Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 28. Jan. 2005 - 1 K 2854/04

bei uns veröffentlicht am28.01.2005

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 4 bis 6.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I. Der Antragsteller begehrt aus Anlass der Fastnacht 2005 von der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung eine Sperrzeitverlängerung zu Lasten der Beigeladenen zu 1 bis 6, den Betreibern von Gaststätten, sowie ferner Schutzmaßnahmen zu Gunsten der Nachtruhe während der drei Nächte von „Schmotzigem“ Donnerstag bis Fastnachtssonntag.
Der Antragsteller ist Bewohner einer kleinen Wohnung im 2. OG des seiner Partnerin gehörenden Anwesens F.straße ... im Stadtbezirk ... der Antragsgegnerin. In dem Bereich der F.straße, die im Norden durch die B.straße und im Süden durch den R. begrenzt wird, befinden sich 16 Gaststätten (sog. „Kneipenmeile“). Der einfache Bebauungsplan der Antragsgegnerin zur Regelung der Zulässigkeit und des Ausschlusses von Vergnügungsstätten, Spielhallen und ähnlichen Einrichtungen für den Stadtbezirk ..., beschlossen am 20.4.1994, setzt für die Bebauung westlich und östlich der Färberstraße jeweils ein besonderes Wohngebiet (WB) fest. Die F.straße liegt im sog. R.viertel. Wegen der nächtlichen Belastung der Anwohner durch Parksuch- und Schauverkehr besteht hier seit November 1998 ein Nachtfahrverbot (20:00 Uhr bis 6:00 Uhr), welches im Dezember 2002 auf Grund einer straßenrechtlichen Teileinziehung durch die Antragsgegnerin dauerhaft wirksam geworden ist.
Am 9.11.2004 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin im Vorfeld der Fastnacht 2005 auf, die Nächte von Donnerstag bis Dienstag als sog. seltene Ereignisse im Sinne der TA-Lärm einzustufen und die Sperrzeit für Gaststätten in der F.straße in den Nächten von Donnerstag bis Sonntag um 0:00 Uhr beginnen zu lassen. Während der Fastnachttage 2004 seien insbesondere durch die Straßenfastnacht die normalen Lärmgrenzwerte für Nachtruhezeiten mit Sicherheit überschritten worden. Er verweise hierzu auf ein Gutachten der Schallschutzprüfstelle G.. Die dort festgestellte Dauer und Intensität der Geräuschbelastung habe eindeutig Krankheitswert. Lärmquellen seien überwiegend Kneipenlärm, Peitschenknallen, Kanonenschläge und Trommlergruppen gewesen. Die F.straße sei, entsprechend ihrem Ruf als „Kneipenmeile“, in allen Nächten von hunderten, vorwiegend jugendlichen Menschen bevölkert gewesen, die lautstark gegrölt, auf der Straße Alkohol getrunken oder um Einlass in Gastwirtschaften angestanden hätten. Auch die Stellungnahme der Polizeidirektion V. zur Sperrzeitverkürzung während der Fastnachttage 1998 ergebe ein entsprechendes Bild. Der Charakter der F.straße als „Straßenwirtschaft“ werde durch Maßnahmen der Antragsgegnerin wie die Genehmigung von ca. einem halben Dutzend Besenwirtschaften, der Verkürzung bzw. Aufhebung der Sperrzeiten (mit der logischen Korrelation von Personenfrequenz und Lärmdauer) sowie der Räumung des gesamten Straßenraums durch Einrichtung von zusätzlichen Parkverbotszonen (faktische Fußgängerzone) befördert bzw. erst ermöglicht.
In seiner Sitzung vom 15.12.2004 hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossen, die seit 1999 bestehende Sperrzeitregelung für Fastnacht trotz der mittlerweile bekannten Einwendungen des Antragstellers beizubehalten. Die anlässlich dieser Sitzung beschlossene Fassung der Rechtsverordnung der Stadt V. zur Verkürzung der allgemeinen Sperrzeit vom 5.7.1989 i. d. F. der Änderungsverordnung vom 15.12.2004 hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:
§ 1
Im gesamten Stadtgebiet V. beginnt die allgemeine Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften einschließlich der Vereinsheime sowie für öffentliche Vergnügungsstätten um 1:00 Uhr, abweichend hiervon in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie von Samstag auf Sonntag um 3:00 Uhr. Für Spielhallen beginnt die Sperrzeit um 0:00 Uhr.
Die allgemeine Sperrzeit endet jeweils um 6:00 Uhr.
Abweichend von Absatz 1 beginnt die Sperrzeit an Fasnacht in den Nächten von Donnerstag auf Freitag, Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag jeweils um 4:00 Uhr. Die Sperrzeit in den Nächten vom Sonntag auf Rosenmontag sowie von Rosenmontag auf Fasnachtdienstag wird jeweils aufgehoben. An den übrigen Tagen gilt die allgemeine Sperrzeit.
§ 4
Bei Veranstaltungen auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten, anlässlich von Messen, Märkten, Volks-, Sport-, Sänger- und Musikfesten u.ä. Veranstaltungen, wird der Beginn der Sperrzeit für das ganze Jahr allgemein auf 23:00 Uhr festgesetzt.
§ 5
Die landesrechtliche Regelung des § 9 Abs. 2 GastVO und Sperrzeitfestsetzungen im Einzelfall nach § 12 GastVO sowie die von der Stadt V. erlassene Rechtsverordnung zum Schutz gegen umweltschädliches Verhalten vom 10.5.1988 bleiben im übrigen unberührt.
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Der Antragsteller hat am 28.12.2004 Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Er hat u. a. das im Februar 2004 erstellte Gutachten der Schallschutzprüfstelle G. betreffend die Geräuschbelastungssituation während zweier Fastnachttage im Jahr 2004 vorgelegt. Der Gutachter führte in der Nacht vom 20.2. zum 21.2.2004 (Freitag auf Samstag) und in der Nacht vom 22.2. zum 23.2.2004 (Fastnachtsonntag auf Rosenmontag) jeweils in der Zeit von 22:00 Uhr bis 2:00 Uhr Lärmimmissionsmessungen nach den Vorgaben der TA-Lärm 1998 in einer Entfernung von 0,5 Meter vor dem geöffneten Fenster der Wohnung des Antragstellers durch. Er gelangt zu dem Ergebnis, dass die Gesamtgeräuschbelastungssituation bei Vergleich des Mittelungspegels mit den in der TA Lärm vorgegebenen Immissionsrichtwerten für ein allgemeines Wohngebiet während der ersten Nacht Überschreitungen von 21 bis 39 dB(A) und in der zweiten Nacht Überschreitungen von 28 bis 32 dB(A) aufweise. Lege man die Immissionsrichtwerte für "Seltene Ereignisse“ zu Grunde, ergäben sich für die erste Nacht Überschreitungen von 8 bis 24 dB(A) und für die zweite Nacht Überschreitungen von 13 bis 17 dB(A). Die Spitzenpegelbetrachtung ergebe in der ersten Nacht Überschreitungen im Bereich von 31,8 dB(A) bis 36,9 dB(A) bzw. in der zweiten Nacht von 32,6 dB(A) bis 38,4 dB(A); ziehe man die Festlegungen für „Seltene Ereignisse“ heran, ergäben sich Überschreitungen im Bereich von 26,8 dB(A) bis 31,9 dB(A) bzw. 27,6 dB(A) bis 33,4 dB(A). Als besondere Geräuschimmissionsbelastung seien an der Messposition während beider Messtage fastnachtliches Treiben wie Peitschenknallen, Trommlergruppen und Gesänge anzusehen. In einem weiteren Kurzgutachten vom 28.12.2004 führt der Gutachter u.a. aus, bei Heranziehung von (vom Gutachter näher aufgeführten) DIN-Vorschriften und VDI-Richtlinien errechne sich unter Ansatz des Messergebnisses am 21.2.2004 (Zeitraum 1:02 Uhr bis 1:30 Uhr) ein Innengeräuschpegel von 53 dB(A) als Mittelungspegel. Hinsichtlich der Pegelspitzen errechneten sich entsprechende Innengeräuschpegel während des fraglichen Messzeitraums von 66 dB(A). Allerdings müsse wegen Impulshaltigkeit der Geräusche der Mittelungspegel auch bei den Innengeräuschpegeln entsprechend um 2 bis 3 dB(A) angehoben werden.
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Der Antragsteller führt zur rechtlichen Begründung u.a. aus, es bestünden bereits erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der Sperrzeitverordnung. Die von ihm begehrte Sperrzeitverlängerung für die in der Nähe seiner Wohnung angesiedelten Gaststätten sei in besonderem Maße geeignet, weil nach Beginn der Sperrzeit die Zahl der Gaststättenbesucher, Narren und die sonstigen fastnachtlichen Nutzer der Färberstraße rasch abnehme und hierdurch das Lärmniveau bald wieder ein normales Maß erreiche. Die sog. Straßenfastnacht habe sich zum überörtlichen Anziehungspunkt für traditionelle Fastnachter, in erheblichem Maße aber auch für Personen entwickelt, die anlässlich der Fastnachttage "auf den Putz hauen“ wollten, also ihrer Neigung zu Alkohol, Gewalt und Lärm freien Lauf ließen. Die aktuelle Sperrzeitverkürzung auf 4:00 Uhr begünstige einen exzessiven Alkoholkonsum bis in die Morgenstunden. Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus §§ 18 GastG, 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (i. V. m. den Regelungen der TA-Lärm und der Freizeitlärmrichtlinie), ferner aus § 4 der Sperrzeitverordnung der Antragsgegnerin: Für einzelne Betriebe könne bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses gem. § 12 GastVO die Sperrzeit verlängert werden.
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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
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die Antragsgegnerin im Weg der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
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1. unter gleichzeitiger Anordnung des Sofortvollzugs die Sperrzeit für die von den Beigeladenen zu 1 bis 6 im Bereich F.straße ..., ..., ..., ..., ... und ... betriebenen Gaststätten in der Zeit vom 3.2. auf den 4.2.2005, vom 4.2 auf den 5.2.2005 und vom 5.2. auf den 6.2.2005 durch Vorverlegung des Sperrzeitbeginns auf 0:00 Uhr zu verlängern, ferner
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2. geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit an den im Antrag Ziffer 1. genannten Tagen ab 0:00 Uhr in einer Entfernung von 0,50 m vor dem geöffneten Fenster im 2. Obergeschoss des Gebäudes F.straße ... ein Mittelungspegel von 55 dB(A) und ein Pegel für Geräuschspitzen von 65 dB(A) nicht überschritten wird.
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Die Antragsgegnern beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie verneint einen Anordnungsanspruch, weil an Fastnacht ein öffentliches Bedürfnis für eine Sperrzeitverkürzung vorliege. Mit dem Kinderumzug am Schmutzigen Donnerstag beginne in V. die Fastnacht, die in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag als Saal- oder Gaststättenfastnacht stattfinde. Auch in der Nacht vom Freitag auf Samstag fänden neben Saalveranstaltungen in den Gaststätten Fastnachtveranstaltungen statt. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag finde neben Saalfastnachtveranstaltungen ebenfalls eine Gaststättenfastnacht statt, wobei offenkundig sei, dass nach Abschluss der Fastnachtsbälle ein Teil der Besucher traditionell in den Gaststätten weiterfeiere. In der Nacht vom Sonntag auf Montag sei die Fastnacht dann endgültig in vollem Gange, weil bereits am Sonntagnachmittag und Sonntagabend die großen Zünfte ihre Straßenfastnacht abhielten. Aus Witterungs- und klimatischen Gründen finde selbstverständlich in der Nacht das Fastnachttreiben in Gaststätten und Besenwirtschaft statt. Auf Grund der langjährigen örtlichen Bräuche habe somit ein öffentliches Bedürfnis für die aktuellen Sperrzeitregelungen zu Fastnacht bestanden. Dem Begehren des Antragstellers stattgeben, bedeute eine Entscheidung gegen das öffentliche Bedürfnis und gegen das Brauchtum. Hinzu komme, dass enttäuschte und aus den Gaststätten gewiesene Gäste ihrem Ärger im Freien Luft machten und die Lärmbelästigung für den Antragsteller noch größer sein werde. Eine Einhaltung des Sperrzeitbeginns um 0:00 Uhr sei durch den Polizeivollzugsdienst überhaupt nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten durchzusetzen.
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Die Beigeladenen zu 4. bis 6. beantragen ebenfalls,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie tragen vor, V. sei eine Hochburg der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Diese umfasse sowohl eine Straßen-, eine Saal- als auch eine Gaststättenfastnacht. Es handele sich hier um historische örtliche Bräuche. Es berge erhebliche Sicherheitsrisiken in sich, die Sperrzeit um 0:00 Uhr beginnen zu lassen. Auch die Polizei habe in Besprechungen offen dargelegt, dass es noch zu deutlich stärkeren Immissionen auf der Straße kommen könne, wenn in Gaststätten abgewiesene Gäste dort weiterfeierten. Die Sicherheitslage sei wohl kaum kontrollierbar. Der Antragsteller müsse letztlich seine Individualinteressen dem öffentlichen Interesse unterordnen; hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass es seine eigene Entscheidung gewesen sei, 1996 in die „Kneipenmeile“ zu ziehen.
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II. 1.) Das mit dem Antrag zu 1 verfolgte Begehren, die Antragsgegnerin im Wege der Regelungsanordnung (vorläufig) zum Erlass einer sofort vollziehbaren Sperrzeitverlängerung zu Lasten der Beigeladenen zu 1 bis 6 zu verpflichten, ist zulässig. Der Antragsteller ist insbesondere antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO), weil er in einem engen räumlichen und zeitlichen Näheverhältnis zu den Gaststätten bzw. zu deren Betrieb steht und mithin Nachbar im Sinne der §§ 18, 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG, 3, 22 Abs. 1 BImSchG ist. Auch an einem Rechtsschutzbedürfnis bestehen keine Zweifel. Der Antragsteller hat, wenngleich damals noch nicht ausschließlich auf die Beigeladenen zu 1 bis 6 beschränkt, einen Antrag auf Sperrzeitverlängerung am 6.11.2004 gestellt. Dieses Begehren ist - wenngleich (noch) nicht förmlich - von der Antragsgegnerin sowohl im Vorfeld als auch während des Prozesses abgelehnt worden. Auf eine angesichts der am 15.12.2004 erfolgten Neufassung des § 1 der Sperrzeitverordnung der Antragsgegnerin mögliche Normenkontrolle nach § 47 VwGO muss sich der Antragsteller nicht verweisen lassen. Die in § 47 Abs. 6 VwGO vorgesehene einstweilige Anordnung enthält einen strengeren Maßstab („Abwehr schwerer Nachteile“) als § 123 VwGO.
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Der Antrag ist jedoch unbegründet. Es fehlt zwar nicht an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes, hingegen an derjenigen eines Anordnungsanspruchs (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO).
24 
Die Unzulässigkeit eines über 0:00 Uhr hinausgehenden Gaststättenbetriebs ergibt sich nicht bereits aus § 4 der Sperrzeitverordnung. Ausweislich des Regelungssystems in §§ 1 und 4 dieser Verordnung handelt sich bei den von den Beteiligten als „Straßen- und Gaststättenfastnacht“ bezeichneten Vorgängen in der Färberstraße mangels eines sachlichen, personellen und organisatorischen Regelungskonzepts nicht um eine „Veranstaltung auf öffentlichen Straßen“. Vielmehr kämen hier allenfalls einzelne Karnevalsumzüge in Betracht.
25 
Rechtsgrundlage eines Einschreitens der Antragsgegnerin gegen die Gaststättenbetriebe wäre vielmehr wohl ausschließlich die an Einzelfälle anknüpfende Regelung des § 12 GastVO. Danach kann für einzelne Betriebe die Sperrzeit verlängert werden, wenn u.a. ein öffentliches Bedürfnis vorliegt. Zwar hat die Antragsgegnerin mit ihrer zuletzt am 15.12.2004 geänderten Sperrzeitverordnung eine allgemeine Ausnahmeregelung i. S. des § 11 GastVO getroffen. Nicht berücksichtigte erhebliche Besonderheiten des Einzelfalls können gleichwohl immer noch im Wege einer Entscheidung nach § 12 GastVO zu einer von der Sperrzeitverordnung abweichenden, nachteiligeren Sperrzeitregelung zu Lasten der Gaststätteninhaber führen (BVerwG, Beschl. v. 12.6.1992 - 1 B 74.92 - GewArch 1992, 346; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.6.2002 - 14 S 2736/01 - VBlBW 2003, 234). Anhaltspunkte dafür, dass ein Einschreiten der Antragsgegnerin von vornherein deshalb unzulässig gewesen wäre, weil die Beigeladenen Baugenehmigungen oder Gaststättenerlaubnisse mit einer ausdrücklichen Regelung der vom Antragsteller als zu lange monierten Betriebszeit innehätten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden.
26 
Auf der Grundlage der summarischen Erkenntnislage kann die Kammer nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass ein öffentliches Bedürfnis an einer Sperrzeitverlängerung der vom Antragsteller begehrten Art sich derart aufdrängt, dass die von ihm letztlich begehrte Vorwegnahme der Hauptsache erforderlich wäre. Allerdings enthält das Ergebnis der durch den Antragsteller anlässlich der Fastnacht 2004 in Auftrag gegebenen Lärmmessungen bedeutsame Anhaltspunkte für einen an Fastnacht im Bereich der F.straße - der sog. „Kneipenmeile“ von V. - schwelenden, (auch) sperrzeitspezifischen Konflikt zwischen Gaststättenbetrieb und Nachbarschaft. Zutreffend ist deshalb im Ansatz die Auffassung des Antragstellers, dass die Befriedigung des zweifellos besonders an Fastnacht vorhandenen Offenhaltungsbedürfnisses für Gaststätten derart im Einklang mit der Rechtsordnung stehen muss, dass es während der verlängerten Öffnungszeiten nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. des BImSchG kommen darf (vgl. im gaststättenrechtlichen Kontext: BVerwG, Urt. v. 7.5.1996 - 1 C 10/95 - GewArch 1996, 426; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.6.2002, a.a.O.). Einen - wohl von der Antragsgegnerin und den Beigeladenen erwogenen - Rechtssatz derart, dass wegen spezifischer Besonderheiten an Fastnacht stets verkürzte Sperrzeiten ohne Rücksicht auf Art, Ausmaß und Dauer von Immissionen hinzunehmen wären, gibt es deshalb nicht; dies würde der materiell-rechtlich bindenden, in § 3 Abs. 1, 22 Abs. 1 BImSchG normierten (sog. akzeptorbezogenen) Schutzrichtung widersprechen. Es kann aus Sicht der Kammer auch keine Rede davon sein, dass das Begehren des Antragstellers eine Gefahr für die traditionelle Fastnacht sei.
27 
Der Prüfbericht der Ingenieurgesellschaft für Immissionsschutz, Akustik, Bauphysik G. (im Folgenden kurz: Gutachten) vom 27.2.2004 gelangt zu Beurteilungspegeln (Mittelungspegel und Spitzenpegel), die auch ohne Berücksichtigung von Zuschlägen deutlich (um 23 - 39 dB(A) bzw. um 8 - 24 dB(A)) über den in der TA Lärm 1998 (vgl. Ziff. 6.1) ausgewiesenen Immissionsrichtwerten liegen. Das gilt selbst dann, wenn man die immissionsspezifische Schutzwürdigkeit des Gebiets im Anschluss an die bauplanungsrechtliche Ausweisung als WB-Gebiet - anders als der Antragsteller - (nur) derjenigen eines MI- bzw. MK-Gebiets gleichstellt (in diesem Sinne für ein besonderes Wohngebiet: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483). Auch die für sog. seltene Ereignisse vorgesehenen Immissionsrichtwerte (nachts) von 55 dB(A) (Mittelungspegel) bzw. 65 dB(A) (Spitzenpegel) werden immer noch überschritten. Einwendungen (hinsichtlich Art, Dauer, Ort der Messungen, verwendetem Regelwerk, erfassten Lärmquellen) gegen das Gutachten sind weder von der Antragsgegnerin noch von den Beigeladenen vorgebracht worden. Soweit das Gutachten die TA Lärm 1998 zugrunde legt, ist dies nicht zu beanstanden, weil diese für Gaststättenlärm gilt. Auch die Berücksichtigung des Kommunikationslärms auf der Färberstraße dürfte zutreffend gewesen sein, weil dieser Lärm wegen der offensichtlich an Fastnacht hervortretenden Eigenschaft der Straße als "erweiterter Gaststättenraum“ sowie wegen ihrer in den „närrischen Nächten“ ebenso zweifellos besonderen Anziehungswirkung dem Gaststättenbetrieb zuzurechnen sein dürfte. Die im Gutachten gebildeten Summenpegel dürften deshalb ein zutreffendes methodisches Vorgehen gewesen sein.
28 
Trotz dieser signifikanten Richtwertüberschreitungen erachtet die Kammer jedenfalls derzeit einen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchzusetzenden Lärmschutzanspruch des Antragstellers gleichwohl nicht für gegeben. Dabei spielt eine bedeutsame Rolle, dass - anders als der Antragsteller behauptet - in seinem Fall nichts für eine Gesundheitsgefahr ersichtlich ist, wenn er in der Fastnacht 2005 erneut den für 2004 gemessenen Lärmimmissionen ausgesetzt sein sollte. Die von ihm angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 16.12.2003 - 4 B 75/03 - NVwZ 2004, 865) betrifft eine dauerhafte Exposition gegenüber Fluglärm. Auch der VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 27.6.2002, a.a.O.) erwägt Gesundheitsgefahren in der Regel (erst) im Zusammenhang mit dauerhaften und langfristig wirkenden Nachtruhestörungen. Angesichts der maximal fünftägigen Dauer und des dazwischen liegenden Jahresabstands kann vorliegend von einer Dauerhaftigkeit jedoch nicht gesprochen werden. Konkrete Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung hat Antragsteller auch sonst nicht glaubhaft gemacht. Weder ist für Schäden in der Vergangenheit etwas vorgetragen worden, noch sind persönliche Umstände im beruflichen oder privaten Bereich dargetan worden, die im Rahmen einer Gesundheitsgefährdung erheblich sein könnten. Insoweit ist auch von Bedeutung, dass der Antragsteller durch geschlossene Fenster deutlich reduzierte Innenpegel erreichen kann (vgl. das ergänzende Kurzgutachten der G. vom 28.12.2004: Unter Berücksichtigung von Zuschlägen werden dort für die Innenräume Mittelungspegel von 56 dB(A) und Spitzenpegel von 69 dB(A) prognostiziert). Einfache Schutzmaßnahmen, zu denen auch eine kurzfristige Verlegung des Schlafraumes in einen anderen Teil der Wohnung gehören kann, und die keine zusätzlichen technischen oder finanziellen Aufwendungen erfordern, können einem Immissionsbetroffenen im Hinblick auf Art, Ausmaß und Dauer der beanstandeten Immissionen zugemutet werden (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.10.2001 - 10 S 141/01 - VBlBW 2002, 197).
29 
Die Kammer verkennt nicht, dass das Immissionsniveau, dem sich der Antragsteller in den letzten fünf Nächten der Fastnacht ausgesetzt sieht, rücksichtslos sein könnte, wenn es ausschließlich an der sachverständigen Aussage der TA Lärm 1998 gemessen würde. Mit Blick auf die im Rahmen der Zumutbarkeitsbetrachtung jedoch erforderliche umfassende Würdigung des Einzelfalles misst die Kammer gleichwohl für die Fastnacht 2005 weiteren Umständen Bedeutung zu, die die Position des Antragstellers in ihrer Schutzwürdigkeit wesentlich schmälern. Das sich im summarischen Verfahren aus den Akten abzeichnende Bild spricht zunächst dafür, dass das Fastnachtsgeschehen in der F.straße im wesentlichen seit 1998 die vom Antragsteller monierten Auswirkungen hat. Neben seiner nunmehr erstmals im 8. Fastnachtsjahr erfolgenden „Gegenreaktion“ ist ferner auffällig, dass offenbar die weitaus überwiegende Mehrzahl der Bewohner der F.straße weder rechtliche noch kommunalpolitische Vorstöße gegen das bisherige Fastnachtsgeschehen unternommen hat. Hieraus dürfte bis in die Gegenwart auf Seiten der Gastwirte aber auch der "Besucher der Kneipenmeile“ eine nicht unbeachtliche Gewohnheit bzw. Erwartungshaltung hinsichtlich der Öffnungszeiten der Gaststätten resultieren.
30 
Auch die erstmals Fastnacht 1998 von der Antragsgegnerin im Wege einer Verordnungsregelung nach § 11 GastVO erfolgte und zuletzt mit Beschluss des Gemeinderats vom 15.12.2004 aufrechterhaltene großzügige Sperrzeitverkürzung dürfte in diesen Zusammenhang eingebettet sein. Sie knüpft an die tatsächliche Vorbelastung der F.straße durch eine hohe Anzahl von Gaststättenbetrieben an und greift diesen Umstand zulässigerweise auch normativ auf. Im summarischen Verfahren erforderliche evidente Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Sperrzeitregelung in der Rechtsverordnung vom 15.12.2004 kann die Kammer nicht feststellen. Der beschließende Gemeinderat hatte die Organkompetenz (vgl. § 1 Abs. 5, Abs. 7 GastVO, 44 Abs. 3 GemO). Ferner lässt sich die Übereinstimmung des Gemeinderatsbeschlusses und des verkündeten, vom Bürgermeister ausgefertigten Satzungstextes aus dem mittlerweile vorgelegten Gemeinderatsprotokoll vom 15.12.2004 ersehen. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht dürfte die Regelung in § 1 Abs. 3 der Verordnung nicht zu beanstanden sein. Bei der Überprüfung einer Sperrzeitverordnung ist es nicht Aufgabe des Gerichts zu untersuchen, ob für jeden einzelnen Betrieb im Regelungsbereich der Verordnung die gesetzlichen Vorgaben gegeben sind oder ob im Einzelfall eine Sperrzeitverlängerung oder -verkürzung in Betracht kommt. Maßgebend ist nur, ob für das betreffende Gebiet im allgemeinen die Voraussetzungen des höherrangigen Rechts vorliegen (OVG Weimar, Urt. v. 11.2.2003 - 2 N 607/00 - GewArch 2004, 75). Hiervon dürfte vorliegend noch auszugehen sein.
31 
Mag sich nach dem zuvor Dargelegten mithin eine Sperrzeitverlängerung zu Lasten der Beigeladenen jedenfalls an Fastnacht 2005 noch nicht aufdrängen, so kann der Antragsteller auch deshalb die von ihm begehrte Regelungsanordnung nicht erhalten, weil selbst im Fall der Bejahung eines öffentlichen Bedürfnisses auf der Tatbestandsseite das dann der Antragsgegnerin auf der Rechtsfolgenseite des § 12 GastVO eingeräumte (Entschließungs-)Ermessen derzeit wohl aller Voraussicht nach noch nicht hin auf eine Sperrzeitverlängerung reduziert ist. Hierbei spielt nach Auffassung der Kammer eine Rolle, dass ein polizeiliches Einschreiten gegen die Gaststättenbetriebe nach 0:00 Uhr angesichts des in den Jahren seit 1998 entstandenen Gesichts der Gaststätten- und Straßenfastnacht in der F.straße bedeutsame Vollzugsschwierigkeiten und Eskalationsrisiken bzw. neuartige Lärm- und Störungspotenziale mit sich brächte. Wie bereits oben dargelegt, ist dies angesichts der in den vergangenen Jahren entstandenen Erwartungshaltung der anderen Beteiligten bzw. der Öffentlichkeit nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Auch wenn der Antragsteller ein Einschreiten „nur“ gegen 6 von insgesamt 16 Gastwirten begehrt, kann nicht sicher ausgeschlossen werden, dass sich eine solche Maßnahme auch auf die übrige „Kneipenmeile“ auswirkte. Die aufgezeigten Vollzugsproblemen dürfen die Antragsgegnerin allerdings nicht für die Zukunft davon abhalten, eine Sperrzeitverlängerung zu erwägen. Mit Blick auf das zweifellos vorhandene Konfliktpotenzial des Fastnachtgeschehens in der F.straße bedarf es vielmehr seitens der Antragsgegnerin grundsätzlicher Überlegungen, für künftige Fastnachtsperioden eine Entschärfung im Wege der generell-abstrakten Regelung in der Sperrzeitverordnung anzustreben. Wenngleich die vom Antragsteller im Jahr 2004 in Auftrag gegebenen Messungen nur stichprobenhaft sind, so kann Ihnen gleichwohl in diesem Zusammenhang ebenfalls eine indizielle Bedeutung zukommen.
32 
2.) Weil der Antrag zu 1 erfolglos bleibt, besteht schließlich kein Anlass, dem letztlich seiner tatsächlichen Durchsetzung dienenden Antrag zu 2 stattzugeben. Es ist darüber hinaus auch nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin gegen sonstige Ordnungsverstöße im Rahmen der letzten Fastnachtstage nicht unter Anwendung zumutbarer Überwachungs- und Vollzugsmaßnahmen vorgehen wird.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO; da die beigeladenen zu 4 bis 6 einen Antrag gestellt haben und somit für den Fall ihres Unterliegens ein Kostenrisiko eingegangen sind, entspricht es billigem Ermessen, ihnen einen Kostenerstattungsanspruch zu geben. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

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(2) (weggefallen)

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten kann durch Rechtsverordnung der Landesregierungen eine Sperrzeit allgemein festgesetzt werden. In der Rechtsverordnung ist zu bestimmen, daß die Sperrzeit bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse allgemein oder für einzelne Betriebe verlängert, verkürzt oder aufgehoben werden kann. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung auf oberste Landesbehörden oder andere Behörden übertragen.

(2) (weggefallen)

(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmißbrauch, verbotenem Glücksspiel, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird oder die Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts, des Arbeits- oder Jugendschutzes nicht einhalten wird,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes oder zum Aufenthalt der Beschäftigten bestimmten Räume wegen ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung für den Betrieb nicht geeignet sind, insbesondere den notwendigen Anforderungen zum Schutze der Gäste und der Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder den sonst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung notwendigen Anforderungen nicht genügen oder
2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde,
3.
der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt,
4.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, daß er oder sein Stellvertreter (§ 9) über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann.
Die Erlaubnis kann entgegen Satz 1 Nr. 2a erteilt werden, wenn eine barrierefreie Gestaltung der Räume nicht möglich ist oder nur mit unzumutbaren Aufwendungen erreicht werden kann.

(2) Wird bei juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen nach Erteilung der Erlaubnis eine andere Person zur Vertretung nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag berufen, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.

(3) Die Landesregierungen können zur Durchführung des Absatzes 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung die Mindestanforderungen bestimmen, die an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume im Hinblick auf die jeweilige Betriebsart und Art der zugelassenen Getränke oder Speisen zu stellen sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung

a)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2a Mindestanforderungen bestimmen, die mit dem Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit an die Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Räume zu stellen sind, und
b)
zur Durchführung des Absatzes 1 Satz 2 die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Falles der Unzumutbarkeit festlegen.
Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.