Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. März 2016 - Au 5 K 15.1639

published on 17.03.2016 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. März 2016 - Au 5 K 15.1639
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Gericht

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen eine Nutzungsuntersagung für die Änderung der Nutzung einer ehemaligen Lagerhalle und Werkskantine in eine Halle für die Durchführung von Veranstaltungen (Vergnügungsstätte) auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... (...).

Die Klägerin ist Pächterin von gewerblich genutzten Räumen (Lagerhalle und ehemalige Werkskantine) auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... (Gelände der Firma ...), für die u. a. ein bestandskräftiger Bescheid des Landratsamtes ... vom 29. Juni 1988 für die Werkserweiterung um Montage- und Sozialräume vorliegt.

Die Baugrundstücke liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplanes des Marktes ... Nr. ... „...“, der insoweit ein Gewerbegebiet nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) festsetzt.

Mit Formblattantrag vom 5. März 2015 beantragte die Klägerin über den Markt ... beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung der sich auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... befindlichen Gebäude (Halle und Werkskantine) in eine Veranstaltungshalle. In der Betriebsbeschreibung zum Bauantrag ist im Wesentlichen ausgeführt, dass im Allgemeinen die Räumlichkeiten für Veranstaltungen wie z. B. türkische Hochzeiten, Betriebsfeiern, Konferenzen u. ä. genutzt werden sollen. Die Veranstaltungen würden überwiegend an Freitagen und Samstagen stattfinden. Die regelmäßigen Betriebszeiten seien bei den Veranstaltungen von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr für den allgemeinen Geschäftsbetrieb und von 17.00 Uhr bis 2.00 Uhr in der Nacht bei Feiern. Hinzu kämen der Verleih von Geschirr, Mobiliar und Dekorationsmaterial sowie ein angebotener Partyservice. Bei den Veranstaltungen seien bis zu 25 Mitarbeiter vor Ort. Für die Veranstaltungen sei eine Bestuhlung für maximal 660 Personen möglich. Auf die von der Klägerin vorgelegte Betriebsbeschreibung vom 5. Mai 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Der Bau- und Umweltausschuss des Marktes ... hat mit Beschluss vom 16. März 2015 sein Einvernehmen zum Bauvorhaben sowie zu einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) bezüglich einer Nutzung der Halle nach § 8 Abs. 3 BauNVO erteilt.

Die Klägerin hat im Baugenehmigungsverfahren einen Brandschutznachweis des Architekturbüros ..., ..., vom 9. April 2015 vorgelegt, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

Das Landratsamt ... hat der Klägerin mit Schreiben vom 12. Mai 2015 mitgeteilt, dass weitere Nutzungen der bisherigen Lagerhalle sowie der bisherigen Werkskantine als Veranstaltungsräume im Sinne der Versammlungsstättenverordnung (VStättV) gemäß § 47 VStättV bis zur endgültigen Entscheidung über den Bauantrag nicht mehr zugelassen würden. Eine Genehmigung für die Nutzung der Halle bzw. Werkskantine als Versammlungsraum liege nicht vor.

Der Beklagte hat mit Stellungnahme vom 9. September 2015 zum vorgelegten Brandschutznachweis Stellung genommen. Der von der Klägerin vorgelegte Brandschutznachweis sei in wesentlichen Punkten nicht prüffähig. So fehle beispielsweise eine Beschreibung der notwendigen Flure. Weiter fehle die Einzeichnung der erforderlichen Türqualitäten in der Brandwand zu den WC-Anlagen. Im Brandschutzplan fehle weiter im Obergeschoss die Einzeichnung der Längen der jeweiligen Rettungswege. Weiter fehle eine Beschreibung der Treppen gemäß § 8 VStättV.

Auf den weiteren Inhalt der Stellungnahme zum Brandschutz des Beklagten vom 9. September 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Bescheid des Landratsamtes ... vom 14. Oktober 2015 wurde der Klägerin die weitere Nutzung der ehemaligen Werkskantine sowie der antragsgegenständlichen Lagerhalle zu Veranstaltungen ab sofort untersagt (Ziffer I. des Bescheides). Hierfür wurde in Ziffer II. des Bescheides die sofortige Vollziehung angeordnet. Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung gegen die ausgesprochene Nutzungsuntersagung wurde der Antragstellerin in Ziffer III. des Bescheides ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,- EUR zur Zahlung angedroht.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Art. 76 Satz 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) die Nutzung baulicher Anlagen untersagt werden könne, wenn diese Anlagen im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften genutzt würden. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Das gegenständliche Gebäude werde derzeit als Veranstaltungshalle für Veranstaltungen mit über 200 Personen genutzt. Es sei daher nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 7 a BayBO als Sonderbau einzustufen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 VStättV sei es zudem als eine Versammlungsstätte anzusehen, für die die Vorschriften der VStättV gelten würden. Nach Art. 55 Abs. 1 BayBO bedürfe die Nutzungsänderung baulicher Anlagen einer baurechtlichen Genehmigung. Eine entsprechende Genehmigung liege für die gegenständliche Nutzung des bestehenden Gebäudes als Versammlungsstätte nicht vor. Eine Verfahrensfreiheit gemäß Art. 57 BayBO sei nicht gegeben. Die Nutzungsänderung sei somit formell rechtswidrig. Allein die bloße formelle Rechtswidrigkeit der Nutzung sei ausreichend für die Nutzungsuntersagung. Ob darüber hinaus die gegenständliche Nutzung materiell rechtswidrig sei, könne erst nach abschließender Prüfung der vorliegenden bzw. noch vorzulegenden Bauantragsunterlagen mit den entsprechenden Betriebsunterlagen, insbesondere eines schalltechnischen Gutachtens sowie der Prüfbescheinigung eines Prüfsachverständigen für Brandschutz beurteilt werden. Da das Vorhaben ein Sonderbau sei, müsse dieser Brandschutznachweis nach Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BayBO entweder von einem Prüfsachverständigen für Brandschutz bescheinigt oder von der unteren Bauaufsichtsbehörde geprüft werden. Das Landratsamt habe der Klägerin bereits mitgeteilt, dass aufgrund der brandschutzrechtlichen Bedenken bezüglich des Ganges eine Zustimmung der unteren Bauaufsichtsbehörde zu einer Lösung, die die Nutzung des Ganges beinhalte, nicht in Aussicht gestellt werden könne. Auch verhinderten die Ergebnisse der bisher vorliegenden schalltechnischen Untersuchung eine dauerhafte Nutzung der Halle mit einem Zugang von Westen. Daher liege keine offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung vor. Seien die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung gegeben, so liege diese im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die Untersagung entspreche einer pflichtgemäßen Ermessensausübung, da für die Umnutzung des Gebäudes in eine Versammlungsstätte keine baurechtliche Genehmigung vorliege und aufgrund der fehlenden Antragsunterlagen eine abschließende Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der Nutzung derzeit auch nicht möglich sei. Damit verstoße die Klägerin durch die bereits durchgeführten Veranstaltungen gegen öffentlichrechtliche Vorschriften. Zudem sei zu befürchten, dass weitere Veranstaltungen ohne baurechtliche Genehmigung durchgeführt würden. Die Nutzungsuntersagung sei geeignet, um die bestehende Gefährdung der Gesundheit bzw. von Gästen, die sich im Brandfall im Flur befänden, zu beenden bzw. von Veranstaltungen ausgehende, unzumutbare Lärmbelästigungen von Anwohnern zu verhindern. Die Nutzungsuntersagung sei auch verhältnismäßig, da keine milderen Mittel vorhanden seien, rechtmäßige Zustände zu schaffen, die mit den öffentlichen Interessen vereinbar seien. Die sofortige Untersagung sei notwendig, um die bestehende Gefährdungslage zu beenden bzw. um zu verhindern, dass weiterhin gegen öffentlichrechtliche Vorschriften verstoßen werde. Der andauernde rechtswidrige Zustand könne nicht weiter hingenommen werden. Ebenso wenig könne hingenommen werden, dass aufgrund der bestehenden Mängel an den Flucht- und Rettungswegen die Gesundheit bzw. das Leben der Veranstaltungsgäste wiederholt gefährdet würden. Um die bestehende Gefahr für die Gesundheit bzw. das Leben der Veranstaltungsgäste im Brandfall umgehend zu beheben, habe nach pflichtgemäßem Ermessen auf eine vorherige Anhörung nach Art. 28 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) verzichtet werden können. Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Das angedrohte Zwangsgeld orientiere sich der Höhe nach am wirtschaftlichen Interesse, das der Betreiber an der Nutzung habe.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Landratsamtes ... vom 14. Oktober 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen den vorbezeichneten, ihr mit Postzustellungsurkunde am 16. Oktober 2015 zugestellten Bescheid mit Schriftsatz vom 4. November 2015 Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2015 aufzuheben.

Zur Begründung ist im Wesentlichen vorgetragen, dass die Nutzungsuntersagung offensichtlich rechtswidrig sei. Das Bauvorhaben der Klägerin sei offensichtlich genehmigungsfähig. Überdies lägen Ermessensfehler vor. Die formelhafte Begründung des Bescheids sei unzureichend. Die Brandschutzproblematik sei beherrschbar. Auch könnten die Stellplätze auf den Baugrundstücken unproblematisch vorgehalten werden. Auch die Lärmschutzproblematik sei lösbar, weil die Besucher der Veranstaltungshalle nunmehr ausschließlich über den rückwärtigen Grundstücksbereich herangeführt würden. Überdies werde die Musikanlage verplombt. Auch müsse berücksichtigt werden, dass es sich lediglich um geschlossene Veranstaltungen handle.

Auf den weiteren Vortrag im Klageschriftsatz vom 4. November 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 16. März 2016 hat die Klägerin ihr Vorbringen ergänzt und vertieft. Sie hat insbesondere einen Brandschutznachweis I des Ing.-Büros ..., ..., vom 18. Dezember 2015 vorgelegt. Weiter beigefügt war eine schalltechnische Untersuchung des Ing.-Büros ..., ..., vom 16. März 2016, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Ein gegen den Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung gerichteter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (Az. Au 5 S 15.1640) blieb mit rechtskräftig gewordenem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 20. November 2015 ohne Erfolg. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird vollumfänglich verwiesen.

Das Landratsamt ... ist für den Beklagten der Klage mit Schriftsatz vom 11. November 2015 entgegengetreten und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Baugenehmigung über die Nutzung der Werkskantine für bis zu 350 Personen sei dem Beklagten nicht bekannt und sei auch trotz Aufforderung von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Die letzte Genehmigung für diesen Gebäudeteil datiere vom 29. Juni 1988 und beinhalte im fraglichen Gebäudeteil lediglich einen Pausenraum. Im Übrigen sei die Dringlichkeit der Nutzungsuntersagung schon aufgrund der Tatsache offensichtlich, dass beide Gebäudeteile trotz erteilter Nutzungsuntersagung weiterhin zu Veranstaltungszwecken genutzt würden. Zuletzt sei am 31. Oktober 2015 nach Aussage der Polizeiinspektion ... in der Werkskantine eine Veranstaltung mit ca. 550 bis 600 Personen durchgeführt worden. Das Landratsamt habe seine Ermessensausübung in angemessener Weise begründet. Die Begründung der sofortigen Vollziehung beruhe auf den hinreichend ausgeführten Gefahren für Veranstaltungsgäste, die sich im Brandfall in den Fluren bzw. Gängen aufhielten. Auf eine Anhörung habe gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG verzichtet werden können. Es sei der Klägerin von Seiten des Landratsamtes mehrfach telefonisch und mit Schreiben vom 30. September 2015 zuletzt auch schriftlich eindeutig mitgeteilt worden, dass nach dem 3. Oktober 2015 bis zur endgültigen Entscheidung über die Bauanträge keine Veranstaltungen mehr durchgeführt werden dürften. Hinzu kämen die noch nicht ausgeräumten Bedenken bezüglich der Nutzung der beanstandeten Flure bzw. Gänge.

Auf den weiteren Inhalt des Klageerwiderungsschriftsatzes des Beklagten vom 11. November 2015 wird ergänzend verwiesen.

Am 17. März 2016 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Die Klage ist unbegründet, da die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 14. Oktober 2015 in der Sache nicht zu beanstanden ist. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften genutzt werden.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung ist auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Zwar ist im Falle einer Anfechtungsklage, wie sie hier inmitten steht, dem Grunde nach die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend. Dieser Grundsatz wird jedoch bei Vorliegen eines Dauerverwaltungsaktes, der sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Sach- und Rechtslage erschöpft, durchbrochen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 42 ff.). Aus der Eigenschaft der Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt folgt, dass die Rechtmäßigkeit der Verfügung ständig zu kontrollieren ist. Im Fall einer Klageerhebung ist daher der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidend (BVerwG, B.v. 23.1.1998 - 4 B 132/88 - juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 24; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand: September 2015, Art. 76 Rn. 294).

a) Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere konnte nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) wegen Gefahr im Verzug von einer Anhörung abgesehen werden. Überdies wurde der Klägerin von Seiten des Beklagten letztmalig mit Schreiben vom 30. September 2015 schriftlich mitgeteilt, dass nach dem 3. Oktober 2015 bis zur endgültigen Entscheidung über die eingereichten Bauanträge keine Veranstaltungen mehr durchgeführt werden können.

b) Die Nutzung der ehemaligen Lagerhalle und Werkskantine auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... als Räume für die Durchführung von Veranstaltungen (Versammlungs- bzw. Vergnügungsstätte) erfolgt im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften, weil auch nach Vortrag der Klägerin eine baurechtliche Genehmigung hierfür nicht vorliegt. Für die betreffenden Räume wurde letztmalig am 29. Juni 1988 eine Baugenehmigung für die Werkserweiterung um Montage- und Sozialräume seitens des Beklagten erteilt. Bis zur Übernahme durch die Klägerin wurden die entsprechenden Räume als Werksgelände der Fa. ..., genutzt. Die insoweit vorhandenen Baugenehmigungen decken die derzeit von der Klägerin beabsichtigte Nutzung nicht. Hiervon geht letztlich auch die Klägerin aus, die mit Formblatt vom 5. März 2015 ein entsprechendes Baugenehmigungsverfahren zur Legalisierung der von ihr beabsichtigten Nutzungsänderung initiiert hat. Das diesbezügliche Baugenehmigungsverfahren ist im maßgeblichen Zeitpunkt unstreitig noch nicht zum Abschluss gelangt.

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagung genügt regelmäßig die formelle Illegalität (Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 282 m. w. N.). Allein der Verstoß gegen das formelle Baurecht rechtfertigt regelmäßig bereits den Erlass einer Nutzungsuntersagung. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Vereinbarkeit eines bestimmten Vorhabens bzw. einer bestimmten Nutzung mit dem öffentlichen Baurecht vor dessen tatsächlicher Realisierung in einem geordneten Genehmigungsverfahren geprüft wird und außerdem vermieden wird, dass sich derjenige, der eine ungenehmigte Nutzung aufnimmt, ungerechtfertigte Vorteile gegenüber gesetzestreuen Bürgern verschafft.

Ob die Nutzung dagegen materiellrechtlich genehmigungsfähig ist, spielt grundsätzlich nur dann eine Rolle, wenn die Genehmigungsfähigkeit offensichtlich ist. Dann scheidet eine Nutzungsuntersagungsverfügung im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung aus (Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 282). Daneben darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Nutzung nicht untersagt werden, wenn sie die Nutzung von Wohnraum betrifft, der für die Bewohner den alleinigen Mittelpunkt ihrer privaten Existenz bildet (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2608 - juris; B.v. 16.5.2008 - 9 ZB 07.3224 - juris). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Eine Nutzung von Wohnraum steht nicht in Streit. Darüber hinaus ist die Nutzung des fraglichen Gebäudes bzw. einzelner Räume für Zwecke der Durchführung von Veranstaltungen (insbesondere türkischen Hochzeiten) im maßgeblichen Zeitpunkt aber auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit scheitert derzeit insbesondere an der nicht abschließend geklärten Frage zureichenden Schallschutzes im Hinblick auf die umliegenden Gewerbe- und Wohnnutzungen. Zwar hat die Klägerin mittlerweile im Nachgang zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts im vorläufigen Rechtsschutz (Verfahren Az: Au 5 S 15.1640) unter dem 18. Dezember 2015 einen wohl den Anforderungen genügenden Brandschutznachweis I des Ingenieurbüros ..., vorgelegt, jedoch hat die Klägerin erst unter dem 16. März 2016 - dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung übergeben - eine weitere schalltechnische Untersuchung zur Nutzungsänderung der Lagerhalle und Kantine des Ingenieurbüros ..., vorgelegt. Im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung war es dem Beklagten nicht möglich, diese vorgelegte Untersuchung auf Plausibilität und fachliche Richtigkeit zu überprüfen. Nach den Aussagen des technischen Umweltingenieurs des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2016 bedarf das von der Klägerin vorgelegte Schallschutzgutachten vom 16. März 2016 insbesondere deshalb eingehender fachlicher Prüfung, da auch nach der Aussage des beauftragten Gutachters sich am als kritisch eingestuften Immissionsort 9 ein Summenpegel von 49,8 dB(A) errechnet, der nur geringfügig unter dem in Nr. 6.1 b) der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (TA Lärm) festgelegten Grenzwert liegt, der für festgesetzte Gewerbegebiete einen Immissionsrichtwert für Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden von 50 dB(A) nachts vorsieht. Auch das Gutachten vom 16. März 2016 führt auf S. 10 aus, dass mehrere Immissionsorte (Immissionsort 7, 8, 9 und 11) als kritisch angesehen werden. Der technische Umweltingenieur des Beklagten hat weiter ausgeführt, dass eine Genehmigung der beantragten Nutzungsänderung voraussichtlich allenfalls unter Festsetzung einer Vielzahl von Auflagen zum Schallschutz denkbar erscheine. Diese Auflagen müssten insbesondere auch das Verhalten der Veranstaltungsbesucher beim Verlassen der Veranstaltungsstätte betreffen. Weiter werde ein Bedarf für die Festlegung von Nebenbestimmungen zur Anordnung der erforderlich werdenden Stellplätze gesehen. Vor diesem Hintergrund einer eventuellen Genehmigungsfähigkeit allenfalls unter Festsetzung von immissionsschutzfachlichen Nebenbestimmungen zur sicheren Einhaltung der Immissionsrichtwerte nach TA Lärm kann zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit der beantragten Nutzungsänderung und einer Freigabe der Nutzung bereits vor Erteilen der entsprechenden Baugenehmigung gesprochen werden. Die Klägerin ist daher darauf zu verweisen, das entsprechende Baugenehmigungsverfahren weiter zu betreiben und dessen Abschluss abzuwarten.

c) Die vom Beklagten vorgenommenen Ermessenserwägungen sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung ist der Ausspruch eines Nutzungsverbots grundsätzlich eine ermessensgerechte Entscheidung (BayVGH, U.v. 13.3.2012 - 9 ZB 11.769 - juris Rn. 12); insoweit liegt ein sogenanntes intendiertes oder Regelermessen vor. Vorliegend hat der Beklagte in fehlerfreier Weise dem öffentlichen Interesse am Ausschluss einer Gefährdungslage Vorrang vor dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin eingeräumt. Da im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Fragen der schallschutztechnischen Vereinbarkeit des geplanten Bauvorhabens mit den umgebenden Nutzungen im maßgeblichen Bauquartier nicht zweifelsfrei geklärt sind, ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Nutzungsuntersagung auch nach Vorlage des Brandschutznachweises I durch die Klägerin weiterhin aufrecht erhält.

Die Anordnung der Nutzungsuntersagung konnte zu Recht gegen die Klägerin als Pächterin/Mieterin des betreffenden Grundstücks gerichtet werden (vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG). Die Auswahl der Klägerin als Adressatin der Nutzungsuntersagungsverfügung begegnet keinen Bedenken. Sie ist derzeit die Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über das Gebäude bzw. der betreffenden Räume. Auch ist die Klägerin diejenige, die das Gebäude entsprechend der beantragten Baugenehmigung künftig nutzen möchte.

Schließlich ist die Nutzungsuntersagungsanordnung auch nicht aufgrund eines der Klägerin zukommenden Vertrauensschutzes unverhältnismäßig. Die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde, auf die Einhaltung der öffentlichrechtlichen Vorschriften zu achten, kann nicht verwirkt werden. Daher steht der Klägerin ein die Nutzungsuntersagung hindernder Vertrauensschutz auch nicht deshalb zu, weil der Beklagte vor Erlass der streitgegenständlichen Nutzungsuntersagungsverfügung mehrere Einzelveranstaltungen der Klägerin bereits zugelassen hat. Eine ermessensfehlerfreie Anordnung einer Nutzungsuntersagung könnte allenfalls dann ausgeschlossen sein, wenn die Bauaufsichtsbehörde durch vorausgegangenes positives Tun einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Betroffenen geschaffen hat. Dies kann insbesondere durch eine Zusage durch Art. 38 BayVwVfG erfolgen, eine bauaufsichtliche Maßnahme nicht zu erlassen, die zu ihrer Wirksamkeit jedoch der Schriftform bedarf. In Betracht kommt jedoch auch ein über die bloße Untätigkeit hinaus gehendes besonderes Verhalten der Behörde, aufgrund dessen der Betroffene zu der Annahme berechtigt ist, dass die Behörde von der Befugnis zur Nutzungsuntersagung keinen Gebrauch (mehr) machen wird (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2000 - 2 ZB 00.723 - juris; Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 305). Vorliegend hat der Beklagte der Klägerin schriftlich unmissverständlich mitgeteilt, dass nach dem 3. Oktober 2015 die weitere Durchführung von Veranstaltungen ohne Genehmigung nicht mehr toleriert werden würde. Es wurde der Klägerin ausdrücklich der Erlass einer Nutzungsuntersagung angekündigt. Darüber hinaus hat der Beklagte nicht schriftlich nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zugesichert, die Nutzungsuntersagung nach Vorlage eines Brandschutznachweises bzw. eines weiteren Schallschutzgutachtens aufzuheben.

2. Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 und 2, Art. 36 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VwZVG. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden. Es erscheint unter Berücksichtigung der Einnahmemöglichkeiten der Klägerin aus der Durchführung größerer Veranstaltungen angemessen (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG). Das Zwangsgeld soll das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterlassen der Handlung hat, erreichen. Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, so kann die Behörde das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen nach pflichtgemäßem Ermessen schätzen (Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG). Anhaltspunkte für einen Verstoß hiergegen liegen nicht vor und wurden auch von Seiten der Klägerin nicht geltend gemacht.

3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. Nr. 9.4 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 16.02.2015 00:00

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
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published on 20.11.2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin
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Annotations

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden.

(2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. Die Wirkung einer Prozesshandlung tritt frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht. Die Übermittlung des Protokolls kann demjenigen, der den Antrag oder die Erklärung zu Protokoll abgegeben hat, mit seiner Zustimmung überlassen werden.