem negativen Ansatz folgend - nichtverordnungsfähige Heilmittel aufgezählt. Auch die Anlage 2 (Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf nach § 32 Abs. 1a SGB V) befasst sich im Einzelnen mit Fragen der Zuordnung zur Ergotherapie. Im Zweiten Teil (sog. Heilmittelkatalog) findet sich die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Hierbei werden detailliert Diagnosegruppen, funktionelle/strukturelle Schädigungen, Leitsymptomatiken, Ziele der Ergotherapie und entsprechende Heilmittelverordnungen zueinander in Beziehung gesetzt. In diesem Rahmen werden auch schwerstwiegende Erkrankungen thematisiert und mit komplexen Behandlungsmethoden in Verbindung gebracht. Dies verdeutlicht umso mehr, dass die selbstständige Ausübung von Ergotherapie heilkundliche Fachkenntnisse erfordert.
51 
Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis. Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren (vgl. zu deren hohem Rang als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192, und vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181, 194; Senatsurteil vom 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, MedR 2015, 40; Achterfeld, MedR 2013, 103), ist eine weite Auslegung geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, 107; Schnitzler, MedR 2010, 828, 831; Zuck, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Ergotherapie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse bedingen. Ob es sich dabei - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - insgesamt betrachtet lediglich um Randbereiche handelt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen.
52 
Soweit der Beklagte dem die anders formulierten Begriffsbestimmungen der verschiedenen Berufsverbände der Ergotherapeuten (WFOT, BED, DVE) entgegenhält, vermögen diese nichts zu ändern. Angesichts des normativ abgesteckten Rahmens tragen die Verbandsdefinitionen nichts Maßgebliches zur Bestimmung des Berufsbildes im Rechtssinne bei (vgl. auch VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017 - 7 A 3879/16 -, juris Rn. 23).
53 
Der Senat ist ferner der Auffassung, dass mit der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden ist. Anders als das Verwaltungsgericht dies postuliert hat, dürfte sich dies zwar nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen.
54 
Die selbstständige Ausübung der Ergotherapie weist allerdings eine zur Erfüllung des Heilkundebegriffs führende Gefahrengeneigtheit auf. Der rechtliche Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, dass die durch die Ausbildung zum Ergotherapeuten erworbenen Kenntnisse nicht zur Verneinung eines der Ergotherapie immanenten Gefahrenpotentials herangezogen werden können, ist zutreffend. Die Frage, ob eine eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie gefahrenträchtig ist, ist abstrakt und deshalb grundsätzlich losgelöst von den subjektiven Verhältnissen des Antragstellers zu beantworten. Zwar darf der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen (teilweise) vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HeilprG nicht noch einmal gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2006 - 9 S 519/06 -, VBlBW 2007, 24). Auch eine Pflicht, bereits erworbene Kenntnisse (bloß) nochmals überprüfen zu lassen, nur weil sich der Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes mit den Regelungen über die Qualifikation zum Ergotherapeuten überschneiden mag, ist regelmäßig unzumutbar. Dies spielt jedoch für die Subsumtion eines heilhilfsberuflichen Gebietes wie der Ergotherapie unter den Begriff der Heilkunde keine Rolle. Während die Frage, ob die Ergotherapie der Heilkunde zuzuordnen und deshalb nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig ist, rein objektiv vorzunehmen ist, wirken sich Vorkenntnisse des Antragstellers erst in einem zweiten Schritt, nämlich darauf aus, ob und in welchem Umfang zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis noch eine Kenntnisüberprüfung stattzufinden hat. Soweit dem Senatsbeschluss vom 10.07.2006 (a.a.O.) etwas Gegenteiliges entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten.
55 
Die Gefahrengeneigtheit der Ergotherapie lässt sich auch ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bejahen. Es kann bereits davon ausgegangen werden, dass durch die Anwendung (mancher) ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden können. Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre. Insofern gilt es unter anderem zu bedenken, dass es zu den Aufgaben des Ergotherapeuten gehört, bereits an den Folgen schwerwiegender Gesundheitseinschränkungen leidende Patienten - zum Beispiel nach einem Schlaganfall - zu behandeln. Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Ergotherapie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.
56 
Dies gilt umso mehr, als ein großer Teil der Patienten von Ergotherapeuten nicht nur wegen eines isoliert aufgetretenen Leidens gesundheitlich eingeschränkt sein dürfte, sondern eher einen generell herabgesetzten Gesundheitszustand aufweist. Jedenfalls ist dem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge die Inanspruchnahme von Heilmittelleistungen durch Pflegebedürftige überproportional hoch. Ein Drittel von ihnen erhält Leistungen der Physiotherapie. Auch Leistungen der Ergotherapie und der Logopädie werden von dieser Versichertengruppe stärker in Anspruch genommen als von anderen Versichertengruppen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage im Bundestag, BT-Drucks. 18/7283, S. 7). Um bloß bagatellartige Heilmaßnahmen (vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 HeilprG Rn. 13) oder eine sonst von nennenswerten Gesundheitsgefahren freie Betätigung (vgl. insoweit zu Masseuren und medizinischen Bademeistern BVerwG, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 B 31.11 -; BayVGH, Urteil vom 10.02.2011 - 21 B 10.188 -, jeweils juris) geht es bei der Ergotherapie nicht.
57 
b) Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Ergotherapeutin ist. Die ihr nach dem Ergotherapeutengesetz erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Ergotherapeutin berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Ergotherapeuten zählt zu der zweiten Gruppe (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
58 
Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass der Ergotherapeut anhand eines vom Arzt angegebenen Leitsymptoms nur die Einzelheiten der ergotherapeutischen Behandlung abklärt und diese durchführt.
59 
Deutlich wird die den Ergotherapeuten durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Ihnen ist die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Ergotherapeuten ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
60 
Die durch § 63 Abs. 3b SGB V in der Fassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.05.2008 (BGBl. I S. 874) ermöglichten Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der kassenärztlichen Versorgung bestätigen, dass der Gesetzgeber weiterhin von einem Berufsbild ausgeht, wonach Ergotherapeuten nur aufgrund ärztlicher Anordnung tätig werden dürfen. Die Modellvorhaben beruhen gerade auf diesem Umstand und knüpfen daran an, ohne jedoch die berufsrechtlich gezogenen Grenzen zu verschieben. Vielmehr hat der Gesetzgeber Bedacht darauf gelegt, dass den Ergotherapeuten keine Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden, bei denen es sich um selbstständige Ausübung der Heilkunde handelt (§ 63 Abs. 3b Satz 2 und 3 SGB V; vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; BT-Drucks. 16/8525 S. 105).
61 
Dass Ergotherapeuten mit eigener Praxis sozialrechtlich ähnlich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer von Heilmitteln zugelassen werden können (§ 124 Abs. 1 und 2 SGB V), ist für die berufsrechtlich gezogenen Grenzen ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Die Zulassung berechtigt nicht zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, sondern betrifft die Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen und deren Leistungspflicht bei der Versorgung mit Heilmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
62 
c) Die Ausgestaltung des Berufsbildes der Ergotherapeuten als Heilhilfsberuf bedeutet auf der anderen Seite keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Der Gesetzgeber hat mit dem Ergotherapeutengesetz die Anwendung dieser Behandlungsmethoden nicht auf die nach diesem Gesetz ausgebildeten Ergotherapeuten beschränkt und damit dieses Betätigungsfeld für Heilpraktiker geschlossen, sondern nur die Voraussetzungen und den Rahmen für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeut“ normiert (vgl. § 1 Abs. 1 ErgThG). Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Ergotherapie bleibt unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Die jeweiligen Berufszugangsregelungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen bestehen nebeneinander. Insoweit gilt für die Ergotherapie nichts anderes als für andere vom Gesetzgeber fixierte Heil- oder Heilhilfsberufe (vgl. für den Bereich der Physiotherapie BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; für den Bereich der Psychotherapie Urteile vom 09.12.2004 - 3 C 11.04 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 22, und vom 28.11.2002 - 3 C 44.01 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21).
63 
2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Ergotherapie erteilt werden darf. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 361); die dortigen Erwägungen sind aber - wie das Bundesverwaltungsgericht später ausdrücklich betont hat - nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. - diese Voraussetzungen bejahend für das Gebiet Physiotherapie - BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v., Beschlussabdruck S. 7 ff.; dem folgend etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 668/09 -, MedR 2012, 751; Beschluss vom 04.11.2013 - 13 A 1463/12 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 LB 225/12 -, NdsVBl. 2014, 130). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
64 
Der Bereich der Ergotherapie ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar (ebenso: VG Braunschweig, Urteil vom 21.01.2015 - 1 A 32/14 -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017, a.a.O.). Der Tätigkeitsumfang wird durch den in der Anlage 1 ErgThAPrV aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die aufgeführte praktische Ausbildung definiert. Es handelt sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie). Angesichts dieses normativen Rahmens ist nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Ergotherapie zählt oder nicht. Ähnlich wie bei der Psychotherapie geht es bei der Ergotherapie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um bestimmte Therapieformen für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben können. Daraus ergeben sich keine (unzumutbaren) Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieformen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
65 
Der Annahme des Beklagten, für den Ergotherapeuten fehle es im Gegensatz etwa zum Physiotherapeuten an einem gesetzlich fixierten Berufsbild, kann nicht zugestimmt werden. Ein hinreichender normativer Rahmen ist insbesondere mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten gesetzt. Daneben kann auf die Heilmittel-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dabei ist es unschädlich, dass - insoweit abweichend von der Rechtslage bei den Physiotherapeuten - kein ausdrückliches Ausbildungsziel definiert ist. Der Beruf des Ergotherapeuten erfährt durch die sonst vorhandenen, oben genannten Normen, darunter etwa die genaue Bestimmung der Ausbildungsinhalte, eine hinreichende Prägung.
66 
Soweit der Beklagte der Auffassung ist, das Maß nicht-heilkundlicher Bestandteile der Ausbildung und erst recht der faktischen Betätigung des Ergotherapeuten sei (auch bei unterstellter eigenverantwortlicher, das heißt von ärztlicher Verordnung unabhängiger Berufsausübung) so hoch, dass dies der Erteilung einer auf dieses Gebiet bezogenen Heilpraktikererlaubnis entgegenstehe, überzeugt das nicht. Die Argumentation des Beklagten verkennt insoweit die Bedeutung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis. Mit deren Erteilung werden die nicht-heilkundlichen Bestandteile der Tätigkeit des Ergotherapeuten nicht zur Heilkunde aufgewertet oder auch nur „umdeklariert“. Es bedarf deshalb auch keiner genauen Ermittlung und Gewichtung der heilkundlichen im Verhältnis zu den nicht-heilkundlicher Verrichtungen eines Ergotherapeuten. Soweit sich Teile des ergotherapeutischen Tätigkeitsfeldes eindeutig dem nicht-heilkundlichen Bereich zuordnen lassen, sind sie der Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet Ergotherapie nicht abträglich; sie haben für die Heilpraktikererlaubnis schlicht keine Relevanz.
67 
Lediglich insoweit, als wegen der Weite des Berufsbildes des Ergotherapeuten hiervon auch Betätigungsfelder umfasst sind, bei denen zweifelhaft sein könnte, ob es sich bei selbstständiger Ausübung um Heilkunde handelt, bedarf dies einer näheren Betrachtung. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Ergotherapie führt allerdings zu keiner Änderung des dem Ergotherapeuten Gestatteten mit Ausnahme dessen, dass das Erfordernis einer jeweiligen ärztlichen Verordnung für das Tätigwerden als Ergotherapeut entfällt. Vor diesem Hintergrund erscheint der Vortrag des Beklagten, der auf eine erhöhte Rechtsunsicherheit, eine mögliche Gefährdung von Patienten und eine Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 5 HeilprG abzielt (vgl. auch Sasse, GesR 2013, 641 ff.), überzogen.
68 
Mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten ist normativ entschieden, welchen Voraussetzungen die Führung der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ unterliegt (zur Bußgeldbewehrung siehe § 7 ErgThG). Auf den Umfang dessen, was im Sinne von § 5 HeilprG strafbar ist, hat die Anerkennung von Heilpraktikererlaubnissen für bestimmte therapeutische Teilgebiete keinen Einfluss. Von Bedeutung könnten somit allein vermehrt auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zulassung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie im Hinblick auf den in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten genannten Kanon der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und deren heilkundliche Qualität sein.
69 
Auch ohne einen Bezug zur Heilpraktikererlaubnis stellt sich indes schon bislang das Problem der Bestimmtheit und der Auslegung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, da es gilt, die genauen Ausbildungs- und Prüfungsinhalte für Ergotherapeuten zu bestimmen. Diese Problematik verlagert sich bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten auf die Ebene der Überprüfung durch das Gesundheitsamt, das aus den solchermaßen normativ vorgegebenen Ausbildungs- und Prüfungsinhalten des Ergotherapeuten abzuleiten hat, welche Kenntnisse bei diesem vorausgesetzt werden können und welche zusätzlich für die Ausübung selbstständiger Heilkunde auf dem so umrissenen Gebiet zusätzlich überprüft werden müssen. Ferner kann auf einer weiteren Ebene, nämlich im Rahmen der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit der Anwendung von Behandlungsmethoden nach § 5 HeilprG, die Frage aufgeworfen sein, welchen Umfang eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten abdeckt. Um eine Besonderheit gerade der Ergotherapeuten geht es insoweit allerdings nicht. Abgrenzungsprobleme dergestalt, ob bestimmte Behandlungen als Heilkunde zu betrachten sind und - falls ja - ob sie von einer Heilpraktikererlaubnis gedeckt sind, entstehen nicht dadurch, dass ein Ergotherapeut auch zahlreiche nicht-heilkundliche Maßnahmen praktiziert, sondern können ebenso etwa bei Physio- oder Psychotherapeuten auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -, NJW 2011, 3591, wonach die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs „Ausübung der Heilkunde“ auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich ist). Zwar ist einzuräumen, dass das Gebiet der Ergotherapie etwas weniger scharf umrissen ist; dies wird allerdings dadurch abgemildert, dass sich auch hier - wie oben (S. 21 ff.) dargestellt wurde - ein „heilkundlicher Teil“ bestimmen lässt und es für die beschränkte Heilpraktikererlaubnis allein auf diesen Teilbereich ankommt. Mithin ist eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie ebenso wenig zu unbestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG wie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten aus Gründen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Auch eine mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht hinreichend bestimmte Strafbarkeit ist mit ihr nicht verbunden (vgl. zur Verwaltungsaktakzessorietät von Strafgesetzen Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 62, m.w.N.).
70 
Entgegen der Annahme des Beklagten handelt es sich bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Für die Einholung eines darauf bezogenen Sachverständigengutachtens besteht auch sonst kein Anlass.
71 
Der bei einer weiteren Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis zu erwartende erhöhte Verwaltungsaufwand (vgl. auch Sasse, a.a.O.) ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen. Sektorale Beschränkungen der Heilpraktikererlaubnis spiegeln im Übrigen nur die fortgeschrittene Ausdifferenzierung der Gesundheitsberufe durch den Gesetzgeber wider. Solange einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Betätigung bei der Patientenbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt aufrechterhalten bleibt, besteht eine systematische Unstimmigkeit oder - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10.05.1988 a.a.O., S. 195) - eine Ungereimtheit, die sich dadurch jedenfalls abmildern lässt, dass der Zugang zu abgrenzbaren heilkundlichen Betätigungsfeldern durch entsprechend beschränkte Heilpraktikererlaubnisse eröffnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
72 
3. Ein Ergotherapeut ist allerdings allein kraft seiner Ausbildung nicht zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit befähigt. Zum Schutz der Patienten ist deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die in der Ausbildung nicht vermittelten Kenntnisse zur ergotherapeutischen Behandlung ohne ärztliche Verordnung nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
73 
Nach § 2 Abs. 1 lit. i 1. DVO-HeilprG ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt vorzunehmen, um festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) bedeuten würde. Diese Überprüfung fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt mit der konkret beabsichtigten Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., S. 373). Der Umfang der Überprüfung steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Von einem Berufsbewerber dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in einem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f. und vom 10.02.1983, a.a.O., S. 372 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988, a.a.O., S. 194). Er muss keine Kenntnisse nachweisen, die er für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund seiner Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; näher zum Ganzen auch Schelling, a.a.O., § 2 DVO-HeilprG, Rn. 8 ff.).
74 
Aufgrund ihrer Ausbildung kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung mit den Mitteln der Ergotherapie hinreichend sicher beherrscht. Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der ergotherapeutischen Behandlungsmethoden müssen deshalb nicht überprüft werden. Gleiches gilt für heilkundliche Kenntnisse über Krankheiten, die mit Beschwerden auf dem Gebiet der Ergotherapie in keinem Zusammenhang stehen und mit denen ein Ergotherapeut in der Praxis nicht konfrontiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
75 
Ihre Ausbildung befähigt die Klägerin aber nicht zu einer selbstständigen Erstdiagnose. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausbildungsprogramm für Ergotherapeuten nach Maßgabe des Ergotherapeutengesetzes und der Ergotherapeuten-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung gerade keine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vorgesehen, die für eine solche Erstdiagnose erforderlich sind. Entsprechend dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Berufsbild wird ein Ergotherapeut im Rahmen der Krankenbehandlung nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig (siehe oben). Seine durch die Ausbildung vermittelte Befähigung ist begrenzt auf die fachgerechte Anwendung der Ergotherapie bei Patienten, bei denen die vorgelagerte Entscheidung darüber, ob überhaupt eine mit dieser Therapieform zu behandelnde Krankheit vorliegt, bereits getroffen worden ist. Diese Ausbildungslücke ist normativ vorgegeben. Sie folgt der Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein nach seinen Vorstellungen geschulter Ergotherapeut keine selbstständige Heilkunde ausüben kann, aber auch nicht soll. Es geht also nicht nur um eine Bewertung der durch die Ausbildung erreichbaren Befähigung, sondern auch um die im Vorfeld getroffene Festlegung, inwieweit Nichtärzten eine selbstständige Heiltätigkeit anvertraut werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
76 
Eine andere Beurteilung wäre erst dann geboten, wenn sich die Einschätzung des Gesetzgebers als eindeutig unzutreffend oder überholt erweisen würde. Dazu müsste etwa dargelegt werden, dass die vorgegebenen Ausbildungsinhalte nicht mit dem Berufsbild eines Heilhilfsberufes korrespondierten, sondern - gleichsam überschießend - deutlich weitergehende Kenntnisse vermittelten als für die Ausübung des Berufs erforderlich. Dafür spricht indes nichts. Die für ein eigenverantwortliches Handeln nötigen Kenntnisse entstehen auch nicht in ausreichendem Maße durch die Befassung mit der Ergotherapie gleichsam als Nebeneffekt der Aneignung von Kenntnissen über die richtige Anwendung der Therapiemethode. Es besteht nämlich ein grundlegender Unterschied zwischen der fachgerechten Anwendung einer Behandlungsmethode und ihrer Indikation. Auch von einem ausgebildeten Ergotherapeuten muss deshalb zum Schutz der Patienten verlangt werden, dass über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber vorhanden sind, ob eine solche Behandlung angezeigt ist. Dabei geht es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
77 
Eine solche Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Patienten nicht unverhältnismäßig. Vor allem dient sie nicht nur der Abwehr mittelbarer Gefahren, die daraus erwachsen können, dass ein Patient von dem notwendigen Besuch eines Arztes abgehalten wird, etwa weil er der Erstdiagnose eines ausgebildeten Ergotherapeuten besonderes Vertrauen entgegenbringt. Es geht vielmehr auch um Gefahren, die durch die Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar hervorgerufen werden können. Sie bleiben bei falscher Diagnose oder nicht erkannten Kontraindikationen nicht lediglich wirkungslos, sondern können das Leiden des Patienten unter Umständen deutlich verschlimmern. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu solchen Tätigkeiten, die für sich genommen nicht zu Beeinträchtigungen führen können (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, MedR 2005, 35 und vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890; ferner Beschluss vom 07.08.2000 - 1 BvR 254/99 -, NJW 2000, 2736; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
78 
Aus alledem ergibt sich für den Regelfall ein bestimmter Zuschnitt der Kenntnisüberprüfung bei ausgebildeten Ergotherapeuten, die auf ihrem Gebiet eigenverantwortlich tätig werden wollen. Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Ergotherapeut gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
79 
Da die Kenntnisüberprüfung keine formalisierte Prüfungsleistung darstellt, sondern allein der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gefahrenabwehr dient, kommt es außerdem auf mögliche Einzelumstände an. Die Behörde muss zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach dem Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; so bereits auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f.).
II.
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Ergotherapie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
81 
Beschluss vom 23. März 2017
82 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; vgl. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, VBlBW Sonderbeilage Januar 2014; Senatsbeschluss vom 20.12.2016 - 9 S 1935/16 -).
83 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Juni 2016 - 7 K 3134/15 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land die Erteilung der Erlaubnis zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf den Bereich der Logopädie (sektorale Heilpraktikererlaubnis).
Sie absolvierte in den Jahren 1999 bis 2002 eine Ausbildung zur Logopädin und ist seitdem - zunächst angestellt, seit dem Jahr 2004 selbstständig - unter dieser Berufsbezeichnung tätig.
Im Jahre 2013 stellte die Klägerin erstmalig einen Antrag auf Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Logopädie. Auf den behördlichen Hinweis, eine solche könne nicht erteilt werden, nahm sie ihren Antrag zurück.
Am 16.03.2015 beantragte sie beim Landratsamt Tübingen erneut, ihr eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf das Gebiet der Logopädie zu erteilen.
Mit Bescheid vom 30.04.2015 lehnte das Landratsamt den Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, das Heilpraktikergesetz kenne nur die einheitliche Berufsbezeichnung „Heilpraktiker/in“. Ausnahmen gebe es nach der Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums Baden-Württemberg zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes nur für die Gebiete Psychotherapie, Physiotherapie und Podologie. Weitere spezielle Berufs- oder Tätigkeitsbezeichnungen seien nicht vorgesehen.
Den von der Klägerin gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Tübingen mit Bescheid vom 28.08.2015, zugestellt am 02.09.2015, mit der Begründung zurück, das Heilpraktikergesetz kenne nur den Begriff des Heilpraktikers. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Heilpraktikererlaubnis teilbar, dies aber nur unter der Voraussetzung, dass die Heilkunde auf einem abgrenzbaren Gebiet erfolge und nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausgeübt werde. Dies treffe bei der Logopädie nicht zu. Sie umfasse unter anderem die Behandlung von Sprach-, Schluck- und Hörstörungen bei neurologischen Beeinträchtigungen, infantiler Zerebralparese, Morbus Parkinson, multipler Sklerose, Schlaganfällen, Unfällen, Autismus, Demenz etc. Die eigenverantwortliche Ausübung der Logopädie als Heilkunde erfordere daher in vielen Fällen eine umfangreiche Differentialdiagnostik in ganz unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten, um vor Durchführung einer logopädischen Behandlung verantwortlich entscheiden zu können, ob vor, statt oder neben einer logopädischen Behandlung eine andere medizinische Behandlung erforderlich sei. Damit fehle es an der Abgrenzbarkeit gegenüber anderen medizinischen Behandlungen. Auch sei die logopädische Therapie je nach Art und Ursache der Sprach-, Sprech-, Stimm-, Schluck- und Hörbeeinträchtigung so unterschiedlich, dass keine eindeutig umrissene Therapieform ausgeübt werde. Zum Schutz der Volksgesundheit sei zur Ausübung der Logopädie ohne ärztliche Verordnung eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis erforderlich.
Die Klägerin hat am 12.09.2015 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 30.04.2015 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.08.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, bezogen und beschränkt auf den Bereich der Logopädie (sektorale Heilpraktikererlaubnis) erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Mit Urteil vom 28.06.2016 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die auf Neubescheidung des Antrags gerichtete Verpflichtungsklage sei zulässig und begründet, da die Ablehnung des Antrags der Klägerin durch die Bescheide vom 30.04.2015 und vom 28.08.2015 rechtswidrig gewesen sei, die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt sei (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 VwGO) und sie einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Begehrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts habe (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Rechtliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis sei § 1 Abs. 1 HeilprG. Danach bedürfe, wer die Heilkunde ausüben wolle, ohne als Arzt bestallt zu sein, der Erlaubnis. Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes sei nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt werde. Maßgeblich seien das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden.
10 
Ein Anspruch auf eine sektorale Heilpraktikererlaubnis setze voraus, dass es sich um eine erlaubnispflichtige heilkundliche Tätigkeit handele, die Erlaubnispflichtigkeit nicht wegen einer bereits vorhandenen Ausbildung entfalle und dass das bereits vorhandene Berufsbild die eigenständige Tätigkeit auf Grundlage der Heilpraktikererlaubnis nicht sperre. Diese Voraussetzungen seien vorliegend unstreitig erfüllt. Insbesondere seien sich die Beteiligten zutreffend darin einig, dass der Bereich der Logopädie eine heilkundliche Tätigkeit betreffe, für die ärztliche Fachkenntnisse erforderlich seien, und dass eine logopädische Behandlung gegebenenfalls Gesundheitsschäden zur Folge haben könne.
11 
Einzig verbleibender Streitpunkt sei hier, ob gerade für den Bereich der Logopädie eine sektorale, also für dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis möglich sei. Festzuhalten sei insofern, dass - auch darüber seien sich die Beteiligten einig - eine sektorale Erlaubnis nicht von vorneherein ausgeschlossen sei, sondern unter Berücksichtigung höchstrichterlicher Rechtsprechung zu den Bereichen der Psycho- und der Physiotherapie durchaus in Betracht komme. Denn die Heilpraktikererlaubnis sei anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. So beinhalte das Heilpraktikergesetz weder dem Sinn noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Zwar habe bei Inkrafttreten des Gesetzes noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden, jedoch hätten sich seitdem die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssten daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Auch untergerichtlich sei die Möglichkeit einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für weitere Bereiche bejaht worden (Ergotherapie; Chiropraktik; Teilbarkeit verneint dagegen hinsichtlich Osteopathie).
12 
Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung sei zum Schutz der Volksgesundheit nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben wolle. Für den Bereich der Physiotherapie habe das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dieses sei hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar, da der Tätigkeitsumfang durch die Beschreibung der Ausbildungsziele in § 8 MPhG sowie durch die Aufzählung der physiotherapeutischen Behandlungsmethoden und Therapieformen in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Physiotherapeuten definiert sei. Es handele sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel, so dass angesichts dieses normativen Rahmens nicht zu befürchten sei, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Physiotherapie zähle oder nicht.
13 
Selbiges treffe auch auf den Bereich der Logopädie zu. Hier handele es sich ebenfalls um ein abgrenzbares Gebiet mit eindeutig umrissener Therapieform. Die Logopädie umfasse Prävention, Diagnostik, Therapie und Beratung von Patienten mit Sprach-, Sprech-, Stimm-, Hör- und Schluckstörungen durch einen Logopäden (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2012, „Logopädie“). Sie sei ein seit Jahrzehnten bestehendes und anerkanntes Tätigkeitsfeld, das seit 1980 im Logopädengesetz und in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden geregelt sei. Entsprechend führe auch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden in ihren §§ 5 und 6 ausführlich auf, in welchen Fachbereichen beziehungsweise Fächern der Logopäde Kenntnisse aufweisen müsse, um nach der dreijährigen Ausbildung eine Zulassung zu erhalten. Prüfungsstoff seien die Logopädie, die Phoniatrie einschließlich Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, die Audiologie und Pädaudiologie, die Neurologie und Psychiatrie, die Bereiche der Pädagogik und Sonderpädagogik, der Psychologie und klinischen Psychologie, der Phonetik und der Linguistik. Auch Kenntnisse der Anatomie und der Physiologie würden geprüft (§ 5 Abs. 1 Satz 3, § 6 Abs. 1 Satz 2 LogAPrO). Durch diese dezidiert aufgelisteten Ausbildungs- und Prüfungsinhalte, die Gegenstand in einer bundesweit gesetzlich vorgeschriebenen Ausbildung seien und in einer staatlichen Prüfung mündeten, sei bereits eine deutliche Abgrenzbarkeit des Berufsbilds des Logopäden gewährleistet. Schließlich dürfe die Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung des Logopäden eben nur derjenige ausüben, der (neben den übrigen in § 2 Abs. 1 LogopG genannten Voraussetzungen) nach der dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung zum Logopäden bestanden habe (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 LogopG).
14 
Zudem handele es sich auch um ein gesetzlich vorgesehenes und durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (vgl. dort Kapitel F bzw. §§ 30 bis 34 zu Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sowie Schluckstörungen). Im Hinblick auf den Umstand, dass das einschlägige Kapitel nicht mit dem Begriff Logopädie überschrieben sei, sei ergänzend angemerkt, dass die Richtlinie gleichermaßen zahlreiche physiotherapeutische Maßnahmen aufliste, allerdings auch der Begriff Physiotherapie nicht verwendet werde.
15 
Angesichts vorstehender Ausführungen sei im Übrigen festzustellen, dass das Berufsbild des Logopäden sehr viel konkreter abzugrenzen sei, als es das des Heilpraktikers sei. So bestehe für den Heilpraktikerberuf anders als für sonstige Heil- und Heilhilfsberufe kein gesetzlich fixiertes Berufsbild. Das Heilpraktikergesetz erfasse ein heilkundliches Berufsfeld, ohne nach Aus- und Vorbildung oder fest umrissenen Berufsbildern zu differenzieren. Während etwa für den Beruf des Arztes, Psychologischen Psychotherapeuten, Physiotherapeuten oder Logopäden die Ausbildung gesetzlich geregelt sei und die Erteilung der Berufserlaubnis das Bestehen einer staatlichen Prüfung voraussetze, sei für die berufliche Tätigkeit als Heilpraktiker weder eine bestimmte fachliche Ausbildung noch eine entsprechende fachliche Prüfung vorgeschrieben.
16 
Der vorstehenden Bewertung stehe auch nicht entgegen, dass es keine gesetzliche Regelung gebe, die die Ausbildungsziele des Logopäden definiere. Der Beklagte weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es im Masseur- und Physiotherapeutengesetz und im Podologengesetz Regelungen zu den Ausbildungszielen gebe. In der Tat enthalte § 8 MPhG eine Legaldefinition des Ausbildungsziels („Die Ausbildung soll entsprechend der Aufgabenstellung des Berufs insbesondere dazu befähigen, durch Anwenden geeigneter Verfahren der Physiotherapie in Prävention, kurativer Medizin, Rehabilitation und im Kurwesen Hilfen zur Entwicklung, zum Erhalt oder zur Wiederherstellung alter Funktionen im somatischen und psychischen Bereich zu geben und bei nicht rückbildungsfähigen Körperbehinderungen Ersatzfunktionen zu schulen (Ausbildungsziel)“). Auch § 3 PodG beinhalte eine solche („Die Ausbildung soll entsprechend der Aufgabenstellung des Berufs insbesondere dazu befähigen, durch Anwendung geeigneter Verfahren nach den anerkannten Regeln der Hygiene allgemeine und spezielle fußpflegerische Maßnahmen selbständig auszuführen, pathologische Veränderungen oder Symptome von Erkrankungen am Fuß, die eine ärztliche Abklärung erfordern, zu erkennen, unter ärztlicher Anleitung oder auf ärztliche Veranlassung medizinisch indizierte podologische Behandlungen durchzuführen und damit bei der Prävention, Therapie und Rehabilitation von Fußerkrankungen mitzuwirken (Ausbildungsziel).“). Für das Gebiet der Psychotherapie finde sich eine entsprechende Regelung im Psychotherapeutengesetz nicht, sondern in der zugehörigen Prüfungsverordnung (§ 1 Abs. 2 PsychTh-APrV: „Die Ausbildung hat den Ausbildungsteilnehmern insbesondere die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die erforderlich sind, um 1. in Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist, und 2. bei der Therapie psychischer Ursachen, Begleiterscheinungen und Folgen von körperlichen Erkrankungen unter Berücksichtigung der ärztlich erhobenen Befunde zum körperlichen Status und der sozialen Lage des Patienten auf den wissenschaftlichen, geistigen und ethischen Grundlagen der Psychotherapie eigenverantwortlich und selbständig handeln zu können (Ausbildungsziel).“).
17 
Zutreffend sei auch, dass weder das Logopädengesetz noch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden eine entsprechende Legaldefinition der Ausbildungsziele enthielten, sondern diese „nur“ den Prüfungsablauf, -umfang und -gegenstand beschreibe. Eine Legaldefinition des Ausbildungsziels sei allerdings kein konstitutives Merkmal für eine Abgrenzbarkeit beziehungsweise Teilbarkeit. Vielmehr handele es sich um einen von mehreren möglichen Gesichtspunkten. Den Rückschluss, dass ohne eine gesetzliche Definition des Ausbildungsziels kein hinreichend abgrenzbares Gebiet vorliegen solle, vermöge das Gericht in Anbetracht der umfänglichen Regelungen in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden nicht zu teilen.
18 
Auch der Einwand, es gebe zahlreiche andere Berufsbilder, die sich mit ähnlichen Behandlungsmethoden befassten (etwa klinische Sprechwissenschaftler, Atem-, Sprech- und Stimmlehrer, klinische Linguisten, Diplom-Sprachheilpädagogen sowie examinierte Sprachheilpädagogen), überzeuge nicht. Dass sich unterschiedliche Berufsbilder teilweise überschnitten, treffe auf viele andere Berufsbilder gleichermaßen zu. Dennoch ändere dies nichts daran, dass der staatlich geprüfte Logopäde von diesen Berufsbildern aus abgrenzbar bleibe.
19 
Soweit der Beklagte Bedenken wegen einer unmittelbar durch einen Logopäden durchgeführten Untersuchung und Behandlung ohne vorherige Vorstellung beim Arzt am Beispiel eines Schlaganfallpatienten angeführt habe, führe auch dies nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Aus Sicht des Beklagten könne in jenem Fall das Problem der Diagnoseungenauigkeit auftreten, da eine Schädigung vorliegen könne, die über den Bereich der Logopädie hinausgehe und dem Logopäden gegebenenfalls die Kenntnisse hinsichtlich möglicher körperlicher Ursachen fehlten. Einer solchen Argumentation sei allerdings das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zum Physiotherapeuten vom 29.08.2009 gerade entgegengetreten. Dort sei gegen eine hinreichende Abgrenzbarkeit eingewendet worden, dass die Krankheiten, bei denen Physiotherapie indiziert sei, ganz unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten zugeordnet seien. Infolgedessen könne die Physiotherapie dann auch nicht aus dem allgemeinen Feld der Heilkunde ausgegrenzt werden. Diese Erwägung habe das Bundesverwaltungsgericht aber verworfen und ausgeführt, dass es zwar zutreffe, dass die Ursachen für Störungen des Bewegungsapparates vielfältig sein könnten und die Erstdiagnose über ein einzelnes Fachgebiet der Medizin hinausgehende Kenntnisse erfordere. Das besage aber noch nichts über die Abgrenzbarkeit der Erlaubnis. Ähnlich wie bei der Psychotherapie gehe es bei der Physiotherapie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um eine bestimmte Therapieform für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben könnten. Daraus ergäben sich keine Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieform. Hieran anknüpfend vermöge das Gericht auch nicht den Schluss zu ziehen, dem Logopäden könne (anders als im Falle des Physio- oder des Psychotherapeuten) eine Behandlung von Patienten nicht erlaubt werden, weil ohne eine ärztliche Voruntersuchung oder -behandlung eine Gesundheitsgefahr für die Patienten bestünde. Ergänzend könne insofern auch auf die nachvollziehbaren Schilderungen der Klägerin im Termin Bezug genommen werden, die nicht nur den üblichen Behandlungsablauf (Vorstellung des Patienten mit ärztlichem Rezept, das üblicherweise eine Stimm-/Sprachstörung nenne; Diagnose/Befundung sowie Anamnese - etwa auch zur Frage, ob eine zentrale Störung/Nervenstörung bestehe; anschließend ggf. erforderliche Festlegung der zu ergreifenden Maßnahmen) dargestellt habe, sondern auch beschrieben habe, dass es in ihrer täglichen Praxis vorkomme, dass sie Patienten zum Arzt (zurück-) schicke, weil sie zum Schluss gekommen sei, dass die Problematik des Patienten nicht dem logopädischen Bereich zuzuordnen sei.
20 
Im Hinblick auf die Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes sei darauf hinzuweisen, dass diese als Verwaltungsinternum keine Bindungswirkung für das Gericht entfalte.
21 
Der Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Hierzu führt er aus, er teile die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die eigenverantwortliche Anwendung logopädischer Methoden zur Behandlung von Krankheiten und Beeinträchtigungen Ausübung der Heilkunde darstelle. Bei der Logopädie handele es sich aber nicht um ein abgrenzbares Gebiet oder eine eindeutig umrissene Therapieform.
22 
Für die Abgrenzbarkeit sei maßgeblich, inwieweit die für den regulären Heilpraktiker erforderliche Kenntnisüberprüfung eingeschränkt werden könne und aus Verhältnismäßigkeitserwägungen eingeschränkt werden müsse, weil der Antragsteller nur in einem abgrenzbaren Gebiet tätig werden wolle. Die Abgrenzbarkeit setze somit ein begrenztes Gebiet oder eine eindeutig umrissene Therapieform voraus. Es gebe somit bestimmte Therapieformen für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben könnten. Bei der Psychotherapie gehe es um die Behandlung seelischer Leiden mit den Mitteln der Psychotherapie, bei der Physiotherapie um die Behandlung von Störungen des Bewegungsapparates durch Krankengymnastik, Massage oder sonstige Methoden der Physiotherapie. Daher ergäben sich keine Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen. Das Verwaltungsgericht sei von einer hinreichenden Abgrenzbarkeit der Tätigkeit eines Logopäden ausgegangen. Dies sei rechtlich falsch.
23 
Zunächst müssten Kriterien für die Abgrenzbarkeit entwickelt werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe ausgeführt, dass der Bereich der Physiotherapie hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar sei, da der Tätigkeitsumfang durch die Beschreibung der Ausbildungsziele in § 8 MPhG sowie durch die Aufzählung der physiotherapeutischen Behandlungsmethoden und Therapieformen in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Physiotherapeuten definiert sei. Zudem handele es sich um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel, so dass angesichts dieses normativen Rahmens nicht zu befürchten sei, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Physiotherapie zähle oder nicht. In Anbetracht der prominenten Stellung der Ausbildungsziele im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - das Urteil verweise darauf an mehreren Stellen - sei davon auszugehen, dass gerade die definierten Ausbildungsziele beim Physiotherapeuten für die Abgrenzbarkeit wichtig seien. Es gehe letztlich darum, wozu die Ausbildung eigentlich befähigen solle, also was das Ziel der Berufsausübung überhaupt sein solle. Bei der Logopädie sei dies nicht ausreichend erkennbar. Die Rahmenbedingungen für den Bereich Logopädie seien ebenfalls im Gesetz über den Beruf des Logopäden sowie in der entsprechenden Ausbildungs- und Prüfungsordnung festgelegt. Gegenüber der Ausbildung der Physiotherapeuten seien jedoch die Ausbildungsziele beim Logopäden, die insbesondere für die hinreichende Ausdifferenzierung durch das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 26.08.2009 herangezogen worden seien, nicht festgelegt. Es sei auch nicht klar, was der Logopäde eigentlich, im Unterschied zu anderen Heilberufen in dem Bereich, heilen solle. Jede vom Verwaltungsgericht aufgeführte Legaldefinition der Ausbildungsziele gebe den Tätigkeitsumfang des jeweiligen Berufsbildes klar vor. So seien zum Beispiel in der Physiotherapie die Leiden auf den Stütz- und Bewegungsapparat begrenzt und die anzuwendenden Methoden seien unter den Oberbegriffen krankengymnastische Behandlungstechniken, Massagetherapie, Elektro-, Licht-, und Strahlentherapie und Hydro-, Balneo-, Thermo- und Inhalationstherapie mit den dazu gehörenden Therapieverfahren in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten (Anlage 1 Nr. 16-20) aufgezählt. Im Bereich der Logopädie liege eine solche Definition nicht vor.
24 
Ferner habe sich das Verwaltungsgericht nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, was die Ausübung der Tätigkeit der anderen genannten, der Logopädie sehr ähnlichen Tätigkeitsfelder genau beinhalte. Insoweit wäre eine vertiefte Auseinandersetzung damit, wie genau die Abgrenzung zu den anderen Berufsfeldern vorzunehmen sei, erforderlich gewesen. Diese sei nämlich keinesfalls eindeutig. Sogar die Fachliteratur gehe davon aus, dass in der Sprachtherapie viele an der Therapie beteiligt sein könnten, deren Aufgabengebiete sich teilweise überlappten oder identisch seien. So finde sich in dem Buch „Grundlagen der Sprachtherapie“, Band 1, herausgegeben von Manfred Grohnfeldt, Edition Marhold, 1989, auf Seite 3 folgende Aussage: „Im Hinblick auf die spezielle Situation der Sprachtherapie tritt erschwerend hinzu, dass es sich um ein interdisziplinäres Aufgabengebiet mit einer Vielzahl an beteiligten Wissenschaftsdisziplinen handelt, die zudem einer ständigen Veränderung und Weiterentwicklung in einem sich wandelnden historischen Kontext unterworfen sind.“ Auf Seite 4 desselben Buches heiße es: „Waren es in den Anfängen der Arbeit mit sprachgestörten Personen vorwiegend Vertreter aus der Pädagogik und Medizin, so traten in den letzten Jahrzehnten zusätzlich die Psychologie, Soziologie, Phonetik, Linguistik usw. ergänzend hinzu. Zu fragen ist, in welchem Verhältnis die beteiligten Wissenschaften zueinander stehen bzw, stehen können oder sollen. Denkbar sind hier einseitig proklamierte Dominanzansprüche, eine sich im Hinblick auf das praktische Tätigkeitsfeld konstituierende Integrationswissenschaft, die Zusammenhänge zwischen den Erkenntnissen aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen herstellen und anwendungsbezogen aus einer übergeordneten, weitgehend pädagogischen und/oder psychologischen Sichtweise nutzbar macht, oder aber Konzeptionen gleichberechtigter Nachbardisziplinen mit wechselnden Aufgabenverteilungen, Dass es sich hier nicht nur um ein akademisches Interesse handelt, wird am Beispiel des Therapiebegriffs deutlich. Je nach dem zugrunde gelegten Therapieverständnis und Menschenbild können in der Praxis ganz unterschiedliche Zielsetzungen und Arten des Vorgehens beobachtet werden, die nicht nur Ausdruck eines ganz persönlichen Grundverständnisses sind, sondern auch durch die Wissenschaftssystematik in einer bestimmten Disziplin mitbeeinflusst werden können.“ Im „Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie", Band 1, Selbstverständnis und theoretische Grundlagen, ebenfalls von Manfred Grohnfeldt herausgegeben, heiße es zur derzeitigen gesetzgeberischen Sicht auf die Logopädie auf Seite 27: „Zum zweiten wird die logopädische Behandlung als eine Folge medizinischer Diagnose betrachtet: Der Arzt stellt die Diagnose und der Logopäde führt die von dem Arzt verordnete Intervention unter dessen Kontrolle durch.“ Zum logopädischen Selbstverständnis stehe dort: „Die Logopädie definiert sich folglich zwar als genuin medizinisch, bezieht sich jedoch in zunehmendem Maße auf linguistisches, (sozial-)psychologisches und -im Vergleich zur Sprachheilpädagogik in geringerem Maße auf (sonder)pädagogisches Denken. Denn es stellt keine eigenständige wissenschaftliche Disziplin [...] dar.“ Auf Seite 29 finde sich folgende Aussage: „Sprachheilpädagogik und Logopädie weisen folglich weitgehende Überschneidungsbereiche hinsichtlich ihres Gegenstandsverständnisses auf, wobei allerdings aufgrund der unterschiedlichen Historie verschiedene Akzentuierungen vorgenommen werden. [...] Wie durch die Abbildungen verdeutlicht wird, stehen beide Fächer trotz ihrer historisch begründeten unterschiedlichen wissenschaftlichen Einbettung in einem interdisziplinären Verbund.“
25 
Ferner liege für die Logopädie, wie bereits aufgeführt, keine eindeutige Definition wie beim Physiotherapeuten in § 8 MPhG vor. Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung auf folgende Beschreibung bezüglich der Logopädie verwiesen: „Die Logopädie umfasst Prävention, Diagnostik, Therapie und Beratung von Patienten mit Sprach-, Sprech-, Stimm-, Hör- und Schluckstörungen durch einen Logopäden (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2012 „Logopädie").“ In dem zitierten Wörterbuch sei für den Linguisten jedoch eine ähnliche Beschreibung hinterlegt: „Die Berufsbezeichnung für eine Person, die wissenschaftsbasiert in den Bereichen Sprachentwicklungsstörung und erworbenen Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen diagnostiziert und therapiert, Therapiemethoden entwickelt und evaluiert.“ Selbiges gelte für die Beschreibung in dem Wörterbuch zum Atem-, Sprech- und Stimmlehrer: „Berufsbezeichnung für eine Person mit therapeutischer, präventiver und/oder pädagogischer Tätigkeit im Bereich der Entwicklung und des Einsatzes der menschlichen Stimme.“ Noch nicht einmal die sprachheilkundliche Fachliteratur sei daher in der Lage, eine genaue Abgrenzung vorzunehmen.
26 
Auch bei dem vom Gericht aufgeführten Prüfungsstoff (§ 5 Abs. 1 Satz 3, § 6 Abs. 1 Satz 2 LogAPrO) sei anzuführen, dass die Bezeichnungen oftmals unspezifisch seien und dass die einzelnen Behandlungsmethoden nicht näher bestimmt würden. Entgegen der Auffassung des Gerichts könne dadurch keine deutliche Abgrenzbarkeit gewährleistet werden. Wie bereits in der Klageerwiderung ausgeführt, wendeten weitere Berufsgruppen (Klinische Sprechwissenschaftler (Klinische Sprechwissenschaft), Atem-, Sprech- und Stimmlehrer, Klinische Linguisten (Klinische Linguistik) und Diplom-Sprachheilpädagogen sowie examinierte Sprachheilpädagogen) nahezu deckungsgleich Methoden an und könnten somit alleine nicht zur Abgrenzung herangezogen werden.
27 
Das Verwaltungsgericht führe zudem an, dass die Logopädie ein gesetzlich vorgesehenes und durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel darstelle. Zwar sei die Bezeichnung Logopädie nicht explizit aufgeführt, jedoch sei dies beim Bereich der Physiotherapie gleich. Die Richtlinie liste gleichermaßen zahlreiche physiotherapeutische Maßnahmen auf, allerdings werde auch der Begriff Physiotherapie nicht verwendet. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die aufgeführten physiotherapeutischen Maßnahmen, wie zum Beispiel die klassische Massagetherapie, nicht nur von Physiotherapeuten ausgeführt würden, weshalb die Aufführung einzelner Methoden in der Richtlinie alleine die Abgrenzbarkeit nicht belege. Der Logopäde könne somit aufgrund der mangelnden Abgrenzbarkeit der Tätigkeit eines Logopäden von der Tätigkeit anderer „Sprachtherapeuten“ im weiteren Sinne zudem gar nicht wie ein Arzt, der eine Diagnose stelle und dann an einen Logopäden verweise, tätig werden. Das Gebiet eigne sich nicht in demselben Maße wie die als Heilpraktiker angesehenen Tätigkeiten für einen „ursprünglichen“ Therapieansatz. Wenn schon die Ausbildungsinhalte unklar seien, seien Logopäden auch nicht für die Diagnostik geeignet. Es handele sich nach den bekanntgewordenen Inhalten auch im Sinne des Bundesverwaltungsgerichts um einen Heilhilfsberuf. Im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.03.2015 werde ausgeführt, dass „die Ausbildungsinhalte jedenfalls keine hinreichenden Kenntnisse und Fähigkeiten für eine Erstdiagnose vermitteln“. Die im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2009 aufgeführten Merkmale seien nur als Indizien für die Abgrenzbarkeit auszulegen. Alle aufgeführten Merkmale seien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bei der Prüfung der Abgrenzbarkeit zu beachten. Sie führten nur in der Gesamtheit zur Bejahung der Abgrenzbarkeit.
28 
Zur Problematik der „Diagnosenungenauigkeit“ sei ergänzend anzuführen, dass die Rahmenbedingungen beim Physiotherapeuten eindeutig vorlägen, weshalb dieser sich seiner Grenzen bewusst sei. Aufgrund der fehlenden Abgrenzbarkeit beim Logopäden könne dies hier nicht zweifelsfrei behauptet werden. Hieran änderten auch die Schilderungen der Klägerin im Termin beim Verwaltungsgericht nichts.
29 
Es sei erneut darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis bislang nur für die Gebiete der Physiotherapie, der Psychotherapie und der Podologie bejaht worden seien. Anders lautende gesetzliche Regelungen beziehungsweise höchstrichterliche Rechtsprechung lägen bisher nicht vor, weshalb die entsprechende Verwaltungsvorschrift derzeit „als Richtwert“ herangezogen werde. Bezüglich der vom Verwaltungsgericht aufgeführten untergerichtlichen Verfahren sei darauf hinzuweisen, dass zumindest das Verfahren des Verwaltungsgerichts Karlsruhe derzeit nicht rechtskräftig sei.
30 
Der Beklagte beantragt,
31 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Juni 2016 - 7 K 3134/15 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
32 
Die Klägerin beantragt,
33 
die Berufung zurückzuweisen.
34 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen des Beklagten im Einzelnen entgegen.
35 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Tübingen (ein Stehordner) und des Regierungspräsidiums Tübingen sowie die Prozessakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (jeweils ein Band) vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
36 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
37 
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Logopädie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
38 
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, BVerwGE 134, 345, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, 358).
39 
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung logopädischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. Soweit sich der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 19.03.2009 - 9 S 1413/08 -, MedR 2009, 610, zu Physiotherapeuten) etwas Entgegenstehendes entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.
40 
a) Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.08.2009, a.a.O., und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, BVerwGE 66, 367, 369).
41 
Die eigenverantwortliche Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Der Senat stimmt mit den Beteiligten und dem Verwaltungsgericht darin überein, dass sie heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzt. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Logopäden ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf des Logopäden - LogopG - vom 07.05.1980 (BGBl. I 1980 S. 529), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden - LogAPrO - vom 01.10.1980 (BGBl. I 1980 S. 1892), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.04.2016 (BGBl. I S. 886), abzustellen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 LogopG wird die Erlaubnis, eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Logopädin“ oder „Logopäde“ auszuüben, erteilt, wenn der Antragsteller (unter anderem) nach einer dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung für Logopäden bestanden hat. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LogAPrO auf folgende Fächer: 1. Logopädie, 2. Phoniatrie einschließlich Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, 3. Audiologie und Pädaudiologie, 4. Neurologie und Psychiatrie, 5. Berufs-, Gesetzes- und Staatsbürgerkunde. Die dreijährige Ausbildung für Logopädinnen und Logopäden umfasst nach § 1 Abs. 1 LogAPrO mindestens den in Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die in Anlage 2 aufgeführte praktische Ausbildung. Der Unterrichtsteil beinhaltet neben Anatomie und Physiologie (100 Stunden), Pathologie (20 Stunden), Hals-, Nasen- Ohren-Heilkunde (60 Stunden) usw. einen Logopädie-Teil von 480 Stunden. Die praktische Ausbildung beläuft sich auf insgesamt 2.100 Stunden, davon 1.520 Stunden Praxis der Logopädie. Diese normative Ausprägung des Berufsbildes des Logopäden lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis heilkundlicher Fachkenntnisse schließen. Nicht zuletzt manifestiert sich darin ein zeitlich wie inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand (vgl. zu diesem Aspekt OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 -, NJW-RR 2016, 109, 110).
42 
Zusätzlich zum Berufsrecht kann zur Bestimmung des Berufsbildes auch auf andere gesetzliche Regelungen der Logopädie - namentlich auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (vgl. ferner zum Beihilferecht §§ 23, 24 BBhV mit den Anlagen 9 und 10) - abgestellt werden. Insbesondere ist mit in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Logopädie um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend (vgl. zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 8/16, § 92 SGB V Rn. 3 ff., m.w.N.). Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu.
43 
Zwar ist die Bezeichnung „Logopädie“ weder in § 124 Abs. 1 SGB V noch in der Heilmittel-Richtlinie ausdrücklich genannt. Allerdings erwähnt § 124 Abs. 1 SGB V die „Sprachtherapie“. In der Heilmittel-Richtlinie sind unter F. die Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie aufgeführt. Nach § 30 Abs. 1 entfalten Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie ihre Wirkung auf phoniatrischen und neurophysiologischen Grundlagen und dienen dazu, die Kommunikationsfähigkeit, die Stimmgebung, das Sprechen, die Sprache und den Schluckakt bei krankheitsbedingten Störungen wiederherzustellen, zu verbessern oder eine Verschlimmerung zu vermeiden. Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sind in Abhängigkeit vom Störungsbild und der Belastbarkeit als 30-, 45- und 60-minütige Behandlung mit der Patientin oder dem Patienten verordnungsfähig (§ 30 Abs. 2 Satz 1). Die §§ 31 ff. befassen sich mit einzelnen Therapieformen (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie). In der Anlage 1 werden zudem - einem negativen Ansatz folgend - nichtverordnungsfähige Heilmittel aufgezählt. Auch die Anlage 2 (Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf nach § 32 Abs. 1a SGB V) befasst sich im Einzelnen mit Fragen der Zuordnung zur Logopädie (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie). Im Zweiten Teil (sog. Heilmittelkatalog) findet sich die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Hierbei werden detailliert Diagnosegruppen, funktionelle/strukturelle Schädigungen, Leitsymptomatiken, Ziele der Logopädie (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie) und entsprechende Heilmittelverordnungen zueinander in Beziehung gesetzt. In diesem Rahmen werden auch schwerstwiegende Erkrankungen thematisiert und mit komplexen Behandlungsmethoden in Verbindung gebracht. Dies verdeutlicht umso mehr, dass die selbstständige Ausübung von Logopädie heilkundliche Fachkenntnisse erfordert.
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Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis. Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren (vgl. zu deren hohem Rang als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192, und vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181, 194; Senatsurteil vom 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, MedR 2015, 40; Achterfeld, MedR 2013, 103), ist eine weite Auslegung geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, 107; Schnitzler, MedR 2010, 828, 831; Zuck, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Logopädie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse bedingen. Jedenfalls ist die eigenverantwortlich ausgeübte Logopädie in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen.
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Der Senat ist - in Übereinstimmung mit den Beteiligten und dem Verwaltungsgericht - ferner der Auffassung, dass mit der eigenverantwortlichen Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden ist. Zwar dürfte sich dies nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen.
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Die selbstständige Ausübung der Logopädie weist allerdings eine zur Erfüllung des Heilkundebegriffs führende Gefahrengeneigtheit auf. Die durch die Ausbildung zum Logopäden erworbenen Kenntnisse können dabei nicht zur Verneinung eines der Logopädie immanenten Gefahrenpotentials herangezogen werden. Die Frage, ob eine eigenverantwortlich ausgeübte Logopädie gefahrenträchtig ist, ist abstrakt und deshalb grundsätzlich losgelöst von den subjektiven Verhältnissen des Antragstellers zu beantworten. Zwar darf der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen (teilweise) vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HeilprG nicht noch einmal gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2006 - 9 S 519/06 -, VBlBW 2007, 24). Auch eine Pflicht, bereits erworbene Kenntnisse (bloß) nochmals überprüfen zu lassen, nur weil sich der Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes mit den Regelungen über die Qualifikation zum Logopäden überschneiden mag, ist regelmäßig unzumutbar. Dies spielt jedoch für die Subsumtion eines heilhilfsberuflichen Gebietes wie der Logopädie unter den Begriff der Heilkunde keine Rolle. Während die Frage, ob die Logopädie der Heilkunde zuzuordnen und deshalb nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig ist, rein objektiv vorzunehmen ist, wirken sich Vorkenntnisse des Antragstellers erst in einem zweiten Schritt, nämlich darauf aus, ob und in welchem Umfang zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis noch eine Kenntnisüberprüfung stattzufinden hat. Soweit dem Senatsbeschluss vom 10.07.2006 (a.a.O.) etwas Gegenteiliges entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten.
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Die Gefahrengeneigtheit der Logopädie lässt sich auch ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bejahen. Es kann bereits davon ausgegangen werden, dass durch die Anwendung (mancher) logopädischer Behandlungsmethoden unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden können. Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre. Insofern gilt es unter anderem zu bedenken, dass es zu den Aufgaben des Logopäden gehört, bereits an den Folgen schwerwiegender Gesundheitseinschränkungen leidende Patienten - zum Beispiel nach einem Schlaganfall - zu behandeln. Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Logopädie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.
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Dies gilt umso mehr, als ein großer Teil der Patienten von Logopäden nicht nur wegen eines isoliert aufgetretenen Leidens gesundheitlich eingeschränkt sein dürfte, sondern eher einen generell herabgesetzten Gesundheitszustand aufweist. Jedenfalls ist dem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge die Inanspruchnahme von Heilmittelleistungen durch Pflegebedürftige überproportional hoch. Ein Drittel von ihnen erhält Leistungen der Physiotherapie. Auch Leistungen der Ergotherapie und der Logopädie werden von dieser Versichertengruppe stärker in Anspruch genommen als von anderen Versichertengruppen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage im Bundestag, BT-Drucks. 18/7283, S. 7). Um bloß bagatellartige Heilmaßnahmen (vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 HeilprG Rn. 13) oder eine sonst von nennenswerten Gesundheitsgefahren freie Betätigung (vgl. insoweit zu Masseuren und medizinischen Bademeistern BVerwG, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 B 31.11 -; BayVGH, Urteil vom 10.02.2011 - 21 B 10.188 -, jeweils juris) geht es bei der Logopädie nicht.
49 
b) Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Logopädin ist. Die ihr nach dem Logopädengesetz erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopädin berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Logopäden zählt zu der zweiten Gruppe (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
50 
Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass der Logopäde anhand eines vom Arzt angegebenen Leitsymptoms nur die Einzelheiten der logopädischen Behandlung abklärt und diese durchführt.
51 
Deutlich wird die den Logopäden durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Ihnen ist die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Logopäden ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
52 
Dass Logopäden mit eigener Praxis sozialrechtlich ähnlich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer von Heilmitteln zugelassen werden können (§ 124 Abs. 1 und 2 SGB V), ist für die berufsrechtlich gezogenen Grenzen ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Die Zulassung berechtigt nicht zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, sondern betrifft die Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen und deren Leistungspflicht bei der Versorgung mit Heilmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
53 
c) Die Ausgestaltung des Berufsbildes der Logopäden als Heilhilfsberuf bedeutet auf der anderen Seite keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Der Gesetzgeber hat mit dem Logopädengesetz die Anwendung dieser Behandlungsmethoden nicht auf die nach diesem Gesetz ausgebildeten Logopäden beschränkt und damit dieses Betätigungsfeld für Heilpraktiker geschlossen, sondern nur die Voraussetzungen und den Rahmen für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Logopäde“ normiert (vgl. § 1 Abs. 1 LogopG). Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Logopädie bleibt unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Die jeweiligen Berufszugangsregelungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen bestehen nebeneinander. Insoweit gilt für die Logopädie nichts anderes als für andere vom Gesetzgeber fixierte Heil- oder Heilhilfsberufe (vgl. für den Bereich der Physiotherapie BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; für den Bereich der Psychotherapie Urteile vom 09.12.2004 - 3 C 11.04 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 22, und vom 28.11.2002 - 3 C 44.01 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21).
54 
2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Logopädie erteilt werden darf. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 361); die dortigen Erwägungen sind aber - wie das Bundesverwaltungsgericht später ausdrücklich betont hat - nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. - diese Voraussetzungen bejahend für das Gebiet Physiotherapie - BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v., Beschlussabdruck S. 7 ff.; dem folgend etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 668/09 -, MedR 2012, 751; Beschluss vom 04.11.2013 - 13 A 1463/12 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 LB 225/12 -, NdsVBl. 2014, 130). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
55 
Der Bereich der Logopädie ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar. Der Tätigkeitsumfang wird durch den in der Anlage 1 LogAPrO aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die in der Anlage 2 aufgeführte praktische Ausbildung definiert. Es handelt sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Angesichts dieses normativen Rahmens ist nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Logopädie zählt oder nicht. Ähnlich wie bei der Psychotherapie geht es bei der Logopädie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um eine bestimmte Therapieform für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben können, Daraus ergeben sich keine (unzumutbaren) Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieform (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
56 
Der Annahme, für den Logopäden fehle es im Gegensatz etwa zum Physiotherapeuten an einem gesetzlich fixierten Berufsbild, kann nicht zugestimmt werden. Ein hinreichender normativer Rahmen ist insbesondere mit dem Logopädengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden gesetzt. Daneben kann auf die Heilmittel-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dabei ist es unschädlich, dass - insoweit abweichend von der Rechtslage bei den Physiotherapeuten - kein ausdrückliches Ausbildungsziel definiert ist. Der Beruf des Logopäden erfährt durch die sonst vorhandenen, oben genannten Normen, darunter etwa die genaue Bestimmung der Ausbildungsinhalte, eine hinreichende Prägung.
57 
Auch wenn ein gewisses Maß nicht-heilkundlicher Bestandteile der Ausbildung und der faktischen Betätigung des Logopäden (auch bei unterstellter eigenverantwortlicher, das heißt von ärztlicher Verordnung unabhängiger Berufsausübung) gegeben sein mag, steht dies der Erteilung einer auf dieses Gebiet bezogenen Heilpraktikererlaubnis nicht entgegen. Mit deren Erteilung werden die nicht-heilkundlichen Bestandteile der Tätigkeit des Logopäden nicht zur Heilkunde aufgewertet oder auch nur „umdeklariert“. Es bedarf deshalb auch keiner genauen Ermittlung und Gewichtung der heilkundlichen im Verhältnis zu den nicht-heilkundlicher Verrichtungen eines Logopäden. Soweit sich Teile des logopädischen Tätigkeitsfeldes eindeutig dem nicht-heilkundlichen Bereich zuordnen lassen, sind sie der Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet Logopädie nicht abträglich; sie haben für die Heilpraktikererlaubnis schlicht keine Relevanz.
58 
Lediglich insoweit, als wegen der Weite des Berufsbildes des Logopäden hiervon auch Betätigungsfelder umfasst sind, bei denen zweifelhaft sein könnte, ob es sich bei selbstständiger Ausübung um Heilkunde handelt, bedarf dies einer näheren Betrachtung. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Logopädie führt allerdings zu keiner Änderung des dem Logopäden Gestatteten mit Ausnahme dessen, dass das Erfordernis einer jeweiligen ärztlichen Verordnung für das Tätigwerden als Logopäde entfällt. Vor diesem Hintergrund erscheinen in der Literatur geäußerte Bedenken betreffend eine erhöhte Rechtsunsicherheit, eine mögliche Gefährdung von Patienten und eine Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 5 HeilprG (vgl. Sasse, GesR 2013, 641 ff.) überzogen.
59 
Mit dem Logopädengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden ist normativ entschieden, welchen Voraussetzungen die Führung der Berufsbezeichnung „Logopädin“ oder „Logopäde“ unterliegt (zur Bußgeldbewehrung siehe § 7 LogopG). Auf den Umfang dessen, was im Sinne von § 5 HeilprG strafbar ist, hat die Anerkennung von Heilpraktikererlaubnissen für bestimmte therapeutische Teilgebiete keinen Einfluss. Von Bedeutung könnten somit allein vermehrt auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zulassung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Logopädie im Hinblick auf den in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden genannten Kanon der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und deren heilkundliche Qualität sein.
60 
Auch ohne einen Bezug zur Heilpraktikererlaubnis stellt sich indes schon bislang das Problem der Bestimmtheit und der Auslegung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden, da es gilt, die genauen Ausbildungs- und Prüfungsinhalte für Logopäden zu bestimmen. Diese Problematik verlagert sich bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Logopäden auf die Ebene der Überprüfung durch das Gesundheitsamt, das aus den solchermaßen normativ vorgegebenen Ausbildungs- und Prüfungsinhalten des Logopäden abzuleiten hat, welche Kenntnisse bei diesem vorausgesetzt werden können und welche zusätzlich für die Ausübung selbstständiger Heilkunde auf dem so umrissenen Gebiet zusätzlich überprüft werden müssen. Ferner kann auf einer weiteren Ebene, nämlich im Rahmen der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit der Anwendung von Behandlungsmethoden nach § 5 HeilprG, die Frage aufgeworfen sein, welchen Umfang eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Logopäden abdeckt. Um eine Besonderheit gerade der Logopäden geht es insoweit allerdings nicht. Abgrenzungsprobleme dergestalt, ob bestimmte Behandlungen als Heilkunde zu betrachten sind und - falls ja - ob sie von einer Heilpraktikererlaubnis gedeckt sind, entstehen nicht dadurch, dass ein Logopäde auch zahlreiche nicht-heilkundliche Maßnahmen praktiziert, sondern können ebenso etwa bei Physio- oder Psychotherapeuten auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -, NJW 2011, 3591, wonach die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs „Ausübung der Heilkunde“ auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich ist). Zwar ist einzuräumen, dass das Gebiet der Logopädie etwas weniger scharf umrissen ist; dies wird allerdings dadurch abgemildert, dass sich - wie oben dargestellt (S. 16 ff.) - auch hier ein „heilkundlicher Teil“ bestimmen lässt und es für die beschränkte Heilpraktikererlaubnis allein auf diesen Teilbereich ankommt. Mithin ist eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Logopädie ebenso wenig zu unbestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG wie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden aus Gründen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Auch eine mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht hinreichend bestimmte Strafbarkeit ist mit ihr nicht verbunden (vgl. zur Verwaltungsaktakzessorietät von Strafgesetzen Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 62, m.w.N.).
61 
Bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit handelt es sich nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Für die Einholung eines darauf bezogenen Sachverständigengutachtens besteht auch sonst kein Anlass.
62 
Der bei einer weiteren Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis zu erwartende erhöhte Verwaltungsaufwand (vgl. auch Sasse, GesR 2013, 641 ff.) ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen. Sektorale Beschränkungen der Heilpraktikererlaubnis spiegeln im Übrigen nur die fortgeschrittene Ausdifferenzierung der Gesundheitsberufe durch den Gesetzgeber wider. Solange einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Betätigung bei der Patientenbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt aufrechterhalten bleibt, besteht eine systematische Unstimmigkeit oder - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 195) - eine Ungereimtheit, die sich dadurch jedenfalls abmildern lässt, dass der Zugang zu abgrenzbaren heilkundlichen Betätigungsfeldern durch entsprechend beschränkte Heilpraktikererlaubnisse eröffnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
63 
3. Ein Logopäde ist allerdings allein kraft seiner Ausbildung nicht zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit befähigt. Zum Schutz der Patienten ist deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die in der Ausbildung nicht vermittelten Kenntnisse zur logopädischen Behandlung ohne ärztliche Verordnung nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
64 
Nach § 2 Abs. 1 lit. i 1. DVO-HeilprG ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt vorzunehmen, um festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) bedeuten würde. Diese Überprüfung fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt mit der konkret beabsichtigten Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., S. 373). Der Umfang der Überprüfung steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Von einem Berufsbewerber dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in einem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f. und vom 10.02.1983, a.a.O., S. 372 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988, a.a.O., S. 194). Er muss keine Kenntnisse nachweisen, die er für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund seiner Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; näher zum Ganzen auch Schelling, a.a.O., § 2 DVO-HeilprG, Rn. 8 ff.).
65 
Aufgrund ihrer Ausbildung kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung mit den Mitteln der Logopädie hinreichend sicher beherrscht. Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der logopädischen Behandlungsmethoden müssen deshalb nicht überprüft werden. Gleiches gilt für heilkundliche Kenntnisse über Krankheiten, die mit Beschwerden auf dem Gebiet der Logopädie in keinem Zusammenhang stehen und mit denen ein Logopäde in der Praxis nicht konfrontiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
66 
Ihre Ausbildung befähigt die Klägerin aber nicht zu einer selbstständigen Erstdiagnose. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausbildungsprogramm für Logopäden nach Maßgabe des Logopädengesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden gerade keine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vorgesehen, die für eine solche Erstdiagnose erforderlich sind. Entsprechend dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Berufsbild wird ein Logopäde im Rahmen der Krankenbehandlung nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig (siehe oben). Seine durch die Ausbildung vermittelte Befähigung ist begrenzt auf die fachgerechte Anwendung der Logopädie bei Patienten, bei denen die vorgelagerte Entscheidung darüber, ob überhaupt eine mit dieser Therapieform zu behandelnde Krankheit vorliegt, bereits getroffen worden ist. Diese Ausbildungslücke ist normativ vorgegeben. Sie folgt der Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein nach seinen Vorstellungen geschulter Logopäde keine selbstständige Heilkunde ausüben kann, aber auch nicht soll. Es geht also nicht nur um eine Bewertung der durch die Ausbildung erreichbaren Befähigung, sondern auch um die im Vorfeld getroffene Festlegung, inwieweit Nichtärzten eine selbstständige Heiltätigkeit anvertraut werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
67 
Eine andere Beurteilung wäre erst dann geboten, wenn sich die Einschätzung des Gesetzgebers als eindeutig unzutreffend oder überholt erweisen würde. Dazu müsste etwa dargelegt werden, dass die vorgegebenen Ausbildungsinhalte nicht mit dem Berufsbild eines Heilhilfsberufes korrespondierten, sondern - gleichsam überschießend - deutlich weitergehende Kenntnisse vermittelten als für die Ausübung des Berufs erforderlich. Dafür spricht schon hier nichts. Die für ein eigenverantwortliches Handeln nötigen Kenntnisse entstehen auch nicht in ausreichendem Maße durch die Befassung mit der Logopädie gleichsam als Nebeneffekt der Aneignung von Kenntnissen über die richtige Anwendung der Therapiemethode. Es besteht nämlich ein grundlegender Unterschied zwischen der fachgerechten Anwendung einer Behandlungsmethode und ihrer Indikation. Auch von einem ausgebildeten Logopäden muss deshalb zum Schutz der Patienten verlangt werden, dass über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber vorhanden sind, ob eine solche Behandlung angezeigt ist. Dabei geht es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
68 
Eine solche Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Patienten nicht unverhältnismäßig. Vor allem dient sie nicht nur der Abwehr mittelbarer Gefahren, die daraus erwachsen können, dass ein Patient von dem notwendigen Besuch eines Arztes abgehalten wird, etwa weil er der Erstdiagnose eines ausgebildeten Logopäden besonderes Vertrauen entgegenbringt. Es geht vielmehr auch um Gefahren, die durch die Anwendung logopädischer Behandlungsmethoden unmittelbar hervorgerufen werden können. Sie bleiben bei falscher Diagnose oder nicht erkannten Kontraindikationen nicht lediglich wirkungslos, sondern können das Leiden des Patienten unter Umständen deutlich verschlimmern. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu solchen Tätigkeiten, die für sich genommen nicht zu Beeinträchtigungen führen können (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, MedR 2005, 35 und vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890; ferner Beschluss vom 07.08.2000 - 1 BvR 254/99 -, NJW 2000, 2736; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
69 
Aus alledem ergibt sich für den Regelfall ein bestimmter Zuschnitt der Kenntnisüberprüfung bei ausgebildeten Logopäden, die auf ihrem Gebiet eigenverantwortlich tätig werden wollen. Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Logopäde gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
70 
Da die Kenntnisüberprüfung keine formalisierte Prüfungsleistung darstellt, sondern allein der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gefahrenabwehr dient, kommt es außerdem auf mögliche Einzelumstände an. Die Behörde muss zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach dem Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; so bereits auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f.).
II.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Logopädie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
72 
Beschluss vom 23. März 2017
73 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; vgl. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, VBlBW Sonderbeilage Januar 2014; Senatsbeschluss vom 20.12.2016 - 9 S 1935/16 -).
74 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
36 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
37 
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Logopädie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
38 
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, BVerwGE 134, 345, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, 358).
39 
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung logopädischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. Soweit sich der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 19.03.2009 - 9 S 1413/08 -, MedR 2009, 610, zu Physiotherapeuten) etwas Entgegenstehendes entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.
40 
a) Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.08.2009, a.a.O., und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, BVerwGE 66, 367, 369).
41 
Die eigenverantwortliche Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Der Senat stimmt mit den Beteiligten und dem Verwaltungsgericht darin überein, dass sie heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzt. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Logopäden ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf des Logopäden - LogopG - vom 07.05.1980 (BGBl. I 1980 S. 529), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden - LogAPrO - vom 01.10.1980 (BGBl. I 1980 S. 1892), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.04.2016 (BGBl. I S. 886), abzustellen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 LogopG wird die Erlaubnis, eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Logopädin“ oder „Logopäde“ auszuüben, erteilt, wenn der Antragsteller (unter anderem) nach einer dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung für Logopäden bestanden hat. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LogAPrO auf folgende Fächer: 1. Logopädie, 2. Phoniatrie einschließlich Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, 3. Audiologie und Pädaudiologie, 4. Neurologie und Psychiatrie, 5. Berufs-, Gesetzes- und Staatsbürgerkunde. Die dreijährige Ausbildung für Logopädinnen und Logopäden umfasst nach § 1 Abs. 1 LogAPrO mindestens den in Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die in Anlage 2 aufgeführte praktische Ausbildung. Der Unterrichtsteil beinhaltet neben Anatomie und Physiologie (100 Stunden), Pathologie (20 Stunden), Hals-, Nasen- Ohren-Heilkunde (60 Stunden) usw. einen Logopädie-Teil von 480 Stunden. Die praktische Ausbildung beläuft sich auf insgesamt 2.100 Stunden, davon 1.520 Stunden Praxis der Logopädie. Diese normative Ausprägung des Berufsbildes des Logopäden lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis heilkundlicher Fachkenntnisse schließen. Nicht zuletzt manifestiert sich darin ein zeitlich wie inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand (vgl. zu diesem Aspekt OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 -, NJW-RR 2016, 109, 110).
42 
Zusätzlich zum Berufsrecht kann zur Bestimmung des Berufsbildes auch auf andere gesetzliche Regelungen der Logopädie - namentlich auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (vgl. ferner zum Beihilferecht §§ 23, 24 BBhV mit den Anlagen 9 und 10) - abgestellt werden. Insbesondere ist mit in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Logopädie um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend (vgl. zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 8/16, § 92 SGB V Rn. 3 ff., m.w.N.). Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu.
43 
Zwar ist die Bezeichnung „Logopädie“ weder in § 124 Abs. 1 SGB V noch in der Heilmittel-Richtlinie ausdrücklich genannt. Allerdings erwähnt § 124 Abs. 1 SGB V die „Sprachtherapie“. In der Heilmittel-Richtlinie sind unter F. die Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie aufgeführt. Nach § 30 Abs. 1 entfalten Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie ihre Wirkung auf phoniatrischen und neurophysiologischen Grundlagen und dienen dazu, die Kommunikationsfähigkeit, die Stimmgebung, das Sprechen, die Sprache und den Schluckakt bei krankheitsbedingten Störungen wiederherzustellen, zu verbessern oder eine Verschlimmerung zu vermeiden. Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sind in Abhängigkeit vom Störungsbild und der Belastbarkeit als 30-, 45- und 60-minütige Behandlung mit der Patientin oder dem Patienten verordnungsfähig (§ 30 Abs. 2 Satz 1). Die §§ 31 ff. befassen sich mit einzelnen Therapieformen (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie). In der Anlage 1 werden zudem - einem negativen Ansatz folgend - nichtverordnungsfähige Heilmittel aufgezählt. Auch die Anlage 2 (Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf nach § 32 Abs. 1a SGB V) befasst sich im Einzelnen mit Fragen der Zuordnung zur Logopädie (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie). Im Zweiten Teil (sog. Heilmittelkatalog) findet sich die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Hierbei werden detailliert Diagnosegruppen, funktionelle/strukturelle Schädigungen, Leitsymptomatiken, Ziele der Logopädie (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie) und entsprechende Heilmittelverordnungen zueinander in Beziehung gesetzt. In diesem Rahmen werden auch schwerstwiegende Erkrankungen thematisiert und mit komplexen Behandlungsmethoden in Verbindung gebracht. Dies verdeutlicht umso mehr, dass die selbstständige Ausübung von Logopädie heilkundliche Fachkenntnisse erfordert.
44 
Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis. Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren (vgl. zu deren hohem Rang als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192, und vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181, 194; Senatsurteil vom 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, MedR 2015, 40; Achterfeld, MedR 2013, 103), ist eine weite Auslegung geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, 107; Schnitzler, MedR 2010, 828, 831; Zuck, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Logopädie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse bedingen. Jedenfalls ist die eigenverantwortlich ausgeübte Logopädie in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen.
45 
Der Senat ist - in Übereinstimmung mit den Beteiligten und dem Verwaltungsgericht - ferner der Auffassung, dass mit der eigenverantwortlichen Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden ist. Zwar dürfte sich dies nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen.
46 
Die selbstständige Ausübung der Logopädie weist allerdings eine zur Erfüllung des Heilkundebegriffs führende Gefahrengeneigtheit auf. Die durch die Ausbildung zum Logopäden erworbenen Kenntnisse können dabei nicht zur Verneinung eines der Logopädie immanenten Gefahrenpotentials herangezogen werden. Die Frage, ob eine eigenverantwortlich ausgeübte Logopädie gefahrenträchtig ist, ist abstrakt und deshalb grundsätzlich losgelöst von den subjektiven Verhältnissen des Antragstellers zu beantworten. Zwar darf der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen (teilweise) vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HeilprG nicht noch einmal gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2006 - 9 S 519/06 -, VBlBW 2007, 24). Auch eine Pflicht, bereits erworbene Kenntnisse (bloß) nochmals überprüfen zu lassen, nur weil sich der Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes mit den Regelungen über die Qualifikation zum Logopäden überschneiden mag, ist regelmäßig unzumutbar. Dies spielt jedoch für die Subsumtion eines heilhilfsberuflichen Gebietes wie der Logopädie unter den Begriff der Heilkunde keine Rolle. Während die Frage, ob die Logopädie der Heilkunde zuzuordnen und deshalb nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig ist, rein objektiv vorzunehmen ist, wirken sich Vorkenntnisse des Antragstellers erst in einem zweiten Schritt, nämlich darauf aus, ob und in welchem Umfang zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis noch eine Kenntnisüberprüfung stattzufinden hat. Soweit dem Senatsbeschluss vom 10.07.2006 (a.a.O.) etwas Gegenteiliges entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten.
47 
Die Gefahrengeneigtheit der Logopädie lässt sich auch ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bejahen. Es kann bereits davon ausgegangen werden, dass durch die Anwendung (mancher) logopädischer Behandlungsmethoden unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden können. Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre. Insofern gilt es unter anderem zu bedenken, dass es zu den Aufgaben des Logopäden gehört, bereits an den Folgen schwerwiegender Gesundheitseinschränkungen leidende Patienten - zum Beispiel nach einem Schlaganfall - zu behandeln. Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Logopädie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.
48 
Dies gilt umso mehr, als ein großer Teil der Patienten von Logopäden nicht nur wegen eines isoliert aufgetretenen Leidens gesundheitlich eingeschränkt sein dürfte, sondern eher einen generell herabgesetzten Gesundheitszustand aufweist. Jedenfalls ist dem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge die Inanspruchnahme von Heilmittelleistungen durch Pflegebedürftige überproportional hoch. Ein Drittel von ihnen erhält Leistungen der Physiotherapie. Auch Leistungen der Ergotherapie und der Logopädie werden von dieser Versichertengruppe stärker in Anspruch genommen als von anderen Versichertengruppen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage im Bundestag, BT-Drucks. 18/7283, S. 7). Um bloß bagatellartige Heilmaßnahmen (vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 HeilprG Rn. 13) oder eine sonst von nennenswerten Gesundheitsgefahren freie Betätigung (vgl. insoweit zu Masseuren und medizinischen Bademeistern BVerwG, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 B 31.11 -; BayVGH, Urteil vom 10.02.2011 - 21 B 10.188 -, jeweils juris) geht es bei der Logopädie nicht.
49 
b) Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Logopädin ist. Die ihr nach dem Logopädengesetz erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopädin berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Logopäden zählt zu der zweiten Gruppe (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
50 
Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass der Logopäde anhand eines vom Arzt angegebenen Leitsymptoms nur die Einzelheiten der logopädischen Behandlung abklärt und diese durchführt.
51 
Deutlich wird die den Logopäden durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Ihnen ist die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Logopäden ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
52 
Dass Logopäden mit eigener Praxis sozialrechtlich ähnlich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer von Heilmitteln zugelassen werden können (§ 124 Abs. 1 und 2 SGB V), ist für die berufsrechtlich gezogenen Grenzen ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Die Zulassung berechtigt nicht zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, sondern betrifft die Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen und deren Leistungspflicht bei der Versorgung mit Heilmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
53 
c) Die Ausgestaltung des Berufsbildes der Logopäden als Heilhilfsberuf bedeutet auf der anderen Seite keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Der Gesetzgeber hat mit dem Logopädengesetz die Anwendung dieser Behandlungsmethoden nicht auf die nach diesem Gesetz ausgebildeten Logopäden beschränkt und damit dieses Betätigungsfeld für Heilpraktiker geschlossen, sondern nur die Voraussetzungen und den Rahmen für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Logopäde“ normiert (vgl. § 1 Abs. 1 LogopG). Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Logopädie bleibt unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Die jeweiligen Berufszugangsregelungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen bestehen nebeneinander. Insoweit gilt für die Logopädie nichts anderes als für andere vom Gesetzgeber fixierte Heil- oder Heilhilfsberufe (vgl. für den Bereich der Physiotherapie BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; für den Bereich der Psychotherapie Urteile vom 09.12.2004 - 3 C 11.04 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 22, und vom 28.11.2002 - 3 C 44.01 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21).
54 
2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Logopädie erteilt werden darf. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 361); die dortigen Erwägungen sind aber - wie das Bundesverwaltungsgericht später ausdrücklich betont hat - nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. - diese Voraussetzungen bejahend für das Gebiet Physiotherapie - BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v., Beschlussabdruck S. 7 ff.; dem folgend etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 668/09 -, MedR 2012, 751; Beschluss vom 04.11.2013 - 13 A 1463/12 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 LB 225/12 -, NdsVBl. 2014, 130). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
55 
Der Bereich der Logopädie ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar. Der Tätigkeitsumfang wird durch den in der Anlage 1 LogAPrO aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die in der Anlage 2 aufgeführte praktische Ausbildung definiert. Es handelt sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Angesichts dieses normativen Rahmens ist nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Logopädie zählt oder nicht. Ähnlich wie bei der Psychotherapie geht es bei der Logopädie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um eine bestimmte Therapieform für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben können, Daraus ergeben sich keine (unzumutbaren) Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieform (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
56 
Der Annahme, für den Logopäden fehle es im Gegensatz etwa zum Physiotherapeuten an einem gesetzlich fixierten Berufsbild, kann nicht zugestimmt werden. Ein hinreichender normativer Rahmen ist insbesondere mit dem Logopädengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden gesetzt. Daneben kann auf die Heilmittel-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dabei ist es unschädlich, dass - insoweit abweichend von der Rechtslage bei den Physiotherapeuten - kein ausdrückliches Ausbildungsziel definiert ist. Der Beruf des Logopäden erfährt durch die sonst vorhandenen, oben genannten Normen, darunter etwa die genaue Bestimmung der Ausbildungsinhalte, eine hinreichende Prägung.
57 
Auch wenn ein gewisses Maß nicht-heilkundlicher Bestandteile der Ausbildung und der faktischen Betätigung des Logopäden (auch bei unterstellter eigenverantwortlicher, das heißt von ärztlicher Verordnung unabhängiger Berufsausübung) gegeben sein mag, steht dies der Erteilung einer auf dieses Gebiet bezogenen Heilpraktikererlaubnis nicht entgegen. Mit deren Erteilung werden die nicht-heilkundlichen Bestandteile der Tätigkeit des Logopäden nicht zur Heilkunde aufgewertet oder auch nur „umdeklariert“. Es bedarf deshalb auch keiner genauen Ermittlung und Gewichtung der heilkundlichen im Verhältnis zu den nicht-heilkundlicher Verrichtungen eines Logopäden. Soweit sich Teile des logopädischen Tätigkeitsfeldes eindeutig dem nicht-heilkundlichen Bereich zuordnen lassen, sind sie der Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet Logopädie nicht abträglich; sie haben für die Heilpraktikererlaubnis schlicht keine Relevanz.
58 
Lediglich insoweit, als wegen der Weite des Berufsbildes des Logopäden hiervon auch Betätigungsfelder umfasst sind, bei denen zweifelhaft sein könnte, ob es sich bei selbstständiger Ausübung um Heilkunde handelt, bedarf dies einer näheren Betrachtung. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Logopädie führt allerdings zu keiner Änderung des dem Logopäden Gestatteten mit Ausnahme dessen, dass das Erfordernis einer jeweiligen ärztlichen Verordnung für das Tätigwerden als Logopäde entfällt. Vor diesem Hintergrund erscheinen in der Literatur geäußerte Bedenken betreffend eine erhöhte Rechtsunsicherheit, eine mögliche Gefährdung von Patienten und eine Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 5 HeilprG (vgl. Sasse, GesR 2013, 641 ff.) überzogen.
59 
Mit dem Logopädengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden ist normativ entschieden, welchen Voraussetzungen die Führung der Berufsbezeichnung „Logopädin“ oder „Logopäde“ unterliegt (zur Bußgeldbewehrung siehe § 7 LogopG). Auf den Umfang dessen, was im Sinne von § 5 HeilprG strafbar ist, hat die Anerkennung von Heilpraktikererlaubnissen für bestimmte therapeutische Teilgebiete keinen Einfluss. Von Bedeutung könnten somit allein vermehrt auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zulassung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Logopädie im Hinblick auf den in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden genannten Kanon der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und deren heilkundliche Qualität sein.
60 
Auch ohne einen Bezug zur Heilpraktikererlaubnis stellt sich indes schon bislang das Problem der Bestimmtheit und der Auslegung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden, da es gilt, die genauen Ausbildungs- und Prüfungsinhalte für Logopäden zu bestimmen. Diese Problematik verlagert sich bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Logopäden auf die Ebene der Überprüfung durch das Gesundheitsamt, das aus den solchermaßen normativ vorgegebenen Ausbildungs- und Prüfungsinhalten des Logopäden abzuleiten hat, welche Kenntnisse bei diesem vorausgesetzt werden können und welche zusätzlich für die Ausübung selbstständiger Heilkunde auf dem so umrissenen Gebiet zusätzlich überprüft werden müssen. Ferner kann auf einer weiteren Ebene, nämlich im Rahmen der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit der Anwendung von Behandlungsmethoden nach § 5 HeilprG, die Frage aufgeworfen sein, welchen Umfang eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Logopäden abdeckt. Um eine Besonderheit gerade der Logopäden geht es insoweit allerdings nicht. Abgrenzungsprobleme dergestalt, ob bestimmte Behandlungen als Heilkunde zu betrachten sind und - falls ja - ob sie von einer Heilpraktikererlaubnis gedeckt sind, entstehen nicht dadurch, dass ein Logopäde auch zahlreiche nicht-heilkundliche Maßnahmen praktiziert, sondern können ebenso etwa bei Physio- oder Psychotherapeuten auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -, NJW 2011, 3591, wonach die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs „Ausübung der Heilkunde“ auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich ist). Zwar ist einzuräumen, dass das Gebiet der Logopädie etwas weniger scharf umrissen ist; dies wird allerdings dadurch abgemildert, dass sich - wie oben dargestellt (S. 16 ff.) - auch hier ein „heilkundlicher Teil“ bestimmen lässt und es für die beschränkte Heilpraktikererlaubnis allein auf diesen Teilbereich ankommt. Mithin ist eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Logopädie ebenso wenig zu unbestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG wie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden aus Gründen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Auch eine mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht hinreichend bestimmte Strafbarkeit ist mit ihr nicht verbunden (vgl. zur Verwaltungsaktakzessorietät von Strafgesetzen Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 62, m.w.N.).
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Bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit handelt es sich nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Für die Einholung eines darauf bezogenen Sachverständigengutachtens besteht auch sonst kein Anlass.
62 
Der bei einer weiteren Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis zu erwartende erhöhte Verwaltungsaufwand (vgl. auch Sasse, GesR 2013, 641 ff.) ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen. Sektorale Beschränkungen der Heilpraktikererlaubnis spiegeln im Übrigen nur die fortgeschrittene Ausdifferenzierung der Gesundheitsberufe durch den Gesetzgeber wider. Solange einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Betätigung bei der Patientenbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt aufrechterhalten bleibt, besteht eine systematische Unstimmigkeit oder - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 195) - eine Ungereimtheit, die sich dadurch jedenfalls abmildern lässt, dass der Zugang zu abgrenzbaren heilkundlichen Betätigungsfeldern durch entsprechend beschränkte Heilpraktikererlaubnisse eröffnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
63 
3. Ein Logopäde ist allerdings allein kraft seiner Ausbildung nicht zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit befähigt. Zum Schutz der Patienten ist deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die in der Ausbildung nicht vermittelten Kenntnisse zur logopädischen Behandlung ohne ärztliche Verordnung nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
64 
Nach § 2 Abs. 1 lit. i 1. DVO-HeilprG ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt vorzunehmen, um festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) bedeuten würde. Diese Überprüfung fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt mit der konkret beabsichtigten Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., S. 373). Der Umfang der Überprüfung steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Von einem Berufsbewerber dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in einem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f. und vom 10.02.1983, a.a.O., S. 372 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988, a.a.O., S. 194). Er muss keine Kenntnisse nachweisen, die er für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund seiner Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; näher zum Ganzen auch Schelling, a.a.O., § 2 DVO-HeilprG, Rn. 8 ff.).
65 
Aufgrund ihrer Ausbildung kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung mit den Mitteln der Logopädie hinreichend sicher beherrscht. Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der logopädischen Behandlungsmethoden müssen deshalb nicht überprüft werden. Gleiches gilt für heilkundliche Kenntnisse über Krankheiten, die mit Beschwerden auf dem Gebiet der Logopädie in keinem Zusammenhang stehen und mit denen ein Logopäde in der Praxis nicht konfrontiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
66 
Ihre Ausbildung befähigt die Klägerin aber nicht zu einer selbstständigen Erstdiagnose. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausbildungsprogramm für Logopäden nach Maßgabe des Logopädengesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden gerade keine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vorgesehen, die für eine solche Erstdiagnose erforderlich sind. Entsprechend dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Berufsbild wird ein Logopäde im Rahmen der Krankenbehandlung nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig (siehe oben). Seine durch die Ausbildung vermittelte Befähigung ist begrenzt auf die fachgerechte Anwendung der Logopädie bei Patienten, bei denen die vorgelagerte Entscheidung darüber, ob überhaupt eine mit dieser Therapieform zu behandelnde Krankheit vorliegt, bereits getroffen worden ist. Diese Ausbildungslücke ist normativ vorgegeben. Sie folgt der Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein nach seinen Vorstellungen geschulter Logopäde keine selbstständige Heilkunde ausüben kann, aber auch nicht soll. Es geht also nicht nur um eine Bewertung der durch die Ausbildung erreichbaren Befähigung, sondern auch um die im Vorfeld getroffene Festlegung, inwieweit Nichtärzten eine selbstständige Heiltätigkeit anvertraut werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
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Eine andere Beurteilung wäre erst dann geboten, wenn sich die Einschätzung des Gesetzgebers als eindeutig unzutreffend oder überholt erweisen würde. Dazu müsste etwa dargelegt werden, dass die vorgegebenen Ausbildungsinhalte nicht mit dem Berufsbild eines Heilhilfsberufes korrespondierten, sondern - gleichsam überschießend - deutlich weitergehende Kenntnisse vermittelten als für die Ausübung des Berufs erforderlich. Dafür spricht schon hier nichts. Die für ein eigenverantwortliches Handeln nötigen Kenntnisse entstehen auch nicht in ausreichendem Maße durch die Befassung mit der Logopädie gleichsam als Nebeneffekt der Aneignung von Kenntnissen über die richtige Anwendung der Therapiemethode. Es besteht nämlich ein grundlegender Unterschied zwischen der fachgerechten Anwendung einer Behandlungsmethode und ihrer Indikation. Auch von einem ausgebildeten Logopäden muss deshalb zum Schutz der Patienten verlangt werden, dass über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber vorhanden sind, ob eine solche Behandlung angezeigt ist. Dabei geht es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
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Eine solche Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Patienten nicht unverhältnismäßig. Vor allem dient sie nicht nur der Abwehr mittelbarer Gefahren, die daraus erwachsen können, dass ein Patient von dem notwendigen Besuch eines Arztes abgehalten wird, etwa weil er der Erstdiagnose eines ausgebildeten Logopäden besonderes Vertrauen entgegenbringt. Es geht vielmehr auch um Gefahren, die durch die Anwendung logopädischer Behandlungsmethoden unmittelbar hervorgerufen werden können. Sie bleiben bei falscher Diagnose oder nicht erkannten Kontraindikationen nicht lediglich wirkungslos, sondern können das Leiden des Patienten unter Umständen deutlich verschlimmern. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu solchen Tätigkeiten, die für sich genommen nicht zu Beeinträchtigungen führen können (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, MedR 2005, 35 und vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890; ferner Beschluss vom 07.08.2000 - 1 BvR 254/99 -, NJW 2000, 2736; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
69 
Aus alledem ergibt sich für den Regelfall ein bestimmter Zuschnitt der Kenntnisüberprüfung bei ausgebildeten Logopäden, die auf ihrem Gebiet eigenverantwortlich tätig werden wollen. Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Logopäde gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
70 
Da die Kenntnisüberprüfung keine formalisierte Prüfungsleistung darstellt, sondern allein der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gefahrenabwehr dient, kommt es außerdem auf mögliche Einzelumstände an. Die Behörde muss zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach dem Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; so bereits auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f.).
II.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Logopädie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
72 
Beschluss vom 23. März 2017
73 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; vgl. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, VBlBW Sonderbeilage Januar 2014; Senatsbeschluss vom 20.12.2016 - 9 S 1935/16 -).
74 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2015 - 9 K 1519/13 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land die Erteilung der Erlaubnis zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf den Bereich der Ergotherapie (sektorale Heilpraktikererlaubnis).
Im Jahre 1989 wurde ihr die Erlaubnis erteilt, eine Tätigkeit unter der damals gesetzlich vorgesehenen Berufsbezeichnung „Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutin“ auszuüben. Im Jahre 2009 erwarb sie den akademischen Grad „Diplom-Ergotherapeutin (FH)“. Sie ist in einer eigenen Praxis tätig.
Mit Schreiben an das Gesundheitsamt beim Landratsamt Karlsruhe vom 05.12.2011 beantragte die Klägerin die Zulassung zur Heilpraktikerprüfung im Bereich Ergotherapie. Mit Schreiben vom 07.09.2012 teilte das Gesundheitsamt ihr mit, dass die Arbeitsgruppe der Obersten Landesgesundheitsbehörden im Einvernehmen aller Bundesländer entschieden habe, dass bundeseinheitlich keine Erlaubnisse für den Bereich Ergotherapie erteilt würden. Ihr Antrag habe somit keine Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin hielt gleichwohl an ihrem Begehren fest. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.09.2012 präzisierte sie ihren Antrag dahingehend, ihr die beschränkte Heilpraktikererlaubnis - vorbehaltlich der erfolgreichen Ablegung der erforderlichen Prüfung - zu erteilen.
Mit Bescheid vom 30.11.2012 lehnte das Gesundheitsamt den Antrag ab, da Ergotherapie in gegenständlicher Sicht nicht hinreichend abgrenzbar sei. Zudem handele es sich dabei nicht um die Ausübung von Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes, da sie keine nennenswerten Gesundheitsgefahren zur Folge haben könne.
Den von der Klägerin gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 05.06.2013, zugestellt am 08.06.2013, mit der Begründung zurück, bei den Tätigkeiten im Bereich der Ergotherapie fehle es in Anbetracht ihres breit gefächerten Einsatzes an der erforderlichen Abgrenzbarkeit. Die Ergotherapie finde Anwendung bei der Wiederherstellung und Förderung eingeschränkter körperlicher und geistiger Fähigkeiten in praktisch allen medizinischen Fachbereichen. Beispielhaft seien die Pädiatrie, Orthopädie, Chirurgie, Innere Medizin, Psychiatrie, Neurologie und die Geriatrie genannt. Die mangelnde Abgrenzbarkeit der Ergotherapie stehe auch der Durchführung einer sektoralen Heilpraktikerprüfung auf diesem Gebiet entgegen. Ob von ergotherapeutischen Behandlungen nennenswerte Gesundheitsgefahren ausgehen könnten, könne dahingestellt bleiben.
Die Klägerin hat am 21.06.2013 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 30.11.2012 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.06.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Ergotherapie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden; hilfsweise festzustellen, dass sie - nach Kenntnisüberprüfung - für selbstständige Behandlungen aus dem Aufgabenkreis der ihr erteilten Erlaubnis zur Ausübung einer Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ einer Heilpraktikererlaubnis nicht bedarf.
Mit Urteil vom 19.03.2015 hat das Verwaltungsgericht der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Das Bescheidungsbegehren sei zulässig und begründet. Die vom Landratsamt für die Versagung der von der Klägerin begehrten Erlaubnis angeführten Gründe erwiesen sich als rechtlich nicht tragfähig. Die Klägerin habe Anspruch auf eine neue Entscheidung.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin sei § 1 Abs. 1 HeilprG in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz (1. DVO - HeilprG). Danach bedürfe der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben wolle. Auf die Erteilung der Erlaubnis bestehe ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO - HeilprG eingreife. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung als erlaubnispflichtige heilkundliche Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes anzusehen. Die Ausübung der Heilkunde umfasse nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt werde. Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG fielen darunter nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Heilbehandlungen, die nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erforderten und gesundheitliche Schäden verursachen könnten. Ärztliche Fachkenntnisse könnten erforderlich sein im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder auch schon im Hinblick auf die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden dürfe, ohne dass der Patient durch die Verrichtung selbst unmittelbar Schaden nehme. Auch Tätigkeiten, die für sich gesehen ärztliche Fachkenntnisse nicht voraussetzten, fielen unter die Erlaubnispflicht, wenn sie nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben könnten. Dazu zählten auch mittelbare Gefährdungen, wenn durch die Behandlung ein frühzeitiges Erkennen ernster Leiden verzögert werde und die Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung nicht nur geringfügig sei. Eine solche Gefahr bestehe dann, wenn die in Rede stehende Heilbehandlung als eine die ärztliche Berufsausübung ersetzende Tätigkeit erscheine. Der Beklagte stelle nicht in Abrede, dass die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung ärztliche Fachkenntnisse erfordere. Dies ziehe auch die Kammer nicht in Zweifel. Die Ausübung einer Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ sei nach § 1 ErgThG erlaubnispflichtig. Die Erteilung der Erlaubnis setze nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErgThG das Bestehen einer nach dreijähriger Ausbildung abzulegenden staatlichen Prüfung für Ergotherapeuten voraus. Die in der dreijährigen Ausbildung vermittelte Fachkunde betreffe ausweislich der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten (ErgThAPrV) in erheblichem Umfang auch spezifisch heilkundliche Kenntnisse, wie sich aus der Anlage 1 ableiten lasse. Diese spezifisch heilkundlichen Kenntnisse seien gemäß §§ 5 f. ErgThAPrV auch Gegenstand des schriftlichen und mündlichen Teils der staatlichen Prüfung. Als Beleg für das Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse bei Durchführung von Maßnahmen der Ergotherapie könne auch die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Heilmittel-Richtlinie - angeführt werden. Gemäß § 35 Abs. 1 der Richtlinie dienten die Maßnahmen der Ergotherapie der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten. Es gehe bei der von der Klägerin angestrebten eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden also bereits im ersten Schritt um die Diagnose krankheitsbedingt gestörter Körperfunktionen, was ohne ärztliche (heilkundliche) Fachkenntnisse nicht möglich erscheine.
Auch die im Anschluss an die Diagnose der Krankheit zu treffende Entscheidung, welche der vielfältigen ergotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen angezeigt sei (vgl. §§ 36 f. der Richtlinie), lasse sich ohne Anwendung der in der Ausbildung zum Ergotherapeuten vermittelten heilkundlichen Kenntnisse nicht sachgerecht treffen. Dass Gegenstand ergotherapeutischer Maßnahmen auch beratende Tätigkeiten - etwa mit Blick auf die Verbesserung der eigenständigen Lebensführung - sein könnten (vgl. § 35 Abs. 3, § 36 f. der Richtlinie), die für sich genommen keine ärztlichen Fachkenntnisse erfordern dürften, ändere, da insoweit nur ein Randbereich der Tätigkeit betroffen sei, nichts an dem grundsätzlichen Erfordernis derartiger Kenntnisse für die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung.
10 
Die von der Klägerin angestrebte eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung könne auch nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben. Das - hier zu bejahende - Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse für die in Rede stehende Behandlung führe ohne Weiteres zu der Annahme, dass diese Behandlung mit der Gefahr gesundheitlicher Schäden verbunden sei. Denn die Ausübung einer Tätigkeit ohne die hierfür erforderlichen ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse sei a priori geeignet, gesundheitliche Schäden beim Patienten nach sich zu ziehen. Der Einwand des Beklagten, die Ergotherapie biete so gut wie keine Risiken, wenn sie von einem gut ausgebildeten Therapeuten durchgeführt werde, gehe von einem unzutreffenden rechtlichen Ansatz aus. Bei der Frage nach der Gefahrengeneigtheit der Tätigkeit seien die durch eine Ausbildung vermittelten ärztlichen Fachkenntnisse auszublenden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ergotherapeutische Maßnahmen als solche keinen Gesundheitsschaden hervorrufen könnten, was zweifelhaft erscheine, lasse sich jedenfalls eine mittelbare Gesundheitsgefährdung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Abrede stellen. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung setze die Diagnose der Krankheit voraus, die zu der jeweils in Rede stehenden körperlichen oder geistigen Störung führe. Dies impliziere die Gefahr einer Fehldiagnose und infolgedessen die Verzögerung eines rechtzeitigen Erkennens ernster Leiden. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen mittelbaren Gefährdung erscheine auch nicht als nur geringfügig. Entgegen der Auffassung des Landratsamts sei es nicht völlig fernliegend, dass Patienten mit gravierenden Krankheiten sich bei Auftreten von Störungen ihrer motorischen oder kognitiven Funktionen statt in ärztliche in ergotherapeutische Behandlung begäben. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn sich die gravierende Krankheit in ihrem Frühstadium befinde und noch nicht zu Symptomen geführt habe, die das Aufsuchen eines Arztes als vorrangig erscheinen ließen. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung sei somit eine erlaubnispflichtige heilkundliche Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes.
11 
Die Erlaubnispflicht nach diesem Gesetz entfalle nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Ergotherapeutin sei. Für die Berufsgruppe der ausgebildeten Physiotherapeuten, die im Besitz einer nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 MPhG erteilten Erlaubnis seien, habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass diese Erlaubnis nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde berechtige. Zur Begründung habe das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, das Berufsrecht unterscheide zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche und seelische Leiden behandeln dürften (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt seien. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Physiotherapeuten zähle zu der zweiten Gruppe. Zur weiteren Begründung habe das Bundesverwaltungsgericht auf die in § 8 MPhG genannten Ausbildungsziele sowie auf die diesbezügliche Gesetzesbegründung verwiesen. Daraus sei abzuleiten, dass der für Physiotherapeuten vorgesehene Unterrichtsstoff die der ärztlichen Diagnose nachgelagerte Heilmittelerbringung, nicht aber die eigenverantwortliche Entscheidung darüber betreffe, ob ein bestimmtes Leiden überhaupt durch eine Behandlungsmethode der Physiotherapie kuriert werden könne. Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe seien auch Ergotherapeuten zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt. Die ihnen nach dem Ergotherapeutengesetz erteilte Erlaubnis berechtige also nicht zur Ausübung der Heilkunde.
12 
Das Ergotherapeutengesetz definiere allerdings nicht eigenständig, wozu die Ausbildung zum Ergotherapeuten befähigen solle. Hinsichtlich der Mindestanforderungen an die Ausbildung verweise § 5 ErgThG auf die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Deren Auswertung ergebe, dass die Ausbildungsinhalte jedenfalls keine hinreichenden Kenntnisse und Fähigkeiten für eine Erstdiagnose vermittelten. Diagnostische Maßnahmen würden lediglich in § 5 ErgThAPrV, betreffend den schriftlichen Teil der Prüfung angesprochen. Gegenstand dieses Teils der Prüfung sei danach unter anderem die spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen. Der mündliche Teil (§ 6) der Prüfung betreffe Kenntnisse und Fähigkeiten in der Befunderhebung jedenfalls nicht explizit; der praktische Teil (§ 7) habe derartige Kenntnisse und Fähigkeiten nur am Rande zum Gegenstand (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 2, wonach die im Rahmen des praktischen Teils der Prüfung durchzuführende ergotherapeutische Behandlung auf der Grundlage eines schriftlichen Prüfungsberichts beruhe, der - auch - die ergotherapeutische Befunderhebung betreffe). Dies sei weniger, als die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten dem Prüfling abverlange. Die Befunderhebung sei nämlich Bestandteil der Ausbildung zum Physiotherapeuten (vgl. Teil A Nr. 15 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten). Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 dieser Verordnung sei im praktischen Teil der Prüfung an einem Patienten aus verschiedenen medizinischen Fachgebieten je eine Befunderhebung durchzuführen, zu bewerten und zu dokumentieren. Wenn dies nach der Rechtsprechung nicht ausreiche, um bei Physiotherapeuten bereits aufgrund der ihnen erteilten Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Physiotherapeut von hinreichenden Kenntnissen und Fähigkeiten für eine Erstdiagnose auszugehen, seien - erst recht - Ergotherapeuten nicht bereits aufgrund ihrer Ausbildung zur eigenverantwortlichen Behandlung körperlicher oder seelischer Leiden befähigt.
13 
Auch ein Blick auf die Gesetzeshistorie belege, dass es sich bei dem Beruf des Ergotherapeuten um einen sogenannten Heilhilfsberuf oder Gesundheitsfachberuf handele, dessen Angehörige zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt seien. Vorläufer des Ergotherapeutengesetzes sei das Gesetz über den Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten vom 25.05.1976 (BGBl. I S. 1246) gewesen. Nach dem Entwurf der Bundesregierung zu diesem Gesetz (BT-Drs. 7/3113, S. 7) handele es sich bei dem Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten um einen nichtärztlichen Heilberuf, wobei, wie aus den weiteren Ausführungen (S. 7, dort letzter Absatz) deutlich werde, der Gesetzentwurf die Begriffe Heilberuf und Heilhilfsberuf synonym verwende. Aus der Begründung zu § 1 des Entwurfs (BT-Drs. 7/3113, S. 8) gehe diese dienende Funktion des Therapeuten deutlich hervor; denn es heiße dort: „Der Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut übt seine Tätigkeit unter ärztlicher Anleitung an körperlich und geistig behinderten Menschen aus ...“. An dieser berufsrechtlichen Einstufung habe sich durch die späteren Änderungen des Gesetzes nichts geändert. Die mit Wirkung zum 01.01.1999 erfolgte Ersetzung der Berufsbezeichnung „Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut“ durch die Bezeichnung „Ergotherapeut“ sei in diesem Zusammenhang ohne Belang. Auch die die Ausbildung und Prüfung der Ergotherapeuten betreffende Rechtsverordnung habe sich im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang nicht erheblich geändert. Mit Blick auf die Vermittlung von Fähigkeiten für eine Erstdiagnose seien die Anforderungen an den Auszubildenden und Prüfling im Wesentlichen unverändert geblieben, wie die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten vom 23.03.1977 (BGBl. I S. 509) belege.
14 
Ebenso wenig wie bei Physiotherapeuten bedeute die nach alledem anzunehmende Ausgestaltung des Berufsbildes der Ergotherapeuten als Heilhilfsberuf allerdings keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Für eine derartige Sperre sei auch dem Ergotherapeutengesetz nichts zu entnehmen. Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Ergotherapie bleibe unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Dass die Heilpraktikererlaubnis anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar sei, die von der Klägerin begehrte sektorale Heilpraktikererlaubnis also grundsätzlich rechtlich in Betracht komme, sei in der Rechtsprechung geklärt. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung sei zum Schutz der Volksgesundheit nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben wolle.
15 
Der Bereich der Ergotherapie sei hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar. Ohne Erfolg stelle der Beklagte dies unter Hinweis auf den ganzheitlichen Ansatz der Ergotherapie in Abrede. Seiner Auffassung, anders als bei der Psychotherapie und Physiotherapie fehle es an einem bestimmten und bestimmbaren Kreis von Leiden, die zu heilen in die Kompetenz des Ergotherapeuten fielen, sei unter entsprechender Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Physiotherapeuten entgegenzuhalten, dass zwar die Ursachen für Störungen, deren Behebung in die Zuständigkeit des Ergotherapeuten falle, vielfältig sein könnten, und dass die Erstdiagnose der für die Störung ursächlichen Krankheit über ein einzelnes Fachgebiet der Medizin hinausgehende Kenntnisse erfordern könne, dass dies für die Abgrenzbarkeit der Erlaubnis aber noch nichts besage. Was den Bereich der Physiotherapie betreffe, sehe das Bundesverwaltungsgericht keine Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen. Aus der Vielfalt der Ursachen für vom Physiotherapeuten zu behandelnde Störungen ergäben sich nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieform. Bei der Ergotherapie verhalte es sich letztlich nicht anders; auch ihr Bereich sei hinreichend abgrenzbar. Ausschlaggebend für diese Einschätzung sei, dass der Tätigkeitsumfang des Ergotherapeuten durch die Benennung der für ihn maßgeblichen Behandlungsverfahren in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) und die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung im Einzelnen aufgeführten Ausbildungsinhalte präzise genug definiert sei. Es handele sich bei der Ergotherapie zudem - wie auch bei der Physiotherapie - um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie).
16 
Angesichts dieses normativen Rahmens sei nicht zu befürchten, dass in der Praxis nicht auflösbare Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Ergotherapie zähle oder nicht; eine Abgrenzung der Tätigkeiten, die ein nur für die Ergotherapie zugelassener Heilpraktiker durchführen dürfe, von denen, die ihm verboten seien, erscheine möglich. Da die Klägerin bereit sei, sich einer Kenntnisüberprüfung zu unterziehen, bedürften die insoweit zu stellenden Anforderungen im vorliegenden Verfahren keiner Klärung. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, dass, wie der Beklagte geltend mache, eine einigermaßen klar umrissene Kenntnisüberprüfung bei Ergotherapeuten nicht möglich sei. Ohnehin habe eine derartige Kenntnisüberprüfung nicht formalisiert, sondern unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls zu erfolgen.
17 
Der Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Hierzu führt er aus, bei der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden handele es sich nicht um eine heilkundliche Tätigkeit im Sinne des § 1 HeilprG. Es fehle an dem Merkmal nennenswerter Gesundheitsgefahren. Ferner sei der Bereich der Ergotherapie nicht hinreichend abgrenzbar, so dass eine sektorale Heilpraktikerbefugnis für diesen Bereich nicht erteilt werden könne.
18 
Richtigerweise schränke das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit des § 1 HeilprG auf solche Heilbehandlungen ein, die nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erforderten und gesundheitliche Schäden verursachen könnten. Es sei unstreitig, dass die eigenverantwortliche Anwendung eines Teils der ergotherapeutischen Methoden heilkundliche Fachkenntnisse erfordere. Dies gelte jedoch nicht für alle ergotherapeutischen Behandlungen. Der überwiegende Teil erfordere nur eingeschränkte beziehungsweise keine spezifischen heilkundlichen Fachkenntnisse.
19 
Dies ergebe sich schon aus den Methoden und den Zielsetzungen der Ergotherapie im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes. Dieser gehe aus § 35 der Heilmittel-Richtlinie ebenso hervor wie aus der vom Vorstand des Deutschen Verbandes der Ergotherapeuten e.V. (DVE) am 09.08.2007 beschlossenen Definition der Ergotherapie, die laute: „Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist, sie bei der Durchführung für sie bedeutungsvoller Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken. Hierbei dienen spezifische Aktivitäten, Umweltanpassung und Beratung dazu, dem Menschen Handlungsfähigkeit im Alltag, gesellschaftliche Teilhabe und eine Verbesserung seiner Lebensqualität zu ermöglichen.“
20 
Ebenso betonten internationale Definitionen der Ergotherapie deren ganzheitlichen Ansatz, der überwiegend jenseits des Krankheitsbegriffs des Heilpraktikergesetzes liege: So habe der Weltverband der Ergotherapeuten (World Federation of Occupational Therapists - WFOT) von allen seinen Mitgliedsländern entsprechende Definitionen gesammelt. Die Definition der Ergotherapie, auf die sich das Council Meeting der WFOT 2005 geeinigt habe, laute in der Übersetzung (WFOT 2005 - entnommen Scheepers C et al: Ergotherapie, Vom Behandeln zum Handeln, 5. Aufl. 2015, S. 3-4): „Ergotherapie ist ein Beruf, der mit der Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden durch Betätigung (occupation) befasst ist. Das primäre Ziel der Ergotherapie ist es, Menschen zu ermöglichen, an Aktivitäten des täglichen Lebens teilzunehmen. Ergotherapeuten erreichen dies dadurch, dass sie Menschen befähigen, Dinge zu tun, die ihre Fähigkeiten zur Teilnahme (an Aktivitäten) erweitern, oder indem sie die Umwelt modifizieren, um eine Teilnahme (am Lebensalltag) besser zu unterstützen... Ergotherapeuten glauben, dass Partizipation (Teilnahme am Leben) unterstützt oder eingeschränkt werden kann durch die physische und soziale Umwelt und deren Einstellungen und gesetzliche Bedingungen der Umwelt. Deshalb ist die ergotherapeutische Praxis darauf ausgerichtet, Aspekte der Umwelt zu verändern, um eine Partizipation zu erweitern. Ergotherapie wird in vielen Bereich praktiziert, eingeschlossen Kliniken, Gesundheitszentren, Heime, Arbeitsplätze, Schulen und Seniorenheime. Die Klienten sind aktiv in den therapeutischen Prozess involviert und die Ergebnisse der Therapie sind individuell, klientengesteuert und werden an Begriffen von Partizipation(smöglichkeiten) und Zufriedenheit mit der Teilnahme (an Aktivitäten) gemessen.“ Bei einem so weitläufigen und ganzheitlichen Ansatz liege es auf der Hand, dass die Ergotherapie in großen Teilen keine speziellen medizinischen Fachkenntnisse erfordere.
21 
Zu dem gleichen Ergebnis komme man, wenn man sich die konkreten ergotherapeutischen Mittel und Verfahren ansehe. Beschrieben seien diese in der Anlage 1 Teil A Nr. 13 ff. zu § 1 Abs. 1 ErgThAPrV: handwerkliche und gestalterische Techniken mit verschiedenen Materialien (Nr. 13), Spiele, Hilfsmittel, technische Medien (Nr. 14), arbeitstherapeutische Verfahren (Nr. 20), adaptierte Verfahren (Nr. 21). Auch für die ergotherapeutischen Maßnahmen, die der Bundesverband für Ergotherapeuten in Deutschland e.V. (BED) in seiner „Patienteninformation zur Ergotherapie" aufzähle, seien keine medizinischen Fachkenntnisse erforderlich.
22 
Sowohl die Zielsetzung der Ergotherapie, wie sie sich aus § 35 Heilmittel-Richtlinie und der Definition des Berufsverbandes DVE ergebe, als auch der Blick auf die konkreten Hilfsmittel und Verfahren, wie sie sich aus der Anlage zur ErgThAPrV ergäben, zeigten somit, dass für den überwiegenden Teil der Ergotherapie nur eingeschränkte beziehungsweise keine spezifischen heilkundlichen bzw. ärztlichen Fachkenntnisse erforderlich seien.
23 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bestünden bei ergotherapeutischen Behandlungen auch keine nennenswerten Gesundheitsgefahren, weder unmittelbar noch mittelbar. Zu beachten sei dabei, dass ein nur geringfügiges Gefahrenmoment nicht ausreichend sei, um die Erlaubnispflicht auszulösen, weil diese Rechtsfolge für Verrichtungen, die keine nennenswerten Gesundheitsgefahren zur Folge haben könnten, unverhältnismäßig wäre. Zum Beweis der medizinisch-fachlichen Tatsache, dass ergotherapeutische Behandlungen keine nennenswerten Gesundheitsgefahren im Sinne des Heilpraktikergesetzes zur Folge haben könnten, werde angeregt, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
24 
Ergotherapeutische Maßnahmen hätten keine unmittelbaren Gesundheitsgefahren zur Folge. Besonders die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Herleitung der Gesundheitsgefahren aus dem Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse sei unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssten die Merkmale ärztliche Fachkenntnisse und Gesundheitsgefahren kumulativ vorliegen, nicht alternativ. Würde die Notwendigkeit ärztlicher Fachkenntnisse automatisch bei jedem Gesundheitsfachberuf die Annahme potentiell gefährlicher Behandlungsmethoden bedeuten, hätte die Rechtsprechung die Merkmale nicht mit einem „und“ verknüpft, sondern mit einem „oder“ und damit alternativ. Auch der erkennende Senat gehe in seinem Urteil vom 19.03.2009 (9 S 2518/08) davon aus, dass es heilkundliche Tätigkeiten geben könne, für die zwar ärztliche Fachkenntnisse erforderlich seien, die aber dennoch nicht zwangsläufig Gesundheitsgefahren zur Folge haben müssten. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse „ohne Weiteres“ dazu führe, die Behandlung sei mit der Gefahr gesundheitlicher Schäden verbunden, widerspreche somit obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung und sei überdies sachlich nicht gerechtfertigt.
25 
Auch der Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, dass bei der Prüfung der Gefahrengeneigtheit der Tätigkeit die durch eine Ausbildung vermittelten ärztlichen Fachkenntnisse auszublenden seien, gehe fehl. Der erkennende Senat habe in seinem Urteil vom 19.03.2009 die Berufsausbildung explizit in seinen Leitsatz aufgenommen: „Die Berufsausübung eines nach § 1 Nr. 1 MPhG zugelassenen Masseurs und medizinischen Bademeisters stellt keine Ausübung der Heilkunde im Sinne des § 1 Abs. 2 HeilprG dar.“
26 
Weiter bejahe das Verwaltungsgericht auch eine mittelbare Gefahr und führe aus, es sei nicht völlig fernliegend, dass Patienten mit gravierenden Krankheiten sich bei Auftreten von Störungen ihrer motorischen oder kognitiven Funktionen statt in ärztliche zunächst in ergotherapeutische Behandlung begäben. Dies könne insbesondere der Fall sein, wenn sich die gravierende Erkrankung im Frühstadium befinde und noch nicht zu Symptomen geführt habe, die das Aufsuchen eines Arztes vorrangig erscheinen ließen. Dies widerspreche der Lebensrealität. Bei der Vielzahl der durch die Ergotherapie ergänzend oder in selteneren Fällen ausschließlich zu behandelnden Gesundheitsstörungen sei nicht davon auszugehen, dass der Ergotherapeut im Erstkontakt aufgesucht werde. Bei den Physiotherapeuten sei die Sachlage anders und nicht vergleichbar: Dass ein Physiotherapeut insbesondere bei unspezifischen Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden als Erstkontakt aufgesucht werde und dadurch eine mittelbare Gesundheitsgefahr eintreten könne (z.B. bei Bandscheibenvorfällen mit neurologischen Symptomen; bei Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden mit einhergehenden Infektionserkrankungen etc.) sei plausibel und erfahrungsgemäß auch nicht selten. Im Gegensatz dazu werde die Ergotherapie, insbesondere auch bei den von der Klägerin vorgetragenen gravierenden Krankheitsbildern beziehungsweise deren Frühstadien, in aller Regel als Behandlungsmöglichkeit erst nach ärztlicher Diagnose und aufgrund ärztlicher Initiative ergriffen.
27 
Unzutreffend sei auch, dass der Bereich der Ergotherapie ausreichend ausdifferenziert und abgrenzbar sei. Für die Prüfung der Abgrenzbarkeit sei maßgeblich, warum und unter welchem Gesichtspunkt die Abgrenzbarkeit für die Frage der Heilpraktikererlaubnis überhaupt relevant sei. Es gehe darum, inwieweit die für den regulären Heilpraktiker erforderliche Kenntnisüberprüfung eingeschränkt werden könne und aus Verhältnismäßigkeitserwägungen eingeschränkt werden müsse, weil der Antragsteller nur in einem abgrenzbaren Gebiet tätig werden wolle. Die Frage der Abgrenzbarkeit müsse in zwei Schritten geprüft werden: Zunächst stelle sich die Frage, inwieweit die Ergotherapie ein medizinisch-fachlich abgrenzbares Gebiet darstelle. Falls man eine solche inhaltliche Abgrenzbarkeit bejahe, müsse im zweiten Schritt die Frage gestellt werden, inwieweit dies Auswirkungen auf die Kenntnisüberprüfung habe, ob also auch die Überprüfung und damit die spätere Erlaubnis abgrenzbar sei und auf das fragliche Gebiet beschränkt werden könne. Danach sei die Ergotherapie inhaltlich nicht hinreichend abgrenzbar.
28 
Die Ergotherapie finde bei einer Vielzahl von Leiden mit einer Vielzahl von Therapieformen Anwendung, und zwar aus den unterschiedlichsten medizinischen Fachbereichen. Als Beleg hierfür sei auf die Heilmittel-Richtlinie zu verweisen: Die dort in den §§ 36-40 genannten und nicht näher spezifizierten Behandlungsmethoden reichten von motorisch-funktioneller Behandlung, sensomotorisch-perzeptiver Behandlung, Hirnleistungstraining/neuropsychologisch orientierter Behandlung, psychisch funktioneller Behandlung bis hin zu Thermotherapie. In der Anlage 1 zur ErgThAPrV würden zwar ergotherapeutische Mittel und Verfahren aufgezählt. Die Bezeichnungen seien aber oftmals unspezifisch, einzelne Behandlungsverfahren würden nicht näher bestimmt. Nach dem gegenwärtigen Entwicklungsstand des Berufsbildes fehle insbesondere den Randbereichen der beruflichen Tätigkeit die notwendige Schärfe.
29 
Zur Konkretisierung der Ergotherapie dürfe auch nicht einseitig auf einzelne Teile der Anlage 1 ErgThAPrV abgehoben werden. Zu berücksichtigen sei die gesamte Verordnung. Insbesondere Nr. 13 und 14 beschrieben die sehr vielfältigen Mittel der Ergotherapie, die einer Abgrenzung nicht zugänglich seien. Darüber hinaus verdeutlichten die dort genannten Mittel den erheblichen Anteil nicht heilkundlicher Tätigkeiten von Ergotherapeuten, welcher wesentlich weiter sei als der von Physiotherapeuten oder Podologen. Insbesondere die in Nr. 13 und 14 der Anlage 1 ErgThAPrV genannten ergotherapeutischen Mittel seien grundsätzlich nicht in der Lage, die Gesundheit eines Patienten zu gefährden. Auch bezüglich der Nr. 15 bis 22 der Anlage 1 ErgThAPrV gelte, dass diese zahlreiche Tätigkeiten außerhalb des heilkundlichen Bereichs beträfen, welche nicht hinreichend abgrenzbar seien. Insbesondere seien auch arbeitstherapeutische Verfahren Gegenstand der Ergotherapie. Diese Verfahren fielen nicht in den heilkundlichen Sektor. Unter die Punkte der Prüfungsordnung lasse sich eine unübersehbare Anzahl „ergotherapeutischer“ Verfahren subsumieren. Es bliebe jedoch unklar, welche konkreten Tätigkeiten von der Erlaubnis umfasst wären und welche nicht. Hierbei sei stets zu berücksichtigen, dass Verstöße gegen das Heilpraktikergesetz strafbewehrt seien (§ 5 HeilprG). Würde man den gesamten Bereich der Ergotherapie pauschal unter Heilpraktikervorbehalt stellen, würde der Bereich der Strafbarkeit unzulässig ausgeweitet. Es käme zu unzumutbaren Rechtsunsicherheiten für Ergotherapeuten ohne sektorale Zulassung beziehungsweise für Dritte, die angrenzende Verfahrenstechniken - nicht heilkundlicher Natur - anböten.
30 
Für den Bereich der Physiotherapie und der Podologie sei die Abgrenzbarkeit dagegen gegeben, weil sowohl der Kreis der Leiden als auch der Kreis der Therapien klar bestimmt sei. So seien in der Physiotherapie die Leiden auf den Stütz- und Bewegungsapparat begrenzt und die anzuwendenden Methoden unter den Oberbegriffen krankengymnastische Behandlungstechniken, Massagetherapie, Elektro-, Licht-, und Strahlentherapie und Hydro-, Balneo-, Thermo- und Inhalationstherapie mit den dazu gehörenden Therapieverfahren in der PhysThAPrV (Anlage 1 Nr. 16-20) aufgezählt. Bei der Ergotherapie fehle es an einer solchen klaren Begrenzung von Leiden und Therapieformen. In der Praxis werde schon eine Abgrenzung ergotherapeutischer zu physiotherapeutischen oder psychotherapeutischen Verfahren praktisch unmöglich sein.
31 
Anders als die Berufsgesetze der Physiotherapeuten und Podologen definiere das Ergotherapeutengesetz zudem nicht, wozu die Ausbildung zum Ergotherapeuten befähigen solle. Hinsichtlich der Mindestanforderungen an die Ausbildung verweise § 5 ErgThG lediglich auf die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Die Inhalte der Berufsausbildung müssten jedoch nicht deckungsgleich mit dem Berufsbild sein. So könnten Weiterbildungen erst nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgen. Aus diesem Grund sei allein das Vorliegen der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung kein wesentliches Argument für die Abgrenzbarkeit der Ergotherapie. Dort würden zwar Verfahren genannt, die in den Bereich der Ergotherapie fielen. Darüber hinaus kämen jedoch noch weitere Verfahren in Betracht. Dies werde durch die Internetpräsenz der Klägerin bestätigt. Diese führe dort unter dem Menüpunkt „Ergotherapie“ folgende Punkte auf: „Pädiatrie, Neurologie, Geriatrie, Psychiatrie“. Neben der Ergotherapie (nicht als deren Unterpunkt) nenne sie: „Benaudira, Neurofeedback, Schwerpunkt ADS, Handtherapie, Palliativbereich, tiergestützte Therapie“. Da die Klägerin als Ergotherapeutin ausschließlich dazu berechtigt sei, Ergotherapie im Delegationsverfahren als heilkundliches Verfahren auszuüben, sei zu ihren Gunsten anzunehmen, dass diese Verfahren ebenfalls in den Bereich der Ergotherapie fielen. Dies dokumentiere anschaulich die Unmöglichkeit einer Abgrenzbarkeit der Verfahren. Gleiches gelte für die weiteren Angaben der Klägerin. Diese bezeichne sich auf ihrer Internetseite wie folgt: „Dipl.-Ergotherapeutin, SI-Therapeutin, ADS-Coach, Syst Therapeutin, NFB-Trainerin, Weiterbildung: tiergestützte Therapie (3-jährige Ausbildung), Legasthenietrainer, Entspannungstrainer, Rückenschulleiter, systemische Therapie, NFB, Schwerpunkt: Familientherapie, Gesprächstherapie, NFB.“ Insbesondere die genannten Weiterbildungen illustrierten, dass das Berufsbild des Ergotherapeuten aufgrund der Vielzahl der einschlägigen und angrenzenden Verfahren durch den Ausübenden individuell gestaltet werden könne.
32 
Auch zum Beweis der medizinisch-fachlichen Tatsache, dass das Gebiet der Ergotherapie inhaltlich nicht hinreichend abgrenzbar sei, werde angeregt, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
33 
Selbst wenn man die Auffassung vertrete, dass für die Ergotherapie sowohl der Kreis der Leiden als auch der Kreis der Therapien bestimmt beziehungsweise bestimmbar seien, sei jedenfalls der Umfang so groß, dass Kenntnisse in einem Ausmaß abgeprüft werden müssten, die einer vollen Heilpraktikerprüfung gleich kämen. Es handele sich gerade nicht nur um eine kleine, näher bestimmte Teilmenge, die eine sektorale Heilpraktikererlaubnis und infolgedessen eine eingeschränkte Kenntnisüberprüfung wie bei den Physiotherapeuten rechtfertigen würde. Unter der - ausdrücklich bestrittenen - Annahme, dass ergotherapeutische Behandlungen gefährlich sein könnten, gebiete es der Schutzzweck des Heilpraktikergesetzes - nämlich der Schutz der Volksgesundheit und Schutz vor ungeeigneten Heilbehandlern - dann geradezu, eine vollumfassende Heilpraktikerüberprüfung durchzuführen. Aufgrund der Vielzahl der Therapieformen für eine Vielzahl von Leiden sei die Ergotherapie als eine so umfangreiche Behandlungsform einzustufen, dass eine sinnvolle Abgrenzung und Einschränkung der erforderlichen und abzuprüfenden Kenntnisse nicht möglich sei und aus Verhältnismäßigkeitserwägungen auch nicht geboten erscheine.
34 
Der folgenden Aussage des Senats aus seinem Urteil vom 19.03.2009 (9 S 2518/08) sei beizupflichten: „Die weitere Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis führte daher im Ergebnis zur Einführung oder jedenfalls Ausdehnung der sektoralen Kurierfreiheit, was dem Anliegen des Heilpraktikergesetzes diametral entgegensteht und mit dem Standard anderer europäischer Staaten kaum in Einklang gebracht werde kann.“ Zudem greife das Heilpraktikergesetz das Bedürfnis in der Bevölkerung nach naturheilkundlichen Behandlungsformen auf. Es solle verhindern, dass diese Behandlungsformen - die von Ärzten überwiegend nicht angeboten würden - in den Bereich des Illegalen fielen. Das Heilpraktikergesetz diene jedoch nicht dazu, einem staatlich reglementierten Gesundheitsfachberuf einen eigenständigen Berufszugang zu ermöglichen.
35 
Ein gesetzlich fixiertes Berufsbild des Ergotherapeuten bestehe nicht. Vielmehr sei das tatsächlich existente Berufsbild maßgeblich. Nach diesem faktischen Begriff der Ergotherapie berieten und behandelten Ergotherapeuten Personen, die Einschränkungen im Bereich der Motorik, der Sinnesorgane oder der geistigen oder psychischen Fähigkeiten hätten. Daneben gäben sie Anregungen und Anleitungen zur Gestaltung des Arbeitsplatzes. Ziel sei die Ermöglichung lebenspraktischer Fähigkeiten oder die Rückkehr in den Berufsalltag. Bei ihrer Tätigkeit wirkten sie überwiegend nicht selbst auf den Körper des Patienten ein. Vielmehr beschränke sich ihre Arbeit in der Regel auf eine Anleitung des Patienten im Rahmen ergotherapeutischer Verfahren. Das Berufsbild des Ergotherapeuten vereine in seinen Bestandteilen verschiedene wissenschaftliche Disziplinen. Hiermit korrespondiere eine Vielfalt der Berufsbilder innerhalb des Bereichs der Ergotherapie, welche jedoch nicht sämtlich heilkundlicher Natur seien. Integraler Bestandteil der Ergotherapie seien handwerkliche Tätigkeiten wie beispielsweise Basteln und Kochen. Einzelne „ergotherapeutische“ Verfahren könnten unter dem Vorbehalt des Heilpraktikergesetzes stehen; die Ergotherapie als solche sei jedoch kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis. Eine sektorale Heilpraktikerzulassung für Ergotherapie würde die Patientensicherheit massiv gefährden. Eine sorgfältige Überprüfung von sektoralen Heilpraktikeranwärtern sei in der Praxis kaum möglich. Mit einer solchen Erlaubnis wäre eine bundesweite Tätigkeit möglich; auch in Bundesländern, die eine sektorale Heilpraktikerzulassung für Ergotherapeuten ablehnten.
36 
Der Beklagte beantragt,
37 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2015 - 9 K 1519/13 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
38 
Die Klägerin beantragt,
39 
die Berufung zurückzuweisen,
40 
hilfsweise festzustellen, dass sie für selbstständige Behandlungen aus dem Aufgabenkreis der ihr erteilten Erlaubnis zur Ausübung einer Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ einer Heilpraktikererlaubnis nicht bedarf.
41 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen des Beklagten im Einzelnen entgegen.
42 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Karlsruhe und des Regierungspräsidiums Karlsruhe sowie die Prozessakten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (jeweils ein Band) vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
43 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
44 
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Ergotherapie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
45 
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, BVerwGE 134, 345, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, 358).
46 
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. Soweit sich der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 19.03.2009 - 9 S 1413/08 -, MedR 2009, 610, zu Physiotherapeuten) etwas Entgegenstehendes entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.
47 
a) Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.08.2009, a.a.O., und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, BVerwGE 66, 367, 369).
48 
Die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass sie heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzt. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Ergotherapeuten ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten - ErgThG - vom 25.05.1976 (BGBl. I 1976 S. 1246), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten - ErgThAPrV - vom 02.08.1999 (BGBl. I 1999 S. 1731), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.04.2016 (BGBl. I S. 886), abzustellen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErgThG wird die Erlaubnis, eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ auszuüben, erteilt, wenn der Antragsteller (unter anderem) nach einer dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung für Ergotherapeuten bestanden hat. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV auf folgende Fächergruppen: 1. Allgemeine Krankheitslehre; Spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie psychosoziale Aspekte; Grundlagen der Arbeitsmedizin; 2. Psychologie und Pädagogik; Behindertenpädagogik; Berufs-, Gesetzes- und Staatskunde; 3. Motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren; Neurophysiologische Behandlungsverfahren; Neuropsychologische Behandlungsverfahren; Psychosoziale Behandlungsverfahren; Arbeitstherapeutische Verfahren. Die dreijährige Ausbildung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten umfasst nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV mindestens den in der Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 2.700 Stunden und die aufgeführte praktische Ausbildung von 1.700 Stunden. Der Unterrichtsteil beinhaltet neben allgemeiner und spezieller Krankheitslehre zum Beispiel je 100 Stunden motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren (A Nr. 16), neurophysiologische Behandlungsverfahren (A Nr. 17) sowie neuropsychologische Behandlungsverfahren (A Nr. 18). Die praktische Ausbildung im motorisch-funktionellen, neurophysiologischen oder neuropsychologischen Bereich beläuft sich auf 400 Stunden (B Nr. 2). Diese normative Ausprägung des Berufsbildes des Ergotherapeuten lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis heilkundlicher Fachkenntnisse schließen. Nicht zuletzt manifestiert sich darin ein zeitlich wie inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand (vgl. zu diesem Aspekt OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 -, NJW-RR 2016, 109, 110).
49 
Zusätzlich zum Berufsrecht kann zur Bestimmung des Berufsbildes auch auf andere gesetzliche Regelungen der Ergotherapie - namentlich auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (vgl. ferner zum Beihilferecht §§ 23, 24 BBhV mit den Anlagen 9 und 10) - abgestellt werden. Insbesondere ist mit in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Ergotherapie um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend (vgl. zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 8/16, § 92 SGB V Rn. 3 ff., m.w.N.). Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu.
50 
Nach § 35 Abs. 1 dienen die Maßnahmen der Ergotherapie der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten. Sie bedienen sich komplexer aktivierender und handlungsorientierter Methoden und Verfahren (§ 35 Abs. 2). Die §§ 36 ff. befassen sich mit einzelnen Behandlungsmethoden und therapieergänzenden Maßnahmen. In der Anlage 1 werden zudem - einem negativen Ansatz folgend - nichtverordnungsfähige Heilmittel aufgezählt. Auch die Anlage 2 (Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf nach § 32 Abs. 1a SGB V) befasst sich im Einzelnen mit Fragen der Zuordnung zur Ergotherapie. Im Zweiten Teil (sog. Heilmittelkatalog) findet sich die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Hierbei werden detailliert Diagnosegruppen, funktionelle/strukturelle Schädigungen, Leitsymptomatiken, Ziele der Ergotherapie und entsprechende Heilmittelverordnungen zueinander in Beziehung gesetzt. In diesem Rahmen werden auch schwerstwiegende Erkrankungen thematisiert und mit komplexen Behandlungsmethoden in Verbindung gebracht. Dies verdeutlicht umso mehr, dass die selbstständige Ausübung von Ergotherapie heilkundliche Fachkenntnisse erfordert.
51 
Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis. Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren (vgl. zu deren hohem Rang als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192, und vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181, 194; Senatsurteil vom 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, MedR 2015, 40; Achterfeld, MedR 2013, 103), ist eine weite Auslegung geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, 107; Schnitzler, MedR 2010, 828, 831; Zuck, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Ergotherapie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse bedingen. Ob es sich dabei - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - insgesamt betrachtet lediglich um Randbereiche handelt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen.
52 
Soweit der Beklagte dem die anders formulierten Begriffsbestimmungen der verschiedenen Berufsverbände der Ergotherapeuten (WFOT, BED, DVE) entgegenhält, vermögen diese nichts zu ändern. Angesichts des normativ abgesteckten Rahmens tragen die Verbandsdefinitionen nichts Maßgebliches zur Bestimmung des Berufsbildes im Rechtssinne bei (vgl. auch VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017 - 7 A 3879/16 -, juris Rn. 23).
53 
Der Senat ist ferner der Auffassung, dass mit der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden ist. Anders als das Verwaltungsgericht dies postuliert hat, dürfte sich dies zwar nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen.
54 
Die selbstständige Ausübung der Ergotherapie weist allerdings eine zur Erfüllung des Heilkundebegriffs führende Gefahrengeneigtheit auf. Der rechtliche Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, dass die durch die Ausbildung zum Ergotherapeuten erworbenen Kenntnisse nicht zur Verneinung eines der Ergotherapie immanenten Gefahrenpotentials herangezogen werden können, ist zutreffend. Die Frage, ob eine eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie gefahrenträchtig ist, ist abstrakt und deshalb grundsätzlich losgelöst von den subjektiven Verhältnissen des Antragstellers zu beantworten. Zwar darf der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen (teilweise) vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HeilprG nicht noch einmal gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2006 - 9 S 519/06 -, VBlBW 2007, 24). Auch eine Pflicht, bereits erworbene Kenntnisse (bloß) nochmals überprüfen zu lassen, nur weil sich der Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes mit den Regelungen über die Qualifikation zum Ergotherapeuten überschneiden mag, ist regelmäßig unzumutbar. Dies spielt jedoch für die Subsumtion eines heilhilfsberuflichen Gebietes wie der Ergotherapie unter den Begriff der Heilkunde keine Rolle. Während die Frage, ob die Ergotherapie der Heilkunde zuzuordnen und deshalb nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig ist, rein objektiv vorzunehmen ist, wirken sich Vorkenntnisse des Antragstellers erst in einem zweiten Schritt, nämlich darauf aus, ob und in welchem Umfang zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis noch eine Kenntnisüberprüfung stattzufinden hat. Soweit dem Senatsbeschluss vom 10.07.2006 (a.a.O.) etwas Gegenteiliges entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten.
55 
Die Gefahrengeneigtheit der Ergotherapie lässt sich auch ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bejahen. Es kann bereits davon ausgegangen werden, dass durch die Anwendung (mancher) ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden können. Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre. Insofern gilt es unter anderem zu bedenken, dass es zu den Aufgaben des Ergotherapeuten gehört, bereits an den Folgen schwerwiegender Gesundheitseinschränkungen leidende Patienten - zum Beispiel nach einem Schlaganfall - zu behandeln. Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Ergotherapie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.
56 
Dies gilt umso mehr, als ein großer Teil der Patienten von Ergotherapeuten nicht nur wegen eines isoliert aufgetretenen Leidens gesundheitlich eingeschränkt sein dürfte, sondern eher einen generell herabgesetzten Gesundheitszustand aufweist. Jedenfalls ist dem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge die Inanspruchnahme von Heilmittelleistungen durch Pflegebedürftige überproportional hoch. Ein Drittel von ihnen erhält Leistungen der Physiotherapie. Auch Leistungen der Ergotherapie und der Logopädie werden von dieser Versichertengruppe stärker in Anspruch genommen als von anderen Versichertengruppen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage im Bundestag, BT-Drucks. 18/7283, S. 7). Um bloß bagatellartige Heilmaßnahmen (vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 HeilprG Rn. 13) oder eine sonst von nennenswerten Gesundheitsgefahren freie Betätigung (vgl. insoweit zu Masseuren und medizinischen Bademeistern BVerwG, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 B 31.11 -; BayVGH, Urteil vom 10.02.2011 - 21 B 10.188 -, jeweils juris) geht es bei der Ergotherapie nicht.
57 
b) Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Ergotherapeutin ist. Die ihr nach dem Ergotherapeutengesetz erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Ergotherapeutin berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Ergotherapeuten zählt zu der zweiten Gruppe (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
58 
Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass der Ergotherapeut anhand eines vom Arzt angegebenen Leitsymptoms nur die Einzelheiten der ergotherapeutischen Behandlung abklärt und diese durchführt.
59 
Deutlich wird die den Ergotherapeuten durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Ihnen ist die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Ergotherapeuten ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
60 
Die durch § 63 Abs. 3b SGB V in der Fassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.05.2008 (BGBl. I S. 874) ermöglichten Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der kassenärztlichen Versorgung bestätigen, dass der Gesetzgeber weiterhin von einem Berufsbild ausgeht, wonach Ergotherapeuten nur aufgrund ärztlicher Anordnung tätig werden dürfen. Die Modellvorhaben beruhen gerade auf diesem Umstand und knüpfen daran an, ohne jedoch die berufsrechtlich gezogenen Grenzen zu verschieben. Vielmehr hat der Gesetzgeber Bedacht darauf gelegt, dass den Ergotherapeuten keine Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden, bei denen es sich um selbstständige Ausübung der Heilkunde handelt (§ 63 Abs. 3b Satz 2 und 3 SGB V; vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; BT-Drucks. 16/8525 S. 105).
61 
Dass Ergotherapeuten mit eigener Praxis sozialrechtlich ähnlich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer von Heilmitteln zugelassen werden können (§ 124 Abs. 1 und 2 SGB V), ist für die berufsrechtlich gezogenen Grenzen ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Die Zulassung berechtigt nicht zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, sondern betrifft die Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen und deren Leistungspflicht bei der Versorgung mit Heilmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
62 
c) Die Ausgestaltung des Berufsbildes der Ergotherapeuten als Heilhilfsberuf bedeutet auf der anderen Seite keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Der Gesetzgeber hat mit dem Ergotherapeutengesetz die Anwendung dieser Behandlungsmethoden nicht auf die nach diesem Gesetz ausgebildeten Ergotherapeuten beschränkt und damit dieses Betätigungsfeld für Heilpraktiker geschlossen, sondern nur die Voraussetzungen und den Rahmen für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeut“ normiert (vgl. § 1 Abs. 1 ErgThG). Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Ergotherapie bleibt unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Die jeweiligen Berufszugangsregelungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen bestehen nebeneinander. Insoweit gilt für die Ergotherapie nichts anderes als für andere vom Gesetzgeber fixierte Heil- oder Heilhilfsberufe (vgl. für den Bereich der Physiotherapie BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; für den Bereich der Psychotherapie Urteile vom 09.12.2004 - 3 C 11.04 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 22, und vom 28.11.2002 - 3 C 44.01 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21).
63 
2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Ergotherapie erteilt werden darf. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 361); die dortigen Erwägungen sind aber - wie das Bundesverwaltungsgericht später ausdrücklich betont hat - nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. - diese Voraussetzungen bejahend für das Gebiet Physiotherapie - BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v., Beschlussabdruck S. 7 ff.; dem folgend etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 668/09 -, MedR 2012, 751; Beschluss vom 04.11.2013 - 13 A 1463/12 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 LB 225/12 -, NdsVBl. 2014, 130). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
64 
Der Bereich der Ergotherapie ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar (ebenso: VG Braunschweig, Urteil vom 21.01.2015 - 1 A 32/14 -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017, a.a.O.). Der Tätigkeitsumfang wird durch den in der Anlage 1 ErgThAPrV aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die aufgeführte praktische Ausbildung definiert. Es handelt sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie). Angesichts dieses normativen Rahmens ist nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Ergotherapie zählt oder nicht. Ähnlich wie bei der Psychotherapie geht es bei der Ergotherapie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um bestimmte Therapieformen für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben können. Daraus ergeben sich keine (unzumutbaren) Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieformen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
65 
Der Annahme des Beklagten, für den Ergotherapeuten fehle es im Gegensatz etwa zum Physiotherapeuten an einem gesetzlich fixierten Berufsbild, kann nicht zugestimmt werden. Ein hinreichender normativer Rahmen ist insbesondere mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten gesetzt. Daneben kann auf die Heilmittel-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dabei ist es unschädlich, dass - insoweit abweichend von der Rechtslage bei den Physiotherapeuten - kein ausdrückliches Ausbildungsziel definiert ist. Der Beruf des Ergotherapeuten erfährt durch die sonst vorhandenen, oben genannten Normen, darunter etwa die genaue Bestimmung der Ausbildungsinhalte, eine hinreichende Prägung.
66 
Soweit der Beklagte der Auffassung ist, das Maß nicht-heilkundlicher Bestandteile der Ausbildung und erst recht der faktischen Betätigung des Ergotherapeuten sei (auch bei unterstellter eigenverantwortlicher, das heißt von ärztlicher Verordnung unabhängiger Berufsausübung) so hoch, dass dies der Erteilung einer auf dieses Gebiet bezogenen Heilpraktikererlaubnis entgegenstehe, überzeugt das nicht. Die Argumentation des Beklagten verkennt insoweit die Bedeutung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis. Mit deren Erteilung werden die nicht-heilkundlichen Bestandteile der Tätigkeit des Ergotherapeuten nicht zur Heilkunde aufgewertet oder auch nur „umdeklariert“. Es bedarf deshalb auch keiner genauen Ermittlung und Gewichtung der heilkundlichen im Verhältnis zu den nicht-heilkundlicher Verrichtungen eines Ergotherapeuten. Soweit sich Teile des ergotherapeutischen Tätigkeitsfeldes eindeutig dem nicht-heilkundlichen Bereich zuordnen lassen, sind sie der Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet Ergotherapie nicht abträglich; sie haben für die Heilpraktikererlaubnis schlicht keine Relevanz.
67 
Lediglich insoweit, als wegen der Weite des Berufsbildes des Ergotherapeuten hiervon auch Betätigungsfelder umfasst sind, bei denen zweifelhaft sein könnte, ob es sich bei selbstständiger Ausübung um Heilkunde handelt, bedarf dies einer näheren Betrachtung. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Ergotherapie führt allerdings zu keiner Änderung des dem Ergotherapeuten Gestatteten mit Ausnahme dessen, dass das Erfordernis einer jeweiligen ärztlichen Verordnung für das Tätigwerden als Ergotherapeut entfällt. Vor diesem Hintergrund erscheint der Vortrag des Beklagten, der auf eine erhöhte Rechtsunsicherheit, eine mögliche Gefährdung von Patienten und eine Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 5 HeilprG abzielt (vgl. auch Sasse, GesR 2013, 641 ff.), überzogen.
68 
Mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten ist normativ entschieden, welchen Voraussetzungen die Führung der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ unterliegt (zur Bußgeldbewehrung siehe § 7 ErgThG). Auf den Umfang dessen, was im Sinne von § 5 HeilprG strafbar ist, hat die Anerkennung von Heilpraktikererlaubnissen für bestimmte therapeutische Teilgebiete keinen Einfluss. Von Bedeutung könnten somit allein vermehrt auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zulassung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie im Hinblick auf den in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten genannten Kanon der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und deren heilkundliche Qualität sein.
69 
Auch ohne einen Bezug zur Heilpraktikererlaubnis stellt sich indes schon bislang das Problem der Bestimmtheit und der Auslegung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, da es gilt, die genauen Ausbildungs- und Prüfungsinhalte für Ergotherapeuten zu bestimmen. Diese Problematik verlagert sich bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten auf die Ebene der Überprüfung durch das Gesundheitsamt, das aus den solchermaßen normativ vorgegebenen Ausbildungs- und Prüfungsinhalten des Ergotherapeuten abzuleiten hat, welche Kenntnisse bei diesem vorausgesetzt werden können und welche zusätzlich für die Ausübung selbstständiger Heilkunde auf dem so umrissenen Gebiet zusätzlich überprüft werden müssen. Ferner kann auf einer weiteren Ebene, nämlich im Rahmen der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit der Anwendung von Behandlungsmethoden nach § 5 HeilprG, die Frage aufgeworfen sein, welchen Umfang eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten abdeckt. Um eine Besonderheit gerade der Ergotherapeuten geht es insoweit allerdings nicht. Abgrenzungsprobleme dergestalt, ob bestimmte Behandlungen als Heilkunde zu betrachten sind und - falls ja - ob sie von einer Heilpraktikererlaubnis gedeckt sind, entstehen nicht dadurch, dass ein Ergotherapeut auch zahlreiche nicht-heilkundliche Maßnahmen praktiziert, sondern können ebenso etwa bei Physio- oder Psychotherapeuten auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -, NJW 2011, 3591, wonach die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs „Ausübung der Heilkunde“ auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich ist). Zwar ist einzuräumen, dass das Gebiet der Ergotherapie etwas weniger scharf umrissen ist; dies wird allerdings dadurch abgemildert, dass sich auch hier - wie oben (S. 21 ff.) dargestellt wurde - ein „heilkundlicher Teil“ bestimmen lässt und es für die beschränkte Heilpraktikererlaubnis allein auf diesen Teilbereich ankommt. Mithin ist eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie ebenso wenig zu unbestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG wie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten aus Gründen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Auch eine mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht hinreichend bestimmte Strafbarkeit ist mit ihr nicht verbunden (vgl. zur Verwaltungsaktakzessorietät von Strafgesetzen Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 62, m.w.N.).
70 
Entgegen der Annahme des Beklagten handelt es sich bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Für die Einholung eines darauf bezogenen Sachverständigengutachtens besteht auch sonst kein Anlass.
71 
Der bei einer weiteren Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis zu erwartende erhöhte Verwaltungsaufwand (vgl. auch Sasse, a.a.O.) ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen. Sektorale Beschränkungen der Heilpraktikererlaubnis spiegeln im Übrigen nur die fortgeschrittene Ausdifferenzierung der Gesundheitsberufe durch den Gesetzgeber wider. Solange einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Betätigung bei der Patientenbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt aufrechterhalten bleibt, besteht eine systematische Unstimmigkeit oder - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10.05.1988 a.a.O., S. 195) - eine Ungereimtheit, die sich dadurch jedenfalls abmildern lässt, dass der Zugang zu abgrenzbaren heilkundlichen Betätigungsfeldern durch entsprechend beschränkte Heilpraktikererlaubnisse eröffnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
72 
3. Ein Ergotherapeut ist allerdings allein kraft seiner Ausbildung nicht zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit befähigt. Zum Schutz der Patienten ist deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die in der Ausbildung nicht vermittelten Kenntnisse zur ergotherapeutischen Behandlung ohne ärztliche Verordnung nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
73 
Nach § 2 Abs. 1 lit. i 1. DVO-HeilprG ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt vorzunehmen, um festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) bedeuten würde. Diese Überprüfung fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt mit der konkret beabsichtigten Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., S. 373). Der Umfang der Überprüfung steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Von einem Berufsbewerber dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in einem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f. und vom 10.02.1983, a.a.O., S. 372 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988, a.a.O., S. 194). Er muss keine Kenntnisse nachweisen, die er für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund seiner Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; näher zum Ganzen auch Schelling, a.a.O., § 2 DVO-HeilprG, Rn. 8 ff.).
74 
Aufgrund ihrer Ausbildung kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung mit den Mitteln der Ergotherapie hinreichend sicher beherrscht. Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der ergotherapeutischen Behandlungsmethoden müssen deshalb nicht überprüft werden. Gleiches gilt für heilkundliche Kenntnisse über Krankheiten, die mit Beschwerden auf dem Gebiet der Ergotherapie in keinem Zusammenhang stehen und mit denen ein Ergotherapeut in der Praxis nicht konfrontiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
75 
Ihre Ausbildung befähigt die Klägerin aber nicht zu einer selbstständigen Erstdiagnose. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausbildungsprogramm für Ergotherapeuten nach Maßgabe des Ergotherapeutengesetzes und der Ergotherapeuten-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung gerade keine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vorgesehen, die für eine solche Erstdiagnose erforderlich sind. Entsprechend dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Berufsbild wird ein Ergotherapeut im Rahmen der Krankenbehandlung nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig (siehe oben). Seine durch die Ausbildung vermittelte Befähigung ist begrenzt auf die fachgerechte Anwendung der Ergotherapie bei Patienten, bei denen die vorgelagerte Entscheidung darüber, ob überhaupt eine mit dieser Therapieform zu behandelnde Krankheit vorliegt, bereits getroffen worden ist. Diese Ausbildungslücke ist normativ vorgegeben. Sie folgt der Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein nach seinen Vorstellungen geschulter Ergotherapeut keine selbstständige Heilkunde ausüben kann, aber auch nicht soll. Es geht also nicht nur um eine Bewertung der durch die Ausbildung erreichbaren Befähigung, sondern auch um die im Vorfeld getroffene Festlegung, inwieweit Nichtärzten eine selbstständige Heiltätigkeit anvertraut werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
76 
Eine andere Beurteilung wäre erst dann geboten, wenn sich die Einschätzung des Gesetzgebers als eindeutig unzutreffend oder überholt erweisen würde. Dazu müsste etwa dargelegt werden, dass die vorgegebenen Ausbildungsinhalte nicht mit dem Berufsbild eines Heilhilfsberufes korrespondierten, sondern - gleichsam überschießend - deutlich weitergehende Kenntnisse vermittelten als für die Ausübung des Berufs erforderlich. Dafür spricht indes nichts. Die für ein eigenverantwortliches Handeln nötigen Kenntnisse entstehen auch nicht in ausreichendem Maße durch die Befassung mit der Ergotherapie gleichsam als Nebeneffekt der Aneignung von Kenntnissen über die richtige Anwendung der Therapiemethode. Es besteht nämlich ein grundlegender Unterschied zwischen der fachgerechten Anwendung einer Behandlungsmethode und ihrer Indikation. Auch von einem ausgebildeten Ergotherapeuten muss deshalb zum Schutz der Patienten verlangt werden, dass über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber vorhanden sind, ob eine solche Behandlung angezeigt ist. Dabei geht es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
77 
Eine solche Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Patienten nicht unverhältnismäßig. Vor allem dient sie nicht nur der Abwehr mittelbarer Gefahren, die daraus erwachsen können, dass ein Patient von dem notwendigen Besuch eines Arztes abgehalten wird, etwa weil er der Erstdiagnose eines ausgebildeten Ergotherapeuten besonderes Vertrauen entgegenbringt. Es geht vielmehr auch um Gefahren, die durch die Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar hervorgerufen werden können. Sie bleiben bei falscher Diagnose oder nicht erkannten Kontraindikationen nicht lediglich wirkungslos, sondern können das Leiden des Patienten unter Umständen deutlich verschlimmern. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu solchen Tätigkeiten, die für sich genommen nicht zu Beeinträchtigungen führen können (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, MedR 2005, 35 und vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890; ferner Beschluss vom 07.08.2000 - 1 BvR 254/99 -, NJW 2000, 2736; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
78 
Aus alledem ergibt sich für den Regelfall ein bestimmter Zuschnitt der Kenntnisüberprüfung bei ausgebildeten Ergotherapeuten, die auf ihrem Gebiet eigenverantwortlich tätig werden wollen. Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Ergotherapeut gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
79 
Da die Kenntnisüberprüfung keine formalisierte Prüfungsleistung darstellt, sondern allein der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gefahrenabwehr dient, kommt es außerdem auf mögliche Einzelumstände an. Die Behörde muss zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach dem Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; so bereits auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f.).
II.
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Ergotherapie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
81 
Beschluss vom 23. März 2017
82 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; vgl. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, VBlBW Sonderbeilage Januar 2014; Senatsbeschluss vom 20.12.2016 - 9 S 1935/16 -).
83 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
43 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
44 
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Ergotherapie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
45 
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, BVerwGE 134, 345, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, 358).
46 
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. Soweit sich der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 19.03.2009 - 9 S 1413/08 -, MedR 2009, 610, zu Physiotherapeuten) etwas Entgegenstehendes entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.
47 
a) Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.08.2009, a.a.O., und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, BVerwGE 66, 367, 369).
48 
Die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass sie heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzt. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Ergotherapeuten ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten - ErgThG - vom 25.05.1976 (BGBl. I 1976 S. 1246), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten - ErgThAPrV - vom 02.08.1999 (BGBl. I 1999 S. 1731), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.04.2016 (BGBl. I S. 886), abzustellen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErgThG wird die Erlaubnis, eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ auszuüben, erteilt, wenn der Antragsteller (unter anderem) nach einer dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung für Ergotherapeuten bestanden hat. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV auf folgende Fächergruppen: 1. Allgemeine Krankheitslehre; Spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie psychosoziale Aspekte; Grundlagen der Arbeitsmedizin; 2. Psychologie und Pädagogik; Behindertenpädagogik; Berufs-, Gesetzes- und Staatskunde; 3. Motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren; Neurophysiologische Behandlungsverfahren; Neuropsychologische Behandlungsverfahren; Psychosoziale Behandlungsverfahren; Arbeitstherapeutische Verfahren. Die dreijährige Ausbildung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten umfasst nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV mindestens den in der Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 2.700 Stunden und die aufgeführte praktische Ausbildung von 1.700 Stunden. Der Unterrichtsteil beinhaltet neben allgemeiner und spezieller Krankheitslehre zum Beispiel je 100 Stunden motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren (A Nr. 16), neurophysiologische Behandlungsverfahren (A Nr. 17) sowie neuropsychologische Behandlungsverfahren (A Nr. 18). Die praktische Ausbildung im motorisch-funktionellen, neurophysiologischen oder neuropsychologischen Bereich beläuft sich auf 400 Stunden (B Nr. 2). Diese normative Ausprägung des Berufsbildes des Ergotherapeuten lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis heilkundlicher Fachkenntnisse schließen. Nicht zuletzt manifestiert sich darin ein zeitlich wie inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand (vgl. zu diesem Aspekt OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 -, NJW-RR 2016, 109, 110).
49 
Zusätzlich zum Berufsrecht kann zur Bestimmung des Berufsbildes auch auf andere gesetzliche Regelungen der Ergotherapie - namentlich auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (vgl. ferner zum Beihilferecht §§ 23, 24 BBhV mit den Anlagen 9 und 10) - abgestellt werden. Insbesondere ist mit in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Ergotherapie um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend (vgl. zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 8/16, § 92 SGB V Rn. 3 ff., m.w.N.). Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu.
50 
Nach § 35 Abs. 1 dienen die Maßnahmen der Ergotherapie der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten. Sie bedienen sich komplexer aktivierender und handlungsorientierter Methoden und Verfahren (§ 35 Abs. 2). Die §§ 36 ff. befassen sich mit einzelnen Behandlungsmethoden und therapieergänzenden Maßnahmen. In der Anlage 1 werden zudem - einem negativen Ansatz folgend - nichtverordnungsfähige Heilmittel aufgezählt. Auch die Anlage 2 (Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf nach § 32 Abs. 1a SGB V) befasst sich im Einzelnen mit Fragen der Zuordnung zur Ergotherapie. Im Zweiten Teil (sog. Heilmittelkatalog) findet sich die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Hierbei werden detailliert Diagnosegruppen, funktionelle/strukturelle Schädigungen, Leitsymptomatiken, Ziele der Ergotherapie und entsprechende Heilmittelverordnungen zueinander in Beziehung gesetzt. In diesem Rahmen werden auch schwerstwiegende Erkrankungen thematisiert und mit komplexen Behandlungsmethoden in Verbindung gebracht. Dies verdeutlicht umso mehr, dass die selbstständige Ausübung von Ergotherapie heilkundliche Fachkenntnisse erfordert.
51 
Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis. Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren (vgl. zu deren hohem Rang als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192, und vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181, 194; Senatsurteil vom 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, MedR 2015, 40; Achterfeld, MedR 2013, 103), ist eine weite Auslegung geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, 107; Schnitzler, MedR 2010, 828, 831; Zuck, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Ergotherapie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse bedingen. Ob es sich dabei - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - insgesamt betrachtet lediglich um Randbereiche handelt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen.
52 
Soweit der Beklagte dem die anders formulierten Begriffsbestimmungen der verschiedenen Berufsverbände der Ergotherapeuten (WFOT, BED, DVE) entgegenhält, vermögen diese nichts zu ändern. Angesichts des normativ abgesteckten Rahmens tragen die Verbandsdefinitionen nichts Maßgebliches zur Bestimmung des Berufsbildes im Rechtssinne bei (vgl. auch VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017 - 7 A 3879/16 -, juris Rn. 23).
53 
Der Senat ist ferner der Auffassung, dass mit der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden ist. Anders als das Verwaltungsgericht dies postuliert hat, dürfte sich dies zwar nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen.
54 
Die selbstständige Ausübung der Ergotherapie weist allerdings eine zur Erfüllung des Heilkundebegriffs führende Gefahrengeneigtheit auf. Der rechtliche Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, dass die durch die Ausbildung zum Ergotherapeuten erworbenen Kenntnisse nicht zur Verneinung eines der Ergotherapie immanenten Gefahrenpotentials herangezogen werden können, ist zutreffend. Die Frage, ob eine eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie gefahrenträchtig ist, ist abstrakt und deshalb grundsätzlich losgelöst von den subjektiven Verhältnissen des Antragstellers zu beantworten. Zwar darf der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen (teilweise) vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HeilprG nicht noch einmal gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2006 - 9 S 519/06 -, VBlBW 2007, 24). Auch eine Pflicht, bereits erworbene Kenntnisse (bloß) nochmals überprüfen zu lassen, nur weil sich der Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes mit den Regelungen über die Qualifikation zum Ergotherapeuten überschneiden mag, ist regelmäßig unzumutbar. Dies spielt jedoch für die Subsumtion eines heilhilfsberuflichen Gebietes wie der Ergotherapie unter den Begriff der Heilkunde keine Rolle. Während die Frage, ob die Ergotherapie der Heilkunde zuzuordnen und deshalb nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig ist, rein objektiv vorzunehmen ist, wirken sich Vorkenntnisse des Antragstellers erst in einem zweiten Schritt, nämlich darauf aus, ob und in welchem Umfang zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis noch eine Kenntnisüberprüfung stattzufinden hat. Soweit dem Senatsbeschluss vom 10.07.2006 (a.a.O.) etwas Gegenteiliges entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten.
55 
Die Gefahrengeneigtheit der Ergotherapie lässt sich auch ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bejahen. Es kann bereits davon ausgegangen werden, dass durch die Anwendung (mancher) ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden können. Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre. Insofern gilt es unter anderem zu bedenken, dass es zu den Aufgaben des Ergotherapeuten gehört, bereits an den Folgen schwerwiegender Gesundheitseinschränkungen leidende Patienten - zum Beispiel nach einem Schlaganfall - zu behandeln. Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Ergotherapie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.
56 
Dies gilt umso mehr, als ein großer Teil der Patienten von Ergotherapeuten nicht nur wegen eines isoliert aufgetretenen Leidens gesundheitlich eingeschränkt sein dürfte, sondern eher einen generell herabgesetzten Gesundheitszustand aufweist. Jedenfalls ist dem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge die Inanspruchnahme von Heilmittelleistungen durch Pflegebedürftige überproportional hoch. Ein Drittel von ihnen erhält Leistungen der Physiotherapie. Auch Leistungen der Ergotherapie und der Logopädie werden von dieser Versichertengruppe stärker in Anspruch genommen als von anderen Versichertengruppen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage im Bundestag, BT-Drucks. 18/7283, S. 7). Um bloß bagatellartige Heilmaßnahmen (vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 HeilprG Rn. 13) oder eine sonst von nennenswerten Gesundheitsgefahren freie Betätigung (vgl. insoweit zu Masseuren und medizinischen Bademeistern BVerwG, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 B 31.11 -; BayVGH, Urteil vom 10.02.2011 - 21 B 10.188 -, jeweils juris) geht es bei der Ergotherapie nicht.
57 
b) Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Ergotherapeutin ist. Die ihr nach dem Ergotherapeutengesetz erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Ergotherapeutin berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Ergotherapeuten zählt zu der zweiten Gruppe (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
58 
Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass der Ergotherapeut anhand eines vom Arzt angegebenen Leitsymptoms nur die Einzelheiten der ergotherapeutischen Behandlung abklärt und diese durchführt.
59 
Deutlich wird die den Ergotherapeuten durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Ihnen ist die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Ergotherapeuten ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
60 
Die durch § 63 Abs. 3b SGB V in der Fassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.05.2008 (BGBl. I S. 874) ermöglichten Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der kassenärztlichen Versorgung bestätigen, dass der Gesetzgeber weiterhin von einem Berufsbild ausgeht, wonach Ergotherapeuten nur aufgrund ärztlicher Anordnung tätig werden dürfen. Die Modellvorhaben beruhen gerade auf diesem Umstand und knüpfen daran an, ohne jedoch die berufsrechtlich gezogenen Grenzen zu verschieben. Vielmehr hat der Gesetzgeber Bedacht darauf gelegt, dass den Ergotherapeuten keine Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden, bei denen es sich um selbstständige Ausübung der Heilkunde handelt (§ 63 Abs. 3b Satz 2 und 3 SGB V; vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; BT-Drucks. 16/8525 S. 105).
61 
Dass Ergotherapeuten mit eigener Praxis sozialrechtlich ähnlich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer von Heilmitteln zugelassen werden können (§ 124 Abs. 1 und 2 SGB V), ist für die berufsrechtlich gezogenen Grenzen ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Die Zulassung berechtigt nicht zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, sondern betrifft die Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen und deren Leistungspflicht bei der Versorgung mit Heilmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
62 
c) Die Ausgestaltung des Berufsbildes der Ergotherapeuten als Heilhilfsberuf bedeutet auf der anderen Seite keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Der Gesetzgeber hat mit dem Ergotherapeutengesetz die Anwendung dieser Behandlungsmethoden nicht auf die nach diesem Gesetz ausgebildeten Ergotherapeuten beschränkt und damit dieses Betätigungsfeld für Heilpraktiker geschlossen, sondern nur die Voraussetzungen und den Rahmen für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeut“ normiert (vgl. § 1 Abs. 1 ErgThG). Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Ergotherapie bleibt unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Die jeweiligen Berufszugangsregelungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen bestehen nebeneinander. Insoweit gilt für die Ergotherapie nichts anderes als für andere vom Gesetzgeber fixierte Heil- oder Heilhilfsberufe (vgl. für den Bereich der Physiotherapie BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; für den Bereich der Psychotherapie Urteile vom 09.12.2004 - 3 C 11.04 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 22, und vom 28.11.2002 - 3 C 44.01 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21).
63 
2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Ergotherapie erteilt werden darf. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 361); die dortigen Erwägungen sind aber - wie das Bundesverwaltungsgericht später ausdrücklich betont hat - nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. - diese Voraussetzungen bejahend für das Gebiet Physiotherapie - BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v., Beschlussabdruck S. 7 ff.; dem folgend etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 668/09 -, MedR 2012, 751; Beschluss vom 04.11.2013 - 13 A 1463/12 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 LB 225/12 -, NdsVBl. 2014, 130). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
64 
Der Bereich der Ergotherapie ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar (ebenso: VG Braunschweig, Urteil vom 21.01.2015 - 1 A 32/14 -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017, a.a.O.). Der Tätigkeitsumfang wird durch den in der Anlage 1 ErgThAPrV aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die aufgeführte praktische Ausbildung definiert. Es handelt sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie). Angesichts dieses normativen Rahmens ist nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Ergotherapie zählt oder nicht. Ähnlich wie bei der Psychotherapie geht es bei der Ergotherapie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um bestimmte Therapieformen für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben können. Daraus ergeben sich keine (unzumutbaren) Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieformen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
65 
Der Annahme des Beklagten, für den Ergotherapeuten fehle es im Gegensatz etwa zum Physiotherapeuten an einem gesetzlich fixierten Berufsbild, kann nicht zugestimmt werden. Ein hinreichender normativer Rahmen ist insbesondere mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten gesetzt. Daneben kann auf die Heilmittel-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dabei ist es unschädlich, dass - insoweit abweichend von der Rechtslage bei den Physiotherapeuten - kein ausdrückliches Ausbildungsziel definiert ist. Der Beruf des Ergotherapeuten erfährt durch die sonst vorhandenen, oben genannten Normen, darunter etwa die genaue Bestimmung der Ausbildungsinhalte, eine hinreichende Prägung.
66 
Soweit der Beklagte der Auffassung ist, das Maß nicht-heilkundlicher Bestandteile der Ausbildung und erst recht der faktischen Betätigung des Ergotherapeuten sei (auch bei unterstellter eigenverantwortlicher, das heißt von ärztlicher Verordnung unabhängiger Berufsausübung) so hoch, dass dies der Erteilung einer auf dieses Gebiet bezogenen Heilpraktikererlaubnis entgegenstehe, überzeugt das nicht. Die Argumentation des Beklagten verkennt insoweit die Bedeutung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis. Mit deren Erteilung werden die nicht-heilkundlichen Bestandteile der Tätigkeit des Ergotherapeuten nicht zur Heilkunde aufgewertet oder auch nur „umdeklariert“. Es bedarf deshalb auch keiner genauen Ermittlung und Gewichtung der heilkundlichen im Verhältnis zu den nicht-heilkundlicher Verrichtungen eines Ergotherapeuten. Soweit sich Teile des ergotherapeutischen Tätigkeitsfeldes eindeutig dem nicht-heilkundlichen Bereich zuordnen lassen, sind sie der Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet Ergotherapie nicht abträglich; sie haben für die Heilpraktikererlaubnis schlicht keine Relevanz.
67 
Lediglich insoweit, als wegen der Weite des Berufsbildes des Ergotherapeuten hiervon auch Betätigungsfelder umfasst sind, bei denen zweifelhaft sein könnte, ob es sich bei selbstständiger Ausübung um Heilkunde handelt, bedarf dies einer näheren Betrachtung. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Ergotherapie führt allerdings zu keiner Änderung des dem Ergotherapeuten Gestatteten mit Ausnahme dessen, dass das Erfordernis einer jeweiligen ärztlichen Verordnung für das Tätigwerden als Ergotherapeut entfällt. Vor diesem Hintergrund erscheint der Vortrag des Beklagten, der auf eine erhöhte Rechtsunsicherheit, eine mögliche Gefährdung von Patienten und eine Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 5 HeilprG abzielt (vgl. auch Sasse, GesR 2013, 641 ff.), überzogen.
68 
Mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten ist normativ entschieden, welchen Voraussetzungen die Führung der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ unterliegt (zur Bußgeldbewehrung siehe § 7 ErgThG). Auf den Umfang dessen, was im Sinne von § 5 HeilprG strafbar ist, hat die Anerkennung von Heilpraktikererlaubnissen für bestimmte therapeutische Teilgebiete keinen Einfluss. Von Bedeutung könnten somit allein vermehrt auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zulassung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie im Hinblick auf den in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten genannten Kanon der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und deren heilkundliche Qualität sein.
69 
Auch ohne einen Bezug zur Heilpraktikererlaubnis stellt sich indes schon bislang das Problem der Bestimmtheit und der Auslegung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, da es gilt, die genauen Ausbildungs- und Prüfungsinhalte für Ergotherapeuten zu bestimmen. Diese Problematik verlagert sich bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten auf die Ebene der Überprüfung durch das Gesundheitsamt, das aus den solchermaßen normativ vorgegebenen Ausbildungs- und Prüfungsinhalten des Ergotherapeuten abzuleiten hat, welche Kenntnisse bei diesem vorausgesetzt werden können und welche zusätzlich für die Ausübung selbstständiger Heilkunde auf dem so umrissenen Gebiet zusätzlich überprüft werden müssen. Ferner kann auf einer weiteren Ebene, nämlich im Rahmen der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit der Anwendung von Behandlungsmethoden nach § 5 HeilprG, die Frage aufgeworfen sein, welchen Umfang eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten abdeckt. Um eine Besonderheit gerade der Ergotherapeuten geht es insoweit allerdings nicht. Abgrenzungsprobleme dergestalt, ob bestimmte Behandlungen als Heilkunde zu betrachten sind und - falls ja - ob sie von einer Heilpraktikererlaubnis gedeckt sind, entstehen nicht dadurch, dass ein Ergotherapeut auch zahlreiche nicht-heilkundliche Maßnahmen praktiziert, sondern können ebenso etwa bei Physio- oder Psychotherapeuten auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -, NJW 2011, 3591, wonach die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs „Ausübung der Heilkunde“ auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich ist). Zwar ist einzuräumen, dass das Gebiet der Ergotherapie etwas weniger scharf umrissen ist; dies wird allerdings dadurch abgemildert, dass sich auch hier - wie oben (S. 21 ff.) dargestellt wurde - ein „heilkundlicher Teil“ bestimmen lässt und es für die beschränkte Heilpraktikererlaubnis allein auf diesen Teilbereich ankommt. Mithin ist eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie ebenso wenig zu unbestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG wie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten aus Gründen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Auch eine mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht hinreichend bestimmte Strafbarkeit ist mit ihr nicht verbunden (vgl. zur Verwaltungsaktakzessorietät von Strafgesetzen Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 62, m.w.N.).
70 
Entgegen der Annahme des Beklagten handelt es sich bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Für die Einholung eines darauf bezogenen Sachverständigengutachtens besteht auch sonst kein Anlass.
71 
Der bei einer weiteren Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis zu erwartende erhöhte Verwaltungsaufwand (vgl. auch Sasse, a.a.O.) ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen. Sektorale Beschränkungen der Heilpraktikererlaubnis spiegeln im Übrigen nur die fortgeschrittene Ausdifferenzierung der Gesundheitsberufe durch den Gesetzgeber wider. Solange einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Betätigung bei der Patientenbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt aufrechterhalten bleibt, besteht eine systematische Unstimmigkeit oder - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10.05.1988 a.a.O., S. 195) - eine Ungereimtheit, die sich dadurch jedenfalls abmildern lässt, dass der Zugang zu abgrenzbaren heilkundlichen Betätigungsfeldern durch entsprechend beschränkte Heilpraktikererlaubnisse eröffnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
72 
3. Ein Ergotherapeut ist allerdings allein kraft seiner Ausbildung nicht zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit befähigt. Zum Schutz der Patienten ist deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die in der Ausbildung nicht vermittelten Kenntnisse zur ergotherapeutischen Behandlung ohne ärztliche Verordnung nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
73 
Nach § 2 Abs. 1 lit. i 1. DVO-HeilprG ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt vorzunehmen, um festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) bedeuten würde. Diese Überprüfung fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt mit der konkret beabsichtigten Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., S. 373). Der Umfang der Überprüfung steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Von einem Berufsbewerber dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in einem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f. und vom 10.02.1983, a.a.O., S. 372 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988, a.a.O., S. 194). Er muss keine Kenntnisse nachweisen, die er für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund seiner Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; näher zum Ganzen auch Schelling, a.a.O., § 2 DVO-HeilprG, Rn. 8 ff.).
74 
Aufgrund ihrer Ausbildung kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung mit den Mitteln der Ergotherapie hinreichend sicher beherrscht. Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der ergotherapeutischen Behandlungsmethoden müssen deshalb nicht überprüft werden. Gleiches gilt für heilkundliche Kenntnisse über Krankheiten, die mit Beschwerden auf dem Gebiet der Ergotherapie in keinem Zusammenhang stehen und mit denen ein Ergotherapeut in der Praxis nicht konfrontiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
75 
Ihre Ausbildung befähigt die Klägerin aber nicht zu einer selbstständigen Erstdiagnose. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausbildungsprogramm für Ergotherapeuten nach Maßgabe des Ergotherapeutengesetzes und der Ergotherapeuten-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung gerade keine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vorgesehen, die für eine solche Erstdiagnose erforderlich sind. Entsprechend dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Berufsbild wird ein Ergotherapeut im Rahmen der Krankenbehandlung nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig (siehe oben). Seine durch die Ausbildung vermittelte Befähigung ist begrenzt auf die fachgerechte Anwendung der Ergotherapie bei Patienten, bei denen die vorgelagerte Entscheidung darüber, ob überhaupt eine mit dieser Therapieform zu behandelnde Krankheit vorliegt, bereits getroffen worden ist. Diese Ausbildungslücke ist normativ vorgegeben. Sie folgt der Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein nach seinen Vorstellungen geschulter Ergotherapeut keine selbstständige Heilkunde ausüben kann, aber auch nicht soll. Es geht also nicht nur um eine Bewertung der durch die Ausbildung erreichbaren Befähigung, sondern auch um die im Vorfeld getroffene Festlegung, inwieweit Nichtärzten eine selbstständige Heiltätigkeit anvertraut werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
76 
Eine andere Beurteilung wäre erst dann geboten, wenn sich die Einschätzung des Gesetzgebers als eindeutig unzutreffend oder überholt erweisen würde. Dazu müsste etwa dargelegt werden, dass die vorgegebenen Ausbildungsinhalte nicht mit dem Berufsbild eines Heilhilfsberufes korrespondierten, sondern - gleichsam überschießend - deutlich weitergehende Kenntnisse vermittelten als für die Ausübung des Berufs erforderlich. Dafür spricht indes nichts. Die für ein eigenverantwortliches Handeln nötigen Kenntnisse entstehen auch nicht in ausreichendem Maße durch die Befassung mit der Ergotherapie gleichsam als Nebeneffekt der Aneignung von Kenntnissen über die richtige Anwendung der Therapiemethode. Es besteht nämlich ein grundlegender Unterschied zwischen der fachgerechten Anwendung einer Behandlungsmethode und ihrer Indikation. Auch von einem ausgebildeten Ergotherapeuten muss deshalb zum Schutz der Patienten verlangt werden, dass über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber vorhanden sind, ob eine solche Behandlung angezeigt ist. Dabei geht es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
77 
Eine solche Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Patienten nicht unverhältnismäßig. Vor allem dient sie nicht nur der Abwehr mittelbarer Gefahren, die daraus erwachsen können, dass ein Patient von dem notwendigen Besuch eines Arztes abgehalten wird, etwa weil er der Erstdiagnose eines ausgebildeten Ergotherapeuten besonderes Vertrauen entgegenbringt. Es geht vielmehr auch um Gefahren, die durch die Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar hervorgerufen werden können. Sie bleiben bei falscher Diagnose oder nicht erkannten Kontraindikationen nicht lediglich wirkungslos, sondern können das Leiden des Patienten unter Umständen deutlich verschlimmern. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu solchen Tätigkeiten, die für sich genommen nicht zu Beeinträchtigungen führen können (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, MedR 2005, 35 und vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890; ferner Beschluss vom 07.08.2000 - 1 BvR 254/99 -, NJW 2000, 2736; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
78 
Aus alledem ergibt sich für den Regelfall ein bestimmter Zuschnitt der Kenntnisüberprüfung bei ausgebildeten Ergotherapeuten, die auf ihrem Gebiet eigenverantwortlich tätig werden wollen. Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Ergotherapeut gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
79 
Da die Kenntnisüberprüfung keine formalisierte Prüfungsleistung darstellt, sondern allein der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gefahrenabwehr dient, kommt es außerdem auf mögliche Einzelumstände an. Die Behörde muss zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach dem Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; so bereits auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f.).
II.
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Ergotherapie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
81 
Beschluss vom 23. März 2017
82 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; vgl. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, VBlBW Sonderbeilage Januar 2014; Senatsbeschluss vom 20.12.2016 - 9 S 1935/16 -).
83 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Juni 2016 - 7 K 3134/15 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land die Erteilung der Erlaubnis zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf den Bereich der Logopädie (sektorale Heilpraktikererlaubnis).
Sie absolvierte in den Jahren 1999 bis 2002 eine Ausbildung zur Logopädin und ist seitdem - zunächst angestellt, seit dem Jahr 2004 selbstständig - unter dieser Berufsbezeichnung tätig.
Im Jahre 2013 stellte die Klägerin erstmalig einen Antrag auf Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Logopädie. Auf den behördlichen Hinweis, eine solche könne nicht erteilt werden, nahm sie ihren Antrag zurück.
Am 16.03.2015 beantragte sie beim Landratsamt Tübingen erneut, ihr eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf das Gebiet der Logopädie zu erteilen.
Mit Bescheid vom 30.04.2015 lehnte das Landratsamt den Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, das Heilpraktikergesetz kenne nur die einheitliche Berufsbezeichnung „Heilpraktiker/in“. Ausnahmen gebe es nach der Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums Baden-Württemberg zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes nur für die Gebiete Psychotherapie, Physiotherapie und Podologie. Weitere spezielle Berufs- oder Tätigkeitsbezeichnungen seien nicht vorgesehen.
Den von der Klägerin gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Tübingen mit Bescheid vom 28.08.2015, zugestellt am 02.09.2015, mit der Begründung zurück, das Heilpraktikergesetz kenne nur den Begriff des Heilpraktikers. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Heilpraktikererlaubnis teilbar, dies aber nur unter der Voraussetzung, dass die Heilkunde auf einem abgrenzbaren Gebiet erfolge und nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausgeübt werde. Dies treffe bei der Logopädie nicht zu. Sie umfasse unter anderem die Behandlung von Sprach-, Schluck- und Hörstörungen bei neurologischen Beeinträchtigungen, infantiler Zerebralparese, Morbus Parkinson, multipler Sklerose, Schlaganfällen, Unfällen, Autismus, Demenz etc. Die eigenverantwortliche Ausübung der Logopädie als Heilkunde erfordere daher in vielen Fällen eine umfangreiche Differentialdiagnostik in ganz unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten, um vor Durchführung einer logopädischen Behandlung verantwortlich entscheiden zu können, ob vor, statt oder neben einer logopädischen Behandlung eine andere medizinische Behandlung erforderlich sei. Damit fehle es an der Abgrenzbarkeit gegenüber anderen medizinischen Behandlungen. Auch sei die logopädische Therapie je nach Art und Ursache der Sprach-, Sprech-, Stimm-, Schluck- und Hörbeeinträchtigung so unterschiedlich, dass keine eindeutig umrissene Therapieform ausgeübt werde. Zum Schutz der Volksgesundheit sei zur Ausübung der Logopädie ohne ärztliche Verordnung eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis erforderlich.
Die Klägerin hat am 12.09.2015 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 30.04.2015 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.08.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, bezogen und beschränkt auf den Bereich der Logopädie (sektorale Heilpraktikererlaubnis) erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Mit Urteil vom 28.06.2016 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die auf Neubescheidung des Antrags gerichtete Verpflichtungsklage sei zulässig und begründet, da die Ablehnung des Antrags der Klägerin durch die Bescheide vom 30.04.2015 und vom 28.08.2015 rechtswidrig gewesen sei, die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt sei (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 VwGO) und sie einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Begehrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts habe (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Rechtliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis sei § 1 Abs. 1 HeilprG. Danach bedürfe, wer die Heilkunde ausüben wolle, ohne als Arzt bestallt zu sein, der Erlaubnis. Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes sei nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt werde. Maßgeblich seien das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden.
10 
Ein Anspruch auf eine sektorale Heilpraktikererlaubnis setze voraus, dass es sich um eine erlaubnispflichtige heilkundliche Tätigkeit handele, die Erlaubnispflichtigkeit nicht wegen einer bereits vorhandenen Ausbildung entfalle und dass das bereits vorhandene Berufsbild die eigenständige Tätigkeit auf Grundlage der Heilpraktikererlaubnis nicht sperre. Diese Voraussetzungen seien vorliegend unstreitig erfüllt. Insbesondere seien sich die Beteiligten zutreffend darin einig, dass der Bereich der Logopädie eine heilkundliche Tätigkeit betreffe, für die ärztliche Fachkenntnisse erforderlich seien, und dass eine logopädische Behandlung gegebenenfalls Gesundheitsschäden zur Folge haben könne.
11 
Einzig verbleibender Streitpunkt sei hier, ob gerade für den Bereich der Logopädie eine sektorale, also für dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis möglich sei. Festzuhalten sei insofern, dass - auch darüber seien sich die Beteiligten einig - eine sektorale Erlaubnis nicht von vorneherein ausgeschlossen sei, sondern unter Berücksichtigung höchstrichterlicher Rechtsprechung zu den Bereichen der Psycho- und der Physiotherapie durchaus in Betracht komme. Denn die Heilpraktikererlaubnis sei anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. So beinhalte das Heilpraktikergesetz weder dem Sinn noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Zwar habe bei Inkrafttreten des Gesetzes noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden, jedoch hätten sich seitdem die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssten daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Auch untergerichtlich sei die Möglichkeit einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für weitere Bereiche bejaht worden (Ergotherapie; Chiropraktik; Teilbarkeit verneint dagegen hinsichtlich Osteopathie).
12 
Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung sei zum Schutz der Volksgesundheit nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben wolle. Für den Bereich der Physiotherapie habe das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dieses sei hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar, da der Tätigkeitsumfang durch die Beschreibung der Ausbildungsziele in § 8 MPhG sowie durch die Aufzählung der physiotherapeutischen Behandlungsmethoden und Therapieformen in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Physiotherapeuten definiert sei. Es handele sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel, so dass angesichts dieses normativen Rahmens nicht zu befürchten sei, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Physiotherapie zähle oder nicht.
13 
Selbiges treffe auch auf den Bereich der Logopädie zu. Hier handele es sich ebenfalls um ein abgrenzbares Gebiet mit eindeutig umrissener Therapieform. Die Logopädie umfasse Prävention, Diagnostik, Therapie und Beratung von Patienten mit Sprach-, Sprech-, Stimm-, Hör- und Schluckstörungen durch einen Logopäden (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2012, „Logopädie“). Sie sei ein seit Jahrzehnten bestehendes und anerkanntes Tätigkeitsfeld, das seit 1980 im Logopädengesetz und in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden geregelt sei. Entsprechend führe auch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden in ihren §§ 5 und 6 ausführlich auf, in welchen Fachbereichen beziehungsweise Fächern der Logopäde Kenntnisse aufweisen müsse, um nach der dreijährigen Ausbildung eine Zulassung zu erhalten. Prüfungsstoff seien die Logopädie, die Phoniatrie einschließlich Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, die Audiologie und Pädaudiologie, die Neurologie und Psychiatrie, die Bereiche der Pädagogik und Sonderpädagogik, der Psychologie und klinischen Psychologie, der Phonetik und der Linguistik. Auch Kenntnisse der Anatomie und der Physiologie würden geprüft (§ 5 Abs. 1 Satz 3, § 6 Abs. 1 Satz 2 LogAPrO). Durch diese dezidiert aufgelisteten Ausbildungs- und Prüfungsinhalte, die Gegenstand in einer bundesweit gesetzlich vorgeschriebenen Ausbildung seien und in einer staatlichen Prüfung mündeten, sei bereits eine deutliche Abgrenzbarkeit des Berufsbilds des Logopäden gewährleistet. Schließlich dürfe die Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung des Logopäden eben nur derjenige ausüben, der (neben den übrigen in § 2 Abs. 1 LogopG genannten Voraussetzungen) nach der dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung zum Logopäden bestanden habe (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 LogopG).
14 
Zudem handele es sich auch um ein gesetzlich vorgesehenes und durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (vgl. dort Kapitel F bzw. §§ 30 bis 34 zu Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sowie Schluckstörungen). Im Hinblick auf den Umstand, dass das einschlägige Kapitel nicht mit dem Begriff Logopädie überschrieben sei, sei ergänzend angemerkt, dass die Richtlinie gleichermaßen zahlreiche physiotherapeutische Maßnahmen aufliste, allerdings auch der Begriff Physiotherapie nicht verwendet werde.
15 
Angesichts vorstehender Ausführungen sei im Übrigen festzustellen, dass das Berufsbild des Logopäden sehr viel konkreter abzugrenzen sei, als es das des Heilpraktikers sei. So bestehe für den Heilpraktikerberuf anders als für sonstige Heil- und Heilhilfsberufe kein gesetzlich fixiertes Berufsbild. Das Heilpraktikergesetz erfasse ein heilkundliches Berufsfeld, ohne nach Aus- und Vorbildung oder fest umrissenen Berufsbildern zu differenzieren. Während etwa für den Beruf des Arztes, Psychologischen Psychotherapeuten, Physiotherapeuten oder Logopäden die Ausbildung gesetzlich geregelt sei und die Erteilung der Berufserlaubnis das Bestehen einer staatlichen Prüfung voraussetze, sei für die berufliche Tätigkeit als Heilpraktiker weder eine bestimmte fachliche Ausbildung noch eine entsprechende fachliche Prüfung vorgeschrieben.
16 
Der vorstehenden Bewertung stehe auch nicht entgegen, dass es keine gesetzliche Regelung gebe, die die Ausbildungsziele des Logopäden definiere. Der Beklagte weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es im Masseur- und Physiotherapeutengesetz und im Podologengesetz Regelungen zu den Ausbildungszielen gebe. In der Tat enthalte § 8 MPhG eine Legaldefinition des Ausbildungsziels („Die Ausbildung soll entsprechend der Aufgabenstellung des Berufs insbesondere dazu befähigen, durch Anwenden geeigneter Verfahren der Physiotherapie in Prävention, kurativer Medizin, Rehabilitation und im Kurwesen Hilfen zur Entwicklung, zum Erhalt oder zur Wiederherstellung alter Funktionen im somatischen und psychischen Bereich zu geben und bei nicht rückbildungsfähigen Körperbehinderungen Ersatzfunktionen zu schulen (Ausbildungsziel)“). Auch § 3 PodG beinhalte eine solche („Die Ausbildung soll entsprechend der Aufgabenstellung des Berufs insbesondere dazu befähigen, durch Anwendung geeigneter Verfahren nach den anerkannten Regeln der Hygiene allgemeine und spezielle fußpflegerische Maßnahmen selbständig auszuführen, pathologische Veränderungen oder Symptome von Erkrankungen am Fuß, die eine ärztliche Abklärung erfordern, zu erkennen, unter ärztlicher Anleitung oder auf ärztliche Veranlassung medizinisch indizierte podologische Behandlungen durchzuführen und damit bei der Prävention, Therapie und Rehabilitation von Fußerkrankungen mitzuwirken (Ausbildungsziel).“). Für das Gebiet der Psychotherapie finde sich eine entsprechende Regelung im Psychotherapeutengesetz nicht, sondern in der zugehörigen Prüfungsverordnung (§ 1 Abs. 2 PsychTh-APrV: „Die Ausbildung hat den Ausbildungsteilnehmern insbesondere die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die erforderlich sind, um 1. in Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist, und 2. bei der Therapie psychischer Ursachen, Begleiterscheinungen und Folgen von körperlichen Erkrankungen unter Berücksichtigung der ärztlich erhobenen Befunde zum körperlichen Status und der sozialen Lage des Patienten auf den wissenschaftlichen, geistigen und ethischen Grundlagen der Psychotherapie eigenverantwortlich und selbständig handeln zu können (Ausbildungsziel).“).
17 
Zutreffend sei auch, dass weder das Logopädengesetz noch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden eine entsprechende Legaldefinition der Ausbildungsziele enthielten, sondern diese „nur“ den Prüfungsablauf, -umfang und -gegenstand beschreibe. Eine Legaldefinition des Ausbildungsziels sei allerdings kein konstitutives Merkmal für eine Abgrenzbarkeit beziehungsweise Teilbarkeit. Vielmehr handele es sich um einen von mehreren möglichen Gesichtspunkten. Den Rückschluss, dass ohne eine gesetzliche Definition des Ausbildungsziels kein hinreichend abgrenzbares Gebiet vorliegen solle, vermöge das Gericht in Anbetracht der umfänglichen Regelungen in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden nicht zu teilen.
18 
Auch der Einwand, es gebe zahlreiche andere Berufsbilder, die sich mit ähnlichen Behandlungsmethoden befassten (etwa klinische Sprechwissenschaftler, Atem-, Sprech- und Stimmlehrer, klinische Linguisten, Diplom-Sprachheilpädagogen sowie examinierte Sprachheilpädagogen), überzeuge nicht. Dass sich unterschiedliche Berufsbilder teilweise überschnitten, treffe auf viele andere Berufsbilder gleichermaßen zu. Dennoch ändere dies nichts daran, dass der staatlich geprüfte Logopäde von diesen Berufsbildern aus abgrenzbar bleibe.
19 
Soweit der Beklagte Bedenken wegen einer unmittelbar durch einen Logopäden durchgeführten Untersuchung und Behandlung ohne vorherige Vorstellung beim Arzt am Beispiel eines Schlaganfallpatienten angeführt habe, führe auch dies nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Aus Sicht des Beklagten könne in jenem Fall das Problem der Diagnoseungenauigkeit auftreten, da eine Schädigung vorliegen könne, die über den Bereich der Logopädie hinausgehe und dem Logopäden gegebenenfalls die Kenntnisse hinsichtlich möglicher körperlicher Ursachen fehlten. Einer solchen Argumentation sei allerdings das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zum Physiotherapeuten vom 29.08.2009 gerade entgegengetreten. Dort sei gegen eine hinreichende Abgrenzbarkeit eingewendet worden, dass die Krankheiten, bei denen Physiotherapie indiziert sei, ganz unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten zugeordnet seien. Infolgedessen könne die Physiotherapie dann auch nicht aus dem allgemeinen Feld der Heilkunde ausgegrenzt werden. Diese Erwägung habe das Bundesverwaltungsgericht aber verworfen und ausgeführt, dass es zwar zutreffe, dass die Ursachen für Störungen des Bewegungsapparates vielfältig sein könnten und die Erstdiagnose über ein einzelnes Fachgebiet der Medizin hinausgehende Kenntnisse erfordere. Das besage aber noch nichts über die Abgrenzbarkeit der Erlaubnis. Ähnlich wie bei der Psychotherapie gehe es bei der Physiotherapie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um eine bestimmte Therapieform für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben könnten. Daraus ergäben sich keine Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieform. Hieran anknüpfend vermöge das Gericht auch nicht den Schluss zu ziehen, dem Logopäden könne (anders als im Falle des Physio- oder des Psychotherapeuten) eine Behandlung von Patienten nicht erlaubt werden, weil ohne eine ärztliche Voruntersuchung oder -behandlung eine Gesundheitsgefahr für die Patienten bestünde. Ergänzend könne insofern auch auf die nachvollziehbaren Schilderungen der Klägerin im Termin Bezug genommen werden, die nicht nur den üblichen Behandlungsablauf (Vorstellung des Patienten mit ärztlichem Rezept, das üblicherweise eine Stimm-/Sprachstörung nenne; Diagnose/Befundung sowie Anamnese - etwa auch zur Frage, ob eine zentrale Störung/Nervenstörung bestehe; anschließend ggf. erforderliche Festlegung der zu ergreifenden Maßnahmen) dargestellt habe, sondern auch beschrieben habe, dass es in ihrer täglichen Praxis vorkomme, dass sie Patienten zum Arzt (zurück-) schicke, weil sie zum Schluss gekommen sei, dass die Problematik des Patienten nicht dem logopädischen Bereich zuzuordnen sei.
20 
Im Hinblick auf die Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes sei darauf hinzuweisen, dass diese als Verwaltungsinternum keine Bindungswirkung für das Gericht entfalte.
21 
Der Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Hierzu führt er aus, er teile die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die eigenverantwortliche Anwendung logopädischer Methoden zur Behandlung von Krankheiten und Beeinträchtigungen Ausübung der Heilkunde darstelle. Bei der Logopädie handele es sich aber nicht um ein abgrenzbares Gebiet oder eine eindeutig umrissene Therapieform.
22 
Für die Abgrenzbarkeit sei maßgeblich, inwieweit die für den regulären Heilpraktiker erforderliche Kenntnisüberprüfung eingeschränkt werden könne und aus Verhältnismäßigkeitserwägungen eingeschränkt werden müsse, weil der Antragsteller nur in einem abgrenzbaren Gebiet tätig werden wolle. Die Abgrenzbarkeit setze somit ein begrenztes Gebiet oder eine eindeutig umrissene Therapieform voraus. Es gebe somit bestimmte Therapieformen für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben könnten. Bei der Psychotherapie gehe es um die Behandlung seelischer Leiden mit den Mitteln der Psychotherapie, bei der Physiotherapie um die Behandlung von Störungen des Bewegungsapparates durch Krankengymnastik, Massage oder sonstige Methoden der Physiotherapie. Daher ergäben sich keine Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen. Das Verwaltungsgericht sei von einer hinreichenden Abgrenzbarkeit der Tätigkeit eines Logopäden ausgegangen. Dies sei rechtlich falsch.
23 
Zunächst müssten Kriterien für die Abgrenzbarkeit entwickelt werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe ausgeführt, dass der Bereich der Physiotherapie hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar sei, da der Tätigkeitsumfang durch die Beschreibung der Ausbildungsziele in § 8 MPhG sowie durch die Aufzählung der physiotherapeutischen Behandlungsmethoden und Therapieformen in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Physiotherapeuten definiert sei. Zudem handele es sich um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel, so dass angesichts dieses normativen Rahmens nicht zu befürchten sei, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Physiotherapie zähle oder nicht. In Anbetracht der prominenten Stellung der Ausbildungsziele im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - das Urteil verweise darauf an mehreren Stellen - sei davon auszugehen, dass gerade die definierten Ausbildungsziele beim Physiotherapeuten für die Abgrenzbarkeit wichtig seien. Es gehe letztlich darum, wozu die Ausbildung eigentlich befähigen solle, also was das Ziel der Berufsausübung überhaupt sein solle. Bei der Logopädie sei dies nicht ausreichend erkennbar. Die Rahmenbedingungen für den Bereich Logopädie seien ebenfalls im Gesetz über den Beruf des Logopäden sowie in der entsprechenden Ausbildungs- und Prüfungsordnung festgelegt. Gegenüber der Ausbildung der Physiotherapeuten seien jedoch die Ausbildungsziele beim Logopäden, die insbesondere für die hinreichende Ausdifferenzierung durch das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 26.08.2009 herangezogen worden seien, nicht festgelegt. Es sei auch nicht klar, was der Logopäde eigentlich, im Unterschied zu anderen Heilberufen in dem Bereich, heilen solle. Jede vom Verwaltungsgericht aufgeführte Legaldefinition der Ausbildungsziele gebe den Tätigkeitsumfang des jeweiligen Berufsbildes klar vor. So seien zum Beispiel in der Physiotherapie die Leiden auf den Stütz- und Bewegungsapparat begrenzt und die anzuwendenden Methoden seien unter den Oberbegriffen krankengymnastische Behandlungstechniken, Massagetherapie, Elektro-, Licht-, und Strahlentherapie und Hydro-, Balneo-, Thermo- und Inhalationstherapie mit den dazu gehörenden Therapieverfahren in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten (Anlage 1 Nr. 16-20) aufgezählt. Im Bereich der Logopädie liege eine solche Definition nicht vor.
24 
Ferner habe sich das Verwaltungsgericht nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, was die Ausübung der Tätigkeit der anderen genannten, der Logopädie sehr ähnlichen Tätigkeitsfelder genau beinhalte. Insoweit wäre eine vertiefte Auseinandersetzung damit, wie genau die Abgrenzung zu den anderen Berufsfeldern vorzunehmen sei, erforderlich gewesen. Diese sei nämlich keinesfalls eindeutig. Sogar die Fachliteratur gehe davon aus, dass in der Sprachtherapie viele an der Therapie beteiligt sein könnten, deren Aufgabengebiete sich teilweise überlappten oder identisch seien. So finde sich in dem Buch „Grundlagen der Sprachtherapie“, Band 1, herausgegeben von Manfred Grohnfeldt, Edition Marhold, 1989, auf Seite 3 folgende Aussage: „Im Hinblick auf die spezielle Situation der Sprachtherapie tritt erschwerend hinzu, dass es sich um ein interdisziplinäres Aufgabengebiet mit einer Vielzahl an beteiligten Wissenschaftsdisziplinen handelt, die zudem einer ständigen Veränderung und Weiterentwicklung in einem sich wandelnden historischen Kontext unterworfen sind.“ Auf Seite 4 desselben Buches heiße es: „Waren es in den Anfängen der Arbeit mit sprachgestörten Personen vorwiegend Vertreter aus der Pädagogik und Medizin, so traten in den letzten Jahrzehnten zusätzlich die Psychologie, Soziologie, Phonetik, Linguistik usw. ergänzend hinzu. Zu fragen ist, in welchem Verhältnis die beteiligten Wissenschaften zueinander stehen bzw, stehen können oder sollen. Denkbar sind hier einseitig proklamierte Dominanzansprüche, eine sich im Hinblick auf das praktische Tätigkeitsfeld konstituierende Integrationswissenschaft, die Zusammenhänge zwischen den Erkenntnissen aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen herstellen und anwendungsbezogen aus einer übergeordneten, weitgehend pädagogischen und/oder psychologischen Sichtweise nutzbar macht, oder aber Konzeptionen gleichberechtigter Nachbardisziplinen mit wechselnden Aufgabenverteilungen, Dass es sich hier nicht nur um ein akademisches Interesse handelt, wird am Beispiel des Therapiebegriffs deutlich. Je nach dem zugrunde gelegten Therapieverständnis und Menschenbild können in der Praxis ganz unterschiedliche Zielsetzungen und Arten des Vorgehens beobachtet werden, die nicht nur Ausdruck eines ganz persönlichen Grundverständnisses sind, sondern auch durch die Wissenschaftssystematik in einer bestimmten Disziplin mitbeeinflusst werden können.“ Im „Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie", Band 1, Selbstverständnis und theoretische Grundlagen, ebenfalls von Manfred Grohnfeldt herausgegeben, heiße es zur derzeitigen gesetzgeberischen Sicht auf die Logopädie auf Seite 27: „Zum zweiten wird die logopädische Behandlung als eine Folge medizinischer Diagnose betrachtet: Der Arzt stellt die Diagnose und der Logopäde führt die von dem Arzt verordnete Intervention unter dessen Kontrolle durch.“ Zum logopädischen Selbstverständnis stehe dort: „Die Logopädie definiert sich folglich zwar als genuin medizinisch, bezieht sich jedoch in zunehmendem Maße auf linguistisches, (sozial-)psychologisches und -im Vergleich zur Sprachheilpädagogik in geringerem Maße auf (sonder)pädagogisches Denken. Denn es stellt keine eigenständige wissenschaftliche Disziplin [...] dar.“ Auf Seite 29 finde sich folgende Aussage: „Sprachheilpädagogik und Logopädie weisen folglich weitgehende Überschneidungsbereiche hinsichtlich ihres Gegenstandsverständnisses auf, wobei allerdings aufgrund der unterschiedlichen Historie verschiedene Akzentuierungen vorgenommen werden. [...] Wie durch die Abbildungen verdeutlicht wird, stehen beide Fächer trotz ihrer historisch begründeten unterschiedlichen wissenschaftlichen Einbettung in einem interdisziplinären Verbund.“
25 
Ferner liege für die Logopädie, wie bereits aufgeführt, keine eindeutige Definition wie beim Physiotherapeuten in § 8 MPhG vor. Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung auf folgende Beschreibung bezüglich der Logopädie verwiesen: „Die Logopädie umfasst Prävention, Diagnostik, Therapie und Beratung von Patienten mit Sprach-, Sprech-, Stimm-, Hör- und Schluckstörungen durch einen Logopäden (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2012 „Logopädie").“ In dem zitierten Wörterbuch sei für den Linguisten jedoch eine ähnliche Beschreibung hinterlegt: „Die Berufsbezeichnung für eine Person, die wissenschaftsbasiert in den Bereichen Sprachentwicklungsstörung und erworbenen Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen diagnostiziert und therapiert, Therapiemethoden entwickelt und evaluiert.“ Selbiges gelte für die Beschreibung in dem Wörterbuch zum Atem-, Sprech- und Stimmlehrer: „Berufsbezeichnung für eine Person mit therapeutischer, präventiver und/oder pädagogischer Tätigkeit im Bereich der Entwicklung und des Einsatzes der menschlichen Stimme.“ Noch nicht einmal die sprachheilkundliche Fachliteratur sei daher in der Lage, eine genaue Abgrenzung vorzunehmen.
26 
Auch bei dem vom Gericht aufgeführten Prüfungsstoff (§ 5 Abs. 1 Satz 3, § 6 Abs. 1 Satz 2 LogAPrO) sei anzuführen, dass die Bezeichnungen oftmals unspezifisch seien und dass die einzelnen Behandlungsmethoden nicht näher bestimmt würden. Entgegen der Auffassung des Gerichts könne dadurch keine deutliche Abgrenzbarkeit gewährleistet werden. Wie bereits in der Klageerwiderung ausgeführt, wendeten weitere Berufsgruppen (Klinische Sprechwissenschaftler (Klinische Sprechwissenschaft), Atem-, Sprech- und Stimmlehrer, Klinische Linguisten (Klinische Linguistik) und Diplom-Sprachheilpädagogen sowie examinierte Sprachheilpädagogen) nahezu deckungsgleich Methoden an und könnten somit alleine nicht zur Abgrenzung herangezogen werden.
27 
Das Verwaltungsgericht führe zudem an, dass die Logopädie ein gesetzlich vorgesehenes und durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel darstelle. Zwar sei die Bezeichnung Logopädie nicht explizit aufgeführt, jedoch sei dies beim Bereich der Physiotherapie gleich. Die Richtlinie liste gleichermaßen zahlreiche physiotherapeutische Maßnahmen auf, allerdings werde auch der Begriff Physiotherapie nicht verwendet. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die aufgeführten physiotherapeutischen Maßnahmen, wie zum Beispiel die klassische Massagetherapie, nicht nur von Physiotherapeuten ausgeführt würden, weshalb die Aufführung einzelner Methoden in der Richtlinie alleine die Abgrenzbarkeit nicht belege. Der Logopäde könne somit aufgrund der mangelnden Abgrenzbarkeit der Tätigkeit eines Logopäden von der Tätigkeit anderer „Sprachtherapeuten“ im weiteren Sinne zudem gar nicht wie ein Arzt, der eine Diagnose stelle und dann an einen Logopäden verweise, tätig werden. Das Gebiet eigne sich nicht in demselben Maße wie die als Heilpraktiker angesehenen Tätigkeiten für einen „ursprünglichen“ Therapieansatz. Wenn schon die Ausbildungsinhalte unklar seien, seien Logopäden auch nicht für die Diagnostik geeignet. Es handele sich nach den bekanntgewordenen Inhalten auch im Sinne des Bundesverwaltungsgerichts um einen Heilhilfsberuf. Im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.03.2015 werde ausgeführt, dass „die Ausbildungsinhalte jedenfalls keine hinreichenden Kenntnisse und Fähigkeiten für eine Erstdiagnose vermitteln“. Die im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2009 aufgeführten Merkmale seien nur als Indizien für die Abgrenzbarkeit auszulegen. Alle aufgeführten Merkmale seien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bei der Prüfung der Abgrenzbarkeit zu beachten. Sie führten nur in der Gesamtheit zur Bejahung der Abgrenzbarkeit.
28 
Zur Problematik der „Diagnosenungenauigkeit“ sei ergänzend anzuführen, dass die Rahmenbedingungen beim Physiotherapeuten eindeutig vorlägen, weshalb dieser sich seiner Grenzen bewusst sei. Aufgrund der fehlenden Abgrenzbarkeit beim Logopäden könne dies hier nicht zweifelsfrei behauptet werden. Hieran änderten auch die Schilderungen der Klägerin im Termin beim Verwaltungsgericht nichts.
29 
Es sei erneut darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis bislang nur für die Gebiete der Physiotherapie, der Psychotherapie und der Podologie bejaht worden seien. Anders lautende gesetzliche Regelungen beziehungsweise höchstrichterliche Rechtsprechung lägen bisher nicht vor, weshalb die entsprechende Verwaltungsvorschrift derzeit „als Richtwert“ herangezogen werde. Bezüglich der vom Verwaltungsgericht aufgeführten untergerichtlichen Verfahren sei darauf hinzuweisen, dass zumindest das Verfahren des Verwaltungsgerichts Karlsruhe derzeit nicht rechtskräftig sei.
30 
Der Beklagte beantragt,
31 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Juni 2016 - 7 K 3134/15 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
32 
Die Klägerin beantragt,
33 
die Berufung zurückzuweisen.
34 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen des Beklagten im Einzelnen entgegen.
35 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Tübingen (ein Stehordner) und des Regierungspräsidiums Tübingen sowie die Prozessakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (jeweils ein Band) vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
36 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
37 
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Logopädie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
38 
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, BVerwGE 134, 345, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, 358).
39 
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung logopädischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. Soweit sich der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 19.03.2009 - 9 S 1413/08 -, MedR 2009, 610, zu Physiotherapeuten) etwas Entgegenstehendes entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.
40 
a) Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.08.2009, a.a.O., und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, BVerwGE 66, 367, 369).
41 
Die eigenverantwortliche Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Der Senat stimmt mit den Beteiligten und dem Verwaltungsgericht darin überein, dass sie heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzt. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Logopäden ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf des Logopäden - LogopG - vom 07.05.1980 (BGBl. I 1980 S. 529), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden - LogAPrO - vom 01.10.1980 (BGBl. I 1980 S. 1892), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.04.2016 (BGBl. I S. 886), abzustellen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 LogopG wird die Erlaubnis, eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Logopädin“ oder „Logopäde“ auszuüben, erteilt, wenn der Antragsteller (unter anderem) nach einer dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung für Logopäden bestanden hat. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LogAPrO auf folgende Fächer: 1. Logopädie, 2. Phoniatrie einschließlich Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, 3. Audiologie und Pädaudiologie, 4. Neurologie und Psychiatrie, 5. Berufs-, Gesetzes- und Staatsbürgerkunde. Die dreijährige Ausbildung für Logopädinnen und Logopäden umfasst nach § 1 Abs. 1 LogAPrO mindestens den in Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die in Anlage 2 aufgeführte praktische Ausbildung. Der Unterrichtsteil beinhaltet neben Anatomie und Physiologie (100 Stunden), Pathologie (20 Stunden), Hals-, Nasen- Ohren-Heilkunde (60 Stunden) usw. einen Logopädie-Teil von 480 Stunden. Die praktische Ausbildung beläuft sich auf insgesamt 2.100 Stunden, davon 1.520 Stunden Praxis der Logopädie. Diese normative Ausprägung des Berufsbildes des Logopäden lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis heilkundlicher Fachkenntnisse schließen. Nicht zuletzt manifestiert sich darin ein zeitlich wie inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand (vgl. zu diesem Aspekt OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 -, NJW-RR 2016, 109, 110).
42 
Zusätzlich zum Berufsrecht kann zur Bestimmung des Berufsbildes auch auf andere gesetzliche Regelungen der Logopädie - namentlich auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (vgl. ferner zum Beihilferecht §§ 23, 24 BBhV mit den Anlagen 9 und 10) - abgestellt werden. Insbesondere ist mit in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Logopädie um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend (vgl. zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 8/16, § 92 SGB V Rn. 3 ff., m.w.N.). Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu.
43 
Zwar ist die Bezeichnung „Logopädie“ weder in § 124 Abs. 1 SGB V noch in der Heilmittel-Richtlinie ausdrücklich genannt. Allerdings erwähnt § 124 Abs. 1 SGB V die „Sprachtherapie“. In der Heilmittel-Richtlinie sind unter F. die Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie aufgeführt. Nach § 30 Abs. 1 entfalten Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie ihre Wirkung auf phoniatrischen und neurophysiologischen Grundlagen und dienen dazu, die Kommunikationsfähigkeit, die Stimmgebung, das Sprechen, die Sprache und den Schluckakt bei krankheitsbedingten Störungen wiederherzustellen, zu verbessern oder eine Verschlimmerung zu vermeiden. Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sind in Abhängigkeit vom Störungsbild und der Belastbarkeit als 30-, 45- und 60-minütige Behandlung mit der Patientin oder dem Patienten verordnungsfähig (§ 30 Abs. 2 Satz 1). Die §§ 31 ff. befassen sich mit einzelnen Therapieformen (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie). In der Anlage 1 werden zudem - einem negativen Ansatz folgend - nichtverordnungsfähige Heilmittel aufgezählt. Auch die Anlage 2 (Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf nach § 32 Abs. 1a SGB V) befasst sich im Einzelnen mit Fragen der Zuordnung zur Logopädie (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie). Im Zweiten Teil (sog. Heilmittelkatalog) findet sich die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Hierbei werden detailliert Diagnosegruppen, funktionelle/strukturelle Schädigungen, Leitsymptomatiken, Ziele der Logopädie (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie) und entsprechende Heilmittelverordnungen zueinander in Beziehung gesetzt. In diesem Rahmen werden auch schwerstwiegende Erkrankungen thematisiert und mit komplexen Behandlungsmethoden in Verbindung gebracht. Dies verdeutlicht umso mehr, dass die selbstständige Ausübung von Logopädie heilkundliche Fachkenntnisse erfordert.
44 
Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis. Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren (vgl. zu deren hohem Rang als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192, und vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181, 194; Senatsurteil vom 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, MedR 2015, 40; Achterfeld, MedR 2013, 103), ist eine weite Auslegung geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, 107; Schnitzler, MedR 2010, 828, 831; Zuck, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Logopädie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse bedingen. Jedenfalls ist die eigenverantwortlich ausgeübte Logopädie in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen.
45 
Der Senat ist - in Übereinstimmung mit den Beteiligten und dem Verwaltungsgericht - ferner der Auffassung, dass mit der eigenverantwortlichen Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden ist. Zwar dürfte sich dies nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen.
46 
Die selbstständige Ausübung der Logopädie weist allerdings eine zur Erfüllung des Heilkundebegriffs führende Gefahrengeneigtheit auf. Die durch die Ausbildung zum Logopäden erworbenen Kenntnisse können dabei nicht zur Verneinung eines der Logopädie immanenten Gefahrenpotentials herangezogen werden. Die Frage, ob eine eigenverantwortlich ausgeübte Logopädie gefahrenträchtig ist, ist abstrakt und deshalb grundsätzlich losgelöst von den subjektiven Verhältnissen des Antragstellers zu beantworten. Zwar darf der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen (teilweise) vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HeilprG nicht noch einmal gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2006 - 9 S 519/06 -, VBlBW 2007, 24). Auch eine Pflicht, bereits erworbene Kenntnisse (bloß) nochmals überprüfen zu lassen, nur weil sich der Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes mit den Regelungen über die Qualifikation zum Logopäden überschneiden mag, ist regelmäßig unzumutbar. Dies spielt jedoch für die Subsumtion eines heilhilfsberuflichen Gebietes wie der Logopädie unter den Begriff der Heilkunde keine Rolle. Während die Frage, ob die Logopädie der Heilkunde zuzuordnen und deshalb nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig ist, rein objektiv vorzunehmen ist, wirken sich Vorkenntnisse des Antragstellers erst in einem zweiten Schritt, nämlich darauf aus, ob und in welchem Umfang zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis noch eine Kenntnisüberprüfung stattzufinden hat. Soweit dem Senatsbeschluss vom 10.07.2006 (a.a.O.) etwas Gegenteiliges entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten.
47 
Die Gefahrengeneigtheit der Logopädie lässt sich auch ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bejahen. Es kann bereits davon ausgegangen werden, dass durch die Anwendung (mancher) logopädischer Behandlungsmethoden unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden können. Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre. Insofern gilt es unter anderem zu bedenken, dass es zu den Aufgaben des Logopäden gehört, bereits an den Folgen schwerwiegender Gesundheitseinschränkungen leidende Patienten - zum Beispiel nach einem Schlaganfall - zu behandeln. Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Logopädie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.
48 
Dies gilt umso mehr, als ein großer Teil der Patienten von Logopäden nicht nur wegen eines isoliert aufgetretenen Leidens gesundheitlich eingeschränkt sein dürfte, sondern eher einen generell herabgesetzten Gesundheitszustand aufweist. Jedenfalls ist dem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge die Inanspruchnahme von Heilmittelleistungen durch Pflegebedürftige überproportional hoch. Ein Drittel von ihnen erhält Leistungen der Physiotherapie. Auch Leistungen der Ergotherapie und der Logopädie werden von dieser Versichertengruppe stärker in Anspruch genommen als von anderen Versichertengruppen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage im Bundestag, BT-Drucks. 18/7283, S. 7). Um bloß bagatellartige Heilmaßnahmen (vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 HeilprG Rn. 13) oder eine sonst von nennenswerten Gesundheitsgefahren freie Betätigung (vgl. insoweit zu Masseuren und medizinischen Bademeistern BVerwG, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 B 31.11 -; BayVGH, Urteil vom 10.02.2011 - 21 B 10.188 -, jeweils juris) geht es bei der Logopädie nicht.
49 
b) Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Logopädin ist. Die ihr nach dem Logopädengesetz erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopädin berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Logopäden zählt zu der zweiten Gruppe (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
50 
Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass der Logopäde anhand eines vom Arzt angegebenen Leitsymptoms nur die Einzelheiten der logopädischen Behandlung abklärt und diese durchführt.
51 
Deutlich wird die den Logopäden durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Ihnen ist die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Logopäden ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
52 
Dass Logopäden mit eigener Praxis sozialrechtlich ähnlich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer von Heilmitteln zugelassen werden können (§ 124 Abs. 1 und 2 SGB V), ist für die berufsrechtlich gezogenen Grenzen ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Die Zulassung berechtigt nicht zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, sondern betrifft die Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen und deren Leistungspflicht bei der Versorgung mit Heilmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
53 
c) Die Ausgestaltung des Berufsbildes der Logopäden als Heilhilfsberuf bedeutet auf der anderen Seite keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Der Gesetzgeber hat mit dem Logopädengesetz die Anwendung dieser Behandlungsmethoden nicht auf die nach diesem Gesetz ausgebildeten Logopäden beschränkt und damit dieses Betätigungsfeld für Heilpraktiker geschlossen, sondern nur die Voraussetzungen und den Rahmen für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Logopäde“ normiert (vgl. § 1 Abs. 1 LogopG). Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Logopädie bleibt unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Die jeweiligen Berufszugangsregelungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen bestehen nebeneinander. Insoweit gilt für die Logopädie nichts anderes als für andere vom Gesetzgeber fixierte Heil- oder Heilhilfsberufe (vgl. für den Bereich der Physiotherapie BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; für den Bereich der Psychotherapie Urteile vom 09.12.2004 - 3 C 11.04 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 22, und vom 28.11.2002 - 3 C 44.01 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21).
54 
2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Logopädie erteilt werden darf. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 361); die dortigen Erwägungen sind aber - wie das Bundesverwaltungsgericht später ausdrücklich betont hat - nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. - diese Voraussetzungen bejahend für das Gebiet Physiotherapie - BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v., Beschlussabdruck S. 7 ff.; dem folgend etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 668/09 -, MedR 2012, 751; Beschluss vom 04.11.2013 - 13 A 1463/12 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 LB 225/12 -, NdsVBl. 2014, 130). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
55 
Der Bereich der Logopädie ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar. Der Tätigkeitsumfang wird durch den in der Anlage 1 LogAPrO aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die in der Anlage 2 aufgeführte praktische Ausbildung definiert. Es handelt sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Angesichts dieses normativen Rahmens ist nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Logopädie zählt oder nicht. Ähnlich wie bei der Psychotherapie geht es bei der Logopädie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um eine bestimmte Therapieform für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben können, Daraus ergeben sich keine (unzumutbaren) Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieform (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
56 
Der Annahme, für den Logopäden fehle es im Gegensatz etwa zum Physiotherapeuten an einem gesetzlich fixierten Berufsbild, kann nicht zugestimmt werden. Ein hinreichender normativer Rahmen ist insbesondere mit dem Logopädengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden gesetzt. Daneben kann auf die Heilmittel-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dabei ist es unschädlich, dass - insoweit abweichend von der Rechtslage bei den Physiotherapeuten - kein ausdrückliches Ausbildungsziel definiert ist. Der Beruf des Logopäden erfährt durch die sonst vorhandenen, oben genannten Normen, darunter etwa die genaue Bestimmung der Ausbildungsinhalte, eine hinreichende Prägung.
57 
Auch wenn ein gewisses Maß nicht-heilkundlicher Bestandteile der Ausbildung und der faktischen Betätigung des Logopäden (auch bei unterstellter eigenverantwortlicher, das heißt von ärztlicher Verordnung unabhängiger Berufsausübung) gegeben sein mag, steht dies der Erteilung einer auf dieses Gebiet bezogenen Heilpraktikererlaubnis nicht entgegen. Mit deren Erteilung werden die nicht-heilkundlichen Bestandteile der Tätigkeit des Logopäden nicht zur Heilkunde aufgewertet oder auch nur „umdeklariert“. Es bedarf deshalb auch keiner genauen Ermittlung und Gewichtung der heilkundlichen im Verhältnis zu den nicht-heilkundlicher Verrichtungen eines Logopäden. Soweit sich Teile des logopädischen Tätigkeitsfeldes eindeutig dem nicht-heilkundlichen Bereich zuordnen lassen, sind sie der Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet Logopädie nicht abträglich; sie haben für die Heilpraktikererlaubnis schlicht keine Relevanz.
58 
Lediglich insoweit, als wegen der Weite des Berufsbildes des Logopäden hiervon auch Betätigungsfelder umfasst sind, bei denen zweifelhaft sein könnte, ob es sich bei selbstständiger Ausübung um Heilkunde handelt, bedarf dies einer näheren Betrachtung. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Logopädie führt allerdings zu keiner Änderung des dem Logopäden Gestatteten mit Ausnahme dessen, dass das Erfordernis einer jeweiligen ärztlichen Verordnung für das Tätigwerden als Logopäde entfällt. Vor diesem Hintergrund erscheinen in der Literatur geäußerte Bedenken betreffend eine erhöhte Rechtsunsicherheit, eine mögliche Gefährdung von Patienten und eine Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 5 HeilprG (vgl. Sasse, GesR 2013, 641 ff.) überzogen.
59 
Mit dem Logopädengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden ist normativ entschieden, welchen Voraussetzungen die Führung der Berufsbezeichnung „Logopädin“ oder „Logopäde“ unterliegt (zur Bußgeldbewehrung siehe § 7 LogopG). Auf den Umfang dessen, was im Sinne von § 5 HeilprG strafbar ist, hat die Anerkennung von Heilpraktikererlaubnissen für bestimmte therapeutische Teilgebiete keinen Einfluss. Von Bedeutung könnten somit allein vermehrt auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zulassung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Logopädie im Hinblick auf den in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden genannten Kanon der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und deren heilkundliche Qualität sein.
60 
Auch ohne einen Bezug zur Heilpraktikererlaubnis stellt sich indes schon bislang das Problem der Bestimmtheit und der Auslegung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden, da es gilt, die genauen Ausbildungs- und Prüfungsinhalte für Logopäden zu bestimmen. Diese Problematik verlagert sich bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Logopäden auf die Ebene der Überprüfung durch das Gesundheitsamt, das aus den solchermaßen normativ vorgegebenen Ausbildungs- und Prüfungsinhalten des Logopäden abzuleiten hat, welche Kenntnisse bei diesem vorausgesetzt werden können und welche zusätzlich für die Ausübung selbstständiger Heilkunde auf dem so umrissenen Gebiet zusätzlich überprüft werden müssen. Ferner kann auf einer weiteren Ebene, nämlich im Rahmen der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit der Anwendung von Behandlungsmethoden nach § 5 HeilprG, die Frage aufgeworfen sein, welchen Umfang eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Logopäden abdeckt. Um eine Besonderheit gerade der Logopäden geht es insoweit allerdings nicht. Abgrenzungsprobleme dergestalt, ob bestimmte Behandlungen als Heilkunde zu betrachten sind und - falls ja - ob sie von einer Heilpraktikererlaubnis gedeckt sind, entstehen nicht dadurch, dass ein Logopäde auch zahlreiche nicht-heilkundliche Maßnahmen praktiziert, sondern können ebenso etwa bei Physio- oder Psychotherapeuten auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -, NJW 2011, 3591, wonach die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs „Ausübung der Heilkunde“ auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich ist). Zwar ist einzuräumen, dass das Gebiet der Logopädie etwas weniger scharf umrissen ist; dies wird allerdings dadurch abgemildert, dass sich - wie oben dargestellt (S. 16 ff.) - auch hier ein „heilkundlicher Teil“ bestimmen lässt und es für die beschränkte Heilpraktikererlaubnis allein auf diesen Teilbereich ankommt. Mithin ist eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Logopädie ebenso wenig zu unbestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG wie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden aus Gründen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Auch eine mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht hinreichend bestimmte Strafbarkeit ist mit ihr nicht verbunden (vgl. zur Verwaltungsaktakzessorietät von Strafgesetzen Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 62, m.w.N.).
61 
Bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit handelt es sich nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Für die Einholung eines darauf bezogenen Sachverständigengutachtens besteht auch sonst kein Anlass.
62 
Der bei einer weiteren Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis zu erwartende erhöhte Verwaltungsaufwand (vgl. auch Sasse, GesR 2013, 641 ff.) ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen. Sektorale Beschränkungen der Heilpraktikererlaubnis spiegeln im Übrigen nur die fortgeschrittene Ausdifferenzierung der Gesundheitsberufe durch den Gesetzgeber wider. Solange einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Betätigung bei der Patientenbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt aufrechterhalten bleibt, besteht eine systematische Unstimmigkeit oder - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 195) - eine Ungereimtheit, die sich dadurch jedenfalls abmildern lässt, dass der Zugang zu abgrenzbaren heilkundlichen Betätigungsfeldern durch entsprechend beschränkte Heilpraktikererlaubnisse eröffnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
63 
3. Ein Logopäde ist allerdings allein kraft seiner Ausbildung nicht zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit befähigt. Zum Schutz der Patienten ist deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die in der Ausbildung nicht vermittelten Kenntnisse zur logopädischen Behandlung ohne ärztliche Verordnung nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
64 
Nach § 2 Abs. 1 lit. i 1. DVO-HeilprG ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt vorzunehmen, um festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) bedeuten würde. Diese Überprüfung fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt mit der konkret beabsichtigten Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., S. 373). Der Umfang der Überprüfung steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Von einem Berufsbewerber dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in einem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f. und vom 10.02.1983, a.a.O., S. 372 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988, a.a.O., S. 194). Er muss keine Kenntnisse nachweisen, die er für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund seiner Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; näher zum Ganzen auch Schelling, a.a.O., § 2 DVO-HeilprG, Rn. 8 ff.).
65 
Aufgrund ihrer Ausbildung kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung mit den Mitteln der Logopädie hinreichend sicher beherrscht. Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der logopädischen Behandlungsmethoden müssen deshalb nicht überprüft werden. Gleiches gilt für heilkundliche Kenntnisse über Krankheiten, die mit Beschwerden auf dem Gebiet der Logopädie in keinem Zusammenhang stehen und mit denen ein Logopäde in der Praxis nicht konfrontiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
66 
Ihre Ausbildung befähigt die Klägerin aber nicht zu einer selbstständigen Erstdiagnose. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausbildungsprogramm für Logopäden nach Maßgabe des Logopädengesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden gerade keine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vorgesehen, die für eine solche Erstdiagnose erforderlich sind. Entsprechend dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Berufsbild wird ein Logopäde im Rahmen der Krankenbehandlung nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig (siehe oben). Seine durch die Ausbildung vermittelte Befähigung ist begrenzt auf die fachgerechte Anwendung der Logopädie bei Patienten, bei denen die vorgelagerte Entscheidung darüber, ob überhaupt eine mit dieser Therapieform zu behandelnde Krankheit vorliegt, bereits getroffen worden ist. Diese Ausbildungslücke ist normativ vorgegeben. Sie folgt der Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein nach seinen Vorstellungen geschulter Logopäde keine selbstständige Heilkunde ausüben kann, aber auch nicht soll. Es geht also nicht nur um eine Bewertung der durch die Ausbildung erreichbaren Befähigung, sondern auch um die im Vorfeld getroffene Festlegung, inwieweit Nichtärzten eine selbstständige Heiltätigkeit anvertraut werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
67 
Eine andere Beurteilung wäre erst dann geboten, wenn sich die Einschätzung des Gesetzgebers als eindeutig unzutreffend oder überholt erweisen würde. Dazu müsste etwa dargelegt werden, dass die vorgegebenen Ausbildungsinhalte nicht mit dem Berufsbild eines Heilhilfsberufes korrespondierten, sondern - gleichsam überschießend - deutlich weitergehende Kenntnisse vermittelten als für die Ausübung des Berufs erforderlich. Dafür spricht schon hier nichts. Die für ein eigenverantwortliches Handeln nötigen Kenntnisse entstehen auch nicht in ausreichendem Maße durch die Befassung mit der Logopädie gleichsam als Nebeneffekt der Aneignung von Kenntnissen über die richtige Anwendung der Therapiemethode. Es besteht nämlich ein grundlegender Unterschied zwischen der fachgerechten Anwendung einer Behandlungsmethode und ihrer Indikation. Auch von einem ausgebildeten Logopäden muss deshalb zum Schutz der Patienten verlangt werden, dass über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber vorhanden sind, ob eine solche Behandlung angezeigt ist. Dabei geht es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
68 
Eine solche Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Patienten nicht unverhältnismäßig. Vor allem dient sie nicht nur der Abwehr mittelbarer Gefahren, die daraus erwachsen können, dass ein Patient von dem notwendigen Besuch eines Arztes abgehalten wird, etwa weil er der Erstdiagnose eines ausgebildeten Logopäden besonderes Vertrauen entgegenbringt. Es geht vielmehr auch um Gefahren, die durch die Anwendung logopädischer Behandlungsmethoden unmittelbar hervorgerufen werden können. Sie bleiben bei falscher Diagnose oder nicht erkannten Kontraindikationen nicht lediglich wirkungslos, sondern können das Leiden des Patienten unter Umständen deutlich verschlimmern. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu solchen Tätigkeiten, die für sich genommen nicht zu Beeinträchtigungen führen können (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, MedR 2005, 35 und vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890; ferner Beschluss vom 07.08.2000 - 1 BvR 254/99 -, NJW 2000, 2736; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
69 
Aus alledem ergibt sich für den Regelfall ein bestimmter Zuschnitt der Kenntnisüberprüfung bei ausgebildeten Logopäden, die auf ihrem Gebiet eigenverantwortlich tätig werden wollen. Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Logopäde gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
70 
Da die Kenntnisüberprüfung keine formalisierte Prüfungsleistung darstellt, sondern allein der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gefahrenabwehr dient, kommt es außerdem auf mögliche Einzelumstände an. Die Behörde muss zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach dem Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; so bereits auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f.).
II.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Logopädie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
72 
Beschluss vom 23. März 2017
73 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; vgl. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, VBlBW Sonderbeilage Januar 2014; Senatsbeschluss vom 20.12.2016 - 9 S 1935/16 -).
74 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
36 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
37 
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Logopädie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
38 
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, BVerwGE 134, 345, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, 358).
39 
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung logopädischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. Soweit sich der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 19.03.2009 - 9 S 1413/08 -, MedR 2009, 610, zu Physiotherapeuten) etwas Entgegenstehendes entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.
40 
a) Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.08.2009, a.a.O., und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, BVerwGE 66, 367, 369).
41 
Die eigenverantwortliche Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Der Senat stimmt mit den Beteiligten und dem Verwaltungsgericht darin überein, dass sie heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzt. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Logopäden ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf des Logopäden - LogopG - vom 07.05.1980 (BGBl. I 1980 S. 529), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden - LogAPrO - vom 01.10.1980 (BGBl. I 1980 S. 1892), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.04.2016 (BGBl. I S. 886), abzustellen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 LogopG wird die Erlaubnis, eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Logopädin“ oder „Logopäde“ auszuüben, erteilt, wenn der Antragsteller (unter anderem) nach einer dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung für Logopäden bestanden hat. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LogAPrO auf folgende Fächer: 1. Logopädie, 2. Phoniatrie einschließlich Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, 3. Audiologie und Pädaudiologie, 4. Neurologie und Psychiatrie, 5. Berufs-, Gesetzes- und Staatsbürgerkunde. Die dreijährige Ausbildung für Logopädinnen und Logopäden umfasst nach § 1 Abs. 1 LogAPrO mindestens den in Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die in Anlage 2 aufgeführte praktische Ausbildung. Der Unterrichtsteil beinhaltet neben Anatomie und Physiologie (100 Stunden), Pathologie (20 Stunden), Hals-, Nasen- Ohren-Heilkunde (60 Stunden) usw. einen Logopädie-Teil von 480 Stunden. Die praktische Ausbildung beläuft sich auf insgesamt 2.100 Stunden, davon 1.520 Stunden Praxis der Logopädie. Diese normative Ausprägung des Berufsbildes des Logopäden lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis heilkundlicher Fachkenntnisse schließen. Nicht zuletzt manifestiert sich darin ein zeitlich wie inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand (vgl. zu diesem Aspekt OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 -, NJW-RR 2016, 109, 110).
42 
Zusätzlich zum Berufsrecht kann zur Bestimmung des Berufsbildes auch auf andere gesetzliche Regelungen der Logopädie - namentlich auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (vgl. ferner zum Beihilferecht §§ 23, 24 BBhV mit den Anlagen 9 und 10) - abgestellt werden. Insbesondere ist mit in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Logopädie um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend (vgl. zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 8/16, § 92 SGB V Rn. 3 ff., m.w.N.). Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu.
43 
Zwar ist die Bezeichnung „Logopädie“ weder in § 124 Abs. 1 SGB V noch in der Heilmittel-Richtlinie ausdrücklich genannt. Allerdings erwähnt § 124 Abs. 1 SGB V die „Sprachtherapie“. In der Heilmittel-Richtlinie sind unter F. die Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie aufgeführt. Nach § 30 Abs. 1 entfalten Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie ihre Wirkung auf phoniatrischen und neurophysiologischen Grundlagen und dienen dazu, die Kommunikationsfähigkeit, die Stimmgebung, das Sprechen, die Sprache und den Schluckakt bei krankheitsbedingten Störungen wiederherzustellen, zu verbessern oder eine Verschlimmerung zu vermeiden. Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sind in Abhängigkeit vom Störungsbild und der Belastbarkeit als 30-, 45- und 60-minütige Behandlung mit der Patientin oder dem Patienten verordnungsfähig (§ 30 Abs. 2 Satz 1). Die §§ 31 ff. befassen sich mit einzelnen Therapieformen (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie). In der Anlage 1 werden zudem - einem negativen Ansatz folgend - nichtverordnungsfähige Heilmittel aufgezählt. Auch die Anlage 2 (Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf nach § 32 Abs. 1a SGB V) befasst sich im Einzelnen mit Fragen der Zuordnung zur Logopädie (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie). Im Zweiten Teil (sog. Heilmittelkatalog) findet sich die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Hierbei werden detailliert Diagnosegruppen, funktionelle/strukturelle Schädigungen, Leitsymptomatiken, Ziele der Logopädie (Stimm-, Sprech-, Sprachtherapie) und entsprechende Heilmittelverordnungen zueinander in Beziehung gesetzt. In diesem Rahmen werden auch schwerstwiegende Erkrankungen thematisiert und mit komplexen Behandlungsmethoden in Verbindung gebracht. Dies verdeutlicht umso mehr, dass die selbstständige Ausübung von Logopädie heilkundliche Fachkenntnisse erfordert.
44 
Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis. Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren (vgl. zu deren hohem Rang als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192, und vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181, 194; Senatsurteil vom 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, MedR 2015, 40; Achterfeld, MedR 2013, 103), ist eine weite Auslegung geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, 107; Schnitzler, MedR 2010, 828, 831; Zuck, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Logopädie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse bedingen. Jedenfalls ist die eigenverantwortlich ausgeübte Logopädie in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen.
45 
Der Senat ist - in Übereinstimmung mit den Beteiligten und dem Verwaltungsgericht - ferner der Auffassung, dass mit der eigenverantwortlichen Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden ist. Zwar dürfte sich dies nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen.
46 
Die selbstständige Ausübung der Logopädie weist allerdings eine zur Erfüllung des Heilkundebegriffs führende Gefahrengeneigtheit auf. Die durch die Ausbildung zum Logopäden erworbenen Kenntnisse können dabei nicht zur Verneinung eines der Logopädie immanenten Gefahrenpotentials herangezogen werden. Die Frage, ob eine eigenverantwortlich ausgeübte Logopädie gefahrenträchtig ist, ist abstrakt und deshalb grundsätzlich losgelöst von den subjektiven Verhältnissen des Antragstellers zu beantworten. Zwar darf der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen (teilweise) vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HeilprG nicht noch einmal gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2006 - 9 S 519/06 -, VBlBW 2007, 24). Auch eine Pflicht, bereits erworbene Kenntnisse (bloß) nochmals überprüfen zu lassen, nur weil sich der Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes mit den Regelungen über die Qualifikation zum Logopäden überschneiden mag, ist regelmäßig unzumutbar. Dies spielt jedoch für die Subsumtion eines heilhilfsberuflichen Gebietes wie der Logopädie unter den Begriff der Heilkunde keine Rolle. Während die Frage, ob die Logopädie der Heilkunde zuzuordnen und deshalb nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig ist, rein objektiv vorzunehmen ist, wirken sich Vorkenntnisse des Antragstellers erst in einem zweiten Schritt, nämlich darauf aus, ob und in welchem Umfang zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis noch eine Kenntnisüberprüfung stattzufinden hat. Soweit dem Senatsbeschluss vom 10.07.2006 (a.a.O.) etwas Gegenteiliges entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten.
47 
Die Gefahrengeneigtheit der Logopädie lässt sich auch ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bejahen. Es kann bereits davon ausgegangen werden, dass durch die Anwendung (mancher) logopädischer Behandlungsmethoden unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden können. Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung logopädischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre. Insofern gilt es unter anderem zu bedenken, dass es zu den Aufgaben des Logopäden gehört, bereits an den Folgen schwerwiegender Gesundheitseinschränkungen leidende Patienten - zum Beispiel nach einem Schlaganfall - zu behandeln. Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Logopädie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.
48 
Dies gilt umso mehr, als ein großer Teil der Patienten von Logopäden nicht nur wegen eines isoliert aufgetretenen Leidens gesundheitlich eingeschränkt sein dürfte, sondern eher einen generell herabgesetzten Gesundheitszustand aufweist. Jedenfalls ist dem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge die Inanspruchnahme von Heilmittelleistungen durch Pflegebedürftige überproportional hoch. Ein Drittel von ihnen erhält Leistungen der Physiotherapie. Auch Leistungen der Ergotherapie und der Logopädie werden von dieser Versichertengruppe stärker in Anspruch genommen als von anderen Versichertengruppen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage im Bundestag, BT-Drucks. 18/7283, S. 7). Um bloß bagatellartige Heilmaßnahmen (vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 HeilprG Rn. 13) oder eine sonst von nennenswerten Gesundheitsgefahren freie Betätigung (vgl. insoweit zu Masseuren und medizinischen Bademeistern BVerwG, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 B 31.11 -; BayVGH, Urteil vom 10.02.2011 - 21 B 10.188 -, jeweils juris) geht es bei der Logopädie nicht.
49 
b) Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Logopädin ist. Die ihr nach dem Logopädengesetz erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopädin berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Logopäden zählt zu der zweiten Gruppe (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
50 
Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass der Logopäde anhand eines vom Arzt angegebenen Leitsymptoms nur die Einzelheiten der logopädischen Behandlung abklärt und diese durchführt.
51 
Deutlich wird die den Logopäden durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Ihnen ist die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Logopäden ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
52 
Dass Logopäden mit eigener Praxis sozialrechtlich ähnlich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer von Heilmitteln zugelassen werden können (§ 124 Abs. 1 und 2 SGB V), ist für die berufsrechtlich gezogenen Grenzen ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Die Zulassung berechtigt nicht zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, sondern betrifft die Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen und deren Leistungspflicht bei der Versorgung mit Heilmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
53 
c) Die Ausgestaltung des Berufsbildes der Logopäden als Heilhilfsberuf bedeutet auf der anderen Seite keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Der Gesetzgeber hat mit dem Logopädengesetz die Anwendung dieser Behandlungsmethoden nicht auf die nach diesem Gesetz ausgebildeten Logopäden beschränkt und damit dieses Betätigungsfeld für Heilpraktiker geschlossen, sondern nur die Voraussetzungen und den Rahmen für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Logopäde“ normiert (vgl. § 1 Abs. 1 LogopG). Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Logopädie bleibt unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Die jeweiligen Berufszugangsregelungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen bestehen nebeneinander. Insoweit gilt für die Logopädie nichts anderes als für andere vom Gesetzgeber fixierte Heil- oder Heilhilfsberufe (vgl. für den Bereich der Physiotherapie BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; für den Bereich der Psychotherapie Urteile vom 09.12.2004 - 3 C 11.04 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 22, und vom 28.11.2002 - 3 C 44.01 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21).
54 
2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Logopädie erteilt werden darf. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 361); die dortigen Erwägungen sind aber - wie das Bundesverwaltungsgericht später ausdrücklich betont hat - nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. - diese Voraussetzungen bejahend für das Gebiet Physiotherapie - BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v., Beschlussabdruck S. 7 ff.; dem folgend etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 668/09 -, MedR 2012, 751; Beschluss vom 04.11.2013 - 13 A 1463/12 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 LB 225/12 -, NdsVBl. 2014, 130). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
55 
Der Bereich der Logopädie ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar. Der Tätigkeitsumfang wird durch den in der Anlage 1 LogAPrO aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die in der Anlage 2 aufgeführte praktische Ausbildung definiert. Es handelt sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Angesichts dieses normativen Rahmens ist nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Logopädie zählt oder nicht. Ähnlich wie bei der Psychotherapie geht es bei der Logopädie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um eine bestimmte Therapieform für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben können, Daraus ergeben sich keine (unzumutbaren) Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieform (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
56 
Der Annahme, für den Logopäden fehle es im Gegensatz etwa zum Physiotherapeuten an einem gesetzlich fixierten Berufsbild, kann nicht zugestimmt werden. Ein hinreichender normativer Rahmen ist insbesondere mit dem Logopädengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden gesetzt. Daneben kann auf die Heilmittel-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dabei ist es unschädlich, dass - insoweit abweichend von der Rechtslage bei den Physiotherapeuten - kein ausdrückliches Ausbildungsziel definiert ist. Der Beruf des Logopäden erfährt durch die sonst vorhandenen, oben genannten Normen, darunter etwa die genaue Bestimmung der Ausbildungsinhalte, eine hinreichende Prägung.
57 
Auch wenn ein gewisses Maß nicht-heilkundlicher Bestandteile der Ausbildung und der faktischen Betätigung des Logopäden (auch bei unterstellter eigenverantwortlicher, das heißt von ärztlicher Verordnung unabhängiger Berufsausübung) gegeben sein mag, steht dies der Erteilung einer auf dieses Gebiet bezogenen Heilpraktikererlaubnis nicht entgegen. Mit deren Erteilung werden die nicht-heilkundlichen Bestandteile der Tätigkeit des Logopäden nicht zur Heilkunde aufgewertet oder auch nur „umdeklariert“. Es bedarf deshalb auch keiner genauen Ermittlung und Gewichtung der heilkundlichen im Verhältnis zu den nicht-heilkundlicher Verrichtungen eines Logopäden. Soweit sich Teile des logopädischen Tätigkeitsfeldes eindeutig dem nicht-heilkundlichen Bereich zuordnen lassen, sind sie der Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet Logopädie nicht abträglich; sie haben für die Heilpraktikererlaubnis schlicht keine Relevanz.
58 
Lediglich insoweit, als wegen der Weite des Berufsbildes des Logopäden hiervon auch Betätigungsfelder umfasst sind, bei denen zweifelhaft sein könnte, ob es sich bei selbstständiger Ausübung um Heilkunde handelt, bedarf dies einer näheren Betrachtung. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Logopädie führt allerdings zu keiner Änderung des dem Logopäden Gestatteten mit Ausnahme dessen, dass das Erfordernis einer jeweiligen ärztlichen Verordnung für das Tätigwerden als Logopäde entfällt. Vor diesem Hintergrund erscheinen in der Literatur geäußerte Bedenken betreffend eine erhöhte Rechtsunsicherheit, eine mögliche Gefährdung von Patienten und eine Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 5 HeilprG (vgl. Sasse, GesR 2013, 641 ff.) überzogen.
59 
Mit dem Logopädengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden ist normativ entschieden, welchen Voraussetzungen die Führung der Berufsbezeichnung „Logopädin“ oder „Logopäde“ unterliegt (zur Bußgeldbewehrung siehe § 7 LogopG). Auf den Umfang dessen, was im Sinne von § 5 HeilprG strafbar ist, hat die Anerkennung von Heilpraktikererlaubnissen für bestimmte therapeutische Teilgebiete keinen Einfluss. Von Bedeutung könnten somit allein vermehrt auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zulassung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Logopädie im Hinblick auf den in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden genannten Kanon der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und deren heilkundliche Qualität sein.
60 
Auch ohne einen Bezug zur Heilpraktikererlaubnis stellt sich indes schon bislang das Problem der Bestimmtheit und der Auslegung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden, da es gilt, die genauen Ausbildungs- und Prüfungsinhalte für Logopäden zu bestimmen. Diese Problematik verlagert sich bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Logopäden auf die Ebene der Überprüfung durch das Gesundheitsamt, das aus den solchermaßen normativ vorgegebenen Ausbildungs- und Prüfungsinhalten des Logopäden abzuleiten hat, welche Kenntnisse bei diesem vorausgesetzt werden können und welche zusätzlich für die Ausübung selbstständiger Heilkunde auf dem so umrissenen Gebiet zusätzlich überprüft werden müssen. Ferner kann auf einer weiteren Ebene, nämlich im Rahmen der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit der Anwendung von Behandlungsmethoden nach § 5 HeilprG, die Frage aufgeworfen sein, welchen Umfang eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Logopäden abdeckt. Um eine Besonderheit gerade der Logopäden geht es insoweit allerdings nicht. Abgrenzungsprobleme dergestalt, ob bestimmte Behandlungen als Heilkunde zu betrachten sind und - falls ja - ob sie von einer Heilpraktikererlaubnis gedeckt sind, entstehen nicht dadurch, dass ein Logopäde auch zahlreiche nicht-heilkundliche Maßnahmen praktiziert, sondern können ebenso etwa bei Physio- oder Psychotherapeuten auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -, NJW 2011, 3591, wonach die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs „Ausübung der Heilkunde“ auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich ist). Zwar ist einzuräumen, dass das Gebiet der Logopädie etwas weniger scharf umrissen ist; dies wird allerdings dadurch abgemildert, dass sich - wie oben dargestellt (S. 16 ff.) - auch hier ein „heilkundlicher Teil“ bestimmen lässt und es für die beschränkte Heilpraktikererlaubnis allein auf diesen Teilbereich ankommt. Mithin ist eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Logopädie ebenso wenig zu unbestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG wie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Logopäden aus Gründen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Auch eine mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht hinreichend bestimmte Strafbarkeit ist mit ihr nicht verbunden (vgl. zur Verwaltungsaktakzessorietät von Strafgesetzen Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 62, m.w.N.).
61 
Bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit handelt es sich nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Für die Einholung eines darauf bezogenen Sachverständigengutachtens besteht auch sonst kein Anlass.
62 
Der bei einer weiteren Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis zu erwartende erhöhte Verwaltungsaufwand (vgl. auch Sasse, GesR 2013, 641 ff.) ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen. Sektorale Beschränkungen der Heilpraktikererlaubnis spiegeln im Übrigen nur die fortgeschrittene Ausdifferenzierung der Gesundheitsberufe durch den Gesetzgeber wider. Solange einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Betätigung bei der Patientenbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt aufrechterhalten bleibt, besteht eine systematische Unstimmigkeit oder - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 195) - eine Ungereimtheit, die sich dadurch jedenfalls abmildern lässt, dass der Zugang zu abgrenzbaren heilkundlichen Betätigungsfeldern durch entsprechend beschränkte Heilpraktikererlaubnisse eröffnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
63 
3. Ein Logopäde ist allerdings allein kraft seiner Ausbildung nicht zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit befähigt. Zum Schutz der Patienten ist deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die in der Ausbildung nicht vermittelten Kenntnisse zur logopädischen Behandlung ohne ärztliche Verordnung nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
64 
Nach § 2 Abs. 1 lit. i 1. DVO-HeilprG ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt vorzunehmen, um festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) bedeuten würde. Diese Überprüfung fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt mit der konkret beabsichtigten Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., S. 373). Der Umfang der Überprüfung steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Von einem Berufsbewerber dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in einem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f. und vom 10.02.1983, a.a.O., S. 372 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988, a.a.O., S. 194). Er muss keine Kenntnisse nachweisen, die er für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund seiner Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; näher zum Ganzen auch Schelling, a.a.O., § 2 DVO-HeilprG, Rn. 8 ff.).
65 
Aufgrund ihrer Ausbildung kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung mit den Mitteln der Logopädie hinreichend sicher beherrscht. Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der logopädischen Behandlungsmethoden müssen deshalb nicht überprüft werden. Gleiches gilt für heilkundliche Kenntnisse über Krankheiten, die mit Beschwerden auf dem Gebiet der Logopädie in keinem Zusammenhang stehen und mit denen ein Logopäde in der Praxis nicht konfrontiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
66 
Ihre Ausbildung befähigt die Klägerin aber nicht zu einer selbstständigen Erstdiagnose. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausbildungsprogramm für Logopäden nach Maßgabe des Logopädengesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden gerade keine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vorgesehen, die für eine solche Erstdiagnose erforderlich sind. Entsprechend dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Berufsbild wird ein Logopäde im Rahmen der Krankenbehandlung nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig (siehe oben). Seine durch die Ausbildung vermittelte Befähigung ist begrenzt auf die fachgerechte Anwendung der Logopädie bei Patienten, bei denen die vorgelagerte Entscheidung darüber, ob überhaupt eine mit dieser Therapieform zu behandelnde Krankheit vorliegt, bereits getroffen worden ist. Diese Ausbildungslücke ist normativ vorgegeben. Sie folgt der Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein nach seinen Vorstellungen geschulter Logopäde keine selbstständige Heilkunde ausüben kann, aber auch nicht soll. Es geht also nicht nur um eine Bewertung der durch die Ausbildung erreichbaren Befähigung, sondern auch um die im Vorfeld getroffene Festlegung, inwieweit Nichtärzten eine selbstständige Heiltätigkeit anvertraut werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
67 
Eine andere Beurteilung wäre erst dann geboten, wenn sich die Einschätzung des Gesetzgebers als eindeutig unzutreffend oder überholt erweisen würde. Dazu müsste etwa dargelegt werden, dass die vorgegebenen Ausbildungsinhalte nicht mit dem Berufsbild eines Heilhilfsberufes korrespondierten, sondern - gleichsam überschießend - deutlich weitergehende Kenntnisse vermittelten als für die Ausübung des Berufs erforderlich. Dafür spricht schon hier nichts. Die für ein eigenverantwortliches Handeln nötigen Kenntnisse entstehen auch nicht in ausreichendem Maße durch die Befassung mit der Logopädie gleichsam als Nebeneffekt der Aneignung von Kenntnissen über die richtige Anwendung der Therapiemethode. Es besteht nämlich ein grundlegender Unterschied zwischen der fachgerechten Anwendung einer Behandlungsmethode und ihrer Indikation. Auch von einem ausgebildeten Logopäden muss deshalb zum Schutz der Patienten verlangt werden, dass über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber vorhanden sind, ob eine solche Behandlung angezeigt ist. Dabei geht es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
68 
Eine solche Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Patienten nicht unverhältnismäßig. Vor allem dient sie nicht nur der Abwehr mittelbarer Gefahren, die daraus erwachsen können, dass ein Patient von dem notwendigen Besuch eines Arztes abgehalten wird, etwa weil er der Erstdiagnose eines ausgebildeten Logopäden besonderes Vertrauen entgegenbringt. Es geht vielmehr auch um Gefahren, die durch die Anwendung logopädischer Behandlungsmethoden unmittelbar hervorgerufen werden können. Sie bleiben bei falscher Diagnose oder nicht erkannten Kontraindikationen nicht lediglich wirkungslos, sondern können das Leiden des Patienten unter Umständen deutlich verschlimmern. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu solchen Tätigkeiten, die für sich genommen nicht zu Beeinträchtigungen führen können (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, MedR 2005, 35 und vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890; ferner Beschluss vom 07.08.2000 - 1 BvR 254/99 -, NJW 2000, 2736; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
69 
Aus alledem ergibt sich für den Regelfall ein bestimmter Zuschnitt der Kenntnisüberprüfung bei ausgebildeten Logopäden, die auf ihrem Gebiet eigenverantwortlich tätig werden wollen. Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Logopäde gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
70 
Da die Kenntnisüberprüfung keine formalisierte Prüfungsleistung darstellt, sondern allein der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gefahrenabwehr dient, kommt es außerdem auf mögliche Einzelumstände an. Die Behörde muss zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach dem Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; so bereits auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f.).
II.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Logopädie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
72 
Beschluss vom 23. März 2017
73 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; vgl. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, VBlBW Sonderbeilage Januar 2014; Senatsbeschluss vom 20.12.2016 - 9 S 1935/16 -).
74 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.