Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 04. Apr. 2014 - 21 K 3716/12
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Klägerin zu 30 % und der Beklagte zu 70 %.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin beantragte am 30. September 2008 erstmals erfolglos Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) für ihren am 0.0.2006 geborenen Sohn. Der niederländische Vater des Kindes zahlte nach Angaben seines Anwaltes in einem Schreiben vom 5. März 2007 bis Dezember 2006 Unterhalt und stellte die Zahlungen ab Januar 2007 ein. Die Klägerin hat im Wege einer einstweiligen Anordnung (Beschluss des Amtsgerichts L. , Familiengericht vom 4. April 2008 – 00 F 00/08 -) einen Unterhaltstitel für ihren Sohn in Höhe von 202,-- Euro monatlich ab Februar 2008 erstritten, das Verfahren dann aber nicht weiter geführt. Auch später beim Beklagten gestellte Anträge auf Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen waren erfolglos.
3Die Klägerin arbeitete ab dem 12. Dezember 2009 in den Niederlanden, wohnte aber mit ihrem Sohn weiterhin in U. . Am 31. Januar 2012 beantragte die Klägerin schriftlich per Telefax, im Übrigen formlos erneut Leistungen nach dem UVG. Ein Antragsformular wurde vom Beklagten am 1. Februar 2012 zur Post gegeben und ging am 20. März 2012 ausgefüllt beim Beklagten wieder ein. Mit Bescheid vom 3. April 2012 bewilligte der Beklagte für den Sohn der Klägerin Leistungen nach dem UVG ab dem 1. März 2012 in Höhe von 133,‑ Euro sowie ab dem 1. April 2012 in Höhe von 180,‑ Euro. Bei der Berechnung zog der Beklagte vom zugrunde zu legenden Mindestunterhalt Kindergeld in der nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) zu gewährenden Höhe ab. Am 2. Mai 2012 wies die Klägerin telefonisch darauf hin, dass für ihren Sohn niederländisches Kindergeld in geringerer Höhe gezahlt werde. Dazu legte sie der Beklagten einen Bescheid der Familienkasse vom 30. Juni 2010 vor, mit dem die Festsetzung des (deutschen) Kindergeldes ab Januar 2010 aufgehoben wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Klägerin sei in das soziale Sicherungssystem in den Niederlanden integriert und unterliege nach den zu beachtendeneuroparechtlichen Bestimmungen den Rechtsvorschriften dieses Staates. Die Gewährung von deutschem Kindergeld sei deshalb gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen. Zudem legte die Klägerin ein Schreiben der Sociale Verzekeringsbank in O. vom 7. Mai 2012 vor. Darin wird bestätigt, dass die Klägerin Anspruch auf niederländisches Kindergeld hat, weil sie seit dem 12. Dezember 2009 in den Niederlanden arbeitet. Für das erste Quartal 2012 wurden ausweislich des Schreibens insgesamt 442,82 Euro (Kindergeld und Kinderzuschlag) ausgezahlt.
4Die Klägerin hat am 3. Mai 2012 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt: Sie begehre Leistungen nach dem UVG ab dem frühest möglichen Zeitpunkt und in anderer Höhe. Anstatt des deutschen Kindergeldes sei das tatsächlich ausgezahlte niederländische Kindergeld zu berücksichtigen.
5In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 3. April 2014 Unterhaltsvorschussleistungen für den Sohn der Klägerin auch für die Monate Januar und Februar 2012 in Höhe von 133,-- Euro bewilligt. Insoweit haben die Beteiligten Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
6Die Klägerin beantragt nunmehr noch,
7den Beklagten zu verpflichten, ihr für ihren Sohn unter teilweiser Abänderung des Bescheides vom 3. April 2012 in der Gestalt wie er in der mündlichen Verhandlung von heute Inhalt gefunden hat, Leistungen nach dem UVG bereits ab dem 1. Januar 2012 in Höhe von mehr als 133,-- Euro und ab dem 1. April 2012 in Höhe von mehr als 180,‑ Euro zu bewilligen.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Er trägt vor: Unterhaltsvorschuss sei ab dem Monat bewilligt worden, in dem der Antrag eingegangen sei. Voraussetzung für eine rückwirkende Bewilligung seien Bemühungen des Berechtigten, den anderen Elternteil zu Unterhaltszahlungen zu veranlassen. Derartige Bemühungen der Klägerin seien hier nicht ersichtlich. Die Klägerin habe weder die zwangsweise Beitreibung des im Wege einer einstweiligen Anordnung titulierten Anspruchs gegen den Kindesvater auf Unterhaltsleistungen in Höhe von 202,‑ Euro versucht noch das Hauptsacheverfahren in der Unterhaltssache weiter betrieben. Gemäß Punkt 2.3 der Richtlinien zur Durchführung des UVG betrage der Anrechnungsbetrag gemäß § 2 Abs. 2 UVG auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten stets das gesamte deutsche Erstkindergeld.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte 21 K 749/14 nebst Verwaltungsvorgang verwiesen.
12Entscheidungsgründe:
13Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen. Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.
14Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin als alleinerziehender Elternteil berechtigt, den Anspruch ihres Kindes auf Leistungen nach dem UVG im eigenen Namen geltend zu machen.
15Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 4. Februar 2003 – 16 A 1387/01 -, juris; ständige Rspr. der Kammer, vgl. nur VG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juli 2013 – 21 K 3006/12 -.
16Die Klage ist jedoch unbegründet.
17Der Bescheid des Beklagten vom 3. April 2012 in der Gestalt wie er in der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2014 Inhalt gefunden hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf zusätzliche Bewilligung von Leistungen nach dem UVG in Höhe der Differenz zwischen deutschem und niederländischem Kindergeld für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 3. April 2012.
18Dass die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 UVG erfüllt, ist unstreitig.
19Die mit dem streitgegenständlichen Bescheid bewilligten Unterhaltsvorschussleistungen sind der Höhe nach rechtmäßig. Die vom Beklagten in dem Bescheid dargelegte Berechnung ist nach den Vorgaben des § 2 UVG nicht zu beanstanden. Insbesondere hat der Beklagte zu Recht einen Abzug in Höhe des nach § 66 EStG zu zahlenden Kindergeldes von 184,-- Euro vorgenommen. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 UVG mindert sich die Unterhaltsleistung um das für ein erstes Kind zu zahlende Kindergeld nach § 66 EStG, wenn der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, für den Berechtigten Anspruch auf volles Kindergeld nach EStG hat.
20Die Klägerin ist nach den nationalen Regelungen Deutschlands für ihren Sohn nach §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 EStG kindergeldberechtigt. Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in Deutschland. Ihr Sohn ist mit ihr im ersten Grad verwandt.
21Der inländische Kindergeldanspruch der Klägerin wird auch nicht durch unionsrechtliche Regelungen ausgeschlossen. Er ist allerdings nach den hier anzuwendenden unionsrechtlichen Regelungen bis zur Höhe des nach niederländischem Recht vorgesehenen Betrages der Familienleistungen ausgesetzt.
22Ab dem 1. Mai 2010 und damit für den hier streitbefangenen Zeitraum koordiniert beim Zusammentreffen der nationalen (Kindergeld-) Ansprüche zweier EU-Mitgliedstaaten die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (VO (EG) Nr. 883/2004) die Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedsstaaten.
23Die Klägerin unterfällt als deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Deutschland dem persönlichen Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 883/2004 (Art. 2 Abs. 1). Auch der sachliche Anwendungsbereich ist eröffnet, denn die VO (EG) Nr. 883/2004 gilt nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j) unter anderem für Familienleistungen. Familienleistungen sind nach Art. 1 Buchstabe z) der VO (EG) Nr. 883/2004 alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen. Neben dem deutschen Kindergeld sind dazu auch das niederländische Kindergeld sowie die nach niederländischem Recht vorgesehene einkommensabhängige kinderbezogene Beihilfe,
24vgl. dazu Europäische Kommission, Ihre Rechte der sozialen Sicherheit in den Niederlanden, Stand: Juli 2013,
25zu zählen.
26Vgl. etwa Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 18. Juli 2013 – III R 71/11 -, juris; Finanzgericht (FG) Köln, Urteil vom 31. Januar 2013 – 15 K 2058/09 -, juris.
27Nach Art. 11 Abs. 3 Buchstabe a) der VO (EG) Nr. 883/2004 unterliegt die Klägerin, die in den Niederlanden eine Beschäftigung ausübte, allein den Rechtsvorschriften der Niederlande. Daneben ist auch der deutsche, durch den Wohnort ausgelöste Kindergeldanspruch zu berücksichtigen, der ohne Vermittlung von Europarecht allein durch nationales Recht eingeräumt wird. Die sich aus dem deutschen Recht ergebende Anspruchsberechtigung entfällt nicht dadurch, dass eine Person gemäß Art. 11 ff der VO (EG) Nr. 883/2004 nicht den deutschen Rechtsvorschriften, sondern nur – wie hier – den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union unterliegt.
28Vgl. BFH, Urteil vom 16. Mai 2013 – III R 8/11 – juris noch zur Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 als Reaktion auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteile vom 20. Mai 2008 – C-352/06 – „Bosmann“ und vom 12. Juni 2012 – C-611/10 und C-612/10- „Hudzinski und Wawrzyniak“, jeweils juris.
29Nach Art. 68 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 ist der Anspruch der Klägerin auf niederländische Familienleistungen gegenüber ihrem nationalen deutschen Anspruch auf Kindergeld vorrangig.
30Eine Anspruchskumulierung ist nach Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004 aufzulösen. Danach sind zur Vermeidung grenzüberschreitender Doppelleistungen konkurrierende Kindergeldansprüche wie folgt zu priorisieren: Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer EU‑Mitgliedsstaaten zu gewähren, so stehen nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j) i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 883/2004 an erster Stelle die durch eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche – hier der unionsrechtlich durch die Erwerbstätigkeit ausgelöste niederländische Kindergeldanspruch der Klägerin. Hiernach folgen von der Priorität die durch den Bezug einer Rente und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche – hier der an den Wohnsitz der Klägerin und ihres Sohnes anknüpfende rein deutsche Kindergeldanspruch.
31Dieser nachrangige deutsche Kindergeldanspruch ruht nach Art. 68 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbs. VO (EG) Nr. 883/2004 bis zur Höhe der niederländischen Familienleistungen. Hinsichtlich des Differenzbetrages zwischen den deutschen und den niederländischen Familienleistungen kann die Klägerin ihren Anspruch auf deutsches Kindergeld auf Art. 68 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. VO (EG) Nr. 883/2004 stützen.
32Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen. Danach wird Kindergeld nicht für ein Kind gezahlt, für das eine Leistung, die im Ausland gewährt wird und dem Kindergeld vergleichbar ist, zu zahlen ist. § 65 EStG wird durch die Regelung des Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004 verdrängt.
33Vgl. BFH, Urteil vom 18. Juli 2013 - III R 51/09 -, juris noch zur VO (EWG) Nr. 1408/71; vgl. auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 8. Juni 2004 – 2 BvL 5/00 -, juris.
34Die Klägerin ist nach alledem darauf zu verweisen, den hier unterhaltsvorschussrechtlich eingeklagten Differenzbetrag bei der Familienkasse geltend zu machen.
35Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2, 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO. Soweit der Beklagte nach Überprüfung seiner Rechtsauffassung Unterhaltsvorschussleistungen für den Sohn der Klägerin bereits ab Januar 2012 bewilligt hat, sind nach billigem Ermessen die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen. Hinsichtlich des weiterhin streitigen Begehrens hat die unterliegende Klägerin die Kosten zu tragen. Hinsichtlich der Bestimmung der Quote hat das Gericht Folgendes berücksichtigt: Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage ursprünglich zumindest 375,17 Euro mehr als bewilligt. Die Kammer geht dabei davon aus, dass bei der gerichtlichen Verfolgung eines Leistungsanspruchs nach dem UVG regelmäßig lediglich die Zeit bis zum Erlass des das Verwaltungsverfahren abschließenden Bescheides zum Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gemacht werden kann,
36vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2008 – 16 E 1118/06 -, juris,
37hier also nur die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum Erlass des Bescheides vom 3. April 2012. Zudem hat die Kammer bei der ‑ lediglich für die Bildung der Kostenquote erforderlichen ‑ Berechnung zum Zwecke der Vereinfachung die ersten Tage des Monats April 2012 außer Acht gelassen, die allenfalls mit wenigen Euro hätten berücksichtigt werden müssen. Zugrunde gelegt wurde demnach, dass die Klägerin ursprünglich für den Monat März 2012 den Differenzbetrag zwischen deutschem und niederländischem Kindergeld in Höhe von 36,39 Euro begehrte und für die Monate Januar und Februar 2012 Leistungen nach dem UVG in Höhe von jeweils 133,-- Euro zuzüglich des Differenzbetrages von jeweils 36,39 Euro. Dem sich daraus ergebenden Gesamtbetrag von 375,17 Euro hat die Kammer den Betrag in Höhe von 266,-- Euro
38- in dieser Höhe hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung in Abänderung des Bescheides vom 3. April 2012 für den streitbefangenen Zeitraum zusätzlich Leistungen nach dem UVG bewilligt -
39gegenüber gestellt und daraus näherungsweise die aus dem Tenor ersichtliche Kostenquote gebildet.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 04. Apr. 2014 - 21 K 3716/12
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 04. Apr. 2014 - 21 K 3716/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:
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Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind, - 2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Kinder sind
- 1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder, - 2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).
(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.
(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.
(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es
- 1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder - 2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und - a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder - b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder - c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder - d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet: - aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes, - bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes, - cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, - dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32), - ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, - ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016, - gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder - hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
- 3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das
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den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder - 2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder - 3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn
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der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder - 2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die mit ihrer Familie in Deutschland lebt, bezog für ihren minderjährigen Sohn fortlaufend deutsches Kindergeld. Im Februar 2009 nahm sie in den Niederlanden eine abhängige Beschäftigung auf. Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) nahm dies zum Anlass, die Kindergeldfestsetzung ab April 2009 aufzuheben. Zur Begründung führte sie aus, dass aufgrund der Beschäftigung im Ausland nur noch ein Anspruch auf niederländische Familienleistungen bestehe. Tatsächlich erhielt die Klägerin solche Leistungen ab April 2009, allerdings lediglich in der nach niederländischem Recht vorgesehenen Höhe von 194,99 € pro Quartal.
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Die Zahlung von deutschem Differenzkindergeld verweigerte die Familienkasse unter Berufung auf § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage statt. Zur Begründung verwies es insbesondere auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Bosmann C-352/06 (Slg. 2008, I-3827).
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Die Familienkasse beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des unter dem Aktenzeichen III R 51/09 beim Bundesfinanzhof anhängigen Revisionsverfahrens anzuordnen.
Entscheidungsgründe
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II. Die begründete Revision der Familienkasse führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsakts (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit X - Familienkasse eingetreten (s. dazu BFH-Beschluss vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).
- 8
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2. Das FG hat angenommen, dass ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf (Differenz-)Kindergeld nicht an § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG scheitert. Diese rechtliche Folgerung ist nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen getragen und daher fehlerhaft. Erst wenn die Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachgeholt sind, wird die Prüfung möglich sein, ob § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangt oder durch gemeinschaftsrechtliche Vorschriften verdrängt wird.
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Die Klägerin erfüllt, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Das FG ist im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, der die Anrechnung von im Ausland gewährten, dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen regelt, durch Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO Nr. 1408/71 (VO Nr. 574/72) in der durch die VO Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, diese wiederum geändert durch die VO Nr. 647/2005, verdrängt werden kann. Dies setzt allerdings voraus, dass die Klägerin überhaupt in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), fällt.
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Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 4. August 2011 III R 55/08, BFHE 234, 316; vom 19. April 2012 III R 87/09, BFHE 237, 150; vom 5. Juli 2012 III R 76/10, BFHE 238, 87) ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 eröffnet ist. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine Person nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 in irgendeinem der von ihrem sachlichen Geltungsbereich erfassten Zweige der sozialen Sicherheit in irgendeinem Mitgliedstaat der Europäischen Union versichert ist (zur Prüfung im Einzelnen s. BFH-Urteile in BFHE 234, 316; in BFHE 237, 150; in BFHE 238, 87).
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Fällt eine Person nicht in den persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71, dann richtet sich die Kindergeldberechtigung nach §§ 62 ff. EStG und die Anspruchskonkurrenz zwischen dem deutschen Kindergeldanspruch und der ausländischen Familienleistung ist nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu lösen.
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Das FG hat lediglich die Feststellung getroffen, dass die Klägerin in den Niederlanden beschäftigt sei. Dies genügt nicht für die Prüfung, ob der persönliche Geltungsbereich eröffnet wird, weil es hierfür maßgeblich auf den genauen Versichertenstatus ankommt.
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3. Sollte sich im zweiten Rechtsgang herausstellen, dass die Klägerin dem persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterfällt und sie, was anhand der Senatsrechtsprechung (BFH-Urteile in BFHE 234, 316; in BFHE 237, 150; in BFHE 238, 87) im Einzelnen zu prüfen wäre, außerdem wegen einer abhängigen Beschäftigung in den Niederlanden gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt, dann wird das FG Folgendes zu beachten haben:
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a) Obgleich Deutschland in diesem Fall im Hinblick auf die Gewährung der Familienleistungen an sich der unzuständige Staat wäre, würde der sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG ergebende Kindergeldanspruch nicht ausgeschlossen sein. Denn die Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 entfalten keine Sperrwirkung für die Anwendung des Rechts des nicht zuständigen Mitgliedstaats, so dass sich die Anspruchsberechtigung auch bei Personen und bei Leistungen, die dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterliegen, allein nach den Bestimmungen des deutschen Rechts richtet. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 16. Mai 2013 III R 8/11 (BFHE 241, 511).
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b) Entgegen der Auffassung der Revision wäre die Festsetzung des (Differenz-)Kindergeldes nicht gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen.
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Es könnte hierbei offenbleiben, ob die gegebene Anspruchskumulation zwischen deutschen und niederländischen Familienleistungen nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder --wie vom FG in der angegriffenen Entscheidung angenommen-- nach der gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 aufgelöst wird. Die Anwendung beider Vorschriften würde nämlich zum selben Ergebnis führen.
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aa) Nach der gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift ruht der deutsche Anspruch bis zur Höhe der im Beschäftigungsmitgliedstaat Niederlande geschuldeten Leistungen. Da mit der Anordnung des anteiligen Ruhens die Anspruchskumulation beseitigt ist, rechtfertigt es die Norm nicht, den weiter gehenden deutschen Kindergeldanspruch auszuschließen.
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bb) § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sieht zwar vor, dass Kindergeld nicht für ein Kind gezahlt wird, für das Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder einer der unter § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Leistungen vergleichbar sind, zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre. Die Auslegung dieser Vorschrift hat jedoch unter Beachtung der Anforderungen des Primärrechts der Union auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu erfolgen (EuGH-Urteil vom 12. Juni 2012 C-611/10, C-612/10, Hudzinski und Wawrzyniak, Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht --ZESAR-- 2012, 475). Danach darf in einem Fall, in dem in einem anderen Mitgliedstaat dem Kindergeld vergleichbare Leistungen gewährt werden, der Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nur in entsprechender Höhe gekürzt, jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden, wenn anderenfalls das Freizügigkeitsrecht des Wanderarbeitnehmers beeinträchtigt wäre.
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Die vom EuGH in seinem Urteil in ZESAR 2012, 475 zur Bedeutung des Freizügigkeitsrechts entwickelten Rechtsgrundsätze sind über den dort entschiedenen Fall hinaus jedenfalls auch für solche Wanderarbeitnehmer anzuwenden, die dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterfallen und als Grenzgänger in einem anderen Mitgliedstaat einer abhängigen Beschäftigung nachgehen. Auch diese Wanderarbeitnehmergruppe kann von der Arbeitsaufnahme in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union abgehalten werden, wenn sie befürchten müsste, den im Wohnmitgliedstaat bestehenden höheren Kindergeldanspruch zu verlieren. Es ist nicht ersichtlich, dass Grenzgänger anders zu behandeln sein könnten als Saisonarbeitnehmer oder entsandte Arbeitnehmer, die Gegenstand des EuGH-Urteils in ZESAR 2012, 475 waren.
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4. Das Ruhen des Verfahrens war nicht anzuordnen. Eine solche Anordnung setzt gemäß § 155 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung übereinstimmende Anträge der Beteiligten voraus. Im Streitfall hat lediglich die Klägerin einen Antrag gestellt.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein polnischer Staatsangehöriger, ist der Vater der 1995 und 2000 geborenen Kinder A und S. Er lebt mit seiner Familie in Polen.
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Vom 30. Mai bis 6. Juli und vom 16. August bis 12. Oktober 2007 war der Kläger bei einem deutschen Unternehmen im Inland nichtselbständig beschäftigt. In seinem Heimatland Polen war er als Selbständiger sozialversicherungspflichtig. In der von ihm eingereichten Einkommensteuererklärung 2007 beantragte er, als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt zu werden. Ausweislich der beigefügten Bescheinigung "EU/EWR" hatte er im Jahr 2007 in Polen keine steuerpflichtigen Einkünfte erzielt.
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Er beantragte im März 2008 die Bewilligung von Kindergeld und gab hierbei unter anderem an, dass seine Ehefrau für den Zeitraum September 2006 bis August 2007 polnische Familienleistungen bezogen habe. Außerdem legte er eine Lohnsteuerbescheinigung vor. Danach hatte er während seines Aufenthalts in Deutschland insgesamt 4.236,69 € brutto verdient.
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Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab zur Begründung an, dass ein Kindergeldanspruch aufgrund der Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), nur nach polnischem, nicht aber nach deutschem Recht bestehe. Der Kläger unterliege wegen seiner selbständigen Tätigkeit in Polen und seiner nur vorübergehenden unselbständigen Tätigkeit in Deutschland gemäß Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 den polnischen Rechtsvorschriften über Familienleistungen. Die Regelungen der VO Nr. 1408/71 seien abschließend, so dass das deutsche Kindergeldrecht auch nicht subsidiär anwendbar sei. Den §§ 62 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei nicht zu entnehmen, dass deutsches Kindergeldrecht auch dann anzuwenden sei, wenn nach dem Wortlaut der VO Nr. 1408/71 die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats Anwendung fänden. Ein Anwendungsbefehl zugunsten des nationalen Rechts wäre aber zu erwarten, weil die VO Nr. 1408/71 als überstaatliches Recht den nationalen Rechtsvorschriften vorgehe und deren Anwendungsbereich begrenze.
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Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, dass Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 nicht einschlägig sei. Nach dem Grundsatz des Art. 13 Abs. 2 der VO Nr. 1408/71 sei wegen der in Deutschland ausgeübten nichtselbständigen Beschäftigung daher deutsches Recht anzuwenden. Das FG habe damit bereits das Gemeinschaftsrecht fehlerhaft angewandt. Darüber hinaus habe es dem Gemeinschaftsrecht zu Unrecht eine rechtsnormverkürzende Wirkung beigemessen. Selbst bei Anwendbarkeit des polnischen Rechts seien die deutschen Rechtsvorschriften nicht gesperrt. Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 20. Mai 2008 C-352/06, Bosmann (Slg. 2008, I-3827) werde in der Literatur zutreffend so bewertet, dass europäisches koordinierendes Sozialrecht niemals rechtsverkürzend oder gar rechtsvernichtend, sondern stets nur rechtserweiternd wirke.
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Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Familienkasse unter Aufhebung des Bescheids vom 2. Mai 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2008 zu verpflichten, Kindergeld für die Kinder A und S für die Monate Mai bis einschließlich Oktober 2007 festzusetzen.
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Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Der Kläger habe in keinem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit gestanden, sondern der polnischen Sozialversicherung unterlegen. Da bereits die Versicherung in einem Zweig der sozialen Sicherheit zur Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs der VO Nr. 1408/71 führe, müsse auch die Frage, in welchem Mitgliedstaat die Beschäftigung ausgeübt werde, am Versichertenstatus festgemacht werden. Das Versicherungsland habe daher als Beschäftigungsland i.S. der Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 zu gelten. Es bleibe daher bei der Zuweisung des hier zu beurteilenden Sachverhalts unter die polnischen Rechtsvorschriften.
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Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die deutschen Kindergeldvorschriften (§§ 62 ff. EStG) deshalb nicht anwendbar seien, weil der Streitfall gemäß Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 --ausschließlich-- den polnischen Rechtsvorschriften unterlegen habe.
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1. Die Familienkasse Sachsen der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit Wesel (Familienkasse) eingetreten (s. dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).
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2. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG hat u.a. Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
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Die sich aus dieser Norm ergebende Anspruchsberechtigung entfällt nicht dadurch, dass eine Person gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 nicht den deutschen Rechtsvorschriften, sondern nur (vgl. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 1408/71) den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union unterliegt. An der gegenteiligen Auffassung, die der vorinstanzlichen Entscheidung zugrunde liegt und die auch der BFH bisher in ständiger Rechtsprechung vertreten hat (z.B. BFH-Urteile vom 13. August 2002 VIII R 61/00, BFHE 200, 205, BStBl II 2002, 869, und VIII R 97/01, BFHE 200, 211, BStBl II 2002, 869; Senatsurteil vom 24. März 2006 III R 41/05, BFHE 212, 551, BStBl II 2008, 369), kann der Senat mit Blick auf die EuGH-Urteile in den Rechtssachen Bosmann in Slg. 2008, I-3827 sowie vom 12. Juni 2012 C-611/10, C-612/10, Hudzinski und Wawrzyniak (Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeits-recht --ZESAR-- 2012, 475) nicht mehr festhalten. Das vom BFH durch Auslegung des Art. 13 Abs. 1 der VO Nr. 1408/71 gewonnene "unionsrechtliche Verbot" der Gewährung deutschen Kindergeldes zugunsten von Personen, die nur den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats unterliegen, beruht nach Auffassung des EuGH auf einem fehlerhaften Verständnis der verordnungsrechtlichen Vorschriften zur Bestimmung des anwendbaren Rechts.
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Da somit eine europarechtlich begründete Sperrwirkung des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 1408/71 gerade nicht besteht, richtet sich die Anspruchsberechtigung auch bei Personen und bei Leistungen, die dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterliegen, allein nach den Bestimmungen des deutschen Rechts.
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Es bedarf nach Auffassung des Senats auch keines zusätzlichen nationalen Anwendungsbefehls. Ungeachtet der schwierigen Frage, wie ein solcher Anwendungsbefehl zu formulieren wäre, basiert diese Forderung auf der Rechtsauffassung, dass Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 1408/71 eine Sperrwirkung (Verbot) für die Anwendung der Rechtsvorschriften des nicht zuständigen Mitgliedstaats begründet. Sollen die an sich nicht anwendbaren Vorschriften des unzuständigen Mitgliedstaats dennoch angewendet werden, so bedarf es einer ausdrücklichen Willensäußerung des Gesetzgebers dieses Staates. Dieser in der Rechtsprechung der FG vertretenen Auffassung (vgl. z.B. Urteile des FG Düsseldorf vom 17. Februar 2009 10 K 501/08 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 761; vom 24. September 2010 16 K 3718/08 Kg, juris) wurde spätestens durch das EuGH-Urteil Hudzinski und Wawrzyniak in ZESAR 2012, 475 die Grundlage entzogen. Denn die angenommene europarechtliche Sperrwirkung besteht gerade nicht. Richtet sich die Kindergeldberechtigung einer Person demnach allein nach den nationalen Vorschriften des an sich unzuständigen Mitgliedstaats, dann ist für das geltende deutsche Recht festzustellen, dass diesem keine Einschränkung zu entnehmen ist, dass Kindergeld im Falle grenzüberschreitender Sachverhalte nur unter dem Vorbehalt der Zuständigkeit Deutschlands i.S. der Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 zu gewähren ist. Selbst wenn ein solcher --still-schweigender-- Vorbehalt dem Willen des Gesetzgebers entsprochen haben sollte, so fehlt es jedenfalls an der tatbestandlichen Ausformulierung dieser Absicht. Aus der Gesetzgebungsgeschichte geht hervor, dass der Gesetzgeber die mit dem Jahressteuergesetz 1996 vollzogene Neukonzeption des Kindergeldrechts durchaus mit der VO Nr. 1408/71 abgestimmt hat. So hat er den sozialrechtlichen Kindergeldanspruch insbesondere für solche Wanderarbeitnehmer vorgesehen, die nach der VO Nr. 1408/71 den deutschen Bestimmungen über soziale Sicherheit unterliegen (vgl. BTDrucks 13/1558, S. 163) und (nur) deshalb in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Bundeskindergeldgesetzes --BKGG--) stehen (können). Das Abstellen auf ein bestehendes Versicherungspflichtverhältnis in der deutschen Sozialversicherung, das wiederum von der Anwendbarkeit des deutschen Sozialrechts gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 abhängt, stellt gewissermaßen den deutschen Anwendungsbefehl für den sozialrechtlichen Kindergeldanspruch dar. Ein vergleichbarer Vorbehalt bzw. --positiv gewendet-- Anwendungsbefehl hinsichtlich der Anwendbarkeit der deutschen Bestimmungen gemäß der VO Nr. 1408/71 fehlt dagegen im Anwendungsbereich des steuerrechtlichen Kindergeldes. Dieses hat der Gesetzgeber ohne weitere einschränkende Voraussetzungen (nur) vom Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, also der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG) und --für bestimmte grenzüberschreitende Sachverhalte-- von der fiktiven unbeschränkten Einkommensteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 EStG (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG) abhängig gemacht. Eine Differenzierung der sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 2 EStG ergebenden Anspruchsberechtigung nach der Anwendbarkeit der deutschen Bestimmungen findet sich dort nicht. Nur wenn die Regelung in Buchst. b des § 62 Abs. 1 Nr. 2 EStG in dieser Form nicht existierte, würde der Kindergeldanspruch einer Person, die auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 EStG behandelt wird, von der Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 abhängen. Denn in einem solchen Fall würde die steuerliche Freistellung des Kinderexistenzminimums allein durch den auch im Falle des § 1 Abs. 3 EStG bestehenden Anspruch auf einen Kinderfreibetrag (vgl. Schmidt/Loschelder, EStG, 32. Aufl., § 32 Rz 2) bewirkt werden. Kindergeld als Sozialleistung könnte von der als unbeschränkt steuerpflichtig behandelten Person aber nur dann beansprucht werden, wenn sie nach Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 den deutschen Bestimmungen über soziale Sicherheit unterliegen würde. Denn nur bei Anwendbarkeit des deutschen Sozialrechts kann überhaupt ein Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 BKGG begründet werden. Dies zeigt, dass nach geltender Rechtslage der nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG begründete Anspruch eines Saisonarbeitnehmers, der gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 den deutschen Bestimmungen über soziale Sicherheit nicht unterliegt, nicht ausgeschlossen werden kann. Die Versagung des Kindergeldes kann nicht mit dem Hinweis auf den fehlenden positiven Anwendungsbefehl des Gesetzgebers begründet werden, sondern kann allenfalls durch Änderung bzw. Streichung des Buchst. b in § 62 Abs. 1 Nr. 2 EStG erreicht werden. Somit obliegt die Entscheidung, den Kindergeldanspruch solcher als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelter Personen, die gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 den deutschen Bestimmungen über soziale Sicherheit nicht unterliegen, durch Änderung oder Aufhebung des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zu versagen, allein dem Gesetzgeber.
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3. Gemessen an diesen Maßstäben kann die Entscheidung der Vor-instanz keinen Bestand haben.
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a) Nach den nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des FG war der Kläger in Polen selbständig tätig und nur vorübergehend in Deutschland als Arbeitnehmer beschäftigt. Das FG hat danach gemäß Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 zutreffend das polnische Recht als anwendbar bestimmt (zum anwendbaren Recht bei einem Saisonarbeitnehmer vgl. BFH-Beschluss vom 21. Oktober 2010 III R 35/10, BFHE 231, 194; EuGH-Urteil Hudzinski und Wawrzyniak in ZESAR 2012, 475).
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b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz entfalten die Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 aber keine Sperrwirkung hinsichtlich der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften. Die grundsätzliche Anspruchsberechtigung des Klägers folgt damit aus § 62 Abs. 1 EStG. Eines zusätzlichen Anwendungsbefehls bedarf es nicht.
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4. Die Sache ist nicht spruchreif.
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Das FG hat --von seinem Standpunkt aus folgerichtig-- keine Tatsachen zur Anspruchsberechtigung des Klägers nach deutschem Recht festgestellt. Diese Feststellungen, insbesondere zum Vorliegen der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG), wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Für die weitere Prüfung weist der Senat auf Folgendes hin:
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a) Ausgangspunkt der Prüfung ist die Frage, ob der Kläger im Streitzeitraum die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 62 ff. EStG erfüllt hat.
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aa) Für Kinder i.S. des § 63 EStG hat nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Hierzu hat der erkennende Senat entschieden, dass eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG voraussetzt, dass der Anspruchsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags vom zuständigen Finanzamt (FA) nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (Senatsurteil vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897). Die Tatsache allein, dass beispielsweise bei einem ausländischen Saisonarbeitnehmer im Einkommensteuerbescheid von einer unbeschränkten Steuerpflicht ausgegangen wurde, besagt nicht notwendigerweise, dass es sich um eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG gehandelt hat. Vielmehr kann einem solchen Bescheid z.B. auch eine --für die Familienkasse und das FG nicht bindende-- unzutreffende Bejahung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 EStG zugrunde liegen. Soweit sich daher eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG nicht unmittelbar aus dem Wortlaut oder Inhalt des Steuerbescheids selbst ergibt, ist zu prüfen, ob der Anspruchsteller sein Antragswahlrecht gegenüber dem FA entsprechend ausgeübt hat (insbesondere durch entsprechende Erklärung im Antragsformular) und welchen Erklärungsgehalt der Anspruchsteller dem Bescheid nach den ihm im Laufe des Veranlagungsverfahrens bekannt gewordenen Umständen beimessen konnte (§ 124 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung). Gegebenen-falls kann insoweit auch eine Beiziehung der Veranlagungsakten notwendig werden. Wurde dem Anspruchsteller im Laufe des jeweiligen Veranlagungszeitraums eine Bescheinigung nach § 39c Abs. 4 EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2011 geltenden Fassung erteilt, ist gleichwohl zu prüfen, ob in der in diesem Fall von Amts wegen durchzuführenden Veranlagung (§ 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2011 geltenden Fassung) die Behandlung des Anspruchstellers als nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt Steuerpflichtiger vom FA beibehalten wurde.
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bb) Wurde dem Antrag des Anspruchstellers auf Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG entsprochen, lässt sich daraus nicht ableiten, dass deshalb in jedem Fall eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG für das gesamte Kalenderjahr gegeben ist. Insoweit ist vielmehr zu beachten, dass nach dem BFH-Urteil vom 24. Oktober 2012 V R 43/11 (BFHE 239, 327), dem sich der Senat anschließt, eine solche Kindergeldberechtigung nur in den Monaten des betreffenden Kalenderjahres besteht, in denen der Anspruchsteller Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat.
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cc) Die Gründe der angegriffenen Entscheidung enthalten keine hinreichenden Feststellungen dazu, ob der Kläger vom FA nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wurde. Das FG hat lediglich festgestellt, dass der Kläger einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Es wird daher noch zu prüfen sein, ob das FA den Kläger entsprechend seinem Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt hat und in welchem Teil des Streitzeitraums der Kläger nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 11 EStG inländische Einkünfte erzielt hat.
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b) Soweit sich danach das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ergibt, ist weiter zu prüfen, wie eine Konkurrenz zu etwaigen von der Ehefrau des Klägers in Polen bezogenen Familienleistungen aufzulösen ist.
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aa) Ist der persönliche Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 eröffnet (s. zu dieser Frage im Einzelnen Senatsurteil vom 4. August 2011 III R 55/08, BFHE 234, 316, unter II.2.c), muss geprüft werden, ob Deutschland nach den Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 der zuständige oder der unzuständige Mitgliedstaat ist (s. zu dieser Frage im Einzelnen Senatsurteile in BFHE 234, 316, unter II.3.; vom 15. März 2012 III R 52/08, BFHE 237, 412, unter II.3., und vom 5. Juli 2012 III R 76/10, BFHE 238, 87, unter II.3.).
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bb) Ist Deutschland der zuständige Mitgliedstaat, kommen hinsichtlich konkurrierender Ansprüche der Kindsmutter in Polen grundsätzlich die Antikumulierungsvorschriften des Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 574/72) zur Anwendung. Zwar kann dessen Anwendbarkeit aufgrund der für Deutschland geltenden Einschränkungen des Anhangs I Teil I Buchst. D in der im Streitjahr geltenden Fassung der VO Nr. 1408/71 ausgeschlossen sein (s. hierzu Senatsurteil in BFHE 234, 316, unter II.3.b). Jedoch hat der Senat unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache vom 14. Oktober 2010 C-16/09, Schwemmer (ZESAR 2011, 235 Rdnr. 38) bereits darauf hingewiesen, dass auch in einem Fall, in dem der nach deutschem Recht Kindergeldberechtigte die Voraussetzungen des Anhangs I Teil I Buchst. D der VO Nr. 1408/71 nicht erfüllt, die europarechtlichen Antikumulierungsvorschriften wie des Art. 76 der VO Nr. 1408/71 und des Art. 10 der VO Nr. 574/72 gleichwohl zur Anwendung kommen können (Senatsurteil in BFHE 238, 87, unter II.4.a). Dies kann sich vor allem daraus ergeben, dass die Kinder des Anspruchstellers als Familienangehörige des anderen Elternteils in den persönlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 fallen und parallele Ansprüche auf Familienleistungen für denselben Zeitraum bestehen.
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cc) Ist Deutschland nach den Bestimmungen der Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 der nicht zuständige Mitgliedstaat, was die Vorinstanz im Streitfall rechtsfehlerfrei angenommen hat, und ist Deutschland auch nicht der Wohnmitgliedstaat des betreffenden Kindes (vgl. EuGH-Urteil Hudzinski und Wawrzyniak in ZESAR 2012, 475 Rdnrn. 74 bis 76), dann ist die Konkurrenz zu Ansprüchen im anderen Mitgliedstaat Polen nach nationalem Recht zu lösen.
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Die nationalen Vorschriften sehen in § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zwar vor, dass Kindergeld nicht für ein Kind gezahlt wird, für das Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder einer der unter § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG genannten Leistungen vergleichbar sind, zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre. Die Auslegung dieser Vorschrift hat jedoch unter Beachtung der Anforderungen des Primärrechts der Union auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu erfolgen (EuGH-Urteil Hudzinski und Wawrzyniak in ZESAR 2012, 475). Danach darf in einem Fall, in dem in einem anderen Mitgliedstaat dem Kindergeld vergleichbare Leistungen gewährt werden, der Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nur in entsprechender Höhe gekürzt, jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden, wenn anderenfalls das Freizügigkeitsrecht des Wanderarbeitnehmers beeinträchtigt wäre.
1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:
- 1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind, - 2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
Tatbestand
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A. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter von D, geboren am 2. April 1985, und von J, geboren am 7. Februar 1992. Seit sie sich vom Vater der Kinder getrennt hatte, erzog sie ihre Söhne allein. Die Familie lebte in Deutschland. Für ihre Kinder bezog die Klägerin laufend Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG).
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Im April 2003 nahm die Klägerin eine Erwerbstätigkeit in den Niederlanden auf. Als die Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) im Mai 2005 hiervon erfuhr, hob sie u.a. die Kindergeldfestsetzung für J ab Juli 2003 auf und forderte das für den Streitzeitraum Juli 2003 bis April 2005 ausgezahlte Kindergeld zurück. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde von der Familienkasse zurückgewiesen. Ihre Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte dagegen teilweise Erfolg. Das FG ging davon aus, dass wegen der Erwerbstätigkeit der Klägerin in den Niederlanden grundsätzlich das Recht dieses Staates anzuwenden sei. Die Anwendung deutschen Rechts sei, wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Bosmann judiziert habe (EuGH-Urteil vom 20. Mai 2008 C-352/06, Bosmann, Slg. 2008, I-3827), deswegen aber nicht stets ausgeschlossen. Im Ergebnis ruhe der deutsche Kindergeldanspruch in Höhe des Anspruchs auf niederländische Familienleistungen. Deshalb habe sie für alle Monate des Streitzeitraumes Anspruch auf die monatliche Differenz in Höhe von 69,90 €.
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Die Klägerin rügt mit ihrer Revision, dass das FG ihren Anspruch auf das volle Kindergeld für den Zeitraum ab Beginn ihrer Beschäftigung in den Niederlanden zu Unrecht verneint und sie insoweit zur Rückzahlung verpflichtet habe. Denn am Anfang ihrer Beschäftigung habe sie noch gar keine Leistungen in den Niederlanden erhalten. Sie müsse im Hinblick auf J nicht mehr an Kindergeld zurückzahlen, als sie tatsächlich an Familienbeihilfe aus den Niederlanden erhalten habe. Aus dem Bosmann-Urteil sei zu folgern, dass sie als Wanderarbeitnehmerin nicht schlechter gestellt werden dürfe, als sie stehen würde, wenn sie in Deutschland gearbeitet hätte. Eine solche Schlechterstellung würde sich aber ergeben, wenn sie auf das niedrigere niederländische Kindergeld verwiesen würde. Dieses werde quartalsweise in Höhe eines Betrages von 252,31 € ausgezahlt. Im Streitzeitraum habe sie nur im dritten und vierten Quartal 2004 und im ersten und zweiten Quartal 2005 niederländische Leistungen in Höhe von insgesamt 1.009,24 € bezogen. Mehr als dieser Betrag könne nicht zurückgefordert werden. Sie habe anfangs nicht gewusst, dass ihr Leistungen in den Niederlanden zugestanden hätten, deswegen dort zunächst keinen Antrag gestellt und daher faktisch von April 2003 bis zum Beginn des dritten Quartals 2004 keine Familienbeihilfe in den Niederlanden erhalten. Eine Doppelzahlung liege für diesen Zeitraum somit nicht vor. Sie sei insofern auch nicht bereichert. Außerdem müsse ihr dahingehendes Vertrauen, dass sie als in Deutschland wohnende deutsche Staatsbürgerin trotz ihrer vorübergehenden Beschäftigung in den Niederlanden in Bezug auf das deutsche Kindergeld anspruchsberechtigt sei, geschützt werden.
- 4
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
1. das FG-Urteil unter weiter gehender Änderung des Aufhebungsbescheids vom 15. Juli 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2006 dahingehend abzuändern, dass für die Monate Juli 2003 bis Juni 2004 Kindergeld für J in Höhe von monatlich 154 € festzusetzen ist.
2. die Revision der Familienkasse zurückzuweisen.
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Die Familienkasse beantragt,
1. das FG-Urteil, soweit es das Kind J betrifft, aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen,
2. die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Die Familienkasse rügt eine unzutreffende Auslegung des § 65 EStG. Bei dieser Vorschrift handele es sich um einen nationalen Ausschlusstatbestand, der der Festsetzung von Differenzkindergeld entgegenstehe. Sie, die Familienkasse, lasse sich von den Erwägungsgründen Nr. 8 und 9 zur Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005, leiten, wonach das System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedstaates gelten solle. Diese Sichtweise werde auch durch Ausführungen des EuGH im Urteil Bosmann gestützt. Der EuGH ermögliche in der Rechtssache Bosmann nur eine theoretische Kumulierung von Leistungsansprüchen. Er erlaube eine Kumulierung nur für den Fall, dass bei zwei Ansprüchen "der Anspruch des Beschäftigungslandes keine Leistungen zeitigen" dürfe. In einem solchen Fall werde statt des Rechts des Beschäftigungsstaates das Recht des Wohnmitgliedstaates angewandt. Unter diesen Überlegungen der ausschließlichen Zuständigkeit eines Staates könne § 65 EStG nur so gewürdigt werden, dass er als nationaler Ausschlusstatbestand im Hinblick auf einen Anspruch auf Differenzkindergeld anzusehen sei. Das Bosmann-Urteil sei in keinen seiner Überlegungen im Streitfall anwendbar. Denn vorliegend würden für das Kind J in den Niederlanden Familienleistungen erbracht. Frau Bosmann habe dagegen wegen des Alters ihres Kindes keinen derartigen Anspruch gehabt. Schließlich sei für den Zeitraum bis zum Beginn der Zahlung der niederländischen Familienleistungen im dritten Quartal 2004 kein deutsches Kindergeld zu gewähren. Wäre sie, die Familienkasse, zur Gewährung verpflichtet, so liefe dies auf die Anerkennung eines von der VO Nr. 1408/71 nicht vorgesehenen Wahlrechts hinaus.
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Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
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B. Die Revisionen der Familienkasse und der Klägerin sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), soweit das Kindergeld für das Kind J betroffen ist.
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I. Die Familienkasse Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit Coesfeld --Familienkasse-- eingetreten (s. dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).
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II. Zur Revision der Familienkasse
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1. Über die Revision der Familienkasse ist sachlich zu entscheiden. Die Revision wurde zwar zurückgenommen, die Klägerin hat in die Rücknahme des Rechtsmittels aber nicht eingewilligt. Da die Beteiligten bereits auf die mündliche Verhandlung verzichtet hatten, bedurfte die Rücknahme der Revision aber einer solchen Einwilligung (§ 125 Abs. 1 Satz 2 FGO).
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2. Das FG hat angenommen, dass ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf (Differenz-)Kindergeld für J nicht an § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG scheitert. Diese rechtliche Folgerung ist nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen getragen und daher fehlerhaft. Erst wenn die Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachgeholt sind, wird die Prüfung möglich sein, ob § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangt oder durch gemeinschaftsrechtliche Vorschriften verdrängt wird.
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Die Klägerin erfüllt, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, für J die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Das FG ist im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, der die Anrechnung von im Ausland gewährten, dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen regelt, durch Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO Nr. 1408/71 (VO Nr. 574/72) verdrängt werden kann. Dies setzt allerdings voraus, dass die Klägerin überhaupt in den persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 fällt.
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Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 4. August 2011 III R 55/08, BFHE 234, 316; vom 19. April 2012 III R 87/09, BFHE 237, 150; vom 5. Juli 2012 III R 76/10, BFHE 238, 87) ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 eröffnet ist. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine Person nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 in irgendeinem der von ihrem sachlichen Geltungsbereich erfassten Zweige der sozialen Sicherheit in irgendeinem Mitgliedstaat der EU versichert ist (zur Prüfung im Einzelnen s. BFH-Urteile in BFHE 234, 316; in BFHE 237, 150; in BFHE 238, 87).
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Ist der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 nicht eröffnet, dann richtet sich die Kindergeldberechtigung nach §§ 62 ff. EStG und die Anspruchskonkurrenz zwischen dem deutschen Kindergeldanspruch und der ausländischen Familienleistung ist nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu lösen.
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Das FG hat lediglich die Feststellung getroffen, dass die Klägerin in den Niederlanden eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat. Dies genügt nicht für die Prüfung, ob der persönliche Geltungsbereich eröffnet wird, weil es hierfür maßgeblich auf den genauen Versichertenstatus ankommt.
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3. Sollte sich im zweiten Rechtsgang herausstellen, dass die Klägerin dem persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterfällt und sie, was anhand der Senatsrechtsprechung (BFH-Urteile in BFHE 234, 316; in BFHE 237, 150; in BFHE 238, 87) im Einzelnen zu prüfen wäre, außerdem wegen einer abhängigen Beschäftigung in den Niederlanden gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt, dann wird das FG Folgendes zu beachten haben:
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a) Obgleich Deutschland in diesem Fall im Hinblick auf die Gewährung der Familienleistungen an sich der unzuständige Staat wäre, würde der sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG ergebende Kindergeldanspruch nicht ausgeschlossen sein. Denn die Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 entfalten keine Sperrwirkung für die Anwendung des Rechts des nicht zuständigen Mitgliedstaats, so dass sich die Anspruchsberechtigung auch bei Personen und bei Leistungen, die dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterliegen, allein nach den Bestimmungen des deutschen Rechts richtet. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 16. Mai 2013 III R 8/11 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).
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b) Der Zahlung von (Differenz-)Kindergeld für J stünde in diesem Fall auch § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht entgegen. Denn die Konkurrenz zwischen dem niederländischen und dem deutschen Anspruch würde nicht durch diese Vorschrift, sondern durch Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 aufgelöst.
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Diese Norm ist in einer solchen Konstellation schon nach ihrem Wortlaut anwendbar. Nach Auffassung des Senats sind die gemeinschaftsrechtlichen Antikumulierungsvorschriften (Art. 76 der VO Nr. 1408/71 und Art. 10 Abs. 1 der VO Nr. 574/72) gegenüber § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich vorrangig. Die Auflösung der Konkurrenz zwischen den Kindergeldansprüchen richtet sich nur dann nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wenn entweder der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 nicht eröffnet ist (s. oben unter Ziffer B.II.2. der Gründe dieses Urteils) oder --bei Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs-- Deutschland der nicht zuständige Staat ist und zudem die gemeinschaftsrechtlichen Antikumulierungsvorschriften nicht einschlägig sind, weil der Beschäftigungsmitgliedstaat, der nach Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 als zuständiger Staat bestimmt ist, und der Wohnmitgliedstaat der Kinder identisch sind (vgl. EuGH-Urteil vom 12. Juni 2012 C-611/10, Hudzinski, Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht --ZESAR-- 2012, 475, unter Rdnrn. 73 ff.; vgl. die Überschrift zu Art. 76 der VO Nr. 1408/71). Sollte im Streitfall der persönliche Geltungsbereich eröffnet und die Niederlande gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 der zuständige Staat sein, dann würden der Beschäftigungsmitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften als anwendbar bestimmt wurden (Niederlande), und der Wohnmitgliedstaat des Kindes (Deutschland) auseinanderfallen.
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c) Mit dem von Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 angeordneten anteiligen Ruhen des deutschen Kindergeldanspruchs wäre die Anspruchskumulation beseitigt. Die Norm erlaubt es hingegen nicht, einen weiter gehenden deutschen Kindergeldanspruch auszuschließen (vgl. EuGH-Urteil vom 4. Juli 1985 C-104/84, Kromhout, Slg. 1985, 2205), so dass der Klägerin dem Grunde nach deutsches Differenzkindergeld zustünde.
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III. Zur Revision der Klägerin
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Ob die Klägerin für diejenigen Monate des Streitzeitraumes, in denen sie mangels Antragstellung keine niederländischen Familienleistungen bezogen hat, einen Anspruch auf das volle deutsche Kindergeld hat, kann aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des FG zum persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 nicht abschließend beurteilt werden.
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1. Sollte der persönliche Geltungsbereich eröffnet und das niederländische Recht als anwendbar bestimmt sein, dann würde nach den unter Ziffer B.II.3. der Gründe dieses Urteils gemachten Ausführungen zur Auflösung der Anspruchskonkurrenz zwischen dem niederländischen und dem deutschen Anspruch Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 heranzuziehen sein. Zu dieser Vorschrift hat der EuGH entschieden, dass der im Wohnmitgliedstaat der Kinder bestehende Anspruch nicht teilweise ausgesetzt werden darf, wenn zwar ein Anspruch auf Familienleistungen im Beschäftigungsmitgliedstaat besteht, die Familienleistungen dort faktisch aber nicht bezogen werden, weil kein entsprechender Antrag gestellt wurde (EuGH-Urteil vom 14. Oktober 2010 C-16/09, Schwemmer, ZESAR 2011, 86, Rdnr. 55). Dass in dem dort entschiedenen Fall der andere Elternteil im Beschäftigungsmitgliedstaat den Antrag nicht gestellt hatte, im Streitfall die Klägerin aber selbst die Antragstellung versäumt haben dürfte, wäre nach Auffassung des Senats nicht rechtserheblich. Denn der EuGH hat in der Rechtssache Schwemmer in abstrakter Weise ausgeführt, dass das Ruhen des deutschen Kindergeldanspruchs nur in Betracht kommt, wenn alle im Beschäftigungsmitgliedstaat aufgestellten Voraussetzungen für den tatsächlichen Leistungsbezug, einschließlich einer vorherigen Antragstellung, erfüllt sind.
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2. Sollte der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 nicht eröffnet sein, wäre die Anspruchskumulation nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aufzulösen. Schon das bloße Bestehen eines Anspruchs auf niederländische Familienleistungen würde dann zum Ausschluss des deutschen Kindergeldes führen. Die Folgen einer unterbliebenen Antragstellung hätte die Klägerin zu tragen.