Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 23. Juli 2007 - 1 K 743/07

bei uns veröffentlicht am23.07.2007

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller, ein am 6.12.1967 geborener serbischer Staatsangehöriger mit albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo, begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Anschluss an ein erfolgloses Aufenthaltserlaubnisverfahren.
Der Antragsteller hielt sich in der Vergangenheit mehrmals mit unterschiedlicher Dauer in der Bundesrepublik Deutschland auf. Im Anschluss an die Heirat einer deutschen Staatsangehörigen erhielt er im März 1989 eine Aufenthaltserlaubnis, die später jedoch wegen Trennung der Eheleute nicht mehr verlängert wurde. Im Anschluss an erfolglose Rechtsmittel wurde der Antragsteller schließlich am 25.9.2000 in sein Heimatland abgeschoben. In den Zeitraum seines rechtmäßigen Aufenthalts war eine Arbeitstätigkeit gefallen, bei der er am 4.11.1991 im Rahmen eines Arbeitsunfalls eine Mehrfachfraktur des Hüftgelenks erlitten hatte. Zwischen dem 18.3.2002 und dem 31.5.2002 hielt sich der Antragsteller erlaubt bei seinen in Deutschland lebenden Eltern auf, die krank waren. Die Sperrwirkung seiner im Jahr 2000 erfolgten Abschiebung wurde später auf den 30.6.2002 befristet. Erneut vom 13.6. bis 6.9.2003 befand sich der Antragsteller mit einem Touristenvisum in Deutschland. Im Anschluss an diese Aufenthalte kehrte er immer wieder nach Serbien zurück, so letztmals auch im Frühjahr 2006, nachdem er vom 30.1.2006 bis 28.2.2006 erneut zu Besuchszwecken nach Deutschland gereist war.
Mit einem Schengen-Visum vom 7.4.2006, zunächst befristet von 15.4.2007 bis 13.7.2006, reiste der Antragsteller im April 2006 erneut nach Deutschland ein. Als Zweckbestimmung war im Visum die „medizinische Behandlung seines Hüftgelenks“ vorgesehen. Eine Verlängerung des Visums durch nationales Visum vom 11.7.2006 der Antragsgegnerin erfolgte wegen Operation des Antragstellers (am 4.5.2006) für die Zeit vom 13.7.2006 bis 13.8.2006.
Am 7.8.2006 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er gab hierbei an, er sei geschieden, sein am 22.8.2004 aus dieser Ehe hervorgegangener Sohn lebe nach wie vor im Kosovo. Dem Antrag fügte der Antragsteller verschiedene ärztliche Unterlagen sowie Schriftverkehr mit der im Zuge seines Arbeitsunfalls zuständigen Großhandels- und Lagerei- Berufsgenossenschaft (GroLa BG) bei. Zusammen mit im Verlauf des ausländerrechtlichen Verfahrens eingeholten Erklärungen bzw. Stellungnahmen ergab sich im wesentlichen folgendes Bild zum Gesundheitszustand des Antragstellers:
1.) Medizinisches Gutachten vom 16.12.2005 des Dr. T..., UNMIK (veranlasst durch die GroLa BG; Grundlage: Untersuchung vom 8.12.2005 im Orthopädischen Klinikum Orto):
Beim Arbeitsunfall am 4.11.1991 habe sich der Antragsteller eine Mehrfachfraktur des Beckens zugezogen. Eine chirurgische Intervention zum Zweck der Rettung des Kopfes des Oberschenkelknochens werde nicht erfolgreich sein, aber solche Interventionen könnten das Hüftgelenk rekonstruieren, was dem Antragsteller helfen werde. Diese Behandlungen könnten nicht am Wohnort oder in der Nähe des Wohnortes des Antragstellers durchgeführt werden.
2.) Bescheinigung des Universitätsklinikzentrums des Kosovo vom 5.4.2006:
Diagnose: „Coxarthrosis posttraumatica sin.“ Notwendige Behandlung beim Antragsteller sei eine „Arthroplastica coxae sin.“ Diese Intervention könne nicht im Kosovo durchgeführt werden.
3.) Drei ärztliche Stellungnahmen bzw. Bescheinigungen der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie ...
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a.) vom 28.6.2006 :
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Implantation einer zementfreien Hüfttotalprothese links am 4.5.2006. Im Anschluss an eine Intensivbehandlung von acht Wochen seien regelmäßige Kontrolluntersuchungen, zunächst dreimonatlich, später halbjährlich, dann jährlich erforderlich, um Komplikationen zu erkennen bzw. zu vermeiden. Dies erfordere ein hohes fachärztliches Niveau, welches im Kosovo nicht verfügbar sein.
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b.) vom 13.10.2006:
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Beim Antragsteller sei eine langwierige Nachbehandlung durch physikalische Therapiemaßnahmen und ambulante Rehabilitationsmaßnahmen notwendig. Das dauere voraussichtlich bis Ende 2006 und sei nur in Deutschland möglich. Es bestehe wegen der erfolgten Operation ein notwendiges Kontrollbedürfnis durch qualifizierte Fachärzte sowie Folgebehandlungen zum besseren Muskelaufbau der hüftumgreifenden Muskulatur. Von der medizinischen Seite her sei sicher besser, wenn diese für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren nach dem Operationsereignis in Deutschland vorgenommen würden. Aus eigener Kenntnis der medizinischen Verhältnisse der Heimat des Antragstellers sei dort keine niveaugleiche fachärztliche Versorgung gewährleistet.
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c.) vom 8.3.2007
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Der Antragsteller dürfe keine schweren körperlichen Arbeiten erledigen. Leichte körperliche Arbeiten seien ohne Einschränkung möglich, mittlere körperliche Arbeiten schließlich nur eingeschränkt in Verbindung mit Wechselhaltungen und ohne extreme Temperaturbelastungen.
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4.) Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros im Kosovo/Pristina vom 16.11.2006
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Therapeutische Maßnahmen wie Krankengymnastik und Physiotherapie seien im Kosovo im Universitätsklinikzentrum Pristina kostenlos durchführbar. Auf Grund begrenzter Therapieplätze und hoher Patientenzahlen sei jedoch mit längeren Wartezeiten zu rechnen. Physiotherapeutische Maßnahmen seien darüber hinaus im öffentlichen Gesundheitswesen u. a. in Peja möglich. Es bestünden dort ebenfalls z.T. lange Wartezeiten. Desweiteren existierten im Kosovo zahlreiche Privatpraxen, in denen Physiotherapeuten praktizierten. Für die Behandlung dort trage der Patient die Kosten. Sollten ambulante Rehabilitationsmaßnahmen oder Nachuntersuchungen notwendig sein, könne hierzu jeweils konkret ein Visum oder ein „unechtes Jahresvisum“ für kurzfristige Aufenthalte erteilt werden. Abschließend sei festzustellen, dass die von der GroLa BG angekündigte Übernahme der Kosten nicht wie bescheinigt durchzuführen sei, da zu bezweifeln sei, dass die Serbische Krankenversicherungsanstalt die Behandlung im Kosovo übernehmen werde. Eine Zahlung der Kosten sei daher nur durch nachträgliche Zahlung nach Vorlage der Quittungen möglich. Es komme folglich höchstens die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht.
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5.) Stellungnahme des Gesundheitsamts des Schwarzwald-Baar-Kreises vom 10.1.2007
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Die Notwendigkeit, eine Nachbehandlung in Deutschland durchzuführen, sei aus amtsärztlicher Sicht nicht mehr gegeben, da eine nachweisbare Verbesserung bereits erfolgt sei und laut Aussagen des Deutschen Verbindungsbüros im Kosovo eine physiotherapeutische Behandlung dort möglich sei. Überdies würden Kosten für Aufwendungen im Kosovo von der zuständigen Berufsgenossenschaft übernommen.
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Mit Bescheid vom 22.2.2007 (zugestellt am selben Tag) lehnte die Antragsgegnerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab (Nr. 1) und forderte den Antragsteller binnen eines Monats zur freiwilligen Ausreise auf (Nr. 2). Der Sofortvollzug der Entscheidung wurde angeordnet (Nr. 3). Dem Antragsteller wurde ferner die Abschiebung nach Serbien angedroht (Nr. 4) und schließlich eine Gebühr in Höhe von 60 EUR festgesetzt (Nr. 5). Zur Begründung wurde angeführt, auf Grund des unterbreiteten Sachverhalts komme nur die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen in Betracht. § 25 Abs. 1 bis Abs. 3 AufenthG wurden in ihrer Anwendbarkeit von vornherein ausgeschlossen, § 25 Abs. 4. deshalb, weil ein Daueraufenthalt angestrebt werde. Den als einschlägig erachteten und in der Folge geprüften § 25 Abs. 5 AufenthG hielt die Antragsgegnerin schließlich tatbestandlich nicht für erfüllt, weil die besonderen Erteilungsvoraussetzungen in Gestalt einer tatsächlichen oder rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise fehlten. Nach Auswertung der vorgelegten bzw. beigezogenen Unterlagen müsse die weitere Behandlung nicht im Bundesgebiet durchgeführt werden, kurzfristige Aufenthalte könnten über ein Visum erfolgen und schließlich habe die GroLa BG am 5.9.2006 schriftlich bestätigt, dass sie die Kosten der Behandlung auch im Heimatland übernehme, wenn dort die ärztliche Versorgung gewährleistet sei.
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Der Antragsteller hat am 7.3.2007 Widerspruch erhoben und am 9.3.2007 Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Seit 12.3.2007 ist der im Besitz einer vom Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens abhängigen Duldung. Ebenfalls an diesem Tag hat er (Untätigkeits-)Klage erhoben. Am 4.4.2007 beantragte er Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Er macht im Eilverfahren geltend, seine Erkrankung könne im Kosovo nicht behandelt werden, weil es dort keine geeignete fachärztliche Versorgung gebe. Selbst wenn, könne er dies jedoch nicht bezahlen, da die Serbische Krankenversicherungsanstalt mit der Berufsgenossenschaft nicht derart zusammenarbeiten werde, dass sie in Vorlage trete. Selbst aber könne er zunächst nicht für die Kosten aufkommen, weil seine wirtschaftliche Situation das nicht zulasse. Seit dem Tod seines Vaters am 5.11.2005 sei die finanzielle Lage der übrigen Familie insgesamt schlecht. Seine zuckerkranke (66-jährige) Mutter und seine 4 ebenfalls in Deutschland lebenden Geschwister könnten kaum noch sich selbst über Wasser halten, geschweige denn ihn und seine Familie weiterhin unterstützen. Um sich selbst und sein Kind zu ernähren, sei er im Kosovo auf Schwerstarbeit angewiesen, was er gesundheitlich nicht leisten könne.
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Der Antragsteller beantragt sachdienlich,
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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Nummern 1, 4 und 5 der Entscheidung der Antragsgegnerin vom 22.2.2007 anzuordnen.
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Die Antragsgegnerin bezieht sich auf die Begründung ihres Bescheids und beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Betreffend die Kostentragung für Behandlungen im Kosovo hat die GroLa BG folgende Auskünfte erteilt:
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Schreiben vom 5.9.2006 an die Antragsgegnerin:
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Kosten für eine Behandlung könnten auch im Heimatland übernommen werden, wenn die ärztliche Versorgung dort gewährleistet sei. Der Antragsteller erhalte hierfür einen Vordruck JU 5, den er beim behandelnden Arzt vorlegen müsse. Dieser werde dann mit der dortigen Krankenversicherungsanstalt abrechnen, welche die Kosten wiederum bei der GroLa BG geltend machen werde.
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Schreiben vom 30.5.2007 an das Gericht (betr. Anfrage des BE vom 24.5.07):
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Sofern beim Antragsteller wegen der Unfallfolgen Behandlungen im Kosovo notwendig seien und die Anspruchsbescheinigung JU 5 nicht akzeptiert werde, werde man unter Übersendung entsprechender Unterlagen Kosten für unfallbedingt notwendige Behandlungen im Kosovo nach den für Sozialversicherungsträger geltenden Sätzen übernehmen bzw. auch einen Vorschuss auf die anfallenden Kosten tragen.
31 
Im Gegensatz zur Antragsgegnerin sieht der Antragsteller hierin keine für sich zumutbare Lösung. Eine Vorschusszahlung im Kosovo sei für die Berufsgenossenschaft unüblich, sodass sich die Frage stelle, ob über eine Vorschussregelung überhaupt eine dauerhafte Nachbehandlung möglich sei. Ungeklärt sei ferner, welche Unterlagen von der GroLa BG benötigt würden, um Vorschuss zu leisten. Weiterhin seien die Kosten der Nachbehandlung im Kosovo ungeklärt. Die GroLa BG beziehe sich auf Kosten „nach den für Sozialversicherungsträgern geltenden Sätzen“. Für den Fall einer - allerdings ungesicherten - Nachbehandlung ausschließlich in einer Privatklinik entstünden jedoch möglicherweise weitaus höhere, folglich ungedeckte Kosten. Schließlich stelle die Vorschusslösung einen immensen abrechnungstechnischen Aufwand dar. Es sei ihm nicht zuzumuten, sich um alle Formalien zu kümmern, weil hieraus eine Unsicherheit folge, ob und wann die für ihn notwendigen Behandlungsmaßnahmen durchgeführt würden.
II.
32 
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des (zulässigen, insbesondere rechtzeitigen) Widerspruchs gegen die von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22.2.2007 verfügte Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (Nr. 1), die Androhung seiner Abschiebung nach Serbien (Nr. 4) sowie schließlich die Gebührenfestsetzung (Nr. 5) ist gemäß §§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 3, Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 VwGO i.V.m. §§ 84 Abs.1 Nr. 1 AufenthG, 12 LVwVG zulässig (vgl. zum vorläufigen Rechtschutz unter Geltung des AufenthG: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 1.9.2005 - 11 S 877/05 - VBlBW 2006, 111).
33 
Der zulässige Antrag ist aber unbegründet. Die Abwägung der Interessen der Beteiligten ergibt, dass das öffentliche Interesse des Antragsgegners an der Vollziehbarkeit der mit der Ablehnung der Aufenthaltsverlängerung begründeten Ausreisepflicht (§§ 58 Abs. 2 Satz 2, 84 Abs.1 AufenthG) das gegenläufige private Interesse des Antragstellers überwiegt, vorläufig bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Verfügung im Hauptsacheverfahren von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit - und damit ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit ausschließend - erweist sich die angegriffene Verfügung nämlich als formell und materiell ordnungsgemäß, so dass die Klage erfolglos bleiben wird. Den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat die Antragsgegnerin aller Voraussicht nach zu Recht mit dem angegriffenen Bescheid abgelehnt.
34 
Zu Recht ist die Antragsgegnerin von ihrer Entscheidungszuständigkeit ausgegangen. Der Antragsteller hat zwar ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis geltend gemacht, dieses steht jedoch nicht im Zusammenhang mit einer Furcht vor politischer Verfolgung. Eine ausschließliche Spezialzuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ist folglich nicht begründet gewesen (vgl. zur Zuständigkeitsabgrenzung: BVerwG, Beschl. v. 3.3.2006 - 1 B 126/05 - NVwZ 2006, 830). Dass die Antragsgegnerin ferner entgegen § 72 Abs. 2 AufenthG das Bundesamt nicht beteiligt hat, ist angesichts der speziell zum Fall eingeholten Stellungnahmen sowie der allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen im Ergebnis unschädlich (§ 46 LVwVfG). Eine Zuständigkeit des RP Freiburg ist schließlich zwar im Vorfeld der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (vgl. den Zustimmungsvorbehalt in § 8 AAZuVO), nicht jedoch im Zusammenhang mit der inzidenten Feststellung des Abschiebungshindernisses gegeben (arg e §§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 8 AAZuVO; wie hier: VG Karlsruhe, Urt. v. 10.8.2006 - 6 K 1981/05 - VENSA).
35 
Rechtsgrundlage für das Aufenthaltsbegehren des Antragstellers ist § 25 Abs. 3 AufenthG (vgl. zum Verhältnis zu § 25 Abs. 5 AufenthG: BVerwG, Urt. v. 27.6.2006 - 1 C 14.05 - InfAuslR 2007, 4). Danach soll (d. h. vorbehaltlich eines atypischen Falles) einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung u. a. nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen. Aufgrund der Einschlägigkeit der genannten Rechtsgrundlage wäre sowohl die Sozialhilfebedürftigkeit des Antragstellers als auch das Fehlen des erforderlichen Visumsverfahrens (vgl. § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) unschädlich gewesen, weil von der Anwendung dieser Vorschriften abzusehen ist (§ 5 Abs. 3, erster Halbsatz AufenthG).
36 
Mit hoher Wahrscheinlichkeit besteht im Fall des Antragstellers jedoch kein Abschiebungshindernis, welches seine Rückkehr nach Serbien bzw. in den Kosovo unzumutbar machte. Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 60 Abs. 7 AufenthG entwickelten Grundsätzen ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel - so angesichts der individuellen Umstände des Antragstellers auch hier - als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist. Erforderlich aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, sind in die Beurteilung mit einzubeziehen (BVerwG, Urt. v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - NVwZ 2007, 712).
37 
Eine Behandlung des Antragstellers im Kosovo hält die Kammer mit überaus hoher Wahrscheinlichkeit für gewährleistet. Das folgt zum einen daraus, dass er in der besonders günstigen Lage ist, im Rahmen der Behandlung seines Hüftleidens, welches aus einem Arbeitsunfall in Deutschland resultiert, auf Ansprüche gegenüber der zuständigen deutschen Berufsgenossenschaft zurückgreifen zu können. Sowohl die bisherige als auch künftige Behandlungen des Arbeitsunfalls und seiner Spätfolgen sind daher sozialversicherungsrechtlich abgedeckt. Hierdurch unterscheidet sich der Antragsteller ganz wesentlich von anderen Personen, speziell diejenigen, die im Kosovo ausschließlich auf Sozialhilfe und eigene Mittel bei der Behandlung von Krankheiten bzw. Behinderungen angewiesen sind. In medizinischer Hinsicht tritt ferner ein überaus positiver Befund derart hinzu, dass die Akutbehandlung des Antragstellers in Deutschland (Implantation einer Hüfttotalprothese links am 4.5.2006) sowie die erforderliche anschließende Intensivbehandlung erfolgreich abgeschlossen sind. Seit seiner Operation befindet sich der Antragsteller nunmehr seit über 14 Monaten in deutscher Behandlung. In dieser Zeit kam er auch in den Genuss der erforderlichen Nachbehandlung durch physikalische Therapiemaßnahmen und ambulante Rehabilitationsmaßnahmen. Es liegt auf der Hand, dass im Rahmen dieser letztgenannten Behandlungsmaßnahmen der Antragsteller sicher nicht nur passiv mitgewirkt, sondern auch einen Bestand an aktiven Übungen und Verhaltensweisen gezeigt bekommen hat, die er selbstständig durchführen kann bzw. muss. Insoweit ist nichts dafür ersichtlich, ein künftiger Aufenthalt im Kosovo könne diesen status quo ernsthaft beeinträchtigen.
38 
Keine relevanten Nachteile erleidet der Antragsteller ferner dadurch, dass er auch in Zukunft noch ärztlicher Kontrolle sowie physiotherapeutischer Betreuung bedarf. Ausgehend von der ausführlichen Analyse der Schweizer Flüchtlingshilfe („Zur Lage der medizinischen Versorgung im Kosovo, Update vom 7.6.2007“, recherchiert in MiLO) sind im Kosovo die diagnostischen Möglichkeiten zwar oft besser als die therapeutischen (a.a.O., Seite 7). Im Fall des Antragstellers muss jedoch berücksichtigt werden, dass er sich in einem relativ späten - mithin günstigen - Zeitpunkt einer bereits in Deutschland fortgeschrittenen Nachbehandlung befindet. Laut ärztlicher Stellungnahme der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie vom 28.6.2006 sind Kontrolluntersuchungen später halbjährlich und dann sogar nur noch jährlich erforderlich, um Komplikationen zu erkennen bzw. zu vermeiden. Innerhalb dieses Zeitrasters ist es dem Antragsteller jedoch zumutbar, im Kosovo entweder in einer staatlichen Einrichtung oder aber in einer der zahlreich niedergelassen privaten Praxen eine adäquate Behandlungsmöglichkeit auszumachen. Etwaige nicht unproblematische lange Wartezeiten in staatlichen Einrichtungen können im Bereich privater Behandlungsangebote deutlich verkürzt werden. Im übrigen ist es dem Antragsteller jedoch auch zumutbar, etwaige Wartezeiten durch rechtzeitige Anmeldung und Planung einzukalkulieren bzw. aufzufangen. Sollte auch durch solche Vorsorgemaßnahmen eine adäquate Nachbehandlung/Kontrolle unzumutbar schwierig sein, so ist schließlich noch zu bedenken, dass - hierauf hat bereits das Deutsche Verbindungsbüro im Kosovo in seiner Auskunft vom 16.11.2006 hingewiesen - die erneute Erteilung eines Visums zwecks vorübergehendem Aufenthalt in Deutschland in Betracht kommen kann.
39 
Auch die wirtschaftliche Situation des Antragstellers gibt schließlich nichts für die Befürchtung her, eine erhebliche und konkrete Gefahr der Verschlimmerung seines Leidens drohe ihm alsbald nach einer Rückkehr. Laut Auskunft der zuständigen Berufsgenossenschaft vom 30.5.2007 kann der Antragsteller nach den für Sozialversicherungsträger geltenden Sätzen einen Vorschuss auf Behandlungskosten erlangen, die er im Kosovo mangels Mitwirkung der Serbischen Krankenversicherungsanstalt sehr wahrscheinlich selbst zu tragen hat. Erneut liegt es in seiner zumutbaren Mitwirkungspflicht, sich rechtzeitig mit der betreffenden kosovarischen Behandlungseinrichtung (staatlicher oder privater Art) auch über Zahlungsmodalitäten abzustimmen. Dass Honorare und Kosten im privaten Behandlungssektor weitaus höher sind, als im staatlichen (Schweizer Flüchtlingshilfe, a.a.O. S. 13/14), begründet keine Bedenken, berücksichtigt man das im Verhältnis zu Deutschland deutlich niedrigere Preisniveau im Kosovo.
40 
Der Antragsteller hat schließlich auch in keiner Weise substantiiert dargelegt, dass er bei einer Rückkehr jenseits einer Behandelbarkeit seines Leidens aus sonstigen Gründen wirtschaftlicher und/oder sozialer Art einer ernsthaften Gefahr ausgesetzt wäre. Selbst wenn man zu seinen Gunsten vom individuell-konkreten statt vom extremen Gefahrenmaßstab ausgeht, ist eine Unzumutbarkeit nicht ersichtlich. Beim Antragsteller handelt sich gerade nicht um eine Person, die nach langjährigem Aufenthalt hier - namentlich als Asylbewerber oder Bürgerkriegsflüchtling - in den Kosovo zurückkehrte. Vielmehr befand er sich seit Dezember 2000 die überwiegende Zeit dort und kehrte von Besuchsreisen zu seinen in Deutschland lebenden Eltern immer wieder in das Heimatland zurück. Dies sowie der Umstand, dass sein knapp dreijähriger Sohn sich noch im Kosovo - offensichtlich in gesicherten/betreuten Verhältnissen - aufhält, belegt, dass er eine relevante wirtschaftlich/soziale Integration in seinem Heimatland erreicht haben muss. Es kommt hinzu, dass er in Deutschland vier hier lebende volljährige Geschwister hat, die ihn offensichtlich in der Vergangenheit auch unterstützt haben und dies weiterhin tun können. Die schlichte Behauptung des Antragstellers, die Geschwister könnten sich selbst kaum über Wasser halten, genügt in keiner Weise, dies zu widerlegen (vgl. sogar noch weitergehend VG Karlsruhe, Urt. v. 17.5.2006 - A 4 K 10267/04 - Juris: Es ist grundsätzlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich, unabhängig von einer nach serbisch-montenegrinischem Recht zu beurteilenden Unterhaltspflicht und deren Durchsetzbarkeit, die in erster Linie zur gegenseitigen Hilfeleistung jedenfalls sittlich verpflichteten Familienangehörigen in ausreichender Weise Unterstützung gewähren. Dabei kommt es ebenso wenig auf die konkrete Vermögens- und Einkommenssituation bleibeberechtigter Angehöriger wie auf die konkreten Verdienstchancen ebenfalls ausreisepflichtiger Angehöriger an).
41 
Bei dieser Sach- und Rechtslage sind schließlich auch die als Folgeentscheidungen ergangene Abschiebungsandrohung sowie die Gebührenfestsetzung aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Der Auffangstreitwert wird im vorläufigen Rechtsschutzverfahren halbiert.

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(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. März 2005 - 10 K 402/05 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000.- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die statthafte, fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO begründete Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, in dem dieses die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts Freudenstadt vom 28.01.2005 angeordnet hat, mit welchem die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte einer deutschen Staatsangehörigen versagt und dem Antragsteller die Abschiebung angedroht wurde, bleibt ohne Erfolg. Denn dem Antrag des Antragstellers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Anordnung der aufschieben Wirkung seines Widerspruchs (§ 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO) kann weder das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (dazu 1.) noch ein überwiegendes Aussetzungsinteresse (dazu 2) abgesprochen werden.
1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt VwGO bejaht. Insbesondere steht dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruch sowohl gegenüber der Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis (vgl. a) als gegenüber der Abschiebungsandrohung (vgl. b) ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unter Geltung des Ausländergesetzes lies sich das Rechtsschutzinteresse für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der Versagungsentscheidung zwar nicht mit einem Verweis auf § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG begründen. Denn die Anordnung der aufschiebenden Wirkung war nicht geeignet, eine durch Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung erloschene Fiktionswirkung wieder aufleben zu lassen (Beschluss des Senats vom 05.05.1992 - 11 S 3162/91 -, ESVGH 43, 71; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.10.2003 - 13 S 1618/03 -, VBlBW 2004, 154). Das Rechtsschutzinteresse folgte jedoch daraus, dass bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht des Ausländers entfiel, was zwar nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung als solcher, wohl aber zur Unterbrechung der zusammen mit dieser - als selbstständige Teilregelung - festgesetzten Ausreisefrist und darüber hinaus zur Rechtswidrigkeit der späteren Abschiebung schlechthin führen würde (vgl. §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 4 Satz 1 AuslG und dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.04.2003 - 11 S 1188/02 -, VBlBW 2003, 445 = InfAuslR 2003, 342 sowie Beschluss vom 16.06.2003 - 11 S 2537/02 -, VBlBW 2003, 476). An dieser Auffassung hält der Senat auch unter Geltung des Aufenthaltsgesetzes fest, da sich der Inhalt der für die dargelegten Erwägungen unter Geltung des Ausländergesetzes maßgeblichen Vorschriften nicht geändert hat (vgl. nunmehr §§ 81 Abs. 3 Satz 1 u. Abs. 4, 59 Abs. 1 u. 50 Abs. 3 AufenthG).
b) Der Senat bejahte unter Geltung des Ausländergesetzes ebenso das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt VwGO gegenüber der mit der Versagungsentscheidung verbundenen Abschiebungsandrohung. Auch insoweit entstand dem Ausländer nämlich ein rechtlicher Vorteil. Das galt zunächst insofern, als bei Aussetzung der kraft Gesetzes bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung als Vollstreckungsmaßnahme (§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG) ebenfalls die Ausreisefrist unterbrochen wurde (§ 50 Abs. 4 Satz 1 AuslG, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.6.2003, a.a.O.). Darüber hinaus führte die Aussetzung des gesetzlich vorgegebenen Sofortvollzugs aber auch dazu, dass die Abschiebungsandrohung schlechthin, insbesondere auch die Festsetzung des Zielstaats, vorläufig keine „innere“ (materielle) Wirksamkeit entfalten konnte und eine nachfolgende Abschiebung daher deswegen rechtswidrig machen würde. Denn § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG, der diese Folgen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegenüber der Ausweisung und gegenüber sonstigen aufenthaltsbeendenden Grundverwaltungsakten ausschloss, fand auf Verwaltungsakte im Bereich der Zwangsvollstreckung keine Anwendung (Beschluss des Senats vom 09.04.2004 - 11 S 1518/03 -, VBlBW 2004, 312 < LS >). Auf Grund inhaltlicher Übereinstimmung der nun maßgeblichen Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes (§§ 50 Abs. 3 u. 84 Abs. 1 AufenthG) ist auch unter seiner Geltung an dieser Auffassung festzuhalten.
2. Die Rechtmäßigkeit der Versagung der Aufenthaltserlaubnis wie der Androhung der Abschiebung des Antragstellers begegnet bei summarischer Prüfung jedenfalls zu der zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage gewichtigen Zweifeln. Deswegen überwiegt gegenwärtig das persönliche Interesse des Antragstellers und seiner deutschen Ehefrau, vorläufig von der Vollziehbarkeit der angefochtenen Verfügung verschont zu bleiben, das entgegenstehende öffentliche Interesse.
a) Das gilt zunächst für die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16.06.2004 - 1 C 20/03 -, InfAuslR 2004, 427 = NVwZ 2005, 90 m.w.N.) ist zur Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen von Verpflichtungsbegehren auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen. Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Verlängerungsbegehrens im Rahmen der Abwägung zwischen Aussetzungs- und Vollziehungsinteresse in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nach der Rechtsprechung des Senats - jedenfalls bei noch ausstehendem Widerspruchsbescheid - auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Eilantrag abzustellen (so Beschlüsse des Senats vom 25.02.2004 - 11 S 237/04 - und vom 29.12.1994 - 11 S 2093/94 -). Bezogen auf diesen Zeitpunkt ist aber ernstlich zweifelhaft, ob vom Fehlen der allein streitigen Voraussetzung für eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, dem Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seiner deutschen Ehefrau, ausgegangen werden kann (§§ 8 Abs. 1, 27 Abs. 1 und 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG).
Zwar sprach im Zeitraum zwischen der Einreise des Antragstellers Anfang 2003 und seinem Wechsel des Arbeitsplatzes im März 2004 einiges gegen das Bestehen einer solchen Lebensgemeinschaft, so etwa die rasche Scheidung des Antragstellers in der Türkei, abweichende Angaben der Ehegatten im Visumverfahren, häufige Übernachtungen des Antragstellers in Fxxx und Angaben der Ehefrau anlässlich der Durchsuchung ihrer Wohnung.
Offen bleiben kann, ob der Freispruch des Antragstellers und seiner Ehefrau vom Vorwurf des Erschleichens einer Aufenthaltsgenehmigung durch das Amtsgericht Fxxx im Urteil vom 13.09.2004 geeignet war, Zweifel am Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft im genannten Zeitraum zu entkräften, zumal der Antragsgegner darauf verzichtet hat, ein Verfahren zur Rücknahme der dem Antragsteller vom 13.02.2003 bis 11.12.2003 erteilten Aufenthaltserlaubnis einzuleiten.
Nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit des Antragstellers bei einem Verwandten in Fxxx im März 2004 fehlen aber handgreifliche Anhaltspunkte dafür, dass er und seine Ehefrau seither nicht in häuslicher Gemeinschaft lebten und leben. Der Antragsteller hat im Dezember 2004 auf eine Befragung der Nachbarn verwiesen und - ebenfalls im Dezember - eine von fünf Nachbarn unterzeichnete „Bestätigung“ des Lebens in häuslicher Gemeinschaft mit seiner Ehegattin eingereicht. Im gerichtlichen Verfahren wurden solche „Bestätigungen“ zudem auch von Kolleginnen seiner Ehefrau vorgelegt. Dem ist das Landratsamt nicht weiter nachgegangen. Soweit es dies damit begründet, der Antragsteller habe sich inzwischen auf die prozessuale Situation einstellen können, ist darauf zu verweisen, dass im Rahmen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG nicht das Motiv für die Eingehung der Ehe maßgeblich ist, sondern vielmehr allein, ob die Ehegatten (inzwischen) die dem Bild einer Ehe entsprechende persönliche Beziehung tatsächlich unterhalten (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.09.2004 - 1 S 1883/03 -, VBlBW 2005, 145; Hess. VGH, Beschluss vom 21.03.2000 - 12 TG 2545/99 -, InfAuslR 2000, 385). Somit könnte grundsätzlich selbst das Arrangement einer Ehe durch Dritte, wenn die Ehe anschließend von den Partnern als Lebensgemeinschaft geführt werden soll und auch geführt wird, der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegenstehen (so OVG Berlin, Beschluss vom 27.05.2002 - OVG 8 M 24.01 -, AuAS 2003, 4). Daher erscheint vorliegend die Versagung der beantragten Aufenthaltserlaubnis derzeit ernstlich zweifelhaft und fällt deswegen die Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen zu Gunsten des Antragstellers aus.
10 
b) Da demnach für den weiteren Aufenthalt des Antragstellers eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG in Betracht kommt und die angefochtene Verfügung deshalb rechtlichen Bedenken begegnet, ist es angezeigt, dem Antragsteller den erstrebten vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO auch gegenüber der - als Vollstreckungsmaßnahme kraft Gesetzes sofort vollziehbaren (§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 12 LVwVG) - Abschiebungsandrohung (§ 59 AufenthG) zu gewähren.
11 
Nach der Rechtsprechung des Senats unter Geltung des Ausländergesetzes begegnete die Abschiebungsandrohung in solchen Fällen zwar nicht allein deswegen rechtlichen Bedenken, weil die aufschiebende Wirkung gegenüber der Versagungsverfügung angeordnet wurde und damit auch die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht entfiel (vgl. § 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG). Denn für die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsandrohung kam es nur darauf an, dass der Ausländer ausreisepflichtig war (§ 42 Abs. 1 AuslG), nicht aber, dass die Ausreisepflicht nach § 42 Abs. 2 AuslG vollziehbar war (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.04.2003, a.a.O.; Beschluss vom 16.06.2003, a.a.O.). Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war jedoch deshalb geboten, weil es - jedenfalls mit der für ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausreichenden Wahrscheinlichkeit - offen war, ob dem Ausländer nicht ein rechtmäßiger Aufenthalt ermöglicht werden musste und daher die Ausreisepflicht nach dem damaligen § 42 Abs. 1 AuslG entfallen würde, welche rechtliche Voraussetzung für den Erlass der Abschiebungsandrohung ist (so Beschlüsse des Senats vom 25.02.2004 und vom 06.08.2003, a.a.O.). Daran ist auch unter Geltung des Aufenthaltsgesetzes festzuhalten, da sich auch insoweit der Inhalt der insoweit maßgeblichen Vorschriften nicht geändert hat (vgl. §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 u. 59 AufenthG).
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG n.F. Auch unter Geltung der neuen Fassung des Gerichtskostengesetzes hält der Senat an seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass bei Entzug oder Versagung der Verlängerung eines Aufenthaltsrechtes auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutze die Ansetzung des vollen Auffangwertes geboten ist (so auch Beschluss vom 25.07.2005 - 11 S 2408/04 -).
13 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.

(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.

(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.

(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.

(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.

(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.

(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.

(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin zu 1 eine Aufenthaltserlaubnis nach §25 Abs.3 AufenthG sowie den Klägern zu 2, 3 und 4 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs.5 AufenthG zu erteilen.

Die Bescheide des Landratsamts Rastatt vom 24.02.2006 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.03.2006 werden - soweit sie von den Klägern angefochten worden sind und soweit sie den erkannten Verpflichtungen entgegen stehen - aufgehoben.

Die Klagen der Kläger zu 1 und 2 im Übrigen werden abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte ¾ sowie die Kläger zu 1 und zu 2 jeweils 1/8. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 3 und zu 4 sowie jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1 und zu 2. Die Kläger zu 1 und zu 2 tragen jeweils 1/8 der außergerichtlichen Kosten des Beklagten. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Kläger wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

 
Die Kläger erstreben die Erteilung befristeter Aufenthaltserlaubnisse durch das beklagte Land.
Bei der ... in .../Bosnien und Herzegowina geborenen Klägerin zu 1 handelt es sich um eine bosnische Volkszugehörige der Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina. Der mit der Klägerin zu 1 seit dem ... verheiratete Kläger zu 2 wurde ... in .../Serbien (Kosovo) geboren und ist albanischer Volkszugehöriger der Staatsangehörigkeit Serbiens. Die in Deutschland in den Jahren ... und ... geborenen Kläger zu 3 und 4 sind die Kinder der Kläger zu 1 und 2. Sie besitzen die Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina.
Der Kläger zu 2 reiste 1991 in das Bundesgebiet ein, worauf er um die Gewährung von Asyl nachsuchte. Mit Bescheid vom 12.05.1995 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge seinen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs.1 AuslG nicht vorliegen und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht gegeben sind. Zugleich forderte es ihn auf, das Bundesgebiet innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung, im Falle einer Klageerhebung innerhalb eines Monats nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, zu verlassen, und für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise drohte es ihm die Abschiebung nach „Jugoslawien“ an. Eine hiergegen gerichtete Klage des Klägers hatte keinen Erfolg. Einen von dem Kläger zu 2 hierauf gestellten Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis lehnte das Landratsamt Rastatt mit unangefochten gebliebenem Bescheid vom 26.06.1996 ab. Unter dem 19.08.1997 stellte der Kläger zu 2 einen Asylfolgeantrag. Hierauf lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 26.08.1997 den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab. Eine hiergegen gerichtete Klage blieb letztinstanzlich erfolglos (BVerwG, Beschl. v. 04.09.2000 - 9 B 436.00 -). Der Kläger zu 2 war während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet entweder im Besitz asylrechtlicher Aufenthaltsgestattungen oder von Duldungen. Er war die längste Zeit seines Aufenthaltes erwerbstätig. Derzeit verfügt er über eine Vollzeitstelle bei der Firma ... in ....
Die Klägerin zu 1 reiste als Bürgerkriegsflüchtling aus Bosnien und Herzegowina im Frühjahr 1993 in das Bundesgebiet ein, worauf sie - bis heute - ausländerrechtlich geduldet wurde. Mit unangefochten gebliebener Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.08.1998 wurde sie aufgefordert, das Bundesgebiet innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Verfügung zu verlassen, und für den Fall ihrer nicht fristgerechten Ausreise wurde ihr die Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina angedroht. Die Klägerin zu 1 ist nicht erwerbstätig.
Die Klägerin zu 3 wurde ebenfalls mit der unangefochten gebliebenen Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.08.1998 zur Ausreise aus dem Bundesgebiet aufgefordert; auch ihr wurde für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina angedroht.
Der Kläger zu 4 stellte unter dem 14.09.1999 einen Asylantrag. Mit Bescheid vom 14.04.2000 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge seinen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs.1 AuslG nicht vorliegen und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht gegeben sind. Es forderte ihn auf, das Bundesgebiet innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung, im Falle einer Klageerhebung innerhalb eines Monats nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, zu verlassen, und für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung in die „BR Jugoslawien (Kosovo)“ angedroht. Eine hiergegen gerichtete Klage des Klägers zu 4 blieb ohne Erfolg (VG Karlsruhe, Urt. v. 20.02.2001 - A 2 K 11247/00 -).
Am 22.03.2001 beantragten die Kläger beim Landratsamt Rastatt, ihnen auf der Grundlage der §§ 30, 31 und 32 AuslG Aufenthaltsbefugnisse zu erteilen. Ihre Anträge stützen sie auf die Anordnungen des Innenministeriums Baden-Württemberg nach § 32 AuslG über Regelungen für erwerbstätige Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und der Bundesrepublik Jugoslawien vom 15.06.2001 sowie über Regelungen für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und Kosovo, insbesondere für schwer Traumatisierte aus Bosnien-Herzegowina, vom 31.01.2001. Daneben machten sie während des Verwaltungsverfahrens mehrfach einen angegriffenen Gesundheitszustand der Klägerin zu 1 geltend und wiesen darauf hin, dass bei dieser wegen der Erkrankung Abschiebungshindernisse vorlägen, die sie nicht zu vertreten habe. Für die Klägerin zu 1 wurden verschiedene ärztliche Atteste und Bescheinigungen zu den Behördenakten gereicht, u.a. die ausführlichen Atteste des Behandlungszentrums für Folteropfer Ulm vom 02.04.2001, 01.11.2002, 18.09.2003 und 26.01.2004 sowie das Attest des Vereins zur Unterstützung traumatisierter Emigranten e.V., Karlsruhe, vom 15.10.2005. Nach dem letztgenannten Attest leidet die Klägerin zu 1 unter einer rezidivierenden depressiven Störung in mittelgradiger Episode (ICD-10 F 33.11), an einer komplexen, chronifizierten posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F 43.1), an einem Zustand nach sexueller Traumatisierung (ICD-10 Y 07) sowie an einer anhaltenden Belastungssituation (ICD-10 Z 73.3). Von Behördenseite eingeholte Stellungnahmen des Gesundheitsamtes des Landratsamts Rastatt vom 26.03.2002, 23.10.2002 und 07.10.2003 bestätigten diese Diagnosen im Wesentlichen. In seiner Stellungnahme vom 07.10.2003 führte das Gesundheitsamt aus, dass die Klägerin zu 1 noch nicht das Maß an psychischer Stabilität erreicht habe, welches für eine Rückreise ohne gesundheitliche Gefährdung erforderlich sei. Es könne festgestellt werden, dass sie durch eine Abschiebung als solche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erhebliche nachhaltige gesundheitliche Beeinträchtigungen erleiden werde. Es sei auch davon auszugehen, dass die Rückreise in ihr Heimatland einen Zustand tiefer, längerfristig therapieresistenter Depression mit schwerer Antriebsstörung und schweren psychovegetativen Kreislauf-, Hirnfunktions- und Verdauungsstörungen auslösen werde.
Nach mehrfacher Anhörung der Kläger lehnte das Landratsamt Rastatt mit vier gesonderten Bescheiden vom 24.02.2006 deren Anträge auf „Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs.1 bzw. § 25 Abs.5 AufenthG“ ab. Das Landratsamt vertrat die Auffassung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der von den Klägern in Anspruch genommenen Anordnungen des Innenministeriums Baden-Württemberg nicht gegeben seien. Eine Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 25 Abs.5 AufenthG komme deswegen nicht in Betracht, weil die Kläger freiwillig entweder nach Serbien und Montenegro oder nach Bosnien und Herzegowina ausreisen könnten.
Die gegen die Entscheidungen erhobenen Widersprüche der Kläger wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2006 zurück. Es ergänzte, dass die Kläger nicht unverschuldet an einer Ausreise gehindert seien, weshalb der Ausschlusstatbestand des § 25 Abs.5 Satz 3 AufenthG gegeben sei.
10 
Die Kläger haben bereits am 13.02.2006 Klagen erhoben, mit welchen sie zuletzt beantragen,
11 
die Bescheide des Landratsamts Rastatt vom 24.02.2006 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.03.2006 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten,
12 
der Klägerin zu 1 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 31.01.2001 über Regelungen für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und Kosovo, insbesondere für schwer Traumatisierte aus Bosnien-Herzegowina, hilfsweise eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 AufenthG, zu erteilen,
13 
dem Kläger zu 2 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15.06.2001 über Regelungen über erwerbstätige Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und der Bundesrepublik Jugoslawien, hilfsweise eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.5 AufenthG, zu erteilen,
14 
den Klägern zu 3 und 4 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs.5 AufenthG zu erteilen.
15 
Sie halten daran fest, dass die Voraussetzungen der von ihnen in Anspruch genommenen landesrechtlichen Anordnungen gegeben seien. Des Weiteren seien auch - was die Klägerin zu 1 angehe - die Voraussetzungen für die Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG gegeben. Denn bei dieser liege ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs.7 AufenthG vor. Über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG könne auch die untere Ausländerbehörde entscheiden, was sich insbesondere auch aus der Regelung des § 72 Abs.2 AufenthG ergebe.
16 
Das beklagte Land beantragt,
17 
die Klagen abzuweisen.
18 
Es nimmt auf die Begründungen der ergangenen Behördenentscheidungen Bezug.
19 
In der mündlichen Verhandlung hat Frau Dr. med. ..., die die Klägerin zu 1 psychiatrisch behandelt, deren aktuellen Gesundheitszustand und Therapie erläutert. Sie hat eine schriftliche Zusammenfassung ihrer Ausführungen zu den Akten gereicht.
20 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts Rastatt über die Kläger vor (2 Hefte über die Klägerin zu 1, 3 Hefte über den Kläger zu 2 und jeweils 2 Hefte über die Kläger zu 3 und 4). Es hat seine Verfahrensakten zu den von dem Kläger zu 2 und dem Kläger zu 4 angestrengten Asylklageverfahren beigezogen (Az. A 14 K 30337/95, A 4 K 12847/97 und A 2 K 11247/00). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten, der gewechselten Schriftsätze und der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Das Gericht konnte in Abwesenheit des Beklagten über die Klagen verhandeln und entscheiden, da die diesem rechtzeitig zugestellte Ladung einen entsprechenden Hinweis enthielt (§ 102 Abs.2 VwGO).
22 
Die Klagen der Kläger zu 1 und 2 haben zum Teil, die Klagen der Kläger zu 3 und 4 haben vollumfänglich Erfolg.
23 
1. a) Der von der Klägerin zu 1 gestellte Hauptantrag hat keinen Erfolg. Denn die Klägerin zu 1 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 31.01.2001 über Regelungen für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und Kosovo, insbesondere für schwer Traumatisierte aus Bosnien-Herzegowina.
24 
Die noch auf der Grundlage von § 32 AuslG erlassene Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg stellt für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis aus den von der Anordnung verfolgten humanitären Erwägungen unter anderem die Voraussetzung auf, dass sich der Flüchtling wegen einer durch Bürgerkriegserlebnisse hervorgerufenen schweren Traumatisierung bereits mindestens seit dem 01. 01. 2000 auf der Grundlage eines längerfristig angelegten Therapieplanes in fachärztlicher oder psychotherapeutischer Behandlung befindet. Daneben ist als weitere Voraussetzung aufgeführt, dass der Flüchtling bislang schon aufgrund landesrechtlicher Regelungen oder Einzelfallentscheidungen wegen geltend gemachter Traumatisierung zumindest geduldet worden ist. Beide Voraussetzungen treffen auf die Klägerin zu 1 ersichtlich nicht zu. Weder befindet sie sich bereits seit dem 01. 01. 2000 in fachärztlicher oder psychotherapeutischer Behandlung noch ist sie bis zum Tag des Erlasses der Anordnung, dem 31.01.2001, aufgrund landesrechtlicher Regelungen oder Einzelfallentscheidungen wegen geltend gemachter Traumatisierung geduldet worden. Vielmehr begann ihren eigenen Angaben zufolge ihre fachärztliche bzw. psychotherapeutische Behandlung frühestens Anfang des Jahres 2001, und die der Klägerin zu 1 bis dahin erteilten Duldungen erfolgten auch nicht wegen geltend gemachter Traumatisierung. Ob hinsichtlich der Anforderung, dass die Behandlung spätestens am 01.01.2000 begonnen haben muss, nach den Festlegungen der Anordnung vom 31.01.2001 wegen des Vorliegens eines atypischen Falles eine Ausnahme gemacht werden muss, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil die Klägerin zu 1 jedenfalls die erwähnte Voraussetzung einer bislang schon erfolgten Duldung wegen geltend gemachter Traumatisierung offensichtlich nicht erfüllt.
25 
Die mit dem Hauptantrag verfolgte Klage der Klägerin zu 1 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist danach abzuweisen.
26 
b) Der Klägerin zu 1 kommt indes ein Anspruch gegen das beklagte Land auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG zu, so dass die die Klägerin zu 1 betreffende Entscheidung des Landratsamts Rastatt vom 24.02.2006 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.03.2006 aufzuheben sind, soweit sie dem entgegen stehen. Das beklagte Land ist verpflichtet, der Klägerin zu 1 eine entsprechende befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG zu erteilen (§ 113 Abs.1 Satz 1, Abs.5 Satz 1 VwGO).
27 
Obgleich von Behördenseite keine ausdrückliche Entscheidung darüber getroffen worden ist, ob der Klägerin zu 1 ein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs.3 AufenthG zukommt, ist der diesbezüglich klagweise gestellte Hilfsantrag als zulässig anzusehen, da das ursprüngliche Begehren der Klägerin zu 1 nach der von ihr gegebenen Antragsbegründung jedenfalls auch als ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 AufenthG angesehen werden musste und schließlich auch die Voraussetzungen des § 75 VwGO gegeben sind. Von Anfang an beriefen sich die Kläger auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung bei der Klägerin zu 1 und stellten darauf ab, dass diese Erkrankung weder in Bosnien und Herzegowina noch in Serbien und Montenegro zuverlässig behandelt werden könne. Der Sache nach machten sie deshalb gegenüber der Ausländerbehörde das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs.6 AuslG geltend, welches nunmehr durch § 60 Abs.7 AufenthG geregelt ist. Das Landratsamt Rastatt musste nach der Auffassung des Gerichts den zunächst gestellten Antrag der Klägerin zu 1 auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 01.01.2005 - auch - als einen Antrag nach § 25 Abs.3 i.V.m. § 60 Abs.7 AufenthG auffassen. Wie sich aus § 104 Abs.1 AufenthG ergibt, ist über vor dem 01.01.2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis entsprechend der neuen Rechtslage zu entscheiden.
28 
Nach der Auffassung des Gerichts fehlt der Ausländerbehörde des Landratsamts Rastatt in dem Fall der Klägerin zu 1 auch nicht die sachliche Zuständigkeit für eine Entscheidung nach § 25 Abs.3 AufenthG. Sie hat dabei auch über das Vorliegen des geltend gemachten Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs.7 AufenthG zu entscheiden. Zwar bestimmt §31 Abs.3 AsylVfG eine Sonderzuständigkeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für die Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs.2-7 AufenthG vorliegen. Indes gilt dies nur für Ausländer, die im Bundesgebiet einen Asylantrag, d.h. einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art.16a Abs.1 GG und einen Antrag auf Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs.1 AufenthG (vgl. § 13 Abs. 1 u. 2 AsylVfG) gestellt haben bzw. deren Begehren als ein Begehren auf Schutz vor politischer Verfolgung auszulegen und damit an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu leiten ist (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 03.03.2006, NVwZ 2006, 830, wonach gem. §13 Abs.1 AsylVfG derjenige Schutzsuchende, der sich materiell auf Asylgründe beruft, zwingend auf das alle Schutzersuchen und Schutzformen erfassende Asylverfahren zu verweisen ist, welches wegen der besonderen Sachkunde ausschließlich dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zugewiesen ist, und wonach kein Wahlrecht des Ausländers zwischen asylrechtlichem und ausländerrechtlichem Schutz vor Verfolgung im Heimatland besteht). Das Begehren der Klägerin zu 1 kann der Sache nach aber nicht als asylrechtliches Schutzersuchen im Sinne von § 13 Abs.1 AsylVfG gedeutet werden, da es ausschließlich damit begründet ist, dass sie im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland dort wegen schlechter medizinischer Versorgungsverhältnisse eine erhebliche Gesundheitsgefährdung erfahren würde. Die Klägerin zu 1 kann deshalb nicht als Asylsuchende angesehen werden, so dass es bei der Kompetenz der Ausländerbehörde verbleibt, im Rahmen eines Antrags auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis auch über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs.7 AsylVfG zu entscheiden. Dass der Ausländerbehörde eine entsprechende Entscheidungskompetenz zukommt, erschließt sich im Übrigen ohne Weiteres aus der Regelung des § 72 Abs.2 AufenthG. Der Auffassung des OVG Lüneburg, wonach jede Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG wegen im Zielstaat drohender Gefahren eine positive Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge voraussetzt (vgl. den Beschl. v. 14.06.2006 - 9 ME 187/06 -, juris), hält das Gericht für zu weitgehend.
29 
Der - sachlichen - Zuständigkeit der Ausländerbehörde des Landratsamts Rastatt für eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 AufenthG steht schließlich auch nicht die Regelung in § 7 Nr.1 der Verordnung der Landesregierung und des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Aufenthaltsgesetz und dem Asylverfahrensgesetz sowie über die Verteilung unerlaubt eingereister Ausländer (AAZuVO) vom 11.01.2005 entgegen. Diese Regelung sieht zwar vor, dass bei Ausländern, die keinen Asylantrag gestellt haben, die Regierungspräsidien für die Entscheidung zuständig sind, ob Abschiebungsverbote nach § 60 Abs.2-7 AufenthG vorliegen. Aus § 8 AAZuVO, wonach Entscheidungen über die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltstiteln nach § 25 Abs.3-5 AufenthG der vorherigen Zustimmung des Regierungspräsidiums bedürfen, ergibt sich aber auch, dass den Regierungspräsidien jedenfalls keine unmittelbare Zuständigkeit für Entscheidungen nach § 25 Abs.3 AufenthG zukommt, bei welchen lediglich inzident das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs.2-7 AufenthG zu prüfen ist.
30 
Gem. § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs.2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist (§ 25 Abs.3 Satz 2 AufenthG). Die in § 5 Abs.1 und 2 AufenthG vorgesehenen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen müssen in den Fällen des § 25 Abs.3 AufenthG nicht gegeben sein (vgl. § 5 Abs.3 1.HS AufenthG). Hiernach muss von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis ausgestellt werden, sofern im Einzelfall etwa die Voraussetzungen des § 60 Abs.7 AufenthG vorliegen und daneben keine atypische Ausnahmesituation - worauf vorliegend nichts hindeutet - gegeben ist. Durch § 25 Abs. 3 AufenthG soll die aufenthaltsrechtliche Stellung des von §60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG geschützten Ausländers verbessert und die bislang verbreitete Praxis, die Duldung - häufig in Form von sog. Kettenduldungen - als „zweitklassiges Aufenthaltsrecht“ einzusetzen, eingeschränkt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.2005, AuAS 2006, 122).
31 
Gem. § 60 Abs.7 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist ein derartiges Abschiebungsverbot etwa als gegeben anzusehen, wenn nach einer Abschiebung des Ausländers in sein Heimatland dieser dort alsbald nach der Einreise eine erhebliche und ernstliche Verschlechterung seiner Gesundheit zu erwarten hat, welche dort auch nicht behoben werden könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002, NVwZ 2003, Beilage I, 53, Urt. v. 09.09.1997, InfAuslR 1998, 125). Bei der Klägerin zu 1 muss solches auf der Grundlage der für diese im Verfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und Atteste sowie der in die mündliche Verhandlung eingeführten Erkenntnisquellen für ihr Heimatland Bosnien und Herzegowina angenommen werden.
32 
Die Klägerin zu 1 hat in dem vorliegenden Verfahren zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass sie - immer noch - an einer rezidivierenden depressiven Störung, einer komplexen, chronifizierten posttraumatischen Belastungsstörung, einem Zustand nach sexueller Traumatisierung sowie einer anhaltenden Belastungssituation leidet. Diese Erkrankungen sind durch insgesamt fünf sehr ausführlich begründete ärztliche Bescheinigungen der die Klägerin psychiatrisch betreuenden Ärztin Frau Dr. med. ... nachgewiesen. Diese hat zuletzt auch noch in der mündlichen Verhandlung ausführlich das Krankheitsbild der Klägerin zu 1 sowie die Erforderlichkeit ihrer Behandlung dargestellt. Die Ausführungen von Frau Dr. med. ... sind für das Gericht fundiert, schlüssig und nachvollziehbar, so dass sie keinen ernstlichen Zweifeln unterliegen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die insgesamt fünf Stellungnahmen von Frau Dr. med. ... vom 02.04.2001, 01.11.2002, 18.09.2003, 26.01.2004 und 15.10.2005 Bezug genommen. Frau Dr. med. ... hat darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung über den aktuellen Zustand der Klägerin zu 1 berichtet und diesen Bericht auch noch in schriftlicher Zusammenfassung dem Gericht überlassen. Für das Gericht besteht kein Anlass, hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Klägerin zu 1 von Amts wegen weitere Ermittlungen - etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - anzustellen. Denn die Klägerin zu 1 ist bereits im Rahmen des dem Klageverfahren vorangegangenen Verwaltungsverfahren des Öfteren dem Gesundheitsamt des Landratsamts Rastatt vorgestellt worden, welches die Einschätzungen von Frau Dr. med. ... im Wesentlichen geteilt hat und ebenfalls eine gesundheitliche Gefährdung der Klägerin zu 1 für den Fall einer Rückkehr in ihr Heimatland angenommen hat. Da die Stellungnahmen des Gesundheitsamtes mit den Einschätzungen des Behandlungszentrums für Folteropfer in Einklang gestanden haben, stellt es sich nach der Auffassung des Gerichts auch als unschädlich dar, dass die zuletzt von Frau Dr. med. ... abgegebenen Stellungnahmen (aus den Jahren 2004 und 2005) dem Gesundheitsamt nicht mehr vorgelegt worden sind.
33 
Anhand der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen über die medizinische Versorgungslage in Bosnien und Herzegowina sowie anhand des dargestellten Gesundheitszustand der Klägerin zu 1 muss davon ausgegangen werden, dass diese im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland dort alsbald erheblich in ihrer Gesundheit beeinträchtigt werden würde, ohne dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen vor Ort zuverlässig behoben werden könnten. Das Bild der medizinischen Versorgungslage in Bosnien und Herzegowina - insbesondere was spezielle psychische Erkrankungen wie etwa das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung angeht - ist dadurch gekennzeichnet, dass wegen Fehlens der erforderlichen Kapazitäten eine Behandlung dort in erster Linie medikamentös erfolgt. Zwar lassen sich in Bosnien und Herzegowina auch vereinzelt Behandlungspersonen finden, welche die bei der Klägerin zu 1 notwendige Gesprächstherapie durchführen können. Diese sind indes so selten und daher derart ausgelastet, dass nach der Einschätzung des Gerichts die Klägerin zu 1 im Falle einer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina keine Chance hätte, die für sie erforderliche Gesprächstherapie in angemessener Zeit aufzunehmen (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Bosnien-Herzegowina vom 29.08.2005, die Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Sarajevo vom 20.07.2005 an das VG Düsseldorf und die Stellungnahme des UNHCR vom 30.06.2004 an das VG Potsdam mit Bericht über das Gesundheitswesen in Bosnien und Herzegowina vom Juli 2003).
34 
Die Klägerin zu 1 würde daher mangels einer im Heimatland Erfolg versprechenden Behandlung dort alsbald eine erhebliche Verschlechterung ihres bereits jetzt schlechten Gesundheitszustandes erfahren, was indes ihrer Abschiebung nach § 60 Abs.7 Satz 1 AufenthG entgegen steht und ihren Anspruch auf Erteilung einer zunächst befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG begründet. Der Klägerin zu 1 ist in Anwendung von § 25 Abs.3 Satz 2 AufenthG auch nicht die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar. Insoweit käme allenfalls - zusammen mit ihrem Ehemann - ihre Ausreise in den derzeit unter UN-Verwaltung stehenden Kosovo in Betracht. Eine Ausreise dorthin wäre für die Klägerin zu 1 indes nicht zumutbar, da auch dort Behandlungsmöglichkeiten insbesondere für eine posttraumatische Belastungsstörung nur in eng begrenztem Rahmen und nach längeren Wartezeiten zur Verfügung stehen (vgl. insoweit den Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (Kosovo) vom 29.06.2006; s. a. VG Karlsruhe, Urt. v. 31.03.2005 - A 4 K 12062/03 -).
35 
Da schließlich in der Person der Klägerin zu 1 auch nicht die sonstigen in § 25 Abs.3 Satz 2 AufenthG erwähnten Ausschlussgründe gegeben sind, steht dieser ein Anspruch auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 AufenthG i.V.m. § 60 Abs.7 AufenthG zu. Die Befristung kann zunächst für bis zu drei Jahre erteilt werden (vgl. § 26 Abs.1 AufenthG). Die Bestimmung der konkreten Befristung der Aufenthaltserlaubnis bleibt einer Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde vorbehalten.
36 
Der entsprechende gerichtliche Verpflichtungsausspruch kann auch ergehen, obwohl die Ausländerbehörde nicht gem. § 72 Abs. 2 AufenthG das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beteiligt hat und obwohl keine Zustimmung des Regierungspräsidiums nach §8 AAZuVO erteilt worden ist. Die entsprechenden Vorschriften regeln lediglich rein behördeninterne Beteiligungserfordernisse, welche nicht für das gerichtliche Verfahren gelten.
37 
2. a) Was den Kläger zu 2 anbetrifft, steht diesem zunächst entsprechend seinem Hauptantrag kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15.06.2001 über Regelungen über erwerbstätige Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und der Bundesrepublik Jugoslawien zu. Denn der Kläger zu 2 erfüllt bereits mehrere tatbestandliche Voraussetzungen dieser Anordnung nicht. Die Anordnung erfordert etwa, dass der Ausländer im Zeitpunkt der Antragstellung ein mindestens zweijähriges dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis nachgewiesen hat. Kurzfristige Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses sind dabei unschädlich, sofern eine Beschäftigung auf Dauer möglich ist. Im Zeitpunkt der Antragstellung (22.03.2001) befand sich der Kläger zu 2 indes noch nicht zwei Jahre in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis. Bei seinem damaligen Arbeitgeber, der Firma ... in ..., hatte der Kläger zu 2 erst am 02.11.1999 nach vorangegangener mehrjähriger Arbeitslosigkeit angefangen. Die Anordnung des Innenministeriums vom 15.06.2001 sieht des Weiteren vor, dass der (seinerzeitige) Arbeitgeber des Ausländers dringend auf den Arbeitnehmer angewiesen ist, wobei das dringende Bedürfnis für die weitere Beschäftigung nachvollziehbar und plausibel darzutun ist. Auch an dieser Voraussetzung fehlt es in dem Fall des Klägers zu 2 ersichtlich. So beschränkte sich die von der Firma ... unter dem 06.09.2001 erteilte Bescheinigung auf die Mitteilung, dass der Kläger zu 1 seit dem 02.11.1999 in dem Unternehmen beschäftigt ist. Dass er in dem Betrieb auch dringend benötigt wurde, lässt sich der Bescheinigung nicht entnehmen. Vor dem Hintergrund, dass mit der Anordnung des Innenministeriums vom 15.06.2001 aber nur solche Arbeitnehmer begünstigt werden sollten, die dem jeweiligen Betrieb besonders dienlich waren, insbesondere weil ihr Ersatz durch deutsche Arbeitnehmer oder sonstige Unionsbürger nicht gewährleistet erschien, kann die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Kläger zu 2 nach § 23 AufenthG i.V.m. der erwähnten Anordnung des Innenministeriums nicht in Betracht kommen. Die hierauf gerichtete Klage des Klägers zu 2 ist nach allem abzuweisen.
38 
b) Hingegen kommt dem Kläger zu 2 ein Anspruch gegen das beklagte Land auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.5 Satz 1 AufenthG zu. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs.1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Einreise aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn - wie bei dem Kläger zu 2 - die Abschiebung bereits seit 18 Monaten ausgesetzt ist (§ 25 Abs.5 Satz 2 AufenthG). Sie darf nur dann erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist, wobei ein Verschulden insbesondere dann gegeben ist, wenn der Ausländer falsche Angaben gemacht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt (§ 25 Abs.5 Satz 3 und 4 AufenthG).
39 
Dass die Ausreise des Klägers zu 2, d.h. seine Abschiebung oder seine freiwillige Ausreise (vgl. dazu ausführlich VG Karlsruhe, Urt. v. 27.09.2005 - 4 K 1390/03 -), aus tatsächlichen Gründen unmöglich wäre, macht er selbst nicht geltend und solches lässt sich für das Gericht auch nicht erkennen.
40 
Eine Ausreise des Klägers zu 2 muss aber aus rechtlichen Gründen als unmöglich angesehen werden. Der Begriff der rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise in § 25 Abs.5 AufenthG kann nach der Gesetzessystematik nur Gesichtspunkte erfassen, welche nicht bereits von § 25 Abs.1 AufenthG (Anerkennung als Asylberechtigter), § 25 Abs.2 AufenthG (Abschiebungsverbot nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge) oder nach § 25 Abs.3 AufenthG (Abschiebungsverbot nach § 60 Abs.2, 3, 5 oder 7 AufenthG) erfasst werden. Hierzu rechnen insbesondere sonstige auf Verfassungs- bzw. Europarecht gegründete Rechtsstellungen des Ausländers, welche etwa bei der Frage der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme Berücksichtigung zu finden haben. Hierunter fällt insbesondere das bei jeder aufenthaltsbeendenden Maßnahme von der Ausländerbehörde in den Blick zu nehmende Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie nach Art.6 Abs.1 GG. Diese Grundrechtsstellung wäre betroffen, wenn der Kläger zu 2 das Bundesgebiet verlassen müsste, während seine Ehefrau - wie oben dargestellt - weder nach Bosnien und Herzegowina noch nach Serbien und Montenegro zurückkehren kann. Da in dem vorliegenden Fall keine Gesichtspunkte gegeben sind, die eine Trennung der Eheleute rechtfertigen können, ist die Ausreise des Klägers zu 2 aus rechtlichen Gründen i.S.v. § 25 Abs.5 S. 1 AufenthG gehindert. Dass dieser tatsächlich freiwillig das Bundesgebiet verlassen könnte, spielt dabei keine Rolle. Denn ein rechtliches Ausreisehindernis ist auch dann gegeben, wenn dem Ausländer - über die Unmöglichkeit seiner Abschiebung hinaus - die freiwillige Ausreise nicht zuzumuten ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005, VBlBW 2005, 2356), was vorliegend aus den Gründen des Art. 6 Abs. 1 GG gegeben ist.
41 
Da die Abschiebung des Klägers zu 2 auch bereits seit 18 Monaten ausgesetzt ist, besteht für diesen ein zwingender Anspruch auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.5 Satz 2 AufenthG. Ausschlussgründe nach den Sätzen 3 und 4 des § 25 Abs.5 AufenthG bestehen für den Kläger zu 2 nicht, zumal ihn ein Verschulden an der Erkrankung seiner Ehefrau nicht trifft. Auch lässt sich nicht erkennen, dass bei dem Kläger zu 2 bestimmte allgemeine Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG fehlen (vgl. § 5 Abs. 3 2.HS AufenthG). Gem. § 26 Abs.1 AufenthG kann die befristete Aufenthaltserlaubnis für den Kläger zu 2 zunächst für sechs Monate erteilt werden.
42 
3. Den minderjährigen Klägern zu 3 und 4, den Kindern der Kläger zu 1 und 2, kommt - wie dem Kläger zu 2 - ein Anspruch auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 25 Abs.5 Satz 1 und 2 i.V.m. Art.6 Abs.1 GG zu. Auch bei diesen Klägern besteht aus Gründen des Grundrechtes auf Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG ein rechtliches Ausreisehindernis, weshalb das beklagte Land verpflichtet ist, auf deren Anträge hin diesen ebenfalls befristete Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.
43 
Die - einheitlich zu treffende - Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs.1 Satz 1, 159 S.1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Da es sich bei den Klägern um rechtsunkundige Personen handelt, war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Kläger für notwendig zu erklären (§ 162 Abs.2 Satz 2 VwGO).
44 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 124 Abs.2 Nrn.3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124 a Abs.1 Satz 1 VwGO).
45 
BESCHLUSS
46 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2 GKG, 39 Abs.1 GKG auf EUR 20.000,00 festgesetzt.
47 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
21 
Das Gericht konnte in Abwesenheit des Beklagten über die Klagen verhandeln und entscheiden, da die diesem rechtzeitig zugestellte Ladung einen entsprechenden Hinweis enthielt (§ 102 Abs.2 VwGO).
22 
Die Klagen der Kläger zu 1 und 2 haben zum Teil, die Klagen der Kläger zu 3 und 4 haben vollumfänglich Erfolg.
23 
1. a) Der von der Klägerin zu 1 gestellte Hauptantrag hat keinen Erfolg. Denn die Klägerin zu 1 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 31.01.2001 über Regelungen für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und Kosovo, insbesondere für schwer Traumatisierte aus Bosnien-Herzegowina.
24 
Die noch auf der Grundlage von § 32 AuslG erlassene Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg stellt für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis aus den von der Anordnung verfolgten humanitären Erwägungen unter anderem die Voraussetzung auf, dass sich der Flüchtling wegen einer durch Bürgerkriegserlebnisse hervorgerufenen schweren Traumatisierung bereits mindestens seit dem 01. 01. 2000 auf der Grundlage eines längerfristig angelegten Therapieplanes in fachärztlicher oder psychotherapeutischer Behandlung befindet. Daneben ist als weitere Voraussetzung aufgeführt, dass der Flüchtling bislang schon aufgrund landesrechtlicher Regelungen oder Einzelfallentscheidungen wegen geltend gemachter Traumatisierung zumindest geduldet worden ist. Beide Voraussetzungen treffen auf die Klägerin zu 1 ersichtlich nicht zu. Weder befindet sie sich bereits seit dem 01. 01. 2000 in fachärztlicher oder psychotherapeutischer Behandlung noch ist sie bis zum Tag des Erlasses der Anordnung, dem 31.01.2001, aufgrund landesrechtlicher Regelungen oder Einzelfallentscheidungen wegen geltend gemachter Traumatisierung geduldet worden. Vielmehr begann ihren eigenen Angaben zufolge ihre fachärztliche bzw. psychotherapeutische Behandlung frühestens Anfang des Jahres 2001, und die der Klägerin zu 1 bis dahin erteilten Duldungen erfolgten auch nicht wegen geltend gemachter Traumatisierung. Ob hinsichtlich der Anforderung, dass die Behandlung spätestens am 01.01.2000 begonnen haben muss, nach den Festlegungen der Anordnung vom 31.01.2001 wegen des Vorliegens eines atypischen Falles eine Ausnahme gemacht werden muss, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil die Klägerin zu 1 jedenfalls die erwähnte Voraussetzung einer bislang schon erfolgten Duldung wegen geltend gemachter Traumatisierung offensichtlich nicht erfüllt.
25 
Die mit dem Hauptantrag verfolgte Klage der Klägerin zu 1 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist danach abzuweisen.
26 
b) Der Klägerin zu 1 kommt indes ein Anspruch gegen das beklagte Land auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG zu, so dass die die Klägerin zu 1 betreffende Entscheidung des Landratsamts Rastatt vom 24.02.2006 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.03.2006 aufzuheben sind, soweit sie dem entgegen stehen. Das beklagte Land ist verpflichtet, der Klägerin zu 1 eine entsprechende befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG zu erteilen (§ 113 Abs.1 Satz 1, Abs.5 Satz 1 VwGO).
27 
Obgleich von Behördenseite keine ausdrückliche Entscheidung darüber getroffen worden ist, ob der Klägerin zu 1 ein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs.3 AufenthG zukommt, ist der diesbezüglich klagweise gestellte Hilfsantrag als zulässig anzusehen, da das ursprüngliche Begehren der Klägerin zu 1 nach der von ihr gegebenen Antragsbegründung jedenfalls auch als ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 AufenthG angesehen werden musste und schließlich auch die Voraussetzungen des § 75 VwGO gegeben sind. Von Anfang an beriefen sich die Kläger auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung bei der Klägerin zu 1 und stellten darauf ab, dass diese Erkrankung weder in Bosnien und Herzegowina noch in Serbien und Montenegro zuverlässig behandelt werden könne. Der Sache nach machten sie deshalb gegenüber der Ausländerbehörde das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs.6 AuslG geltend, welches nunmehr durch § 60 Abs.7 AufenthG geregelt ist. Das Landratsamt Rastatt musste nach der Auffassung des Gerichts den zunächst gestellten Antrag der Klägerin zu 1 auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 01.01.2005 - auch - als einen Antrag nach § 25 Abs.3 i.V.m. § 60 Abs.7 AufenthG auffassen. Wie sich aus § 104 Abs.1 AufenthG ergibt, ist über vor dem 01.01.2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis entsprechend der neuen Rechtslage zu entscheiden.
28 
Nach der Auffassung des Gerichts fehlt der Ausländerbehörde des Landratsamts Rastatt in dem Fall der Klägerin zu 1 auch nicht die sachliche Zuständigkeit für eine Entscheidung nach § 25 Abs.3 AufenthG. Sie hat dabei auch über das Vorliegen des geltend gemachten Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs.7 AufenthG zu entscheiden. Zwar bestimmt §31 Abs.3 AsylVfG eine Sonderzuständigkeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für die Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs.2-7 AufenthG vorliegen. Indes gilt dies nur für Ausländer, die im Bundesgebiet einen Asylantrag, d.h. einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art.16a Abs.1 GG und einen Antrag auf Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs.1 AufenthG (vgl. § 13 Abs. 1 u. 2 AsylVfG) gestellt haben bzw. deren Begehren als ein Begehren auf Schutz vor politischer Verfolgung auszulegen und damit an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu leiten ist (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 03.03.2006, NVwZ 2006, 830, wonach gem. §13 Abs.1 AsylVfG derjenige Schutzsuchende, der sich materiell auf Asylgründe beruft, zwingend auf das alle Schutzersuchen und Schutzformen erfassende Asylverfahren zu verweisen ist, welches wegen der besonderen Sachkunde ausschließlich dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zugewiesen ist, und wonach kein Wahlrecht des Ausländers zwischen asylrechtlichem und ausländerrechtlichem Schutz vor Verfolgung im Heimatland besteht). Das Begehren der Klägerin zu 1 kann der Sache nach aber nicht als asylrechtliches Schutzersuchen im Sinne von § 13 Abs.1 AsylVfG gedeutet werden, da es ausschließlich damit begründet ist, dass sie im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland dort wegen schlechter medizinischer Versorgungsverhältnisse eine erhebliche Gesundheitsgefährdung erfahren würde. Die Klägerin zu 1 kann deshalb nicht als Asylsuchende angesehen werden, so dass es bei der Kompetenz der Ausländerbehörde verbleibt, im Rahmen eines Antrags auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis auch über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs.7 AsylVfG zu entscheiden. Dass der Ausländerbehörde eine entsprechende Entscheidungskompetenz zukommt, erschließt sich im Übrigen ohne Weiteres aus der Regelung des § 72 Abs.2 AufenthG. Der Auffassung des OVG Lüneburg, wonach jede Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG wegen im Zielstaat drohender Gefahren eine positive Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge voraussetzt (vgl. den Beschl. v. 14.06.2006 - 9 ME 187/06 -, juris), hält das Gericht für zu weitgehend.
29 
Der - sachlichen - Zuständigkeit der Ausländerbehörde des Landratsamts Rastatt für eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 AufenthG steht schließlich auch nicht die Regelung in § 7 Nr.1 der Verordnung der Landesregierung und des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Aufenthaltsgesetz und dem Asylverfahrensgesetz sowie über die Verteilung unerlaubt eingereister Ausländer (AAZuVO) vom 11.01.2005 entgegen. Diese Regelung sieht zwar vor, dass bei Ausländern, die keinen Asylantrag gestellt haben, die Regierungspräsidien für die Entscheidung zuständig sind, ob Abschiebungsverbote nach § 60 Abs.2-7 AufenthG vorliegen. Aus § 8 AAZuVO, wonach Entscheidungen über die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltstiteln nach § 25 Abs.3-5 AufenthG der vorherigen Zustimmung des Regierungspräsidiums bedürfen, ergibt sich aber auch, dass den Regierungspräsidien jedenfalls keine unmittelbare Zuständigkeit für Entscheidungen nach § 25 Abs.3 AufenthG zukommt, bei welchen lediglich inzident das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs.2-7 AufenthG zu prüfen ist.
30 
Gem. § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs.2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist (§ 25 Abs.3 Satz 2 AufenthG). Die in § 5 Abs.1 und 2 AufenthG vorgesehenen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen müssen in den Fällen des § 25 Abs.3 AufenthG nicht gegeben sein (vgl. § 5 Abs.3 1.HS AufenthG). Hiernach muss von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis ausgestellt werden, sofern im Einzelfall etwa die Voraussetzungen des § 60 Abs.7 AufenthG vorliegen und daneben keine atypische Ausnahmesituation - worauf vorliegend nichts hindeutet - gegeben ist. Durch § 25 Abs. 3 AufenthG soll die aufenthaltsrechtliche Stellung des von §60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG geschützten Ausländers verbessert und die bislang verbreitete Praxis, die Duldung - häufig in Form von sog. Kettenduldungen - als „zweitklassiges Aufenthaltsrecht“ einzusetzen, eingeschränkt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.2005, AuAS 2006, 122).
31 
Gem. § 60 Abs.7 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist ein derartiges Abschiebungsverbot etwa als gegeben anzusehen, wenn nach einer Abschiebung des Ausländers in sein Heimatland dieser dort alsbald nach der Einreise eine erhebliche und ernstliche Verschlechterung seiner Gesundheit zu erwarten hat, welche dort auch nicht behoben werden könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002, NVwZ 2003, Beilage I, 53, Urt. v. 09.09.1997, InfAuslR 1998, 125). Bei der Klägerin zu 1 muss solches auf der Grundlage der für diese im Verfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und Atteste sowie der in die mündliche Verhandlung eingeführten Erkenntnisquellen für ihr Heimatland Bosnien und Herzegowina angenommen werden.
32 
Die Klägerin zu 1 hat in dem vorliegenden Verfahren zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass sie - immer noch - an einer rezidivierenden depressiven Störung, einer komplexen, chronifizierten posttraumatischen Belastungsstörung, einem Zustand nach sexueller Traumatisierung sowie einer anhaltenden Belastungssituation leidet. Diese Erkrankungen sind durch insgesamt fünf sehr ausführlich begründete ärztliche Bescheinigungen der die Klägerin psychiatrisch betreuenden Ärztin Frau Dr. med. ... nachgewiesen. Diese hat zuletzt auch noch in der mündlichen Verhandlung ausführlich das Krankheitsbild der Klägerin zu 1 sowie die Erforderlichkeit ihrer Behandlung dargestellt. Die Ausführungen von Frau Dr. med. ... sind für das Gericht fundiert, schlüssig und nachvollziehbar, so dass sie keinen ernstlichen Zweifeln unterliegen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die insgesamt fünf Stellungnahmen von Frau Dr. med. ... vom 02.04.2001, 01.11.2002, 18.09.2003, 26.01.2004 und 15.10.2005 Bezug genommen. Frau Dr. med. ... hat darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung über den aktuellen Zustand der Klägerin zu 1 berichtet und diesen Bericht auch noch in schriftlicher Zusammenfassung dem Gericht überlassen. Für das Gericht besteht kein Anlass, hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Klägerin zu 1 von Amts wegen weitere Ermittlungen - etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - anzustellen. Denn die Klägerin zu 1 ist bereits im Rahmen des dem Klageverfahren vorangegangenen Verwaltungsverfahren des Öfteren dem Gesundheitsamt des Landratsamts Rastatt vorgestellt worden, welches die Einschätzungen von Frau Dr. med. ... im Wesentlichen geteilt hat und ebenfalls eine gesundheitliche Gefährdung der Klägerin zu 1 für den Fall einer Rückkehr in ihr Heimatland angenommen hat. Da die Stellungnahmen des Gesundheitsamtes mit den Einschätzungen des Behandlungszentrums für Folteropfer in Einklang gestanden haben, stellt es sich nach der Auffassung des Gerichts auch als unschädlich dar, dass die zuletzt von Frau Dr. med. ... abgegebenen Stellungnahmen (aus den Jahren 2004 und 2005) dem Gesundheitsamt nicht mehr vorgelegt worden sind.
33 
Anhand der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen über die medizinische Versorgungslage in Bosnien und Herzegowina sowie anhand des dargestellten Gesundheitszustand der Klägerin zu 1 muss davon ausgegangen werden, dass diese im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland dort alsbald erheblich in ihrer Gesundheit beeinträchtigt werden würde, ohne dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen vor Ort zuverlässig behoben werden könnten. Das Bild der medizinischen Versorgungslage in Bosnien und Herzegowina - insbesondere was spezielle psychische Erkrankungen wie etwa das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung angeht - ist dadurch gekennzeichnet, dass wegen Fehlens der erforderlichen Kapazitäten eine Behandlung dort in erster Linie medikamentös erfolgt. Zwar lassen sich in Bosnien und Herzegowina auch vereinzelt Behandlungspersonen finden, welche die bei der Klägerin zu 1 notwendige Gesprächstherapie durchführen können. Diese sind indes so selten und daher derart ausgelastet, dass nach der Einschätzung des Gerichts die Klägerin zu 1 im Falle einer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina keine Chance hätte, die für sie erforderliche Gesprächstherapie in angemessener Zeit aufzunehmen (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Bosnien-Herzegowina vom 29.08.2005, die Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Sarajevo vom 20.07.2005 an das VG Düsseldorf und die Stellungnahme des UNHCR vom 30.06.2004 an das VG Potsdam mit Bericht über das Gesundheitswesen in Bosnien und Herzegowina vom Juli 2003).
34 
Die Klägerin zu 1 würde daher mangels einer im Heimatland Erfolg versprechenden Behandlung dort alsbald eine erhebliche Verschlechterung ihres bereits jetzt schlechten Gesundheitszustandes erfahren, was indes ihrer Abschiebung nach § 60 Abs.7 Satz 1 AufenthG entgegen steht und ihren Anspruch auf Erteilung einer zunächst befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG begründet. Der Klägerin zu 1 ist in Anwendung von § 25 Abs.3 Satz 2 AufenthG auch nicht die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar. Insoweit käme allenfalls - zusammen mit ihrem Ehemann - ihre Ausreise in den derzeit unter UN-Verwaltung stehenden Kosovo in Betracht. Eine Ausreise dorthin wäre für die Klägerin zu 1 indes nicht zumutbar, da auch dort Behandlungsmöglichkeiten insbesondere für eine posttraumatische Belastungsstörung nur in eng begrenztem Rahmen und nach längeren Wartezeiten zur Verfügung stehen (vgl. insoweit den Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (Kosovo) vom 29.06.2006; s. a. VG Karlsruhe, Urt. v. 31.03.2005 - A 4 K 12062/03 -).
35 
Da schließlich in der Person der Klägerin zu 1 auch nicht die sonstigen in § 25 Abs.3 Satz 2 AufenthG erwähnten Ausschlussgründe gegeben sind, steht dieser ein Anspruch auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 AufenthG i.V.m. § 60 Abs.7 AufenthG zu. Die Befristung kann zunächst für bis zu drei Jahre erteilt werden (vgl. § 26 Abs.1 AufenthG). Die Bestimmung der konkreten Befristung der Aufenthaltserlaubnis bleibt einer Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde vorbehalten.
36 
Der entsprechende gerichtliche Verpflichtungsausspruch kann auch ergehen, obwohl die Ausländerbehörde nicht gem. § 72 Abs. 2 AufenthG das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beteiligt hat und obwohl keine Zustimmung des Regierungspräsidiums nach §8 AAZuVO erteilt worden ist. Die entsprechenden Vorschriften regeln lediglich rein behördeninterne Beteiligungserfordernisse, welche nicht für das gerichtliche Verfahren gelten.
37 
2. a) Was den Kläger zu 2 anbetrifft, steht diesem zunächst entsprechend seinem Hauptantrag kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15.06.2001 über Regelungen über erwerbstätige Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und der Bundesrepublik Jugoslawien zu. Denn der Kläger zu 2 erfüllt bereits mehrere tatbestandliche Voraussetzungen dieser Anordnung nicht. Die Anordnung erfordert etwa, dass der Ausländer im Zeitpunkt der Antragstellung ein mindestens zweijähriges dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis nachgewiesen hat. Kurzfristige Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses sind dabei unschädlich, sofern eine Beschäftigung auf Dauer möglich ist. Im Zeitpunkt der Antragstellung (22.03.2001) befand sich der Kläger zu 2 indes noch nicht zwei Jahre in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis. Bei seinem damaligen Arbeitgeber, der Firma ... in ..., hatte der Kläger zu 2 erst am 02.11.1999 nach vorangegangener mehrjähriger Arbeitslosigkeit angefangen. Die Anordnung des Innenministeriums vom 15.06.2001 sieht des Weiteren vor, dass der (seinerzeitige) Arbeitgeber des Ausländers dringend auf den Arbeitnehmer angewiesen ist, wobei das dringende Bedürfnis für die weitere Beschäftigung nachvollziehbar und plausibel darzutun ist. Auch an dieser Voraussetzung fehlt es in dem Fall des Klägers zu 2 ersichtlich. So beschränkte sich die von der Firma ... unter dem 06.09.2001 erteilte Bescheinigung auf die Mitteilung, dass der Kläger zu 1 seit dem 02.11.1999 in dem Unternehmen beschäftigt ist. Dass er in dem Betrieb auch dringend benötigt wurde, lässt sich der Bescheinigung nicht entnehmen. Vor dem Hintergrund, dass mit der Anordnung des Innenministeriums vom 15.06.2001 aber nur solche Arbeitnehmer begünstigt werden sollten, die dem jeweiligen Betrieb besonders dienlich waren, insbesondere weil ihr Ersatz durch deutsche Arbeitnehmer oder sonstige Unionsbürger nicht gewährleistet erschien, kann die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Kläger zu 2 nach § 23 AufenthG i.V.m. der erwähnten Anordnung des Innenministeriums nicht in Betracht kommen. Die hierauf gerichtete Klage des Klägers zu 2 ist nach allem abzuweisen.
38 
b) Hingegen kommt dem Kläger zu 2 ein Anspruch gegen das beklagte Land auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.5 Satz 1 AufenthG zu. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs.1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Einreise aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn - wie bei dem Kläger zu 2 - die Abschiebung bereits seit 18 Monaten ausgesetzt ist (§ 25 Abs.5 Satz 2 AufenthG). Sie darf nur dann erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist, wobei ein Verschulden insbesondere dann gegeben ist, wenn der Ausländer falsche Angaben gemacht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt (§ 25 Abs.5 Satz 3 und 4 AufenthG).
39 
Dass die Ausreise des Klägers zu 2, d.h. seine Abschiebung oder seine freiwillige Ausreise (vgl. dazu ausführlich VG Karlsruhe, Urt. v. 27.09.2005 - 4 K 1390/03 -), aus tatsächlichen Gründen unmöglich wäre, macht er selbst nicht geltend und solches lässt sich für das Gericht auch nicht erkennen.
40 
Eine Ausreise des Klägers zu 2 muss aber aus rechtlichen Gründen als unmöglich angesehen werden. Der Begriff der rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise in § 25 Abs.5 AufenthG kann nach der Gesetzessystematik nur Gesichtspunkte erfassen, welche nicht bereits von § 25 Abs.1 AufenthG (Anerkennung als Asylberechtigter), § 25 Abs.2 AufenthG (Abschiebungsverbot nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge) oder nach § 25 Abs.3 AufenthG (Abschiebungsverbot nach § 60 Abs.2, 3, 5 oder 7 AufenthG) erfasst werden. Hierzu rechnen insbesondere sonstige auf Verfassungs- bzw. Europarecht gegründete Rechtsstellungen des Ausländers, welche etwa bei der Frage der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme Berücksichtigung zu finden haben. Hierunter fällt insbesondere das bei jeder aufenthaltsbeendenden Maßnahme von der Ausländerbehörde in den Blick zu nehmende Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie nach Art.6 Abs.1 GG. Diese Grundrechtsstellung wäre betroffen, wenn der Kläger zu 2 das Bundesgebiet verlassen müsste, während seine Ehefrau - wie oben dargestellt - weder nach Bosnien und Herzegowina noch nach Serbien und Montenegro zurückkehren kann. Da in dem vorliegenden Fall keine Gesichtspunkte gegeben sind, die eine Trennung der Eheleute rechtfertigen können, ist die Ausreise des Klägers zu 2 aus rechtlichen Gründen i.S.v. § 25 Abs.5 S. 1 AufenthG gehindert. Dass dieser tatsächlich freiwillig das Bundesgebiet verlassen könnte, spielt dabei keine Rolle. Denn ein rechtliches Ausreisehindernis ist auch dann gegeben, wenn dem Ausländer - über die Unmöglichkeit seiner Abschiebung hinaus - die freiwillige Ausreise nicht zuzumuten ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005, VBlBW 2005, 2356), was vorliegend aus den Gründen des Art. 6 Abs. 1 GG gegeben ist.
41 
Da die Abschiebung des Klägers zu 2 auch bereits seit 18 Monaten ausgesetzt ist, besteht für diesen ein zwingender Anspruch auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.5 Satz 2 AufenthG. Ausschlussgründe nach den Sätzen 3 und 4 des § 25 Abs.5 AufenthG bestehen für den Kläger zu 2 nicht, zumal ihn ein Verschulden an der Erkrankung seiner Ehefrau nicht trifft. Auch lässt sich nicht erkennen, dass bei dem Kläger zu 2 bestimmte allgemeine Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG fehlen (vgl. § 5 Abs. 3 2.HS AufenthG). Gem. § 26 Abs.1 AufenthG kann die befristete Aufenthaltserlaubnis für den Kläger zu 2 zunächst für sechs Monate erteilt werden.
42 
3. Den minderjährigen Klägern zu 3 und 4, den Kindern der Kläger zu 1 und 2, kommt - wie dem Kläger zu 2 - ein Anspruch auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 25 Abs.5 Satz 1 und 2 i.V.m. Art.6 Abs.1 GG zu. Auch bei diesen Klägern besteht aus Gründen des Grundrechtes auf Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG ein rechtliches Ausreisehindernis, weshalb das beklagte Land verpflichtet ist, auf deren Anträge hin diesen ebenfalls befristete Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.
43 
Die - einheitlich zu treffende - Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs.1 Satz 1, 159 S.1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Da es sich bei den Klägern um rechtsunkundige Personen handelt, war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Kläger für notwendig zu erklären (§ 162 Abs.2 Satz 2 VwGO).
44 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 124 Abs.2 Nrn.3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124 a Abs.1 Satz 1 VwGO).
45 
BESCHLUSS
46 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2 GKG, 39 Abs.1 GKG auf EUR 20.000,00 festgesetzt.
47 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Widerruf der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG.
Die 1955 bzw. 1956 geborenen Kläger zu 1 und zu 2 sind albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo. Sie reisten im November 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten hier ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Diese Anträge lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 21.10.1993 ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG nicht vorliegen, und drohte den Klägern die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien für den Fall der nicht rechtzeitigen Ausreise an. Die hiergegen erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit rechtskräftigem Urteil vom 05.07.1994 - A 8 K 16297/93 - ab.
Am 27.07.1995 stellten die Kläger erneut Asylanträge (Folgeanträge), mit denen sie geltend machten, aufgrund der neuesten Entwicklung im Kosovo sei von einer Gruppenverfolgung der dortigen albanischen Bevölkerungsmehrheit auszugehen. Mit am 27.09.1995 zugestelltem Bescheid vom 08.09.1995 lehnte es das Bundesamt ab, weitere Asylverfahren durchzuführen. Auf die hiergegen am 02.10.1995 erhobenen Klagen wurde die Beklagte mit Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 03.02.1999 - A 4 K 13700/95 - verpflichtet festzustellen, dass für die Kläger hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG vorliegen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Der Antrag des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten auf Zulassung der Berufung gegen die Entscheidung wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg von 01.04.1999 (- A 14 S 655/99 -) abgelehnt.
Mit Bescheid des Bundesamts vom 26.04.1999 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen.
Im Mai 2003 leitete das Bundesamt ein Widerrufsverfahren ein und gab den Klägern unter dem 08.09.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme. Hierauf hin trugen die Kläger vor, dass sie krank seien und die von ihnen benötigte medizinische Versorgung im Kosovo nicht erhalten könnten.
Mit Bescheid vom 29.01.2004 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 26.04.1999 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG vorliegen. Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots mangels der erforderlichen Prognose drohender politischer Verfolgung nicht mehr gegeben seien. Die von den Klägern nun vorgetragenen Krankheiten seien im Kosovo ausreichend behandelbar.
Am 05.02.2004 haben die Kläger Klage erhoben. Sie berufen sich auf eine Gefährdung als Angehörige der ashkalischen Minderheit im Kosovo und tragen weiterhin vor, dass sie die erforderliche medizinische Behandlung und die von ihnen benötigten Medikamente im Kosovo schon aus finanziellen Gründen nicht erlangen könnten.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.01.2004 aufzuheben.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht geäußert.
13 
Die Beteiligten haben sich mit der Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt.
14 
Die Kläger wurden in der mündlichen Verhandlung angehört; bezüglich ihrer Angaben wird auf die Niederschrift verwiesen.
15 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Bundesamtes vor. Diese Akten wurden ebenso wie die Erkenntnismittel, die in der den Beteiligten mit der Ladung bzw. allgemein übersandten Liste aufgeführt sind, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe

 
16 
Es konnte zur Sache entschieden werden, obwohl die Beklagte und der Bundesbeauftragte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen waren. Die Beklagte und der Bundesbeauftragte haben auf die Formalitäten der Ladung verzichtet, sodass von einem Einverständnis mit der Entscheidung ohne ihr Erscheinen ausgegangen werden kann (s. § 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der Widerruf der Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
18 
Maßgebend ist insoweit jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG), so dass das AsylVfG in der Fassung des Art. 3 des Zuwanderungsgesetzes vorn 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ebenso zur Anwendung gelangt wie das Aufenthaltsgesetz vom 30.07.2004 (Art. 1 des Zuwanderungsgesetzes), die beide gem. Art. 15 des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 in Kraft getreten sind.
19 
Rechtsgrundlage ist § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. Aufgrund dieser Vorschrift können auch Feststellungen widerrufen werden, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ZuwandG außer Kraft getreten ist (ebenso: VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005 - A 2 K 12256/03 -). Die vor dem 01.01.2005 getroffenen Feststellungen bleiben als Verwaltungsakt wirksam. Sie haben sich durch die Rechtsänderung nicht erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts entfällt nur bei solchen Änderungen der Rechtslage, die zur Gegenstandslosigkeit der getroffenen Regelung führen. Hierbei kommt es darauf an, ob der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck Geltung auch für den Fall der veränderten Rechtslage beansprucht (vgl. Kopp, VwVfG, 8. Aufl., § 43 Rn. 42).
20 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die getroffene Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gem. § 53 AuslG nicht unwirksam geworden. Der Inhalt der festgestellten Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG ist nach der Rechtsänderung zum 01.01.2005 nunmehr in § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG geregelt. Lediglich die Paragraphen, in denen die festzustellenden Voraussetzungen bzw. Abschiebungshindernisse geregelt sind, haben sich durch das Zuwanderungsgesetz geändert. Daher gelten diese Feststellungen zumindest für den Fall ihres Widerrufs als Feststellungen nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG fort mit der Folge, dass diese Feststellungen gestützt auf § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. widerrufen werden können.
21 
Nach § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. ist die Entscheidung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen, zurückzunehmen, wenn sie fehlerhaft ist, und zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dies ist hier der Fall, weil den Klägern im Falle ihrer Rückkehr keine Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG - mehr - drohen.
22 
1. Eine konkret-individuelle Gefährdung aufgrund ihrer albanischen Volkszugehörigkeit besteht im Fall der Rückkehr der Kläger nicht mehr. Denn sowohl eine etwaige individuelle Verfolgung der Kläger als auch eine kollektive Verfolgung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo müssen zwischenzeitlich als beendet angesehen werden, und ein Wiederaufleben der Verfolgung ist nicht nur nach dem Maßstab einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Das Gericht geht davon aus, dass Verfolgungsmaßnahmen zum Nachteil der Kläger auch hinreichend sicher derzeit und auch auf absehbare Zeit ausgeschlossen werden können, weil nicht nur im Kosovo, sondern auch in Serbien und Montenegro insgesamt nach dem Ende des Kosovo-Kriegs im ersten Halbjahr des Jahres 1999 eine nachhaltige Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse festzustellen ist. Die aktuellen Umwälzungen in der früheren Bundesrepublik Jugoslawien hat bereits der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, auf das Bezug genommen wird, hinreichend ausführlich beschrieben. Dieser Prozess gipfelte in der Auslieferung des ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien und der Teilrepublik Serbien Slobodan Milosevic an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (vgl. dpa-Meldung v. 29.06.2001: Milosevic in Gewahrsam des UN-Kriegsverbrechertribunals; Spiegel-Online v. 28.06.2001: Jugoslawien liefert Milosevic an Den Haag aus). Durch die zwischenzeitlich eingeleitete Öffnung und Demokratisierung des gesamten Staatswesens Serbien und Montenegros ist hinreichend gewährleistet, dass die Rechte der ethnischen Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell im Kosovo unterbleiben. Dieser unterliegt seit Mitte 1999 einer Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (UNMIK), zur Aufrechterhaltung der Sicherheit im Kosovo sind dort mehrere Zehntausend KFOR-Soldaten stationiert (vgl. etwa den ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) des Auswärtigen Amts vom 04.09.2001). Auf die einschlägigen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in dessen angesprochener Entscheidung und die hierbei herangezogenen Erkenntnisquellen nimmt das Gericht Bezug (vgl. daneben auch den Beschluss des VGH Bad.-Württ. v. 16.03.2004, AuAS 2004, 142; s. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.07.2004 - 13 A 546/04.A -). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist es des Weiteren auf die zutreffende Darstellung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.01.2004, der es sich anschließt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
23 
2. Eine individuell drohende, erhebliche, konkrete Gefahr im Falle der Rückkehr ergibt sich für die Kläger auch nicht aus den von ihnen vorgetragenen Krankheiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auch die Gefahr, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind, ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG darstellen. Dies setzt voraus, dass die mangelnde Behandlungsmöglichkeit zu einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 - 9 C 48.96 -, InfAuslR 1998, 125; Urt. v. 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, BVerwGE 105, 383 [384ff., 387]; Urt. v. 18.3.1998 - 9 C 36.97 -; Urt. v. 27.04.1998 - 9 C 13.97 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 12).
24 
Zwar geht das Gericht davon aus, dass jedenfalls hinsichtlich des Klägers zu 1 in der Folge fehlender Behandlung mit einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung gerechnet werden müsste. Dies kann jedoch nicht zum Erfolg der Klage führen, da der Kläger zu 1 nach Ansicht des Gerichts im Kosovo eine ausreichende medizinische Versorgung erhalten kann.
25 
Der Kläger zu 1 leidet unter einer polyzystischen Nierendegeneration mit einer chronischen Niereninsuffizienz. In einem Bericht seines Hausarztes vom 21.04.2006 wird hierzu mitgeteilt, dass diese Erkrankung eine andauernde Behandlung mit Medikamenten dringend erforderlich mache. Ein Absetzen der Medikamente würde mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb weniger Jahre zu einer erheblichen Verschlechterung, möglicherweise mit tödlichem Ausgang führen. Im Zusammenhang mit der Erkrankung stünde eine behandlungsdürftige sehr starke Blutdruckerhöhung, eine ebenfalls durch die Nierenkrankheit bedingte Anämie und Acidose. Es sei eine andauernde Therapie mit den Medikamenten Biopress, Metoprolol, Torasemid, Moxonidin, Nifehexal und Nephrotrans erforderlich.
26 
Auf der Grundlage dieser Angaben geht das Gericht, auch wenn ein fachärztliches Gutachten nicht vorgelegt worden ist, davon aus, dass der Kläger zu 1 unter einer erblichen Nierenkrankheit leidet und auf die regelmäßige Einnahme blutdrucksenkender Medikamente angewiesen ist, um eine wesentliche Verschlechterung seiner Erkrankung dahingehend, dass er eine Dialysebehandlung benötigt, möglichst zu vermeiden oder zumindest zu verzögern. Insofern ist allerdings mit dem Bundesamt davon auszugehen, dass die bei Niereninsuffizienz typischen Erscheinungen wie arterielle Hypertonie und Anämie in der hämatologischen Abteilung der Universitätsklinik Pristina behandelt werden können. Dort stehen auch neue Dialysegeräte zur Verfügung (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 17.10.2005).
27 
Bei der derzeit im Vordergrund stehenden Behandlung der Hypertonie kommt es nicht darauf an, ob diese im Kosovo mit den gleichen Medikamenten bzw. Wirkstoffen erfolgen würde. Entscheidend ist allein, ob damit eine ausreichend medikamentöse Behandlung verfügbar ist. Nach der ärztlichen Stellungnahme und dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenplan muss der Kläger zu 1 blutdrucksenkende Diuretika, Beta-Rezeptoren-Blocker, Antihypertensiva und Kalzium-Antagonisten kombiniert einnehmen. Insoweit ist festzustellen, dass sowohl die in der Essential Drugs List aufgeführten Diuretika Hydrochlorothiazid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 04.06.2004: 25 mg x 10 Tabletten ca. 1,20 EUR) - das als ein Wirkstoff in Biopress enthalten ist - und Furosemid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 07.06.2005: Furosemid 500 40mg x 10 Tabletten für 1,00 EUR) anstelle von Torasemid (Botschaftsbericht vom 07.11.2003), als auch der Beta-Rezeptoren-Blocker Metoprolol (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro v. 07.06.2005: 100 mg x 30 Tabletten für 2,20 EUR) und der Kalzium-Antagonist Nifedipin (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 14.05.2005: 10 mg x 10 Tabletten für ca. 3,70 EUR) - der Wirkstoff von Nifehexal - im Kosovo verfügbar sind. Als Antihypertensivum steht Clonidin zur Verfügung. Insbesondere ist das Medikament Catapresan (Clonidin) erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005: 30 Tabletten für 4 EUR). Der zweite Wirkstoff von Biopress Candesartan ist nicht zugelassen und das Medikament in den Apotheken im Kosovo nicht erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005).
28 
Natriumhydrogencarbonat, der Wirkstoff des gegen die Acidose verordneten Medikaments Nephrotrans ist zwar nach Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 21.06.2005 auf die Anfrage des Bundesamts vom 14.01.2005 im Kosovo nicht verfügbar, kann aber auf Patientenkosten aus dem Ausland bestellt werden.
29 
Das von der Klägerin zu 2 eingenommene Trimineurin enthält den Wirkstoff Trimipramin. Trimipramin ist im Kosovo in privaten Apotheken erhältlich. Der Patient trägt die Kosten. Als Ersatzmedikament stehen weiterhin Haldol (1 Hdlspck . ca. 7,00 EUR), Zoloft (1 Hdlspck . ca. 28,00 EUR), Doxepin (20 Tbl., 25 mg, ca. 2,50 EUR) und Diazepam (1 Hdlspck . ca. 2,00 EUR) zur Verfügung. Die Kosten für diese Medikamente trägt ebenfalls der Patient (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro Kosovo vom: 28. Mai 2004).
30 
Das Gericht geht auf der Grundlage der genannten Auskünfte davon aus, dass, wenn auch keine absolut identische Arzneimittelkombination zur Verfügung steht, auch der Kläger zu 1 mit den zur Verfügung stehenden Medikamenten ausreichend behandelt werden kann, wenn er die Kosten für die erforderlichen Medikamente aufbringt.
31 
Auf der Grundlage der vorliegenden Preisangaben ist im günstigsten Fall, in dem den Klägern alle die von ihnen benötigten Medikamente zu den in den Auskünften genannten Preisen überlassen werden, von Kosten in Höhe von ca. 60 EUR im Monat auszugehen. Einer näheren Aufklärung, ob schon durch die Einnahme nur eines - kostengünstigen - Teils der oben genannten Medikamente eine erhebliche Gefährdung i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG beachtlich wahrscheinlich vermieden werden kann, bedarf es nicht. Ebenso bedarf es keiner Aufklärung, ob beim Kläger zu 1 kurzfristig mit der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung zu rechnen ist. Denn das Gericht unterstellt zunächst, dass der Kläger zu 1 auf alle genannten Medikamente, auch auf die im Kosovo nicht verfügbaren Wirkstoffe, die aus dem Ausland bezogen werden müssen, dringend angewiesen ist. Hiervon ausgehend können ohne Weiteres Kosten in Höhe von bis zu 150,-- EUR monatlich entstehen. Weiterhin wird berücksichtigt, dass im Falle der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung, die selbst kostenfrei ist, sogar von monatlichen, vom Patienten zu tragenden Kosten für Begleitmedikamente in Höhe von mindestens 200 EUR bis 250 EUR auszugehen ist (AA, Lagebericht vom 22.11.2005, S. 21: Da viele Dialysepatienten die Mittel hierfür nicht selbst aufbringen können, liegt die Todesquote trotz des guten Ausbildungsstands der Ärzte und Schwester und trotz der qualitativ hochwertigen Geräte bei rund 15%). Auch ausgehend von Kosten in Höhe von 200 EUR bis 300 EUR im Monat ist aber im vorliegenden Fall ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis wegen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung im Falle einer Rückkehr aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit grundsätzlich erhältlicher Medikamente nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben.
32 
Hinsichtlich der individuellen Zugänglichkeit notwendiger verfügbarer Medikamente hat das Bundesverwaltungsgericht zwar entschieden, dass ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis sich trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben kann, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben bestehe auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung stehe, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66 unter Hinweis auf Beschluss v. 29.04.2002 - 1 B 59.02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60). Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 29.04.2002 a.a.O.) allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob es sich bei einer solchen zielstaatsbezogenen Gefahr für Leib und Leben um eine konkret-individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG oder um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG (so die Entscheidungen des BayVGH, B. v. 10.10.2000 - 25 B 99.32077 - und des OVG Saarlouis, Urt. v. 23.08.1999 - 3 R 28/99 -, die in BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 a.a.O. zitiert werden) handelt.
33 
Ein Abschiebungshindernis in diesem Sinne ist hier aber nicht gegeben, weil der tatsächliche Zugang zu den benötigten Medikamente in Fällen wie dem vorliegenden nicht aufgrund der Mittellosigkeit der Kläger faktisch ausgeschlossen oder erheblich eingeschränkt ist. Der Kläger zu 1 ist nicht arbeitsfähig ist; die Klägerin zu 2 dürfte aufgrund ihrer eigenen Erkrankung und der Notwendigkeit, den Kläger zu 1 zu betreuen, keine Aussicht auf eine nennenswerte Erwerbstätigkeit haben. Eine ausreichende Finanzierbarkeit hinsichtlich der genannten Kosten ist dennoch gegeben, weil grundsätzlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sich, unabhängig von einer nach serbisch-montenegrinischem Recht zu beurteilenden Unterhaltspflicht und deren Durchsetzbarkeit, die in erster Linie zur gegenseitigen Hilfeleistung jedenfalls sittlich verpflichteten Familienangehörigen in ausreichender Weise Unterstützung gewähren. Dabei kommt es ebenso wenig auf die konkrete Vermögens- und Einkommenssituation bleibeberechtigter Angehöriger wie auf die konkreten Verdienstchancen ebenfalls ausreisepflichtiger Angehöriger an.
34 
Hiervon ausgehend nimmt das Gericht zunächst an, dass eine ausreichende Unterstützung kranker Familienangehöriger durch bleibeberechtigte Eltern oder bleibeberechtigte erwachsene Kinder, die den zurückgekehrten Angehörigen aus dem Bundesgebiet Geld und Medikamente schicken werden, gewährleistet ist. Selbst wenn bleibeberechtigte Familienangehörigen im Bundesgebiet Sozialleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts beziehen, hält das Gericht es für beachtlich wahrscheinlich, dass diese unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse ihre unmittelbaren Angehörigen nach deren Rückkehr in ihre Heimat noch in einem, nach hiesigen Maßstäben geringen Umfang finanziell unterstützen werden, der für die Deckung der notwendigsten Kosten für die medizinische Versorgung im Kosovo jedenfalls in der Regel noch ausreichend sein wird.
35 
Entsprechendes gilt auch für ebenfalls ausreisepflichtige Angehörige. Die Arbeitslosenquote im Kosovo liegt zwar bei 57 %; 30 % der Bevölkerung arbeiten aber auf dem informellen Arbeitsmarkt (UNHCR vom 24.10.2003 an VG Saarlouis). Insgesamt kann daher nach Ansicht des Gerichts auch nicht von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG wegen mangelnder Finanzierbarkeit von Medikamenten für kranke Familienmitglieder im Kosovo ausgegangen werden, wenn sie von arbeitsfähigen, erwachsenen Familienangehörigen begleitet werden.
36 
Nach diesen Grundsätzen ist auch im vorliegenden Fall, in dem die drei älteren Kinder der Kläger Aufenthaltserlaubnisse innehaben, und die Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich der lediglich geduldeten beiden jüngeren Kinder ebenfalls widerrufen worden ist, eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben im Fall der Rückkehr der Kläger in ihr Heimatland nicht gegeben. Zwar ist hier von erheblichen Kosten für Medikamente in Höhe von monatlich 200 EUR bis 300 EUR auszugehen. Dieser Betrag wird jedoch nach den oben genannten Grundsätzen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von den fünf erwachsenen Kindern der Kläger entsprechend ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit aufgebracht werden.
37 
Liegt damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nicht vor, kann offen bleiben, ob es sich bei der fehlenden Zugänglichkeit von Medikamenten aus finanziellen Gründen, die grundsätzlich eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG darstellen kann, um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG handelt, die für alle mittellosen, auf medizinische Behandlung angewiesenen Menschen in Ländern, wie dem Kosovo, ohne ausreichende staatliche Gesundheitsfürsorge gleichermaßen gegeben ist, oder um eine konkret-individuelle Gefährdung (§ 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG) der mittellosen, kranken Kläger im Falle ihrer Rückkehr in den Kosovo.
38 
3. Auch soweit sich die Kläger auf eine Gefährdung im Falle ihrer Rückkehr wegen ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen, kann ihnen nicht wegen der damit geltend gemachten allgemeinen Gefahr Abschiebungsschutz unmittelbar nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG gewährt werden, da insoweit die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG entgegensteht. Danach können die Auswirkungen solcher allgemeinen Gefahren auf den einzelnen Ausländer nur aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Eine extreme Gefahrenlage, die die Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2001, BVerwGE 114, 379 zu § 53 Abs. 6 AuslG) zuließe, kann im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht angenommen werden. Eine verfassungswidrige Schutzlücke liegt hier deshalb nicht vor, weil die Kläger auch als Angehörige einer Minderheit von einer extremen allgemeinen Gefahrenlage bei einer Rückkehr in den Kosovo nicht bedroht ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die internationalen Truppen während der Ereignisse im März 2004 den Schutz von Minderheiten, ihres Eigentums und der öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleisten konnten (vgl. dazu UNHCR-Positionen vom 30.03. und 13.08.2004; Auswärtiges Amt v. 02.04.2004 an das Bundesamt: Kosovo, Bericht zu den Ereignissen im Kosovo zwischen dem 16. u. 19.03.2004; Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 24.05.2004: Kosovo, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004), ergibt sich daraus nicht, dass Angehörige von Minderheiten derzeit bei einer Rückkehr in den Kosovo in die erhebliche Gefahr geraten, Opfer von von den staatlichen bzw. internationalen Organisationen nicht effektiv beherrschbaren Übergriffen zu werden. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 haben die internationalen Kräfte die Lage im Kosovo wieder unter Kontrolle. So wurden mehr als 200 Personen nach den Unruhen vorläufig festgenommen, darunter auch führende Mitglieder des Veteranenverbandes der UCK. Die UNMIK-Police hat im Zusammenhang mit der Aufklärung des Tatgeschehens 100 Ermittler angefordert, von denen zwischenzeitlich 60 ihren Dienst aufgenommen haben, darunter auch zehn Beamte aus Deutschland. Über neue Vorfälle ist demgemäß auch nichts bekannt geworden. Angesichts dessen kann trotz der Heftigkeit, der Zahl der handelnden nichtstaatlichen Akteure und des Hintergrunds der Übergriffe vom März 2004 nicht von einem Wiederaufflammen der Unruhen in naher Zukunft und damit in dem für die Verfolgungsprognose maßgeblichen Zeitraum ausgegangen werden. Die bloß theoretische Möglichkeit einer Verfolgung von Minderheiten genügt insoweit nicht. Auch ein denkbarer Erfahrungssatz, dass sich Pogrome typischerweise wiederholen, rechtfertigt allenfalls die Feststellung, die Wiederholung eines solchen Pogroms könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden; für die Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung bedarf es demgegenüber zusätzlicher konkreter Anhaltspunkte (BVerfG, B. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE 80, 315). Solche sind hier weder vorgetragen noch aus den der Kammer vorliegenden Erkenntnismitteln ersichtlich. Vielmehr sind inzwischen von den verantwortlichen Stellen Vorkehrungen zur Verhinderung einer Wiederholung derartiger Ausschreitungen getroffen worden.
39 
Dieser Einschätzung stehen die Entscheidungen Verwaltungsgerichts Stuttgart und des VGH Baden-Württemberg (vgl. dazu VG Stuttgart, B. v. 31.01.2005 – A 10 K 13481/04 – und VGH Bad.-Württ., B. v. 15.11.2004 – 7 S 1128/02 -, Asylmagazin 4/2005, S. 26), die sich ausschließlich auf die sich unmittelbar an die Vorgänge vom März 2004 anschließende Situation beziehen, nicht entgegen. Ob die Lage unmittelbar nach den März-Unruhen, also im April oder Mai 2004, anders zu beurteilen gewesen wäre, ist jedoch vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich.
40 
Schließlich deutet auch nichts darauf hin, dass die internationalen Organisationen (UNMIK, KFOR) in absehbarer Zukunft vorhätten, ihr Engagement im Kosovo unter „Zurücklassung“ der Minderheiten und eines entsprechenden Machtvakuums beziehungsweise sogar unter Wiedereinsetzung der serbischen Institutionen zu beenden.
41 
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Gründe

 
16 
Es konnte zur Sache entschieden werden, obwohl die Beklagte und der Bundesbeauftragte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen waren. Die Beklagte und der Bundesbeauftragte haben auf die Formalitäten der Ladung verzichtet, sodass von einem Einverständnis mit der Entscheidung ohne ihr Erscheinen ausgegangen werden kann (s. § 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der Widerruf der Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
18 
Maßgebend ist insoweit jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG), so dass das AsylVfG in der Fassung des Art. 3 des Zuwanderungsgesetzes vorn 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ebenso zur Anwendung gelangt wie das Aufenthaltsgesetz vom 30.07.2004 (Art. 1 des Zuwanderungsgesetzes), die beide gem. Art. 15 des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 in Kraft getreten sind.
19 
Rechtsgrundlage ist § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. Aufgrund dieser Vorschrift können auch Feststellungen widerrufen werden, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ZuwandG außer Kraft getreten ist (ebenso: VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005 - A 2 K 12256/03 -). Die vor dem 01.01.2005 getroffenen Feststellungen bleiben als Verwaltungsakt wirksam. Sie haben sich durch die Rechtsänderung nicht erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts entfällt nur bei solchen Änderungen der Rechtslage, die zur Gegenstandslosigkeit der getroffenen Regelung führen. Hierbei kommt es darauf an, ob der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck Geltung auch für den Fall der veränderten Rechtslage beansprucht (vgl. Kopp, VwVfG, 8. Aufl., § 43 Rn. 42).
20 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die getroffene Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gem. § 53 AuslG nicht unwirksam geworden. Der Inhalt der festgestellten Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG ist nach der Rechtsänderung zum 01.01.2005 nunmehr in § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG geregelt. Lediglich die Paragraphen, in denen die festzustellenden Voraussetzungen bzw. Abschiebungshindernisse geregelt sind, haben sich durch das Zuwanderungsgesetz geändert. Daher gelten diese Feststellungen zumindest für den Fall ihres Widerrufs als Feststellungen nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG fort mit der Folge, dass diese Feststellungen gestützt auf § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. widerrufen werden können.
21 
Nach § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. ist die Entscheidung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen, zurückzunehmen, wenn sie fehlerhaft ist, und zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dies ist hier der Fall, weil den Klägern im Falle ihrer Rückkehr keine Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG - mehr - drohen.
22 
1. Eine konkret-individuelle Gefährdung aufgrund ihrer albanischen Volkszugehörigkeit besteht im Fall der Rückkehr der Kläger nicht mehr. Denn sowohl eine etwaige individuelle Verfolgung der Kläger als auch eine kollektive Verfolgung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo müssen zwischenzeitlich als beendet angesehen werden, und ein Wiederaufleben der Verfolgung ist nicht nur nach dem Maßstab einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Das Gericht geht davon aus, dass Verfolgungsmaßnahmen zum Nachteil der Kläger auch hinreichend sicher derzeit und auch auf absehbare Zeit ausgeschlossen werden können, weil nicht nur im Kosovo, sondern auch in Serbien und Montenegro insgesamt nach dem Ende des Kosovo-Kriegs im ersten Halbjahr des Jahres 1999 eine nachhaltige Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse festzustellen ist. Die aktuellen Umwälzungen in der früheren Bundesrepublik Jugoslawien hat bereits der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, auf das Bezug genommen wird, hinreichend ausführlich beschrieben. Dieser Prozess gipfelte in der Auslieferung des ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien und der Teilrepublik Serbien Slobodan Milosevic an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (vgl. dpa-Meldung v. 29.06.2001: Milosevic in Gewahrsam des UN-Kriegsverbrechertribunals; Spiegel-Online v. 28.06.2001: Jugoslawien liefert Milosevic an Den Haag aus). Durch die zwischenzeitlich eingeleitete Öffnung und Demokratisierung des gesamten Staatswesens Serbien und Montenegros ist hinreichend gewährleistet, dass die Rechte der ethnischen Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell im Kosovo unterbleiben. Dieser unterliegt seit Mitte 1999 einer Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (UNMIK), zur Aufrechterhaltung der Sicherheit im Kosovo sind dort mehrere Zehntausend KFOR-Soldaten stationiert (vgl. etwa den ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) des Auswärtigen Amts vom 04.09.2001). Auf die einschlägigen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in dessen angesprochener Entscheidung und die hierbei herangezogenen Erkenntnisquellen nimmt das Gericht Bezug (vgl. daneben auch den Beschluss des VGH Bad.-Württ. v. 16.03.2004, AuAS 2004, 142; s. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.07.2004 - 13 A 546/04.A -). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist es des Weiteren auf die zutreffende Darstellung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.01.2004, der es sich anschließt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
23 
2. Eine individuell drohende, erhebliche, konkrete Gefahr im Falle der Rückkehr ergibt sich für die Kläger auch nicht aus den von ihnen vorgetragenen Krankheiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auch die Gefahr, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind, ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG darstellen. Dies setzt voraus, dass die mangelnde Behandlungsmöglichkeit zu einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 - 9 C 48.96 -, InfAuslR 1998, 125; Urt. v. 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, BVerwGE 105, 383 [384ff., 387]; Urt. v. 18.3.1998 - 9 C 36.97 -; Urt. v. 27.04.1998 - 9 C 13.97 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 12).
24 
Zwar geht das Gericht davon aus, dass jedenfalls hinsichtlich des Klägers zu 1 in der Folge fehlender Behandlung mit einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung gerechnet werden müsste. Dies kann jedoch nicht zum Erfolg der Klage führen, da der Kläger zu 1 nach Ansicht des Gerichts im Kosovo eine ausreichende medizinische Versorgung erhalten kann.
25 
Der Kläger zu 1 leidet unter einer polyzystischen Nierendegeneration mit einer chronischen Niereninsuffizienz. In einem Bericht seines Hausarztes vom 21.04.2006 wird hierzu mitgeteilt, dass diese Erkrankung eine andauernde Behandlung mit Medikamenten dringend erforderlich mache. Ein Absetzen der Medikamente würde mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb weniger Jahre zu einer erheblichen Verschlechterung, möglicherweise mit tödlichem Ausgang führen. Im Zusammenhang mit der Erkrankung stünde eine behandlungsdürftige sehr starke Blutdruckerhöhung, eine ebenfalls durch die Nierenkrankheit bedingte Anämie und Acidose. Es sei eine andauernde Therapie mit den Medikamenten Biopress, Metoprolol, Torasemid, Moxonidin, Nifehexal und Nephrotrans erforderlich.
26 
Auf der Grundlage dieser Angaben geht das Gericht, auch wenn ein fachärztliches Gutachten nicht vorgelegt worden ist, davon aus, dass der Kläger zu 1 unter einer erblichen Nierenkrankheit leidet und auf die regelmäßige Einnahme blutdrucksenkender Medikamente angewiesen ist, um eine wesentliche Verschlechterung seiner Erkrankung dahingehend, dass er eine Dialysebehandlung benötigt, möglichst zu vermeiden oder zumindest zu verzögern. Insofern ist allerdings mit dem Bundesamt davon auszugehen, dass die bei Niereninsuffizienz typischen Erscheinungen wie arterielle Hypertonie und Anämie in der hämatologischen Abteilung der Universitätsklinik Pristina behandelt werden können. Dort stehen auch neue Dialysegeräte zur Verfügung (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 17.10.2005).
27 
Bei der derzeit im Vordergrund stehenden Behandlung der Hypertonie kommt es nicht darauf an, ob diese im Kosovo mit den gleichen Medikamenten bzw. Wirkstoffen erfolgen würde. Entscheidend ist allein, ob damit eine ausreichend medikamentöse Behandlung verfügbar ist. Nach der ärztlichen Stellungnahme und dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenplan muss der Kläger zu 1 blutdrucksenkende Diuretika, Beta-Rezeptoren-Blocker, Antihypertensiva und Kalzium-Antagonisten kombiniert einnehmen. Insoweit ist festzustellen, dass sowohl die in der Essential Drugs List aufgeführten Diuretika Hydrochlorothiazid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 04.06.2004: 25 mg x 10 Tabletten ca. 1,20 EUR) - das als ein Wirkstoff in Biopress enthalten ist - und Furosemid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 07.06.2005: Furosemid 500 40mg x 10 Tabletten für 1,00 EUR) anstelle von Torasemid (Botschaftsbericht vom 07.11.2003), als auch der Beta-Rezeptoren-Blocker Metoprolol (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro v. 07.06.2005: 100 mg x 30 Tabletten für 2,20 EUR) und der Kalzium-Antagonist Nifedipin (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 14.05.2005: 10 mg x 10 Tabletten für ca. 3,70 EUR) - der Wirkstoff von Nifehexal - im Kosovo verfügbar sind. Als Antihypertensivum steht Clonidin zur Verfügung. Insbesondere ist das Medikament Catapresan (Clonidin) erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005: 30 Tabletten für 4 EUR). Der zweite Wirkstoff von Biopress Candesartan ist nicht zugelassen und das Medikament in den Apotheken im Kosovo nicht erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005).
28 
Natriumhydrogencarbonat, der Wirkstoff des gegen die Acidose verordneten Medikaments Nephrotrans ist zwar nach Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 21.06.2005 auf die Anfrage des Bundesamts vom 14.01.2005 im Kosovo nicht verfügbar, kann aber auf Patientenkosten aus dem Ausland bestellt werden.
29 
Das von der Klägerin zu 2 eingenommene Trimineurin enthält den Wirkstoff Trimipramin. Trimipramin ist im Kosovo in privaten Apotheken erhältlich. Der Patient trägt die Kosten. Als Ersatzmedikament stehen weiterhin Haldol (1 Hdlspck . ca. 7,00 EUR), Zoloft (1 Hdlspck . ca. 28,00 EUR), Doxepin (20 Tbl., 25 mg, ca. 2,50 EUR) und Diazepam (1 Hdlspck . ca. 2,00 EUR) zur Verfügung. Die Kosten für diese Medikamente trägt ebenfalls der Patient (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro Kosovo vom: 28. Mai 2004).
30 
Das Gericht geht auf der Grundlage der genannten Auskünfte davon aus, dass, wenn auch keine absolut identische Arzneimittelkombination zur Verfügung steht, auch der Kläger zu 1 mit den zur Verfügung stehenden Medikamenten ausreichend behandelt werden kann, wenn er die Kosten für die erforderlichen Medikamente aufbringt.
31 
Auf der Grundlage der vorliegenden Preisangaben ist im günstigsten Fall, in dem den Klägern alle die von ihnen benötigten Medikamente zu den in den Auskünften genannten Preisen überlassen werden, von Kosten in Höhe von ca. 60 EUR im Monat auszugehen. Einer näheren Aufklärung, ob schon durch die Einnahme nur eines - kostengünstigen - Teils der oben genannten Medikamente eine erhebliche Gefährdung i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG beachtlich wahrscheinlich vermieden werden kann, bedarf es nicht. Ebenso bedarf es keiner Aufklärung, ob beim Kläger zu 1 kurzfristig mit der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung zu rechnen ist. Denn das Gericht unterstellt zunächst, dass der Kläger zu 1 auf alle genannten Medikamente, auch auf die im Kosovo nicht verfügbaren Wirkstoffe, die aus dem Ausland bezogen werden müssen, dringend angewiesen ist. Hiervon ausgehend können ohne Weiteres Kosten in Höhe von bis zu 150,-- EUR monatlich entstehen. Weiterhin wird berücksichtigt, dass im Falle der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung, die selbst kostenfrei ist, sogar von monatlichen, vom Patienten zu tragenden Kosten für Begleitmedikamente in Höhe von mindestens 200 EUR bis 250 EUR auszugehen ist (AA, Lagebericht vom 22.11.2005, S. 21: Da viele Dialysepatienten die Mittel hierfür nicht selbst aufbringen können, liegt die Todesquote trotz des guten Ausbildungsstands der Ärzte und Schwester und trotz der qualitativ hochwertigen Geräte bei rund 15%). Auch ausgehend von Kosten in Höhe von 200 EUR bis 300 EUR im Monat ist aber im vorliegenden Fall ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis wegen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung im Falle einer Rückkehr aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit grundsätzlich erhältlicher Medikamente nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben.
32 
Hinsichtlich der individuellen Zugänglichkeit notwendiger verfügbarer Medikamente hat das Bundesverwaltungsgericht zwar entschieden, dass ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis sich trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben kann, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben bestehe auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung stehe, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66 unter Hinweis auf Beschluss v. 29.04.2002 - 1 B 59.02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60). Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 29.04.2002 a.a.O.) allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob es sich bei einer solchen zielstaatsbezogenen Gefahr für Leib und Leben um eine konkret-individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG oder um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG (so die Entscheidungen des BayVGH, B. v. 10.10.2000 - 25 B 99.32077 - und des OVG Saarlouis, Urt. v. 23.08.1999 - 3 R 28/99 -, die in BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 a.a.O. zitiert werden) handelt.
33 
Ein Abschiebungshindernis in diesem Sinne ist hier aber nicht gegeben, weil der tatsächliche Zugang zu den benötigten Medikamente in Fällen wie dem vorliegenden nicht aufgrund der Mittellosigkeit der Kläger faktisch ausgeschlossen oder erheblich eingeschränkt ist. Der Kläger zu 1 ist nicht arbeitsfähig ist; die Klägerin zu 2 dürfte aufgrund ihrer eigenen Erkrankung und der Notwendigkeit, den Kläger zu 1 zu betreuen, keine Aussicht auf eine nennenswerte Erwerbstätigkeit haben. Eine ausreichende Finanzierbarkeit hinsichtlich der genannten Kosten ist dennoch gegeben, weil grundsätzlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sich, unabhängig von einer nach serbisch-montenegrinischem Recht zu beurteilenden Unterhaltspflicht und deren Durchsetzbarkeit, die in erster Linie zur gegenseitigen Hilfeleistung jedenfalls sittlich verpflichteten Familienangehörigen in ausreichender Weise Unterstützung gewähren. Dabei kommt es ebenso wenig auf die konkrete Vermögens- und Einkommenssituation bleibeberechtigter Angehöriger wie auf die konkreten Verdienstchancen ebenfalls ausreisepflichtiger Angehöriger an.
34 
Hiervon ausgehend nimmt das Gericht zunächst an, dass eine ausreichende Unterstützung kranker Familienangehöriger durch bleibeberechtigte Eltern oder bleibeberechtigte erwachsene Kinder, die den zurückgekehrten Angehörigen aus dem Bundesgebiet Geld und Medikamente schicken werden, gewährleistet ist. Selbst wenn bleibeberechtigte Familienangehörigen im Bundesgebiet Sozialleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts beziehen, hält das Gericht es für beachtlich wahrscheinlich, dass diese unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse ihre unmittelbaren Angehörigen nach deren Rückkehr in ihre Heimat noch in einem, nach hiesigen Maßstäben geringen Umfang finanziell unterstützen werden, der für die Deckung der notwendigsten Kosten für die medizinische Versorgung im Kosovo jedenfalls in der Regel noch ausreichend sein wird.
35 
Entsprechendes gilt auch für ebenfalls ausreisepflichtige Angehörige. Die Arbeitslosenquote im Kosovo liegt zwar bei 57 %; 30 % der Bevölkerung arbeiten aber auf dem informellen Arbeitsmarkt (UNHCR vom 24.10.2003 an VG Saarlouis). Insgesamt kann daher nach Ansicht des Gerichts auch nicht von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG wegen mangelnder Finanzierbarkeit von Medikamenten für kranke Familienmitglieder im Kosovo ausgegangen werden, wenn sie von arbeitsfähigen, erwachsenen Familienangehörigen begleitet werden.
36 
Nach diesen Grundsätzen ist auch im vorliegenden Fall, in dem die drei älteren Kinder der Kläger Aufenthaltserlaubnisse innehaben, und die Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich der lediglich geduldeten beiden jüngeren Kinder ebenfalls widerrufen worden ist, eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben im Fall der Rückkehr der Kläger in ihr Heimatland nicht gegeben. Zwar ist hier von erheblichen Kosten für Medikamente in Höhe von monatlich 200 EUR bis 300 EUR auszugehen. Dieser Betrag wird jedoch nach den oben genannten Grundsätzen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von den fünf erwachsenen Kindern der Kläger entsprechend ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit aufgebracht werden.
37 
Liegt damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nicht vor, kann offen bleiben, ob es sich bei der fehlenden Zugänglichkeit von Medikamenten aus finanziellen Gründen, die grundsätzlich eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG darstellen kann, um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG handelt, die für alle mittellosen, auf medizinische Behandlung angewiesenen Menschen in Ländern, wie dem Kosovo, ohne ausreichende staatliche Gesundheitsfürsorge gleichermaßen gegeben ist, oder um eine konkret-individuelle Gefährdung (§ 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG) der mittellosen, kranken Kläger im Falle ihrer Rückkehr in den Kosovo.
38 
3. Auch soweit sich die Kläger auf eine Gefährdung im Falle ihrer Rückkehr wegen ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen, kann ihnen nicht wegen der damit geltend gemachten allgemeinen Gefahr Abschiebungsschutz unmittelbar nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG gewährt werden, da insoweit die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG entgegensteht. Danach können die Auswirkungen solcher allgemeinen Gefahren auf den einzelnen Ausländer nur aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Eine extreme Gefahrenlage, die die Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2001, BVerwGE 114, 379 zu § 53 Abs. 6 AuslG) zuließe, kann im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht angenommen werden. Eine verfassungswidrige Schutzlücke liegt hier deshalb nicht vor, weil die Kläger auch als Angehörige einer Minderheit von einer extremen allgemeinen Gefahrenlage bei einer Rückkehr in den Kosovo nicht bedroht ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die internationalen Truppen während der Ereignisse im März 2004 den Schutz von Minderheiten, ihres Eigentums und der öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleisten konnten (vgl. dazu UNHCR-Positionen vom 30.03. und 13.08.2004; Auswärtiges Amt v. 02.04.2004 an das Bundesamt: Kosovo, Bericht zu den Ereignissen im Kosovo zwischen dem 16. u. 19.03.2004; Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 24.05.2004: Kosovo, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004), ergibt sich daraus nicht, dass Angehörige von Minderheiten derzeit bei einer Rückkehr in den Kosovo in die erhebliche Gefahr geraten, Opfer von von den staatlichen bzw. internationalen Organisationen nicht effektiv beherrschbaren Übergriffen zu werden. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 haben die internationalen Kräfte die Lage im Kosovo wieder unter Kontrolle. So wurden mehr als 200 Personen nach den Unruhen vorläufig festgenommen, darunter auch führende Mitglieder des Veteranenverbandes der UCK. Die UNMIK-Police hat im Zusammenhang mit der Aufklärung des Tatgeschehens 100 Ermittler angefordert, von denen zwischenzeitlich 60 ihren Dienst aufgenommen haben, darunter auch zehn Beamte aus Deutschland. Über neue Vorfälle ist demgemäß auch nichts bekannt geworden. Angesichts dessen kann trotz der Heftigkeit, der Zahl der handelnden nichtstaatlichen Akteure und des Hintergrunds der Übergriffe vom März 2004 nicht von einem Wiederaufflammen der Unruhen in naher Zukunft und damit in dem für die Verfolgungsprognose maßgeblichen Zeitraum ausgegangen werden. Die bloß theoretische Möglichkeit einer Verfolgung von Minderheiten genügt insoweit nicht. Auch ein denkbarer Erfahrungssatz, dass sich Pogrome typischerweise wiederholen, rechtfertigt allenfalls die Feststellung, die Wiederholung eines solchen Pogroms könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden; für die Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung bedarf es demgegenüber zusätzlicher konkreter Anhaltspunkte (BVerfG, B. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE 80, 315). Solche sind hier weder vorgetragen noch aus den der Kammer vorliegenden Erkenntnismitteln ersichtlich. Vielmehr sind inzwischen von den verantwortlichen Stellen Vorkehrungen zur Verhinderung einer Wiederholung derartiger Ausschreitungen getroffen worden.
39 
Dieser Einschätzung stehen die Entscheidungen Verwaltungsgerichts Stuttgart und des VGH Baden-Württemberg (vgl. dazu VG Stuttgart, B. v. 31.01.2005 – A 10 K 13481/04 – und VGH Bad.-Württ., B. v. 15.11.2004 – 7 S 1128/02 -, Asylmagazin 4/2005, S. 26), die sich ausschließlich auf die sich unmittelbar an die Vorgänge vom März 2004 anschließende Situation beziehen, nicht entgegen. Ob die Lage unmittelbar nach den März-Unruhen, also im April oder Mai 2004, anders zu beurteilen gewesen wäre, ist jedoch vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich.
40 
Schließlich deutet auch nichts darauf hin, dass die internationalen Organisationen (UNMIK, KFOR) in absehbarer Zukunft vorhätten, ihr Engagement im Kosovo unter „Zurücklassung“ der Minderheiten und eines entsprechenden Machtvakuums beziehungsweise sogar unter Wiedereinsetzung der serbischen Institutionen zu beenden.
41 
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.