Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 29. Sept. 2015 - 6 L 2768/15
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der 0000 geborenen Antragstellerin wurde am 2. September 2006 eine Fahrerlaubnis der Klassen B, M, L und S erteilt.
4Am 1. November 2013 trank die Antragstellerin nach einem Streit mit ihrem Lebensgefährten ab etwa 16.00 Uhr/16.30 Uhr eine Flasche Sekt, nachdem sie zuvor lediglich am frühen Vormittag eine Scheibe Salami gegessen hatte. Anschließend machte sie sich gegen 18.20 Uhr mit dem Pkw der Mutter ihres Lebensgefährten, amtliches Kennzeichen XXX-XX 000, auf den Weg zu dieser, um die Situation mit ihr zu besprechen. Auf der Straße Am T. in N. verlor die Antragstellerin in einer Kurve die Kontrolle über ihr Fahrzeug und stieß gegen ein ordnungsgemäß auf einem Parkstreifen geparktes Fahrzeug, wodurch ein Sachschaden in Höhe von 6.000,00 Euro entstand. Die Antragstellerin bemerkte den Unfall, setzte ihre Fahrt jedoch nach kurzem Anhalten fort. Bei der Mutter ihres Lebensgefährten, Frau T1. , angekommen, stellte die Antragstellerin den Pkw ab und erzählte dieser nichts von dem Unfall. Sie trank bei Frau T1. mindestens vier bis sechs Gläser Korn und eine weitere Flasche Sekt. Gegen 20.40 Uhr erschien die von einer Zeugin des Verkehrsunfalls benachrichtigte Polizei an der Wohnanschrift von Frau T1. . Im Rahmen der polizeilichen Befragung bestritt die Antragstellerin zunächst sowohl vor Fahrtbeginn Alkohol getrunken zu haben als auch einen Unfall bemerkt zu haben. Ein Atemalkoholtest ergab eine Atemalkoholkonzentration (AAK) von 0,88 mg/l. Die der Antragstellerin nach Verbringung auf die Polizeiwache N. um 21.32 Uhr und 22.08 Uhr mit ihrer Einwilligung entnommenen Blutproben wiesen Blutalkoholkonzentrationen (BAK) von 2,01 Promille bzw. 1,84 Promille auf. Im Rahmen der polizeilichen Maßnahmen stand die Antragstellerin erkennbar unter dem Einfluss von Alkohol und zeigte in einigen Bereichen Ausfallerscheinungen (verwaschene Aussprache, Finger-Finger-Prüfung unsicher, verzögerte Pupillenlichtreaktion). Ihr Bewusstsein war aber nach den ärztlichen Feststellungen klar und ihr Denkablauf geordnet. Ihr Gang war auch bei einer plötzlichen Kehrtwende sicher. Ausweislich der polizeilichen Feststellungen konnte sie den Gesprächen und Anweisungen gut folgen.
5Das Amtsgericht N. verurteilte die Antragstellerin wegen des Vorfalls am 1. November 2013 mit Urteil vom 27. Mai 2014 (610 Cs-801 Js 709/13-37/14) wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und unerlaubter Entfernung vom Unfallort zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen und entzog ihr unter Anordnung einer sechsmonatigen Sperrfrist die Fahrerlaubnis. Das Urteil ist seit dem 22. Juli 2014 rechtskräftig. Ausweislich der Urteilsgründe errechnete das Amtsgericht auf der Grundlage der Angabe der Antragstellerin, sie habe vor Fahrtantritt eine Flasche Sekt getrunken, eine Blutalkoholkonzentration von 1,11 Promille im Zeitpunkt der Fahrt. Die später festgestellten höheren Werte seien auf den Konsum weiterer alkoholischer Getränke bei Frau T1. zurückzuführen.
6Am 9. März 2015 beantragte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Daraufhin forderte der Antragsgegner sie mit Schreiben vom 4. Mai 2015 zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bis zum 4. August 2015 auf. Der dem Urteil des Amtsgerichts N. vom 27. Mai 2014 zugrundeliegende Sachverhalt gebe Anlass zu Zweifeln an der Kraftfahreignung der Antragstellerin. Dies folge insbesondere aus dem Konsum einer großen Menge alkoholischer Getränke trotz der vorangegangenen Verursachung eines Verkehrsunfalls unter Alkoholeinfluss und den festgestellten sehr hohen Blutalkoholkonzentrationen. Durch das angeordnete Gutachten solle die Frage geklärt werden, ob bei der Antragstellerin (noch) ein Alkoholmissbrauch vorliege und ob zu erwarten sei, dass sie zukünftig den Konsum von Alkohol einerseits und das Führen von Kraftfahrzeugen der beantragten Klassen andererseits zuverlässig voneinander trennen können wird. Der Antragsgegner wies die Antragstellerin darauf hin, dass bei Nichtvorlage des Gutachtens auf ihre Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden dürfe und ihr Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis abgelehnt werden würde.
7Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin trug daraufhin gegenüber dem Antragsgegner vor, dass lediglich eine einmalige, auf einem Beziehungskonflikt beruhende Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,11 Promille vorliege. Daher bitte er um erneute Überprüfung, ob eine medizinisch-psychologische Begutachtung erforderlich sei. Da der Antragsgegner an seiner Gutachtenanordnung festhielt, die Antragstellerin eine Begutachtung aber weiterhin nicht für gerechtfertigt hielt, bat sie den Antragsgegner um eine zeitnahe Entscheidung über ihren Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis.
8Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27. Juli 2015 ab und setzte Verwaltungskosten in Höhe von 174,00 Euro fest. Zur Begründung verwies er auf die Nichtvorlage des angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens.
9Die Antragstellerin hat gegen den Versagungsbescheid am 17. August 2015 Klage erhoben (6 K 5651/15), über die noch nicht entschieden ist, und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung trägt sie vor, dass keine Rechtsgrundlage für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vorliege, da nach den Feststellungen des Amtsgerichts N. von einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,11 Promille auszugehen sei. Damit schieden § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) als Rechtsgrundlagen aus. Die Anordnung könne auch nicht auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV gestützt werden, da bei der Antragstellerin keine Anhaltspunkte für einen Alkoholmissbrauch vorlägen. Die Trunkenheitsfahrt stelle ein einmaliges Ereignis dar, das durch einen Beziehungsstreit ausgelöst worden sei. Es liege auch ein Anordnungsgrund vor, da die Antragstellerin die Fahrerlaubnis für berufliche Zwecke benötige.
10Die Antragstellerin beantragt,
11den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr auf ihren Antrag vom 9. März 2015 vorläufig eine Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, A, B und L neu zu erteilen.
12Der Antragsgegner beantragt,
13den Antrag abzulehnen.
14Zur Begründung macht er geltend, dass die Anordnung der medizinisch-psychologischen Untersuchung gerechtfertigt gewesen sei, da Anhaltspunkte für ein problematisches Alkoholkonsumverhalten der Antragstellerin vorlägen. Ihr gesamtes Verhalten im Zusammenhang mit der Trunkenheitsfahrt lasse eine erhebliche Alkoholproblematik befürchten.
15II.
16Der auf § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gestützte Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig eine Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, B und L neu zu erteilen, hat keinen Erfolg.
17Der Antrag ist zulässig,
18vgl. zu der geänderten Rechtsprechung zur Erteilung einer vorläufigen Fahrerlaubnis: OVG NRW, Beschluss vom 2. Dezember 2013 – 16 B 820/13 –,
19aber unbegründet.
20Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Ein solcher Antrag ist begründet, soweit der Antragsteller den geltend gemachten Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO)). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist.
21Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Antragstellerin hat das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Ihr steht bei summarischer Prüfung nach Maßgabe des derzeitigen Sach- und Streitstandes kein Anspruch auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis gegen den Antragsgegner zu.
22Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG), der gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 FeV auch bei der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung Anwendung findet, setzt die Erteilung einer Fahrerlaubnis für die jeweilige Klasse unter anderem voraus, dass der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Dies ist gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG und § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV der Fall, wenn er die körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV sind die Anforderungen insbesondere dann nicht erfüllt, wenn ein Mangel oder eine Erkrankung im Sinne von Anlage 4 oder 5 zur FeV vorliegt. Gibt es hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Mangel vorliegen könnte, ist die Fahrerlaubnisbehörde nach Maßgabe der §§ 11 bis 14 FeV dazu berechtigt oder sogar verpflichtet, Maßnahmen zur Aufklärung bestehender Fahreignungszweifel zu ergreifen. Geht es – wie hier – um eine Alkoholproblematik und somit um Anhaltspunkte für einen Mangel im Sinne von Nr. 8 der Anlage 4 zur FeV, richten sich die von der Fahrerlaubnisbehörde zu treffenden Maßnahmen zur Klärung von Eignungszweifeln wegen des Alkoholverhaltens des Fahrerlaubnisbewerbers in erster Linie nach der Bestimmung des § 13 FeV.
23Bei der (Neu-)Erteilung der Fahrerlaubnis ist es Sache des Fahrerlaubnisbewerbers, seine Kraftfahreignung darzulegen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 6 StVG). Dieser trägt daher den Nachteil der Unerweislichkeit der Eignungsvoraussetzungen. Es besteht keine Eignungsvermutung, das heißt die Fahrerlaubnis ist zu versagen, wenn die Eignung nicht positiv festgestellt werden kann. Ein Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis besteht nicht, solange Eignungszweifel vorliegen, welche die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens rechtfertigen.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Mai 2013 – 16 E 513/12 –; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Juli 2015 – 10 S 116/15 –, juris Rn. 19; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 2 StVG Rn. 41 mit weiteren Nachweisen.
25Weigert sich der Bewerber um eine Fahrerlaubnis, einer Gutachtenanordnung der Fahrerlaubnisbehörde nachzukommen, oder bringt er das von ihm geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen.
26Aus der Nichtbeibringung eines von der Fahrerlaubnisbehörde verlangten Gutachtens darf aber nur dann auf die Fahrungeeignetheit des Betroffenen geschlossen werden, wenn die Anordnung, ein solches Gutachten beizubringen, in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig, namentlich anlassbezogen und verhältnismäßig, war und die nicht fristgemäße Vorlage des Gutachtens ohne ausreichenden Grund erfolgte.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 C 21/04 –, juris Rn. 22; OVG NRW, Beschlüsse vom 14. November 2014 – 16 E 886/14 –, juris Rn. 5 und vom 5. Januar 2011 – 16 B 1695/10 –; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2012 – 6 K 5127/10 –, juris Rn. 17.
28Dies zugrunde gelegt, ist nach derzeitigem Sachstand von der Kraftfahrungeeignetheit der Antragstellerin auszugehen. Die Anordnung des Antragsgegners vom 4. Mai 2015 genügt den dargelegten Anforderungen. Sie war sowohl formell als auch materiell rechtmäßig.
29Die Beibringungsanordnung war in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat die Vorgaben des § 11 Abs. 6 Satz 1 und 2, Abs. 8 Satz 2 FeV beachtet. Er hat unter Hinweis auf Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV eine Frage zur Begutachtung gestellt, die geeignet war, eine Klärung der Kraftfahreignung der Antragstellerin im Hinblick auf das mögliche Vorliegen eines Alkoholmissbrauchs herbeizuführen. Der Gegenstand der Untersuchung ist in der Anordnung hinreichend genau festgelegt worden. Der Antragsgegner hat ausgeführt, dass aufgrund des Sachverhaltes, der dem Urteil des Amtsgerichts N. vom 27. Mai 2014 zugrundeliegt, Bedenken an der Kraftfahreignung der Antragstellerin bestünden. Die für die Vorlage des Gutachtens gesetzte Frist bis zum 4. August 2015 ist als angemessen anzusehen. Der Antragsgegner hat die Antragstellerin außerdem darauf hingewiesen, dass das Gutachten von einer Begutachtungsstelle für Fahreignung zu erstellen lassen ist und hat ihr einen Hinweis zur Möglichkeit der Akteneinsicht erteilt. Schließlich hat er sie auf die Rechtsfolge der Fahrerlaubnisentziehung im Fall der Nichtvorlage des Gutachtens hingewiesen. Die Anordnung war damit – wie von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung verlangt – aus sich heraus verständlich, sodass die Antragstellerin ihr den konkreten Anlass für die Begutachtung ohne Weiteres entnehmen konnte.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 – 3 C 13/01 –, juris Rn. 24 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Februar 2013 – 16 E 1257/12 –, juris Rn. 4 f. und vom 22. Oktober 2003 – 19 A 2549/99 –, juris Rn. 16 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Dezember 2013 – 10 S 1491/13 –.
31Die Gutachtenanordnung war auch materiell rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Var. FeV. Nach dieser Vorschrift ordnet die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Alkoholmissbrauch liegt nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV vor, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden.
32Der Anwendbarkeit von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Var. FeV steht – anders als die Antragstellerin meint – nicht entgegen, dass nach den Regelungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten erst dann beizubringen ist, wenn ein Fahrerlaubnisbewerber entweder einmalig bei einer BAK von 1,6 Promille oder mehr am Straßenverkehr teilgenommen hat oder wiederholt alkoholbedingte Zuwiderhandlungen mit einer BAK von mindestens 0,5 Promille begangen hat. Diese Differenzierung basiert auf der den aktuellen Stand der Alkoholforschung reflektierenden Wertung des Verordnungsgebers, dass Blutalkoholwerte ab 1,6 Promille auf eine ungewöhnliche Giftfestigkeit hindeuten, die regelmäßig zur Unfähigkeit einer realistischen Einschätzung der eigenen Alkoholisierung und des dadurch ausgelösten Verkehrsrisikos führt, so dass jedenfalls im Zusammenhang mit einer erfolgten Straßenverkehrsteilnahme ohne Weiteres die Kraftfahrereignung des betreffenden Fahrzeugführers in Frage steht. Umgekehrt lässt danach eine lediglich einmalige Alkoholfahrt mit einer niedrigeren Blutalkoholkonzentration für sich betrachtet noch Raum für die Annahme, dass es sich um eine Ausnahme handelt, der Betroffene also nicht grundsätzlich unwillig oder unfähig ist, den Konsum von Alkohol in unzulässig hoher Menge und das Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen. Anders verhält es sich jedoch, wenn über die Teilnahme am Straßenverkehr unter solchen Umständen hinaus zusätzliche Gesichtspunkte die ernsthafte Besorgnis eines straßenverkehrsrechtlich relevanten Kontrollverlusts beim Alkoholkonsum begründen. Dass auch unter dieser Voraussetzung keine Obliegenheit des Betroffenen bestehen soll, sich zur Sachverhaltsaufklärung einer medizinisch- psychologischen Untersuchung zu unterziehen, kann weder der Systematik noch Sinn und Zweck des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV entnommen werden. Denn hiernach ist der Rückgriff auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV nur insoweit ausgeschlossen, als er auf eine Umgehung der spezielleren Regelungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV hinausliefe, nicht aber bei Vorliegen weiterer konkreter Hinweise für einen Alkoholmissbrauch.
33Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. Januar 2015 – 16 B 1374/14 –, juris Rn. 5 f. und vom 17. Mai 2010 – 16 B 1825/09 –.
34Alkoholmissbrauch ist nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung insbesondere in folgenden Fällen anzunehmen:
35- in jedem Fall (ohne Berücksichtigung der Höhe der Blutalkoholkonzentration), wenn wiederholt ein Fahrzeug unter unzulässig hoher Alkoholkonzentration geführt wurde,
36- nach einmaliger Fahrt unter hoher Alkoholkonzentration (ohne weitere Anzeichen einer Alkoholwirkung),
37- wenn aktenkundig belegt ist, dass es bei dem Betroffenen in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Verkehrsteilnahme zu einem Verlust der Kontrolle des Alkoholkonsums gekommen ist.
38Vgl. Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Bundesanstalt für Straßenwesen, gültig ab 1. Mai 2014, Kapitel 3.13.1 S. 70.
39Darüber hinaus können grundsätzlich auch nicht (unmittelbar) straßenverkehrsbezogene Alkoholauffälligkeiten im Rahmen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV berücksichtigt werden. Denn auch rauschbedingte Verhaltensweisen außerhalb des Straßenverkehrs können im Einzelfall Rückschlüsse auf charakterliche Defizite ermöglichen, die sich mit gleicher Wahrscheinlichkeit auch in Kraftfahrten unter Alkoholeinfluss niederschlagen könnten. Allein die Feststellung, dass bei einem Fahrerlaubnisinhaber oder -bewerber in der Vergangenheit einmal oder wiederholt eine Alkoholkonzentration festgestellt wurde, die auf ein deutlich normabweichendes Trinkverhalten und eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung schließen lässt, reicht jedoch in der Regel nicht aus, um den Verdacht zu begründen, dass der Betroffene zukünftig ein Fahrzeug führen könnte, obwohl er hierzu aufgrund alkoholbedingter Beeinträchtigungen nicht mehr uneingeschränkt in der Lage ist. Denn hohe Alkoholgewöhnung sagt für sich genommen noch nichts Hinreichendes über die Gefahr zukünftiger Trunkenheitsfahrten aus. Vielmehr müssen weitere tatsächliche Umstände hinzukommen, die in der Gesamtschau mit der vermuteten Alkoholproblematik bei realistischer Betrachtung die Annahme rechtfertigen, dass das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können.
40Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Juli 2015 – 16 B 584/15 –, juris Rn. 9 f. und vom 14. November 2013 – 16 B 1146/13 –, juris Rn. 7 f. jeweils mit weiteren Nachweisen.
41Vor diesem Hintergrund bestehen bei der Antragstellerin nach derzeitiger Sachlage erhebliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Alkoholmissbrauchsproblematik. Zweifel an ihrer Fähigkeit, das Führen von Kraftfahrzeugen und den Konsum von Alkohol in der erforderlichen Weise voneinander zu trennen, ergeben sich nach Aktenlage aus dem Gesamtgeschehen am 1. November 2013. An diesem Tag hat die Antragstellerin nicht nur mit einer – vom Amtsgericht N. anhand der Trinkmengenangaben der Antragstellerin berechneten – BAK von 1,11 Promille einen Pkw im Straßenverkehr geführt, sondern im Zusammenhang mit dieser Trunkenheitsfahrt allgemein ein Verhalten gezeigt, dass auf eine Alkoholmissbrauchsproblematik hindeutet.
42Der Umstand, dass bei der Antragstellerin im Rahmen der Blutprobenentnahme um 21.32 Uhr eine BAK von 2,01 Promille festgestellt worden ist, weist deutlich auf das Bestehen einer Alkoholproblematik hin. Nach Erkenntnissen der Alkoholforschung kann in der Regel schon ab dem Erreichen einer BAK von 1,3 Promille auf eine besondere Trinkfestigkeit geschlossen werden, die ihrerseits ein gesellschaftlich unübliches Trinkverhalten voraussetzt. Je weiter die festgestellte BAK die 1,3-Promillegrenze überschreitet, desto näher liegt der begründete Verdacht einer Alkoholproblematik. Werte von 1,6 Promille und mehr – wie sie bei der Antragstellerin festgestellt worden sind – werden von der durchschnittlich alkoholgewöhnten Bevölkerung nicht erreicht, weil schon zuvor physiologische Prozesse – insbesondere Schläfrigkeit, Schwindel oder starke Übelkeit – auftreten, die einen Abbruch der Alkoholaufnahme erzwingen.
43Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Juli 2015 – 16 B 584/15 –, juris Rn. 11 ff. und vom 8. November 2011 – 16 A 1533/11 –, juris Rn. 8; Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Aufl. 2005, S. 132.
44Angesichts der festgestellten erheblichen Alkoholisierung zeigte die Antragstellerin im Rahmen der polizeilichen Maßnahmen vergleichsweise geringe alkoholbedingte Auffälligkeiten. Bei BAK-Werten von 2,0 Promille sind bei durchschnittlich alkoholgewöhnten Personen erhebliche Vergiftungserscheinungen zu erwarten, die in der Regel eine medizinische Betreuung erforderlich machen.
45Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juni 2012 – 10 S 452/10 –, juris Rn. 64 unter Bezugnahme auf Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Aufl. 2005, S. 132 f.
46Demgegenüber war bei der Antragstellerin zwar der äußerliche Anschein eines Alkoholeinflusses bemerkbar und sie zeigte in einigen Bereichen Ausfallerscheinungen (verwaschene bzw. verlangsamte Aussprache, Finger-Finger-Test unsicher, verzögerte Pupillenlichtreaktion). Ihr Gang war aber nach dem ärztlichen Bericht zur Blutentnahme (Bl. 41 der Beiakte Heft 1) auch bei einer plötzlichen Kehrtwende sicher, ihr Bewusstsein klar und ihr Denkablauf geordnet. Nach den polizeilichen Feststellungen konnte sie den Gesprächen und Anweisungen gut folgen, wenngleich zum Teil mit Verzögerungen(Bl. 42, 43 der Beiakte Heft 1). Dies lässt darauf schließen, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit noch weitaus höhere als die am fraglichen Tag festgestellten Promillewerte erreicht haben muss, weil jeder, der die für ihn persönlich maximal mögliche, aus freien Stücken aufnehmbare Trinkmenge erreicht, in diesem Zustand schwere Ausfallerscheinungen zeigt.
47Vgl. zu diesem Gesichtspunkt OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2008 – 16 B 939/08 – unter Bezugnahme auf Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Aufl. 2005, S. 136.
48Die Behauptung der Antragstellerin, der Alkoholkonsum am 1. November 2013 sei ein einmaliges Ereignis gewesen, das durch einen Beziehungskonflikt ausgelöst worden sei, greift nicht durch. Eine Gift- bzw. Trinkfestigkeit wird nach wissenschaftlichen Erkenntnissen schrittweise erworben. Es ist daher davon auszugehen, dass vermehrter Alkoholkonsum im Zusammenhang mit belastenden Ereignissen in der Regel eine entsprechende individuelle Disposition und Lerngeschichte voraussetzt.
49Vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Aufl. 2005, S. 134.
50Bei dem erheblichen Alkoholkonsum der Antragstellerin am 1. November 2013 kann es sich damit nicht um ein einmaliges Ereignis entgegen ihrer sonstigen Gewohnheiten gehandelt haben. Es besteht vielmehr der begründete Verdacht, dass die Antragstellerin häufig und in großen Mengen Alkohol konsumiert.
51Zwar rechtfertigen nach den dargelegten Grundsätzen in der Regel weder die Feststellung hoher BAK-Werte außerhalb des Straßenverkehrs noch eine einmalige Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von unter 1,6 Promille jeweils für sich genommen die Annahme eines Alkoholmissbrauchs im Sinne von Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV. Bei Vornahme der erforderlichen Gesamtschau unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls bestehen aber dennoch ernstliche Zweifel daran, dass die Antragstellerin über das erforderliche Trennungsvermögen im Hinblick auf das Führen von Kraftfahrzeugen und den Konsum von Alkohol verfügt. Denn zum einen standen die Trunkenheitsfahrt und die Erreichung einer hohen BAK in engem zeitlichen Zusammenhang.
52Vgl. zur Annahme eines Alkoholmissbrauchs in Verfahren, denen ähnliche Sachverhalte zugrundelagen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Januar 2000 – 10 S 1979/99 –; VG München, Beschlüsse vom 5. Januar 2007 – M 6a E 06.4112 – und vom 7. Juni 2005 – M 6a E 05.1339 –; VG Augsburg, Urteil vom 11. Mai 2004 – Au 3 K 04.458 –.
53Zum anderen sind Anlass und Motiv für das Verhalten der Antragstellerin am 1. November 2013 zu ihren Lasten zu berücksichtigen. Die Antragstellerin hat an diesem Tag in einer für sie emotional belastenden Situation erhebliche Mengen Alkohol konsumiert. In diesem Zusammenhang ist es bei ihr zu einem straßenverkehrsrechtlich relevanten Kontrollverlust gekommen, der dazu geführt hat, dass sie mit einer BAK von 1,11 Promille, die im Bereich des Strafrechts zur Annahme einer absoluten Fahruntüchtigkeit des Kraftfahrzeugführers führt,
54vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl. 2012, § 316 Rn. 25,
55ein Kraftfahrzeug im Verkehr geführt hat. Es handelte sich also nicht nur um einen Alkoholexzess in privatem Rahmen, sondern es bestand auch ein Bezug zum Straßenverkehr.
56Nach der Einlassung der Antragstellerin im Ermittlungsverfahren (vgl. Bl. 46 der Beiakte Heft 1) war ein heftiger Streit mit ihrem Lebensgefährten der Grund dafür, dass sie bereits am Nachmittag des 1. November 2013 ab 16.00 Uhr/16.30 Uhr – also zu einer für den Konsum von Alkohol ohne Gesellschaft oder besonderen Anlass unüblichen Zeit – eine Flasche Sekt trank, obwohl sie an diesem Tag lediglich am frühen Morgen eine Scheibe Salami gegessen hatte. Der Streit mit ihrem Lebensgefährten veranlasste die Antragstellerin schließlich, sich trotz des bereits konsumierten Alkohols mit dem Pkw der Mutter ihres Lebensgefährten auf den Weg zu dieser zu machen, um die Situation mit ihr zu besprechen, obwohl sie nicht mit dieser verabredet war (vgl. Aussage von Frau T1. in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. , Bl. 50 der Beiakte Heft 1) und ihr für ein Gespräch auch die Möglichkeit eines Telefonats offen gestanden hätte. Die Antragstellerin war also jedenfalls in dieser Situation nicht bereit bzw. nicht in der Lage, zuverlässig zwischen einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen.
57Auf der Fahrt verursachte die Antragstellerin einen Verkehrsunfall mit einem erheblichen Sachschaden, setzte ihre Fahrt aber trotz der jedenfalls nun erkannten alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit fort. Bei der Mutter ihres Lebensgefährten angekommen, verschwieg sie dieser den Unfall und die Beschädigung des Pkw. Sie konsumierte eine erhebliche Menge weiterer alkoholischer Getränke. Insoweit ist nach den Feststellungen des Amtsgerichts N. davon auszugehen, dass sie innerhalb von nur etwa zwei Stunden vier bis fünf Gläser Korn sowie eine weitere Flasche Sekt trank. Die Antragstellerin sah sich also trotz des vorangegangenen, von ihr unter Alkoholeinfluss verursachten Verkehrsunfalls und der Tatsache, dass sie bereits eine Flasche Sekt getrunken hatte, nicht dazu veranlasst, nunmehr von weiterem – und zwar erheblichem – Alkoholkonsum abzusehen. Im Ermittlungsverfahren gab sie an, auch für diesen weiteren Alkoholkonsum sei der vorangegangene Streit mit ihrem Lebensgefährten der Grund gewesen (vgl. Bl. 46 der Beiakte Heft 1). Dieses Ereignis hatte sie offenbar derart aufgewühlt, dass sie auch nach Verursachung des Verkehrsunfalls nicht vom Alkohol lassen konnte.
58Die Tatsache, dass ein heftiger Streit mit ihrem Lebensgefährten der Auslöser für den Konsum erheblicher Mengen Alkohol und letztlich auch für die Trunkenheitsfahrt der Antragstellerin war, lässt befürchten, dass sie auch zukünftig in emotional belastenden Situationen die Flucht in den Alkohol suchen und dabei nicht mehr die Fähigkeit aufbringen wird, diesen Alkoholkonsum von dem Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass angesichts der von ihr erreichten BAK-Werte davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin häufiger große Mengen Alkohol konsumiert. Dass sie in einer erneuten – niemals gänzlich auszuschließenden – psychischen Ausnahmesituation zuverlässig in der Lage wäre, anders als am 1. November 2013, entweder von dem Konsum von Alkohol abzusehen oder aber nicht erneut ein Kraftfahrzeug zu fahren, ist nach derzeitiger Sachlage zumindest zweifelhaft, zumal sie nach ihrem Vortrag für berufliche Zwecke auf ihre Fahrerlaubnis angewiesen ist.
59Ob und in welchem Umfang die Eignung der Antragstellerin zum Führen eines Kraftfahrzeugs tatsächlich durch die anzunehmende Gewöhnung an Alkohol beeinflusst wird oder ob sie dennoch über die emotionale Stabilität verfügt, nunmehr zuverlässig das erforderliche Trennungsvermögen aufzubringen, ist daher mittels Einholung eines zu diesem Zweck gesetzlich vorgesehenen medizinisch-psychologischen Gutachtens zu klären.
60Da die Antragstellerin am 1. November 2013 nicht nur eine (einmalige) Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,11 Promille begangen hat, sondern darüber hinaus weitere tatsächliche Umstände auf einen Alkoholmissbrauch hinweisen und damit die Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a 2. Var. FeV vorliegen, kommt es auf die Frage, ob eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss in jedem Fall die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d rechtfertigt,
61so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Juli 2015 – 10 S 116/15 – und Beschluss vom 15. Januar 2014 – 10 S 1748/13 –,
62oder ob zusätzlich die Tatbestandsvoraussetzungen einer anderen Bestimmung des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV erfüllt sein müssen,
63offen gelassen von OVG NRW, Beschluss vom 21. Januar 2015 – 16 B 1374/14 –, juris Rn. 10 ff.,
64nicht an.
65Der Antragsgegner konnte den Antrag der Antragstellerin auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis schon vor Ablauf der in der Gutachtenanordnung gesetzten Frist ablehnen, da die Antragstellerin über ihren Prozessbevollmächtigten deutlich gemacht hatte, dass sie dieser nicht nachkommen werde. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 ausdrücklich darum gebeten, ihren Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nunmehr zu bescheiden.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
67Der Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Bedeutung der Sache wird im Hauptsacheverfahren mit dem Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG angesetzt, da die Antragstellerin nicht in qualifizierter Weise, etwa als Berufskraftfahrerin, auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist. In Verfahren betreffend die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ermäßigt sich der danach zu berücksichtigende Betrag von 5.000,- Euro aufgrund der Vorläufigkeit der Entscheidung um die Hälfte. Von der Möglichkeit einer Anhebung des Streitwerts hat das Gericht abgesehen, da das Antragsbegehren nicht auf die endgültige Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache zielte, sondern auf eine vorläufige Verpflichtung zur Fahrerlaubniserteilung beschränkt war.
68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Dezember 2013 – 16 B 820/13 –.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 29. Sept. 2015 - 6 L 2768/15
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 29. Sept. 2015 - 6 L 2768/15 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 21. Juni 2013 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller entsprechend seinem Antrag vom 22. September 2011 eine Fahrerlaubnis der Klassen A1 und B zu erteilen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Er kann vorläufig beanspruchen, die am 22. September 2011 beantragte Fahrerlaubnis zu erhalten.
3Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn diese zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. den §§ 920 Abs. 2 und 294 ZPO). Dabei ist das Gericht entsprechend dem Sicherungszweck des Anordnungsverfahrens grundsätzlich auf den Ausspruch einer vorläufigen Regelung beschränkt, die der Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren im Hauptsacheverfahren nicht vorgreifen darf. Ein solcher Fall der Vorwegnahme der Hauptsache, der besondere Anforderungen im Hinblick auf den Anordnungsgrund mit sich bringt, ist hier indessen nicht gegeben. Denn das Begehren des Antragstellers bezieht sich lediglich auf eine vorläufige Regelung. Bezogen auf den begrenzten Regelungszeitraum handelt es sich zwar um die abschließende Gestaltung eines Zustands; das ist aber bei jeder einstweiligen Anordnung der Fall. Eine über den geregelten Zeitraum hinausreichend unabänderliche Regelung ‑ nur eine solche nähme wirklich die Hauptsache vorweg ‑ wird vom Antragsteller nicht begehrt und ist auch nicht nach der Natur der Sache mit seinem Begehren verbunden.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2013 ‑ 16 B 1022/13 ‑ und eingehend Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblatt‑Kommentar (Stand: August 2012), § 123 Rn. 147 ff.
5Ein Anordnungsanspruch ist gegeben.
6Der Antragsgegner und diesem folgend das Verwaltungsgericht gehen insoweit zu Unrecht davon aus, dass dem Wiedererwerb einer Fahrerlaubnis der vormals innegehabten Klassen A1 und B Eignungsdefizite des Antragstellers entgegenstehen. Das folgt insbesondere nicht daraus, dass der Antragsteller als derzeit fahrungeeignet gilt, weil er eine ihm aufgegebene (hier: medizinisch-psychologische) Untersuchung verweigert habe (§ 11 Abs. 8 FeV). Der Anwendung der Nichteignungsfiktion des § 11 Abs. 8 FeV stehen möglicherweise schon formelle Mängel der Begutachtungsanordnung des Antragsgegners entgegen. In jedem Fall fehlte es an der materiellen Berechtigung des Antragsgegners, von dem Antragsteller eine neuerliche vollständige Begutachtung zu verlangen, nachdem dieser bereits im Januar 2012 bzw. ‑ nach Beseitigung formaler Beanstandungsgründe und teilweiser Umformulierung durch die beauftragte DEKRA ‑ im Mai 2012 ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt hatte.
7Die Begutachtungsanordnung des Antragsgegners, die das Datum des 25. Juni 2012 trägt, konnte gegenüber dem Antragsteller mit hoher Wahrscheinlichkeit keine ihm nachteiligen rechtlichen Wirkungen erzeugen. Dabei muss dem Vorbringen des Antragstellers, er habe diese Aufforderung gar nicht erhalten, nicht weiter nachgegangen werden; die Akte enthält allerdings für dieses Aufforderungsschreiben ‑ anders als etwa für die angefochtene Ordnungsverfügung vom 1. Oktober 2012 ‑ weder einen Zustellungsnachweis noch auch nur den sog. Ab‑Vermerk des verantwortlichen Mitarbeiters. In jedem Fall fehlte es in dieser Aufforderung an einer wirksamen Fristbestimmung für die Vorlage des geforderten Gutachtens. Als Fristende für die Vorlage des Gutachtens wird in der genannten Aufforderung der "20.12.2011" angegeben; dies und auch der im Übrigen übereinstimmende Wortlaut der Aufforderung lassen zwanglos darauf schließen, dass der Antragsgegner am 25. Juni 2012 die alte Begut-achtungsanordnung vom 20. Oktober 2011 nochmals ausgedruckt und lediglich mit einem neuen Erstellungsdatum versehen hat, wobei auch die alte, längst überholte Fristbestimmung nicht angepasst worden ist. Abgesehen vom Fehlen der Fristbestimmung konnte der Antragsteller gerade wegen der wortwörtlichen Wiederholung des Aufforderungstextes nicht zwingend davon ausgehen, er müsse wegen der zwischenzeitlich zutagegetretenen Zweifel an den zugrundeliegenden Abstinenznachweisen die gesamte Begutachtung, also auch die unproblematischen, von den aufgetretenen Zweifelsgründen nicht berührten Teile, komplett wiederholen. Der rechtlich unerfahrene und anwaltlich nicht vertretene Antragsteller durfte das Schreiben mit dem Datum des 25. Juni 2012 wegen der Verwendung des alten Aufforderungstextes vielmehr als bloße Erinnerung daran verstehen, dass das im Oktober 2011 geforderte Gutachten noch nicht in vollem Umfang, also einschließlich zweifelsfreier Abstinenznachweise, erbracht worden war. Hierfür sprach auch, dass die Aufforderung keine Begründung dafür enthielt, warum eine Neubegutachtung ‑ sei es eine vollständige, sei es eine teilweise ‑ für erforderlich gehalten wurde. Schließlich ist die Versendung der nur hinsichtlich des Erstellungsdatums aktualisierten "alten" Begut-achtungsaufforderung ‑ insbesondere das Festhalten an der zeitlich überholten Fristsetzung ‑ ganz allgemein und umfassend dem Einwand mangelnder Verbindlichkeit und Ernstlichkeit ausgesetzt; der Antragsteller konnte nach dem Erhalt dieses Schreibens ‑ wenn er es denn überhaupt erhalten hat ‑ begründetermaßen argwöhnen, es müsse bei der Fahrerlaubnisbehörde "irgendetwas schief gelaufen" sein, was er im Übrigen nicht zum Anlass genommen hat, völlig untätig zu bleiben; vielmehr hat er sich um die Beibringung der vom Antragsgegner beanstandenden Abstinenznachweise bemüht und diese schließlich auch dem Antragsgegner vorgelegt.
8Unter den genannten Umständen ergibt sich eine wirksame Begutachtungsanordnung auch nicht bei Einbeziehung der weiteren Aufforderungsschreiben des Antragsgegners vom 27. August und vom 10. September 2012. Das erstgenannte Schreiben bezieht sich nicht ausdrücklich auf die vorangegangene Aufforderung vom 25. Juni 2012 mit den darin enthaltenen näheren Maßgaben und Erläuterungen. Es weist lediglich auf die Rückübersendung der Begutachtungsunterlagen durch die DEKRA hin und verlautbart, aufgrund dieses Umstandes werde davon ausgegangen, dass sich der Antragsteller inzwischen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterzogen habe; es werde um die Vorlage einer Ausfertigung des Gutachtens bis zum 10. September 2012 gebeten. Auch diese kurze Aufforderung verdeutlicht nicht, dass und vor allem warum vom Antragsteller eine vollständige Neubegutachtung gefordert war. Auch diese Aufforderung konnte daher so verstanden werden, dass durch die Nachholung der beanstandeten bzw. mit Zweifeln behafteten Untersuchungen, d.h. durch neue Abstinenznachweise für Cannabis und Alkohol, die im Übrigen schon vorliegende Begutachtung komplettiert werden solle. Nichts anderes gilt für das Schreiben des Antragsgegners vom 10. September 2012, mit welchem dem Antragsteller eine weitere Frist gesetzt worden ist. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen beachtenswert, dass offensichtlich auch die Begutachtungsstelle, also die DEKRA, aufgrund der vom Antragsgegner erhaltenen Informationen nicht von der Erforderlichkeit einer vollständig neuen Begutachtung ausgegangen ist.
9Unabhängig von den dargestellten Bedenken gegen die Annahme, der Antragsgegner habe den Antragsteller formell ordnungsgemäß zu einer umfassenden Neubegutachtung aufgefordert, erwiese sich eine solche Forderung auch aus materiellen Gründen als ungerechtfertigt. Der Antragsteller hat sich auf die Anordnung des Antragsgegners vom 20. Oktober 2011 hin begutachten lassen; in diesem Zusammenhang ist insbesondere auch eine psychologische Befunderhebung erfolgt, die im Zusammenwirken mit den medizinischen Untersuchungen und den vom Antragsteller "mitgebrachten" Befunden zu einer positiven Prognose hinsichtlich des zukünftigen Verkehrsverhaltens des Antragstellers gelangte. Die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vom Antragsteller zu verantwortenden äußerlichen Mängel des im Januar 2012 von ihm vorgelegten Gutachtens, die einer zweifelsfreien Feststellung der Authentizität des Gutachtens entgegenstanden, sind durch das im Mai 2012 vorgelegte Zweitexemplar beseitigt worden. Die fortbestehenden Zweifel des Antragsgegners an der Ordnungsgemäßheit der dem Gutachten zugrunde gelegten Abstinenznachweise sind dadurch obsolet geworden, dass der Antragsteller im September 2012 sowohl für Cannabis als auch für Alkohol die Ergebnisse von Haaranalysen vorgelegt hat, die für etwa neun (weitere) Monate bzgl. Cannabis bzw. drei (weitere) Monate bzgl. Alkohol eine Abstinenz belegen. Da der Antragsteller zwischenzeitlich ein weiteres Zertifikat über eine Haaranalyse des TÜV Nord (Probenentnahme am 23. Oktober 2012) vorgelegt hat, nach dem für die letzten ca. drei Monate keine der aufgeführten Substanzen, darunter Cannabinoide und der Alkoholmarker Ethylglucuronid, nachweisbar waren, wobei allerdings ‑ wie typischerweise bei Haaranalysen ‑ ein einmaliger oder sehr seltener Konsum nicht ausgeschlossen werden konnte, ist in Verbindung mit den im September 2012 vorgelegten Befunden und den bei der Begutachtung durch die DEKRA am 19. Dezember 2011 gewonnenen Untersuchungsergebnissen (unauffällige Leberwerte, kein Nachweis von Cannabis oder anderen Betäubungsmitteln im Urin) ein insgesamt hinreichender Abstinenznachweis anzuerkennen. Da im Mittelpunkt der seinerzeitigen psychologischen Exploration die Abstinenzbehauptung des Antragstellers und dessen innere Einstellung zu den Gründen und zur Fortsetzung dieser Abstinenz standen, war für das prognostische Ergebnis der psychologischen Begutachtung unter anderem maßgeblich, ob diese Abstinenz tatsächlich bestätigt werden konnte. Nachdem dies nunmehr der Fall ist und jedenfalls zu wesentlichen Teilen auch schon zur Zeit des Erlasses der die Wiedererteilung der beantragten Fahrerlaubnis ablehnenden Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 1. Oktober 2012 der Fall war, erscheint es als unnötig und daher auch unverhältnismäßig, diesen besonders intensiv in Persönlichkeitsrechte eingreifenden Teil der Begutachtung
10vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 ‑ 1 BvR 689/92 ‑, BVerfGE 89, 69 = NJW 1993, 2365 = VRS 86 (1994), 1 = juris, Rn. 52 bis 56; BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 ‑ 3 C 25.04 ‑, NJW 2005, 581 = VRS 109 (2005), 300 = DAR 2005, 581 = Blutalkohol 43 (2006), 49 = juris, Rn. 22
11nochmals durchführen zu lassen. Denn wenn die untersuchende Diplompsychologin im Dezember 2011 ‑ auf der Grundlage eines von ihr für plausibel gehaltenen Abstinenznachweises ‑ eine positive Prognose hinsichtlich der Fortsetzung der Abstinenz gestellt hat, spricht nichts Überzeugendes dafür, dass sie oder ein anderer Gutachter bei wiederum glaubhafter Abstinenz nunmehr zu einer anderen Prognose gelangen könnten. Das wäre allenfalls dann anders zu bewerten, wenn sich erwiesen hätte, dass der beim Antragsgegner entstandene Manipulationsverdacht hinsichtlich der vom Antragsteller zum Untersuchungstermin bei der DEKRA im Dezember 2011 vorgelegten Abstinenznachweise den Verdacht einschlösse, der Antragsteller sei in das manipulative Geschehen einbezogen gewesen; das würde auf einen charakterlichen Mangel des Antragstellers hindeuten, der Einfluss auf die durch psychologische Exploration zu ergründende Fahreignungsprognose haben könnte. Für eine solche Beteiligung des Antragstellers spricht indessen nach Aktenlage nichts. Der beim Antragsgegner aufgekommene Manipulationsverdacht bezieht sich ausschließlich darauf, dass die Ärztin aus E. , die beim Antragsteller die Haarprobe entnommen und an das Analyselabor gesandt hat, mit anderweitigen Manipulationsfällen in Verbindung gebracht worden ist, wobei nicht einmal abschließend feststehen dürfte, dass die gegen die Ärztin erhobenen Vorwürfe wirklich zutreffen. Soweit der Antragsgegner ‑ wie aus einem Schreiben an die DEKRA vom 15. Mai 2012 hervorgeht ‑ angenommen hat, der Antragsteller sei nach einer Auskunft der DEKRA vom 13. Februar 2012 mit extrem kurzen Haaren zu der dortigen Untersuchung am 19. Dezember 2011 gekommen, während eine Probe mit 12 cm langen Haaren am 22. Dezember 2011 im Labor eingegangen sei, beruht das auf einem offenkundig fehlerhaften Verständnis des besagten DEKRA‑Schreibens vom 13. Februar 2012. In diesem Schreiben heißt es ausdrücklich, im Fall des Antragstellers seien nach nochmaliger Prüfung aller vorliegenden Unterlagen keine Belege dafür gefunden worden, die auf manipulierte oder gefälschte Befunde hinwiesen. Anschließend berichtet die DEKRA in diesem Schreiben von einen anderen Fall, in dem der dort Betroffene etwa zeitgleich über die in Verdacht geratene Ärztin eine Haarprobe eingereicht habe und mit extrem kurzen Haaren zur Untersuchung bei der DEKRA erschienen sei. Diese zusätzliche Information hat der Antragsgegner anscheinend auf den Antragsteller bezogen, was der Wortlaut des Schreibens indessen nicht hergibt. Es fehlt auch jeder sonstige Hinweis darauf, dass sich die seinerzeitige Haarprobe beim Antragsteller ähnlich abgespielt haben könnte wie in dem beschriebenen anderen Fall.
12Auch ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht. Der Antragsteller bzw. seine für ihn Stellung nehmende Mutter haben anschaulich und nachvollziehbar beschrieben, dass sich das Fehlen der Fahrerlaubnis erheblich belastend auf den in der Berufsausbildung befindlichen Antragsteller auswirkt.
13Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 sowie 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG
14Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.
(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.
(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.
(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre
- 1.
nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen. Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Absatz 3 Nummer 2 kann die Gültigkeitsdauer der Führerscheine festgelegt werden.
(2) Die Fahrerlaubnis ist für die jeweilige Klasse zu erteilen, wenn der Bewerber
- 1.
seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Artikels 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 26) im Inland hat, - 2.
das erforderliche Mindestalter erreicht hat, - 3.
zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, - 4.
zum Führen von Kraftfahrzeugen nach dem Fahrlehrergesetz und den auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften ausgebildet worden ist, - 5.
die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen hat, - 6.
Erste Hilfe leisten kann und - 7.
keine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilte Fahrerlaubnis dieser Klasse besitzt.
(3) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b kann für die Personenbeförderung in anderen Fahrzeugen als Kraftomnibussen zusätzlich zur Fahrerlaubnis nach Absatz 1 eine besondere Erlaubnis verlangt werden. Die Erlaubnis wird befristet erteilt. Für die Erteilung und Verlängerung können dieselben Voraussetzungen bestimmt werden, die für die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftomnibussen gelten. Außerdem kann ein Fachkundenachweis verlangt werden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen für Fahrerlaubnisse entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
(4) Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Ist der Bewerber auf Grund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, so erteilt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis mit Beschränkungen oder unter Auflagen, wenn dadurch das sichere Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist.
(5) Befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer
- 1.
ausreichende Kenntnisse der für das Führen von Kraftfahrzeugen maßgebenden gesetzlichen Vorschriften hat, - 2.
mit den Gefahren des Straßenverkehrs und den zu ihrer Abwehr erforderlichen Verhaltensweisen vertraut ist, - 3.
die zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs, gegebenenfalls mit Anhänger, erforderlichen technischen Kenntnisse besitzt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist und - 4.
über ausreichende Kenntnisse einer umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise verfügt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist.
(6) Wer die Erteilung, Erweiterung, Verlängerung oder Änderung einer Fahrerlaubnis oder einer besonderen Erlaubnis nach Absatz 3, die Aufhebung einer Beschränkung oder Auflage oder die Ausfertigung oder Änderung eines Führerscheins beantragt, hat der Fahrerlaubnisbehörde nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1 mitzuteilen und nachzuweisen
- 1.
Familiennamen, Geburtsnamen, sonstige frühere Namen, Vornamen, Ordens- oder Künstlernamen, Doktorgrad, Geschlecht, Tag und Ort der Geburt, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Art des Ausweisdokumentes und - 2.
das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und Satz 2 und Absatz 3
(7) Die Fahrerlaubnisbehörde hat zu ermitteln, ob der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen, gegebenenfalls mit Anhänger, geeignet und befähigt ist und ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis oder einen entsprechenden Führerschein besitzt. Sie hat dazu Auskünfte aus dem Fahreignungsregister und dem Zentralen Fahrerlaubnisregister nach den Vorschriften dieses Gesetzes einzuholen. Sie kann außerdem insbesondere entsprechende Auskünfte aus ausländischen Registern oder von ausländischen Stellen einholen sowie die Beibringung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der Verwaltungsbehörde nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes verlangen.
(8) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlichen anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt. Anstelle eines erneuten Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung genügt zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung in der Regel die Vorlage einer Bescheinigung über die Teilnahme an einem amtlich anerkannten Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung, wenn
- 1.
auf Grund eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, bestehende Eignungsmängel zu beseitigen, - 2.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und - 3.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme zugestimmt hat.
(9) Die Registerauskünfte, Führungszeugnisse, Gutachten und Gesundheitszeugnisse dürfen nur zur Feststellung oder Überprüfung der Eignung oder Befähigung verwendet werden. Sie sind nach spätestens zehn Jahren zu vernichten, es sei denn, mit ihnen im Zusammenhang stehende Eintragungen im Fahreignungsregister oder im Zentralen Fahrerlaubnisregister sind nach den Bestimmungen für diese Register zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt zu tilgen oder zu löschen. In diesem Fall ist für die Vernichtung oder Löschung der frühere oder spätere Zeitpunkt maßgeblich. Die Zehnjahresfrist nach Satz 2 beginnt mit der rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung oder mit der Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für entsprechende Unterlagen, die der Antragsteller nach Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 beibringt. Anstelle einer Vernichtung der Unterlagen ist die Verarbeitung der darin enthaltenen Daten einzuschränken, wenn die Vernichtung wegen der besonderen Art der Führung der Akten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.
(10) Bundeswehr, Bundespolizei und Polizei können durch ihre Dienststellen Fahrerlaubnisse für das Führen von Dienstfahrzeugen erteilen (Dienstfahrerlaubnisse). Diese Dienststellen nehmen die Aufgaben der Fahrerlaubnisbehörde wahr. Für Dienstfahrerlaubnisse gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes und der auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Mit Dienstfahrerlaubnissen dürfen nur Dienstfahrzeuge geführt werden.
(10a) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben, Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen auf öffentlichen Straßen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 4,75 t nicht übersteigt – erteilen. Der Bewerber um die Fahrberechtigung muss
- 1.
mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzen, - 2.
in das Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t eingewiesen worden sein und - 3.
in einer praktischen Prüfung seine Befähigung nachgewiesen haben.
(11) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 1 und 2 berechtigen auch ausländische Fahrerlaubnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.
(12) Die Polizei hat Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Soweit die mitgeteilten Informationen für die Beurteilung der Eignung oder Befähigung nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten.
(13) Stellen oder Personen, die die Eignung oder Befähigung zur Teilnahme am Straßenverkehr oder Fachkundenachweise zwecks Vorbereitung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung beurteilen oder prüfen oder die in Erster Hilfe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6) ausbilden, müssen für diese Aufgaben gesetzlich oder amtlich anerkannt oder beauftragt sein. Personen, die die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 Abs. 5 prüfen, müssen darüber hinaus einer Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr nach § 10 des Kraftfahrsachverständigengesetzes angehören. Voraussetzungen, Inhalt, Umfang und Verfahren für die Anerkennung oder Beauftragung und die Aufsicht werden - soweit nicht bereits im Kraftfahrsachverständigengesetz oder in auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften geregelt - durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 näher bestimmt. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 sind Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 16 für die Begleitung erfüllen, berechtigt, die Befähigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen zu prüfen.
(14) Die Fahrerlaubnisbehörden dürfen den in Absatz 13 Satz 1 genannten Stellen und Personen die Daten übermitteln, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Die betreffenden Stellen und Personen dürfen diese Daten und nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben anfallenden Daten verarbeiten.
(15) Wer zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss dabei von einem Fahrlehrer oder einem Fahrlehreranwärter im Sinne des Fahrlehrergesetzes begleitet werden. Bei den Fahrten nach Satz 1 sowie bei der Hin- und Rückfahrt zu oder von einer Prüfung oder einer Begutachtung gilt im Sinne dieses Gesetzes der Fahrlehrer oder der Fahrlehreranwärter als Führer des Kraftfahrzeugs, wenn der Kraftfahrzeugführer keine entsprechende Fahrerlaubnis besitzt.
(16) Wer zur Einweisung oder zur Ablegung der Prüfung nach Absatz 10a ein entsprechendes Einsatzfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes oder abweichend von Absatz 15 Satz 1 von einem Angehörigen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen, der
begleitet werden. Absatz 15 Satz 2 gilt entsprechend. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann überprüfen, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sind; sie kann die Auskunft nach Satz 1 Nummer 3 beim Fahreignungsregister einholen. Die Fahrerlaubnis nach Satz 1 Nummer 2 ist durch einen gültigen Führerschein nachzuweisen, der während der Einweisungs- und Prüfungsfahrten mitzuführen und zur Überwachung des Straßenverkehrs berechtigten Personen auszuhändigen ist.(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.
(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem
- 1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, - 2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung, - 3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“, - 4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder - 5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist, - 2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter, - 3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind, - 4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, - 5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, - 6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde, - 7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen, - 8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder - 9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn - a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder - b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder - 2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.
(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.
(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.
(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.
(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.
(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.
(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn
- 1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist, - 2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben, - 3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und - 4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
(11) Die Teilnahmebescheinigung muss
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass
- 1.
ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen, oder - 2.
ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn - a)
nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen, - b)
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden, - c)
ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde,- d)
die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war oder - e)
sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht.
(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen. Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Absatz 3 Nummer 2 kann die Gültigkeitsdauer der Führerscheine festgelegt werden.
(2) Die Fahrerlaubnis ist für die jeweilige Klasse zu erteilen, wenn der Bewerber
- 1.
seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Artikels 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 26) im Inland hat, - 2.
das erforderliche Mindestalter erreicht hat, - 3.
zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, - 4.
zum Führen von Kraftfahrzeugen nach dem Fahrlehrergesetz und den auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften ausgebildet worden ist, - 5.
die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen hat, - 6.
Erste Hilfe leisten kann und - 7.
keine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilte Fahrerlaubnis dieser Klasse besitzt.
(3) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b kann für die Personenbeförderung in anderen Fahrzeugen als Kraftomnibussen zusätzlich zur Fahrerlaubnis nach Absatz 1 eine besondere Erlaubnis verlangt werden. Die Erlaubnis wird befristet erteilt. Für die Erteilung und Verlängerung können dieselben Voraussetzungen bestimmt werden, die für die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftomnibussen gelten. Außerdem kann ein Fachkundenachweis verlangt werden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen für Fahrerlaubnisse entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
(4) Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Ist der Bewerber auf Grund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, so erteilt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis mit Beschränkungen oder unter Auflagen, wenn dadurch das sichere Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist.
(5) Befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer
- 1.
ausreichende Kenntnisse der für das Führen von Kraftfahrzeugen maßgebenden gesetzlichen Vorschriften hat, - 2.
mit den Gefahren des Straßenverkehrs und den zu ihrer Abwehr erforderlichen Verhaltensweisen vertraut ist, - 3.
die zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs, gegebenenfalls mit Anhänger, erforderlichen technischen Kenntnisse besitzt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist und - 4.
über ausreichende Kenntnisse einer umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise verfügt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist.
(6) Wer die Erteilung, Erweiterung, Verlängerung oder Änderung einer Fahrerlaubnis oder einer besonderen Erlaubnis nach Absatz 3, die Aufhebung einer Beschränkung oder Auflage oder die Ausfertigung oder Änderung eines Führerscheins beantragt, hat der Fahrerlaubnisbehörde nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1 mitzuteilen und nachzuweisen
- 1.
Familiennamen, Geburtsnamen, sonstige frühere Namen, Vornamen, Ordens- oder Künstlernamen, Doktorgrad, Geschlecht, Tag und Ort der Geburt, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Art des Ausweisdokumentes und - 2.
das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und Satz 2 und Absatz 3
(7) Die Fahrerlaubnisbehörde hat zu ermitteln, ob der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen, gegebenenfalls mit Anhänger, geeignet und befähigt ist und ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis oder einen entsprechenden Führerschein besitzt. Sie hat dazu Auskünfte aus dem Fahreignungsregister und dem Zentralen Fahrerlaubnisregister nach den Vorschriften dieses Gesetzes einzuholen. Sie kann außerdem insbesondere entsprechende Auskünfte aus ausländischen Registern oder von ausländischen Stellen einholen sowie die Beibringung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der Verwaltungsbehörde nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes verlangen.
(8) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlichen anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt. Anstelle eines erneuten Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung genügt zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung in der Regel die Vorlage einer Bescheinigung über die Teilnahme an einem amtlich anerkannten Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung, wenn
- 1.
auf Grund eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, bestehende Eignungsmängel zu beseitigen, - 2.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und - 3.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme zugestimmt hat.
(9) Die Registerauskünfte, Führungszeugnisse, Gutachten und Gesundheitszeugnisse dürfen nur zur Feststellung oder Überprüfung der Eignung oder Befähigung verwendet werden. Sie sind nach spätestens zehn Jahren zu vernichten, es sei denn, mit ihnen im Zusammenhang stehende Eintragungen im Fahreignungsregister oder im Zentralen Fahrerlaubnisregister sind nach den Bestimmungen für diese Register zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt zu tilgen oder zu löschen. In diesem Fall ist für die Vernichtung oder Löschung der frühere oder spätere Zeitpunkt maßgeblich. Die Zehnjahresfrist nach Satz 2 beginnt mit der rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung oder mit der Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für entsprechende Unterlagen, die der Antragsteller nach Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 beibringt. Anstelle einer Vernichtung der Unterlagen ist die Verarbeitung der darin enthaltenen Daten einzuschränken, wenn die Vernichtung wegen der besonderen Art der Führung der Akten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.
(10) Bundeswehr, Bundespolizei und Polizei können durch ihre Dienststellen Fahrerlaubnisse für das Führen von Dienstfahrzeugen erteilen (Dienstfahrerlaubnisse). Diese Dienststellen nehmen die Aufgaben der Fahrerlaubnisbehörde wahr. Für Dienstfahrerlaubnisse gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes und der auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Mit Dienstfahrerlaubnissen dürfen nur Dienstfahrzeuge geführt werden.
(10a) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben, Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen auf öffentlichen Straßen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 4,75 t nicht übersteigt – erteilen. Der Bewerber um die Fahrberechtigung muss
- 1.
mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzen, - 2.
in das Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t eingewiesen worden sein und - 3.
in einer praktischen Prüfung seine Befähigung nachgewiesen haben.
(11) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 1 und 2 berechtigen auch ausländische Fahrerlaubnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.
(12) Die Polizei hat Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Soweit die mitgeteilten Informationen für die Beurteilung der Eignung oder Befähigung nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten.
(13) Stellen oder Personen, die die Eignung oder Befähigung zur Teilnahme am Straßenverkehr oder Fachkundenachweise zwecks Vorbereitung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung beurteilen oder prüfen oder die in Erster Hilfe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6) ausbilden, müssen für diese Aufgaben gesetzlich oder amtlich anerkannt oder beauftragt sein. Personen, die die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 Abs. 5 prüfen, müssen darüber hinaus einer Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr nach § 10 des Kraftfahrsachverständigengesetzes angehören. Voraussetzungen, Inhalt, Umfang und Verfahren für die Anerkennung oder Beauftragung und die Aufsicht werden - soweit nicht bereits im Kraftfahrsachverständigengesetz oder in auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften geregelt - durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 näher bestimmt. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 sind Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 16 für die Begleitung erfüllen, berechtigt, die Befähigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen zu prüfen.
(14) Die Fahrerlaubnisbehörden dürfen den in Absatz 13 Satz 1 genannten Stellen und Personen die Daten übermitteln, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Die betreffenden Stellen und Personen dürfen diese Daten und nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben anfallenden Daten verarbeiten.
(15) Wer zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss dabei von einem Fahrlehrer oder einem Fahrlehreranwärter im Sinne des Fahrlehrergesetzes begleitet werden. Bei den Fahrten nach Satz 1 sowie bei der Hin- und Rückfahrt zu oder von einer Prüfung oder einer Begutachtung gilt im Sinne dieses Gesetzes der Fahrlehrer oder der Fahrlehreranwärter als Führer des Kraftfahrzeugs, wenn der Kraftfahrzeugführer keine entsprechende Fahrerlaubnis besitzt.
(16) Wer zur Einweisung oder zur Ablegung der Prüfung nach Absatz 10a ein entsprechendes Einsatzfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes oder abweichend von Absatz 15 Satz 1 von einem Angehörigen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen, der
begleitet werden. Absatz 15 Satz 2 gilt entsprechend. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann überprüfen, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sind; sie kann die Auskunft nach Satz 1 Nummer 3 beim Fahreignungsregister einholen. Die Fahrerlaubnis nach Satz 1 Nummer 2 ist durch einen gültigen Führerschein nachzuweisen, der während der Einweisungs- und Prüfungsfahrten mitzuführen und zur Überwachung des Straßenverkehrs berechtigten Personen auszuhändigen ist.(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.
(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem
- 1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, - 2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung, - 3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“, - 4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder - 5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist, - 2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter, - 3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind, - 4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, - 5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, - 6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde, - 7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen, - 8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder - 9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn - a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder - b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder - 2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.
(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.
(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.
(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.
(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.
(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.
(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn
- 1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist, - 2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben, - 3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und - 4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
(11) Die Teilnahmebescheinigung muss
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Juli 2013 - 1 K 551/13 - geändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11.02.2013 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass
- 1.
ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen, oder - 2.
ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn - a)
nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen, - b)
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden, - c)
ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde,- d)
die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war oder - e)
sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. November 2014 ‑ Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe ‑ wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten des Verfahrens werden nicht erstattet.
Das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gerichtsgebührenfrei; die im Prozesskostenhilfeverfahren entstandenen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
1
Gründe:
2I. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Beschwerde gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt, weil die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der Antrag, dem Antragegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufzugeben, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen BE und CE wieder zu erteilen, als unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache zu beurteilen sei. Voraussetzung einer endgültigen Vorwegnahme der Hauptsache ist aber, dass eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht.
3Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. August 2002 - 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691 = juris, Rn. 18; Bay. VGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 11 CE 14.1776 -, ZfSch 2014, 717 = juris, Rn. 17; zur Vorwegnahme der Hauptsache ausführlich Hong NVwZ 2012, S. 468 ff. sowie Kuhla, in: Posser/Wolff, Kommentar zur VwGO, 2. Aufl. 2014, § 123 Rn. 154 ff.
4Der Antragsteller hat nicht schlüssig dargelegt, dass ein Zuwarten auf den Abschluss eines Hauptsacheverfahrens in dieser Sache für ihn unzumutbar sei. Die Begründung der Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hebt allein darauf ab, dass das Strafverfahren vor dem Amtsgericht Gummersbach mit einem Freispruch für den Antragsteller geendet habe und der Antragsgegner deshalb aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet sei, die begehrte Fahrerlaubnis erneut zu erteilen. Damit ist aber nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller eine erhebliche Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Auch das Vorbringen vor dem Verwaltungsgericht, der Antragsteller beziehe Hartz-IV-Leistungen und sei wegen langer Arbeitslosigkeit dringend auf den Führerschein angewiesen, um eine angemessene Anstellung als Berufskraftfahrer zu finden, führt schon mangels einer konkreten Aussicht auf eine Anstellung zu keiner anderen Beurteilung. Zwar verkennt der Senat nicht, dass insoweit auch Grundrechtspositionen des Antragstellers, nämlich die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 und die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, in Rede stehen. Diese kollidieren aber mit der Verkehrssicherheit, also insbesondere mit dem Schutz von Dritten vor Gefahren für Leib und Leben. Der Antragsteller hat nämlich nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass ihm die Fahrerlaubnis der Klassen BE und CE neu zu erteilen sei. Es fehlt daher auch aus materiellen Gründen an einer hinreichenden Erfolgsaussicht einer Beschwerde. Seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ist nicht hinreichend wahrscheinlich.
5Vor (Neu-)Erteilung einer Fahrerlaubnis wird möglicherweise die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV) erforderlich sein. Diese kann sich ggf. aus § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV rechtfertigen. Danach ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Alkoholmissbrauch ist gegeben, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können (vgl. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV). Hier liegen begründete Anhaltspunkte für ein unzulängliches Trennungsvermögen deshalb vor, weil der Antragsteller einen Personenkraftwagen im alkoholbedingt fahruntüchtigen Zustand am 15. Dezember 2013 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,35 Promille geführt hatte.
6Dem steht nicht entgegen, dass nach den Regelungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten erst dann beizubringen ist, wenn ein Fahrerlaubnisbewerber entweder einmalig bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr am Straßenverkehr teilgenommen hat oder wiederholt alkoholbedingte Zuwiderhandlungen mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,5 Promille begangen hat. Diese Differenzierung basiert auf der den aktuellen Stand der Alkoholforschung reflektierenden Wertung des Verordnungsgebers, dass Blutalkoholwerte ab 1,6 Promille auf eine ungewöhnliche Giftfestigkeit hindeuten, die regelmäßig zur Unfähigkeit einer realistischen Einschätzung der eigenen Alkoholisierung und des dadurch ausgelösten Verkehrsrisikos führt, so dass jedenfalls im Zusammenhang mit einer erfolgten Straßenverkehrsteilnahme ohne Weiteres die Kraftfahrereignung des betreffenden Fahrzeugführers in Frage steht. Umgekehrt lässt danach eine lediglich einmalige Alkoholfahrt mit einer niedrigeren Blutalkoholkonzentration für sich betrachtet noch Raum für die Annahme, dass es sich um eine Ausnahme handelt, der Betroffene also nicht grundsätzlich unwillig oder unfähig ist, den Konsum von Alkohol in unzulässig hoher Menge und das Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen. Anders verhält es sich jedoch, wenn über die Teilnahme am Straßenverkehr unter solchen Umständen hinaus zusätzliche Gesichtspunkte die ernsthafte Besorgnis eines straßenverkehrsrechtlich relevanten Kontrollverlusts beim Alkoholkonsum begründen. Dass auch unter dieser Voraussetzung keine Obliegenheit des Betroffenen bestehen soll, sich zur Sachverhaltsaufklärung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen, kann weder der Systematik noch Sinn und Zweck des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV entnommen werden. Denn hiernach ist der Rückgriff auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV nur insoweit ausgeschlossen, als er auf eine Umgehung der spezielleren Regelungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV hinausliefe, nicht aber bei Vorliegen weiterer konkreter Hinweise für einen Alkoholmissbrauch.
7OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2010 ‑ 16 B 1825/09 -.
8Dass derartige Anhaltspunkte nicht gegeben sind, hat der Antragsteller im Hinblick auf einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr bedarf es im Verfahren der Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen BE und CE einer entsprechenden Feststellung durch den Antragsgegner, ob weitere konkrete Hinweise für einen Alkoholmissbrauch vorliegen.
9Es ist nicht entscheidend, ob die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV erforderlich ist, weil die Fahrerlaubnis des Antragstellers durch den seit dem 6. März 2014 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Köln entzogen war. Diese Art der Entziehung der Fahrerlaubnis steht der Anwendung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV nicht entgegen. Entziehung der Fahrerlaubnis i.S.v. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV ist auch die strafgerichtliche Entziehung nach § 69 StGB.
10BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2013 ‑ 3 B 71.12 -, NJW 2013, 3670 = juris; VGH Bad-Württ., Beschluss vom 15. Januar 2014 ‑ 10 S 1748/13 -, NJW 2014, 1833 = juris, Rn. 9; Bay. VGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 11 CE 14.1776 -, a.a.O. = juris, Rn. 18.
11Bislang hat der erkennende Senat aber noch nicht entschieden, ob eine strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss in jedem Fall die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung rechtfertigt,
12so VGH Bad-Württ., Beschluss vom 15. Januar 2014 ‑ 10 S 1748/13 -, a.a.O.; a.A. Mahlberg, DAR 2014, S. 419,
13oder ob zusätzlich die Tatbestandsvoraussetzungen einer anderen Bestimmung des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV erfüllt sein müssen.
14Offen lassend Bay. VGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 11 CE 14.1776 -, a.a.O. = juris, Rn. 19.
15Dass der Antragsgegner, wie die Beschwerde geltend macht, die Erforderlichkeit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von dem Ausgang des strafgerichtlichen Verfahrens vor dem Amtsgericht Gummersbach (Az.: 82 Ds - 422 Js 1479/14 - 182/14) wegen eines hohen Aggressionspotenzials des Antragstellers abhängig gemacht hat,
16vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2014 ‑ 16 B 912/14 -, juris, Rn. 9 ff.,
17ist mit Rücksicht auf die vorstehenden Ausführungen unerheblich.
18II. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe hat aus den vorstehenden Gründen keinen Erfolg.
19Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
20Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 7. Mai 2015 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage VG Münster 10 K 953/15 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde des Antragstellers, über die im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter entscheidet (§ 125 Abs. 1 i. V. m. § 87a Abs. 2 und 3 VwGO), hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsteller zu Unrecht vorläufigen Rechtsschutz gegen die Vollziehung der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 20. April 2015 versagt, durch die dem Antragsteller seine Fahrerlaubnis entzogen worden ist.
3Aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen, auf die sich die gerichtliche Prüfung beschränkt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Unrecht nicht entsprochen hat. Dabei bedarf es nicht des näheren Eingehens auf die Darlegungen des Antragstellers, soweit sich diese auf das Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO beziehen, wobei indes zu betonen ist, dass die geltend gemachte sachliche Unrichtigkeit von Begründungselementen nicht zwingend zur Folge hätte, die Begründung für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage insgesamt als unzulänglich zu erachten. Jedenfalls fällt die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers aus, weil sich die Entziehung der Fahrerlaubnis im Klageverfahren aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen wird.
4Die angefochtene Entziehungsverfügung findet in § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV nach summarischer Würdigung höchstwahrscheinlich keine Rechtsgrundlage. Danach darf die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung des Kraftfahrers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen, wenn dieser sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder ein von der Fahrerlaubnisbehörde gefordertes Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig sowie hinreichend bestimmt ist.
5Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juli 2001 ‑ 3 C 13.01 ‑, NJW 2002, 78 = juris, Rn. 20 (noch zu § 15b Abs. 2 StVZO a. F.), sowie vom 9. Juni 2005 ‑ 3 C 25.04 ‑, NJW 2005, 3081 = juris, Rn. 19; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. (2015), § 11 FeV Rn. 55.
6Die Beibringungsanordnung der Antragsgegnerin vom 28. November 2014 erfüllt voraussichtlich jedenfalls die materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen nicht. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung an den Antragsteller, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) beizubringen, auf § 46 Abs. 3 i. V. m. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gestützt. Danach ordnet die Fahrerlaubnisbehörde unter anderem zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Entziehung der Fahrerlaubnis die Beibringung eines solchen Gutachtens an, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Zur näheren Begründung hat die Antragsgegnerin auf zwei Vorkommnisse vom 12. Juli 2013 und vom 17./18. September 2014 verwiesen und ausgeführt, er, der Antragsteller, sei im Zusammenhang mit polizeilichen Ermittlungsverfahren in zwei Fällen erheblich alkoholisiert gewesen, wobei am 12. Juli 2013 eine Atemalkoholkonzentration von 1,34 mg/l festgestellt worden sei. Weitere Bedenken gegen die Kraftfahreignung des Antragstellers ergäben sich aus den Aussagen des Arztes Dr. N. von der LWL‑Klinik in N1. und der getrennt von ihm lebenden Ehefrau des Antragstellers sowie aus den Angaben der Polizei. Es sei zu klären, ob zu erwarten sei, dass der Antragsteller zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde oder ob als Folge missbräuchlichen Konsums berauschender Mittel Beeinträchtigungen vorlägen, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges in Frage stellten.
7Aus diesen ‑ hinsichtlich der einzelnen Vorkommnisse noch näher beschriebenen ‑ Umständen folgen nach Einschätzung des Berichterstatters indessen keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Alkoholmissbrauch des Antragstellers.
8Unter Alkoholmissbrauch i. S. v. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV ist nicht ‑ wie sonst umgangssprachlich ‑ der übermäßige, die gesellschaftlich anerkannte Norm übersteigende oder aus medizinischen Gründen bedenkliche Gebrauch von Alkohol zu verstehen. Vielmehr liegt nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung bzw. über diese Bestimmung sogar noch hinausgehend Alkoholmissbrauch zumindest im Grundsatz (nur dann) vor, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können.
9Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 ‑ 3 C 32.07 ‑, BVerwGE 131, 163 = NJW 2008, 2601 = juris, Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2012 ‑ 16 B 809/12 ‑; Dauer, a. a. O., § 2 StVG Rn. 46.
10In der Rechtsprechung der Obergerichte ist nicht bis in die Einzelheiten abschließend geklärt, ob bzw. unter welchen Umständen § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV auch die Berücksichtigung nicht (unmittelbar) straßenverkehrsbezogener Alkoholauffälligkeiten gestattet. Dass diese Vorschrift auch eine Einbeziehung derartiger Auffälligkeiten gestattet, ist angesichts der dieser Vorschrift zukommenden Auffangfunktion mit der ganz überwiegenden Auffassung grundsätzlich zu bejahen. Denn auch rauschbedingte Verhaltensweisen außerhalb des Straßenverkehrs können im Einzelfall Rückschlüsse auf charakterliche Defizite ermöglichen, die sich mit gleicher Wahrscheinlichkeit auch in Kraftfahrten unter Alkoholeinfluss niederschlagen könnten. Hinzu kommen Konstellationen, in denen sowohl die übermäßige Alkoholaufnahme als auch die Kraftfahrzeugbenutzung so stark in das Alltagsleben des Betroffenen integriert sind, dass das strikte Trennen des einen vom anderen nicht mehr gewährleistet erscheint. Demgegenüber reicht aber allein die Feststellung, dass bei einem Fahrerlaubnisinhaber oder ‑bewerber in der Vergangenheit ‑ wie hier ‑ einmal oder wiederholt eine Alkoholkonzentration festgestellt wurde, die auf ein deutlich normabweichendes Trinkverhalten und eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung schließen lässt, in der Regel nicht aus, um den Verdacht zu begründen, dass der Betroffene zukünftig ein Fahrzeug führen könnte, obwohl er hierzu aufgrund alkoholbedingter Beeinträchtigungen nicht mehr uneingeschränkt in der Lage ist.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. November 2013 ‑ 16 B 1146/13 ‑, NZV 2014, 236 = Blutalkohol 51 (2014), 35 = juris, Rn. 7 bis 10; VGH Bad.‑Württ., Beschlüsse vom 24. Juni 2002 ‑ 10 S 985/02 ‑, NZV 2002, 580 = VRS 103 (2002), 224 = Blutalkohol 40 (2003), 245 = juris, Rn. 20, vom 29. Juli 2002 ‑ 10 S 1164/02 ‑, NZV 2002, 582 = VRS 103 (2002), 453 = Blutalkohol 40 (2003), 249 = juris, Rn. 9 f., und vom 19. August 2013 ‑ 10 S 1266/13 ‑, juris, Rn. 7; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 5. Juni 2007 ‑ 10 A 10062/07 ‑, ZfSch 2007, 656 = juris, Rn. 35; OVG Bremen, Beschluss vom 19. Oktober 2011 ‑ 2 B 148/11 ‑, NJW 2012, 473 = DAR 2011, 713 = NZV 2012, 355 = juris, Rn. 16 ff.; Dauer, a. a. O., § 13 FeV Rn. 21.
12Im Ausgangspunkt spricht Überwiegendes für eine hohe Alkoholgewöhnung des Antragstellers, der jedenfalls bei dem zeitlich ersten Vorfall vom 12. September 2013 einen Atemalkoholwert von 1,34 mg/l aufgewiesen hat. Auch wenn die gängige Umrechnungsformel, nach der für die Bestimmung des Blutalkoholwertes in Promille rechnerisch der doppelte Betrag des Atemalkohols in mg/l anzunehmen wäre, hier also ein Wert von annähernd 2,7 Promille, Zweifeln ausgesetzt ist, kann doch mit großer Bestimmtheit von einer Alkoholisierung des Antragstellers am 12. September 2013 ausgegangen werden, wie sie von Menschen mit moderaten Trinkgewohnheiten nicht erreicht wird, weil schon zuvor physiologische Prozesse ‑ insbesondere Schläfrigkeit, Schwindel oder starke Übelkeit ‑ auftreten, die einen Abbruch der Alkoholaufnahme erzwingen. Jenseits einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille ist nach dem aktuellen Stand der verkehrsmedizinischen Forschung von einer so ausgeprägten Alkoholtoleranz auszugehen, wie sie durch einen bloß gelegentlichen Konsum von Alkohol bzw. durch einen Konsum innerhalb des gesellschaftlich anerkannten Rahmens nicht zu erklären ist.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 1995 ‑ 11 C 34.94 ‑, BVerwGE 99, 249 = NZV 1996, 84 = DAR 1996, 70 = juris, Rn. 14; OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2011 ‑ 16 A 1533/11 ‑, Blutalkohol 49 (2012), 118 = juris, Rn. 8.
14Vielmehr bedarf es eines intensiven "Trinktrainings", also des häufigen vorangegangenen Genusses hoher Alkoholmengen bis an die erwähnte physiologische Grenze und darüber hinaus, um eine entsprechende Giftfestigkeit zu erlangen. Das gilt ungeachtet des Umstandes, dass der Antragsteller am 12. September 2013 in hilflosem Zustand angetroffen worden ist, also deutliche alkoholbedingte Auffälligkeiten an den Tag gelegt hat; denn immerhin hat der Antragsteller den hohen Atemalkoholwert tatsächlich erreicht und war in diesem Zustand auch noch dazu imstande, das Krankenhaus, in das er eingeliefert worden war, aus eigenem Entschluss wieder zu verlassen und den Heimweg anzutreten. Der somit trotz "nur" zweier alkoholbedingter Auffälligkeiten anzunehmende chronisch überhöhte Alkoholkonsum ‑ den der Antragsteller durch seine wiederholt eingeräumte Bereitschaft zu therapeutischen Maßnahmen letztlich ja auch bestätigt ‑ mindert auch notwendigerweise die Fähigkeit, im Einzelfall das Ausmaß der eigenen Alkoholisierung realistisch einzuschätzen. Dies wiederum begründet jedenfalls im Ansatz ein fortdauerndes Risiko überschießenden Verhaltens, wozu je nach den persönlichen Umständen auch gehören kann, unter Verkennung der im Einzelfall gegebenen Alkoholbeeinflussung ein Kraftfahrzeug zu führen. Denn zum einen ist im Zustand starker Trunkenheit erfahrungsgemäß die allgemeine Verhaltenskontrolle herabgesetzt, sodass es trotz grundsätzlicher Trennbereitschaft aufgrund plötzlicher irrationaler Impulse zu Trunkenheitsfahrten mit Kraftfahrzeugen kommen kann. Zum anderen wirkt sich insbesondere die Restalkoholproblematik gefahrerhöhend aus, weil eine leichtergradige Alkoholisierung bei hoher Alkoholtoleranz schlechter wahrgenommen wird.
15Vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 2. Aufl. (2005), S. 146, 150 f.
16Gleichwohl kann aus einer hohen Alkoholgewöhnung nicht in jedem Fall eine hohe Wahrscheinlichkeit zukünftiger Trunkenheitsfahrten abgeleitet werden. Vielmehr hängt die Gefahr von Trunkenheitsfahrten nicht nur von den Trinkgewohnheiten des Betreffenden ab, sondern auch ‑ etwa ‑ von dem Stellenwert, den das Autofahren oder ganz allgemein die Mobilität in dessen Leben einnimmt. Auch die Verhaltensänderungen im Zustand der Trunkenheit sind erfahrungsgemäß individuell höchst unterschiedlich und reichen von einer trägen und passiven Friedfertigkeit bis hin zu einer starken Neigung zu Selbstüberschätzung und Impulshaftigkeit mit teilweise aggressiven Zügen; daraus folgt, dass rauschbedingte zeitweilige Persönlichkeitsveränderungen einzelfallbezogen zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Trunkenheitsfahrten führen können, diesbezogen aber keine Zwangsläufigkeit besteht. Daher müssen zu der hohen Alkoholtoleranz weitere tatsächliche Umstände hinzukommen, die in der Gesamtschau mit der gegebenen oder vermuteten Alkoholproblematik bei realistischer Betrachtung die Annahme rechtfertigen, dass das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können.
17Solche Umstände liegen in der Regel vor, wenn der jeweilige Fahrerlaubnisinhaber oder Fahrerlaubnisbewerber im Zusammenhang mit der anlassgebenden Alkoholisierung bereits Anstalten zu einer Fahrzeugbenutzung gemacht,
18vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 18. September 2000 ‑ 9 W 5/00 ‑, juris, Rn. 15 (im Einzelfall verneint),
19er im Zusammenhang mit der Benutzung eines Kraftfahrzeuges, wenngleich möglicherweise außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs, alkoholisierungstypische Gefahren hervorgerufen
20vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2011 ‑ 16 A 1533/11 ‑, a. a. O.
21oder schon in der Vergangenheit alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen hat.
22Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2008 ‑ 16 B 749/08 ‑ und vom 19. November 2008; VGH Bad.‑Württ., Beschluss vom 24. Juni 2002 ‑ 10 S 985/02 ‑, NZV 2002, 580 = VRS 103 (2002), 224 = Blutalkohol 40 (2003), 245 = juris, Rn. 19; OVG Rh.‑Pf., Beschluss vom 11. September 2006 ‑ 10 B 10734/06 ‑, Blutalkohol 44 (2007), 329 = juris, Rn. 9.
23Weiterhin wirkt sich mit Blick auf Trunkenheitsfahrten gefahrerhöhend aus, wenn der Betroffene beruflich oder privat regelmäßig, d. h. täglich oder nahezu täglich, Kraftfahrzeuge nutzt und daher fortwährend den häufigen Alkoholkonsum und die häufige Fahrzeugnutzung miteinander koordinieren muss, was selbst bei grundsätzlicher Trennbereitschaft erfahrungsgemäß ‑ etwa wegen der erwähnten Restalkoholproblematik ‑ zu einer erhöhten Gefahr gelegentlicher Fahrten unter (zu) hoher Alkoholbeeinflussung führt.
24OVG NRW, Beschlüsse vom 15. November 2005 ‑ 16 B 1627/05 ‑ und vom 8. September 2008 ‑ 16 B 749/08 ‑; VGH Bad.‑Württ., Beschlüsse vom 24. Juni 2002 ‑ 10 S 985/02 ‑ und vom 29. Juli 2002 ‑ 10 S 1164/02 ‑, jeweils a. a. O.; OVG Rh.‑Pf., Beschluss vom 11. September 2006 ‑ 10 B 10734/06 ‑, a. a. O.; Nds. OVG, Beschluss vom 29. Januar 2007 ‑ 12 ME 416/06 ‑, DAR 2007, 227 = Blutalkohol 44 (2007), 114 = juris, Rn. 10.
25Das gilt in besonderem Maße dann, wenn die beruflichen Gegebenheiten die Notwendigkeit zur Kraftfahrzeugnutzung aufgrund kurzfristiger und nicht im Vorhinein absehbarer Anforderung durch Dritte mit sich bringen, etwa im Rahmen von Bereitschaftsdiensten.
26Außerdem können aus sonstigen Verhaltensweisen wie der Begehung alkoholtypischer Straftaten außerhalb des Straßenverkehrs, aggressivem Auftreten unter Alkoholeinfluss oder sonstigen irrationalen, auf einen alkoholbedingten Kontrollverlust hindeutenden Handlungen Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit von Trunkenheitsfahrten gezogen werden,
27vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. November 2005 ‑ 16 B 1627/05 ‑, vom 19. November 2008 ‑ 16 B 1393/08 ‑ und vom 12. Juli 2011 ‑ 16 A 89/11 ‑, DAR 2011, 602 = VRS 122 (2012), 126 = juris, Rn. 5 f.; OVG Rh.‑Pf., Beschluss vom 11. September 2006 ‑ 10 B 10734/06 ‑, a. a. O.; OVG Bremen, Beschluss vom 19. Oktober 2011 ‑ 2 B 148/11 ‑, a. a. O. (juris, Rn. 20); möglicherweise enger Bay. VGH, Beschluss vom 11. Juni 2007 ‑ 11 CS 06.3023 ‑, juris, Rn. 21 f., mit der Forderung eines wenigstens mittelbaren Zusammenhangs zwischen übermäßigem Alkoholkonsum und Straßenverkehrsteilnahme,
28wobei aber fraglich ist, ob bereits die Verletzung von Obhuts‑ und Rücksichtnahmeverpflichtungen gegenüber Dritten Zweifel am Trennvermögen auslöst.
29So VGH Bad.‑Württ., Beschluss vom 22. Januar 2001 ‑ 10 S 2032/00 ‑, DÖV 2001, 430 = DAR 2001, 233 = NZV 2001, 279 = juris, Rn. 5.
30Bezogen auf den Antragsteller ergeben sich, abgesehen von der dargestellten hohen Wahrscheinlichkeit normabweichender Trinkgewohnheiten, keine durchgreifenden zusätzlichen Tatsachen der geschilderten Art. Erkenntnisse über frühere Trunkenheitsfahrten liegen nicht vor. Der Antragsteller hat sich nach seinen nicht zu widerlegenden Angaben sowohl am 12. Juli 2013 als auch am 17./18. September 2014 in seiner Wohnung betrunken, so dass der Risikofaktor "Bewältigung des Heimweges" unter normalen Umständen von vornherein keine Bedeutung erlangen konnte. Es ist auch nicht ersichtlich geworden, dass der Antragsteller im Zustand bereits eingetretener Trunkenheit von einem Impuls zur eigenmächtigen Ortsveränderung erfasst worden wäre. Es verhielt sich vielmehr so, dass der Antragsteller wegen vermeintlicher oder tatsächlicher Selbstgefährdung in wohlmeinender Absicht aus seiner Wohnung verbracht worden ist und anschließend in ihm der Wunsch überhandnahm, zu Fuß wieder nach Hause zurückzukehren, wobei nicht einmal klar ist, ob der Antragsteller auch beim eigenmächtigen Verlassen der LWL‑Klinik im September 2014 noch nennenswert betrunken war. Hinweise auf eine geradezu zwangsläufige regelmäßige Fahrzeugbenutzung des Antragstellers aus beruflichen oder privaten Gründen liegen nicht vor; dagegen dürfte sprechen, dass er zumindest in Zeiten außerhalb seiner Lehrverpflichtungen, dass heißt bei seinen Aufenthalten in N1. , in innerstädtischer Lage wohnt und Geschäfte und sonstige öffentliche Einrichtungen ohne weiteres zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann. Es fehlt auch an Anhaltspunkten für überschießendes Verhalten des Antragstellers unter Alkoholeinwirkung, das trotz fehlenden Verkehrsbezugs den Schluss auf die Möglichkeit einer Trunkenheitsfahrt nahelegt. Sowohl bei der am 17. September 2014 telefonisch geäußerten Drohung mit Selbstmord ‑ für deren Ernsthaftigkeit sich keine Anhaltspunkte ergeben ‑ als auch bei dem eigenmächtigen Verlassen helfender Einrichtungen handelte es sich offensichtlich um Reaktionen auf eine vom Antragsteller in seinem Zustand als unangebracht empfundene Fürsorge. Diese Verhaltensweisen mögen als unvernünftig bewertet werden, lassen sich aber weder als weitgehender Kontrollverlust noch als "expansives" oder gar aggressives Verhalten des Antragstellers verstehen. Nichts anderes gilt im Ergebnis für das im Polizeibericht über das Geschehen vom 13. Juli 2013 erwähnte "Randalieren" des Antragstellers im Evangelischen Krankenhaus zu N1. ; es tritt schon nicht hervor, dass das so umschriebene Verhalten des Antragstellers über lautstarken Protest und das eigenmächtige Verlassen des Krankenhauses hinausging. In diesem Zusammenhang geht auch die Angabe in der Begutachtungsanordnung der Antragsgegnerin fehl, der Antragsteller sei "im Zusammenhang mit polizeilichen Ermittlungsverfahren" alkoholisiert gewesen; die Polizeiberichte zu den beiden genannten Vorkommnissen verhalten sich nicht zu dem Verdacht strafbarer Handlungen, sondern stellen ganz in den Vordergrund, dass der Antragsteller vor sich selbst habe geschützt werden sollen.
31Abrundend ist darauf hinzuweisen, dass die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch nicht auf die Annahme einer Alkoholabhängigkeit gestützt werden konnte. Abgesehen davon, dass weder die Bereitschaft des Antragstellers zu therapeutischen Maßnahmen
32vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Mai 2004 ‑ 19 B 280/04 ‑
33oder der am 13. Juli 2013 erreichte Alkoholisierungsgrad noch Ad-hoc-Bewertungen eines Arztes der LWL‑Klinik nach der Einlieferung des Antragstellers vom 17. September 2014 oder seiner getrennt von ihm lebenden Ehefrau mit hinlänglichem Gewicht auf die Möglichkeit einer Alkoholabhängigkeit des Antragstellers hindeuten dürften, hätte insoweit nur die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV, nicht aber weitergehend eine medizinisch-psychologische Begutachtung verlangt werden dürfen.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2011 ‑ 16 B 1533/11 ‑, a. a. O., juris, Rn. 9; Bay. VGH, Beschluss vom 24. August 2010 ‑ 11 CS 10.1139 ‑, SVR 2011, 275 = juris, Rn. 46.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
36Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
37Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 7. Oktober 2009 - 2 K 320/09 - wird geändert. Die Verfügung des Landratsamts Ortenaukreis vom 4. Dezember 2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 6. Februar 2009 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen AA, B, BE unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 7. Oktober 2009 – 2 K 320/09 - zurückgewiesen.
Der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigen für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. Juli 2013 - 4 K 1179/13 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass
- 1.
ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen, oder - 2.
ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn - a)
nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen, - b)
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden, - c)
ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde,- d)
die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war oder - e)
sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. November 2014 ‑ Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe ‑ wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten des Verfahrens werden nicht erstattet.
Das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gerichtsgebührenfrei; die im Prozesskostenhilfeverfahren entstandenen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
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Gründe:
2I. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Beschwerde gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt, weil die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der Antrag, dem Antragegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufzugeben, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen BE und CE wieder zu erteilen, als unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache zu beurteilen sei. Voraussetzung einer endgültigen Vorwegnahme der Hauptsache ist aber, dass eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht.
3Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. August 2002 - 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691 = juris, Rn. 18; Bay. VGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 11 CE 14.1776 -, ZfSch 2014, 717 = juris, Rn. 17; zur Vorwegnahme der Hauptsache ausführlich Hong NVwZ 2012, S. 468 ff. sowie Kuhla, in: Posser/Wolff, Kommentar zur VwGO, 2. Aufl. 2014, § 123 Rn. 154 ff.
4Der Antragsteller hat nicht schlüssig dargelegt, dass ein Zuwarten auf den Abschluss eines Hauptsacheverfahrens in dieser Sache für ihn unzumutbar sei. Die Begründung der Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hebt allein darauf ab, dass das Strafverfahren vor dem Amtsgericht Gummersbach mit einem Freispruch für den Antragsteller geendet habe und der Antragsgegner deshalb aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet sei, die begehrte Fahrerlaubnis erneut zu erteilen. Damit ist aber nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller eine erhebliche Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Auch das Vorbringen vor dem Verwaltungsgericht, der Antragsteller beziehe Hartz-IV-Leistungen und sei wegen langer Arbeitslosigkeit dringend auf den Führerschein angewiesen, um eine angemessene Anstellung als Berufskraftfahrer zu finden, führt schon mangels einer konkreten Aussicht auf eine Anstellung zu keiner anderen Beurteilung. Zwar verkennt der Senat nicht, dass insoweit auch Grundrechtspositionen des Antragstellers, nämlich die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 und die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, in Rede stehen. Diese kollidieren aber mit der Verkehrssicherheit, also insbesondere mit dem Schutz von Dritten vor Gefahren für Leib und Leben. Der Antragsteller hat nämlich nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass ihm die Fahrerlaubnis der Klassen BE und CE neu zu erteilen sei. Es fehlt daher auch aus materiellen Gründen an einer hinreichenden Erfolgsaussicht einer Beschwerde. Seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ist nicht hinreichend wahrscheinlich.
5Vor (Neu-)Erteilung einer Fahrerlaubnis wird möglicherweise die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV) erforderlich sein. Diese kann sich ggf. aus § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV rechtfertigen. Danach ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Alkoholmissbrauch ist gegeben, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können (vgl. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV). Hier liegen begründete Anhaltspunkte für ein unzulängliches Trennungsvermögen deshalb vor, weil der Antragsteller einen Personenkraftwagen im alkoholbedingt fahruntüchtigen Zustand am 15. Dezember 2013 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,35 Promille geführt hatte.
6Dem steht nicht entgegen, dass nach den Regelungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten erst dann beizubringen ist, wenn ein Fahrerlaubnisbewerber entweder einmalig bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr am Straßenverkehr teilgenommen hat oder wiederholt alkoholbedingte Zuwiderhandlungen mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,5 Promille begangen hat. Diese Differenzierung basiert auf der den aktuellen Stand der Alkoholforschung reflektierenden Wertung des Verordnungsgebers, dass Blutalkoholwerte ab 1,6 Promille auf eine ungewöhnliche Giftfestigkeit hindeuten, die regelmäßig zur Unfähigkeit einer realistischen Einschätzung der eigenen Alkoholisierung und des dadurch ausgelösten Verkehrsrisikos führt, so dass jedenfalls im Zusammenhang mit einer erfolgten Straßenverkehrsteilnahme ohne Weiteres die Kraftfahrereignung des betreffenden Fahrzeugführers in Frage steht. Umgekehrt lässt danach eine lediglich einmalige Alkoholfahrt mit einer niedrigeren Blutalkoholkonzentration für sich betrachtet noch Raum für die Annahme, dass es sich um eine Ausnahme handelt, der Betroffene also nicht grundsätzlich unwillig oder unfähig ist, den Konsum von Alkohol in unzulässig hoher Menge und das Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen. Anders verhält es sich jedoch, wenn über die Teilnahme am Straßenverkehr unter solchen Umständen hinaus zusätzliche Gesichtspunkte die ernsthafte Besorgnis eines straßenverkehrsrechtlich relevanten Kontrollverlusts beim Alkoholkonsum begründen. Dass auch unter dieser Voraussetzung keine Obliegenheit des Betroffenen bestehen soll, sich zur Sachverhaltsaufklärung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen, kann weder der Systematik noch Sinn und Zweck des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV entnommen werden. Denn hiernach ist der Rückgriff auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV nur insoweit ausgeschlossen, als er auf eine Umgehung der spezielleren Regelungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV hinausliefe, nicht aber bei Vorliegen weiterer konkreter Hinweise für einen Alkoholmissbrauch.
7OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2010 ‑ 16 B 1825/09 -.
8Dass derartige Anhaltspunkte nicht gegeben sind, hat der Antragsteller im Hinblick auf einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr bedarf es im Verfahren der Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen BE und CE einer entsprechenden Feststellung durch den Antragsgegner, ob weitere konkrete Hinweise für einen Alkoholmissbrauch vorliegen.
9Es ist nicht entscheidend, ob die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV erforderlich ist, weil die Fahrerlaubnis des Antragstellers durch den seit dem 6. März 2014 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Köln entzogen war. Diese Art der Entziehung der Fahrerlaubnis steht der Anwendung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV nicht entgegen. Entziehung der Fahrerlaubnis i.S.v. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV ist auch die strafgerichtliche Entziehung nach § 69 StGB.
10BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2013 ‑ 3 B 71.12 -, NJW 2013, 3670 = juris; VGH Bad-Württ., Beschluss vom 15. Januar 2014 ‑ 10 S 1748/13 -, NJW 2014, 1833 = juris, Rn. 9; Bay. VGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 11 CE 14.1776 -, a.a.O. = juris, Rn. 18.
11Bislang hat der erkennende Senat aber noch nicht entschieden, ob eine strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss in jedem Fall die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung rechtfertigt,
12so VGH Bad-Württ., Beschluss vom 15. Januar 2014 ‑ 10 S 1748/13 -, a.a.O.; a.A. Mahlberg, DAR 2014, S. 419,
13oder ob zusätzlich die Tatbestandsvoraussetzungen einer anderen Bestimmung des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV erfüllt sein müssen.
14Offen lassend Bay. VGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 11 CE 14.1776 -, a.a.O. = juris, Rn. 19.
15Dass der Antragsgegner, wie die Beschwerde geltend macht, die Erforderlichkeit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von dem Ausgang des strafgerichtlichen Verfahrens vor dem Amtsgericht Gummersbach (Az.: 82 Ds - 422 Js 1479/14 - 182/14) wegen eines hohen Aggressionspotenzials des Antragstellers abhängig gemacht hat,
16vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2014 ‑ 16 B 912/14 -, juris, Rn. 9 ff.,
17ist mit Rücksicht auf die vorstehenden Ausführungen unerheblich.
18II. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe hat aus den vorstehenden Gründen keinen Erfolg.
19Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
20Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 21. Juni 2013 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller entsprechend seinem Antrag vom 22. September 2011 eine Fahrerlaubnis der Klassen A1 und B zu erteilen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
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Gründe
2Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Er kann vorläufig beanspruchen, die am 22. September 2011 beantragte Fahrerlaubnis zu erhalten.
3Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn diese zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. den §§ 920 Abs. 2 und 294 ZPO). Dabei ist das Gericht entsprechend dem Sicherungszweck des Anordnungsverfahrens grundsätzlich auf den Ausspruch einer vorläufigen Regelung beschränkt, die der Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren im Hauptsacheverfahren nicht vorgreifen darf. Ein solcher Fall der Vorwegnahme der Hauptsache, der besondere Anforderungen im Hinblick auf den Anordnungsgrund mit sich bringt, ist hier indessen nicht gegeben. Denn das Begehren des Antragstellers bezieht sich lediglich auf eine vorläufige Regelung. Bezogen auf den begrenzten Regelungszeitraum handelt es sich zwar um die abschließende Gestaltung eines Zustands; das ist aber bei jeder einstweiligen Anordnung der Fall. Eine über den geregelten Zeitraum hinausreichend unabänderliche Regelung ‑ nur eine solche nähme wirklich die Hauptsache vorweg ‑ wird vom Antragsteller nicht begehrt und ist auch nicht nach der Natur der Sache mit seinem Begehren verbunden.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2013 ‑ 16 B 1022/13 ‑ und eingehend Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblatt‑Kommentar (Stand: August 2012), § 123 Rn. 147 ff.
5Ein Anordnungsanspruch ist gegeben.
6Der Antragsgegner und diesem folgend das Verwaltungsgericht gehen insoweit zu Unrecht davon aus, dass dem Wiedererwerb einer Fahrerlaubnis der vormals innegehabten Klassen A1 und B Eignungsdefizite des Antragstellers entgegenstehen. Das folgt insbesondere nicht daraus, dass der Antragsteller als derzeit fahrungeeignet gilt, weil er eine ihm aufgegebene (hier: medizinisch-psychologische) Untersuchung verweigert habe (§ 11 Abs. 8 FeV). Der Anwendung der Nichteignungsfiktion des § 11 Abs. 8 FeV stehen möglicherweise schon formelle Mängel der Begutachtungsanordnung des Antragsgegners entgegen. In jedem Fall fehlte es an der materiellen Berechtigung des Antragsgegners, von dem Antragsteller eine neuerliche vollständige Begutachtung zu verlangen, nachdem dieser bereits im Januar 2012 bzw. ‑ nach Beseitigung formaler Beanstandungsgründe und teilweiser Umformulierung durch die beauftragte DEKRA ‑ im Mai 2012 ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt hatte.
7Die Begutachtungsanordnung des Antragsgegners, die das Datum des 25. Juni 2012 trägt, konnte gegenüber dem Antragsteller mit hoher Wahrscheinlichkeit keine ihm nachteiligen rechtlichen Wirkungen erzeugen. Dabei muss dem Vorbringen des Antragstellers, er habe diese Aufforderung gar nicht erhalten, nicht weiter nachgegangen werden; die Akte enthält allerdings für dieses Aufforderungsschreiben ‑ anders als etwa für die angefochtene Ordnungsverfügung vom 1. Oktober 2012 ‑ weder einen Zustellungsnachweis noch auch nur den sog. Ab‑Vermerk des verantwortlichen Mitarbeiters. In jedem Fall fehlte es in dieser Aufforderung an einer wirksamen Fristbestimmung für die Vorlage des geforderten Gutachtens. Als Fristende für die Vorlage des Gutachtens wird in der genannten Aufforderung der "20.12.2011" angegeben; dies und auch der im Übrigen übereinstimmende Wortlaut der Aufforderung lassen zwanglos darauf schließen, dass der Antragsgegner am 25. Juni 2012 die alte Begut-achtungsanordnung vom 20. Oktober 2011 nochmals ausgedruckt und lediglich mit einem neuen Erstellungsdatum versehen hat, wobei auch die alte, längst überholte Fristbestimmung nicht angepasst worden ist. Abgesehen vom Fehlen der Fristbestimmung konnte der Antragsteller gerade wegen der wortwörtlichen Wiederholung des Aufforderungstextes nicht zwingend davon ausgehen, er müsse wegen der zwischenzeitlich zutagegetretenen Zweifel an den zugrundeliegenden Abstinenznachweisen die gesamte Begutachtung, also auch die unproblematischen, von den aufgetretenen Zweifelsgründen nicht berührten Teile, komplett wiederholen. Der rechtlich unerfahrene und anwaltlich nicht vertretene Antragsteller durfte das Schreiben mit dem Datum des 25. Juni 2012 wegen der Verwendung des alten Aufforderungstextes vielmehr als bloße Erinnerung daran verstehen, dass das im Oktober 2011 geforderte Gutachten noch nicht in vollem Umfang, also einschließlich zweifelsfreier Abstinenznachweise, erbracht worden war. Hierfür sprach auch, dass die Aufforderung keine Begründung dafür enthielt, warum eine Neubegutachtung ‑ sei es eine vollständige, sei es eine teilweise ‑ für erforderlich gehalten wurde. Schließlich ist die Versendung der nur hinsichtlich des Erstellungsdatums aktualisierten "alten" Begut-achtungsaufforderung ‑ insbesondere das Festhalten an der zeitlich überholten Fristsetzung ‑ ganz allgemein und umfassend dem Einwand mangelnder Verbindlichkeit und Ernstlichkeit ausgesetzt; der Antragsteller konnte nach dem Erhalt dieses Schreibens ‑ wenn er es denn überhaupt erhalten hat ‑ begründetermaßen argwöhnen, es müsse bei der Fahrerlaubnisbehörde "irgendetwas schief gelaufen" sein, was er im Übrigen nicht zum Anlass genommen hat, völlig untätig zu bleiben; vielmehr hat er sich um die Beibringung der vom Antragsgegner beanstandenden Abstinenznachweise bemüht und diese schließlich auch dem Antragsgegner vorgelegt.
8Unter den genannten Umständen ergibt sich eine wirksame Begutachtungsanordnung auch nicht bei Einbeziehung der weiteren Aufforderungsschreiben des Antragsgegners vom 27. August und vom 10. September 2012. Das erstgenannte Schreiben bezieht sich nicht ausdrücklich auf die vorangegangene Aufforderung vom 25. Juni 2012 mit den darin enthaltenen näheren Maßgaben und Erläuterungen. Es weist lediglich auf die Rückübersendung der Begutachtungsunterlagen durch die DEKRA hin und verlautbart, aufgrund dieses Umstandes werde davon ausgegangen, dass sich der Antragsteller inzwischen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterzogen habe; es werde um die Vorlage einer Ausfertigung des Gutachtens bis zum 10. September 2012 gebeten. Auch diese kurze Aufforderung verdeutlicht nicht, dass und vor allem warum vom Antragsteller eine vollständige Neubegutachtung gefordert war. Auch diese Aufforderung konnte daher so verstanden werden, dass durch die Nachholung der beanstandeten bzw. mit Zweifeln behafteten Untersuchungen, d.h. durch neue Abstinenznachweise für Cannabis und Alkohol, die im Übrigen schon vorliegende Begutachtung komplettiert werden solle. Nichts anderes gilt für das Schreiben des Antragsgegners vom 10. September 2012, mit welchem dem Antragsteller eine weitere Frist gesetzt worden ist. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen beachtenswert, dass offensichtlich auch die Begutachtungsstelle, also die DEKRA, aufgrund der vom Antragsgegner erhaltenen Informationen nicht von der Erforderlichkeit einer vollständig neuen Begutachtung ausgegangen ist.
9Unabhängig von den dargestellten Bedenken gegen die Annahme, der Antragsgegner habe den Antragsteller formell ordnungsgemäß zu einer umfassenden Neubegutachtung aufgefordert, erwiese sich eine solche Forderung auch aus materiellen Gründen als ungerechtfertigt. Der Antragsteller hat sich auf die Anordnung des Antragsgegners vom 20. Oktober 2011 hin begutachten lassen; in diesem Zusammenhang ist insbesondere auch eine psychologische Befunderhebung erfolgt, die im Zusammenwirken mit den medizinischen Untersuchungen und den vom Antragsteller "mitgebrachten" Befunden zu einer positiven Prognose hinsichtlich des zukünftigen Verkehrsverhaltens des Antragstellers gelangte. Die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vom Antragsteller zu verantwortenden äußerlichen Mängel des im Januar 2012 von ihm vorgelegten Gutachtens, die einer zweifelsfreien Feststellung der Authentizität des Gutachtens entgegenstanden, sind durch das im Mai 2012 vorgelegte Zweitexemplar beseitigt worden. Die fortbestehenden Zweifel des Antragsgegners an der Ordnungsgemäßheit der dem Gutachten zugrunde gelegten Abstinenznachweise sind dadurch obsolet geworden, dass der Antragsteller im September 2012 sowohl für Cannabis als auch für Alkohol die Ergebnisse von Haaranalysen vorgelegt hat, die für etwa neun (weitere) Monate bzgl. Cannabis bzw. drei (weitere) Monate bzgl. Alkohol eine Abstinenz belegen. Da der Antragsteller zwischenzeitlich ein weiteres Zertifikat über eine Haaranalyse des TÜV Nord (Probenentnahme am 23. Oktober 2012) vorgelegt hat, nach dem für die letzten ca. drei Monate keine der aufgeführten Substanzen, darunter Cannabinoide und der Alkoholmarker Ethylglucuronid, nachweisbar waren, wobei allerdings ‑ wie typischerweise bei Haaranalysen ‑ ein einmaliger oder sehr seltener Konsum nicht ausgeschlossen werden konnte, ist in Verbindung mit den im September 2012 vorgelegten Befunden und den bei der Begutachtung durch die DEKRA am 19. Dezember 2011 gewonnenen Untersuchungsergebnissen (unauffällige Leberwerte, kein Nachweis von Cannabis oder anderen Betäubungsmitteln im Urin) ein insgesamt hinreichender Abstinenznachweis anzuerkennen. Da im Mittelpunkt der seinerzeitigen psychologischen Exploration die Abstinenzbehauptung des Antragstellers und dessen innere Einstellung zu den Gründen und zur Fortsetzung dieser Abstinenz standen, war für das prognostische Ergebnis der psychologischen Begutachtung unter anderem maßgeblich, ob diese Abstinenz tatsächlich bestätigt werden konnte. Nachdem dies nunmehr der Fall ist und jedenfalls zu wesentlichen Teilen auch schon zur Zeit des Erlasses der die Wiedererteilung der beantragten Fahrerlaubnis ablehnenden Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 1. Oktober 2012 der Fall war, erscheint es als unnötig und daher auch unverhältnismäßig, diesen besonders intensiv in Persönlichkeitsrechte eingreifenden Teil der Begutachtung
10vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 ‑ 1 BvR 689/92 ‑, BVerfGE 89, 69 = NJW 1993, 2365 = VRS 86 (1994), 1 = juris, Rn. 52 bis 56; BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 ‑ 3 C 25.04 ‑, NJW 2005, 581 = VRS 109 (2005), 300 = DAR 2005, 581 = Blutalkohol 43 (2006), 49 = juris, Rn. 22
11nochmals durchführen zu lassen. Denn wenn die untersuchende Diplompsychologin im Dezember 2011 ‑ auf der Grundlage eines von ihr für plausibel gehaltenen Abstinenznachweises ‑ eine positive Prognose hinsichtlich der Fortsetzung der Abstinenz gestellt hat, spricht nichts Überzeugendes dafür, dass sie oder ein anderer Gutachter bei wiederum glaubhafter Abstinenz nunmehr zu einer anderen Prognose gelangen könnten. Das wäre allenfalls dann anders zu bewerten, wenn sich erwiesen hätte, dass der beim Antragsgegner entstandene Manipulationsverdacht hinsichtlich der vom Antragsteller zum Untersuchungstermin bei der DEKRA im Dezember 2011 vorgelegten Abstinenznachweise den Verdacht einschlösse, der Antragsteller sei in das manipulative Geschehen einbezogen gewesen; das würde auf einen charakterlichen Mangel des Antragstellers hindeuten, der Einfluss auf die durch psychologische Exploration zu ergründende Fahreignungsprognose haben könnte. Für eine solche Beteiligung des Antragstellers spricht indessen nach Aktenlage nichts. Der beim Antragsgegner aufgekommene Manipulationsverdacht bezieht sich ausschließlich darauf, dass die Ärztin aus E. , die beim Antragsteller die Haarprobe entnommen und an das Analyselabor gesandt hat, mit anderweitigen Manipulationsfällen in Verbindung gebracht worden ist, wobei nicht einmal abschließend feststehen dürfte, dass die gegen die Ärztin erhobenen Vorwürfe wirklich zutreffen. Soweit der Antragsgegner ‑ wie aus einem Schreiben an die DEKRA vom 15. Mai 2012 hervorgeht ‑ angenommen hat, der Antragsteller sei nach einer Auskunft der DEKRA vom 13. Februar 2012 mit extrem kurzen Haaren zu der dortigen Untersuchung am 19. Dezember 2011 gekommen, während eine Probe mit 12 cm langen Haaren am 22. Dezember 2011 im Labor eingegangen sei, beruht das auf einem offenkundig fehlerhaften Verständnis des besagten DEKRA‑Schreibens vom 13. Februar 2012. In diesem Schreiben heißt es ausdrücklich, im Fall des Antragstellers seien nach nochmaliger Prüfung aller vorliegenden Unterlagen keine Belege dafür gefunden worden, die auf manipulierte oder gefälschte Befunde hinwiesen. Anschließend berichtet die DEKRA in diesem Schreiben von einen anderen Fall, in dem der dort Betroffene etwa zeitgleich über die in Verdacht geratene Ärztin eine Haarprobe eingereicht habe und mit extrem kurzen Haaren zur Untersuchung bei der DEKRA erschienen sei. Diese zusätzliche Information hat der Antragsgegner anscheinend auf den Antragsteller bezogen, was der Wortlaut des Schreibens indessen nicht hergibt. Es fehlt auch jeder sonstige Hinweis darauf, dass sich die seinerzeitige Haarprobe beim Antragsteller ähnlich abgespielt haben könnte wie in dem beschriebenen anderen Fall.
12Auch ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht. Der Antragsteller bzw. seine für ihn Stellung nehmende Mutter haben anschaulich und nachvollziehbar beschrieben, dass sich das Fehlen der Fahrerlaubnis erheblich belastend auf den in der Berufsausbildung befindlichen Antragsteller auswirkt.
13Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 sowie 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG
14Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).