Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 16. Sept. 2014 - 5 K 12.546

bei uns veröffentlicht am16.09.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Lehrerin im Dienste des Beklagten und begehrt die Gewährung von Beihilfeleistungen für Rechnungsbelege aus der Zeit vom 15.10.2009 bis 25.11.2010. Sie wendet sich gegen einen Bescheid, in dem ein großer Teil der Leistungen unter Berufung auf den Ablauf der Jahresfrist für einen von ihr gestellten Beihilfeantrag abgelehnt wurde.

Die Klägerin leidet seit Jahren - wahrscheinlich bereits seit 2004 (Bl. 71 der Gerichtsakte) - unter einer schweren rezidivierenden depressiven Erkrankung. Wegen ihrer psychischen Erkrankung hatte sie im Frühjahr 2010 einen Klinikaufenthalt. Seit 22.3.2010 befindet sie sich bei Dr. med. Dipl.-Psych. ... in ambulanter tiefenpsychologischer Behandlung. Vom 21.4.2010 bis zum 2.6.2010 wurde sie in der psychosomatischen Abteilung des Klinikums ... behandelt. Im Dezember 2010 trennte sie sich von ihrem damaligen Lebensgefährten und zog aus dem vormals gemeinsam bewohnten Haus aus. Auch die Töchter der Klägerin befanden sich in der Folgezeit in psychiatrischer bzw. psychotherapeutischer Behandlung. Vom 21.2.2011 bis 13.5.2011 wurde die Klägerin wegen eines physischen und psychischen Totalzusammenbruchs in der psychosomatischen Abteilung des Klinikums ... stationär behandelt. Im Juni und November 2011 erfolgten zwei operative Eingriffe.

Auch während ihrer Erkrankung beantragte die Klägerin Beihilfeleistungen (Anträge vom 12.8.2010, 13.8.2011 und 2.9.2011). Mit Schreiben vom 30.9.2011 wandte sie sich an den Beklagten und bat um Auskunft, wie sie mit Rechnungen verfahren solle, bei denen die Jahresfrist zur Einreichung bereits überschritten sei. Sie schilderte dabei ihre gesundheitliche Verfassung und führte aus, dass sie gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei, die Rechnungen früher einzureichen. In dem Schreiben bat die Klägerin um die Gewährung einer Ausnahme und um Verlängerung der Frist. Sie legte ein Schreiben des Herrn Dr. med. Dipl.-Psych. ... vom 4.9.2011 vor, der darum gebeten hat, der Patientin bei der formlosen Rückerstattung ihrer Rechnungen behilflich zu sein. Aufgrund der psychischen Erkrankung und der damit verbundenen Turbulenzen seien Rechnungen zur Weiterleitung an die jeweiligen Rechnungsstellen in Vergessenheit geraten. Ihre finanzielle Situation sei als Alleinerziehende knapp bemessen. Eine Ausnahmeregelung könne sehr hilfreich sein.

Mit Schreiben vom 12.10.2011 wies der Beklagte darauf hin, dass die Gewährung einer Beihilfe wegen der Ausschlussfrist des § 48 BayBhV - Bayerische Beihilfeverordnung - abgelehnt werden müsse. Die Klägerin sei in der Lage gewesen, diese Frist einzuhalten. Sie habe z. B. mit Schreiben vom 7.4.2010 Widerspruch gegen den Beihilfebescheid vom 26.3.2010 einlegen können. Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 21.11.2011 wiederum an den Beklagten und führte erneut aus, dass ihr die Einreichung der Rechnungen zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewesen sei. Bis zum Frühjahr 2010 habe sie die Rechnungen seit Herbst 2009 noch angesammelt. Es sei ihr aber bereits 2010 gesundheitlich sehr schlecht gegangen und sie habe einen sechswöchigen Klinikaufenthalt gehabt. Ende 2010 habe sie einen physischen und psychischen Totalzusammenbruch erlitten und aus diesem Grund in einer psychosomatischen Klinik stationär behandelt werden müssen. Zudem seien zwei operative Eingriffe notwendig gewesen. Sie sei von Weihnachten 2010 bis Juni 2011 krankgeschrieben gewesen. Es sei ihr nur unter großen Schwierigkeiten möglich gewesen, sämtliche Angelegenheiten ihres Alltags zu regeln, da sie eine schwierige Trennung mit Umzug zu bewältigen gehabt habe.

Unter dem 26.3.2012 stellte die Klägerin formblattmäßig einen Antrag auf Beihilfe für 30 Rezepte und 26 Arztrechnungen mit einem Gesamtbetrag von 10.582,78 EUR. Der Antrag ging dem Beklagten am 2.4.2012 zu. Mit beiliegendem Schreiben vom 24.3.2012 erklärte die Klägerin, dass sie erst ab August bzw. September 2011 wieder in der Lage gewesen sei, sich um ihre Beihilfeangelegenheiten zu kümmern. Mit Bescheid vom 17.4.2012 setzte der Beklagte die gewährte Beihilfe auf 1.779,53 EUR fest. Im Übrigen wurde die Gewährung von Beihilfe abgelehnt, weil sie nicht innerhalb eines Jahres beantragt worden sei oder der Beklagte zu den Aufwendungen bereits Beihilfe gewährt habe.

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 9.5.2012 Widerspruch ein. Sie sei im Zeitraum von Oktober 2010 bis September 2011 krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, Rechnungen zusammenzustellen und einzureichen sowie andere organisatorische Dinge zu regeln; teilweise habe sie auch den Überblick verloren. Sie legte zur Erläuterung ein Schreiben des Herrn Dr. med. Dipl.-Psych. ... vom 6.5.2012 vor, in dem dieser ausführt, dass er sich der Meinung der Klägerin anschließe, dass diese mindestens ab Sommer 2010 nicht mehr ausreichend in der Lage gewesen sei, ihre täglichen Aufgaben zu regeln, geschweige denn, die üblichen Briefe und Verpflichtungen überschaubar zu verwalten.

Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 5.6.2012 zurückgewiesen. Aufgrund der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV seien Belege aus der Zeit vom 15.10.2009 bis 25.11.2010 nicht berücksichtigt worden, da diese erst am 2.4.2012 bei der Festsetzungs-stelle eingegangen seien und damit ein Beihilfeanspruch nicht mehr bestehe. Die Klägerin habe in der Zeit vom 12.8.2010 bis 2.9.2011 vier Anträge auf Beihilfe gestellt, so dass sie auch die übrigen Rechnungen hierbei fristgerecht hätte vorlegen können. Weiterhin habe sie im Schreiben vom 30.9.2011 um Fristverlängerung gebeten, jedoch keinen Antrag auf Gewährung von Beihilfe gestellt. Eine Wiedereinsetzung werde nicht gewährt, da die Fristversäumnis durch die Klägerin nicht unverschuldet gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin mit Schreiben vom 27.6.2012, bei Gericht eingegangen am 28.6.2012, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erheben. Sie lässt durch ihre Bevollmächtigte zuletzt beantragen:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17.4.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.6.2012 verpflichtet, der Klägerin eine Beihilfe gemäß deren Antrag vom 26.3.2012 in Verbindung mit dem Antrag vom 30.9.2011 in Höhe von 8.075,36 EUR zu gewähren.

Es sei der Klägerin bei dem Schreiben vom 30.9.2011 erkennbar darauf angekommen, eine Beihilfe für die an sich beihilfefähigen Rechnungen zu erhalten, obwohl die Jahresfrist verstrichen war. Die Klägerin sei einen erheblichen Teil der Jahresfrist psychisch nicht zur Einreichung der Rechnungen in der Lage gewesen. Das Schreiben vom 30.9.2011 sei als Antrag auf Beihilfefestsetzung unter Wiedereinsetzung auszulegen. Die Belege seien am 26.3.2012 eingereicht worden. Der Beklagte hätte die Klägerin aus Fürsorgegründen jedoch auch schon vorher darauf hinweisen können, dass nach der Antragstellung am 30.9.2011 noch Belege benötigt würden. Aus dem Schreiben vom 30.9.2011 gehe für einen objektiven Empfänger eindeutig hervor, dass die Klägerin eine Bearbeitung der verfristeten Rechnungen und damit eine Wiedereinsetzung begehre. Auch in einem bereits Mitte September 2009 erfolgten Telefonat habe sie dies zum Ausdruck gebracht. Der Beklagte hätte die Klägerin daher im Rahmen der Fürsorgepflicht unbedingt über die Notwendigkeit einer förmlichen Antragstellung und das Einreichen der Rechnungen aufklären und darauf hinweisen müssen, dass dies unverzüglich zu geschehen habe. Es treffe zu, dass die Klägerin auch in der Zwischenzeit Beihilfeanträge eingereicht habe. Aufgrund ihrer Krankheit sei es ihr jedoch nicht gelungen, dies vollständig zu tun. Es komme maßgeblich auf den gesundheitlichen Zustand der Klägerin zum Auslauf der Jahresfrist an, da diese die Einreichungsfrist habe ausschöpfen dürfen. Gerade in der Zeit von Juni bis September 2011 sei die Klägerin nicht in der Lage gewesen, die Rechnungen bei dem Beklagten einzureichen. Dies gelte auch für frühere Rechnungen. Soweit der Klägerin die Bearbeitung solcher Rechnungen dennoch gelungen sei, könne man ihr dies nicht zum Vorwurf machen. Sie sei zu einer durchgehenden Bearbeitung ihrer Angelegenheiten nicht in der Lage gewesen. Dies möge in der Natur ihrer Erkrankungen liegen. Die Klägerin habe eine dritte Person nicht mit der Erledigung beauftragen können, da die Rechnungen ungeordnet in den Umzugskisten gelegen hätten und nur die Klägerin selbst zu ihrer Sortierung in der Lage gewesen wäre. Die Klägerin habe auch die Betreuung ihrer Tochter in der streitgegenständlichen Zeit einer befreundeten Familie überlassen, was die Schwere ihrer Krankheit belege.

Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz 31.8.2012,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin habe mit Schreiben vom 30.9.2011 zu erkennen gegeben, dass ihr die Jahresfrist zur Beantragung der Beihilfe bekannt sei. Sie habe jedoch mit dem Schreiben keine Rechnungen vorgelegt und auch keinen Antrag auf Beihilfe gestellt. Daher sei sie mit Schreiben vom 12.10.2011 auf die eindeutige Rechtslage des § 48 Abs. 7 BayBhV hingewiesen worden. Der Beihilfeantrag der Klägerin sei erst ein halbes Jahr später bei dem Beklagten eingegangen. Die Klägerin habe ausreichend Zeit gehabt, ihre Beihilfeangelegenheiten zu besorgen. Die krankheitsbedingten Einschränkungen hätten die Klägerin nicht daran gehindert, gegen einen anderen Beihilfebescheid Widerspruch einzulegen. Zudem habe sie laut eigener Mitteilung alle Rechnungen fristgerecht beglichen. Die Klägerin habe auch die Möglichkeit gehabt, einen Dritten mit ihren Beihilfeangelegenheiten zu betrauen. Der Klägerin sei daher keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 32 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BayVwVfG - zu gewähren.

Mit Schriftsatz vom 4.6.2013 teilte die Bevollmächtigte der Klägerin mit, dass diese seit dem 9.11.2012 wiederum langfristig arbeitsunfähig erkrankt sei. Die Klägerin ließ hierzu ein Attest ihres Hausarztes Dr. ...vom 26.5.2013 vorlegen, der ausführt, dass Fristen für das Einreichen von Belegen von der Klägerin aufgrund der gesundheitlichen Defizite sicherlich nicht hätten eingehalten werden können. Die Klägerin leide unter einer schweren depressiven Erkrankung mit protrahiertem Verlauf. Sie sei aufgrund mehrerer stationärer Aufenthalte und der anhaltenden schlechten psychischen und physischen Verfassung nicht in der Lage gewesen, ihre Angelegenheiten zu organisieren, zu erledigen und aufzuarbeiten. Trotz einer intensiven ambulanten Psychotherapie leide sie auch weiterhin unter einer erheblichen Antriebsminderung. Die Situation habe sich nach der Trennung vom Partner und der neu aufgetretenen psychischen Erkrankung ihrer Tochter ...noch weiter zugespitzt.

Mit Schriftsätzen vom 19.10.2012 und vom 11.9.2014 wiederholte die Bevollmächtigte der Klägerin im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Außerdem ergänzte sie, dass Anfang des Jahres 2010 die Mutter der Klägerin über lange Zeit hinweg stationär im Krankenhaus aufgenommen worden sei, wo diese dann verstorben sei. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Klägerin zusätzlich zu ihren beruflichen und erzieherischen Aufgaben die Betreuung des zuvor von ihrer Mutter betreuten Vaters habe übernehmen müssen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.09.2014 verwiesen. Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf die Behördenakte und die Gerichtsakte, insbesondere auf die ärztlichen Bescheinigungen des Dr. med. Dipl.-Psych. ... vom 28.9.2012 und 31.8.2014 sowie das ärztliche Attest des Dr. ...vom 10.9.2014 Bezug genommen.

Gründe

1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 17.4.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 5.6.2012 sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese hat keinen Anspruch auf die Gewährung der versagten Beihilfeleistung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

a) Nach § 8 Satz 1 Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV - umfassen die beihilfefähigen Aufwendungen u. a. die Aufwendungen für ärztliche und psychotherapeutische Leistungen. Die Klägerin ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV sowohl für sich als auch nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 BayBhV für ihre beiden Kinder beihilfeberechtigt. Der dem Grunde nach bestehende Anspruch der Klägerin auf die Gewährung der begehrten Beihilfe scheitert jedoch daran, dass die Antragsfrist nach § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV, die mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in Art. 96 Abs. 3a BayBG verankert wurde, nicht gewahrt worden ist.

Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der jeweiligen Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (BVerwG, U. v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris; BVerwG, U. v. 2.4.2014 - 5 C 40/12 - juris Rn. 9; Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Stand März 2014, § 80 BBG Rn. 14). Danach ist die Fristbestimmung des § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV auf den vorliegenden Fall noch anzuwenden, weil die streitgegenständlichen Rechnungen in den Jahren 2009 und 2010 ausgestellt wurden.

Nach § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV wird eine Beihilfe nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder der Ausstellung der Rechnung beantragt wird. Die Fristberechnung richtet sich nach § 187 Abs. 1 i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB. Demnach endet die Frist stets mit dem Tag, der ein Jahr später zahlenmäßig dem Tag der Rechnungsstellung entspricht (Jakubith, Beihilfe für den öffentlichen Dienst in Bayern, Stand Januar 2014, § 48 BayBhV Nr. 1.7.2, Seite 22). Das absolute Fristende für alle von der Klägerin geltend gemachten Rechnungen ist daher der 25.11.2011, da die streitgegenständlichen Rechnungen aus der Zeit vom 15.10.2009 bis 25.11.2010 stammen. Die Klägerin hat es versäumt, ihren Beihilfeanspruch rechtzeitig geltend zu machen. Das Schreiben der Klägerin vom 30.9.2011 ist - entgegen ihrer Auffassung - nicht als Beihilfeantrag auszulegen. Mit diesem Schreiben hat die Klägerin lediglich um Auskunft gebeten, wie sie mit Rechnungen verfahren solle, bei denen die Jahresfrist zur Einreichung bereits überschritten sei, und hat zugleich um Fristverlängerung gebeten. Außerdem erfüllt das Schreiben vom 30.9.2011 nicht die formellen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 BayBhV. Die Ausschlussfrist nach § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV ist nur gewahrt, wenn der Beihilfeanspruch innerhalb dieser Frist gemäß § 48 Abs. 1 BayBhV schriftlich und mit den dafür vorgesehenen Formblättern oder mit den amtlichen EDV-Ausdrucken beantragt wird (vgl. VG Bayreuth, Gb. v. 25.1.2011 - B 5 K 10.259 - juris Rn. 25). Das formlose Schreiben vom 30.9.2011 erfüllt diese formellen Anforderungen nicht, weil die Klägerin in diesem Schreiben weder konkrete Rechnungen bezeichnet, noch die amtlichen Formblätter verwendet hat. Die Anforderungen des § 48 Abs. 1 BayBhV hat die Klägerin erst mit dem am 2.4.2012 beim Beklagten eingegangenen Antrag vom 26.3.2012 erfüllt. Zu diesem Zeitpunkt war die Jahresfrist nach § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV aber bereits abgelaufen. Der Beklagte hat daher zu Recht die begehrte Beihilfe für die erst am 2.4.2012 vorgelegten Rechnungen wegen Fristablaufs abgelehnt.

Bei der Antragsfrist des § 48 Abs. 7 BayBhV handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, deren Nichtbeachtung den Beihilfeanspruch zum Erlöschen bringt. Die Regelung der Ausschlussfrist war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum durch Rechtsverordnung möglich (vgl. VG Bayreuth, Gb. v. 25.1.2011 a. a. O. juris Rn. 33 ff. unter Bezugnahme auf BayVGH, B. v. 8.7.2009 - 14 C 09.1567 - juris). Hiervon geht auch die spätere Rechtsprechung aus (vgl. BayVGH, B. v. 20.11.2012 - 14 ZB 11.2592 - juris Rn. 4).

b) Zu verspätet geltend gemachten Aufwendungen kann eine Beihilfe (nur noch) gewährt werden, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Ausschlussfrist nach Art. 32 BayVwVfG vorliegen (vgl. auch VV-BayBhV zu § 48 Abs. 7 BayBhV; Jakubith, a. a. O. § 48 BayBhV Nr. 1.7.1, Seite 22; VG Augsburg, U. v. 9.12.2010 - 2 K 10.563 - BeckRS 2012, 46890 Rn. 29). Hierfür ist nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG erforderlich, dass der Betroffene ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war. Verschuldet ist ein Fristversäumnis dann, wenn der Betroffene nicht die Sorgfalt walten lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zumutbar ist (vgl. BVerwG, U. v. 8.3.1983 - 1 C 34.80 - NJW 1983, 1923). Unzumutbarkeit liegt nur dann vor, wenn dem Betroffenen nach den gesamten Umständen kein Vorwurf daraus zu machen ist, dass er die Frist versäumt hat (VG Köln, Gb. v. 9.1.2012 - 19 K 5687/10 - juris Rn. 21). Abzustellen ist dabei auf das Maß und die Umsicht der Verkehrskreise, in denen sich der Betreffende bewegt (Michler in: Bader/Ronellenfitsch, Beck´scher Online-Kommentar VwVfG, Stand 1.4.2014, § 32 Rn. 10).

Ausgehend hiervon sind Gründe für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 32 BayVwVfG vorliegend nicht gegeben; dementsprechend hat sie der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise verneint.

Das Gericht ist zunächst aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens und der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass die Klägerin an einer schwerwiegenden rezidivierenden depressiven Erkrankung und einer damit verbundenen Antriebsstörung leidet. Ebenso ist das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin aufgrund ihrer vielfältigen Verpflichtungen (Erziehung der beiden Töchter, Beruf, Betreuung ihres Vaters, Krankenbesuche bei ihrer Mutter im Krankenhaus) und verschiedener psychischer Grenzsituationen (Tod der Mutter, psychische Erkrankung der ältesten Tochter, schwierige Trennung vom Lebensgefährten und damit verbundener Umzug der Klägerin, eigene stationäre Klinikaufenthalte) phasenweise stark belastet, wenn nicht sogar überfordert war.

Die Klägerin hat aber nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass sie im Zeitraum Oktober 2009 bis November 2011 wegen ihrer depressiven Erkrankung bzw. ihrer Gesamtsituation dauerhaft nicht in der Lage gewesen ist, ihre beihilferechtlichen Angelegenheiten zu regeln. Zwar hat die Klägerin mehrere Atteste des Herrn Dr. med. Dipl.-Psych. ... und ihres Hausarztes Dr. ... vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass die Klägerin min-destens ab Sommer 2010 nicht mehr in der Lage gewesen sei, die üblichen Briefe überschaubar zu verwalten und ihre Angelegenheiten zu organisieren, zu erledigen und aufzuarbeiten. Trotz dieser ärztlichen Feststellungen hält das Gericht die Behauptung der Klägerin, dass sie zu einer durchgehenden Bearbeitung ihrer (beihilferechtlichen) Angelegenheiten nicht in der Lage gewesen sei, für nicht nachgewiesen. Denn die Klägerin war trotz ihrer Depressionen in der Lage, am 12.8.2010, 13.8.2011 und 2.9.2011 einen Beihilfeantrag zu stellen. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, besonders hohe Rechnungen wie z. B. die über einen Klinikaufenthalt ihrer Tochter, zeitnah bei der Beihilfe eingereicht zu haben. Außerdem ist es der Klägerin gelungen, mit Schreiben vom 7.4.2010 Widerspruch gegen den Beihilfebescheid vom 26.3.2010 einzulegen, obwohl sie sich bereits seit 22.3.2010 in ambulanter tiefenpsychologischer Behandlung bei Herrn Dr. med. Dipl.-Psych. ... befand. Schließlich hat die Klägerin nach eigenem Bekunden alle streitgegenständlichen Rechnungen beglichen. Deshalb geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin während der laufenden Jahresfrist(en) sehr wohl phasenweise in der Lage war, einen Beihilfeantrag zu stellen und ihre Rechnungen bei der Beihilfestelle fristgerecht einzureichen, zumal der Zeitaufwand hierfür nicht sehr hoch ist. Für diese vom Gericht gewonnene Überzeugung spricht letztlich auch das diagnostizierte spezielle Krankheitsbild der Klägerin. Diese leidet unter einer langjährigen, aber zugleich rezidivierenden depressiven Erkrankung. Dabei handelt es sich um eine Depression mit mehreren abgrenzbaren und sich wiederholenden depressiven Episoden. Die Klägerin hat zur Überzeugung des Gerichts nicht nachvollziehbar dargelegt, dass sie auch zwischen einzelnen depressiven Episoden - also dauerhaft - psychisch nicht in der Lage war, einen Beihilfeantrag innerhalb der Jahresfrist zu stellen.

Der Klägerin ist vielmehr vorzuwerfen, wegen ihrer rezidivierenden depressiven Erkrankung nicht rechtzeitig, also möglichst zu Beginn der jeweils laufenden Jahresfrist(en), einen Beihilfeantrag gestellt zu haben. Bei Vorliegen besonderer Umstände (z. B. einer langjährigen Erkrankung) ist der Betroffene verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren rechtzeitige Vorkehrungen zu treffen, um erforderliche Handlungen fristgerecht vornehmen zu können (vgl. VG Bayreuth, Gb. v. 25.1.2011 a. a. O. juris Rn. 28 ff.). Aufgrund ihrer langjährigen depressiven Erkrankung traf die Klägerin daher die Obliegenheit, rechtzeitig das Notwendige zu veranlassen, um einen Rechtsverlust zu vermeiden. Als verbeamtete Lehrerin hätte sie wissen müssen, dass sie gerade wegen ihrer psychischen Grunderkrankung, die zu wiederholenden depressiven Episoden führte, nicht sämtliche Rechnungen über Monate hinweg ansammeln kann. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte wäre es der Klägerin auch zumutbar gewesen, gleichzeitig mit dem Begleichen der Rechnungen - wozu sie unstreitig in der Lage war - einen entsprechenden Beihilfeantrag zu stellen. Die Klägerin handelte sorgfaltswidrig, dies nicht getan zu haben. Dass die Klägerin bewusst sorgfaltspflichtwidrig gehandelt hat, zeigt sich auch darin, dass sie in der mündlichen Verhandlung Folgendes bekundetet hat: „Bürokratische Angelegenheiten waren nicht so meins. Ich habe diese Sachen quasi vor mir hergeschoben“. Die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung, wonach sie die Jahresfrist habe voll ausschöpfen dürfen und es daher maßgeblich auf ein Verschulden unmittelbar vor Ablauf der Jahresfrist ankomme, teilt das Gericht aufgrund des eben genannten besonderen Umstands der langjährigen depressiven Erkrankung nicht. Zwar ist es zutreffend, dass Fristen grundsätzlich bis zum letzten Tag ausgeschöpft werden dürfen. Dies gilt aber nur in den Fällen, in denen mit einem Hindernis, das zur Versäumung der Frist führen kann, nicht gerechnet werden muss und ein solches Hindernis auch nicht absehbar ist. Dies trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu. Die Klägerin hat aufgrund ihrer rezidivierenden depressiven Erkrankung damit rechnen müssen, bei Ausschöpfen der Jahresfrist nach § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV aus psychischen Gründen kurzfristig nicht in der Lage zu sein, diese Frist noch zu wahren. Aus diesem Grund traf die Klägerin - wie bereits dargestellt - die Obliegenheit einer rechtzeitigen Antragstellung auf Beihilfe.

Außerdem ist der Klägerin ein weiteres Verschulden vorzuwerfen. Die Klägerin hätte zur Wahrung der erforderlichen Sorgfalt bereits mit ihren Beihilfenträgen vom 13.8.2011 und vom 2.9.2011 bzw. mit ihrem Schreiben vom 30.9.2011 noch nicht „verfristete“ Rechnungen vorlegen können und Beihilfe beantragen müssen. Die Auffassung der Klägerin, dass der Beklagte seine Fürsorgepflicht dadurch verletzt habe, sie aufgrund ihres Schreibens vom 30.9.2011 nicht darauf hingewiesen zu haben, einen weiteren Beihilfeantrag unter Vorlage von Rechnungen zu stellen, ist nicht durchgreifend. Eine Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Beklagten liegt nicht vor. Eine allgemeine Pflicht des Dienstherrn, seine Beamten über alle für sie zu beachtenden Anforderungen bei der Beihilfebeantragung zu belehren, lässt sich aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht nicht ableiten (vgl. BVerwG, U. v. 30.1.1997 - 2 C 10.96 - BVerwGE 104, 55; st. Rspr.). Zudem muss davon ausgegangen werden, dass der Klägerin aufgrund vorangegangener Beihilfeanträge das Erfordernis einer Antragstellung und die Notwendigkeit der Vorlage von Rechnungen bekannt war.

Aber selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass sie während des gesamten Zeitraums von Oktober 2009 bis November 2011 wegen ihrer depressiven Erkrankung und/oder aus Überforderung dauerhaft nicht in der Lage gewesen ist, Beihilfeanträge zu stellen, so fehlt es trotzdem an einer unverschuldeten Fristversäumung i. S. d. Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Die Klägerin hat es - selbst bei Zugrundelegung dieser für sie günstigeren Umstände - schuldhaft versäumt, einen Bevollmächtigten zu bestellen, der ihre beihilferechtlichen Angelegenheiten erledigt. Denn nur eine schwere Erkrankung, die eigenes Handeln oder die Bestellung eines Bevollmächtigten ausschließt, kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. Dies gilt aber nicht für solche Erkrankungen, die die Bestellung eines Bevollmächtigten noch ermöglichen (Schwarz in: Fehling/Kastner/Wahrendorf, Verwaltungsrecht, 1. Aufl. 2006, § 32 VwVfG Rn. 22; Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 32 Rn. 23; Ritgen in: Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2010, § 32 Rn. 28). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin wegen ihrer depressiven Erkrankung nicht in der Lage war, einen Bevollmächtigten zu bestellen. Der Einwand der Klägerin, dass sie eine dritte Person nicht mit der Erledigung ihrer beihilferechtliche Angelegenheiten habe beauftragen können, da die Rechnungen ungeordnet in den Umzugskisten gelegen hätten und nur sie selbst zur Sortierung in der Lage gewesen wäre, ist kein unüberwindbares tatsächliches Hindernis, das der Bevollmächtigung einer anderen Person entgegengestanden hätte. Bei lebensnaher Betrachtung wäre nach Auffassung des Gerichts ein von der Klägerin bestellter Vertreter wohl durchaus in der Lage gewesen, die Belege und Rechnungen zusammenzusuchen und zu sortieren. Insoweit ist der Einwand der Klägerin als Schutzbehauptung anzusehen.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

4. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 02. Apr. 2014 - 5 C 40/12

bei uns veröffentlicht am 02.04.2014

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der ihm ärztlich verordneten zwei Hörgeräte.

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der ihm ärztlich verordneten zwei Hörgeräte.

2

Er ist als Bundesbeamter im Ruhestand Versorgungsempfänger der Beklagten mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 v.H.

3

Am 17. Januar 2011 beantragte der Kläger die Gewährung von Beihilfe für die am selben Tag erfolgte Beschaffung von zwei Hörgeräten zu einem Preis von jeweils 2 099 € sowie für die Beschaffung von zwei Maßotoplastiken zu einem Preis von jeweils 69 €. Der Rechnungsbetrag belief sich nach Abzug eines Kundenrabatts auf 4 124,10 €. Mit Bescheid vom 26. Januar 2011 setzte die Beklagte die Beihilfe insoweit auf einen Betrag von 1 435 € fest. Sie stützte sich auf die Höchstbetragsregelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 der Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5, die die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte, einschließlich der Nebenkosten, auf einen Betrag von 1 025 € je Ohr beschränkte.

4

Auf die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 1 451,87 € zu gewähren.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufwendungen für beide Hörgeräte seien zwar grundsätzlich beihilfefähig, da sie im Sinne des § 6 Abs. 1 BBhV notwendig sowie wirtschaftlich angemessen und die Hörgeräte - wie von § 25 Abs. 1 BBhV vorausgesetzt - erforderlich seien. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte einschließlich der Nebenkosten sei aber durch § 25 Abs. 1 Satz 2 BBhV i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 wirksam auf 1 025 € je Ohr begrenzt. Diese Höchstbetragsregelung finde ihre Rechtsgrundlage in § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz. Sie verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Ebenso stehe sie mit der verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Einklang. Das Fehlen einer abstrakt-generellen Härtefallregelung für die Fälle, in denen ein Beamter wegen der Höhe seiner Alimentation in nicht mehr zumutbarer Weise mit krankheitsbedingten Aufwendungen belastet werde, ändere daran nichts. Denn unzumutbare Belastungen könnten, ohne dass es auf das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke ankomme, bis zum Erlass einer ausdrücklichen Regelung im Einzelfall durch die entsprechende Anwendung der Belastungsgrenze des § 50 Abs. 1 BBhV vermieden werden. Ob dem Kläger bei Anwendung der Belastungsgrenze eine weitere Beihilfe zustehe, sei in einem von ihm durch einen entsprechenden Antrag einzuleitenden gesonderten Verwaltungsverfahren zu ermitteln. Einen solchen Antrag habe der Kläger bisher nicht gestellt, so dass auch das (hilfsweise) auf Neubescheidung gerichtete Begehren keinen Erfolg habe.

6

Mit seiner Revision macht der Kläger Rechts- und Verfahrensfehler geltend. Er rügt eine Verletzung des Art. 33 Abs. 5 GG. Eine Höchstbetragsregelung, die - wie nach der hier noch maßgeblichen beihilferechtlichen Bestimmung - in den typischen Fällen keine ausreichende Versorgung mit Hörgeräten gewährleiste, verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Der für Hörgeräte festgesetzte Höchstbetrag von 1 025 € je Ohr sei willkürlich und mit den tatsächlichen durchschnittlichen Kosten für Hörgeräte nicht in Übereinstimmung zu bringen. Dies stelle auch eine Art der Altersdiskriminierung dar, da Schwerhörigkeit eine Erkrankung sei, die in der Regel im fortgeschrittenen Lebensalter auftrete. Das angefochtene Urteil verletze zudem § 50 Abs. 1 BBhV. Diese Regelung könne nicht analog angewandt werden, da es sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehle. Erforderliche Hilfsmittel seien in der Regel erheblich teurer als nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel. Darüber hinaus habe das Oberverwaltungsgericht das Gebot der prozessualen Fairness verletzt und eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend angenommen hat, § 50 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 (BGBl I S. 326) in der hier anzuwendenden Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 (BGBl I S. 3922) - BBhV - sei auf Aufwendungen, die den in der Bundesbeihilfeverordnung für Hörgeräte einschließlich Nebenkosten festgesetzten Höchstbetrag überstiegen, entsprechend anzuwenden. Vielmehr ist insoweit § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV analog heranzuziehen. Ob ein Anspruch auf die geltend gemachte weitere Beihilfe bei Berücksichtigung dieser Vorschrift abzulehnen ist und sich die Entscheidung somit aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist, kann der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Damit bedarf es keiner Entscheidung über die von der Revision vorgebrachten Verfahrensrügen.

9

Die Voraussetzungen für die geltend gemachte weitere Beihilfe, die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. Ziff. 1 Anlage 5 BBhV ergeben, sind dem Grunde nach erfüllt. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. Urteil vom 8. November 2012 - BVerwG 5 C 4.12 - Buchholz 270.1 § 22 BBhV Nr. 1 Rn. 12 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt ist danach hier der Tag der Rechnungsstellung des Hörgeräteakustikers am 17. Januar 2011. Nach den genannten Bestimmungen haben Versorgungsempfänger einen Anspruch auf Beihilfe zu den notwendigen und wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen für ein ärztlich verordnetes Hilfsmittel, das im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Das Hilfsmittel muss zudem in Anlage 5 BBhV genannt sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Zu entscheiden ist allein darüber, ob die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Anschaffung von Hörgeräten einschließlich der Nebenkosten zum maßgeblichen Zeitpunkt wirksam auf den Höchstbetrag von 1 025 € je Ohr beschränkt war. Das war der Fall. Ein Ausschluss - oder wie hier - eine Begrenzung der Beihilfefähigkeit stellt sich als Einschränkung des im Beihilferecht verankerten Grundsatzes dar, dass Beihilfe gewährt wird, soweit die Aufwendungen notwendig und angemessen sind (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV). Sie bedürfen deshalb in formeller Hinsicht einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (1.) und müssen in materieller Hinsicht mit höherrangigem Recht vereinbar sein (2.) (vgl. Urteile vom 8. November 2012 a.a.O. Rn. 17 und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19 Rn. 14 m.w.N.).

10

1. § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV bestimmt, dass die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung ärztlich verordneter Hörgeräte, einschließlich der Nebenkosten bis zu 1 025 € je Ohr gegebenenfalls zuzüglich der Aufwendungen einer medizinisch notwendigen Fernbedienung beihilfefähig sind.

11

Diese Verordnungsregelung beruht auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Verordnungsermächtigung. Denn sie wurde auf der Grundlage des § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz - BBG - vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) in der rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes vom 14. November 2011 (BGBl I S. 2219) erlassen. Danach regelt das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Beihilfegewährung, insbesondere der Höchstbeträge, des völligen oder teilweisen Ausschlusses von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch und der Berücksichtigung von Kindern. Von dieser Verordnungsermächtigung ist die in Rede stehende Höchstbetragsregelung gedeckt. Konkrete inhaltliche Vorgaben für die Festlegung und Ausgestaltung der Höchstbeträge sind der Verordnungsermächtigung nicht zu entnehmen. Sie verpflichtet den Verordnungsgeber insbesondere nicht, sich insoweit an den Regelungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (z.B. § 36 Abs. 3 i.V.m. § 35 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. März 2014 ), zu orientieren. Dafür sprechen bereits deutlich der Wortlaut des § 80 Abs. 4 BBG und dessen binnensystematische Gliederung. Nach dem Satzbau bezieht sich das Gebot, sich an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch anzulehnen, nur auf den ebenfalls beispielhaft aufgezählten völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, nicht aber auf Höchstbeträge. Dieser Befund wird durch den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers bestätigt. In der Gesetzesbegründung zu § 80 Abs. 4 BBG wird zwischen der Festlegung von Höchstbeträgen und dem Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln unterschieden. Die entsprechenden Regelungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch werden dabei - wie sich aus dem Wort "insoweit" erschließt - allein im Hinblick auf die dem Verordnungsgeber eingeräumte Möglichkeit in Bezug genommen, die Beihilfefähigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln auszuschließen. Nur "insoweit" soll sichergestellt werden, dass für die Beihilfe das gleiche Leistungsprogramm wie für gesetzlich Krankenversicherte gilt (vgl. BTDrucks 16/70769 S. 119).

12

2. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte auf den Höchstbetrag des § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz (a) noch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (b).

13

a) Die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie beruht auf einer angesichts der Begrenzung der Beihilfefähigkeit geforderten (vgl. Urteil vom 28. Mai 2009 a.a.O.) inneren, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG standhaltenden Rechtfertigung (aa). Der Vergleich mit den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung kann keinen Gleichheitsverstoß begründen (bb). Eine gleichheitswidrige Benachteiligung älterer Beihilfeberechtigter gegenüber jüngeren Beihilfeberechtigten liegt nicht vor (cc).

14

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es aber dem Normgeber frei, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <100> und vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <68> m.w.N.). Knüpft die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte an oder hängt sie von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen ab, hat der Normgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Ein Gleichheitsverstoß ist nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereiches ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Normgeber dagegen regelmäßig engen rechtlichen Bindungen. Dies gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 a.a.O. m.w.N.). Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann in diesen Fällen schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Für beide Fallgruppen gilt, dass die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilferecht angeführten Gründe auch vor der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn Bestand haben müssen, in der die Beihilfe ihre Grundlage hat (vgl. zu Vorstehendem insgesamt Urteile vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 29 und vom 5. Mai 2010 - BVerwG 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 10 f. jeweils m.w.N.). Zwar begründet die Durchbrechung einer vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit für sich genommen noch keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie kann jedoch ein Indiz für eine objektiv willkürliche Regelung oder das Fehlen eines nach Art und Gewicht hinreichenden Rechtfertigungsgrundes darstellen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. September 2009 - 1 BvR 2275/07 - ZOV 2009, 291 <295> m.w.N.). Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist daher eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes indiziert, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit, dass notwendige und angemessene Aufwendungen beihilfefähig sind, ohne zureichenden Grund verlässt.

15

Hieran gemessen ist der für Hörgeräte in § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV festgesetzte Höchstbetrag nicht als willkürlich zu beanstanden. Der Senat ist auf eine Willkürprüfung beschränkt, da dieser Betrag an sachliche Unterschiede zwischen den in Anlage 5 BBhV genannten Hilfsmitteln anknüpft und hierdurch auch keine mittelbare Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt wird. Die durch den Höchstbetrag bedingte Leistungsbegrenzung beruht auf einem auch unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht plausiblen und sachlich vertretbaren Grund. Bei der Entscheidung, ob und für welche Hilfsmittel im Einzelnen die notwendigen und angemessenen Anschaffungskosten nur bis zu einer bestimmten Obergrenze als beihilfefähig anerkannt und demzufolge die Beihilfeberechtigten gegebenenfalls mit einem Teil dieser Kosten belastet werden, steht dem Normgeber ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. Urteile vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14 und vom 31. Januar 2002 - BVerwG 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 2 f.). Die Festlegung des in Rede stehenden Höchstbetrages für Hörgeräte überschreitet diesen Spielraum nicht. Sie erlaubt in einer Vielzahl von Fällen die Anschaffung medizinisch notwendiger und technisch hochwertiger Hörgeräte. Soweit eine Zuzahlung erforderlich ist, liegt dem Höchstbetrag erkennbar die willkürfreie Wertung zugrunde, dass es sich insoweit um hochpreisige Hilfsmittel handelt, die im Allgemeinen eine längere Lebensdauer aufweisen und nicht in kürzeren Abständen angeschafft werden müssen. Demzufolge verteilt sich eine etwaige den Beihilfeberechtigten treffende finanzielle Belastung rechnerisch auf mehrere Jahre, sodass dieser regelmäßig in der Lage sein wird, hierfür eine entsprechende Eigenvorsorge zu treffen.

16

bb) Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich auch nicht damit begründen, dass gesetzlich Krankenversicherte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - BSGE 105, 170) einen Anspruch auf kostenfreie Versorgung mit einem Hörgerät haben, das einen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegten Festbetrag übersteigt, wenn eine objektiv ausreichende Versorgung zum Festbetrag unmöglich ist. Unabhängig davon, ob hier überhaupt ein solcher Fall vorliegt, wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG in der Regel und so auch hier durch Unterschiede in der Leistungsgewährung nach den Beihilfevorschriften des Bundes und den Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht verletzt. Denn die Krankheitsvorsorge aufgrund von Beihilfe und ergänzender Privatversicherung unterscheidet sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen grundlegend von der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Urteil vom 5. Mai 2010 a.a.O. Rn. 17 m.w.N.).

17

cc) Die höhenmäßige Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte benachteiligt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht gleichheitswidrig Beihilfeberechtigte "im fortgeschrittenen Lebensalter" gegenüber jüngeren Beihilfeberechtigten. Sie unterscheidet nicht zwischen diesen beiden Personengruppen, sondern gilt unterschiedslos für alle Beihilfeberechtigten. Mithin wird der Beihilfeanspruch für ältere Beihilfeberechtigte nicht von anderen als den für jedermann geltenden Voraussetzungen abhängig gemacht. Zwar kann auch eine gesetzliche Regelung, deren Wortlaut eine Ungleichbehandlung vermeidet, dann dem Gleichheitssatz widersprechen, wenn sich aus ihrer praktischen Auswirkung eine offenbare und sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Ungleichheit ergibt und diese ungleiche Auswirkung gerade auf die rechtliche Gestaltung zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3 und 5/67 - BVerfGE 24, 300 <358> und Beschluss vom 9. August 1978 - 2 BvR 831/76 - BVerfGE 49, 148 <165>). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Es ist bereits nicht offensichtlich, dass die Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte typischerweise und damit in aller Regel einen Kreis von Beihilfeberechtigten in der Weise betrifft, dass eine Art. 3 Abs. 1 GG zuwiderlaufende "Altersdiskriminierung" - wie sie der Kläger geltend macht - in Erwägung gezogen werden könnte.

18

b) Die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte muss mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die auf Bundesebene einfachgesetzlich in § 78 BBG normiert und als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankert ist (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 15 ff.), in Einklang stehen (aa). Dabei kann hier offenbleiben, ob die Bundesbeihilfeverordnung in Bezug auf die Leistungsbegrenzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV den Anforderungen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht nur dann in vollem Umfang gerecht wird, wenn sie eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten im Einzelfall vorhält. Denn an einer solchen Härtefallregelung mangelt es hier nicht (bb).

19

aa) Die Fürsorgepflicht ergänzt die ebenfalls in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten bzw. Versorgungsempfänger und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt oder Tod sicherstellt. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 10. Oktober 2013 - BVerwG 5 C 32.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 24 = NVwZ-RR 2014, 240 <242>; vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 18; vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14 und vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 25 jeweils m.w.N.). Für die genannten besonderen Belastungssituationen wird die Fürsorgepflicht grundsätzlich abschließend durch die Beihilfevorschriften konkretisiert (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 10. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 25 m.w.N.). Im Bereich der Krankenvorsorge verpflichtet sie den Dienstherrn, den Beamten bzw. Versorgungsempfänger von in Hinblick auf seine Alimentation unzumutbaren und unabwendbaren Belastungen freizuhalten (vgl. Beschluss vom 22. März 2005 - BVerwG 2 B 9.05 -), gebietet aber keine lückenlose Erstattung aller krankheitsbedingten Kosten. Daher ist der Dienstherr aus Gründen der Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Beihilfefähigkeit aus triftigen Gründen zu beschränken oder ganz auszuschließen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 19; vom 24. Februar 2011 - BVerwG 2 C 9.10 - USK 2011, 88 Rn. 15 und vom 28. Mai 2008 a.a.O. Rn. 25 f. sowie Beschluss vom 18. Januar 2013 - BVerwG 5 B 44.12 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Dienstherr, wenn er sich - wie nach dem gegenwärtig praktizierten System - entscheidet, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, und dabei für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen einen Leistungsausschluss oder eine Leistungsbegrenzung vorsieht, dafür zu sorgen, dass der Beamte bzw. Versorgungsempfänger nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann. Geschieht dies nicht und führt eine Beschränkung zu unzumutbaren Belastungen, ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen oder begrenzt werden darf (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 21 m.w.N.).

20

bb) Es kann hier dahinstehen, ob und in wie vielen Fällen die mit dem Höchstbetrag verbundene Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte ausnahmsweise zu einer unzumutbaren Belastung der Beihilfeberechtigten führt. Ferner muss nicht entschieden werden, ob der Verordnungsgeber aus Gründen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht für solche Fälle normative Vorkehrungen treffen musste. Ebenso kann offenbleiben, ob die Leistungsbegrenzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV ohne eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten insgesamt oder nur teilweise unwirksam gewesen ist. Denn selbst wenn es einer Härtefallregelung bedurfte, fehlte es zu dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt an einer solchen nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar Bundesrecht verletzt, soweit es der Sache nach § 50 Abs. 1 BBhV analog angewandt hat ((1)). Eine etwaige Regelungslücke war aber durch analoge Anwendung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV zu schließen ((2)).

21

(1) Eine Analogie zu § 50 Abs. 1 BBhV scheidet aus. Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung - hier die Analogie - setzt eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes - hier im materiellen Sinne - voraus. Ob eine Regelungslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Verordnungsgebers erfassten Fälle in den Vorschriften der Verordnung tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Verordnungsregelungen nicht alle Fälle erfasst, die nach deren Sinn und Zweck erfasst sein sollten (vgl. z.B. für Gesetze im formellen Sinne Urteil vom 12. September 2013 - BVerwG 5 C 35.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 27 = DVBl 2014, 307 <309> m.w.N.). Darüber hinaus ist eine vergleichbare Sach- und Interessenlage erforderlich. Die Bundesbeihilfeverordnung weist zwar für Härtefälle, die sich aus der Anwendung der Höchstbetragsregelung für Hörgeräte ergeben, eine planwidrige Regelungslücke auf ((a)). Die Sach- und Interessenlage in derartigen Fällen ist indessen nicht die gleiche, die der in § 50 Abs. 1 BBhV getroffenen Regelung zugrunde liegt ((b)).

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(a) Die hier anzuwendende Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 in der Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 war lückenhaft. Sie traf - was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht - für den in Rede stehenden Sachverhalt keine ausdrückliche Härtefallregelung. Allerdings war ihr zu entnehmen, dass den Beihilfeberechtigten nach dem Plan des Verordnungsgebers ausnahmsweise ein über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehender Anspruch zugestanden werden soll, wenn und soweit sie infolge eines teilweisen oder vollständigen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit mit Kosten belastet blieben, die ihre finanziellen Möglichkeiten erheblich übersteigen. Dafür sprechen die bereits in der hier anzuwendenden Fassung enthaltenen zahlreichen Härtefallregelungen für andere Konstellationen. So sind beispielsweise nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BBhV andere (als notwendige und wirtschaftlich angemessene) Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, soweit die Ablehnung der Beihilfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG eine besondere Härte darstellen würde. Darüber hinaus regelt § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV, dass getätigte Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV, die weder in Anlage 5 oder 6 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, ausnahmsweise beihilfefähig sind, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Des Weiteren sieht § 31 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BBhV vor, dass Fahrtkosten einschließlich Flugkosten anlässlich von Behandlungen außerhalb der Europäischen Union ausnahmsweise beihilfefähig sind, soweit sie aus zwingenden medizinischen Gründen im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG erforderlich sind. In dieselbe Richtung weist § 41 Abs. 3 BBhV, wonach das Bundesministerium des Innern die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen zur Früherkennung, Überwachung und Verhütung von Erkrankungen, die nicht nach anderen Vorschriften dieser Verordnung beihilfefähig sind, in Verwaltungsvorschriften für diejenigen Fälle ausnahmsweise zulassen kann, in denen die Gewährung von Beihilfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Ebenso bestimmt § 47 Abs. 1 BBhV, dass die oberste Dienstbehörde oder eine von ihr bestimmte Behörde im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG den Bemessungssatz für Aufwendungen anlässlich einer Dienstbeschädigung angemessen erhöhen kann, soweit nicht bereits Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz bestehen; gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 BBhV kann sie den Bemessungssatz in weiteren besonderen Ausnahmefällen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern angemessen erhöhen, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG zwingend geboten ist. Dass der Verordnungsgeber die angeführten Regelungen nicht als abschließend und demzufolge den Höchstbetrag für Hörgeräte nicht als starre Obergrenze verstanden hat, zeigt sich daran, dass er in die am 20. September 2012 in Kraft getretene Dritte Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 8. September 2012 (BGBl I S. 1935) - BBhV n.F. - eine ausdrückliche Härtefallregelung für Hörgeräte aufgenommen hat. Nach Ziff. 8.8 der Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV n.F. kann der Höchstbetrag für Hörgeräte überschritten werden, soweit dies erforderlich ist, um eine ausreichende Versorgung bei beidseitiger an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder bei vergleichbar schwerwiegenden Sachverhalten zu gewährleisten. Zudem hat der Verordnungsgeber mit § 6 Abs. 7 Satz 1 BBhV n.F. eine allgemeine Härtefallregelung geschaffen.

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(b) Eine Analogie scheidet jedoch aus, weil der hier zu beurteilende Sachverhalt mit dem von § 50 Abs. 1 BBhV erfassten Sachverhalt nicht vergleichbar ist. Der Verordnungsgeber wollte mit §§ 49 und 50 BBhV die Maßnahmen des zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG -) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) wirkungsgleich auf den Beihilfebereich übertragen. Die Beihilfeberechtigten sollten in entsprechender Weise wie die gesetzlich Krankenversicherten zur Kostentragung herangezogen werden. Dementsprechend sieht § 49 BBhV vergleichbar der Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Zuzahlungspflicht (§ 61 SGB V) einen Abzug von Eigenbehalten vor (vgl. Begründung des Entwurfs der Bundesbeihilfeverordnung, Stand: 2. April 2007, S. 34). § 50 Abs. 1 BBhV setzt daneben die Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Begrenzung der Zuzahlungspflicht (§ 62 SGB V) um (vgl. Begründung des Entwurfs der Beihilfeverordnung a.a.O. S. 36). Danach sind auf Antrag Eigenbehalte nach § 49 BBhV von den beihilfefähigen Aufwendungen oder der Beihilfe für ein Kalenderjahr nicht abzuziehen, soweit sie die Belastungsgrenze nach Satz 4, d.h. zwei oder ein Prozent der jährlichen Einnahmen nach § 39 Abs. 3 Satz 3 bis 7 BBhV, übersteigen. Im Unterschied dazu geht es bei der Gewährung einer über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehenden Leistung nicht darum, eine wirkungsgleiche Belastung zwischen Beihilfeberechtigten und gesetzlich Krankenversicherten herzustellen. Die Einräumung eines Beihilfeanspruchs über den festgelegten Höchstbetrag hinaus dient allein der Erfüllung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall.

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(2) Die planwidrige Regelungslücke ist mit Blick auf die vergleichbare Sach- und Interessenlage durch entsprechende Heranziehung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV zu schließen.

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Nach § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV sind getätigte Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, die weder in Anlage 5 oder 6 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Die Entscheidung hierüber ist von Amts wegen in dem durch Beihilfeantrag eingeleiteten Verfahren zu treffen. Bei wertender Betrachtung macht es aus der Sicht der Fürsorgepflicht keinen sachlichen Unterschied, ob bei der Anschaffung von Hilfsmitteln der vollständige Ausschluss der Beihilfefähigkeit oder deren höhenmäßige Begrenzung zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung der Beihilfeberechtigten führt. Sowohl in den in § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV geregelten Fallkonstellationen als auch in dem nicht geregelten Fall, dass für ein in der Anlage 5 genanntes Hilfsmittel ein Höchstbetrag als Obergrenze für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen festgelegt ist, bedarf es eines über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehenden Anspruchs, um zu gewährleisten, dass der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht auch unter Berücksichtigung des pauschalierenden und typisierenden Charakters der Beihilfevorschriften im Einzelfall genügt wird.

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Das Oberverwaltungsgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob die Ablehnung der Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der Hörgeräte eine besondere Härte für den Kläger darstellt. Die Sache ist daher an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen, damit es diese Prüfung nachholen kann.

(1) Beihilfe erhalten:

1.
Beamtinnen und Beamte, die Anspruch auf Besoldung haben oder die Elternzeit in Anspruch nehmen,
2.
Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger, die Anspruch auf Versorgungsbezüge haben,
3.
frühere Beamtinnen und frühere Beamte für den Zeitraum, in dem sie einen Unterhaltsbeitrag oder Übergangsgeld nach dem Beamtenversorgungsgesetz beziehen,
4.
frühere Beamtinnen auf Zeit und frühere Beamte auf Zeit für den Zeitraum, in dem sie Übergangsgeld nach dem Beamtenversorgungsgesetz beziehen.
Satz 1 gilt auch, wenn Bezüge aufgrund der Anwendung von Ruhens- oder Anrechnungsvorschriften nicht gezahlt werden.

(2) Beihilfe wird auch gewährt für Aufwendungen

1.
der Ehegattin oder des Ehegatten, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners, die oder der kein zur wirtschaftlichen Selbständigkeit führendes Einkommen hat, und
2.
der Kinder, die beim Familienzuschlag nach dem Bundesbesoldungsgesetz berücksichtigungsfähig sind.
Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für Kinder, die Waisengeld nach § 23 des Beamtenversorgungsgesetzes erhalten.

(3) Beihilfefähig sind grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen

1.
in Krankheits- und Pflegefällen,
2.
für die Behandlung von Behinderungen,
3.
für die Früherkennung von Krankheiten und für Schutzimpfungen,
4.
in Geburtsfällen, für eine künstliche Befruchtung, für Maßnahmen zur Empfängnisregelung und -verhütung sowie in Ausnahmefällen bei Sterilisation und Schwangerschaftsabbruch sowie
5.
bei Organspenden.

(4) Beihilfe kann nur gewährt werden

1.
als mindestens 50-prozentige Erstattung der beihilfefähigen Aufwendungen,
2.
in Pflegefällen auch in Form einer Pauschale, deren Höhe sich am tatsächlichen Versorgungsaufwand orientiert, oder
3.
im Wege der Beteiligung an den Kosten individueller Leistungen von Leistungserbringerinnen oder Leistungserbringern.
Beihilfe darf nur gewährt werden, soweit sie zusammen mit anderen aus demselben Anlass zu gewährenden Leistungen die dem Grunde nach beihilfefähigen Aufwendungen nicht überschreitet. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen beihilfeberechtigter Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamter der Bundespolizei, denen Leistungen nach § 70 Absatz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes zustehen.

(5) Steht einer beihilfeberechtigten oder berücksichtigungsfähigen Person gegen eine Leistungserbringerin oder einen Leistungserbringer wegen einer unrichtigen Abrechnung ein Anspruch auf Erstattung oder Schadensersatz zu, kann der Dienstherr durch schriftliche oder elektronische Anzeige gegenüber der Leistungserbringerin oder dem Leistungserbringer bewirken, dass der Anspruch insoweit auf ihn übergeht, als er aufgrund der unrichtigen Abrechnung zu hohe Beihilfeleistungen erbracht hat. Satz 1 gilt für den Anspruch gegen eine Abrechnungsstelle der Leistungserbringerin oder des Leistungserbringers entsprechend.

(6) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat regelt im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die näheren Einzelheiten, insbesondere zu den beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Personen sowie zu Inhalt und Umfang der Beihilfen. In der Rechtsverordnung können unter anderem vorgesehen werden:

1.
Höchstbeträge,
2.
in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch
a)
der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen, Behandlungen, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, deren diagnostischer oder therapeutischer Nutzen nicht nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nachgewiesen ist,
b)
der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, die zur Behandlung geringfügiger Erkrankungen bestimmt sind und deren Kosten geringfügig oder der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind,
c)
die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Körperersatzstücke, Krankenhausleistungen, häusliche Krankenpflege, Familien- und Haushaltshilfen, Fahrt- und Unterkunftskosten, Anschlussheil- und Suchtbehandlungen sowie für Rehabilitationsmaßnahmen auf bestimmte Personengruppen, Umstände oder Indikationen,
3.
Eigenbehalte,
4.
Belastungsgrenzen und
5.
die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.