Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagung für die Änderung der Nutzung einer ehemaligen Lagerhalle und Werkskantine in eine Halle für die Durchführung von Veranstaltungen (Vergnügungsstätte) auf den Grundstücken Fl. Nrn. ... der Gemarkung ... (...).

Die Antragstellerin ist Pächterin von gewerblich genutzten Räumen (Lagerhalle und ehemalige Werkskantine) auf den Grundstücken Fl. Nrn. ... der Gemarkung ... (Gelände der Firma ...), für die u. a. ein bestandskräftiger Bescheid des Landratsamtes ... vom 29. Juni 1988 für die Werkserweiterung um Montage- und Sozialräume vorliegt.

Die Baugrundstücke liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplanes des Marktes ... Nr. ... „...“, der insoweit ein Gewerbegebiet nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) festsetzt.

Mit Formblattantrag vom 5. März 2015 beantragte die Antragstellerin über den Markt ... beim Antragsgegner die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung der sich auf den Grundstücken Fl. Nrn. ... der Gemarkung ... befindlichen Gebäude (Halle und Werkskantine) in eine Veranstaltungshalle. In der Betriebsbeschreibung zum Bauantrag ist im Wesentlichen ausgeführt, dass im Allgemeinen die Räumlichkeiten für Veranstaltungen wie z. B. türkische Hochzeiten, Betriebsfeiern, Konferenzen u. ä. genutzt werden sollen. Die Veranstaltungen würden überwiegend an Freitagen und Samstagen stattfinden. Die regelmäßigen Betriebszeiten seien bei den Veranstaltungen von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr für den allgemeinen Geschäftsbetrieb und von 17.00 Uhr bis 2.00 Uhr in der Nacht bei Feiern. Hinzu kämen der Verleih von Geschirr, Mobiliar und Dekorationsmaterial sowie ein angebotener Partyservice. Bei den Veranstaltungen seien bis zu 25 Mitarbeiter vor Ort. Für die Veranstaltungen sei eine Bestuhlung für maximal 660 Personen möglich. Auf die von der Antragstellerin vorgelegte Betriebsbeschreibung vom 5. Mai 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Der Bau- und Umweltausschuss des Marktes ... hat mit Beschluss vom 16. März 2015 sein Einvernehmen zum Bauvorhaben sowie zu einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) bezüglich einer Nutzung der Halle nach § 8 Abs. 3 BauNVO erteilt.

Die Antragstellerin hat im Baugenehmigungsverfahren einen Brandschutznachweis des Architekturbüros ..., vom 9. April 2015 vorgelegt, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

Das Landratsamt ... hat der Antragstellerin mit Schreiben vom 12. Mai 2015 mitgeteilt, dass weitere Nutzungen der bisherigen Lagerhalle sowie der bisherigen Werkskantine als Veranstaltungsräume im Sinne der Versammlungsstättenverordnung (VStättV) gemäß § 47 VStättV bis zur endgültigen Entscheidung über den Bauantrag nicht mehr zugelassen würden. Eine Genehmigung für die Nutzung der Halle bzw. Werkskantine als Versammlungsraum liege nicht vor.

Der Antragsgegner hat mit Stellungnahme vom 9. September 2015 zum vorgelegten Brandschutznachweis Stellung genommen. Der von der Antragstellerin vorgelegte Brandschutznachweis sei in wesentlichen Punkten nicht prüffähig. So fehle beispielsweise eine Beschreibung der notwendigen Flure. Weiter fehle die Einzeichnung der erforderlichen Türqualitäten in der Brandwand zu den WC-Anlagen. Im Brandschutzplan fehle weiter im Obergeschoss die Einzeichnung der Längen der jeweiligen Rettungswege. Weiter fehle eine Beschreibung der Treppen gemäß § 8 VStättV.

Auf den weiteren Inhalt der Stellungnahme zum Brandschutz des Antragsgegners vom 9. September 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Bescheid des Landratsamtes ... vom 14. Oktober 2015 wurde der Antragstellerin die weitere Nutzung der ehemaligen Werkskantine sowie der antragsgegenständlichen Lagerhalle zu Veranstaltungen ab sofort untersagt (Ziffer I. des Bescheides). Hierfür wurde in Ziffer II. des Bescheides die sofortige Vollziehung angeordnet. Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung gegen die ausgesprochene Nutzungsuntersagung wurde der Antragstellerin in Ziffer III. des Bescheides ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,- Euro zur Zahlung angedroht.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Art. 76 Satz 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) die Nutzung baulicher Anlagen untersagt werden könne, wenn diese Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt würden. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Das gegenständliche Gebäude werde derzeit als Veranstaltungshalle für Veranstaltungen mit über 200 Personen genutzt. Es sei daher nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 7 a BayBO als Sonderbau einzustufen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 VStättV sei es zudem als eine Versammlungsstätte anzusehen, für die die Vorschriften der VStättV gelten würden. Nach Art. 55 Abs. 1 BayBO bedürfe die Nutzungsänderung baulicher Anlagen einer baurechtlichen Genehmigung. Eine entsprechende Genehmigung liege für die gegenständliche Nutzung des bestehenden Gebäudes als Versammlungsstätte nicht vor. Eine Verfahrensfreiheit gemäß Art. 57 BayBO sei nicht gegeben. Die Nutzungsänderung sei somit formell rechtswidrig. Allein die bloße formelle Rechtswidrigkeit der Nutzung sei ausreichend für die Nutzungsuntersagung. Ob darüber hinaus die gegenständliche Nutzung materiell rechtswidrig sei, könne erst nach abschließender Prüfung der vorliegenden bzw. noch vorzulegenden Bauantragsunterlagen mit den entsprechenden Betriebsunterlagen, insbesondere eines schalltechnischen Gutachtens sowie der Prüfbescheinigung eines Prüfsachverständigen für Brandschutz beurteilt werden. Da das Vorhaben ein Sonderbau sei, müsse dieser Brandschutznachweis nach Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BayBO entweder von einem Prüfsachverständigen für Brandschutz bescheinigt oder von der unteren Bauaufsichtsbehörde geprüft werden. Das Landratsamt habe der Antragstellerin bereits mitgeteilt, dass aufgrund der brandschutzrechtlichen Bedenken bezüglich des Ganges eine Zustimmung der unteren Bauaufsichtsbehörde zu einer Lösung, die die Nutzung des Ganges beinhalte, nicht in Aussicht gestellt werden könne. Auch verhinderten die Ergebnisse der bisher vorliegenden schalltechnischen Untersuchung eine dauerhafte Nutzung der Halle mit einem Zugang von Westen. Daher liege keine offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung vor. Seien die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung gegeben, so liege diese im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die Untersagung entspreche einer pflichtgemäßen Ermessensausübung, da für die Umnutzung des Gebäudes in eine Versammlungsstätte keine baurechtliche Genehmigung vorliege und aufgrund der fehlenden Antragsunterlagen eine abschließende Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der Nutzung derzeit auch nicht möglich sei. Damit verstoße die Antragstellerin durch die bereits durchgeführten Veranstaltungen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften. Zudem sei zu befürchten, dass weitere Veranstaltungen ohne baurechtliche Genehmigung durchgeführt würden. Die Nutzungsuntersagung sei geeignet, um die bestehende Gefährdung der Gesundheit bzw. von Gästen, die sich im Brandfall im Flur befänden zu beenden bzw. von Veranstaltungen ausgehende, unzumutbare Lärmbelästigungen von Anwohnern zu verhindern. Die Nutzungsuntersagung sei auch verhältnismäßig, da keine milderen Mittel vorhanden seien, rechtmäßige Zustände zu schaffen, die mit den öffentlichen Interessen vereinbar seien. Die sofortige Untersagung sei notwendig, um die bestehende Gefährdungslage zu beenden bzw. um zu verhindern, dass weiterhin gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen werde. Der andauernde rechtswidrige Zustand könne nicht weiter hingenommen werden. Ebenso wenig könne hingenommen werden, dass aufgrund der bestehenden Mängel an den Flucht- und Rettungswegen die Gesundheit bzw. das Leben der Veranstaltungsgäste wiederholt gefährdet würden. Um die bestehende Gefahr für die Gesundheit bzw. das Leben der Veranstaltungsgäste im Brandfall umgehend zu beheben, habe nach pflichtgemäßem Ermessen auf eine vorherige Anhörung nach Art. 28 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) verzichtet werden können. Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Das angedrohte Zwangsgeld orientiere sich der Höhe nach am wirtschaftlichen Interesse, das der Betreiber an der Nutzung habe.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Landratsamtes ... vom 14. Oktober 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat gegen den vorbezeichneten, ihr mit Postzustellungsurkunde am 16. Oktober 2015 zugestellten Bescheid mit Schriftsatz vom 4. November 2015 Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Antragsgegners vom 14. Oktober 2015 aufzuheben (Az. Au 5 K 15.1639). Über die vorbezeichnete Klage ist noch nicht entschieden worden.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 4. November 2015 hat die Antragstellerin im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 4. November 2015 wiederherzustellen.

Der Antrag sei zulässig und begründet. Das Interesse der Antragstellerin, die Nutzung beider Gebäude als Veranstaltungshallen bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache fortsetzen zu können, überwiege das vom Antragsgegner behauptete sofortige Interesse an einer sofortigen Nutzungseinstellung. Die Nutzungsuntersagung sei offensichtlich rechtswidrig und werde im Hauptsacheverfahren keinen Bestand haben. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Nutzungsuntersagung scheide aus, wenn der Bauherr einen Bauantrag gestellt habe, der genehmigungsfähig sei, so dass eine den Sofortvollzug rechtfertigende Dringlichkeit der Nutzungsunterbrechung ersichtlich nicht gegeben sei. Das Bauvorhaben der Antragstellerin sei offensichtlich genehmigungsfähig. Überdies lägen Ermessensfehler vor. Die formelhafte Begründung des Bescheids sei unzureichend. Die Brandschutzproblematik sei beherrschbar. Auch könnten die Stellplätze auf den Baugrundstücken unproblematisch vorgehalten werden. Auch die Lärmschutzproblematik sei lösbar, weil die Besucher der Veranstaltungshalle nunmehr über den rückwärtigen Baugrundstücksbereich herangeführt würden. Überdies werde die Musikanlage verplombt. Es müsse berücksichtigt werden, dass es sich nur um geschlossene Veranstaltungen handle.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 4. November 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat im Baugenehmigungsverfahren am 22. Oktober 2015 dem Antragsgegner ein Schallschutzgutachten des beratenden Ingenieurs ..., vorgelegt, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

Das Landratsamt ... ist für den Antragsgegner dem Antrag mit Schriftsatz vom 11. November 2015 entgegengetreten und beantragt sinngemäß,

den Antrag abzulehnen.

Eine Baugenehmigung über die Nutzung der Werkskantine für bis zu 350 Personen sei dem Antragsgegner nicht bekannt und sei auch trotz Aufforderung von der Antragstellerin nicht vorgelegt worden. Die letzte Genehmigung für diesen Gebäudeteil datiere vom 29. Juni 1988 und beinhalte im fraglichen Gebäudeteil lediglich einen Pausenraum. Im Übrigen sei die Dringlichkeit der Nutzungsuntersagung schon aufgrund der Tatsache offensichtlich, dass beide Gebäudeteile trotz erteilter Nutzungsuntersagung weiterhin zu Veranstaltungszwecken genutzt würden. Zuletzt sei am 31. Oktober 2015 nach Aussage der Polizeiinspektion ... in der Werkskantine eine Veranstaltung mit ca. 550 bis 600 Personen durchgeführt worden. Das Landratsamt habe seine Ermessensausübung in angemessener Weise begründet. Die Begründung der sofortigen Vollziehung beruhe auf den hinreichend ausgeführten Gefahren für Veranstaltungsgäste, die sich im Brandfall in den Fluren bzw. Gängen aufhielten. Auf eine Anhörung habe gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG verzichtet werden können. Es sei der Antragstellerin von Seiten des Landratsamtes mehrfach telefonisch und mit Schreiben vom 30. September 2015 zuletzt auch schriftlich eindeutig mitgeteilt worden, dass nach dem 3. Oktober 2015 bis zur endgültigen Entscheidung über die Bauanträge keine Veranstaltungen mehr durchgeführt werden dürften. Hinzu kämen die noch nicht ausgeräumten Bedenken bezüglich der Nutzung der beanstandeten Flure bzw. Gänge.

Auf den weiteren Inhalt des Antragserwiderungsschriftsatzes des Antragsgegners vom 11. November 2015 wird ergänzend verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vom Antragsgegner vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der von der Antragstellerin gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren Au 5 K 15.1639 betreffend den Bescheid des Antragsgegners vom 14. Oktober 2015 hinsichtlich der Nutzungsuntersagung (Ziffer I.) wiederherzustellen und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung (Ziffer III.) anzuordnen, bleibt ohne Erfolg.

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen Ziffer I. des Bescheides des Antragsgegners vom 14. Oktober 2015 ist entfallen, weil der Antragsgegner in Ziffer II. des Bescheides nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in einem solchen Fall auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.

Soweit der Antrag sinngemäß gegen die in Ziffer III. des streitgegenständlichen Bescheides verübte Zwangsgeldandrohung (2.500,- Euro) gerichtet ist, ist er ebenfalls zulässig und statthaft. Denn nach Art. 21 a Satz 1 VwZVG haben Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden. Gemäß Art. 21 a Satz 2 VwZVG gelten § 80 Abs. 4, 5, 7 und 8 VwGO entsprechend. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in einem solchen Fall auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnen.

2. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1. des Bescheides vom 14. Oktober 2015 ist nicht begründet.

In Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Dabei hat das Gericht in dem wegen der Eilbedürftigkeit auf eine summarische Prüfung von Sach- und Rechtslage beschränkten Verfahren nicht unmittelbar und nicht ausschließlich die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes zu prüfen, sondern zu untersuchen, ob das öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage überwiegt. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung sind hierbei insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Stellt sich in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird und ist überdies ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung erkennbar, so kommt diesem Interesse regelmäßig der Vorrang zu. Erweist sich der Rechtsbehelf hingegen bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich erfolglos, so stellt das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her.

Die auf der Grundlage von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausgesprochene Anordnung der sofortigen Vollziehung betreffend die Nutzungsuntersagung begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Sie erfüllt insbesondere die Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Diese Anordnung erfordert grundsätzlich ein besonderes Vollzugsinteresse, das über das hinausgeht, was den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Auch wenn an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind, ist es unzureichend, die sofortige Vollziehbarkeit lediglich formelhaft, etwa ausschließlich mit dem Vorliegen eines öffentlichen Interesses, zu begründen. Vielmehr müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt als Regelfall des § 80 Abs. 1 VwGO auszuschließen (vgl. zum Ganzen BayVGH, B. v. 20.3.2008 - 20 CS 08.421 - juris).

Die Begründung der Sofortvollzugsanordnung im Bescheid des Antragsgegners vom 14. Oktober 2015 genügt diesen Anforderungen. Der Antragsgegner hat nicht lediglich formelhaft, sondern substantiiert und einzelfallbezogen dargelegt, warum eine weitere Nutzung der Werkshalle bzw. Werkskantine auf den Grundstücken Fl. Nrn. ... der Gemarkung ... zu Veranstaltungszwecken aus seiner Sicht nicht mehr hinnehmbar ist. Diese Begründung mit dem Hinweis auf den aus Sicht des Antragsgegners unzureichenden Brandschutz zeigt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst war und enthält die Erwägungen, die der Antragsgegner für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit als maßgeblich angesehen hat. Es ist nicht erkennbar, dass der Antragsgegner den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung und die „Warnfunktion“ des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage erfordert (vgl. BayVGH, B. v. 24.3.1999 - 10 CS 99.27 - BayVBl. 1999, 465), verkannt hätte. Ob die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges in materiell-rechtlicher Hinsicht zutreffend ist, stellt keine Frage der formellen Begründungspflicht aus § 80 Abs. 3 VwGO dar, sondern eine solche des vorliegenden Vollzugsinteresses.

Der Antrag erweist sich auch im Übrigen als unbegründet. Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene originäre Ermessensentscheidung des Gerichts in Form einer umfassenden Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem öffentlichen Vollzugsinteresse des Antragsgegners ergibt einen Vorrang zugunsten des Letzteren.

Bei seiner Entscheidung hat das Gericht primär diese Interessen gegeneinander abzuwägen, soweit sie im Verfahren der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung von Sach- und Rechtslage festzustellen sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 152, 158).

Ermächtigungsgrundlage für die Nutzungsuntersagung ist Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann die Nutzung untersagt werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden.

Formelle Bedenken gegen die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung bestehen nicht. Namentlich ist der Antragstellerin nach dem Aktenvermerk des Antragsgegners vom 30. September 2015 (Behördenakte Bl. 99) in ausreichender Form und unter Darlegung der Gründe mitgeteilt worden, dass vor endgültiger Prüfung eines Schallschutzgutachten und eines den Anforderungen der BayBO genügenden Brandschutznachweises die weitere Durchführung von Veranstaltungen und damit die Nutzung der streitgegenständlichen Gebäudeteile nicht mehr möglich ist. Der Antragstellerin wurde ausdrücklich mitgeteilt, dass weitere Veranstaltungen nach dem 3. Oktober 2015 nicht mehr durchgeführt werden können und damit eine Nutzung des Gebäudes für Veranstaltungszwecke ausgeschlossen sei. Damit wurde der Antragstellerin ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Ob darüber hinaus die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG für ein Absehen einer Anhörung vorliegen, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint, bedarf daher keiner abschließenden Entscheidung. Überdies könnte ein eventueller Verstoß gegen die Verpflichtung der Antragstellerin zur Anhörung, der nicht nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich wäre, da eine Ermessensentscheidung in Streit steht, gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG bis zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

Schließlich bedarf es keiner gesonderten Anhörung der Antragstellerin vor Erlass der Sofortvollzugsanordnung, da es sich insoweit um einen unselbstständigen Annex zum angefochtenen Grundverwaltungsakt handelt (vgl. Kopp/Schenke,a. a. O., § 80 Rn. 82 m. w. N.).

Anerkanntermaßen genügt für die Nutzungsuntersagung grundsätzlich die formelle Rechtswidrigkeit einer baulichen Anlage (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand: März 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.), d. h. die Nutzung einer genehmigungspflichtigen baulichen Anlage ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das jeweilige Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Anders als bei der Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO kommt es daher nicht darauf an, ob auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Damit ist es dem Grunde nach unerheblich, ob die untersagte Nutzung (auch) gegen materielles Recht verstößt (vgl. BayVGH, U. v. 5.12.2005 - 1 B 03.2608 - BayVBl. 2006, 702 f.).

Allerdings darf eine wegen Verstoßes gegen die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Auch wenn die Folgen einer Nutzungsuntersagung für den Betroffenen in der Regel weniger gravierend sind als die einer Beseitigungsanordnung, ist es im Allgemeinen unverhältnismäßig, eine offensichtlich materiell legale Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher - vergeblich - gemäß Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben, einen Bauantrag zu stellen (BayVGH, B. v. 4.8.2004 - 15 CS 04.1648 - BayVBl. 2005, 369; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 22.5.1996 - 8 A 11880/95 - BauR 1997, 103).

Die Kammer ist im Rahmen der im Verfahren einstweiligen Rechtschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung von Sach- und Rechtslage der Auffassung, dass die derzeitig von der Antragstellerin ausgeübte Nutzung des Hallengebäudes mit angeschlossener Werkskantine auf den Grundstücken Fl. Nrn. ... der Gemarkung ... formell rechtswidrig erfolgt und eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht gegeben ist.

Für die Nutzung der ehemaligen Lagerhalle und der Werkskantine als Veranstaltungsstätte (Vergnügungsstätte) für einen Personenkreis bis zu 660 Personen liegt keine Baugenehmigung seitens der Antragstellerin vor. Dies wird auch von der Antragstellerin nicht bestritten. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Nutzungsänderung ist, da außerhalb der Variationsbreite der bisher für die Lagerhalle und Werkskantine vorhandenen Baugenehmigungen gelegen, genehmigungspflichtig (Art. 55 Abs. 1 BayBO). Eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 BayBO ist nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht behauptet.

Auch liegt keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vor. Ausweislich der Stellungnahme des Antragsgegners zum vorgelegten Brandschutznachweis der Antragstellerin vom 9. September 2015 (Behördenakte Bl. 91 f.) bestehen am vorgelegten Brandschutznachweis diverse Mängel, die der Überarbeitung bedürfen. So fehlen beispielsweise die Einzeichnung der erforderlichen Türqualitäten in der Brandwand zu den WC-Anlagen sowie im Obergeschoss die Einzeichnung der Längen der jeweiligen Rettungswege. Auch die Beschreibung der notwendigen Flure, die als Rettungswege fungieren sollen, fehle. Zwar sei ein Treppenraum gemäß Art. 33 BayBO beschrieben, nicht jedoch die notwendige Brandschutzqualität der Treppe gemäß § 8 VStättV. Da das Bauvorhaben der Antragstellerin unstreitig ein Sonderbau gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 7 a BayBO (Versammlungsraum, der insgesamt mehr als 200 Personen fasst) ist, ist von der Antragstellerin der entsprechende Brandschutznachweis zur Vorlage der Genehmigungsfähigkeit durch einen Prüfsachverständigen oder durch bauaufsichtliche Prüfung zu erbringen (Art. 28, 31, 33, 34 BayBO, Art. 62 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBO). Auch an dieser Qualität des Nachweises fehlt es bislang.

Auch hinsichtlich des Schallschutzes liegt keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vor, die derzeit einen Betrieb ohne entsprechenden Genehmigungsbescheid erlauben würde. Auch ausweislich der von der Antragstellerin nach Ergehen des streitgegenständlichen Bescheides am 23. Oktober 2015 vorgelegten schallschutztechnischen Stellungnahme des Ingenieurbüros ..., ... (dort S. 5), verhält es sich lediglich so, dass die bestehende Konfliktsituation mit der umliegenden Wohnbebauung durch Festsetzung geeigneter Auflagen möglicherweise einer baurechtlichen Genehmigung zugeführt werden kann. So ist beispielsweise der Halleninnenpegel im westlichen Saal auf maximal 86 dB(A) zu begrenzen. Geeignet hierzu sei beispielsweise der Einbau geeigneter Limiter in der jeweiligen Beschallungsanlage. Ferner ist auch im Hinblick auf die bereits vorliegenden Lärmbeschwerden aus der Nachbarschaft in einem vor Nutzungsaufnahme durchzuführenden Baugenehmigungsverfahren zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Nutzung der Halle bzw. Werkskantine zu Veranstaltungszwecken insbesondere zur Nachtzeit nach 22.00 Uhr überhaupt bzw. unter welchen Auflagen zulässig ist. Aufgrund des bereits im Vorfeld festgestellten Konfliktpotentials mit der umliegenden Wohnnutzung kann jedenfalls bei der von der Antragstellerin künftig beabsichtigten Nutzungsintensität sowohl bezogen auf die Zahl der Veranstaltungsbesucher als auch den beabsichtigten zeitlichen Rahmen der Nutzungen, nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit gesprochen werden.

Lassen sich aber die erkannten Brandschutzmängel nicht umgehend beheben bzw. liegt der erforderliche Nachweis hierfür nicht vor, so kann die Nutzungsuntersagung eine geeignete und erforderliche Maßnahme sein, den mit Brandschutzmängeln einhergehenden Gefahren zu begegnen. Finanzielle Interessen müssen dabei gegenüber den Interessen an der Minimierung von Brandrisiken und der damit bezweckten Vermeidung von Schäden an Leib und Leben grundsätzlich zurücktreten (vgl. OVG NRW, B. v. 9.9.2010 - 10 B 1106/10 - nicht veröffentlicht; B. v. 8.5.2007 - 10 B 2555/06 - BRS 71 Nr. 182). Maßgeblich für diese Einschätzung ist die zugrunde liegende Erkenntnis, dass mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss, und dass demzufolge der Zustand, dass in vielen Gebäude jahrzehntelang kein Brand ausgebrochen ist, jederzeit sein Ende finden kann (vgl. OVG NRW, U. v. 28.8.2001 - 10 A 3051/99 - BRS 64 Nr. 201). Bei von der Behörde erkannten Mängeln im vorgelegten Brandschutznachweis ist dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung der Vorrang vor einer Fortsetzung einer ungenehmigten Nutzung einzuräumen.

Der Antragsgegner hat sein ihm in Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumtes (Regel-) Ermessen ordnungsgemäß und nachvollziehbar ausgeübt. Dass ihm die Nutzung des Anwesens durch die Antragstellerin seit längerem bekannt ist und in Einzelfällen auch Erlaubnisse für die Durchführung einzelner Veranstaltungen ausgesprochen wurden, ändert hieran nichts. Insbesondere unterliegen die Eingriffsbefugnisse aus Art. 76 BayBO nicht der Einschränkung einer Verwirkung. Auch gilt es insoweit zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 14. Oktober 2015 weitere Veranstaltungen entgegen dem Verbot der Nutzung durchgeführt hat.

Die Nutzungsuntersagung erweist sich auch als verhältnismäßig, da allein wegen der in Streit stehenden Brandgefahren und des auflagentechnisch derzeit nicht gelösten immissionsschutzrechtlichen Konfliktpotentials mit den sich in der Umgebung befindlichen schutzwürdigen Wohnnutzungen ein milderes, aber gleich effektives Mittel ausscheidet.

Schließlich bestehen auch hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.500,- Euro sowohl dem Grunde nach als auch in der Höhe keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere soll das Zwangsgeld gemäß Art. 31 VwZVG das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen.

3. Nach allem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als im Verfahren unterlegen hat die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Der in der Hauptsache gebotene Streitwert in Höhe von 10.000,- Euro (§ 52 Abs. 1 GKG) war im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 20. Nov. 2015 - Au 5 S 15.1640

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 20. Nov. 2015 - Au 5 S 15.1640

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 20. Nov. 2015 - Au 5 S 15.1640 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 8 Gewerbegebiete


(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder W

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 20. Nov. 2015 - Au 5 S 15.1640 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 20. Nov. 2015 - Au 5 S 15.1640 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. März 2016 - Au 5 K 15.1639

bei uns veröffentlicht am 17.03.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherhei

Referenzen

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen eine Nutzungsuntersagung für die Änderung der Nutzung einer ehemaligen Lagerhalle und Werkskantine in eine Halle für die Durchführung von Veranstaltungen (Vergnügungsstätte) auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... (...).

Die Klägerin ist Pächterin von gewerblich genutzten Räumen (Lagerhalle und ehemalige Werkskantine) auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... (Gelände der Firma ...), für die u. a. ein bestandskräftiger Bescheid des Landratsamtes ... vom 29. Juni 1988 für die Werkserweiterung um Montage- und Sozialräume vorliegt.

Die Baugrundstücke liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplanes des Marktes ... Nr. ... „...“, der insoweit ein Gewerbegebiet nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) festsetzt.

Mit Formblattantrag vom 5. März 2015 beantragte die Klägerin über den Markt ... beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung der sich auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... befindlichen Gebäude (Halle und Werkskantine) in eine Veranstaltungshalle. In der Betriebsbeschreibung zum Bauantrag ist im Wesentlichen ausgeführt, dass im Allgemeinen die Räumlichkeiten für Veranstaltungen wie z. B. türkische Hochzeiten, Betriebsfeiern, Konferenzen u. ä. genutzt werden sollen. Die Veranstaltungen würden überwiegend an Freitagen und Samstagen stattfinden. Die regelmäßigen Betriebszeiten seien bei den Veranstaltungen von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr für den allgemeinen Geschäftsbetrieb und von 17.00 Uhr bis 2.00 Uhr in der Nacht bei Feiern. Hinzu kämen der Verleih von Geschirr, Mobiliar und Dekorationsmaterial sowie ein angebotener Partyservice. Bei den Veranstaltungen seien bis zu 25 Mitarbeiter vor Ort. Für die Veranstaltungen sei eine Bestuhlung für maximal 660 Personen möglich. Auf die von der Klägerin vorgelegte Betriebsbeschreibung vom 5. Mai 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Der Bau- und Umweltausschuss des Marktes ... hat mit Beschluss vom 16. März 2015 sein Einvernehmen zum Bauvorhaben sowie zu einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) bezüglich einer Nutzung der Halle nach § 8 Abs. 3 BauNVO erteilt.

Die Klägerin hat im Baugenehmigungsverfahren einen Brandschutznachweis des Architekturbüros ..., ..., vom 9. April 2015 vorgelegt, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

Das Landratsamt ... hat der Klägerin mit Schreiben vom 12. Mai 2015 mitgeteilt, dass weitere Nutzungen der bisherigen Lagerhalle sowie der bisherigen Werkskantine als Veranstaltungsräume im Sinne der Versammlungsstättenverordnung (VStättV) gemäß § 47 VStättV bis zur endgültigen Entscheidung über den Bauantrag nicht mehr zugelassen würden. Eine Genehmigung für die Nutzung der Halle bzw. Werkskantine als Versammlungsraum liege nicht vor.

Der Beklagte hat mit Stellungnahme vom 9. September 2015 zum vorgelegten Brandschutznachweis Stellung genommen. Der von der Klägerin vorgelegte Brandschutznachweis sei in wesentlichen Punkten nicht prüffähig. So fehle beispielsweise eine Beschreibung der notwendigen Flure. Weiter fehle die Einzeichnung der erforderlichen Türqualitäten in der Brandwand zu den WC-Anlagen. Im Brandschutzplan fehle weiter im Obergeschoss die Einzeichnung der Längen der jeweiligen Rettungswege. Weiter fehle eine Beschreibung der Treppen gemäß § 8 VStättV.

Auf den weiteren Inhalt der Stellungnahme zum Brandschutz des Beklagten vom 9. September 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Bescheid des Landratsamtes ... vom 14. Oktober 2015 wurde der Klägerin die weitere Nutzung der ehemaligen Werkskantine sowie der antragsgegenständlichen Lagerhalle zu Veranstaltungen ab sofort untersagt (Ziffer I. des Bescheides). Hierfür wurde in Ziffer II. des Bescheides die sofortige Vollziehung angeordnet. Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung gegen die ausgesprochene Nutzungsuntersagung wurde der Antragstellerin in Ziffer III. des Bescheides ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,- EUR zur Zahlung angedroht.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Art. 76 Satz 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) die Nutzung baulicher Anlagen untersagt werden könne, wenn diese Anlagen im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften genutzt würden. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Das gegenständliche Gebäude werde derzeit als Veranstaltungshalle für Veranstaltungen mit über 200 Personen genutzt. Es sei daher nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 7 a BayBO als Sonderbau einzustufen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 VStättV sei es zudem als eine Versammlungsstätte anzusehen, für die die Vorschriften der VStättV gelten würden. Nach Art. 55 Abs. 1 BayBO bedürfe die Nutzungsänderung baulicher Anlagen einer baurechtlichen Genehmigung. Eine entsprechende Genehmigung liege für die gegenständliche Nutzung des bestehenden Gebäudes als Versammlungsstätte nicht vor. Eine Verfahrensfreiheit gemäß Art. 57 BayBO sei nicht gegeben. Die Nutzungsänderung sei somit formell rechtswidrig. Allein die bloße formelle Rechtswidrigkeit der Nutzung sei ausreichend für die Nutzungsuntersagung. Ob darüber hinaus die gegenständliche Nutzung materiell rechtswidrig sei, könne erst nach abschließender Prüfung der vorliegenden bzw. noch vorzulegenden Bauantragsunterlagen mit den entsprechenden Betriebsunterlagen, insbesondere eines schalltechnischen Gutachtens sowie der Prüfbescheinigung eines Prüfsachverständigen für Brandschutz beurteilt werden. Da das Vorhaben ein Sonderbau sei, müsse dieser Brandschutznachweis nach Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BayBO entweder von einem Prüfsachverständigen für Brandschutz bescheinigt oder von der unteren Bauaufsichtsbehörde geprüft werden. Das Landratsamt habe der Klägerin bereits mitgeteilt, dass aufgrund der brandschutzrechtlichen Bedenken bezüglich des Ganges eine Zustimmung der unteren Bauaufsichtsbehörde zu einer Lösung, die die Nutzung des Ganges beinhalte, nicht in Aussicht gestellt werden könne. Auch verhinderten die Ergebnisse der bisher vorliegenden schalltechnischen Untersuchung eine dauerhafte Nutzung der Halle mit einem Zugang von Westen. Daher liege keine offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung vor. Seien die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung gegeben, so liege diese im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die Untersagung entspreche einer pflichtgemäßen Ermessensausübung, da für die Umnutzung des Gebäudes in eine Versammlungsstätte keine baurechtliche Genehmigung vorliege und aufgrund der fehlenden Antragsunterlagen eine abschließende Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der Nutzung derzeit auch nicht möglich sei. Damit verstoße die Klägerin durch die bereits durchgeführten Veranstaltungen gegen öffentlichrechtliche Vorschriften. Zudem sei zu befürchten, dass weitere Veranstaltungen ohne baurechtliche Genehmigung durchgeführt würden. Die Nutzungsuntersagung sei geeignet, um die bestehende Gefährdung der Gesundheit bzw. von Gästen, die sich im Brandfall im Flur befänden, zu beenden bzw. von Veranstaltungen ausgehende, unzumutbare Lärmbelästigungen von Anwohnern zu verhindern. Die Nutzungsuntersagung sei auch verhältnismäßig, da keine milderen Mittel vorhanden seien, rechtmäßige Zustände zu schaffen, die mit den öffentlichen Interessen vereinbar seien. Die sofortige Untersagung sei notwendig, um die bestehende Gefährdungslage zu beenden bzw. um zu verhindern, dass weiterhin gegen öffentlichrechtliche Vorschriften verstoßen werde. Der andauernde rechtswidrige Zustand könne nicht weiter hingenommen werden. Ebenso wenig könne hingenommen werden, dass aufgrund der bestehenden Mängel an den Flucht- und Rettungswegen die Gesundheit bzw. das Leben der Veranstaltungsgäste wiederholt gefährdet würden. Um die bestehende Gefahr für die Gesundheit bzw. das Leben der Veranstaltungsgäste im Brandfall umgehend zu beheben, habe nach pflichtgemäßem Ermessen auf eine vorherige Anhörung nach Art. 28 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) verzichtet werden können. Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Das angedrohte Zwangsgeld orientiere sich der Höhe nach am wirtschaftlichen Interesse, das der Betreiber an der Nutzung habe.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Landratsamtes ... vom 14. Oktober 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen den vorbezeichneten, ihr mit Postzustellungsurkunde am 16. Oktober 2015 zugestellten Bescheid mit Schriftsatz vom 4. November 2015 Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2015 aufzuheben.

Zur Begründung ist im Wesentlichen vorgetragen, dass die Nutzungsuntersagung offensichtlich rechtswidrig sei. Das Bauvorhaben der Klägerin sei offensichtlich genehmigungsfähig. Überdies lägen Ermessensfehler vor. Die formelhafte Begründung des Bescheids sei unzureichend. Die Brandschutzproblematik sei beherrschbar. Auch könnten die Stellplätze auf den Baugrundstücken unproblematisch vorgehalten werden. Auch die Lärmschutzproblematik sei lösbar, weil die Besucher der Veranstaltungshalle nunmehr ausschließlich über den rückwärtigen Grundstücksbereich herangeführt würden. Überdies werde die Musikanlage verplombt. Auch müsse berücksichtigt werden, dass es sich lediglich um geschlossene Veranstaltungen handle.

Auf den weiteren Vortrag im Klageschriftsatz vom 4. November 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 16. März 2016 hat die Klägerin ihr Vorbringen ergänzt und vertieft. Sie hat insbesondere einen Brandschutznachweis I des Ing.-Büros ..., ..., vom 18. Dezember 2015 vorgelegt. Weiter beigefügt war eine schalltechnische Untersuchung des Ing.-Büros ..., ..., vom 16. März 2016, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Ein gegen den Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung gerichteter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (Az. Au 5 S 15.1640) blieb mit rechtskräftig gewordenem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 20. November 2015 ohne Erfolg. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird vollumfänglich verwiesen.

Das Landratsamt ... ist für den Beklagten der Klage mit Schriftsatz vom 11. November 2015 entgegengetreten und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Baugenehmigung über die Nutzung der Werkskantine für bis zu 350 Personen sei dem Beklagten nicht bekannt und sei auch trotz Aufforderung von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Die letzte Genehmigung für diesen Gebäudeteil datiere vom 29. Juni 1988 und beinhalte im fraglichen Gebäudeteil lediglich einen Pausenraum. Im Übrigen sei die Dringlichkeit der Nutzungsuntersagung schon aufgrund der Tatsache offensichtlich, dass beide Gebäudeteile trotz erteilter Nutzungsuntersagung weiterhin zu Veranstaltungszwecken genutzt würden. Zuletzt sei am 31. Oktober 2015 nach Aussage der Polizeiinspektion ... in der Werkskantine eine Veranstaltung mit ca. 550 bis 600 Personen durchgeführt worden. Das Landratsamt habe seine Ermessensausübung in angemessener Weise begründet. Die Begründung der sofortigen Vollziehung beruhe auf den hinreichend ausgeführten Gefahren für Veranstaltungsgäste, die sich im Brandfall in den Fluren bzw. Gängen aufhielten. Auf eine Anhörung habe gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG verzichtet werden können. Es sei der Klägerin von Seiten des Landratsamtes mehrfach telefonisch und mit Schreiben vom 30. September 2015 zuletzt auch schriftlich eindeutig mitgeteilt worden, dass nach dem 3. Oktober 2015 bis zur endgültigen Entscheidung über die Bauanträge keine Veranstaltungen mehr durchgeführt werden dürften. Hinzu kämen die noch nicht ausgeräumten Bedenken bezüglich der Nutzung der beanstandeten Flure bzw. Gänge.

Auf den weiteren Inhalt des Klageerwiderungsschriftsatzes des Beklagten vom 11. November 2015 wird ergänzend verwiesen.

Am 17. März 2016 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Die Klage ist unbegründet, da die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 14. Oktober 2015 in der Sache nicht zu beanstanden ist. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften genutzt werden.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung ist auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Zwar ist im Falle einer Anfechtungsklage, wie sie hier inmitten steht, dem Grunde nach die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend. Dieser Grundsatz wird jedoch bei Vorliegen eines Dauerverwaltungsaktes, der sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Sach- und Rechtslage erschöpft, durchbrochen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 42 ff.). Aus der Eigenschaft der Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt folgt, dass die Rechtmäßigkeit der Verfügung ständig zu kontrollieren ist. Im Fall einer Klageerhebung ist daher der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidend (BVerwG, B.v. 23.1.1998 - 4 B 132/88 - juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 24; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand: September 2015, Art. 76 Rn. 294).

a) Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere konnte nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) wegen Gefahr im Verzug von einer Anhörung abgesehen werden. Überdies wurde der Klägerin von Seiten des Beklagten letztmalig mit Schreiben vom 30. September 2015 schriftlich mitgeteilt, dass nach dem 3. Oktober 2015 bis zur endgültigen Entscheidung über die eingereichten Bauanträge keine Veranstaltungen mehr durchgeführt werden können.

b) Die Nutzung der ehemaligen Lagerhalle und Werkskantine auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... als Räume für die Durchführung von Veranstaltungen (Versammlungs- bzw. Vergnügungsstätte) erfolgt im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften, weil auch nach Vortrag der Klägerin eine baurechtliche Genehmigung hierfür nicht vorliegt. Für die betreffenden Räume wurde letztmalig am 29. Juni 1988 eine Baugenehmigung für die Werkserweiterung um Montage- und Sozialräume seitens des Beklagten erteilt. Bis zur Übernahme durch die Klägerin wurden die entsprechenden Räume als Werksgelände der Fa. ..., genutzt. Die insoweit vorhandenen Baugenehmigungen decken die derzeit von der Klägerin beabsichtigte Nutzung nicht. Hiervon geht letztlich auch die Klägerin aus, die mit Formblatt vom 5. März 2015 ein entsprechendes Baugenehmigungsverfahren zur Legalisierung der von ihr beabsichtigten Nutzungsänderung initiiert hat. Das diesbezügliche Baugenehmigungsverfahren ist im maßgeblichen Zeitpunkt unstreitig noch nicht zum Abschluss gelangt.

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagung genügt regelmäßig die formelle Illegalität (Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 282 m. w. N.). Allein der Verstoß gegen das formelle Baurecht rechtfertigt regelmäßig bereits den Erlass einer Nutzungsuntersagung. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Vereinbarkeit eines bestimmten Vorhabens bzw. einer bestimmten Nutzung mit dem öffentlichen Baurecht vor dessen tatsächlicher Realisierung in einem geordneten Genehmigungsverfahren geprüft wird und außerdem vermieden wird, dass sich derjenige, der eine ungenehmigte Nutzung aufnimmt, ungerechtfertigte Vorteile gegenüber gesetzestreuen Bürgern verschafft.

Ob die Nutzung dagegen materiellrechtlich genehmigungsfähig ist, spielt grundsätzlich nur dann eine Rolle, wenn die Genehmigungsfähigkeit offensichtlich ist. Dann scheidet eine Nutzungsuntersagungsverfügung im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung aus (Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 282). Daneben darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Nutzung nicht untersagt werden, wenn sie die Nutzung von Wohnraum betrifft, der für die Bewohner den alleinigen Mittelpunkt ihrer privaten Existenz bildet (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2608 - juris; B.v. 16.5.2008 - 9 ZB 07.3224 - juris). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Eine Nutzung von Wohnraum steht nicht in Streit. Darüber hinaus ist die Nutzung des fraglichen Gebäudes bzw. einzelner Räume für Zwecke der Durchführung von Veranstaltungen (insbesondere türkischen Hochzeiten) im maßgeblichen Zeitpunkt aber auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit scheitert derzeit insbesondere an der nicht abschließend geklärten Frage zureichenden Schallschutzes im Hinblick auf die umliegenden Gewerbe- und Wohnnutzungen. Zwar hat die Klägerin mittlerweile im Nachgang zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts im vorläufigen Rechtsschutz (Verfahren Az: Au 5 S 15.1640) unter dem 18. Dezember 2015 einen wohl den Anforderungen genügenden Brandschutznachweis I des Ingenieurbüros ..., vorgelegt, jedoch hat die Klägerin erst unter dem 16. März 2016 - dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung übergeben - eine weitere schalltechnische Untersuchung zur Nutzungsänderung der Lagerhalle und Kantine des Ingenieurbüros ..., vorgelegt. Im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung war es dem Beklagten nicht möglich, diese vorgelegte Untersuchung auf Plausibilität und fachliche Richtigkeit zu überprüfen. Nach den Aussagen des technischen Umweltingenieurs des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2016 bedarf das von der Klägerin vorgelegte Schallschutzgutachten vom 16. März 2016 insbesondere deshalb eingehender fachlicher Prüfung, da auch nach der Aussage des beauftragten Gutachters sich am als kritisch eingestuften Immissionsort 9 ein Summenpegel von 49,8 dB(A) errechnet, der nur geringfügig unter dem in Nr. 6.1 b) der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (TA Lärm) festgelegten Grenzwert liegt, der für festgesetzte Gewerbegebiete einen Immissionsrichtwert für Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden von 50 dB(A) nachts vorsieht. Auch das Gutachten vom 16. März 2016 führt auf S. 10 aus, dass mehrere Immissionsorte (Immissionsort 7, 8, 9 und 11) als kritisch angesehen werden. Der technische Umweltingenieur des Beklagten hat weiter ausgeführt, dass eine Genehmigung der beantragten Nutzungsänderung voraussichtlich allenfalls unter Festsetzung einer Vielzahl von Auflagen zum Schallschutz denkbar erscheine. Diese Auflagen müssten insbesondere auch das Verhalten der Veranstaltungsbesucher beim Verlassen der Veranstaltungsstätte betreffen. Weiter werde ein Bedarf für die Festlegung von Nebenbestimmungen zur Anordnung der erforderlich werdenden Stellplätze gesehen. Vor diesem Hintergrund einer eventuellen Genehmigungsfähigkeit allenfalls unter Festsetzung von immissionsschutzfachlichen Nebenbestimmungen zur sicheren Einhaltung der Immissionsrichtwerte nach TA Lärm kann zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit der beantragten Nutzungsänderung und einer Freigabe der Nutzung bereits vor Erteilen der entsprechenden Baugenehmigung gesprochen werden. Die Klägerin ist daher darauf zu verweisen, das entsprechende Baugenehmigungsverfahren weiter zu betreiben und dessen Abschluss abzuwarten.

c) Die vom Beklagten vorgenommenen Ermessenserwägungen sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung ist der Ausspruch eines Nutzungsverbots grundsätzlich eine ermessensgerechte Entscheidung (BayVGH, U.v. 13.3.2012 - 9 ZB 11.769 - juris Rn. 12); insoweit liegt ein sogenanntes intendiertes oder Regelermessen vor. Vorliegend hat der Beklagte in fehlerfreier Weise dem öffentlichen Interesse am Ausschluss einer Gefährdungslage Vorrang vor dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin eingeräumt. Da im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Fragen der schallschutztechnischen Vereinbarkeit des geplanten Bauvorhabens mit den umgebenden Nutzungen im maßgeblichen Bauquartier nicht zweifelsfrei geklärt sind, ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Nutzungsuntersagung auch nach Vorlage des Brandschutznachweises I durch die Klägerin weiterhin aufrecht erhält.

Die Anordnung der Nutzungsuntersagung konnte zu Recht gegen die Klägerin als Pächterin/Mieterin des betreffenden Grundstücks gerichtet werden (vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG). Die Auswahl der Klägerin als Adressatin der Nutzungsuntersagungsverfügung begegnet keinen Bedenken. Sie ist derzeit die Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über das Gebäude bzw. der betreffenden Räume. Auch ist die Klägerin diejenige, die das Gebäude entsprechend der beantragten Baugenehmigung künftig nutzen möchte.

Schließlich ist die Nutzungsuntersagungsanordnung auch nicht aufgrund eines der Klägerin zukommenden Vertrauensschutzes unverhältnismäßig. Die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde, auf die Einhaltung der öffentlichrechtlichen Vorschriften zu achten, kann nicht verwirkt werden. Daher steht der Klägerin ein die Nutzungsuntersagung hindernder Vertrauensschutz auch nicht deshalb zu, weil der Beklagte vor Erlass der streitgegenständlichen Nutzungsuntersagungsverfügung mehrere Einzelveranstaltungen der Klägerin bereits zugelassen hat. Eine ermessensfehlerfreie Anordnung einer Nutzungsuntersagung könnte allenfalls dann ausgeschlossen sein, wenn die Bauaufsichtsbehörde durch vorausgegangenes positives Tun einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Betroffenen geschaffen hat. Dies kann insbesondere durch eine Zusage durch Art. 38 BayVwVfG erfolgen, eine bauaufsichtliche Maßnahme nicht zu erlassen, die zu ihrer Wirksamkeit jedoch der Schriftform bedarf. In Betracht kommt jedoch auch ein über die bloße Untätigkeit hinaus gehendes besonderes Verhalten der Behörde, aufgrund dessen der Betroffene zu der Annahme berechtigt ist, dass die Behörde von der Befugnis zur Nutzungsuntersagung keinen Gebrauch (mehr) machen wird (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2000 - 2 ZB 00.723 - juris; Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 305). Vorliegend hat der Beklagte der Klägerin schriftlich unmissverständlich mitgeteilt, dass nach dem 3. Oktober 2015 die weitere Durchführung von Veranstaltungen ohne Genehmigung nicht mehr toleriert werden würde. Es wurde der Klägerin ausdrücklich der Erlass einer Nutzungsuntersagung angekündigt. Darüber hinaus hat der Beklagte nicht schriftlich nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zugesichert, die Nutzungsuntersagung nach Vorlage eines Brandschutznachweises bzw. eines weiteren Schallschutzgutachtens aufzuheben.

2. Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 und 2, Art. 36 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VwZVG. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden. Es erscheint unter Berücksichtigung der Einnahmemöglichkeiten der Klägerin aus der Durchführung größerer Veranstaltungen angemessen (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG). Das Zwangsgeld soll das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterlassen der Handlung hat, erreichen. Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, so kann die Behörde das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen nach pflichtgemäßem Ermessen schätzen (Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG). Anhaltspunkte für einen Verstoß hiergegen liegen nicht vor und wurden auch von Seiten der Klägerin nicht geltend gemacht.

3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. Nr. 9.4 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.