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Das Gericht entscheidet ohne weitere mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 29.11.2007 auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). Die zulässige Klage ist in dem im Tenor genannten Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet und insoweit abzuweisen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die angegriffenen Bescheid sind nur insoweit rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, als ihr damit die Beseitigung der Bäume auf einem fünf Meter breiten, dem Wohnhaus B. Straße 8 direkt gegenüberliegenden Teilabschnitt entlang der D. Straße aufgegeben wird (1). Die Bescheide sind hingegen rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit ihr darüber hinausgehend auch die Beseitigung der Bäume auf der gesamten Länge des Grundstücks auf einem 17 m breiten Streifen entlang der D. Straße aufgegeben wird (2).
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1) Soweit die Beseitigungsverfügung rechtmäßig ist, findet sie ihre Rechtsgrundlage zwar nicht in der von der Beklagten herangezogenen Generalklausel des § 47 Abs. 1, wohl aber in der ihr ebenfalls ein Ermessen eröffnenden speziellen Ermächtigungsgrundlage des § 65 Satz 1 LBO, die nicht nur auf bauliche Anlagen i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 LBO Anwendung findet, sondern auch auf andere Anlagen, an die in der Landesbauordnung Anforderungen gestellt werden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 LBO), also auch auf Wälder, die nach § 4 Abs. 3 LBO von Gebäuden eine Entfernung von mindestens 30 m einhalten müssen (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 02.04.2003 - 7 K 1691/01 -, juris, unter Verweis auf Sauter, LBO-Kommentar, 3. Aufl., Rdnr. 5 ff. zu § 47 und Rdnr. 35 zu § 4 LBO). Nach § 65 Satz 1 LBO kann die Baubehörde den teilweisen oder vollständigen Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Diese Voraussetzungen sind hier bezüglich des genannten 5 m breiten Streifens erfüllt. Das der Beklagten damit eröffnete Ermessen hat sie insoweit ermessensfehlerfrei ausgeübt. Ihre auf § 47 Abs. 1 LBO gestützte Beseitigungsverfügung kann insoweit gem. § 47 Abs. 1 LVwVfG in eine entsprechende Beseitigungsverfügung nach § 65 Satz 1 LBO umgedeutet werden:
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Bei den auf dem Grundstück der Klägerin angepflanzten Bäumen handelt es sich um Wald i.S.d. § 2 Abs. 1 Landeswaldgesetz. Danach ist Wald jede mit Forstpflanzen (Waldbäumen und Waldsträuchern) bestockte Grundfläche. Der Dichte und Höhe der Bäume zufolge kann hier kein Zweifel an der Waldeigenschaft bestehen. Zum Zeitpunkt der Verfügung lag hier auch keine bloße Weihnachtsbaumkultur vor, die gem. § 2 Abs. 4 Landeswaldgesetz erklärtermaßen nicht unter den Waldbegriff fällt. Insoweit ist die Einschätzung des Forstamts vom 18.03.1999 unbeachtlich, wonach die Anpflanzung von Bäumen auf dem Grundstück der Klägerin ausweislich eines Nutzungsarten-Änderungsnachweises vom 10.09.1993 (BAS 11 mit Anlage) nicht Wald, sondern gem. § 2 Abs. 4 Landeswaldgesetz eine „zum Wohnbereich gehörende Parkanlage“ darstellen soll. Denn objektiv lag zum Zeitpunkt der Verfügung, offenkundig aber auch nach den oben im Tatbestand genannten Stellungnahmen der Angrenzer und den Feststellungen des Landgerichts spätestens ab 1983 keine bloße Christbaumkultur, sondern ein ausgewachsener vollständiger Wald mit hohen Bäumen und dichtem Bewuchs vor. Das zeigt auch die in den Behördenakten enthaltene Luftaufnahme (BAS 25).
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Auf diesen Wald findet auch die Waldabstandsvorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz LBO Anwendung, deren wortgleiche Vorgängervorschrift § 4 Abs. 4 Satz 1 LBO a.F. durch Gesetz vom 11.04.1972 (GBl. S. 109) in Kraft gesetzt wurde. An der Anwendbarkeit dieser Vorschrift ändert es nichts, dass die Anpflanzung der Bäume auf dem Klägergrundstück Anfang der 70er-Jahre und jedenfalls vor dem 11.04.1972 stattfand. Denn zu dieser Zeit handelte es sich unstreitig um eine bloße Weihnachtsbaumkultur, die den Waldbegriff nach dem oben Gesagten eindeutig noch nicht erfüllte. Als sich diese Weihnachtsbaumkultur in Folge des Weiterwachsenlassens 10 Jahre später, Anfang 1980, wegen Überschreitens der für eine Christbaumkultur einschlägigen Höhe der Bäume in einen „Wald“ i.S.d. Landeswaldgesetzes umwandelte, war die Waldabstandsvorschrift, die nunmehr an diesen Wald die Forderung der Einhaltung eines Abstandes von mindestens 30 m zu vorhandenen Gebäuden stellte, aber schon lange in Kraft. Der Anwendbarkeit dieser Waldabstandsvorschrift steht also nicht etwa der Fall entgegen, dass bereits vor Inkrafttreten dieser Vorschrift ein Wald auf dem Grundstück der Klägerin vorhanden gewesen wäre, so dass die Anwendung der nachträglich erst in Kraft getretenen Vorschrift eine verfassungsrechtlich dem Rechtsstaatsgebot aus Art. 20 GG zuwider laufende rückwirkende Erstreckung der Gültigkeit einer Norm auf einen bereits vor ihrem Inkrafttreten in der Vergangenheit abgeschlossenen Tatbestand darstellen würde (vgl. zur Unanwendbarkeit der Vorschrift in einem solchen Fall das zitierte Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 02.04.2003 (7 K 1691/01-, juris).
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Da der Wald auf dem Klägergrundstück aber an der kürzesten Stelle nur einen Abstand von 25,25 m vom Gebäude B. Straße 8 aufweist, das bei der Entstehung des Waldes, das heißt bei der erstmaligen Erfüllung des Waldbegriffs durch das Weiterwachsen der Christbaumkultur, schon seit Jahrzehnten vorhanden war, handelt es sich i.S.d. § 65 Satz 1 LBO um eine baurechtliche „Anlage“ (§ 1 Abs. 1 Satz 2 LBO), die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften „errichtet“ wurde, nämlich hier durch das Weiterwachsenlassen die bauordnungsrechtliche Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz LBO verletzte, die einen Mindestabstand des Waldes von 30 m zu vorhandenen Gebäuden verlangt. Damit war der Tatbestand für den Erlass der Beseitigungsverfügung hinsichtlich dieses Teilabschnitts des Waldes nach § 65 Satz 1 LBO erfüllt. Die Beklagte war ermächtigt, nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen von der Klägerin die Beseitigung dieses Waldstücks bis zu einer Tiefe zu verlangen, in der der Waldrand dann einen Abstand von 30 m zur nächstgelegenen Ecke des Wohngebäudes einhält. Das ist hier bei den geforderten 30 m und einem bereits zum Waldrand vorhandenen Abstand des Gebäudes von 25 m also eine Tiefe von 5 m, um die eine Zurücksetzung des Waldrandes durch entsprechend tiefe Rodungsarbeiten zu Recht durch die Beklagte von der Klägerin verlangt werden durfte.
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Soweit die Beklagte hier jedoch darüber hinausgehend die Rodung eines nicht nur 5 m, sondern 17 m tiefen Streifens des dem Gebäude gegenüberliegenden Waldes auf dem Klägergrundstück von der Klägerin verlangt hat, ist die Beseitigungsverfügung rechtswidrig, nämlich von der Ermächtigungsgrundlage des § 65 Satz 1 LBO i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz LBO nicht mehr gedeckt. Denn dadurch würde an diesem Abschnitt der Wald auf dem Klägergrundstück über das mit 30 m lediglich gebotene Maß hinausgehend sogar einen Abstand von 42 m (25 m zzgl. 17 m) einhalten, wozu die Klägerin nicht verpflichtet ist.
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Die Befugnis, die Beseitigung zumindest auf eine Tiefe von 5 m gegenüber dem Gebäude B. Str. 8 von der Klägerin verlangen zu können, hat die Beklagte hier entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht etwa verwirkt. Zu Recht verweist sie insoweit darauf, dass sie gegenüber der Klägerin in den der Verfügung vorausgegangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder auf die ihrer Ansicht nach bauordnungswidrige Situation die Verletzung des Waldabstandes hingewiesen hat, so dass die Klägerin nicht etwa darauf vertrauen konnte, von einem Einschreiten der Beklagten zur Durchsetzung des Waldabstandes verschont zu bleiben. Es ist insoweit im Baurecht anerkannt, dass es für die Annahme einer Verwirkung nicht genügt, dass die Baurechtsbehörde über längere Zeit sehenden Auges untätig geblieben ist. Ein Verhalten der Beklagten, dem die Klägerin positiv hätte entnehmen dürfen, die Beklagte halte die Situation zwar für bauordnungswidrig, gebe sich aber stillschweigend und billigend im Sinne einer faktischen Duldung damit zufrieden, lag hier nicht vor. Soweit die Klägerin sich hier darauf beruft, das Landwirtschaftsamt habe ebenfalls eine nachträgliche Genehmigungsfähigkeit der Aufforstung nach den Vorschriften des LLG bejaht, vermag dies einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen. Denn selbst in diesem Fall würde dies nur bedeuten, dass nach den Vorschriften des LLG keine materiell-rechtlichen Bedenken gegenüber der Aufforstung bestanden, nicht jedoch, dass damit etwa auch behördlicherseits ein „bauordnungsrechtlich“ rechtmäßiger Zustand des Waldes bestätigt worden wäre. Eine Aufforstungsgenehmigung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 LLG, wie sie bei einer mehr als 10jährigen Nutzungsdauer einer Weihnachtsbaumkultur gem. § 25 Abs. 3 Satz 1 LLG hier erforderlich gewesen wäre, hätte nämlich nur nach dem abschließenden Katalog des § 25 Abs. 2 Nr. 1 - 3 LLG versagt werden dürfen, also nur dann, wenn Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung der Aufforstung entgegen gestanden hätten, oder durch die Aufforstung die Verbesserung der Agrarstruktur behindert oder die Ertragsfähigkeit benachbarter (Anm.: landwirtschaftlich genutzter) Grundstücke erheblich beeinträchtigt hätte oder den Naturhaushalt, die Lebensstätten von gefährdeten Tier- und Pflanzenarten oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt hätten. Einer solchen Genehmigung hätte also selbst bei positiver Erteilung keine Aussage hinsichtlich der Vereinbarkeit der Aufforstung mit der Waldabstandsvorschrift des § 4 Abs. 3 LBO entnommen werden können, zumal diese nicht von der Landwirtschaftsbehörde, sondern nur von der dafür zuständigen Baurechtsbehörde hätte geprüft werden dürfen.
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Auch soweit sich die Klägerin auf das Rechtsinstitut der Verjährung beruft, hat die Beklagte zu Recht darauf verwiesen, dass dieses Rechtsinstitut hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Ermächtigungsgrundlagen keine Anwendung findet. Verjährungsvorschriften, auf die sich die Klägerin hier berufen könnte, existieren naturgemäß in der Landesbauordnung nicht.
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Die Anordnung der Beseitigung der Bäume auf dem Klägergrundstück auf dem 5 m breiten Streifen gegenüber dem Wohngebäude B. Str. 8, verlangt von der Klägerin auch nichts rechtlich unmögliches. Zur Erfüllung dieser Beseitigungsanordnung bedarf die Klägerin nämlich nicht etwa erst noch einer Rodungsgenehmigung nach dem Landeswaldgesetz. Die insofern einschlägige Vorschrift in § 9 Abs. 1 Satz 1 Landeswaldgesetz, die bei Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart die Genehmigung die höheren Forstbehörde fordert, ist hier nämlich nicht einschlägig. Zwar ergibt sich aus der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. der gesetzlichen Überschrift dieser Vorschrift, dass auch die Beseitigung des Baumbestandes eine Umwandlung von Wald darstellt. Mit Umwandlung ist jedoch nur eine freiwillig vom Waldeigentümer vorgenommene Handlung gemeint, die er aus freien Stücken zur Umgestaltung seines Grundstücks vornehmen will. Aus Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Satz 1 Landeswaldgesetz ergibt sich jedoch, dass damit nicht etwa auch Fälle wie der vorliegende erfasst werden sollen, in denen die Beseitigung der Bäume durch den Waldeigentümer bzw. Waldbesitzer allein erfolgt, um damit eine ihm gegenüber zum Zwecke der Gefahrenabwehr nach § 4 Abs. 3 LBO erlassene bauordnungsrechtliche Beseitigungsverfügung der Baurechtsbehörde zu erfüllen. Einer solchen bauordnungsrechtlichen Gefahrenabwehrmaßnahme kann und will das Landeswaldgesetz nicht durch Aufstellung des Erfordernisses einer Genehmigung, die womöglich versagt werden würde, entgegentreten. Denn das Landeswaldgesetz verfolgt hier ganz andere Ziele und schützt andere Rechtsgüter, nämlich die Umwelt, den Naturhaushalt oder das Landschaftsbild, während das Bauordnungsrecht hier insbesondere Gefahren für Leib und Leben von Menschen abwehren will.
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2) Die Beseitigungsverfügung erweist sich im Übrigen als rechtswidrig. Aus dem oben im Tatbestand Gesagten ergibt sich, dass die Anpflanzung der Christbaumkultur auch nach Ansicht der Beklagten unstreitig vor 1972 erfolgte, nämlich nach den Einlassungen der Klägerin aber auch im Rückschluss aus den Beschwerdeschreiben der Angrenzer etwa zwischen 1970 und 1971/72 erfolgt sein muss. Aus der gesetzlichen Wertung in § 25 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 LLG, wonach Weihnachtsbaumkulturen nur bis zum Erreichen einer Nutzungsdauer von 10 Jahren lediglich anzeigepflichtig sind, bei Überschreitung dieser Zeitdauer jedoch dann durch Einführung eines Genehmigungserfordernisses einer Aufforstung mit Waldbäumen gleichgestellt wird, ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, dass spätestens nach 10 Jahren schon der Größe der Bäume nach nicht mehr von bloßen Christbäumen, sondern von einem Wald auszugehen ist. Deshalb hat im vorliegenden Fall auch das Landgericht festgestellt, dass „spätestens“ Ende 1983 von einem Wald auszugehen war, wobei das Landgericht hier zugunsten der damaligen Klägerin im Nachbarrechtsstreit insofern offensichtlich den spätestmöglichen Zeitpunkt zugrundegelegt hat. Aus dem Umstand, dass die Grundstücksnachbarin und Eigentümerin des Grundstücks B. Str. 8 ihren zahlreichen den Behördenakten enthaltenen Beschwerdeschreiben zufolge schon 1983 mit dem Rechtsvorgänger der Klägerin Gespräche hinsichtlich der Beseitigung des sie damals offenbar schon seit längerem massiv störenden, längst das Ausmaß eines Waldes erlangten Baumbestandes geführt hat und dass nach einem anderen Angrenzerschreiben von 1988 die Bäume „vor 18 Jahren“ gepflanzt worden sind, ist davon auszugehen, dass schon 1980, jedenfalls aber 1981 bzw. Ende 1981 ein Wald auf dem Klägergrundstück vorhanden war, während die beiden Betriebsgebäude der Telekom offenbar erst im Dezember 1981 genehmigt und im üblichen Verlauf der Dinge nach dann wohl auch erst im Jahr 1982 aufgrund dieser Genehmigung errichtet wurden. Bei deren Errichtung hätte also umgekehrt nach der Waldabstandsvorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz LBO auf den zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Wald durch Einhaltung eines Abstandes von 30 m Rücksicht genommen werden müssen. Mit anderen Worten, hier findet sich keine Ermächtigungsgrundlage für die von der Beklagten verfügte Beseitigungsanordnung, da der Wald auf dem Klägergrundstück bereits vor Errichtung dieser Gebäude vorhanden war. Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz LBO gebietet jedoch nur gegenüber bereits vorhandenen Gebäuden die Einhaltung eines Abstandes von 30 m durch den Wald. Das wird im vorliegenden Fall auch dadurch plausibel, dass die Beklagte bis zum Erlass der Verfügung jahrzehntelang hinsichtlich dieser beiden Gebäude, anders als bezüglich des Gebäudes B. Straße Nr. 8 offenbar selbst nie Anlass gesehen hat, die Einhaltung eines Waldabstandes zu fordern oder diesen als unterschritten anzusehen.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es für die Anwendung der Waldabstandsvorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz LBO auch nur allein auf die tatsächlich auf den dem Wald benachbarten Grundstücken vorhandenen Gebäude an und nicht etwa darauf, inwieweit diese bauplanungsrechtlich zulässig möglicherweise bebaubar wären und sich insoweit aus der tatsächlich vorhandenen Bebauung benachbarter Grundstücke eine faktische Baugrenze ziehen lässt, die durch das dem Wald am nächsten gelegene tatsächlich schon vorhandene Gebäude bestimmt wird. Für eine solche Interpretation des § 4 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz LBO gibt schon der Wortlaut dieser Norm nichts her. Die Norm spricht vielmehr eindeutig und unmissverständlich davon, dass Wald von Gebäuden und Gebäude von Wald einen Abstand von mindestens 30 m einzuhalten haben. Von der bloßen Möglichkeit der Errichtung eines Gebäudes oder seiner bloßen planungsrechtlichen Zulässigkeit spricht diese Vorschrift hingegen nicht. Gerade durch die wechselseitige Bezugnahme von Wald auf Gebäude und umgekehrt von Gebäuden auf Wald wird auch deutlich, dass hier der Gesetzgeber ersichtlich im Sinne eines Prioritätsprinzips nur die einzig sinnvolle Regelung treffen wollte, nämlich dass auf einen bereits vorhandenen Wald später in Waldnähe errichtete Gebäude durch Einhaltung des Mindestabstands Rücksicht nehmen müssen und dass umgekehrt Wald gegenüber bereits vorhandenen Gebäuden Rücksicht nehmen muss. Nur eine solche Interpretation ermöglicht es auch dem Normadressaten in hinreichend eindeutiger und bestimmter Weise zu ermitteln, bis wohin er den Wald gemessen an dem Bezugspunkt eines für ihn klar ersichtlichen tatsächlich vorhandenen Gebäudes anpflanzen kann bzw. umgekehrt bis wohin gegenüber einem klar vorhandenen Waldrand ein Gebäude nachträglich errichtet werden kann. Eine Bezugnahme auf faktische Baugrenzen oder gar auf den Begriff des im Zusammenhang bebauten Ortsteils, der in der Abgrenzung zum Außenbereich oft schwierig zu bestimmen ist, ist hingegen durch diese Vorschrift nicht vorgegeben und wäre angesichts der damit verbundenen regelmäßigen Schwierigkeiten einer Subsumtion als Bezugspunkt für die Abmessung eines 30 m-Abstands auch nicht geeignet. Nur nebenbei sei an dieser Stelle bemerkt, dass entgegen der Ansicht der Klägerin im vorliegenden Fall einer Bebauung im unbeplanten Innenbereich die Grenze dieses Innenbereichs gegenüber dem Außenbereich nach der Rechtsprechung regelmäßig nicht durch eine Linie entlang des nächsten dem Außenbereich zugewandten Hauses gezogen wird, sondern insoweit durchaus einer Vor- bzw. Rücksprünge bildenden Linie entlang der jeweils äußersten dem Außenbereich zugewandten Gebäudefronten der vorhandenen Gebäude folgt. Schon von daher wäre es, selbst wenn man dem Argument der Beklagten hinsichtlich eines von § 4 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz LBO auch beabsichtigten Schutzes der bloßen Bebaubarkeit angrenzender Grundstücke folgen wollte, verfehlt, hier eine durchgehende Tiefe eines Waldabstandsstreifens von 30 m bezogen auf das vorderste, dem Wald am nächsten gelegene Gebäude, wie hier des Telekombetriebsgebäudes, zu fordern.
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Auch bezogen auf das Gebäude B. Straße 7 (Flst.-Nr. …), das wohl auch schon vor Erfüllung des Waldbegriffs durch den Baumbestand auf dem Grundstück der Klägerin vorhanden war, erweist sich die Beseitigungsverfügung als rechtswidrig, denn der Abstand dieses Gebäudes beträgt bereits zum jetzt aktuell vorhandenen Waldrand ohnehin schon mehr als 30 m, so dass diesbezüglich ein Waldabstand auch ohne Beseitigung von Bäumen auf dem Grundstück der Klägerin eingehalten wird.
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Die Verfügung erweist sich auch als rechtswidrig, soweit sie in Gestalt des Widerspruchsbescheids von der Widerspruchsbehörde nachträglich und zusätzlich auch auf die Ermächtigungsgrundlage des § 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Landesstraßengesetz gestützt wird. Nach dieser Vorschrift dürfen Anpflanzungen auf Grundstücken, die der Straße benachbart sind, nicht angelegt oder unterhalten werden, wenn sie die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen und deren Beseitigung kann, wenn sie entgegen dieser Vorschrift angelegt oder unterhalten werden, schriftlich und unter Setzung einer angemessenen Frist verlangt werden. Die Beklagte ist zwar als Gemeinde für die D. Straße, die eine Gemeindestraße in Form der Ortsstraße darstellt, auch Straßenbaubehörde (§§ 3 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 50 Abs. 3 Nr. 3 Landesstraßengesetz). Die Widerspruchsbehörde konnte deshalb im Grundsatz die angegriffene Beseitigungsverfügung der Beklagten ergänzend auch auf die zum Erlass einer straßenrechtlichen Beseitigungsverfügung ermächtigende Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Landesstraßengesetz stützen.
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Eine Ermächtigung zum Erlass eines schriftlichen Beseitigungsverlangens gibt diese Vorschrift der Straßenbaubehörde jedoch nicht pauschal und zur generellen Abwehr lediglich theoretisch denkbarer abstrakter Gefahren, sondern lediglich zur Abwehr individuell konkreter Gefahren, wie sie im Falle einzelner konkret standsicherer Bäume am Straßenrand existieren mögen. Unter bloßem Hinweis auf den Rotfäulebefall im Baumbestand auf dem Grundstück der Klägerin entlang der D. Straße durfte daher die Beklagte als Straßenbaubehörde nicht pauschal entlang der gesamten Straße die Beseitigung eines immerhin 17 m tiefen Waldstreifens verlangen. Dafür nämlich, dass auf diesem gesamten Streifen unterschiedslos alle Bäume eine im oben genannten Sinne konkrete individuelle Gefahr für die angrenzende D. Straße und deren verkehrsmäßige Nutzung durch den fließenden bzw. stehenden Verkehr darstellten, gab und gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Ganz offensichtlich ist es nämlich in den nun mehr als drei Jahrzehnten seit Anpflanzung des Baumbestands auf dem Klägergrundstück nicht zu einer Realisierung solcher Gefahren gekommen. Die Klägerin hat insoweit überzeugend und zu Recht darauf hingewiesen, dass selbst in den letzten 10 Jahren, die durch eine Zunahme extrem starker Stürme gekennzeichnet waren, entsprechende Vorkommnisse, wie das Umfallen eines Baumes auf die Straße, ganz offensichtlich nicht vorlagen. Zwar hat das Forstamt in seinen Stellungnahmen eine Gefahr des Umstürzens der Bäume auf dem Klägergrundstück unter Hinweis auf den Rotfäulebefall bejaht. Obwohl es diese Einschätzung schon am 23.09.1999 abgegeben hat und am 28.07.2005 ein unverändert bestehendes Risiko bejaht hat, ist es jedoch offenbar trotz starker Stürme und trotz der großen Anzahl von Bäumen auf dem Klägergrundstück nie zu solchen Vorfällen gekommen. Lediglich hinsichtlich des außerordentlichen Ereignisses des Orkans namens „Kyrill“, der am 18.01.2007 das öffentliche Leben in weiten Teilen Europas stark beeinträchtigte und in Böen Windgeschwindigkeiten von bis zu 225 km/h erreichte und zahlreiche Todesopfer forderte, wird hier von der Beklagten ein einziger Fall dokumentiert, in dem ein Baum vom Klägergrundstück auf die Straße umgestürzt ist, wobei hier nicht einmal klar ist, ob es sich um einen von Rotfäule befallenen, ohnehin standunsicheren Baum handelte oder aber um einen normalen gesunden Baum, welcher bei solchen orkanartigen Sturmereignissen ohne weiteres auch ohne Rotfäulebefall durch den Windangriff umgerissen werden kann, insbesondere wenn er sich an der exponierten nordöstlichen Ecke des Waldgrundstücks befindet. Soweit in der Akte eine Angrenzermeldung vom 24.01.2000 enthalten ist (BAS 21), wonach der Sturm an Weihnachten „im Wald einige Bäume umgeknickt“ habe, handelte es sich hier um den Orkan „Lothar“, der am 26.12.1999 mit Spitzenböen von 272 km/h ein ähnlich außergewöhnliches katastrophenartiges Naturereignis wie der Orkan „Kyrill“ darstellte. Gegenüber solchen Orkanereignissen, die bekanntermaßen ohne Weiteres auch ganz gesunde und noch mächtigere Bäume umreißen können, lässt sich aber nicht gestützt auf § 28 Abs. 2 Landesstraßengesetz eine präventive Gefahrenvorsorge durch pauschale Beseitigung eines gesamten Waldbestandes auf einer Tiefe von 17 m entlang eines Straßenrandes betreiben. Das widerspricht vielmehr dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er spätestens bei der Ausübung des Ermessens der Straßenbaubehörde hinsichtlich der Ermächtigung zur schriftlichen Äußerung eines Beseitigungsverlangens zu berücksichtigen ist. Würde man stattdessen jede und sei es durch Rotfäule zumindest abstrakt theoretisch mögliche Gefahr eines Baumsturzes auf die Straße, so müssten konsequenterweise entlang aller Straßen durch den Schwarzwald die Schwarzwaldtannen auf einer Tiefe eines Streifens von 30 m Breite gefällt werden, um die Gefahr eines Umstürzens auf die Straße auszuschließen. Dazu aber ermächtigt die lediglich eine Abwehr individuell konkreter Gefahren durch einzelne Bäume und Anpflanzungen ermächtigende Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Landesstraßengesetz nicht. Dass diese Einschätzung nicht aus der Luft gegriffen ist, ergibt sich schon aus dem Schreiben des Oberbürgermeisters der Beklagten, der am 31.07.2001 dem Anwalt der Eigentümerin des Grundstücks B. Straße 8 gegenüber selbst ausführte, die Beklagte sehe keinen Anlass zum Einschreiten aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht. Denn wie der Sturm „Lothar“ gezeigt habe, sei der Fichtenbestand insgesamt entgegen der bisher aus den Akten ersichtlichen Vermutung ganz offensichtlich sehr stabil. Insoweit nahm er ersichtlich auf das Schreiben des Staatlichen Forstamts R. vom 23.09.1999 (BAS 19) Bezug, in dem entsprechende Gefahren unter Verweis auf den Rotfäulebefall geschildert worden waren, und auf das darauf gestützte Schreiben seines Amtsvorgängers vom 02.02.2000 an die Klägerin (BAS 21), mit dem dieser seinerzeit auch nur die Vorlage eines Gutachtens über die Standfestigkeit der in Frage stehenden Bäume bzw. alternativ dazu die Rodung eines lediglich 10 m breiten Streifens entlang der Straße nach § 28 Straßengesetz angeregt hatte. Diese Einschätzung erscheint ohne Weiteres plausibel. Wenn es trotz aller Stürme in den vergangenen Jahrzehnten außer in den beiden genannten Fällen außergewöhnlicher und katastrophenhafter Orkanereignisse keine sonstigen Vorfälle gegeben hat, dann kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass sich der Rotfäulebefall bisher ganz offensichtlich nicht derart abträglich auf die Standsicherheit der Bäume auf dem Grundstück der Klägerin ausgewirkt hat, dass diese Bäume und zwar alle Bäume innerhalb des 17 m breiten Streifens die konkret individuelle Gefahr eines Umstürzens auf die Straße in sich bergen, worauf dann mit der angegriffenen Beseitigungsverfügung in ihrem vollem Umfang hätte reagiert werden dürfen.
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Das Gericht verkennt nicht, dass sich in Folge der Rotfäule noch Restrisiken für die Standsicherheit im Baumbestand des Klägergrundstücks verbergen können. Insoweit bleibt es der Beklagten aber unbenommen, gemeinsam mit einem Forstfachmann und der Klägerin das Waldgrundstück zu begehen und individuell wirklich gefährdete Bäume zu markieren und deren Beseitigung von der Klägerin zu verlangen. Insoweit hat sich die Klägerin ausweislich ihres im vorgerichtlichen Verfahren selbst unterbreiteten Vergleichsvorschlags ja schon bisher auch ohne Weiteres bereit erklärt, solche Bäume zu beseitigen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Angesichts des Umstands, dass die Beseitigungsverfügung der Beklagten gemessen am Gesamtumfang der Verfügung nur hinsichtlich des dem Gebäude B. Straße 8 gegenüber liegenden Teilabschnitts des Waldgrundstücks und auch dort nur bis zu einer Tiefe von 5 m als rechtmäßig erweist, erscheint die Verteilung der Kosten von 1/7 für die Klägerin und 6/7 für die Beklagte dem Maß des Unterliegens bzw. Obsiegens der Beteiligten angemessen.
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Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten durch die Klägerin im Vorverfahren ist gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Es handelt sich im vorliegenden Fall um schwierige Sach- und Rechtsfragen, die, wie die Akten der Beklagten zeigen, selbst deren Fachbehörden Schwierigkeiten bereiteten, so dass der Klägerin nicht zuzumuten war, ohne anwaltlichen Beistand ein Widerspruchsverfahren durchzuführen.
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