Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 11. Sept. 2017 - B 6 E 17.32762

bei uns veröffentlicht am11.09.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm eine Beschäftigungserlaubnis für eine Ausbildung zu erteilen.

Der Antragsteller, geboren am , ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört zur Volksgruppe der Hazara und ist schiitischer Muslim.

Am 30.06.2015 reiste er ohne das erforderliche Visum erstmals ins Bundesgebiet ein, stellte am 16.10.2015 einen Asylantrag und besitzt ab 19.11.2015 bis heute eine Aufenthaltsgestattung. Seit 05.01.2016 ist er in (Landkreis ) dezentral untergebracht. Zuständige Ausländerbehörde war zunächst das Landratsamt .

Am erwarb der Antragsteller das Zertifikat „Deutsch A 1 für Zuwanderer“. Mit Wirkung vom schloss er einen Vertrag über eine einjährige Einstiegsqualifizierung (EQ) zum Ausbildungsberuf Elektroniker und trat diese Ausbildung an. Die EQ wurde auf seiner Aufenthaltsgestattung eingetragen. Aus dem Jahreszeugnis für das Schuljahr 2016/2017 der Staatlichen Berufsschule in vom 28.07.2017 ergibt sich u.a., dass der Antragsteller im Unterrichtsfach „System- und Gerätetechnik“ gute, ansonsten befriedigende bis ausreichende Leistungen erzielte. Außerdem wurde ihm bescheinigt, er bemühe sich trotz mangelnder Sprachkenntnisse dem Unterricht aufmerksam zu folgen.

Bei seiner in Dari durchgeführten Anhörung gemäß § 25 AsylG am2016 gab er an, er habe sein ganzes Leben zusammen mit seiner Familie illegal im Iran gelebt, dort bis zur

7. Klasse die Schule besucht und dann als ungelernter Schreiner gearbeitet. In Afghanistan sei er nie gewesen. Er habe nie dort leben wollen, insbesondere auch weil die Menschen dort schlecht Arbeit fänden und ständig in Gefahr seien. Aus dem Iran sei er geflohen, weil er von der Polizei vor die Wahl gestellt worden sei, entweder in Syrien für den Iran zu kämpfen oder nach Afghanistan zu gehen. In Deutschland habe er eine Freundin, mit der er verlobt sei und eine Familie gründen wolle.

Mit Bescheid vom 21.12.2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Asylanerkennung ab, erkannte ihm die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zu, stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, forderte ihn auf, die Bundesrepublik binnen einer Frist von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, drohte ihm widrigenfalls die Abschiebung an und befristete das Einreise-und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.

Gegen diesen Bescheid erhob er mit Telefax vom 05.01.2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth. Über dieses Verfahren, das unter dem Az. B 6 K 17.30041 geführt wird, ist noch nicht entschieden.

Am 2017 schloss er mit dem Betrieb, bei dem er bereits seine EQ absolvierte, einen Vertrag zur 3 ½ jährigen Ausbildung im Ausbildungsberuf Elektroniker Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik. Am 12.04.2017 beantragte er beim Antragsgegner eine Beschäftigungserlaubnis.

Am 16.05.2017 forderte ihn die Regierung von Oberfranken - Zentrale Ausländerbehörde, Dienstort (ZAB), die seit 28.04.2017 für ihn ausländerrechtlich zuständig ist, im Rahmen des Antragsverfahren auf, einen Reisepass als geeigneten Identitätsnachweis vorzulegen. Daraufhin brachte er am 23.07.2017 seine Tazkira im Original bei und kündigte an, er werde sich einen Reisepass ausstellen lassen.

Mit Schreiben vom 01.08.2017 hörte ihn der Antragsgegner zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrages an.

Mit Bescheid vom 18.08.2017 lehnte die ZAB den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis gemäß § 61 Abs. 2 AsylG ab. Bei der Abwägung des privaten Interesses des Antragstellers an der Aufnahme der Beschäftigung gegen das öffentlichen Interesse an der Versagung der Beschäftigungserlaubnis im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung berücksichtigte der Antragsgegner zu seinen Gunsten, dass der Antragsteller strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei, seine asylrechtlichen Mitwirkungspflichten nicht verletzt und seine Tazkira im Original vorgelegt habe. Außerdem spreche für die Erteilung, dass der Antragsteller mit der Aufnahme der Ausbildung seine Integration im Bundesgebiet vorantreiben wolle und mit seinem zu erwartenden Einkommen unabhängiger von Sozialleistungen werden wolle. Positiv falle schließlich auch ins Gewicht, dass er eine Einstiegsqualifizierung in dem Ausbildungsbetrieb absolviere und dass seine Deutschkenntnisse für die Ausbildung ausreichen dürften.

Gegen die Erteilung spreche, dass Afghanistan nicht zu den Ländern mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit zähle. Außerdem sei bereits am 21.12.2016 im Asylverfahren gegenüber dem Antragsteller ein ablehnender Bescheid ergangen. Weiter solle aus migrationspolitischer Sicht verdeutlicht werden, dass mit der Stellung eines aussichtslosen Asylantrages nicht das Ziel einer Beschäftigung in Deutschland verfolgt werden könne. Da der Asylantrag noch nicht abgelehnt worden war, als die Einstiegsqualifizierung erlaubt worden war, sei die Ausländerbehörde jetzt durch die Erteilung der Erlaubnis zur EQ nicht gebunden. Außerdem sei die Identität des Antragstellers bisher allein durch die vorgelegte Tazkira nicht abschließend geklärt. Werde der Antragsteller nach rechtskräftiger Ablehnung seines Asylantrages vollziehbar ausreisepflichtig, gelte deshalb ein Erwerbstätigkeitsverbot, so dass ihm dann keine Duldung zur Fortführung seiner Ausbildung werde erteilt werden können. Dieser Aspekt sei bereits jetzt zu berücksichtigen, da die Ausbildung voraussichtlich über die Dauer des Asylverfahrens hinaus fortgesetzt werde.

Bei der Abwägung überwiege das öffentliche Interesse insbesondere deshalb, weil einwanderungspolitische Ziele der Bundesrepublik Deutschland konsequent zu verfolgen seien, seine Ausreisepflicht wahrscheinlich vor Ende der Ausbildung eintrete und er eine geringe Bleibeperspektive habe.

Bereits mit Telefax vom 09.08.2017 hatte die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beim Verwaltungsgericht Bayreuth im Wege einer einstweiligen Anordnung beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller eine Beschäftigungserlaubnis für eine Ausbildung als Elektroniker bei der Firma …, zu erteilen.

Zur Begründung führt sie aus, der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass es dem Antragsteller nicht verwehrt werden dürfe, während des Asylverfahrens seine Rechte wahrzunehmen, zu denen auch die Ausübung einer Beschäftigung mit Erlaubnis gehöre. Ein Anordnungsanspruch sei gegeben, weil der Antragsgegner unzutreffende Erwägungen anstelle. So werde behauptet, er wolle mit einem aussichtslosen Asylantrag erreichen, in Deutschland beschäftigt zu werden. Die verfassungsrechtlichen Grenzen ihrer Kompetenzen überschreite die Ausländerbehörde, wenn sie bei ihrer Abwägung davon ausgehe, dass die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes in jedem Falle vom Gericht abgelehnt werde und sich der Antragsteller deshalb nur noch formal im Asylverfahren befinde. Durch die Einführung der Beschäftigungserlaubnis habe der Gesetzgeber bezweckt, Ausländer schneller zu integrieren und den Arbeitsmarkt zu stärken. Schließlich hätte in die migrationspolitischen Überlegungen auch einfließen müssen, dass Afghanistan auch aufgrund der deutschen Waffenlieferungen das größte und gefährlichste Minenfeld der Welt sei.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Unter Verweis auf die Begründung des Bescheides vom 18.08.2017 beruft er sich darauf, es bestehe kein Anordnungsanspruch, weil die Ausländerbehörde ihrer Ermessensentscheidung auf der Grundlage umfassender Ermessenserwägungen und einer fehlerfreien Interessenabwägung getroffen habe.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

1. Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 123 VwGO Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Dies setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sogenannten Anordnungsanspruch und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sogenannten Anordnungsgrund, glaubhaft macht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn der Antragsteller mit Erfolg geltend macht, dass ihm ein entsprechender Rechtsanspruch zusteht und deshalb im Hauptsacheverfahren überwiegende Erfolgsaussichten bestehen (Dombert in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 129, 125).

Nicht regelungsfähig ist allerdings ein Anspruch auf ermessensfehlerfreies Verwaltungshandeln, es sei denn der zu Grunde liegende Anspruch auf ermessensfehlerfreies Verwaltungshandeln hat sich zu einem Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes verdichtet (BVerwG, B. v. 16.08.1978 – 1 WB 112/78 – BVerwGE 63,110/112).

Über den Erfolg des Antrages ist aufgrund der in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung zu entscheiden. Dabei ist abzustellen auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

a) Der Antragsteller hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Der Vertrag über die Berufsausbildung, für die er die Beschäftigungserlaubnis begehrt, hat bereits am 01.09.2017 zu laufen begonnen und ein späterer Einstieg in die Ausbildung ist nur während eines begrenzten Zeitraums möglich und sinnvoll. Deshalb ist es ihm nicht zuzumuten, abzuwarten, bis in einem (noch zu erhebenden) Klageverfahren über die Beschäftigungserlaubnis entschieden worden ist (vgl. Neundorf in Kluth/Heusch, BeckOK-AuslR, Stand 01.05.2017, § 61 AsylG Rn. 20).

b) Der Antragsteller hat jedoch keinen regelungsfähigen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Das Ermessen des Antragsgegners hat sich nicht dahingehend reduziert, dass er nur dann ermessensfehlerfrei entscheidet, wenn er die Beschäftigungserlaubnis erteilt.

Rechtsgrundlage für die begehrte Beschäftigungserlaubnis ist § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG. Danach kann einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, abweichend von § 4 Abs. 3 AufenthG die Ausübung einer Beschäftigung gestattet werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 32 Abs. Abs. 4 BeschV bedarf die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Berufsausübung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberufs an einen Ausländer mit Aufenthaltsgestattung keiner Zustimmung der Bundesagentur.

Bei der Anspruchsnorm, deren tatbestandliche Voraussetzungen der Antragsteller erfüllt, handelt es sich um eine Ermessensvorschrift. Deshalb ist ein Anordnungsanspruch nur gegeben, wenn das Ermessen des Antragsgegners auf Null geschrumpft ist, weil Handlungsalternativen sachlich nicht hinreichend begründbar sind oder sich die Behörde in der Vergangenheit durch eine bestimmte Verwaltungspraxis gebunden hat (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 40 Rn. 49 - 51).

Diese Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null, die nur ausnahmsweise anzunehmen ist (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 102 b), liegen hier nicht vor.

aa) Der Antragsgegner hat die Versagung hinreichend begründet.

Die Ausländerbehörde hat die privaten Belange des Klägers und die aufenthalts- und asylrechtlichen öffentliche Zwecke, insbesondere die öffentlichen Interessen, die durch die Anwesenheit des Ausländers nachteilig berührt werden könnten, zu prüfen, berücksichtigen und abzuwägen (Neundorf, a.a.O. Rn.17).

Gerade dann wenn die Erteilung der Erlaubnis für eine mehrjährige Ausbildung begehrt wird, hat die Ausländerbehörde in diesem Verfahren als gewichtiges Indiz einen Ablehnungsbescheid, den das Bundesamt als zuständige Behörde nach Würdigung des Einzelfalls im Asylverfahren erlassen hat, zu berücksichtigen und zwar grundsätzlich ohne ihn zu überprüfen (so auch zur vergleichbaren Frage im Rahmen der Zulassung zu Integrationskursen, wann bei einem Asylbewerber gemäß § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, BayVGH, B. v. 21.02.2017 – 19 CE 16.2204 - juris Rn. 22). Weiter hat die Behörde in ihre Überlegungen einzubeziehen, dass die Asylgestattung gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG erst erlischt, wenn die Entscheidung des Bundesamtes unanfechtbar geworden ist, so dass in die zu berücksichtigende Dauer des Asylverfahrens ein Klageverfahren gegen die Ablehnung einzubeziehen ist. Schließlich ist in Betracht zu ziehen, ob der Ausländer auch nach rechtskräftiger Ablehnung seines Asylantrages regelmäßig damit rechnen kann, dennoch im Bundesgebiet zu bleiben, weil Abschiebungen in sein Herkunftsland nicht durchgeführt werden, sein es dass es die dortigen Verhältnisse nicht erlauben, sei es dass das Herkunftsland bei Rückführungen nicht oder nur sehr langsam mitwirkt. Dies ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn einzelne Bundesländer oder alle Bundesländer abgestimmt darauf verzichten, auch ohne förmliche Aussetzung der Abschiebungen die Ausreisepflicht dorthin durchzusetzen. Denn ein solcher zeitlich unbestimmter Vollzugsverzicht eröffnet keine ausreichend begründete Erwartung, im Bundesgebiet bleiben zu dürfen (BayVGH, a.a.O. Rn.20).

Bei ihrer Prüfung nicht zu berücksichtigen hat die Ausländerbehörde arbeitsmarktpolitische Belange. Denn mit der Regelung in § 61 AsylG setzt der deutsche Gesetzgeber zwar die sich aus Art. 15 Abs. 2 Richtlinie (RL) 2013/33 EU (Aufnahmerichtlinie) ergebende unionsrechtliche Verpflichtungen um, einzelstaatlich zu regeln, unter welchen Voraussetzungen Antragstellern auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird und dafür zu sorgen, dass ihnen ein effektiver Arbeitsmarktzugang eröffnet wird. Um diese Vorgaben zu erfüllen, hat der deutsche Gesetzgeber festgelegt, dass die Ausländerbehörde insgesamt im Ermessenswege über die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis entscheidet (one-stop-government) und dabei behördenintern die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit einholt, sofern die Beschäftigung nicht in § 32 Abs. 2 BeschV für zustimmungsfrei erklärt ist. (Allein) die Bundesagentur für Arbeit hat deshalb arbeitsmarktpolitische Gesichtspunkte zu prüfen (Schröder in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 61 AsylG Rn. 9).

Was die privaten Belange des Antragstellers betrifft, hat die Behörde insbesondere zu berücksichtigen, ob er die Sprachkenntnisse, mindestens Stufe B1, am besten die Stufen B 2 oder C1 nachweist, die jedenfalls für eine erfolgreiche schulische Ausbildung in der Berufsschule unerlässlich sind (VG München, B. v. 09.08.2017 – M 9 E 17.3293 - juris Rn 40).

Legt man diese Maßstäbe zu Grunde, hat der Antragsgegner seine Ermessensentscheidung, ausreichend begründet.

Offen lassen kann das Gericht, ob die Entscheidung darauf gestützt werden kann, mit der Ablehnung solle verdeutlicht werden, dass mit Stellen aussichtsloser Anträge das Ziel einer Beschäftigung in Deutschland nicht verfolgt werden könne. Es spricht allerdings viel dafür, dass bei der Ausübung des Ermessens die Argumentation mit migrationspolitischen Überlegungen zwar nicht von vornherein ausgeschlossen ist, (so aber Hailbronner, Ausländerecht, Stand Mai 2017, § 61 AsylG Rn. 21), sie jedoch hauptsächlich dann zum Tragen kommt, wenn das Bundesamt den Antrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat (vgl. VG München, a.a.O. Rn. 34).

Denn der Antragsgegner hat die Ablehnung (auch) darauf gestützt, dass das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers mit Bescheid vom 21.12.2016 nicht offensichtlich rechtswidrig als unbegründet abgelehnt hat und auch keine Abschiebungsverbote bejaht hat.

Die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG scheitert bereits daran, dass der Antragsteller nie in Afghanistan gelebt und deshalb nicht vorverfolgt ausgereist sein kann. Subsidiärer Schutz kommt nicht in Betracht, weil in Afghanistan weder Leben oder Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bedroht wären (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Außerdem würde eine Abschiebung nicht Art. 3 EMRK verletzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG), so dass aus diesem Grund subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG anzunehmen wäre. Weiter ist für aus dem europäischen Ausland dauerhaft einreisende afghanische Staatsangehörige derzeit weiterhin nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen, die zu einem Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG analog führen würde (BayVGH, B. v. 21.08.2017 – 13a ZB 17.30529 – juris Rn. 13). Schließlich scheitert eine Abschiebung nach Afghanistan nicht am fehlenden vorherigen Aufenthalt in Afghanistan, weil der Antragsteller, ein gesunder, arbeitsfähiger junger Mann ist und die Landessprache Dari spricht (BayVGH, B. v. 12.04.2017 – 13 a ZB 17.30230 - juris Rn. 7).

Die für den Antragsteller sprechenden Argumente hat die Behörde bei der Abwägung demgegenüber zurücktreten lassen. Der Antragsgegner ist insbesondere in diesem Zusammenhang zu Recht davon ausgegangen, dass die Zulassung zu einer EQ durch das Landratsamt den kein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründet, dass dem Antragsteller auch, wenn er sie erfolgreich absolviert, eine entsprechende Ausbildung erlaubt werden wird (a. A. VG München, B. v. 09.08.2017 – M 9 E 17.3293 – juris Rn. 36). Denn im Vergleich mit dem Zeitpunkt, als dem Antragsteller die EQ aufenthaltsrechtlich ermöglicht wurde, hat sich die Rechtslage durch die Ablehnung des Asylantrages in einer Art und Weise geändert, dass der Antragsgegner den Antragsteller nunmehr nicht mehr zur EQ zulassen würde.

Ihre Rechtfertigung findet die Entscheidung des Antragsgegners weiter auch darin, dass der Antragsteller derzeit nicht nachweislich über die für die anspruchsvolle Ausbildung zum Elektroniker Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik erforderlichen vertieften Sprachkenntnisse verfügt. Er hat bislang nachweislich nur ein Sprachzertifikat A 1 erworben und auch die Berufsschule hat im Zeugnis über die EQ auf seine mangelnden Sprachkenntnisse hingewiesen, die es ihm schwer gemacht hätten, dem Unterricht zu folgen.

Schließlich ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist – anders als bei einem deutschverheirateten Asylbewerber (Schröder in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016 § 61 AsylG Rn.11) - bei einem lediglich verlobten Asylbewerber auch nicht zu erwarten, dass der Antragsteller seine Ausbildung, die er während des Asylverfahrens beginnen will, nach Abschluss des Verfahrens fortführen können wird. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, die gemäß § 27 Abs. 5 AufenthG auch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt, setzt u.a. voraus, dass der Ausländer verheiratet, nicht lediglich verlobt ist, er einen Pass besitzt und ein Visumverfahren durchgeführt hat bzw. dass die Voraussetzungen des § 39 Nr. 4 AufenthV vorliegen.

bb) Der Antragsgegner hat sich auch nicht durch seine bisherige Verwaltungspraxis gebunden, auch dem Antragsteller eine Beschäftigungserlaubnis zu erteilen.

Der Ausübung des Ermessens bei der Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen folgt in der landesweiten behördlichen Praxis den IMS v. 01.09.2016, v. 19.12.2016, v. 27.01.2017, v. 18.05.2017 und vom 07.08.2017, Az. IA2-2081-1-8-19, sowie der Verständigung im Ministerrat vom 23.05.2017. Diese Vorgaben und ihre Umsetzung in der Praxis lassen nicht erkennen, dass der Antragsgegner durch seine bisherige ständige Ermessensausübung gebunden wäre, im vorliegenden Fall eine Beschäftigungserlaubnis zu erteilen. Die genannte „Verständigung“ macht im Gegenteil deutlich, dass ein entscheidendes Gewicht dem Umstand beigemessen wird, ob das Bundesamt den Asylantrag bereits abgelehnt hat oder nicht, während das neueste IMS vom 07.08.2017 (S.4 a. E.) ausdrücklich auf das Kriterium des Niveaus der Deutschsprachkenntnisse hinweist.

b) Darüber hinaus steht dem Anordnungserlass auch das Vorwegnahmeverbot entgegen.

aa) Die Vorwegnahme der Hauptsache wird angestrebt,, wenn der Antragsteller bereits im Anordnungsverfahren auf Dauer oder wenigstens bis zum Abschluss des - gedachten - Hauptsacheverfahrens so gestellt werden will, als ob er in der Hauptsache obsiegt hat. Stimmen Anordnungs- und (ggf. nur gedachter) Klageantrag überein und steht die erlassene Regelung nicht unter dem Vorbehalt des Ausgangs des Klageverfahrens, wird die Hauptsache endgültig vorgenommen (Dombert in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017 Rn. 175f.).

Da der Antragsteller bereits im Anordnungsverfahren die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis für die gesamte Dauer seiner Ausbildung, die laut Vertrag am 01.09.2017 beginnen sollte, begehrt, verlangt er im Verfahren gemäß § 123 VwGO eine Rechtsposition, die dem Rechtsschutzziel einer möglichen Klage entspricht. Damit würde die Hauptsache endgültig vorweggenommen.

bb) Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist bei einer Ermessensentscheidung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass bei ermessensfehlerfreier Entscheidung eine Entscheidung zu seinen Gunsten überwiegend wahrscheinlich ist und er unzumutbar schweren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf das Hauptsacheverfahrens verwiesen werden würde (Dombert, a.a.O. Rn. 190,193).

Beide Voraussetzungen liegen nicht vor.

Ein Erfolg in einem möglichen Klageverfahren ist insbesondere wegen der Ablehnung des Antrages durch das Bundesamt nicht überwiegend wahrscheinlich. Außerdem drohen dem Antragsteller keine unzumutbaren Nachteile, wenn der Antragsgegner nicht im Verfahren nach § 123 VwGO zur Erlaubniserteilung verpflichtet wird. Er kann, zumal nach der Ablehnung durch das Bundesamt, nicht verlangen, bereits jetzt wie ein anerkannter Asylbewerber gestellt zu werden und damit nicht beanspruchen, seinen Unterhalt durch Erwerbstätigkeit zu bestreiten. Auch wenn sein Unterhalt im Bundesgebiet lediglich durch Sozialleistungen gesichert wird, ist der ihm während des Asylverfahrens gebührende Schutz nicht in Frage gestellt (Neudorf in Kluth/Heusch, Beck-OK AuslR, Stand 01.05.2017, § 61 AsylG Rn. 2).

Der Verpflichtung zur Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis steht deshalb, wie das regelmäßig der Fall ist, auch hier das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen (vgl. dazu Hailbronner, Ausländerrecht, § 61 AsylG, Stand Mai 2017, § 61 AsylG Rn. 26)

Damit war der Antrag abzulehnen.

2. Als unterliegender Teil trägt der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 25 Anhörung


(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über W

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 4 Erfordernis eines Aufenthaltstitels


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(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, darf der Ausländer keine Erwerbstätigkeit ausüben. Abweichend von Satz 1 ist dem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, wenn

1.
das Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten nach der Stellung des Asylantrags unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist,
3.
der Ausländer nicht Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates (§ 29a) ist und
4.
der Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig abgelehnt wurde, es sei denn das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet;
Ausländern, die seit mindestens sechs Monaten eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, kann die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend für Ausländer nach Satz 2.

(2) Im Übrigen kann einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, gemäß § 4a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Ein geduldeter oder rechtmäßiger Voraufenthalt wird auf die Wartezeit nach Satz 1 angerechnet. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend. Einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat gemäß § 29a, der nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt hat, darf während des Asylverfahrens die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, darf der Ausländer keine Erwerbstätigkeit ausüben. Abweichend von Satz 1 ist dem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, wenn

1.
das Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten nach der Stellung des Asylantrags unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist,
3.
der Ausländer nicht Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates (§ 29a) ist und
4.
der Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig abgelehnt wurde, es sei denn das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet;
Ausländern, die seit mindestens sechs Monaten eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, kann die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend für Ausländer nach Satz 2.

(2) Im Übrigen kann einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, gemäß § 4a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Ein geduldeter oder rechtmäßiger Voraufenthalt wird auf die Wartezeit nach Satz 1 angerechnet. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend. Einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat gemäß § 29a, der nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt hat, darf während des Asylverfahrens die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Ausländerinnen und Ausländern, die eine Duldung besitzen, kann eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn sie sich seit drei Monaten erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 sowie § 41 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend.

(2) Keiner Zustimmung bedarf die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung

1.
eines Praktikums nach § 22 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Mindestlohngesetzes,
2.
einer Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf,
3.
einer Beschäftigung nach § 18b Absatz 2 Satz 1 und § 18c Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes, § 5, § 14 Absatz 1, § 15 Nummer 2, § 22 Nummer 3 bis 6 und § 23,
4.
einer Beschäftigung von Ehegatten, Lebenspartnern, Verwandten und Verschwägerten ersten Grades eines Arbeitgebers in dessen Betrieb, wenn der Arbeitgeber mit diesen in häuslicher Gemeinschaft lebt oder
5.
jeder Beschäftigung nach einem ununterbrochen vierjährigen erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt im Bundesgebiet.

(3) Der Absatz 2 findet auch Anwendung auf Ausländerinnen und Ausländer mit einer Aufenthaltsgestattung.

(1) Einen Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs hat ein Ausländer, der sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhält, wenn ihm

1.
erstmals eine Aufenthaltserlaubnis
a)
zu Erwerbszwecken (§§ 18a bis 18d, 19c und 21),
b)
zum Zweck des Familiennachzugs (§§ 28, 29, 30, 32, 36, 36a),
c)
aus humanitären Gründen nach § 25 Absatz 1, 2, 4a Satz 3 oder § 25b,
d)
als langfristig Aufenthaltsberechtigter nach § 38a oder
2.
ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 2 oder Absatz 4
erteilt wird. Von einem dauerhaften Aufenthalt ist in der Regel auszugehen, wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr erhält oder seit über 18 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, es sei denn, der Aufenthalt ist vorübergehender Natur.

(2) Der Teilnahmeanspruch nach Absatz 1 erlischt ein Jahr nach Erteilung des den Anspruch begründenden Aufenthaltstitels oder bei dessen Wegfall. Dies gilt nicht, wenn sich der Ausländer bis zu diesem Zeitpunkt aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zu einem Integrationskurs anmelden konnte.

(3) Der Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs besteht nicht,

1.
bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine schulische Ausbildung aufnehmen oder ihre bisherige Schullaufbahn in der Bundesrepublik Deutschland fortsetzen,
2.
bei erkennbar geringem Integrationsbedarf oder
3.
wenn der Ausländer bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
Die Berechtigung zur Teilnahme am Orientierungskurs bleibt im Falle des Satzes 1 Nr. 3 hiervon unberührt.

(4) Ein Ausländer, der einen Teilnahmeanspruch nicht oder nicht mehr besitzt, kann im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden. Diese Regelung findet entsprechend auf deutsche Staatsangehörige Anwendung, wenn sie nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und in besonderer Weise integrationsbedürftig sind, sowie auf Ausländer, die

1.
eine Aufenthaltsgestattung besitzen,
2.
eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 3 besitzen oder
3.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 oder § 25 Absatz 5 besitzen.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird unter Abänderung der Nr. 5 des Beschlusses vom 4. Oktober 2016 für beide Rechtszüge auf 1.350 EUR festgesetzt.

IV.

Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt MacLean, Berlin, gewährt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan, betreibt seit dem 29. Februar 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Asylverfahren.

Mit Formblattantrag vom 29. Februar 2016 beantragte die Antragstellerin gemäß § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG beim Bundesamt die Zulassung zu einem Integrationskurs. Mit Bescheid vom 18. April 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag mit der Begründung ab, die Antragstellerin komme nicht aus einem Herkunftsland mit einer hohen Schutzquote (dies seien nur Syrien, Eritrea, Iran und Irak).

Den Widerspruch wies das Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2016 zurück; nur Asylbewerber aus Syrien, Eritrea, dem Iran und Irak kämen aus Ländern mit einer hohen Anerkennungsquote.

Durch Klage gegen den Bescheid verfolgte die Antragstellerin ihr Ziel einer Zulassung zu einem Integrationskurs weiter. Zusätzlich beantragte sie die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem gleichen Ziel.

Mit Beschluss vom 2. September 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den vorläufigen Rechtsschutzantrag und die Gewährung von Prozesskostenhilfe ab; die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache sei nicht zulässig. Der Beschluss trägt zwei Unterschriften und einen Verhinderungsvermerk (§ 117 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Mit Schriftsatz vom 26. September 2016 erhob die Antragstellerin Beschwerde (19 CE 17.105), machte die Unwirksamkeit des Beschlusses geltend und hielt (unter Auseinandersetzung mit den Gründen des Beschlusses vom 2. September 2016) am einstweiligen Rechtsschutzbegehren fest.

Mit Beschluss vom 4. Oktober 2016 stellte das Verwaltungsgericht die Unwirksamkeit der Entscheidung vom 2. September 2016 fest (Nr. 1) und lehnte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Nr. 2) sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe (Nr. 4) ab.

Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2016 erhob die Antragstellerin gegen den Beschluss vom 4. Oktober 2016 Beschwerde (hinsichtlich der verwaltungsgerichtlichen Ablehnung einer Gewährung von Prozesskostenhilfe vgl. den Senatsbeschluss vom selben Tag im Verfahren 19 C 16.2230), und beantragte Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Zur Begründung bezog sie sich auf das Beschwerdevorbringen vom 26. September 2016. Die Antragstellerin macht geltend, der Zugang zu Integrationskursen sei nicht auf Asylsuchende aus vier Herkunftsstaaten beschränkt. Ihr Schutzbegehren habe gute Erfolgsaussichten, denn sie komme aus Afghanistan und gehöre zur Minderheit der Hazara, die von der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit diskriminiert und von den Taliban verfolgt werde. Wegen einer heimlichen Heirat habe es Probleme mit der Familie ihres „Brautkäufers“ gegeben.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Aufhebung der Nr. 2 der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vom 4. Oktober 2016 die Antragsgegnerin zur Zulassung der Antragstellerin zu einem Integrationskurs zu verpflichten.

Die Antragsgegnerin hat sich nicht geäußert.

II.

1. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1.1 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stünde der Umstand, dass eine Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wohl zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde, einer Antragsstattgabe nicht entgegen, weil vorliegend dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (Art. 19 Abs. 4 GG), sonst nicht genügt werden könnte.

Die Regelung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG ist - weil sie eine Aufenthaltsgestattung voraussetzt - nur während des Asylverfahrens anwendbar. Auch wenn Asylverfahren derzeit eine erhebliche Zeitdauer beanspruchen können, ist äußerst fraglich, ob das Hauptsacheverfahren betreffend die Zulassung zum Integrationskurs vor dem Asylverfahren abgeschlossen wird (in Fällen, in denen das Bundesamt irgendeinem Teil des Asylbegehrens stattgibt, findet meist nicht einmal ein Asylklageverfahren statt), sich also nicht durch dessen Beendigung erledigen wird (mit der Folge einer vollziehbaren Ausreisepflicht oder eines Anspruchs nach § 44 Abs. 1 AufenthG). Nachdem Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht effektiv gewährt werden kann, verbleibt hierfür nur das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (im diesem Sinn auch BVerfG, B.v. 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005,927 ff., juris Rn. 18 ff. betreffend den Anspruch auf Grundsicherung sowie BVerwG, U.v. 18.4.2013 - 10 C 9/12 - BVerwGE 146,189/198, juris Rn. 22 betreffend einen Anspruch auf Familiennachzug, der wegen seines Bestehens während nur weniger Lebensjahre des Ausländers in aller Regel am Ende des Hauptsacheverfahrens nicht mehr besteht). Diese Konzentration auf das einstweilige Rechtsschutzverfahren ist letztlich durch das Gesetz vorgegeben. Die Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG regelt die Integrationskurszulassung im Vorgriff auf die bestandskräftige Asylentscheidung, aus der sich dann endgültig ergibt, ob eine Integrationsförderung veranlasst ist. Im Rahmen dieser Bestimmung müssen daher Schwierigkeiten bewältigt werden, wie sie typischerweise mit einer vorläufigen, vor der endgültigen Klärung des Anspruchs zu treffenden Regelung verbunden sind.

1.2 Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Anordnungsanspruch nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nicht zu.

1.2.1 Nach § 44 Abs. 4 AufenthG in der bis zum 23. Oktober 2015 gültigen Fassung konnte ein Ausländer, der einen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs nicht oder nicht mehr besitzt, im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden (Satz 1) und fand diese Regelung entsprechende Anwendung auf bestimmte deutsche Staatsangehörige mit Integrationsbedarf (Satz 2). Durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) ist die Festlegung in Satz 2 (entsprechende Anwendung des Satzes 1) auf Ausländer erweitert worden, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist (Nr. 1; außerdem auf Ausländer, die eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 besitzen - Nr. 2, sowie auf Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 besitzen - Nr. 3). Gleichzeitig wurde Satz 3 angefügt, demzufolge bei einem Asylbewerber, der aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a AsylG stammt, vermutet wird, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten ist.

Die Neufassung deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber auf die Zulassung der von der Erweiterung des Satzes 2 erfassten Personengruppen einen gewissen Wert legt. Für diese Personengruppen ist die in Bezug genommene Vorschrift des Satzes 1 möglicherweise nicht mehr eine Ermessensvorschrift, sondern eine Sollvorschrift; auch eine Verpflichtung zur vorrangigen Berücksichtigung könnte gewollt sein. Um diesen Personengruppen eine ermessensabhängige Zulassung zu ermöglichen, hätte es nämlich der Erweiterung des Satzes 2 nicht bedurft. Die in den Nrn. 1, 2 und 3 des Satzes 2 erfassten Ausländer besitzen keinen Teilnahmeanspruch nach § 44 Abs. 1 AufenthG und fallen deshalb sämtlich schon unter § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, wonach Ausländer ohne Teilnahmeanspruch zugelassen werden können. Satz 2 der Vorschrift ist somit hinsichtlich des erfassten Personenkreises die speziellere Regelung. Verbliebe es bei der wörtlichen Auslegung, wonach sich Satz 2 in der Rechtsfolge (Ermessenszulassung) nicht von Satz 1 unterscheidet, gingen der spezielle Beschleunigungsansatz des Gesetzgebers und seine Absicht ins Leere, Asylbewerber nicht zuzulassen, die einen rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt nicht zu erwarten haben. Überdies werden durch § 5 Abs. 4 Satz 2 IntV (nunmehr in der Fassung der Änderungsverordnung zum Integrationsgesetz vom 31.7.2016, BGBl I S. 1950, mit Wirkung vom 6.8.2016) bestimmte Personengruppen hervorgehoben; diese Bestimmung fordert ausdrücklich eine vorrangige Berücksichtigung. Die hier genannten Personengruppen sind mit den von der Erweiterung des Satzes 2 des § 44 Abs. 4 AufenthG erfassten Personengruppen nicht vollständig identisch (beispielsweise sind in § 5 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 IntV Unionsbürger und deren Familienangehörige genannt, die zwar in § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, nicht aber in § 44 Abs. 4 Satz 2 AufenthG Erwähnung finden; in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nrn. 2 und 3 AufenthG - nicht aber in § 5 IntV - werden Ausländer erwähnt, die eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 besitzen bzw. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG). Die Frage, in welchem Verhältnis diese beiden Hervorhebungen inkongruenter Personengruppen zueinander stehen, kann vorliegend jedoch ebenso offenbleiben wie die Frage, ob § 44 Abs. 4 Satz 2 AufenthG eine Sollvorschrift ist oder eine Bevorzugung vorschreibt. Ausländer, die - wie die Antragstellerin - eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen sich die Frage stellt, ob bei ihnen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, sind sowohl in der Gesetzesbestimmung als auch in der Verordnungsbestimmung - die das Bevorzugungsgebot deutlich zum Ausdruck bringt - aufgeführt (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG und § 5 Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 IntV). Die Antragsgegnerin hat ihre Ablehnungsentscheidung nicht auf Ermessenserwägungen oder auf Kapazitätserwägungen (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 1 AufenthG: „… im Rahmen verfügbarer Kursplätze…“) gestützt. Sie geht vielmehr davon aus, die Antragstellerin habe als Asylbewerberin aus Afghanistan keinen rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt zu erwarten, hält also diese Tatbestandsvoraussetzung für nicht erfüllt.

Die demnach entscheidungserhebliche Frage, ob bei der Antragstellerin „ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist“ (§ 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG), ist von der Behörde und vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend beantwortet worden.

Für diese Formulierung finden sich in der Entwurfsbegründung (BT-Drs. 18/6185, Seiten 1 und 48) die Umschreibungen „gute Bleibeperspektive“, „Asylbewerber, die aus einem Land mit einer hohen Anerkennungsquote kommen“ und „Asylbewerber, bei denen eine belastbare Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag besteht“. Auf Seite 30 geht die Entwurfsbegründung davon aus, dass für die Entscheidung über den Zulassungsantrag eines Asylbewerbers eine Abfrage zum Status des Asylbewerbers aus dem Asylbereich des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge notwendig ist.

Daraus ergibt sich, dass die Frage, ob die Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts begründet ist, grundsätzlich anhand der Gesamtschutzquote des Landes, aus dem der Asylbewerber kommt, zu beantworten ist, solange die Asylentscheidung des Bundesamtes noch nicht ergangen ist. Ein Verzicht von Bundesländern auf Abschiebungen (mit Schriftsatz vom 17.2.2017 weist die Antragstellerin auf entsprechende Länderbeschlüsse hin) ist kein Kriterium zur Beurteilung dieser Erwartung, denn ein solcher zeitlich unbestimmter Vollzugsverzicht unterliegt keiner rechtlichen Überprüfung und indiziert daher nicht die Rechtmäßigkeit des weiteren Aufenthalts.

Der Sachstand des Asylverfahrens vor Bescheidserlass ist keine geeignete Grundlage für die Beurteilung, ob die genannte Erwartung begründet ist. Gegen die Bildung einer Überzeugung betreffend die Erfolgsaussichten des Asylbegehrens spricht, dass regelmäßig unterschiedliche Spruchkörper für die Asylsache und für die ausländerrechtliche Entscheidung nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG zuständig sind und deshalb für diese Überzeugungsbildung die Erfahrungen aus der asylrechtlichen Entscheidungspraxis nicht genutzt werden können. Überdies wäre in vielen Fällen eine diesbezügliche Überzeugung nicht kurzfristig zu gewinnen, so dass dem Ziel des Gesetzes nicht genügt würde, mit der Integration - soweit sinnvoll - möglichst frühzeitig zu beginnen. Auch dem Gesetz und der Entwurfsbegründung ist nicht zu entnehmen, dass im Rahmen der Entscheidung nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG eine an den Einzelfallumständen orientierte Überzeugung betreffend die Erfolgsaussichten des Asylbegehrens gebildet werden soll. Die Anwendung eines groben Kriteriums wie der Anerkennungsquote ist auch nicht unverhältnismäßig, weil die Regelung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nur während des Asylverfahrens Bedeutung hat und ein in dieser frühen Phase nicht zum Integrationskurs zugelassener, letztlich aber doch aufgenommener Asylbewerber den Zulassungsanspruch nach § 44 Abs. 1 AufenthG besitzt.

Hat das Bundesamt aber eine aufnehmende Entscheidung getroffen, ist die in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG bezeichnete Erwartung mangels eines Klagebefugten (betreffend den aufnehmenden Ausspruch) begründet. Im Fall einer ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes in allen Punkten liegt (ebenfalls) eine Einzelfallwürdigung der zuständigen Behörde vor, die bei der Anwendung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG grundsätzlich nicht zu überprüfen ist. Von der genannten Erwartung kann in einem solchen Fall auch dann nicht ausgegangen werden, wenn sie generell wegen der Gesamtschutzquote des betreffenden Landes begründet sein sollte.

Die in der Entwurfsbegründung angesprochene Abfrage zum Status des Asylbewerbers hat somit den Zweck festzustellen, ob die Bundesamtsentscheidung bereits ergangen ist (als Vorgabe für die Frage der Erwartung) oder ob sie noch aussteht mit der Folge, dass es auf die Gesamtschutzquote ankommt. Ist im Asylverfahren bereits Bestandskraft eingetreten, hat dies entweder den Ausschluss eines Teilnahmeanspruchs oder sein Entstehen nach § 44 Abs. 1 AufenthG zur Folge und kommt es auf § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nicht mehr an.

Lediglich wenn das Ergebnis des Asylverfahrens (insgesamt negativ oder wenigstens zu einem Teil positiv) offensichtlich ist, etwa weil der Sachverhalt feststeht und keinerlei differenzierende Würdigung erforderlich ist, kann die Beurteilung, ob ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, anhand des konkreten, vom Bundesamt noch nicht entschiedenen Asylverfahrens vorgenommen werden. Dasselbe gilt, wenn substantiierte Zweifel an der vom Asylbewerber behaupteten Herkunft bestehen. In einem solchen Fall ist die Erwartung nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG bereits deshalb nicht begründet, weil die Anerkennungsquote eines bestimmten Landes nicht zu Grunde gelegt werden kann und auch sonst von einem wenigstens teilweise erfolgreichen Asylverfahren nicht ausgegangen werden kann.

1.2.2 Vorliegend ist eine Entscheidung im Asylverfahren noch nicht getroffen worden und dessen Ergebnis auch nicht offensichtlich. Nachdem die Überprüfung der Identitätsdokumente der Antragstellerin keine Anhaltspunkte für eine Fälschung ergeben hat und auch sonst keine substantiierten Zweifel an ihrer Herkunft aus Afghanistan bestehen, kommt es darauf an, ob aufgrund der Gesamtschutzquote für Afghanistan bei der Antragstellerin ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt im Sinne des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG zu erwarten ist. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Antragsgegnerin geht offensichtlich davon aus, dass bei einer Gesamtschutzquote von mehr als 50% die in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG genannte Erwartung begründet ist, diese Quote jedoch eine gewisse Stabilität aufweisen muss. Sie führt in ihrem Internetauftritt (http: …www.bamf.de/DE/Infothek/Fragen Antworten/IntegrationskurseAsylbewerber/integrationskurse-asylbewerber-node.html) aus, es werde halbjährlich festgelegt, welche Herkunftsländer das Kriterium Schutzquote (>/= 50) erfüllen, und hat das Zulassungsbegehren der Antragstellerin abgelehnt, die aus dem Land Afghanistan kommt, für das nach der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Gesamtschutzquote im Jahr 2016 einschließlich September noch 47,0% betragen hat und erst danach die 50%-Grenze überschritten hat (2016 einschließlich Oktober: 51,3%; 2016 einschließlich November: 55,5%, 2016 einschließlich Dezember: 55,8%). Im Januar 2017 hat die Gesamtschutzquote für Afghanistan wieder bei 45,2% gelegten.

Das Stabilitätskriterium des Beurteilungsmaßstabes der Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden, denn der Frage, ob die geforderte Gesamtschutzquote stabil erreicht ist, kommt hohes Gewicht zu. Die Gesamtschutzquote kann, wie die dargestellte Entwicklung dieser Quote für das Herkunftsland Afghanistan belegt, erheblichen Schwankungen unterworfen sein; dies kann auf Entwicklungen im Heimatland des Asylbewerbers, auf einem Wandel der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, auf fallgruppenorientierten Arbeitsabläufen des Bundesamtes und auf sonstigen Gründen beruhen. Nur bei einer „hohen Anerkennungsquote“, die über längere Zeit hin erreicht wird, führen Veränderungen der Gesamtschutzquote nicht zu einem Wechsel von Entstehen der Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG und Wegfall seiner Anwendbarkeit innerhalb kurzer Fristen (möglicherweise sogar innerhalb der Zeit, die ein Integrationskurs dauert) und wird einigermaßen vermieden, dass es bereits wegen des Umgangs mit der Gesamtschutzquote zu Fehlförderungen in einem Ausmaß kommt, das den Zielen des Gesetzgebers (vgl. Nr. 2) widerspricht.

1.3 Gelegentlich des vorliegenden Verfahrens weist der Senat darauf hin, dass die Annahme der Antragsgegnerin, die Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG sei bereits ab einer Gesamtschutzquote von 50% anwendbar, vor dem Hintergrund der Ziele des Gesetzgebers zweifelhaft ist.

Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz ist durch die sogenannte Flüchtlingskrise veranlasst worden, also durch die tatsächliche, rechtliche und gesellschaftliche Problematik im Zusammenhang mit der massenhaften Einreise von Flüchtlingen und Migranten in den Jahren 2015 und 2016 nach Europa und vor allem nach Deutschland. Ziel des Gesetzes ist es vor allem (ausweislich der Entwurfsbegründung, BT-Drs. 18/6185 S. 1), die Asylverfahren zu beschleunigen. Weiterhin soll einerseits die Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger vereinfacht und sollen Fehlanreize, die zu einem weiteren Anstieg ungerechtfertigter Asylanträge führen können, beseitigt werden; andererseits soll die Integration derjenigen, die über eine gute Bleibeperspektive verfügen, verbessert werden. Diesen Zielen liegt offensichtlich der Wille zu Grunde, nicht nur das Asylverfahren zu beschleunigen, sondern auch das voraussichtliche Ergebnis des Asylverfahrens jeglicher Art effektiv und beschleunigt umzusetzen, also die Nachteile zu verringern, die mit einem während längerer Zeit offenen Asylverfahren verbunden sind. Dies spricht für eine Gleichgewichtigkeit des Integrations- und des Rückführungs-Ziels (auch das letztgenannte Ziel liegt offensichtlich weiterhin im Fokus des Gesetzgebers, wie die zwischenzeitlich fortgeschrittenen Bemühungen um ein „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ zeigen). Mit dem Begriff der Asylbewerber, die einen „rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt zu erwarten“ haben (§ 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG), sollen zur Minderung der Nachteile langdauernder Asylverfahren möglichst frühzeitig diejenigen Asylbewerber grob erfasst werden, die in irgendeiner Form Aufnahme finden werden, um sie baldmöglich in die Integrationsförderung einzubeziehen. Dem Gesetz und der Entwurfsbegründung ist zu entnehmen, dass diese grobe Prognose auch bezweckt, voraussichtlich nicht aufzunehmende Asylbewerber möglichst von Integrationsleistungen fernzuhalten, denn eine Einbeziehung solcher Asylbewerber in die Integrationsförderung widerspräche im Grundsatz dem Ziel, die Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger zu vereinfachen, sowie dem Ziel, Fehlanreize zu beseitigen, die zu einem weiteren Anstieg ungerechtfertigter Asylanträge führen können (zu diesem Zielkonflikt vgl. Thym, NVwZ 2015,1625/1627). Die Praxis des Bundesamtes, die Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts im Sinne des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG bereits bei einer Gesamtschutzquote von 50% anzunehmen, führt bei Herkunftsländern, bei denen diese Quote gerade erreicht wird, dazu, dass in fast 50% der Fälle eine Integrationsförderung stattfindet, obgleich später eine Rückführung aufgrund erfolglosen Asylverfahrens ansteht. Die Gemeinwohlvorteile einer Integration der Asylbewerber, die im Endergebnis Aufnahme finden, würden (nicht anders als bei einer Kurszulassung nach dem Zufallsprinzip) mindestens aufgewogen zum einen durch die Gemeinwohlnachteile, die aus der Erschwerung der Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger, aber in einem Integrationsprogramm befindlicher Asylbewerber bestehen, sowie aus den Fehlanreizen, die mit einer Integrationsförderung vollziehbar Ausreisepflichtiger verbunden sind (auf die Bedeutung dieses „Pull-Faktors“ weist auch Thym, a.a.O. hin), und zum anderen durch den Gemeinwohlnachteil, den die erheblichen, im Falle einer Aufenthaltsbeendigung nutzlos und sogar zielwidrig aufgewendeten Haushaltsmittel für den Integrationskurs (vgl. BT-Drs. 18/6185 S. 3 < vorletzter Absatz > und S. 30) darstellen. Auf der Basis der Annahme einer Gleichgewichtigkeit des Integrationsziels und des Rückführungsziels dürfte es zu einer signifikant positiven Gemeinwohlbilanz nur kommen, wenn die in der Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderte Erwartung erst bei einer Gesamtschutzquote von 70% oder 80% als begründet angesehen wird. Der Umstand, dass dann in vielen Fällen die Zulassung zum Integrationskurs erst nach der endgültigen Aufnahme erfolgt, ist den Unsicherheiten einer vorläufigen, auf grober Prognose beruhenden Kurszulassung geschuldet. Der Versuch des Bundesamtes, die Zahl dieser Fälle durch eine Kurszulassung ab einer Gesamtschutzquote von 50% zu minimieren, verkleinert - wie erwähnt - nach Auffassung des Senats den Gemeinwohlvorteil der Regelung, weil dann das Rückführungsziel, das bei einer Gesamtschutzquote von 70% oder 80% ebenfalls nicht unbeschadet bleibt, unverhältnismäßig zurückgesetzt wird. Diese Überlegungen werden dadurch bestätigt, dass die Begründung des Gesetzentwurfs (S. 2 Absatz 3 und S. 48) von einer „guten Bleibeperspektive“ spricht, also nicht nur von einer Bleibeperspektive als solcher, und dass sie von Ländern „mit hoher Anerkennungsquote“ spricht, also nicht nur mit mittlerer Anerkennungsquote. Auch die in der Entwurfsbegründung erhobene Forderung nach einer „belastbaren Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag“ kann als Forderung nach einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit des Antragserfolgs als 50% verstanden werden. Allerdings sind die Ausführungen in der Entwurfsbegründung diesbezüglich widersprüchlich. Als infrage kommende Länder werden (S. 30 der Entwurfsbegründung) nicht nur Syrien, Eritrea und Irak genannt, sondern auch der Iran, dessen Gesamtschutzquote (entsprechend der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes in den Monaten der Abfassung der Entwurfsbegründung vom 29. September 2015 knapp unter 60% gelegen hat, und Afghanistan, dessen Gesamtschutzquote in diesen Monaten unter 50% gelegen hat. Die letztgenannte Gesamtschutzquote repräsentiert weder eine „gute Bleibeperspektive“, noch überhaupt eine Bleibeperspektive, sondern eher eine Rückführungsperspektive.

Nach Auffassung des Senats wäre nicht nur wegen der Unsicherheiten der Zielabwägung eine normative Festlegung der Herkunftsländer, bei denen die in der Bestimmung des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderte Erwartung begründet ist, zu begrüßen. Bei der in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderten Erwartung handelt es sich wohl um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nach allgemeinen Grundsätzen ausgelegt werden muss; das ihm innewohnende prognostische Element und die dargestellte Notwendigkeit einer Zielabwägung könnten auch einen Beurteilungsspielraum begründen, der aber einer ermessensähnlichen Prüfung zu unterziehen wäre. Es fehlt jedoch an Darlegungen der Antragsgegnerin betreffend ihre Gründe für die grundsätzliche Annahme einer 50-%-Grenze und für deren konkrete Anwendung im Einzelfall. Die oben dargelegten Überlegungen sowie die Frage, ob nicht neben der Gesamtschutzquote auch weitere generelle Umstände bei der Beurteilung der in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderten Erwartung einzubeziehen sind (beispielsweise aktuelle Entwicklungen im Herkunftsland oder in der Asylrechtsprechung, die eine baldige entscheidende Veränderung der Gesamtschutzquote wahrscheinlich machen) sprechen dafür, dass es in der gerichtlichen Praxis zu divergierenden Entscheidungen kommen kann, die sich angesichts der Vielzahl der innerhalb kurzer Zeit zu treffenden Kurszulassungsentscheidungen ungünstig auswirken. Die zitierte Äußerung der Antragsgegnerin in ihrem Internetauftritt („…wird halbjährlich festgelegt“) deutet darauf hin, dass auch sie eine generelle Festlegung der Herkunftsländer für erforderlich hält, bei denen von der in § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG geforderten Erwartung auszugehen ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei der Streitwert im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ist nach § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG entsprechend dem sich aus der ständigen Rechtsprechung des Senats ergebenden Streitwert (vgl. B.v. 5.12.2016 - 19 C 16.2326) zu reduzieren.

2. Trotz der Erfolglosigkeit in der Sache ist der mittellosen Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Nach § 166 VwGO, § 114 Abs. 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Die Anforderungen an eine hinreichende Erfolgsaussicht dürfen nicht überspannt werden. Diese liegt unter anderem vor, wenn im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags ein Obsiegen oder Unterliegen gleichermaßen in Betracht kommt oder wenn die Entscheidung von einer schwierigen, ungeklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 166 Rn. 29; Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 166 Rn. 26 Möwen. auch zur RPs. des BVerfG).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Schwierigkeit der Rechtssache gebietet auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Mit § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AufenthG hat der Gesetzgeber Integrationskurse für Ausländer geöffnet, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Als Zielgruppen dieser Maßnahme bezeichnet die Entwurfsbegründung Asylbewerber, die aus einem Land mit einer hohen Anerkennungsquote kommen oder Asylbewerber, bei denen eine belastbare Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag besteht. Weitere Erläuterungen zur Rechtsanwendung werden nicht gegeben. Weder die Literatur noch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung haben bisher gesicherte Kriterien für die Beurteilung der nach dem Gesetz maßgeblichen Erwartung entwickelt. Der Senat äußert sich vorliegend zum ersten Mal zur Anwendung des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AufenthG. Die Praxis des Bundesamtes hinsichtlich der maßgeblichen Gesamtschutzquote ist fragwürdig; die Gesetzesbegründung enthält diesbezüglich unstimmige Andeutungen (vgl. Nr. 1.3). Auch die ausschließlich am Herkunftsland orientierte Entscheidungspraxis des Bundesamtes in Ausgangs- und Widerspruchsbescheid versetzt die Antragstellerin nicht in die Lage, die Gesetzmäßigkeit der getroffenen Entscheidung zu beurteilen. Die Begründungen der Bescheide verhalten sich weder zu den Modalitäten bei der Bestimmung der Länder mit einer hohen Anerkennungsquote noch zu den Voraussetzungen einer belastbaren Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag; die Begründung des Widerspruchsbescheids setzt sich nicht ansatzweise mit dem Widerspruchsvortrag der Antragstellerin auseinander. Auf das vom Bundesamt offensichtlich zu Grunde gelegte Stabilitätskriterium wird nicht eingegangen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Aufenthaltsgestattung erlischt,

1.
wenn der Ausländer nach § 18 Absatz 2 und 3 zurückgewiesen oder zurückgeschoben wird,
2.
wenn der Ausländer innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihm der Ankunftsnachweis ausgestellt worden ist, noch keinen Asylantrag gestellt hat,
3.
im Falle der Rücknahme des Asylantrags mit der Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes,
4.
wenn eine nach diesem Gesetz oder nach § 60 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist,
5.
mit der Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung nach § 34a,
5a.
mit der Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes,
6.
im Übrigen, wenn die Entscheidung des Bundesamtes unanfechtbar geworden ist.
Liegt in den Fällen des § 23 Absatz 1 der dem Ausländer genannte Termin bei der Außenstelle des Bundesamtes nach der sich aus Satz 1 Nummer 2 ergebenden Frist, dann erlischt die Aufenthaltsgestattung nach dieser Bestimmung erst, wenn der Ausländer bis zu diesem Termin keinen Asylantrag stellt.

(2) Die Aufenthaltsgestattung tritt wieder in Kraft, wenn

1.
ein nach § 33 Absatz 1 eingestelltes Verfahren wieder aufgenommen wird oder
2.
der Ausländer den Asylantrag nach Ablauf der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder Satz 2 genannten Frist stellt.

(1) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, darf der Ausländer keine Erwerbstätigkeit ausüben. Abweichend von Satz 1 ist dem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, wenn

1.
das Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten nach der Stellung des Asylantrags unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist,
3.
der Ausländer nicht Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates (§ 29a) ist und
4.
der Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig abgelehnt wurde, es sei denn das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet;
Ausländern, die seit mindestens sechs Monaten eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, kann die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend für Ausländer nach Satz 2.

(2) Im Übrigen kann einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, gemäß § 4a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Ein geduldeter oder rechtmäßiger Voraufenthalt wird auf die Wartezeit nach Satz 1 angerechnet. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend. Einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat gemäß § 29a, der nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt hat, darf während des Asylverfahrens die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ausländerinnen und Ausländern, die eine Duldung besitzen, kann eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn sie sich seit drei Monaten erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 sowie § 41 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend.

(2) Keiner Zustimmung bedarf die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung

1.
eines Praktikums nach § 22 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Mindestlohngesetzes,
2.
einer Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf,
3.
einer Beschäftigung nach § 18b Absatz 2 Satz 1 und § 18c Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes, § 5, § 14 Absatz 1, § 15 Nummer 2, § 22 Nummer 3 bis 6 und § 23,
4.
einer Beschäftigung von Ehegatten, Lebenspartnern, Verwandten und Verschwägerten ersten Grades eines Arbeitgebers in dessen Betrieb, wenn der Arbeitgeber mit diesen in häuslicher Gemeinschaft lebt oder
5.
jeder Beschäftigung nach einem ununterbrochen vierjährigen erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt im Bundesgebiet.

(3) Der Absatz 2 findet auch Anwendung auf Ausländerinnen und Ausländer mit einer Aufenthaltsgestattung.

Tenor

I. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zur Entscheidung im Klageverfahren (M 9 K 17.3292) die Erlaubnis für die Ausbildung als Eisenbahner im Betriebsdienst, Fachrichtung: Lokführer und Transport zu erteilen.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

III. Der Gegenstandswert wird auf EUR 2.500 festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Erteilung einer einstweiligen Ausbildungs- bzw. Beschäftigungserlaubnis.

Der laut eigener Aussage, laut eines ärztlichen Gutachtens (Bl. 64f. d. Behördenakts – i.F.: BA –) und laut einer mit Schriftsatz vom 4. Juli 2017 der Behörde vorgelegten Geburtsurkunde (eingegangen am 6. Juli 2017, Bl. 226ff., insb. Bl. 248 d. BA) am 14. August 1996 geborene Antragsteller reiste nach eigenen Angaben am 14. Juni 2016 in das Bundesgebiet ein (die Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender datiert vom 20. Juni 2013, Bl. 4 d. BA). Er stellte am 4. Juli 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (i.F.: Bundesamt) förmlich einen Asylantrag (Bl. 27 d. BA), der mit Bescheid vom 14. Februar 2017, Az. 5646624 – 272 abgelehnt wurde (Bl. 168ff. d. BA). Der Antragsteller wandte sich gegen diesen Ablehnungsbescheid mit Klage vom 22. Februar 2017 (M 21 K 17. 33455, vgl. Bl. 195 d. BA). Er ist im Besitz einer bis zum 16. September 2017 gültigen Aufenthaltsgestattung (Bl. 182 d. BA).

Nachdem der Antragsteller bei seiner Arbeitgeberin bereits vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 im Rahmen einer sog. Einstiegsqualifizierung und im Anschluss daran ab 1. August 2016 im Ortsdienst tätig war, stellte er am 17. März 2017 einen (weiteren) Antrag auf Fortsetzung der bisherigen Beschäftigung (Bl. 186ff. d. BA).

Nach Anhörung vom 28. März 2017 (Bl. 196 d. BA) lehnte das Landratsamt, Ausländerwesen (i.F.: Landratsamt) den Antrag ab.

Zwar sei die Wartezeit von drei Monaten erfüllt, gegen die Erteilung der Arbeitserlaubnis spreche aber, dass der Antragsteller weder dem Bundesamt noch dem Landratsamt seinen Pass vorgelegt und damit seine Mitwirkungspflichten verletzt habe. Auch spreche gegen die Erteilung, dass der Asylantrag durch das Bundesamt abgelehnt worden sei; zwar führe diese Ablehnung wegen der gegen den Bescheid erhobenen Klage nicht per se zur Versagung der Erlaubnis, sie sei aber als Prognose über die Bleibewahrscheinlichkeit mit zu berücksichtigen gewesen. Die Gesamtschutzquote für Menschen, deren Herkunftsstaat Sierra-Leone ist, liege laut Bundesamt im Kalenderjahr 2016 bei 7,7%. Deshalb dürfe vermutet werden, dass das Schutzgesuch letztlich ohne Erfolg bleiben werde. Die vorgelegten Schulzeugnisse seien als Nachweise für gute Sprachkenntnisse berücksichtigt worden, es fehle aber an einem Zertifikat bzw. Nachweis nach dem gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen. Es sei auch aus migrationspolitischen Erwägungen zu verhindern, dass das Asylverfahren für Zwecke der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt missbraucht werde. Wegen des Bescheidinhalts im Übrigen wird auf diesen Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat unter dem 18. Juli 2017 Klage gegen den Bescheid erhoben. Vorliegend beantragt er, den Antragsgegner im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, dem Antragsteller die Erlaubnis für die Ausbildung als Lokführer im Betriebsdienst bei der L. Gesellschaft einstweilen zu erteilen.

Auf den Sachvortrag wird Bezug genommen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Auf die Stellungnahme vom 7. August 2017 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Der Antrag hat Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, insbesondere auch, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Erforderlich sind danach ein Anordnungsgrund – also: die Eilbedürftigkeit der Sache – sowie ein Anordnungsanspruch – mithin: der zu sichernde materielle Anspruch in der Hauptsache. Anordnungsgrund und -anspruch sind nach § 123 Abs. 1 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

1. Ein Anordnungsgrund bzw. die dafür erforderlichen Tatsachen wurden geltend und hinreichend glaubhaft gemacht. Zwar entspricht es dem Wesen und Zweck einer einstweiligen Anordnung, dass das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Betroffenen nicht schon in vollem Umfang das gewähren kann, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Vorliegend wird die Hauptsache aber nicht in diesem Sinne vorweggenommen, sondern die Erlaubnis zur Ausbildung nur einstweilen erteilt. Das sog. Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache gilt im Übrigen nicht nur zugunsten der Behörde, sondern auch zugunsten des Antragstellers (vgl. z.B. Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 123 Rn. 66a). Gerade angesichts des verfassungsrechtlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG sind Härten in diesem Zusammenhang in jedem Fall zu vermeiden. Die Dringlichkeit – mithin: der Anordnungsgrund – ergibt sich vorliegend aus zwei Aspekten:

Zum einen hat der Arbeitgeber des Antragstellers ausdrücklich erklärt, den Ausbildungsplatz nur mehr bis zum Stichtag 31. August 2017 für den Antragsteller freihalten zu können.

Zum anderen folgt ein Interesse gerade an diesem konkreten Ausbildungsplatz in diesem konkreten Ausbildungsbetrieb hier daraus, dass der Antragsteller seine Ausbildung über eine sog. Einstiegsqualifizierung bereits dergestalt vorbereitet und – im untechnischen Sinne – begonnen hat, dass ihm der Zeitraum dieser Maßnahme aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung der zu erfüllenden Tätigkeiten im Betrieb der L. GmbH mit acht Monaten auf das erste Lehrjahr angerechnet wird. Dem liegt eine Auskunft der Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern vom 4. April 2017 zugrunde, wonach der Berufsausbildungsvertrag – wie vom Antragsteller und seiner Arbeitgeberin beantragt – mit einer Ausbildungszeit vom 10. April 2017 bis zum 31. Juli 2019 in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse aufgenommen wurde (Bl. 205 d. BA). Das bedeutet, dass die an sich 36-monatige Ausbildung um acht Monate verkürzt wurde, wie es § 8 Abs. 1 BBiG und § 1 Satz 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesagentur für Arbeit zur Förderung der Einstiegsqualifizierung (Einstiegsqualifizierungsförderungs-Anordnung – EQFAO) vom 20. September 2007 (ANBA 2007 Nr. 10 S. 4), zuletzt geändert durch die Dritte Änderungs-Anordnung vom 12. Februar 2016 (ANBA 2016 Nr. 4 S. 5) vorsehen (vgl. dazu auch VGH BW, B.v. 4.1.2017 – 11 S 2301/16 – juris). Dass sich der Zeitpunkt des Wiedereinstiegs – im Antrag vom März 2017 noch auf den 10. April 2017 datiert und so auch im Berufsausbildungsvertrag festgeschrieben – auf August 2017 verschiebt, ist für die Verkürzung des Ausbildungszeitraums insgesamt und auch für die Aufnahme des zweiten Lehrjahrs irrelevant und resultiert laut nachvollziehbarer Stellungnahme der L. GmbH (E-Mail vom 3. August 2017) aus dem Umstand, dass die Genehmigung der Ausländerbehörde ausblieb. Da eine Einstiegsqualifizierung darauf gerichtet ist, dass die Ausbildung im gleichen Unternehmen möglichst bald im Anschluss an die Beendigung der Maßnahme begonnen wird – schließlich dient die Einstiegsqualifizierung gerade auch dazu, dass der Ausbildungsbetrieb seinen künftigen Auszubildenden in der täglichen Praxis kennenlernen kann –, würde eine Wiederaufnahme der Ausbildung erst im Jahr 2018 laut Stellungnahme der L. GmbH vom 17. Juli 2017 im Zweifel dazu führen, dass die Anrechnung der Einstiegsqualifizierung nicht mehr möglich wäre, d.h. nicht mehr anerkannt würde.

Der vorliegende Fall ist damit nicht mit Fällen vergleichbar, in denen erstmals Ausbildungen begonnen werden sollen oder in denen Ausbildungen in beliebigen Unternehmen möglich wären.

Überdies wird der Antragsgegner vorliegend nur dazu verpflichtet, die Ausbildungserlaubnis einstweilen zu erteilen. Das Prozedere gleicht damit bspw. Fällen, in denen Schüler vorläufig zum Unterricht – in höheren Klassen oder an bestimmten Schulen – zugelassen werden, um irreparable Nachteile zu vermeiden (dazu bspw. BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 7 CE 13.2063 – juris). Damit besteht keine Präjudizwirkung hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens (siehe auch unten).

2. Auch ein Anordnungsanspruch, mithin: ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Berufsausbildung gemäß § 61 Abs. 2 AsylG und/oder auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens, bzw. die dafür erforderlichen Tatsachen wurden geltend und hinreichend glaubhaft gemacht.

a) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 61 Abs. 2 AsylG sind erfüllt. Der Antragsteller ist seit 4. Juli 2013 im Besitz einer Aufenthaltsgestattung und hält sich damit seit mehr als drei Monaten gestattet im Bundesgebiet auf. Die behördliche Ablehnung seines Asylantrags ändert daran nichts, da diese Entscheidung noch nicht bestandskräftig ist (vgl. das anhängige Klageverfahren M 21 K 17.33455 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München). Nach § 32 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (BeschäftigungsverordnungBeschV) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz bedarf die Erteilung einer Erlaubnis zur Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf wie dem vorliegenden (vgl. Ziff. 52202 der Bekanntmachung des Verzeichnisses der anerkannten Ausbildungsberufe und des Verzeichnisses der zuständigen Stellen vom 5. Juni 2017 durch das Bundesinstitut für Berufsbildung) keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Der Antragsteller stammt auch nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a AsylG. Schließlich sind keine Versagungsgründe nach § 40 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AufenthG ersichtlich.

b) Streitgegenstand des Verfahrens nach § 123 Abs. 1 VwGO ist die vorläufige Sicherung des materiellen Hauptsacheanspruchs; dies kann auch ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung sein. Damit ist irrelevant, dass § 61 Abs. 2 AsylG auf Rechtsfolgenseite Ermessen vorsieht und dass damit ein gebundener Anspruch grundsätzlich nicht besteht; eine Ermessensreduzierung auf Null ist für den Erlass einer Regelungsanordnung gerade nicht notwendig, auch ein Anspruch auf erneute fehlerfreie Ausübung des Ermessens kann mit einer vorläufigen Regelung gesichert werden (vgl. VGH BW, B.v. 27.6.2017 – 11 S 1067/17 – juris; NdsOVG, B.v. 11.6.2008 – 4 ME 184/08 – juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 123 Rn. 50).

Die die Ablehnungsentscheidung tragenden Ermessensgründe wecken – auch in Ansehung der Vorgaben des IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19 – bei einem seit mehr als vier Jahren im Bundesgebiet aufhältigen und seit mehr als zwei Jahren hier arbeitenden Asylbewerber hinreichende Zweifel, um die tenorierte vorläufige Regelung zu treffen (vgl. auch VG Berlin, B.v. 14.4.2016 – 11 L 49.16 – juris):

Zwar sind die Ausführungen des Bevollmächtigen zu Art. 15 Abs. 1 RL EU 2013/33 nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, unzutreffend (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2017 – 10 ZB 16.2281 – juris).

Andererseits aber sprechen gute Gründe für die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis: Zum einen wird die Beschäftigung des Antragstellers keine nachteiligen Auswirkungen im Sinne § 61 Abs. 2 Satz 3 AsylG i.V.m. § 39 Abs. 2 AufenthG zeitigen, wie sich aus der Stellungnahme der L. Gesellschaft vom 17. Juli 2017 ergibt: Danach könne der Bedarf an Lokführern derzeit vom Markt nicht gedeckt werden; dass der Ausbildungsplatz nur mehr bis zum 31. August 2017 freigehalten werden könne, steht dazu nicht zwangsläufig in Widerspruch.

Zum anderen lässt sich auch die im Bescheid noch festgestellte Verletzung des § 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG – fehlende Mitwirkung im Asylverfahren – mit Blick auf die vorgelegte Geburtsurkunde nicht mehr ohne Weiteres annehmen, wie auch § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylG zeigt (vgl. zur Geburtsurkunde OVG Hamburg, B.v. 29.9.2014 – 2 So 76/14 – juris; VG Karlsruhe, U.v. 11.1.2017 – A 4 K 2343/16 – juris). Dabei ist zu beachten, dass die Geburtsurkunde dem Landratsamt am 6. Juli 2017 und damit sowohl vor dem 7. Juli 2017 als Zeitpunkt des Bescheiderlasses (die Schlusszeichnung erfolgte ohnehin erst am 10. Juli 2017) als auch geraume Zeit vor Aushändigung des Bescheids (12. Juli 2017) zuging; unabhängig davon, dass der maßgebliche gerichtliche Beurteilungszeitpunkt vorliegend der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist, waren die Ermessenserwägungen bezüglich etwaig versäumter Mitwirkungspflichten somit nicht mehr aktuell. Wenn in der Antragserwiderung vom 7. August 2017 darauf hingewiesen wird, dass die Echtheit der Geburtsurkunde nicht abschließend habe überprüft werden können, so ist das kein durchgreifendes Argument, da das bei entsprechenden Ermittlungen möglich (gewesen) wäre.

Weiter ist zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass er sich bereits seit langem im Asylverfahren befunden hat (vgl. BVerwG, B.v. 28.12.1990 – 1 B 14/90 – juris), dass er eine qualifizierte Berufsausbildung – eine qualifizierte Berufsausbildung setzt im Anschluss an § 6 Abs. 1 BeschV voraus, dass es sich, wie vorliegend, um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf handelt und dass die Berufsausbildung mindestens zwei Jahre dauert (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: März 2016, § 60a AufenthG, Rn. 288.3) – anstrebt und über die Anrechnung teilweise schon „verwirklicht“ hat, dass er nach mehreren der Ausländerbehörde vorgelegten Schulzeugnissen bereits über gute Sprachkenntnisse verfügt und sich durch (Intensiv-) Deutschkurse weiter fortbildet (siehe aber auch unten, Ziff. 3 des Beschlusses) und dass er nach Angaben seiner Arbeitgeberin (und den vorgelegten Nachweisen) im Rahmen seiner bisherigen Ausbildungsabschnitte gute Leistungen erbracht hat, dem Ausbildungsstand des ersten Lehrjahres deutlich voraus ist und sich stets lern- und integrationswillig gezeigt hat. Auch der Erwerb des qualifizierenden Abschlusses der Mittelschule (Zeugnis vom 24. Juli 2015, Bl. 229 d. BA) streitet für den Antragsteller.

Die Frage, ob der Jahresstatistik des Bundesamts zur Bleibeperspektive des Antragstellers überhaupt ein Aussagewert für das vorliegende Verfahren zu entnehmen ist, ist aus mehreren Gründen zweifelhaft; ihre Klärung im Übrigen bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Das IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19, auf das sich die Ausländerbehörde bei ihrer Entscheidung gestützt hat, enthält dazu unter 2.2.2 „Beschäftigung und Berufsausbildung von Asylbewerbern aus sonstigen Herkunftsstaaten, die außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen untergebracht sind“ folgende Aussagen:

„Im Übrigen, also soweit es Asylbewerber aus sonstigen Herkunftsstaaten betrifft, steht die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis im Ermessen der Ausländerbehörden.

Dabei können insbesondere folgende (nicht abschließende) Umstände berücksichtigt werden:

a) Für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis: […] hohe Anerkennungswahrscheinlichkeit im Asylverfahren aufgrund Herkunft aus einem Staat mit hoher Anerkennungsquote des BAMF […]

b) Gegen die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis: Ablehnung des Asylantrages durch das BAMF, falls der Ablehnungsbescheid noch nicht bestandskräftig ist, insbesondere, wenn die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ i.S.d. § 30 AsylG erfolgte. […]“

Vorab ist klarzustellen, dass eine derartige Statistik nicht letztverbindlich für eine Entscheidung des Einzelfalls sein kann; dies zeigt sich schlicht daran, dass der Antragsgegner eine geringe Bleibeperspektive bei einer hypothetischen Behandlung von 100 Einzelfällen sierra-leonischer Antragsteller – gerundet – acht dieser Einzelfälle zu Unrecht entgegenhalten würde.

Weiter zeigt die Formulierung des IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19, dass nur eine hohe Anerkennungswahrscheinlichkeit für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis gewertet werden soll; für den umgekehrten Fall eines noch nicht verbeschiedenen Asylgesuchs eines Antragstellers mit geringer Anerkennungswahrscheinlichkeit findet sich keine Regelung. Weiter würde ein derartiges hypothetisches Ermessenskriterium – geringe Anerkennungswahrscheinlichkeit im Asylverfahren spricht gegen die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis – dann, wenn bereits eine behördliche Ablehnung des Asylantrags erfolgt ist (wie vorliegend), ohnehin von der unter b) zitierten Regelung „konsumiert“. Es wird weiter darauf hingewiesen, dass die (noch nicht bestandskräftige) Ablehnung, anders als vom IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19 unter b) als „insbesondere“ gegen die Erteilung sprechend zu werten, nicht als offensichtlich unbegründet i.S.v. § 30 AsylG erfolgte, was sich in den Erwägungen der Ausländerbehörde ebenfalls nicht niederschlägt. Die weitergehende „Prognose“ der Ausländerbehörde schließlich, dass eine geringe Anerkennungswahrscheinlichkeit im behördlichen Verfahren gleichsam das gerichtliche Verfahren „präjudiziert“, findet sich weder im IMS, a.a.O. noch wäre dies im Übrigen anzuerkennen, da der Ausgang des Gerichtsverfahrens offen ist.

Mit Blick auf die erhobene Klage kommt der Bundesamt-Statistik nach Ansicht des Gerichts generell keine besondere Aussagekraft mehr zu (vgl. bereits VG München, U.v. 5.4.2017 – M 9 K 17.254 – juris), da sie – soweit ersichtlich –nicht auf die Bestandskraft der Entscheidungen abstellt. Diese Frage bleibt einer (ergänzenden) Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Nach alledem ist nicht ersichtlich, inwiefern überwiegende Gründe gegen die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis sprechen sollten. Etwaige Fernziele wie die Verhinderung einer (weiteren) Verfestigung des Aufenthalts nach § 60a Abs. 2 Satz 4 und 5 AufenthG (sog. 3+2-Regelung) sind bei der Entscheidung über die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis („Parallelverfahren“, vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 10 CE 16.2342 – juris) außer Betracht zu lassen – und verbieten sich nach Ansicht des Gerichts jedenfalls in Fällen wie dem Vorliegenden bereits deshalb, weil gerade die von der Ausländerbehörde erlaubte Einstiegsqualifizierung (Bl. 103 und 114 d. BA) den „Grundstein“ für eine derartige Verfestigung gelegt hat. Dass eine Einstiegsqualifizierung nicht nur – wie es im Bescheid anklingt – dazu dienen soll, gleichsam „generelle berufliche Handlungsfähigkeit“ zu erlangen, sondern gezielt einer Ausbildung im selben Betrieb vorgeschaltet wird, ergibt sich bspw. aus den Informationen, die die Bundesagentur für Arbeit dazu online bereitstellt (https://www3.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Unternehmen/ Ausbildung/Ausbildungsvorbereitung/Einstiegsqualifizierung/index.htm): Danach wird eine Einstiegsqualifizierung u.a. nur dann bewilligt, wenn sie ihren Inhalten nach auf einen anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des § 4 Abs. 1 des BBiG, § 25 Abs. 1 Satz 1 der HwO, des Seemannsgesetzes oder des Altenpflegegesetzes vorbereitet. Weiter sei es ausdrückliches Ziel der Einstiegsqualifizierung, dass mehr junge Menschen mit erschwerten Vermittlungsbedingungen eine betriebliche Berufsausbildung aufnehmen und dass diese durch die erfolgreichen Vorerfahrungen gegebenenfalls verkürzt wird. Dies wurde so auch explizit von der dem Antrag auf Bewilligung der Einstiegsqualifizierung beigegebenen Stellenbeschreibung (Bl. 98 d. BA) und von dem entsprechenden Beschäftigungsvertrag (Bl. 93 d. BA) aufgegriffen, die der Bewilligung der Ausländerbehörde zugrunde lagen. Die Wertung der Ausländerbehörde, dass mit der Zulassung zu einer Einstiegsqualifizierung kein Vertrauensschutz begründet würde (Bescheid, S. 7), kann nicht nachvollzogen werden, da sich der vorliegende Fall dadurch gerade abhebt von Fällen, in denen erstmals eine Ausbildung aufgenommen werden soll. Die Ausländerbehörde hätte dem Antragsteller die Zulassung zur Einstiegsqualifizierung verwehren und, wie zwischenzeitlich auch geschehen, schlicht eine Tätigkeit im Ortsdienst – d.h. eine „normale“ Beschäftigung – bewilligen können; durch die Zulassung zu einer Maßnahme aber, die eine Ausbildung vorbereitet und zu einer Anrechnung im Ausbildungszeitraum führt, wird nach Ansicht des Gerichts durchaus in der Ermessensausübung zu berücksichtigender Vertrauensschutz begründet. Dass die Einstiegsqualifizierung einen „Sonder Weg“ darstellt, der selbst bei Antragstellern aus sicheren Herkunftsstaaten zur Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis führen kann, zeigt sich auch an den Wertungen des IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19 (2.2.1 am Ende):

„Im Einzelfall können besondere Umstände vorliegen, die bei Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten, die ihren Asylantrag vor dem 31.08.2015 gestellt ha-ben, im Rahmen der Ausübung des Ermessens die Erteilung einer Beschäfti-gungserlaubnis zulassen. Solche Umstände können sich insbesondere aus dem Vertrauensschutz oder den besonderen berechtigten Interessen des Arbeitgebers bzw. Ausbildungsbetriebs ergeben. Sie können zum Beispiel vorliegen, wenn eine vor Erlass des IMS vom 31.03.2015, Az. IA2-2081-1-8, aufgenommene qualifizierte Berufsausbildung oder Beschäftigung in einem Mangelberuf fortgesetzt werden sollen oder nach einer erfolgreich abgeschlossenen Einstiegsqualifizierung nunmehr eine qualifizierte Berufsausbildung aufgenommen werden soll.“

Ohne dass es tragend darauf ankommt, sei schließlich darauf verwiesen, dass das Landratsamt – Fachbereich Jugend und Sport – selbst den Ausbildungswunsch des Antragstellers aufgegriffen, nachdrücklich unterstützt und begleitet hat (vgl. z.B. Bl. 88ff. d. BA, Bl. 184 d. BA); auch vonseiten der Ausländerbehörde wurde nach Aktenlage noch unter dem 10. März 2015 auf einer entsprechenden Mailanfrage vermerkt, dass auch eine Ausbildung – und nicht nur eine Einstiegsqualifizierung – genehmigt werden könnte (Bl. 88 d. BA).

Ob mit alledem auch eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist, die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis also die einzig richtige Entscheidung dargestellt hätte und darstellt, muss nach Obenstehendem nicht entschieden werden.

3. Unabhängig von Vorstehendem bleibt festzuhalten, dass mit der hiesigen Entscheidung nur eine vorläufige Regelung bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens getroffen wird. Der Antragsteller wird im Rahmen des Klageverfahrens v.a. ein entsprechendes Sprachzertifikat nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) – mindestens für das Sprachniveau B1 (vgl. § 2 Abs. 11 AufenthG), am besten für die nach seinem Vortrag auch bereits belegten Stufen B2 und C1, da entsprechende Kenntnisse für den Erfolg einer Ausbildung unerlässlich erscheinen – vorzuweisen und nach Möglichkeit einen Pass als Identitätsnachweis zu beschaffen haben (vgl. zu dieser Forderung VG München, U.v. 5.4.2017 – M 9 K 17.254 – juris), um seine Ausbildung weiter vorantreiben zu dürfen. Gerade Letzteres liegt nicht nur mit Blick auf eine mögliche Aufenthaltserlaubnis – bspw. nach § 25a Abs. 1 AufenthG – im ureigenen Interesse des Antragstellers, vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG; für das Gericht sind die Bedenken des Bevollmächtigten im Hinblick „auf das laufende Asylverfahren“ dabei nicht nachvollziehbar, da schließlich auch eine Geburtsurkunde vorgelegt wurde. Sollte ein Pass nicht mehr existieren, wird der Antragsteller alle Urkunden und Unterlagen, die neben dem Pass oder Passersatz für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können, zu besorgen haben, § 15 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Angesichts der beschafften Geburtsurkunde aus 2015 erscheint es dem Gericht nicht glaubhaft, dass es dem Antragsteller mangels (noch lebender?) Verwandter im Heimatland (vgl. Bl. 200 d. BA) nicht möglich sein sollte, sich um weitere Aufklärung zu bemühen. Diesbezüglich und im Anschluss an die oben formulierten Forderungen, denen der Antragsteller bis dato nur teilweise nachgekommen ist und die im Hauptsacheverfahren zu erfüllen sind, werden alle Beteiligten ergänzend auf folgende Passage des IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19 (2.2.2 am Ende) hingewiesen:

„Wird eine Beschäftigungserlaubnis erteilt, sind bei ungeklärter Identität des Aus-länders dieser und ggf. auch der (Ausbildungs-) Betrieb darüber zu belehren, dass im Falle einer Ablehnung des Asylantrages nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht die Beschäftigung bzw. Berufsausbildung abgebrochen werden müsste, wenn der Ausländer bei seiner Identitätsklärung nicht mitwirken sollte, weil dann das absolute Erwerbstätigkeitsverbot nach § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG greift, das der Ausländerbehörde kein Ermessen einräumt.“

Abschließend ist klarzustellen, dass die vorliegende Entscheidung keinerlei (positive) Auswirkungen auf das parallele Asylverfahren hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b, § 61 AsylG. Der Gegenstandswert wurde nach § 30 Abs. 1 RVG festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

(1) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, darf der Ausländer keine Erwerbstätigkeit ausüben. Abweichend von Satz 1 ist dem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, wenn

1.
das Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten nach der Stellung des Asylantrags unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist,
3.
der Ausländer nicht Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates (§ 29a) ist und
4.
der Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig abgelehnt wurde, es sei denn das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet;
Ausländern, die seit mindestens sechs Monaten eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, kann die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend für Ausländer nach Satz 2.

(2) Im Übrigen kann einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, gemäß § 4a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Ein geduldeter oder rechtmäßiger Voraufenthalt wird auf die Wartezeit nach Satz 1 angerechnet. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend. Einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat gemäß § 29a, der nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt hat, darf während des Asylverfahrens die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 17. März 2017 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig,

– „ob § 12 AsylG in Form der zum 24.10.2015 in Kraft getretenen Änderung, dass nunmehr zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nach dem Asylgesetz nur noch volljährige Ausländer berechtigt sind, auch auf Fälle anzuwenden ist, bei denen der betroffene Ausländer als Minderjähriger im Rahmen des behördlichen Verfahrens auf Grundlage der vor dem 24.10.2015 geltenden Fassung des § 12 AsylG als verfahrenshandlungsfähig behandelt worden sind und ohne Vormund Asylanträge gestellt und Verfahrenshandlungen, wie zum Beispiel Anhörungen ohne Vormund erfolgt sind“,

– „ob Verfahrensfehler im Rahmen des Vorverfahrens in Folge mangelnder Handlungsfähigkeit aufgrund Minderjährigkeit durch eine Klageerhebung bei Volljährigkeit nachträglich konkludent genehmigt wird“ und

– „ob aufgrund der genannten aktuellsten Erkenntnisse die Sicherheitslage in Afghanistan eine kritische Gefahrendichte erreicht hat, die zumindest ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG rechtfertigt“.

Er habe am 28. Juli 2015 als Minderjähriger ohne Vormund einen Asylantrag gestellt und sei am 6. August 2015 durch das Bundesamt angehört worden. Nach der seit dem 24. Oktober 2015 geltenden und gemäß § 77 Abs. 1 AsylG anzuwendenden Rechtslage seien diese Verfahrenshandlungen unwirksam und auch keine wirksame Anhörung des Klägers erfolgt, sodass die Beklagte hieraus keine Rechtswirkungen herleiten dürfe. Eine Übergangsregelung habe der Gesetzgeber nicht getroffen. Der angefochtene Bescheid sei damit rechtswidrig. Die Annahme einer nachträglichen konkludenten Heilung unwirksamer Verfahrenshandlungen durch Klageerhebung würde dem Minderjährigenschutz widersprechen. Zur Sache führt der Kläger aus, die bekanntlich angespannte Sicherheitslage müsse neu bewertet werden. Amnesty International komme zu dem Ergebnis, dass sich die Sicherheitslage extrem verschlechtert habe. UNHCR halte im Lagebericht vom Februar 2017 nicht mehr daran fest, dass es für alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter eine Schutzalternative geben könnte. Das Auswärtige Amt bezeichne die afghanische Regierung in einer internen Lagebewertung vom Februar 2017 als fragil. Der bisherige quantitative Ansatz der Rechtsprechung des Senats berücksichtige nicht die anhaltende Dynamik.

Die vom Kläger zur Minderjährigkeit aufgeworfenen Fragen bedürfen keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Zum einen ist der Kläger nunmehr volljährig. Zum anderen liegt ein Verfahrensfehler, wie ihn der Kläger annimmt, nicht vor. Gemäß § 12 Abs. 1 AsylVfG a.F. war ein Ausländer, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nach diesem Gesetz. Damit konnte der am 1. Januar 1998 geborene Kläger am 28. Juli 2015 wirksam einen Asylantrag stellen und auch weitere Verfahrenshandlungen vornehmen. Die spätere Gesetzesänderung, nach der die Verfahrenshandlungsfähigkeit erst mit der Volljährigkeit vorliegt, vermag hieran nichts mehr zu ändern. Einer bereits wirksamen Verfahrenshandlung wird dadurch nicht nachträglich der Boden entzogen und sie deshalb quasi rückwirkend unwirksam. Damit bedurfte es auch keiner gesetzlichen Übergangsregelung, auf die der Kläger verweist.

Soweit der Kläger auf § 77 Abs. 1 AsylG Bezug nimmt, ergibt sich ebenfalls nichts anderes. Diese Regelung betrifft allein die Frage, welche Sach- und Rechtslage für die gerichtliche Entscheidung maßgeblich ist. Das bestimmt sich im allgemeinen Verwaltungsprozess regelmäßig nicht nach dem Prozessrecht, sondern nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht also zu prüfen, welche Vorgaben sich aus dem anzuwendenden materiellen Recht für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ergeben (siehe auch Seeger in BeckOK AuslR, Stand 1.5.2017, § 77 AsylG Rn. 1 mit Verweis auf Sodan/Ziekow/Wolff, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 94).

Damit stellt sich auch die weiter vom Kläger sinngemäß aufgeworfene Frage, ob durch eine Klageerhebung bei Volljährigkeit eine nachträgliche konkludente Genehmigung erfolgen kann, nicht. Die Verfahrenshandlungen des Klägers waren wirksam, sodass es keiner Genehmigung bedarf. Im Übrigen kann – wie auch vom Verwaltungsgericht angenommen – ein vormals Handlungsunfähiger, wenn er handlungsfähig wird, bisherige Verfahrenshandlungen selbst genehmigen. Das ergibt sich aus § 108 Abs. 3 BGB.

In der Sache hat das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG und damit einen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes verneint (UA S. 23). Derzeit sei nicht davon auszugehen, dass bei Unterstellung eines bewaffneten Konflikts praktisch jede Zivilperson schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit in der Herkunftsprovinz des Klägers, Balkh in der Nordregion, oder auch in der Zentralregion mit Kabul, das als Ort des internen Schutzes nach § 3e AsylG in Betracht komme, einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben ausgesetzt wäre. Dabei hat das Verwaltungsgericht insbesondere auf die Opferzahlen abgestellt. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG lägen nicht vor.

Das klägerische Vorbringen ist bereits widersprüchlich. Es stellt einerseits auf die Gefahrendichte und damit auf die Frage ab, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG vorliegen. Andererseits wird auf § 60 Abs. 5 AufenthG verwiesen. Letztendlich kann die Zielrichtung des klägerischen Antrags offenbleiben, weil in keinem Fall eine grundsätzliche Bedeutung gegeben ist. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht weiterhin davon aus, dass weder in der Zentralregion noch in der Nordostregion die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG vorliegen und dass auch die Lage in Afghanistan nicht derart ist, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG anzunehmen wäre (BayVGH, B.v. 3.2.2017 – 13a ZB 16.31045 – juris – zur Nordostregion; B.v. 11.4.2017 – 13a ZB 17.30294 – juris – zur Zentralregion unter Bezugnahme auf U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris – und Verweis auf BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, 1167). Auch in Bezug auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit weiterhin nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, B.v. 19.6.2017 – 13a ZB 17.30400 – juris; B.v. 4.1.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris; U.v. 12.2.2015 a.a.O.; U.v. 30.1.2014 –13a B 13.30279 – juris).

Die klägerischen Ausführungen insbesondere zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten. Sie berücksichtigen nicht die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, wann eine für die Gewährung subsidiären Schutzes notwendige erhebliche individuelle Gefährdung anzunehmen sein kann (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – BVerwGE 136, 360 = NVwZ 2011, 56). Danach bedarf es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte einer wertenden Gesamtbetrachtung auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos (BVerwG, U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – NVwZ-RR 2014, 487; U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – NVwZ 2012, 454). Ausgehend von mindestens 27 Millionen Einwohnern (vielfach wird eine höhere Bevölkerungszahl angenommen) und von 11.418 Opfern in Afghanistan (nach UNAMA) liegt die Gefahrendichte im Jahr 2016 landesweit erheblich unter 0,12% oder 1:800. Selbst dieses Risiko wäre weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt (BVerwG, B.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 23). Auch die bisher bekannt gewordenen Zahlen für 2017 liegen in etwa in dieser Größenordnung. Anderes wird auch vom Kläger nicht genannt. Insbesondere stellt er die vom Verwaltungsgericht dargestellten Opferzahlen nicht in Frage.

Soweit der UNHCR im Dezember 2016 („Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern Dezember 2016“ unter Bezugnahme auf die UNHCR-Richtlinien vom 19.4.2016) auf die Verschlechterung der Sicherheitslage hinweist, folgt hieraus nichts anderes. Vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage werden dort Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass Zahlen genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Die dortige Bewertung beruht zudem ebenso wie diejenige in der vom Kläger vorgelegten Position von Amnesty International zu Abschiebungen nach Afghanistan vom 22. Februar 2017 auf den jeweils selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach Auffassung des UNHCR alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (Richtlinien vom 19.4.2016, S. 10). Der Hinweis des Klägers im Zulassungsantrag auf einen Lagebericht des UNHCR vom Februar 2017, in dem diese Auffassung aufgegeben worden sein soll, kann bereits deswegen nicht zutreffen, da eine Stellungnahme des UNHCR zu Afghanistan vom Februar 2017 nicht vorliegt. Aus den sonstigen Ausführungen im Zulassungsantrag ergeben sich ebenfalls keine anderen Ausgangsdaten, die darauf schließen ließen, dass die vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären. Insbesondere gibt auch die vom Kläger genannte Einschätzung der Lage durch das Auswärtige Amt als „fragil“ keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zur Entscheidung im Klageverfahren (M 9 K 17.3292) die Erlaubnis für die Ausbildung als Eisenbahner im Betriebsdienst, Fachrichtung: Lokführer und Transport zu erteilen.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

III. Der Gegenstandswert wird auf EUR 2.500 festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Erteilung einer einstweiligen Ausbildungs- bzw. Beschäftigungserlaubnis.

Der laut eigener Aussage, laut eines ärztlichen Gutachtens (Bl. 64f. d. Behördenakts – i.F.: BA –) und laut einer mit Schriftsatz vom 4. Juli 2017 der Behörde vorgelegten Geburtsurkunde (eingegangen am 6. Juli 2017, Bl. 226ff., insb. Bl. 248 d. BA) am 14. August 1996 geborene Antragsteller reiste nach eigenen Angaben am 14. Juni 2016 in das Bundesgebiet ein (die Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender datiert vom 20. Juni 2013, Bl. 4 d. BA). Er stellte am 4. Juli 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (i.F.: Bundesamt) förmlich einen Asylantrag (Bl. 27 d. BA), der mit Bescheid vom 14. Februar 2017, Az. 5646624 – 272 abgelehnt wurde (Bl. 168ff. d. BA). Der Antragsteller wandte sich gegen diesen Ablehnungsbescheid mit Klage vom 22. Februar 2017 (M 21 K 17. 33455, vgl. Bl. 195 d. BA). Er ist im Besitz einer bis zum 16. September 2017 gültigen Aufenthaltsgestattung (Bl. 182 d. BA).

Nachdem der Antragsteller bei seiner Arbeitgeberin bereits vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 im Rahmen einer sog. Einstiegsqualifizierung und im Anschluss daran ab 1. August 2016 im Ortsdienst tätig war, stellte er am 17. März 2017 einen (weiteren) Antrag auf Fortsetzung der bisherigen Beschäftigung (Bl. 186ff. d. BA).

Nach Anhörung vom 28. März 2017 (Bl. 196 d. BA) lehnte das Landratsamt, Ausländerwesen (i.F.: Landratsamt) den Antrag ab.

Zwar sei die Wartezeit von drei Monaten erfüllt, gegen die Erteilung der Arbeitserlaubnis spreche aber, dass der Antragsteller weder dem Bundesamt noch dem Landratsamt seinen Pass vorgelegt und damit seine Mitwirkungspflichten verletzt habe. Auch spreche gegen die Erteilung, dass der Asylantrag durch das Bundesamt abgelehnt worden sei; zwar führe diese Ablehnung wegen der gegen den Bescheid erhobenen Klage nicht per se zur Versagung der Erlaubnis, sie sei aber als Prognose über die Bleibewahrscheinlichkeit mit zu berücksichtigen gewesen. Die Gesamtschutzquote für Menschen, deren Herkunftsstaat Sierra-Leone ist, liege laut Bundesamt im Kalenderjahr 2016 bei 7,7%. Deshalb dürfe vermutet werden, dass das Schutzgesuch letztlich ohne Erfolg bleiben werde. Die vorgelegten Schulzeugnisse seien als Nachweise für gute Sprachkenntnisse berücksichtigt worden, es fehle aber an einem Zertifikat bzw. Nachweis nach dem gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen. Es sei auch aus migrationspolitischen Erwägungen zu verhindern, dass das Asylverfahren für Zwecke der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt missbraucht werde. Wegen des Bescheidinhalts im Übrigen wird auf diesen Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat unter dem 18. Juli 2017 Klage gegen den Bescheid erhoben. Vorliegend beantragt er, den Antragsgegner im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, dem Antragsteller die Erlaubnis für die Ausbildung als Lokführer im Betriebsdienst bei der L. Gesellschaft einstweilen zu erteilen.

Auf den Sachvortrag wird Bezug genommen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Auf die Stellungnahme vom 7. August 2017 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Der Antrag hat Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, insbesondere auch, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Erforderlich sind danach ein Anordnungsgrund – also: die Eilbedürftigkeit der Sache – sowie ein Anordnungsanspruch – mithin: der zu sichernde materielle Anspruch in der Hauptsache. Anordnungsgrund und -anspruch sind nach § 123 Abs. 1 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

1. Ein Anordnungsgrund bzw. die dafür erforderlichen Tatsachen wurden geltend und hinreichend glaubhaft gemacht. Zwar entspricht es dem Wesen und Zweck einer einstweiligen Anordnung, dass das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Betroffenen nicht schon in vollem Umfang das gewähren kann, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Vorliegend wird die Hauptsache aber nicht in diesem Sinne vorweggenommen, sondern die Erlaubnis zur Ausbildung nur einstweilen erteilt. Das sog. Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache gilt im Übrigen nicht nur zugunsten der Behörde, sondern auch zugunsten des Antragstellers (vgl. z.B. Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 123 Rn. 66a). Gerade angesichts des verfassungsrechtlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG sind Härten in diesem Zusammenhang in jedem Fall zu vermeiden. Die Dringlichkeit – mithin: der Anordnungsgrund – ergibt sich vorliegend aus zwei Aspekten:

Zum einen hat der Arbeitgeber des Antragstellers ausdrücklich erklärt, den Ausbildungsplatz nur mehr bis zum Stichtag 31. August 2017 für den Antragsteller freihalten zu können.

Zum anderen folgt ein Interesse gerade an diesem konkreten Ausbildungsplatz in diesem konkreten Ausbildungsbetrieb hier daraus, dass der Antragsteller seine Ausbildung über eine sog. Einstiegsqualifizierung bereits dergestalt vorbereitet und – im untechnischen Sinne – begonnen hat, dass ihm der Zeitraum dieser Maßnahme aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung der zu erfüllenden Tätigkeiten im Betrieb der L. GmbH mit acht Monaten auf das erste Lehrjahr angerechnet wird. Dem liegt eine Auskunft der Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern vom 4. April 2017 zugrunde, wonach der Berufsausbildungsvertrag – wie vom Antragsteller und seiner Arbeitgeberin beantragt – mit einer Ausbildungszeit vom 10. April 2017 bis zum 31. Juli 2019 in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse aufgenommen wurde (Bl. 205 d. BA). Das bedeutet, dass die an sich 36-monatige Ausbildung um acht Monate verkürzt wurde, wie es § 8 Abs. 1 BBiG und § 1 Satz 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesagentur für Arbeit zur Förderung der Einstiegsqualifizierung (Einstiegsqualifizierungsförderungs-Anordnung – EQFAO) vom 20. September 2007 (ANBA 2007 Nr. 10 S. 4), zuletzt geändert durch die Dritte Änderungs-Anordnung vom 12. Februar 2016 (ANBA 2016 Nr. 4 S. 5) vorsehen (vgl. dazu auch VGH BW, B.v. 4.1.2017 – 11 S 2301/16 – juris). Dass sich der Zeitpunkt des Wiedereinstiegs – im Antrag vom März 2017 noch auf den 10. April 2017 datiert und so auch im Berufsausbildungsvertrag festgeschrieben – auf August 2017 verschiebt, ist für die Verkürzung des Ausbildungszeitraums insgesamt und auch für die Aufnahme des zweiten Lehrjahrs irrelevant und resultiert laut nachvollziehbarer Stellungnahme der L. GmbH (E-Mail vom 3. August 2017) aus dem Umstand, dass die Genehmigung der Ausländerbehörde ausblieb. Da eine Einstiegsqualifizierung darauf gerichtet ist, dass die Ausbildung im gleichen Unternehmen möglichst bald im Anschluss an die Beendigung der Maßnahme begonnen wird – schließlich dient die Einstiegsqualifizierung gerade auch dazu, dass der Ausbildungsbetrieb seinen künftigen Auszubildenden in der täglichen Praxis kennenlernen kann –, würde eine Wiederaufnahme der Ausbildung erst im Jahr 2018 laut Stellungnahme der L. GmbH vom 17. Juli 2017 im Zweifel dazu führen, dass die Anrechnung der Einstiegsqualifizierung nicht mehr möglich wäre, d.h. nicht mehr anerkannt würde.

Der vorliegende Fall ist damit nicht mit Fällen vergleichbar, in denen erstmals Ausbildungen begonnen werden sollen oder in denen Ausbildungen in beliebigen Unternehmen möglich wären.

Überdies wird der Antragsgegner vorliegend nur dazu verpflichtet, die Ausbildungserlaubnis einstweilen zu erteilen. Das Prozedere gleicht damit bspw. Fällen, in denen Schüler vorläufig zum Unterricht – in höheren Klassen oder an bestimmten Schulen – zugelassen werden, um irreparable Nachteile zu vermeiden (dazu bspw. BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 7 CE 13.2063 – juris). Damit besteht keine Präjudizwirkung hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens (siehe auch unten).

2. Auch ein Anordnungsanspruch, mithin: ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Berufsausbildung gemäß § 61 Abs. 2 AsylG und/oder auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens, bzw. die dafür erforderlichen Tatsachen wurden geltend und hinreichend glaubhaft gemacht.

a) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 61 Abs. 2 AsylG sind erfüllt. Der Antragsteller ist seit 4. Juli 2013 im Besitz einer Aufenthaltsgestattung und hält sich damit seit mehr als drei Monaten gestattet im Bundesgebiet auf. Die behördliche Ablehnung seines Asylantrags ändert daran nichts, da diese Entscheidung noch nicht bestandskräftig ist (vgl. das anhängige Klageverfahren M 21 K 17.33455 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München). Nach § 32 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (BeschäftigungsverordnungBeschV) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz bedarf die Erteilung einer Erlaubnis zur Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf wie dem vorliegenden (vgl. Ziff. 52202 der Bekanntmachung des Verzeichnisses der anerkannten Ausbildungsberufe und des Verzeichnisses der zuständigen Stellen vom 5. Juni 2017 durch das Bundesinstitut für Berufsbildung) keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Der Antragsteller stammt auch nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a AsylG. Schließlich sind keine Versagungsgründe nach § 40 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AufenthG ersichtlich.

b) Streitgegenstand des Verfahrens nach § 123 Abs. 1 VwGO ist die vorläufige Sicherung des materiellen Hauptsacheanspruchs; dies kann auch ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung sein. Damit ist irrelevant, dass § 61 Abs. 2 AsylG auf Rechtsfolgenseite Ermessen vorsieht und dass damit ein gebundener Anspruch grundsätzlich nicht besteht; eine Ermessensreduzierung auf Null ist für den Erlass einer Regelungsanordnung gerade nicht notwendig, auch ein Anspruch auf erneute fehlerfreie Ausübung des Ermessens kann mit einer vorläufigen Regelung gesichert werden (vgl. VGH BW, B.v. 27.6.2017 – 11 S 1067/17 – juris; NdsOVG, B.v. 11.6.2008 – 4 ME 184/08 – juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 123 Rn. 50).

Die die Ablehnungsentscheidung tragenden Ermessensgründe wecken – auch in Ansehung der Vorgaben des IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19 – bei einem seit mehr als vier Jahren im Bundesgebiet aufhältigen und seit mehr als zwei Jahren hier arbeitenden Asylbewerber hinreichende Zweifel, um die tenorierte vorläufige Regelung zu treffen (vgl. auch VG Berlin, B.v. 14.4.2016 – 11 L 49.16 – juris):

Zwar sind die Ausführungen des Bevollmächtigen zu Art. 15 Abs. 1 RL EU 2013/33 nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, unzutreffend (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2017 – 10 ZB 16.2281 – juris).

Andererseits aber sprechen gute Gründe für die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis: Zum einen wird die Beschäftigung des Antragstellers keine nachteiligen Auswirkungen im Sinne § 61 Abs. 2 Satz 3 AsylG i.V.m. § 39 Abs. 2 AufenthG zeitigen, wie sich aus der Stellungnahme der L. Gesellschaft vom 17. Juli 2017 ergibt: Danach könne der Bedarf an Lokführern derzeit vom Markt nicht gedeckt werden; dass der Ausbildungsplatz nur mehr bis zum 31. August 2017 freigehalten werden könne, steht dazu nicht zwangsläufig in Widerspruch.

Zum anderen lässt sich auch die im Bescheid noch festgestellte Verletzung des § 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG – fehlende Mitwirkung im Asylverfahren – mit Blick auf die vorgelegte Geburtsurkunde nicht mehr ohne Weiteres annehmen, wie auch § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylG zeigt (vgl. zur Geburtsurkunde OVG Hamburg, B.v. 29.9.2014 – 2 So 76/14 – juris; VG Karlsruhe, U.v. 11.1.2017 – A 4 K 2343/16 – juris). Dabei ist zu beachten, dass die Geburtsurkunde dem Landratsamt am 6. Juli 2017 und damit sowohl vor dem 7. Juli 2017 als Zeitpunkt des Bescheiderlasses (die Schlusszeichnung erfolgte ohnehin erst am 10. Juli 2017) als auch geraume Zeit vor Aushändigung des Bescheids (12. Juli 2017) zuging; unabhängig davon, dass der maßgebliche gerichtliche Beurteilungszeitpunkt vorliegend der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist, waren die Ermessenserwägungen bezüglich etwaig versäumter Mitwirkungspflichten somit nicht mehr aktuell. Wenn in der Antragserwiderung vom 7. August 2017 darauf hingewiesen wird, dass die Echtheit der Geburtsurkunde nicht abschließend habe überprüft werden können, so ist das kein durchgreifendes Argument, da das bei entsprechenden Ermittlungen möglich (gewesen) wäre.

Weiter ist zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass er sich bereits seit langem im Asylverfahren befunden hat (vgl. BVerwG, B.v. 28.12.1990 – 1 B 14/90 – juris), dass er eine qualifizierte Berufsausbildung – eine qualifizierte Berufsausbildung setzt im Anschluss an § 6 Abs. 1 BeschV voraus, dass es sich, wie vorliegend, um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf handelt und dass die Berufsausbildung mindestens zwei Jahre dauert (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: März 2016, § 60a AufenthG, Rn. 288.3) – anstrebt und über die Anrechnung teilweise schon „verwirklicht“ hat, dass er nach mehreren der Ausländerbehörde vorgelegten Schulzeugnissen bereits über gute Sprachkenntnisse verfügt und sich durch (Intensiv-) Deutschkurse weiter fortbildet (siehe aber auch unten, Ziff. 3 des Beschlusses) und dass er nach Angaben seiner Arbeitgeberin (und den vorgelegten Nachweisen) im Rahmen seiner bisherigen Ausbildungsabschnitte gute Leistungen erbracht hat, dem Ausbildungsstand des ersten Lehrjahres deutlich voraus ist und sich stets lern- und integrationswillig gezeigt hat. Auch der Erwerb des qualifizierenden Abschlusses der Mittelschule (Zeugnis vom 24. Juli 2015, Bl. 229 d. BA) streitet für den Antragsteller.

Die Frage, ob der Jahresstatistik des Bundesamts zur Bleibeperspektive des Antragstellers überhaupt ein Aussagewert für das vorliegende Verfahren zu entnehmen ist, ist aus mehreren Gründen zweifelhaft; ihre Klärung im Übrigen bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Das IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19, auf das sich die Ausländerbehörde bei ihrer Entscheidung gestützt hat, enthält dazu unter 2.2.2 „Beschäftigung und Berufsausbildung von Asylbewerbern aus sonstigen Herkunftsstaaten, die außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen untergebracht sind“ folgende Aussagen:

„Im Übrigen, also soweit es Asylbewerber aus sonstigen Herkunftsstaaten betrifft, steht die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis im Ermessen der Ausländerbehörden.

Dabei können insbesondere folgende (nicht abschließende) Umstände berücksichtigt werden:

a) Für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis: […] hohe Anerkennungswahrscheinlichkeit im Asylverfahren aufgrund Herkunft aus einem Staat mit hoher Anerkennungsquote des BAMF […]

b) Gegen die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis: Ablehnung des Asylantrages durch das BAMF, falls der Ablehnungsbescheid noch nicht bestandskräftig ist, insbesondere, wenn die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ i.S.d. § 30 AsylG erfolgte. […]“

Vorab ist klarzustellen, dass eine derartige Statistik nicht letztverbindlich für eine Entscheidung des Einzelfalls sein kann; dies zeigt sich schlicht daran, dass der Antragsgegner eine geringe Bleibeperspektive bei einer hypothetischen Behandlung von 100 Einzelfällen sierra-leonischer Antragsteller – gerundet – acht dieser Einzelfälle zu Unrecht entgegenhalten würde.

Weiter zeigt die Formulierung des IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19, dass nur eine hohe Anerkennungswahrscheinlichkeit für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis gewertet werden soll; für den umgekehrten Fall eines noch nicht verbeschiedenen Asylgesuchs eines Antragstellers mit geringer Anerkennungswahrscheinlichkeit findet sich keine Regelung. Weiter würde ein derartiges hypothetisches Ermessenskriterium – geringe Anerkennungswahrscheinlichkeit im Asylverfahren spricht gegen die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis – dann, wenn bereits eine behördliche Ablehnung des Asylantrags erfolgt ist (wie vorliegend), ohnehin von der unter b) zitierten Regelung „konsumiert“. Es wird weiter darauf hingewiesen, dass die (noch nicht bestandskräftige) Ablehnung, anders als vom IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19 unter b) als „insbesondere“ gegen die Erteilung sprechend zu werten, nicht als offensichtlich unbegründet i.S.v. § 30 AsylG erfolgte, was sich in den Erwägungen der Ausländerbehörde ebenfalls nicht niederschlägt. Die weitergehende „Prognose“ der Ausländerbehörde schließlich, dass eine geringe Anerkennungswahrscheinlichkeit im behördlichen Verfahren gleichsam das gerichtliche Verfahren „präjudiziert“, findet sich weder im IMS, a.a.O. noch wäre dies im Übrigen anzuerkennen, da der Ausgang des Gerichtsverfahrens offen ist.

Mit Blick auf die erhobene Klage kommt der Bundesamt-Statistik nach Ansicht des Gerichts generell keine besondere Aussagekraft mehr zu (vgl. bereits VG München, U.v. 5.4.2017 – M 9 K 17.254 – juris), da sie – soweit ersichtlich –nicht auf die Bestandskraft der Entscheidungen abstellt. Diese Frage bleibt einer (ergänzenden) Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Nach alledem ist nicht ersichtlich, inwiefern überwiegende Gründe gegen die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis sprechen sollten. Etwaige Fernziele wie die Verhinderung einer (weiteren) Verfestigung des Aufenthalts nach § 60a Abs. 2 Satz 4 und 5 AufenthG (sog. 3+2-Regelung) sind bei der Entscheidung über die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis („Parallelverfahren“, vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 10 CE 16.2342 – juris) außer Betracht zu lassen – und verbieten sich nach Ansicht des Gerichts jedenfalls in Fällen wie dem Vorliegenden bereits deshalb, weil gerade die von der Ausländerbehörde erlaubte Einstiegsqualifizierung (Bl. 103 und 114 d. BA) den „Grundstein“ für eine derartige Verfestigung gelegt hat. Dass eine Einstiegsqualifizierung nicht nur – wie es im Bescheid anklingt – dazu dienen soll, gleichsam „generelle berufliche Handlungsfähigkeit“ zu erlangen, sondern gezielt einer Ausbildung im selben Betrieb vorgeschaltet wird, ergibt sich bspw. aus den Informationen, die die Bundesagentur für Arbeit dazu online bereitstellt (https://www3.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Unternehmen/ Ausbildung/Ausbildungsvorbereitung/Einstiegsqualifizierung/index.htm): Danach wird eine Einstiegsqualifizierung u.a. nur dann bewilligt, wenn sie ihren Inhalten nach auf einen anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des § 4 Abs. 1 des BBiG, § 25 Abs. 1 Satz 1 der HwO, des Seemannsgesetzes oder des Altenpflegegesetzes vorbereitet. Weiter sei es ausdrückliches Ziel der Einstiegsqualifizierung, dass mehr junge Menschen mit erschwerten Vermittlungsbedingungen eine betriebliche Berufsausbildung aufnehmen und dass diese durch die erfolgreichen Vorerfahrungen gegebenenfalls verkürzt wird. Dies wurde so auch explizit von der dem Antrag auf Bewilligung der Einstiegsqualifizierung beigegebenen Stellenbeschreibung (Bl. 98 d. BA) und von dem entsprechenden Beschäftigungsvertrag (Bl. 93 d. BA) aufgegriffen, die der Bewilligung der Ausländerbehörde zugrunde lagen. Die Wertung der Ausländerbehörde, dass mit der Zulassung zu einer Einstiegsqualifizierung kein Vertrauensschutz begründet würde (Bescheid, S. 7), kann nicht nachvollzogen werden, da sich der vorliegende Fall dadurch gerade abhebt von Fällen, in denen erstmals eine Ausbildung aufgenommen werden soll. Die Ausländerbehörde hätte dem Antragsteller die Zulassung zur Einstiegsqualifizierung verwehren und, wie zwischenzeitlich auch geschehen, schlicht eine Tätigkeit im Ortsdienst – d.h. eine „normale“ Beschäftigung – bewilligen können; durch die Zulassung zu einer Maßnahme aber, die eine Ausbildung vorbereitet und zu einer Anrechnung im Ausbildungszeitraum führt, wird nach Ansicht des Gerichts durchaus in der Ermessensausübung zu berücksichtigender Vertrauensschutz begründet. Dass die Einstiegsqualifizierung einen „Sonder Weg“ darstellt, der selbst bei Antragstellern aus sicheren Herkunftsstaaten zur Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis führen kann, zeigt sich auch an den Wertungen des IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19 (2.2.1 am Ende):

„Im Einzelfall können besondere Umstände vorliegen, die bei Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten, die ihren Asylantrag vor dem 31.08.2015 gestellt ha-ben, im Rahmen der Ausübung des Ermessens die Erteilung einer Beschäfti-gungserlaubnis zulassen. Solche Umstände können sich insbesondere aus dem Vertrauensschutz oder den besonderen berechtigten Interessen des Arbeitgebers bzw. Ausbildungsbetriebs ergeben. Sie können zum Beispiel vorliegen, wenn eine vor Erlass des IMS vom 31.03.2015, Az. IA2-2081-1-8, aufgenommene qualifizierte Berufsausbildung oder Beschäftigung in einem Mangelberuf fortgesetzt werden sollen oder nach einer erfolgreich abgeschlossenen Einstiegsqualifizierung nunmehr eine qualifizierte Berufsausbildung aufgenommen werden soll.“

Ohne dass es tragend darauf ankommt, sei schließlich darauf verwiesen, dass das Landratsamt – Fachbereich Jugend und Sport – selbst den Ausbildungswunsch des Antragstellers aufgegriffen, nachdrücklich unterstützt und begleitet hat (vgl. z.B. Bl. 88ff. d. BA, Bl. 184 d. BA); auch vonseiten der Ausländerbehörde wurde nach Aktenlage noch unter dem 10. März 2015 auf einer entsprechenden Mailanfrage vermerkt, dass auch eine Ausbildung – und nicht nur eine Einstiegsqualifizierung – genehmigt werden könnte (Bl. 88 d. BA).

Ob mit alledem auch eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist, die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis also die einzig richtige Entscheidung dargestellt hätte und darstellt, muss nach Obenstehendem nicht entschieden werden.

3. Unabhängig von Vorstehendem bleibt festzuhalten, dass mit der hiesigen Entscheidung nur eine vorläufige Regelung bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens getroffen wird. Der Antragsteller wird im Rahmen des Klageverfahrens v.a. ein entsprechendes Sprachzertifikat nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) – mindestens für das Sprachniveau B1 (vgl. § 2 Abs. 11 AufenthG), am besten für die nach seinem Vortrag auch bereits belegten Stufen B2 und C1, da entsprechende Kenntnisse für den Erfolg einer Ausbildung unerlässlich erscheinen – vorzuweisen und nach Möglichkeit einen Pass als Identitätsnachweis zu beschaffen haben (vgl. zu dieser Forderung VG München, U.v. 5.4.2017 – M 9 K 17.254 – juris), um seine Ausbildung weiter vorantreiben zu dürfen. Gerade Letzteres liegt nicht nur mit Blick auf eine mögliche Aufenthaltserlaubnis – bspw. nach § 25a Abs. 1 AufenthG – im ureigenen Interesse des Antragstellers, vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG; für das Gericht sind die Bedenken des Bevollmächtigten im Hinblick „auf das laufende Asylverfahren“ dabei nicht nachvollziehbar, da schließlich auch eine Geburtsurkunde vorgelegt wurde. Sollte ein Pass nicht mehr existieren, wird der Antragsteller alle Urkunden und Unterlagen, die neben dem Pass oder Passersatz für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können, zu besorgen haben, § 15 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Angesichts der beschafften Geburtsurkunde aus 2015 erscheint es dem Gericht nicht glaubhaft, dass es dem Antragsteller mangels (noch lebender?) Verwandter im Heimatland (vgl. Bl. 200 d. BA) nicht möglich sein sollte, sich um weitere Aufklärung zu bemühen. Diesbezüglich und im Anschluss an die oben formulierten Forderungen, denen der Antragsteller bis dato nur teilweise nachgekommen ist und die im Hauptsacheverfahren zu erfüllen sind, werden alle Beteiligten ergänzend auf folgende Passage des IMS vom 1. September 2016, Az. IA2-2081-1-8-19 (2.2.2 am Ende) hingewiesen:

„Wird eine Beschäftigungserlaubnis erteilt, sind bei ungeklärter Identität des Aus-länders dieser und ggf. auch der (Ausbildungs-) Betrieb darüber zu belehren, dass im Falle einer Ablehnung des Asylantrages nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht die Beschäftigung bzw. Berufsausbildung abgebrochen werden müsste, wenn der Ausländer bei seiner Identitätsklärung nicht mitwirken sollte, weil dann das absolute Erwerbstätigkeitsverbot nach § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG greift, das der Ausländerbehörde kein Ermessen einräumt.“

Abschließend ist klarzustellen, dass die vorliegende Entscheidung keinerlei (positive) Auswirkungen auf das parallele Asylverfahren hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b, § 61 AsylG. Der Gegenstandswert wurde nach § 30 Abs. 1 RVG festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.

(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn

1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder
2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.

(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,

1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat,
2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.

(5) (weggefallen)

Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn

1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist,
3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes,
4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat,
6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung,
7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen,
8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
9.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und
b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
10.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und
b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
11.
er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, darf der Ausländer keine Erwerbstätigkeit ausüben. Abweichend von Satz 1 ist dem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, wenn

1.
das Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten nach der Stellung des Asylantrags unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist,
3.
der Ausländer nicht Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates (§ 29a) ist und
4.
der Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig abgelehnt wurde, es sei denn das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet;
Ausländern, die seit mindestens sechs Monaten eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, kann die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend für Ausländer nach Satz 2.

(2) Im Übrigen kann einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, gemäß § 4a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Ein geduldeter oder rechtmäßiger Voraufenthalt wird auf die Wartezeit nach Satz 1 angerechnet. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend. Einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat gemäß § 29a, der nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt hat, darf während des Asylverfahrens die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.