Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 20. Juli 2016 - Au 4 K 16.302

bei uns veröffentlicht am20.07.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Androhung der Ersatzvornahme hinsichtlich der ihr aufgegebenen Verpflichtung zur Vorhaltung einer Brandsicherheitswache in einem zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzten Gebäude.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines im Außenbereich gelegenen, früher als „Landgasthof ...“ genutzten Gebäudes auf der Fl.Nr. ... Gemarkung ... Mit Baugenehmigung vom 16. Februar 1982 war - mit zahlreichen Auflagen zum Brandschutz - der „Umbau und Erweiterung des bestehenden Gasthauses und Neubau von sechs Reihengaragen“ genehmigt worden. Das Gebäude wurde mit Beherbergungsvertrag vom 15. /18. September 2014 an den Landkreis ... vermietet. Gemäß § 2 des Beherbergungsvertrages verpflichtet sich der Landkreis, den Mietgegenstand zur Unterbringung von Flüchtlingen in einem bestehenden Beherbergungsbetrieb zu nutzen.

Eine erstmalige Begehung und Beurteilung der brandschutztechnischen Probleme fand am 26. August 2014 statt. Die darüber gefertigte Aktennotiz (Bl. 15 ff. der Behördenakten) bezeichnet zahlreiche brandschutztechnische Mängel; diese beruhten fast ausschließlich auf der nicht ordnungsgemäßen Bauausführung aus dem Jahre 1982. Als vorrangig werde die Abtrennung der Treppenräume angesehen. Es werde empfohlen, die erforderlichen Maßnahmen aus einem ganzheitlichen Brandschutznachweis heraus zu entwickeln.

Eine weitere Begehung mit Vertretern der Klägerin sowie durch Mitarbeiter des Landratsamtes ... fand am 16. Oktober 2014 sowie am 21. Oktober 2014 statt. Ausweislich der Aktennotiz vom 21. Oktober 2014 wurden die am 16. Oktober 2014 für erforderlich erklärten Sofortmaßnahmen nicht ausreichend ausgeführt (Bl. 20 der Behördenakten).

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2014 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass Mängel im Brandschutz vorlägen und insbesondere die Rettungswege mangelhaft seien. Vor einer Belegung des Hauses seien Sofortmaßnahmen auszuführen, um Mindestanforderungen an den Brandschutz zu gewährleisten.

Nachdem am 28. Oktober 2014 erneut eine Begehung der Unterkunft durchgeführt und festgestellt worden war, dass die Nutzung mit ca. 25 Personen, davon 10 bis 15 Kinder, aufgenommen worden war, stellte das Landratsamt erneut fest, dass die aus seiner Sicht erforderlichen Sofortmaßnahmen nicht durchgeführt worden seien. Daraufhin erließ das Landratsamt am 31. Oktober 2014 folgenden Bescheid:

1. Die Firma ... GmbH, ..., vertreten durch Herrn ..., wird verpflichtet, die nicht erfüllten baulichen Mindestanforderungen an die Beherbergungsstätte (Asylsuchendenunterkunft) durch eine ununterbrochen im Gebäude anwesende Brandsicherheitswache zu kompensieren. Die Brandsicherheitswache hat im Gefahrenfall alle Bewohner des Gebäudes zu informieren und für eine schnelle und reibungslose Entfluchtung zu sorgen. Die Brandsicherheitswache ist aufrecht zu erhalten, bis die unter Punkt 2 angeordneten Sofortmaßnahmen vollständig ausgeführt sind.

2. Die Firma ... GmbH, ..., vertreten durch Herrn ..., wird verpflichtet, folgende bauliche Sofortmaßnahmen vorzunehmen:

1. Einbau ordnungsgemäßer Türen zwischen Treppenraum und notwendigen Fluren (Rauchabschluss),

2. Anbringen von Rettungswegbeschilderung in den Fluren,

3. Anbringen von Rettungswegplänen in allen Beherbergungszimmern,

4. Anbringen von Sicherheitsbeleuchtung inkl. Sicherheitsstromversorgung in den Fluren und Treppenräumen,

5. Freihalten von Rettungswegen mit ungehinderten Ausgängen ins Freie,

6. Einbau einer Alarmierungseinrichtung für Bewohner.

3. Für den Fall, dass die Firma ... GmbH, ..., vertreten durch Herrn ..., der Verpflichtung aus der Nr. 1 dieses Bescheids bis zum 7. November 2014 nicht nachkommt wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR zur Zahlung fällig.

4. Für den Fall, dass die Firma ... GmbH, ..., vertreten durch Herrn ..., einer der Verpflichtungen aus der Nr. 2 dieses Bescheids bis zum 17. November 2014 nicht nachkommt wird je Verstoß ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR zur Zahlung fällig.

5. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 dieses Bescheides wird im öffentlichen Interesse angeordnet.

Die Anordnung stützte sich auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO in Verbindung mit diversen Bestimmungen der Beherbergungsstättenverordnung (BStättV). Die verfügten Maßnahmen seien für eine schnelle, zielgerichtete und sichere Flucht erforderlich und stellten ein Mindestmaß an Vorkehrungen dar, die für die Lebensrettung von Bewohnern unabdingbar seien. Da die genannten Anforderungen allesamt nicht eingehalten seien, werde übergangsweise, bis alle baulichen Sofortmaßnahmen (Ziffer 2 des Bescheides) erfüllt seien, der Einsatz einer Brandsicherheitswache angeordnet. Ein Einschreiten des Landratsamts sei geboten, da aufgrund der Mängel in den Flucht- und Rettungswegen derzeit keine sichere Entfluchtung des Gebäudes möglich sei, zudem die Bewohner neu in dem Gebäude seien und eine selbstständige Entfluchtung aufgrund der größeren Anzahl an Kindern nicht gewährleistet sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.

Mit Schreiben bzw. Bescheid des Landratsamtes vom 20. November 2014 wurden die mit Bescheid vom 31. Oktober 2014 angedrohten Zwangsgelder in Höhe von 1.500,00 EUR wegen Nichtdurchführung der Sofortmaßnahmen und der Nichtvorhaltung einer Brandsicherheitswache fällig gestellt. Ferner wurde für den Fall der Nichteinhaltung der Verpflichtung aus Nr. 1 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR, für den Fall der Nichteinhaltung der Verpflichtung aus Nr. 2 dieses Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR angedroht.

Gegen die Bescheide vom 31. Oktober 2014 und vom 20. November 2014 ließ die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben (Au 4 K 14.1722; Au 4 K 14.14.1723). Ferner stellte die Klägerin einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der beiden Klagen (Au 4 S 14.1866; Au 4 S 14.1867).

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. Januar 2015 wurde die aufschiebende Wirkung bezüglich Ziffer 2 des Bescheides vom 20. November 2014 angeordnet. Im Übrigen wurden die Anträge abgelehnt. Die aufschiebende Anordnung hinsichtlich Nr. 2 des Bescheides vom 20. November 2014 wurde angeordnet, da nicht jeweils bezüglich der einzelnen Maßnahmen ein gesondertes Zwangsgeld für den Fall der Nichterfüllung angedroht worden war und damit die Regelung als nicht hinreichend bestimmt angesehen wurde. Die von der Klägerin eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. April 2015 (2 CS 15.315) zurückgewiesen.

Mit Schreiben bzw. Bescheid des Landratsamts vom 29. Januar 2015 wurde das mit Bescheid vom 20. November 2014 angedrohte Zwangsgeld fällig gestellt und für den Fall der Nichteinhaltung der Verpflichtung aus Nr. 1 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 bis zum 15. Februar 2015 ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR angedroht.

Mit Schreiben bzw. Bescheid des Landratsamtes vom 23. Juni 2015 wurde das mit Bescheid vom 29. Januar 2015 angedrohte Zwangsgeld fällig gestellt und für den Fall der Nichteinhaltung der Verpflichtung aus Nr. 1 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 bis zum 8. Juli 2015 ein Zwangsgeld in Höhe von 6.000,00 EUR angedroht.

Die Klägerin ließ auch bezüglich der Schreiben bzw. Bescheide vom 29. Januar 2015 und vom 23. Juni 2015 jeweils Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben (Au 4 K 15.275; Au 4 K 15.1127).

Bereits am 30. April 2015 hatte das Landratsamt eine Baukontrolle durchgeführt. Gemäß dem darüber gefertigten Bericht wurde dabei festgestellt, dass selbstleuchtende Fluchtwegpiktogramme in den Fluchtwegen eingebaut worden seien. Zudem seien Rauchwarnmelder in den Fluchtwegen installiert worden. Ob diese miteinander vernetzt seien, sei nicht ersichtlich gewesen. Eine Brandmeldeanlage sei dies allerdings nicht. Da die einzelnen Zimmer nicht begangen werden dürften, habe nicht festgestellt werden können, ob hier Rauchwarnmelder eingebaut worden seien. Treppenraumabschlüsse seien immer noch nicht vorhanden.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2015 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, dass eine Bescheinigung Brandschutz I am 1. Juli 2015 eingegangen sei. Diese beziehe sich nur auf den Dachgeschossausbau und nicht auf die bestehenden, zur Unterbringung von Asylsuchenden genutzten Räumlichkeiten im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss. Im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss bestünden noch immer wesentliche Mängel im Brandschutz. Bis zur Vorlage entsprechender Bescheinigungen (Brandschutz I und Brandschutz II für Erdgeschoss und Obergeschoss) seien die angeordneten Maßnahmen samt angedrohtem Zwangsgeld weiterhin vollumfänglich umzusetzen.

Unter dem 26. August 2015 wurde seitens eines von der Klägerin beauftragten Prüfsachverständigen für vorbeugenden Brandschutz eine Bestätigung erstellt, wonach das Brandschutzkonzept von ... vom 7. April 2015 zum gesamten Hotel als vollständig und richtig bestätigt worden sei.

Mit Schreiben vom 16. September 2015 wiesen die Klägerbevollmächtigten das Landratsamt darauf hin, dass diesem zwischenzeitlich das ergänzte Brandschutzkonzept und die Bescheinigung Brandschutz I vorlägen. Aus beiden Dokumenten gehe hervor, dass sie für das Gesamtgebäude gälten. Die vom Landratsamt angeordneten Maßnahmen seien Großteils umgesetzt worden. Lediglich der Einbau der restlichen Brandschutztüren und der Außenspindeltreppe stehe noch aus. Diese seien bereits bestellt, urlaubsbedingt aber noch nicht geliefert worden. Was die Alarmierungseinrichtung für die Bewohner anbelange, halte das Brandschutzkonzept die bereits eingebauten Brandwarnmelder für ausreichend. Unter anderem im Hinblick hierauf seien die Forderung nach einer Brandwache und die Androhung von Zwangsgeldern nicht mehr geboten.

Am 28. Oktober 2015 führte das Landratsamt eine weitere Baukontrolle durch. Gemäß dem dazu gefertigten Bericht hätten sich gegenüber der Baukontrolle vom 30. April 2015 keine neuen Erkenntnisse ergeben. Es seien keine weiteren Baumaßnahmen durchgeführt worden. Noch immer fehlten die Treppenraumabschlüsse.

Termin zur mündlichen Verhandlung in allen vier Klageverfahren (Au 4 K 14.1722; Au 4 K 14.1723; Au 4 K 15.275; Au 4 K 15.1127) war anberaumt für den 2. Dezember 2015. Am 1. Dezember 2015 nahmen die Klägerbevollmächtigten sämtliche Klagen zurück. Die Klageverfahren wurden mit Beschluss vom 2. Dezember 2015 eingestellt.

Mit E-Mail-Schriftverkehr vom 1. Dezember 2015 teilte das Landratsamt den Klägerbevollmächtigten zunächst mit, dass für den Fall der Vorlage der Bescheinigung Brandschutz II eine Durchsetzung der Auflagen aus dem Bescheid vom 31. Oktober 2014 und den Folgebescheiden nicht erfolgen werde. Anschließend übermittelten die Klägerbevollmächtigten dem Landratsamt eine Bestätigung eines Prüfsachverständigen für vorbeugenden Brandschutz, dass dieser das Brandschutzkonzept für das gesamte Hotel geprüft habe. Darauf teilte das Landratsamt den Klägerbevollmächtigten mit, dass der Nachweis Brandschutz I in Verbindung mit dem konkretisierenden Schreiben des Prüfsachverständigen als erbracht gelte. Um zeitnahe Übermittlung der Bestätigung Brandschutz II werde gebeten.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, die Bestätigung, dass der Brandschutznachweis I als erbracht gelte, bedeute, dass der Brandschutznachweis für das Gebäude vollständig und richtig sei. Da die Bescheinigung Brandschutz II nicht, wie erbeten, zeitnah übermittelt worden sein, werde gebeten, diese bis spätestens 15. Januar 2016 vorzulegen. Sollte dies nicht geschehen, würden die Forderungen aus den früheren Bescheiden wieder aufleben.

Nachdem die Bescheinigung von der Klägerin nicht vorgelegt wurde, führte das Landratsamt am 18. Januar 2016 eine weitere Baukontrolle durch. Gemäß dem dazu gefertigten Bericht hätten sich gegenüber den Baukontrollen vom 30. April und vom 28. Oktober 2015 keine neuen Erkenntnisse ergeben. Es seien keine weiteren Baumaßnahmen durchgeführt worden. Noch immer fehlten die Treppenraumabschlüsse. Eine Brandsicherheitswache sei nicht anzutreffen gewesen.

Am 21. Januar 2016 erließ das Landratsamt folgenden Bescheid, der den Klägerbevollmächtigten am 27. Januar 2016 zugestellt wurde:

1. Falls die ... GmbH, vertreten durch Herrn ..., die Verpflichtung zur Vorhaltung einer Brandsicherheitswache in dem Gebäude ... nicht ab spätestens 5.2.2016 erfüllt, wird das Landratsamt ... die Vorhaltung einer Brandsicherheitswache auf ihre Kosten vornehmen lassen; die Ersatzvornahme wird angedroht

2. Der Kostenbetrag der Ersatzvornahme wird vorläufig auf 4.000,00 € pro angefangener Kalenderwoche veranschlagt; dieser Betrag wird bereits vor Durchführung der Ersatzvornahme fällig.

Zur Begründung wurde insbesondere auf die Baukontrolle vom 18. Januar 2016 verwiesen. Angesichts des bisherigen Geschehensablaufs lasse ein weiteres Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten. In einem solchen Fall sei nach Art. 32 Satz 2 VwZVG die Ersatzvornahme zulässig, die gem. Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG schriftlich anzudrohen sei. Die gesetzte Frist bis 5. Februar 2016 sei angemessen. Die Klägerin habe am 21. Januar 2016 telefonisch Baumaßnahmen angekündigt. Nachdem jedoch frühere Ankündigungen oftmals nicht umgesetzt worden seien, bestehe keine Veranlassung, auf die fristgerechte Umsetzung der Maßnahmen zu vertrauen.

Hiergegen ließ die Klägerin am 29. Februar 2016 die vorliegende Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragen:

Der Bescheid des Beklagten vom 21.1.2016 (Az. ...) wird aufgehoben.

Bereits mit E-Mail vom 5. Februar 2016 erteilte das Landratsamt einem Sicherheitsunternehmen den Auftrag für eine 24-stündige Brandsicherheitswacht. Diese solle schnellst möglich veranlasst werden. Hinsichtlich der Dauer werde aktuell von 2 bis 3 Wochen ausgegangen. Bis dahin wolle das Landratsamt das Gebäude räumen und die Asylsuchenden woanders unterbringen. Die weitere Planung bzw. Beauftragung solle daher von Woche zu Woche geregelt werden.

Am 8. Februar 2016 führte das Landratsamt einen Vororttermin mit dem Fachberater für Brand- und Katastrophenschutz im Sachgebiet „Sicherheit und Ordnung“ bei der Regierung von Schwaben durch. Es stellte fest, dass weiterhin keinerlei Baufortschritt hinsichtlich der Brandschutzmaßnahmen ersichtlich seien. Eine Brandsicherheitswache sei nicht vor Ort gewesen. Der Fachberater sei nach Durchsicht der Pläne und einem Rundgang zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich um eine bauliche Situation mit erheblicher Gefahr für Leben und Gesundheit handele. Bei einem Brandereignis würden regelmäßig beide notwendigen baulichen Rettungswege (Treppenräume) verrauchen und ausfallen. Rettungsgeräte der Feuerwehr könnten hier nicht angerechnet werden.

Am 22. Februar 2016 erließ das Landratsamt eine Nutzungsuntersagung für das 1. und das 2. Obergeschoss des Gebäudes. Hiergegen erhob die Klägerin am 7. März 2016 ebenfalls Klage (Au 4 K 16.358).

Mit Schreiben vom 10. März 2016 teilte das Landratsamt den Klägerbevollmächtigten mit, der tatsächliche Kostenaufwand für die Ersatzvornahme (Brandsicherheitswache vom 9.2.2016, 9.00 h bis 18.2.2016, 12.00 h) betrage insgesamt 5.914,30 €. Da bereits 4.000,- € in Rechnung gestellt worden seien, seien noch 1.914,30 € nachzufordern. Angesichts der erhobenen Klage werde die Nachforderung jedoch bis zum Abschluss des Klageverfahrens ausgesetzt.

Mit Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 29. Juni 2016 wurden beide Klagen (Au 4 K 16 302; Au 4 K 16.358) begründet. Die Klägerin verwies auf eine von ihr eingeholte Stellungnahme eines Sachverständigen für den baulichen, anlagentechnischen und organisatorischen Brandschutz (Prof. ...) vom 28. November 2014, wonach aus fachtechnischer Sicht keine erhebliche Gefahr zu erkennen sei, die besondere Sicherheitsmaßnahmen, wie z. B. die Forderung nach einer Brandwache für den Betrieb des Objekts rechtfertigen würde.

Unabhängig hiervon seien die im Bescheid vom 31. Oktober 2014 geforderten Maßnahmen von der Klägerin wie folgt umgesetzt worden:

- Anbringen von Rettungswegbeschilderung in den Fluren

sowie

- Anbringung von Sicherheitsbeleuchtung inkl. Stromversorgung in den Fluren und Treppenräumen

o Umsetzung im November 2014

- Freihalten von Rettungswegen mit ungehindertem Ausgang ins Freie

o Umsetzung unmittelbar nach dem Bescheid vom 31. Oktober 2014. Insoweit habe es auch keine späteren Monierungen seitens der Beklagten gegeben

- Einbau ordnungsgemäßer Türen zwischen Treppenraum und notwendigen Fluren

o Baumaßnahmen an einzelnen Brandschutztüren sowie damit im Zusammenhang stehend eine brandschutztechnische Ertüchtigung von Decken und Wänden im Oktober und November 2014

o Im Übrigen weitere Umbauten und Einbau der letzten, noch fehlenden Brandschutztüren am 17. und 18. Februar 2016

- Einbau einer Alarmierungseinrichtung für die Bewohner

o Rauchwarnmelder seien im September 2015 installiert worden

Damit seien, mit Ausnahme von Einzelmaßnahmen (Einbau der letzten fehlenden Brandschutztüren), alle im Bescheid vom 31. Oktober 2014 geforderten Maßnahmen bereits 2014 und 2015 umgesetzt worden.

Zudem habe die Klägerin mit Datum vom 17. Juni 2015 ein Brandschutzkonzept vorgelegt. Danach hielten die vorhandenen Wände, Decken und Dächer die gesetzlichen Mindestanforderungen ein. Gleiches gelte für die notwendigen Treppenräume und Flure. Hinsichtlich der geplanten und zwischenzeitlich auch umgesetzten Ausgestaltung der Öffnungen und Verglasungen (im wesentlichen Türen) sehe das Brandschutzkonzept die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für gegeben an bzw. würden die Vorgaben durch andere Maßnahmen kompensiert. Ferner würden Rauchwarnmelder in allen Räumen ausreichend gesehen, wie sie auch seit September 2015 installiert seien. Ein Prüfsachverständiger für vorbeugenden Brandschutz, Herr ..., habe die Vollständigkeit und Richtigkeit des Brandschutznachweises ausdrücklich zum gesamten Hotel bestätigt. Zusätzlich zu den beauflagten Maßnahmen habe die Klägerin zudem eine Außen-Fluchttreppe errichtet. Diese sei ausreichend breit und erfülle auch im Übrigen alle Vorgaben an Fluchttreppen.

Nachdem die Erstellung der Bescheinigung Brandschutz II nur im Zusammenhang mit Neubaumaßnahmen oder einer sonstigen genehmigungspflichtigen Maßnahme möglich sei, ein solcher aber bei dem vorliegenden Bestandsgebäude nicht vorliege, sei der Prüfsachverständige ... mit der Erstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung für das Gesamtobjekt beauftragt worden. Dieser habe am 13. Mai 2016 angekündigt, die Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Nutzung der Räume im EG und OG sowie im östlichen DG bis Ende Mai 2016 vorzulegen. Die Bescheinigung stünde wegen terminlicher Engpässe des Sachverständigen bis heute aus.

Herr ... habe zudem gegenüber der Klägerin telefonisch am 25. oder 26. Februar 2016 bestätigt, dass er aufgrund seiner bereits 2015 erfolgten Besichtigungen des Objekts bestätigen könne, dass eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für das gesamte Objekt erstellt werden könne. Im Rahmen eines Vor-Ort-Termins am 28. April 2016 habe er darüber hinaus mitgeteilt, dass die Nutzung des Objekts brandschutztechnisch bereits 2015 unbedenklich gewesen sei.

Das Gebäude der Klägerin sei baurechtlich genehmigt. Solange eine Baugenehmigung nicht vollziehbar zurückgenommen worden oder inhaltlich geändert worden sei, könne die Bauaufsichtsbehörde nicht geltend machen, dass die genehmigte Nutzung nicht dem materiellen Baurecht entspreche. Gegen formal legal errichtete bauliche Anlagen könne nur eingeschritten werden, wenn von diesen eine konkrete Gefahr ausgehe. Eine solche Gefahr sei vorliegend aber nicht gegeben.

Zudem verhalte sich der Beklagte widersprüchlich, wenn er von einer zulässigen Nutzung des Objekts dann ausgehe, wenn eine Brandsicherheitswache vorgehalten werde und für eine solche im Wege der Ersatzvornahme sorge, gleichzeitig aber eine Nutzungsuntersagung verfüge. Der Beklagte habe vielmehr im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung prüfen müssen, welche Maßnahme zur Abwehr einer - hier ohnehin nicht vorliegenden - Gefahr zu ergreifen sei, an statt ins Blaue hinein eine Mehrzahl an Maßnahmen zu treffen, die weder notwendig, sondern widersprüchlich seien.

Der Beklagte legte mit Schreiben vom 11. April 2016 die Behördenakten vor, äußerte sich vor der mündlichen Verhandlung jedoch nicht schriftlich.

In der gemeinsam mit dem Verfahren Au 4 K 16.358 durchgeführten mündlichen Verhandlung am 6. Juli 2016 bat die Klägerbevollmächtigte bezüglich des vorliegenden Verfahrens wegen der Androhung der Ersatzvornahme um Einräumung einer Schriftsatzfrist von 10 Tagen, um mit ihrer Mandantin Rücksprache über das Ergebnis der mündlichen Verhandlung nehmen zu können. Sollte sich die Klägerin nicht zu einer Klagerücknahme entschließen können, wurde auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet.

Vorsorglich stellte die Klägerbevollmächtigte den Antrag aus dem Klageschriftsatz vom 29. Februar 2016 auf Aufhebung des Bescheids vom 21. Januar 2016.

Der Beklagtenvertreter beantragte die

Abweisung der Klage.

Eine Reaktion der Klägerseite binnen der eingeräumten Schriftsatzfrist erfolgte nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (einschließlich der Verfahren Au 4 K 14.1722; Au 4 K 14.1723; Au 4 K 15.275; Au 4 K 15.1127; Au 4 S 14.1866; Au 4 S 14.1867) und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Nachdem die der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2016 eingeräumte Frist ereignislos verstrichen ist, konnte mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 21. Januar 2016 betreffend die Androhung der Ersatzvornahme ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Androhung der Ersatzvornahme sind Art. 36, 32 BayVwZVG.

Der gem. Art. 19 Abs. 1 BayVwZVG erforderliche vollstreckbare Verwaltungsakt liegt vor. Der (Ausgangs-) Bescheid des Beklagten vom 31. Oktober 2014 ist mit der Rücknahme der Klage im Verfahren Au 4 K 14.1722 bestandskräftig geworden; er kann nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayVwZVG). Überdies hatten sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG). Angesichts der abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren bezüglich des Bescheids vom 31. Oktober 2014 (nebst der folgenden weiteren Zwangsgeldandrohungen und -fälligstellungen) ist für das vorliegende Verfahren unerheblich, ob der Klägerin die darin enthaltenen Verpflichtungen zu Recht auferlegt wurden. Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 BayVwZVG kann eine Androhung eines Zwangsmittels, wenn diese - wie hier - nicht mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt verbunden und dieser unanfechtbar geworden ist, nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird. Einwendungen gegen den unanfechtbaren Grundverwaltungsakt sind damit ausdrücklich ausgeschlossen (BayVerfGH, E. v. 24.1.2007 - Vf. 50-VI-05 - juris Rn. 53).

Auf die von der Klägerin im vorliegenden Verfahren wiederum aufgeworfene Frage, ob das Gebäude eine formal legal errichtete Anlage darstellt und ob von dieser eine konkrete Gefahr ausgeht, kommt es daher zunächst nicht an, denn diese Einwendungen betreffen die Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Grundverwaltungsakts vom 31. Oktober 2014. Gleiches gilt für die von der Klägerin erneut vorgelegte Stellungnahme des von ihr beauftragten Sachverständigen Prof. ... vom 28. November 2014. Abgesehen davon sind sowohl die Kammer (B. v. 16.1.2015 - Au 4 K 14.1866 u. a.) als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B. v. 16.4.2015 - 2 CS 15.315) im Ausgangsverfahren entgegen dem seinerzeitigen Vorbringen der Klägerin von einer konkreten Gefahr ausgegangen.

Die Klägerin hat die ihr mit dem Bescheid vom 31. Oktober 2014 auferlegten Verpflichtungen nicht (vollständig) erfüllt (vgl. Art. 19 Abs. 2, Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG). Ziffer 1 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 verpflichtet die Klägerin zur Vorhaltung einer Brandsicherheitswache in dem fraglichen Gebäude. Unstreitig und vom Beklagten mehrfach dokumentiert (vgl. vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zuletzt Baukontrollbericht vom 19.1.2016, Bl. 133 der Behördenakten) war zu keinem Zeitpunkt eine Brandsicherheitswache in dem Gebäude anzutreffen. Da allerdings Ziffer 1, Satz 3 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 die Verpflichtung betreffend die Brandschutzwache an die vollständige Ausführung der in Ziffer 2 des Bescheids aufgeführten sechs Sofortmaßnahmen knüpft, kommt es vorrangig auf die Umsetzung dieser Maßnahmen an. Vorliegend fehlt es an einer vollständigen Umsetzung jedenfalls der Maßnahmen in Ziffern 2.1 und 2.6 des Bescheids vom 31. Oktober 2014.

Hinsichtlich Ziffer 2.1 des Bescheids ist unerheblich, dass die Klägerin (Klagebegründung, S. 5) geltend macht, „die letzten, noch fehlenden Brandschutztüren“ am 17. und 18. Februar 2016 eingebaut zu haben. Eine (nunmehr) vollständige Erfüllung von Ziffer 2.1 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 wäre jedenfalls erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt eingetreten. Für die - hier vorliegende - Anfechtungsklage gilt im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes (vgl. BVerwG, U. v. 11.7.2011 - 8 C 12/10 - juris Rn. 15). Eine abweichende Regelung lässt sich den einschlägigen Vorschriften des BayVwZVG nicht entnehmen. Die Erfüllung der angedrohten Verpflichtung nach Ablauf der in der Androhung bestimmten Frist (5.2.2016), wie sie hier die Klägerin in der Sache anführt, ist allein für die Frage relevant, ob, wie oft und wie lange das angedrohte Zwangsmittel angewendet werden kann (vgl. Art. 37 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 BayVwZVG; vgl. auch BayVGH, U. v. 6.12.1993 - 4 B 92.2666 - juris Rn. 13).

Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich vielmehr, dass vor Erlass der streitgegenständlichen Androhung und auch vor Ablauf der darin bestimmten Frist die Verpflichtung aus Ziffer 2.1 des Bescheids eben nicht vollständig umgesetzt war. Der von ihr vorgelegten Rechnung (Anlage 5 zur Klagebegründung) lässt sich entnehmen, dass am 17. /18. Februar 2016 neun Türen eingebaut wurden, d. h. dass diese bis zu diesem Zeitpunkt gefehlt haben.

Ferner hat die Klägerin Ziffer 2.6 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 nicht bzw. nicht vollständig umgesetzt. Die Ziffer verlangt den Einbau einer Alarmierungseinrichtung für Bewohner. Die Klägerin ist der Auffassung, diese Verpflichtung mit der Installation von Rauchwarnmeldern erfüllt zu haben (Klagebegründung, S. 5). Dies ist nicht der Fall. Aus den Gründen des Ausgangsbescheids vom 31. Oktober 2014 ergibt sich (S. 4), dass die Alarmierungseinrichtung der Information von Bereichen dient, die noch keine Auswirkungen eines ausgebrochenen Brandes spüren (Rauch, Hitze; zur Maßgeblichkeit der Gründe eines Verwaltungsakts bei dessen Auslegung vgl. etwa BayVGH, B. v. 3.12.2013 - 8 ZB 12.2086 - juris Rn. 13). Dieser Zweck kann mit bloßen Rauchwarnmeldern nicht erreicht werden. Dementsprechend hat der Beklagte bereits bei einer Baukontrolle am 30. April 2015 zwar Rauchwarnmelder in den Fluchtwegen festgestellt, hierzu jedoch angemerkt, dass dies keine Brandmeldeanlage sei (Baukontrollbericht vom 30.4.2015, Bl. 92 der Behördenakten). Selbst das von der Klägerin in Auftrag gegebene Brandschutzkonzept hält als Kompensation (Nr. 5.2.3, S. 29) vernetzte Rauchwarnmelder zur frühzeitigen Alarmierung der Person im Gebäude für notwendig, so dass eine umfassende Alarmierung im gesamten Gebäude gewährleistet sei. Insoweit ergibt sich auch aus dem Konzept gerade nicht, dass die in Nr. 4 genannten Rauchwarnmeldern (vgl. Art. 46 Abs. 4 BayBO) ausreichend sind, anderenfalls hierauf in Nr. 5.2.3 Bezug genommen hätte werden müssen. Für eine Vernetzung der Rauchwarnmelder, so dass wenigstens der Sache nach eine Alarmierungseinrichtung vorliegen könnte, hat die Klägerin nichts vorgetragen. Der Beklagte hat jedenfalls bei der Baukontrolle am 30. April 2015 eine Vernetzung nicht feststellen können; gegenteiliges ist auch später nicht festgestellt worden. Damit ist davon auszugehen, dass Ziffer 2.6 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 ebenfalls nicht umgesetzt wurde.

Auch die weiteren Voraussetzungen für die Androhung der Ersatzvornahme lagen vor. Soweit sich die Klägerin auf das Nichtvorliegen einer konkreten Gefahr sowie auf die Untersuchungen und Stellungnahmen der von ihr beauftragten Brandschutzsachverständigen beruft, mag zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, dass sie insoweit im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 3 BayVwZVG eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst wegen Unverhältnismäßigkeit behauptet (vgl. Art. 29 Abs. 3 BayVwZVG). Von Unverhältnismäßigkeit ist jedoch nicht auszugehen.

Bereits im Ausgangsverfahren hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass die Anordnung einer Brandsicherheitswache in Ziffer 1 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 nicht unverhältnismäßig ist (BayVGH, B. v. 16.4.2015 - 2 CS 15.315 - Rn. 11). Die Anordnung diene der Sicherstellung des Brandschutzes bis zur vollständigen Erfüllung der Anordnungen unter Ziffer 2 und damit der Abwehr von erheblichen, konkreten Gefahren für Leben und Gesundheit der Bewohner des Gebäudes. Da die Klägerin schon nach ihrem eigenen Vortrag erst nach der Erlass der streitgegenständlichen Androhung und nach Erlass der darin bestimmten Frist die verbleibenden Türen - in nicht unerheblicher Zahl - gem. Ziffer 2.1 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 eingebaut und zudem Ziffer 2.6 des Bescheids nicht erfüllt hat, ergibt sich hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit keine andere Bewertung als im Ausgangsverfahren.

Aus dem von der Klägerin in Auftrag gegebenen Brandschutzkonzept (Stand 17.6.2015) ergibt sich keine andere Bewertung, selbst wenn dieses, wie die Klägerin unter Berufung auf den von ihr beauftragten Sachverständigen ... vorträgt, für das gesamte Hotel gelten soll. Denn aus dem Konzept ergibt sich gerade nicht, dass das Gebäude im Ist-Zustand - bzw. in dem Zustand, in dem es die von der Klägerin beauftragten Sachverständigen geprüft haben - bereits sämtlichen Brandschutzanforderungen genügt. Vielmehr stellt das Konzept (Abschnitt 5) diverse Abweichungen fest und schlägt Kompensationen vor. Gemäß Abschnitt 7 wird für die Abweichungen von einzelnen öffentlich-rechtlichen Vorschriften Antrag auf Genehmigung einer Abweichung (Art. 63 BayBO) gestellt, weil die Schutzziele mit anderen Maßnahmen erreicht würden bzw. keine Bedenken wegen des Brandschutzes bestünden (Kompensation entsprechend Abschnitt 5). Dass die Klägerin die von ihren Sachverständigen selbst für nötig gehaltenen Abweichungen beantragt hätte oder diese bauaufsichtlich gar gewährt worden wären, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr sticht aus dem Brandschutzkonzept hervor, dass dieses als Kompensation zum einen (Nr. 5.2.2) die Herstellung von rauchdichten Türen zu den Treppenräumen in den Obergeschoßen und zum anderen (Nr. 5.2.3) den Einbau vernetzter Rauchwarnmelder für erforderlich hält. Damit halten die Sachverständigen der Klägerin ähnliche Maßnahmen für erforderlich, wie sie der Beklagte in Ziffern 2.1 und 2.6 des Ausgangsbescheids vom 31. Oktober 2014 angeordnet hat, ohne dass die Klägerin diese im maßgeblichen Zeitpunkt (vollständig) umgesetzt hätte.

Insoweit konsequent hat der von der Klägerin beauftragte Sachverständige ... bislang weder eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ noch die Bescheinigung „Brandschutz II“ (ordnungsgemäße Bauausführung) ausgestellt. Dessen bloße Ankündigung, eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ alsbald auszustellen, können diese nicht ersetzen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch nichts aus der klägerseits vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Lebensgefährtin des Geschäftsführers der Klägerin, wonach der Sachverständige ... am 28. April 2016 (offenbar mündlich) geäußert habe, die Nutzung des Objekts sei brandschutztechnisch bereits 2015 unbedenklich gewesen. Da die Klägerin ihrem eigenen Vortrag zu folge noch während des Jahres 2015 Maßnahmen am Gebäude durchgeführt hat, ist bereits nicht nachvollziehbar, auf welchen Zeitpunkt sich diese Aussage bezieht. Insbesondere aber ist unerklärlich, dass Herr ... im Jahr 2016 rückblickend von einer Unbedenklichkeit im Jahre 2015 gesprochen haben soll, während er bereits am 30. Juni 2015 mittels der Bescheinigung „Brandschutz I“ (Anlage 7 zur Klagebegründung) die Vollständigkeit und Richtigkeit des von der Klägerin in Auftrag gegebenen Brandschutzkonzepts bestätigt hatte, welches aber - wie ausgeführt - gerade nicht belegt, dass aus Sicht des Brandschutzes keine Maßnahmen an dem Gebäude veranlasst sind, sondern welches vielmehr als Kompensation unter anderem zwei von der Klägerin im Jahre 2015 unstreitig noch nicht ausgeführten Maßnahmen enthält (rauchdichte Türen zu den Treppenhäusern; vernetzte Rauchwarnmelder). Die behauptete Aussage von Herrn ... kontrastiert zudem mit dem Umstand, dass er selbst im Laufe des Jahres 2016 bislang keine schriftlichen Bestätigungen abgegeben, sondern solche lediglich angekündigt hat.

Angesichts der ohne vollständige Ausführung der im Bescheid vom 31. Oktober 2014 angeordneten Maßnahmen bestehenden Gefahren für Leib und Leben versteht es sich von selbst, dass der Nachweis, dass die Anforderungen des Brandschutzes erfüllt sind, auch nicht über eine Kombination diverser mündlicher und schriftlicher Ankündigungen einschließlich von Äußerungen vom Hörensagen geführt werden kann. Vielmehr hat der Fachberater für Brand- und Katastrophenschutz bei der Regierung von Schwaben für den Beklagten noch am 8. Februar 2016 eine bauliche Situation mit erheblicher Gefahr für Leben und Gesundheit festgestellt (Bl. 151 der Behördenakten); bei einem Brandereignis würden regelmäßig beide notwendigen baulichen Rettungswege (Treppenräume) ausfallen. Damit wurde erneut die Sachlage moniert, die auch das von der Klägerin vorgelegte Brandschutzkonzept (Nr. 5.2.2) für kompensationsbedürftig hält.

Auch die weiteren Voraussetzungen der Art. 36 und 32 BayVwZVG liegen vor. Die der Klägerin in der Androhung gesetzte Frist (ca. 1 ½ Wochen ab Bescheidzustellung bis 5.2.2016) war angesichts der bereits mehrfach beschriebenen Gefahren, dem bisher zögerlichen Verhalten der Klägerin und der Erfolglosigkeit der vorangegangenen Zwangsgeldandrohungen ohne weiteres zumutbar i. S. v. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG. Gem. Art. 36 Abs. 4 BayVwZVG sind die für die Ersatzvornahme veranschlagten Kosten in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids vorläufig veranschlagt worden. Der veranschlagte Betrag von 4.000,- € je Kalenderwoche ist vom Beklagten in einer Aktennotiz (Bl. 135 der Behördenakten) nachvollziehbar begründet worden. Schließlich konnte die Ersatzvornahme angedroht werden, weil die Androhung eines weiteren Zwangsgelds angesichts der zuvor mehrfach vergeblich angedrohten und fällig gestellten Zwangsgelder keinen Erfolg erwarten ließ (Art. 32 Satz 2 BayVwZVG).

Die streitgegenständliche Androhung ist auch nicht deshalb widersprüchlich und damit ggfs. rechtswidrig (geworden), weil der Beklagte zwischenzeitlich mit Bescheid vom 22. Februar 2016 eine teilweise Nutzungsuntersagung für das Gebäude ausgesprochen hat. Die - hier streitgegenständliche - Androhung der Ersatzvornahme unterfällt - ebenso wie die Ersatzvornahme selbst - dem Verwaltungszwang zur Vollstreckung von Verwaltungsakten. Derartige Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung führen nicht dazu, dass der säumige Adressat von der Erfüllung der materiell-rechtlichen Anforderungen an die Nutzung eines Gebäudes befreit wird oder dass die Einhaltung dieser Anforderungen dauerhaft mittels Verwaltungszwangs kompensiert werden könnten. Dementsprechend ergibt sich aus Ziffer 1 des Bescheids vom 31. Oktober 2014 eindeutig, dass die Vorhaltung der Brandsicherheitswache ein Provisorium darstellt, bis die - nötigsten - Maßnahmen des Brandschutzes ergriffen sind. Die Anordnungen im Bescheid vom 31. Oktober 2014 stellten von vornherein ein milderes Mittel zur Vermeidung einer Nutzungsuntersagung gem. Art. 76 Satz 2 BayBO dar (vgl. BayVGH, B. v. 16.4.2015 - 2 CS 15.315 - Rn. 9). Auch deshalb begegnet es keinen Bedenken, dass der Beklagte zunächst weiter mittels Verwaltungszwangs bestrebt war, den Bescheid vom 31. Oktober 2014 zu vollstrecken, bevor als letztes Mittel eine Nutzungsuntersagung verfügt wurde.

Die Klage war nach allem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 2.000,- € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog (Nr. 1.7.1, Satz 2 i. V. m. Satz 1).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 11. Juli 2011 - 8 C 12/10

bei uns veröffentlicht am 11.07.2011

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels. Er ist Geschäftsführer der Firma W. ... GmbH, die in I. u.a. eine An

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels. Er ist Geschäftsführer der Firma W. ... GmbH, die in I. u.a. eine Annahmestelle für Sportwetten mit festen Gewinnquoten betrieb. Sie vermittelte Wetten an die Firma P. GmbH mit Sitz in Österreich sowie an die Firma I. ... mit Sitz in Großbritannien, die nach Angaben des Klägers in ihren Heimatländern zum Abschluss und zur Vermittlung von Wetten konzessioniert sind. Mit Verfügung vom 23. Februar 2005 untersagte die Beklagte dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs und unter Androhung von Zwangsgeld, im Geschäftslokal der Firma W. ... GmbH in I. Sportwetten zu vermitteln, und gab ihm auf, die untersagte Tätigkeit unverzüglich einzustellen. Zur Begründung hieß es, dass die Vermittlung von Sportwetten ohne Erlaubnis verboten sei und daher eine Störung der öffentlichen Sicherheit darstelle, gegen welche die Polizeibehörde einschreiten könne. Den Widerspruch des Klägers wies das Landratsamt R. mit Bescheid vom 12. Juni 2006 zurück.

2

Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. November 2007 abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 1. April 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

3

Die Untersagungsverfügung sei ein Dauerverwaltungsakt. Für die Beurteilung maßgeblich sei damit die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Die Untersagungsverfügung habe sich für die Zeiträume vor dem 1. Januar 2009 durch Zeitablauf erledigt. Der Kläger habe seinen Anfechtungsantrag insoweit nicht auf einen Feststellungsantrag umgestellt.

4

Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung sei §§ 1, 3 des Polizeigesetzes, nunmehr in Verbindung mit dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). Der Kläger habe keine Erlaubnis für eine Vermittlungstätigkeit und könne wegen des staatlichen Monopols auch keine Erlaubnis erhalten. Das staatliche Monopol sei verfassungsgemäß. Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG sei verhältnismäßig. Der Gesetzgeber habe mit der Errichtung des staatlichen Monopols ein geeignetes und erforderliches Mittel gewählt, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Das Monopol sei in materiellrechtlicher und organisatorischer Hinsicht konsequent am Ziel der Begrenzung der Spielleidenschaft und Wettsucht ausgerichtet. Die Erzielung von Einnahmen sei nicht Gesetzeszweck.

5

Der Gesetzgeber habe ausreichende inhaltliche Kriterien zu Art und Zuschnitt der Sportwetten sowie zu ihrer Vermarktung im Glücksspielstaatsvertrag festgelegt. Wetten seien nur als Kombinationswetten oder Einzelwetten auf den Spielausgang erlaubt. Wetten über das Internet seien nicht gestattet. Diese Vorschriften dienten dem Spielerschutz. Der Glücksspielstaatsvertrag enthalte die erforderlichen wesentlichen Vorschriften zur Vertriebsstruktur. Alle Annahmestellen und Vermittler bedürften der Erlaubnis. Die Vertriebswege seien so ausgewählt und eingerichtet, dass der Spieler- und Jugendschutz gewährleistet sei und der Eindruck vermieden werde, bei der Wettabgabe handele es sich um ein Gut des täglichen Lebens. Das staatliche Angebot über Zeitschriften- und Tabakläden zu vertreiben, vermeide eine Wettabgabe in Anonymität und erleichtere die Information der Spieler. Die Kundenkarte diene dem Spielerschutz. Die Mitarbeiter in den Annahmestellen würden im Hinblick auf problematisches Suchtverhalten geschult. Auch würden Sozialkonzepte kontinuierlich evaluiert. Die Werbung stehe mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages in Einklang. Eine allgemeine Imagewerbung für den Deutschen Toto- und Lottoblock sei zulässig. Ein gewisser Umfang an Werbung sei erforderlich, um eine Kanalisierung der Spielleidenschaft zu bewirken. Es bestehe auch kein strukturelles Vollzugsdefizit im Hinblick auf die Suchtprävention und den Jugendschutz.

6

Das Monopol verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Der Gleichheitssatz binde jeden Träger der öffentlichen Gewalt nur in seinem Zuständigkeitsbereich. Pferdewetten und das Aufstellen, die Zulassung und der Betrieb von Geldspielautomaten fielen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Landesgesetzgebers und seien deshalb als Vergleichsmaßstab nicht heranzuziehen. Bezüglich der Spielbanken liege kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, weil der Gesetzgeber unterschiedliche Ausgangslagen vorgefunden habe und der Glücksspielstaatsvertrag in wesentlichen Bereichen auch auf Spielbanken anwendbar sei.

7

Das Monopol sei auch mit Unionsrecht vereinbar. Tangiert sei die Dienstleistungs- oder die Niederlassungsfreiheit. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses rechtfertigten das Monopol, wobei die Festlegung des Schutzniveaus Sache des Mitgliedstaates sei. Der Gesetzgeber müsse das gesteckte Ziel nicht im gesamten Glücksspielbereich in kohärenter und systematischer Weise verfolgen, sondern nur im Bereich der Sportwetten. Das Kohärenzgebot werde durch die noch von der DDR erteilten Gewerbeerlaubnisse nicht in Frage gestellt. Diese beruhten auf Alt-Rechten und führten nicht zu einer Ausweitung des Sportwettenangebots. Die Länder strebten an, diese Erlaubnisse zum Erlöschen zu bringen. Das gemeinschaftsrechtliche Kohärenzgebot werde auch erfüllt, wenn dieses eine kohärente Glücksspielpolitik insgesamt erfordere. Die Erteilung von Buchmacherkonzessionen sei nicht inkohärent. Diese spielten im Verhältnis zum gesamten Glücksspielbereich nur eine sehr untergeordnete Rolle und machten nach Angaben der Bundesregierung nur 0,5 % des Glücksspielmarktes aus. Für das Spielen in Casinos enthalte das Spielbankengesetz für Baden-Württemberg erhebliche Begrenzungen und Maßgaben zum Spielerschutz. Auch bezüglich der Spielbanken anderer Länder bestünden keine Bedenken hinsichtlich einer konsistenten bereichsübergreifenden Glücksspielpolitik. Dasselbe gelte für das Automatenspiel.

8

Mit der Revision rügt der Kläger, die angefochtenen Bescheide seien gegen den falschen Adressaten gerichtet. Zudem verletze der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV. Das staatliche Sportwettenmonopol verstoße gegen die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit. Die gesetzlichen Regelungen über Art und Zuschnitt der im staatlichen Monopol vertriebenen Sportwetten, Vertriebsstruktur und Werbung ließen keine konsequente Ausrichtung am Spieler- und Jugendschutz erkennen. Ferner sei offenkundig, ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der Vermarktung der staatlichen Sportwetten gegeben, das eine Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs ebenfalls ausschließe. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit verlange des Weiteren, dass staatliches Handeln widerspruchsfrei sei. Daran fehle es, weil eine harmonisierte, einheitliche Glücksspielpolitik, die Pferdewetten, Spielbanken sowie das gewerbliche Automatenspiel einbeziehe, nicht ersichtlich sei. Die ungleiche Ausgestaltung der verschiedenen Glücksspielbereiche begründe zudem einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Aus der inkohärenten Glücksspielpolitik des Staates ergebe sich auch eine Verletzung der unionsrechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit. Das Erfordernis der Kohärenz verlange, dass das Sportwettenmonopol in seiner rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung mit Blick auch auf andere Glückspielbereiche geeignet sei, das mit der Monopolregelung angestrebte Ziel des Spieler- und Jugendschutzes und der Spielsuchtbekämpfung zu erreichen. Das sei nicht der Fall. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne eine sektorenbeschränkte Betrachtung nicht rechtfertigen.

9

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. November 2007 und den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1. April 2010 zu ändern

und den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2005 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts R. vom 12. Juni 2006 aufzuheben.

10

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Ein staatliches Glücksspielmonopol sei unionsrechtlich auch nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich zulässig.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Zwar kann er nicht damit gehört werden, dass die angefochtenen Bescheide nicht gegen ihn hätten gerichtet werden dürfen; diese Rüge betrifft kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO), sondern nur die Anwendung der polizeirechtlichen Generalklausel, die dem Landesrecht angehört. Der angefochtene Beschluss beruht aber auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit er ohne Differenzierung nach dem Aussagegehalt davon ausgeht, eine allgemeine Imagewerbung des Monopolanbieters sei verfassungs- und unionsrechtlich unbedenklich. Darüber hinaus beruht er auf der fehlerhaften Annahme, Art. 49 und 56 AEUV erforderten eine Kohärenzprüfung der Monopolregelung nur anhand des betroffenen Glücksspielsektors bezogen auf das jeweilige Bundesland. Da sich der Beschluss auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt, war die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 4 und Abs. 3 Nr. 2 VwGO).

13

1. Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Anfechtungsantrag des Klägers, soweit er die Betriebsuntersagung für die Zeit vor dem 1. Januar 2009 betrifft, unzulässig ist, und der Kläger eine effektive gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Bescheide anhand der Rechtslage vor dem 1. Januar 2009 nur über eine Feststellungsklage hätte erreichen können. Da sich die Anfechtung auf ein Unterlassungsgebot bezieht, das sich für den jeweils zurückliegenden Zeitraum erledigt, ist die in der Vergangenheit liegende Sach- und Rechtslage nicht erheblich; der Verwaltungsakt würde nur mit Wirkung ex nunc aufgehoben. Für die Vergangenheit hätte der Kläger nur die Feststellung begehren können, die Behörden seien bis zur Rechtsänderung zum Erlass des Verwaltungsaktes nicht berechtigt gewesen (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 25.93 - BVerwGE 97, 214 <220> = Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 31; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: 1997, § 113 Rn. 34, 83).

14

Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen.

15

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist entschieden, dass sich der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes nicht nach dem Prozessrecht, sondern nach dem jeweiligen materiellen Recht richtet (Urteil vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 25.93 - a.a.O.). Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes (Urteil vom 28. Juli 1989 - BVerwG 7 C 39.87 - BVerwGE 82, 260 <261> = Buchholz 442.01 § 13 PBefG Nr. 29). Es ist aber auch anerkannt, dass die Gerichte bei der Beurteilung von Dauerverwaltungsakten die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung jedenfalls dann zu berücksichtigen haben, wenn das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 3 C 6.97 - BVerwGE 106, 141 <143 f.> = Buchholz 418.21 ApBO Nr. 15).

16

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt eingeordnet und ist durch Auslegung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages zu der Einschätzung gekommen, die Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, da sich aus irrevisiblem Landesrecht kein anderer Zeitpunkt ergebe. An diese Annahme und die sich daran anschließende Einschätzung ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO; vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264).

17

Nichts anderes folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 f.). Danach ist ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bei einer "Alt-Verfügung" wie der gegenüber dem Kläger ergangenen Untersagungsverfügung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, solange und soweit daraus nicht gefolgert werden kann, diese stelle sich schon ursprünglich als rechtmäßig dar. Das ist vorliegend der Fall. Die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ist weder Gegenstand des angegriffenen Urteils noch der Revisionsentscheidung. Auch aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ergibt sich nichts Abweichendes. Mit der prozessualen Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung für die Zeit vor dem 1. Januar 2009 im Rahmen eines Feststellungsbegehrens überprüfen zu lassen, ist dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, hinreichend Rechnung getragen (vgl. z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Februar 2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405). Dies gilt auch in Ansehung dessen, dass die Beklagte die Untersagungsanordnung infolge des Inkrafttretens des Glücksspielstaatsvertrages auf eine neue Rechtsgrundlage stützt. Der Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ist nicht unzumutbar beschränkt, wenn die Überprüfung der Untersagungsverfügung am Maßstab der neuen Rechtslage durch die Tatsacheninstanz eröffnet ist. Schließlich ist gegen ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch aus Sicht des Unionsrechts nichts zu erinnern.

18

2. Das Revisionsgericht hat seiner Entscheidung nach § 137 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO die berufungsgerichtliche Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen baden-württembergischen Ausführungsgesetzes vom 4. März 2008 zugrundezulegen und nur zu überprüfen, ob diese mit revisiblem Recht in Einklang stehen. Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet und dass die vom Kläger vermittelten Sportwetten als Glücksspiele anzusehen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV in Baden-Württemberg nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Die Erteilung einer Erlaubnis ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil diese Vorschriften eine Vermittlung von Sportwetten an andere Veranstalter als die Träger des staatlichen Sportwettenmonopols verbieten. Die den in Österreich und in Großbritannien ansässigen Wettunternehmen erteilten Konzessionen ersetzen nicht die für die Tätigkeit des Klägers im Bereich der Sportwetten notwendige Erlaubnis durch das Land Baden-Württemberg.

19

3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtenen Bescheide seien mit dem Grundgesetz vereinbar, ist revisionsrechtlich fehlerhaft. Die dem zugrunde liegende Erwägung, der Eingriff sei am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt, beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

20

a) Der Senat hat bereits entschieden, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt ist und dass die Monopolregelung nach dem Glücksspielstaatsvertrag verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen (vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - NVwZ 2011, 554 Rn. 23 ff.). Daran hält der Senat auch für das baden-württembergische Sportwettenmonopol fest. Die dem zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen hat, sind für das revisionsgerichtliche Verfahren bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).

21

Danach verfolgt der Gesetzgeber mit dem staatlichen Sportwettenmonopol keine rein fiskalischen Interessen. Eine solche illegitime Zwecksetzung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Inhaber des Monopols Andere mit Unterlassungsklagen überziehen, die sie auf das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb - UWG - stützen. Das UWG ist anwendbar, ohne dass es auf ein Wettbewerbsverhältnis ankommt (vgl. Keller, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl. 2009, § 2 Rn. 4). Dementsprechend hat sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. Februar 2008 - I ZR 140/04 - (juris) nicht mit der Frage eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen dem staatlichen Monopolanbieter von Sportwetten und einem Anbieter von Sportwetten über das Internet befasst.

22

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand, soweit sie Art und Zuschnitt der Sportwetten, ihre Vermarktung und den Vertrieb über gewerbliche Annahmestellen betrifft. Sie berücksichtigt die rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen, die das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit an die Ausgestaltung der Werbung für das Monopol stellt, jedoch nur unzureichend.

23

aa) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die glücksspielstaatsvertragliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (in engerem Sinne) gerecht wird (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 32 f., 35). Der Verwaltungsgerichtshof durfte davon ausgehen, dass über § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3, § 4 Abs. 4 GlüStV hinaus eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails nicht erforderlich war. Die nähere Konkretisierung der Angebotsformen ist auf der Grundlage von § 4 GlüStV geregelt. Die Erlaubniserteilung ist streng an den Zielen des § 1 GlüStV auszurichten. Nach den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Monopolangebot, die nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wurden, entspricht die Praxis diesen Anforderungen. So hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Spieleinsätze und der Verlusthöhe darauf hingewiesen, dass die dem Monopolträger erteilte Erlaubnis vom 20. November 2008 (GA Bl. 2008 S. 410) entsprechende Begrenzungen vorgenommen hat, die dem Zweck der Suchtprävention dienen.

24

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen baden-württembergischen Ausführungsvorschriften genügen auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne), soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird. Der Gesetzgeber hat die Zahl der Annahmestellen begrenzt (§ 10 Abs. 3 GlüStV, § 7 Abs. 1 AGGlüStV) und ein strenges Erlaubnisverfahren für alle Annahmestellen vorgesehen (§ 4 Abs. 1 GlüStV, § 7 AGGlüStV).

25

Der Verwaltungsgerichtshof musste auch nicht von einer Verpflichtung des Gesetzgebers ausgehen, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe aufzugeben. Seine Annahme, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbare normale Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich auch dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden, schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus (vgl. Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 39). Eine quantitative Begrenzung der Annahmestellen hat das Berufungsgericht über die verbindliche Vorgabe in der dem Monopolträger erteilten Erlaubnis (GA Bl. 2008 S. 410; Begrenzung auf 3 630 Annahmestellen) und zudem über das Vertriebskonzept als gewährleistet angesehen, das nach seinen Feststellungen Bestandteil der Erlaubnis ist. Der Einwand der Revision, das Vertriebsnetz habe sich seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in tatsächlicher Hinsicht nicht verändert, geht an diesen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts vorbei. Der Verwaltungsgerichtshof hat des Weiteren angenommen, durch ergänzende Maßnahmen (Einführung einer Kundenkarte, Identitätskontrollen, persönliche Registrierung des Spielers, Einführung eines Spielersperrsystems, separate Abrechnung und Bezahlung der Wetten, Warnhinweise auf den Spielscheinen und -quittungen, vgl. §§ 7, 8, § 21 Abs. 3 Satz 2 GlüStV, §§ 9 f. AGGlüStV) sei sichergestellt, dass die Wettabgabe im gewählten System des Vertriebs über Zeitschriften-, Schreibwaren- und Tabakläden nicht als Geschäft des täglichen Lebens und unbedenkliche Freizeitbeschäftigung erscheint. Auch insoweit werden von der Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben.

26

Der Verwaltungsgerichtshof durfte des Weiteren zugrunde legen, dass das Ziel der Kanalisierung des vorhandenen Spieltriebs in geordnete und überwachte Bahnen und damit verbunden das Ziel des Jugend- und Spielerschutzes im Verbundbetrieb besser gewährleistet sind als bei einem Vertrieb über gesonderte Wettlokale. Nach seinen Feststellungen kann in den Annahmestellen des Verbundbetriebs eine soziale Kontrolle sichergestellt und eine Wettabgabe in der Anonymität verhindert werden; zudem ist der Verbundbetrieb geeignet, den Zugang zu Informationen und Maßnahmen der Suchtprävention zu erleichtern (vgl. Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 40). Auch die Kontrolle der Vermittler trägt dazu bei, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten.

27

Der Gesetzgeber war schließlich auch nicht verpflichtet, die Vermarktung des staatlichen Wettangebots mit einem Provisionsverbot zu belegen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dies erübrige sich bei einem Vertrieb nur durch untergeordnete Nebentätigkeiten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung (vgl. Urteil des Senats vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 42).

28

Entgegen der Annahme der Revision verlangt die verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht die Einbeziehung sonstiger Glücksspielbereiche. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht darauf abgestellt, dass es insoweit allein auf eine konsequente und konsistente Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols ankommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 a.a.O. Rn. 17 unter Verweis auf das Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276).

29

bb) Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Konkretisierung der Werbebeschränkung in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie eine allgemeine Imagewerbung für den Deutschen Toto- und Lotto-Block ohne Differenzierung nach dem Aussagegehalt für rechtlich zulässig erachtet.

30

Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon ausgegangen, dass sich die Werbung für das staatliche Wettangebot zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Wetten zu beschränken hat und nicht zum Wetten auffordern, anreizen und ermuntern darf (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318). Jedoch lassen seine Ausführungen im Zuge der Anwendung dieser Maßstäbe erkennen, dass er sich von einer unzutreffenden Unterscheidung zwischen zulässiger und unzulässiger Werbung hat leiten lassen.

31

Richtig ist, dass eine allgemeine Imagewerbung und die Verwendung einer Dachmarke nicht zwangsläufig unzulässig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 52). Eine solche Werbung muss sich aber ebenfalls auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten beschränken. Sie darf auf die Legalität und Seriosität des Monopolangebots hinweisen, aber nach ihrem Aussagegehalt nicht zum Wetten motivieren. Die zulässige Kanalisierung der Wettleidenschaft rechtfertigt nur, bereits zum Wetten Entschlossene zum Monopolangebot hin zu lenken, nicht jedoch, noch Unentschlossene zur Teilnahme an Wetten anzureizen oder zu ermuntern (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 48). Unzulässig sind daher stimulierende Bezugnahmen auf herausragende Sportereignisse oder die Verknüpfung auch rein informativer Hinweise mit der Ankündigung von Sonderausschüttungen oder anderen höheren oder zusätzlichen Gewinnchancen. Auch eine Aufmachung, die etwa durch befristete Angebote Entscheidungsdruck suggeriert, ist nicht erlaubt. Weist der Monopolträger auf eine Verwendung der geflossenen Geldmittel hin, ist dies unbedenklich, wenn es sich nach der konkreten Aufmachung nur um eine sachliche Information im Sinne einer Rechenschaftslegung ohne Bezug zu konkreten Spielmöglichkeiten handelt. Dagegen darf der Hinweis nicht mit einem solchen Bezug verknüpft und das Wetten selbst nicht zum sozialadäquaten oder gar wünschenswerten, positiv zu beurteilenden, sozial verantwortlichen Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 39, 47, 57; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 51).

32

Dass der Verwaltungsgerichtshof die ihm vorgelegten Werbebeispiele nicht als Anhaltspunkte für eine systematisch zum Wetten anreizende Werbung gewertet hat und den entsprechenden Beweisanregungen nicht nachgegangen ist, lässt auf einen fehlerhaften rechtlichen Maßstab schließen. Die Verknüpfung populärer Sportereignisse mit befristeten Sonderausschüttungen und zum Teil hochwertigen "Boni" hat stimulierenden Charakter und ist nach ihrem Aussagegehalt darauf gerichtet, auch bis dahin Unentschlossene zum Wetten zu veranlassen.

33

c) Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, im Wesentlichen gleiche Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der ehemaligen DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Landes Baden-Württemberg ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Glücksspiele im Rundfunk und anderen Telemedien (vgl. §§ 8a, 58 Abs. 4 RStV) werden vom Glücksspielstaatsvertrag erfasst (vgl. LTDrucks 14/1930 S. 6 zu § 3 GlüStV; LTDrucks 14/2705 S. 26 zu § 8a RStV; Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 54).

34

Hinsichtlich der Spielbanken liegt ebenfalls keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Baden-Württemberg zwar kein rechtliches, aber ein faktisches Monopol, weil die Beklagte Teilhaberin des Erlaubnisträgers ist. Außerdem hat der Gesetzgeber nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs in diesem Bereich eine Ausgangslage vorgefunden, die eine Differenzierung verfassungsrechtlich rechtfertigt. Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zur Nichtigkeit von Teilen des Spielbankengesetzes von 1995, das ein staatliches Spielbankenmonopol vorsah (BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/96 - BVerfGE 102, 197), war das Land Baden-Württemberg gezwungen, die berechtigten Belange der vorhandenen zwei privaten Spielbankenbetreiber zu berücksichtigen, die seit Jahrzehnten beanstandungsfrei ihre Unternehmen betrieben hatten. Eine vergleichbare Ausgangslage hat der Gesetzgeber bei Erlass der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages nicht vorgefunden.

35

4. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verstößt auch gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit. Die berufungsgerichtliche Annahme, die durch den Glücksspielstaatsvertrag bewirkten Beschränkungen seien mit beiden Grundfreiheiten vereinbar und wahrten den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, gründet sich auf eine unrichtige Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

36

Der Kläger unterfällt in sachlicher und persönlicher Hinsicht dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit, soweit nicht die Niederlassungsfreiheit eingreift. Da sich die hier entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) nicht unterscheiden, muss nicht geklärt werden, welches der beiden Freiheitsrechte einschlägig ist. Der Anwendung der Dienstleistungs- oder der Niederlassungsfreiheit auf die Vermittlung von Sportwetten stehen auch keine anderweitigen unionsrechtlichen Bestimmungen entgegen (vgl. Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 59).

37

Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV und der Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter - auch - in anderen Mitgliedstaaten stellen eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung dieser Freiheit dar. Derartige staatliche Maßnahmen müssen vier Voraussetzungen erfüllen, um mit Unionsrecht in Einklang zu stehen: Sie müssen mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar, nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 AEUV (Ausübung öffentlicher Gewalt), Art. 52 AEUV (öffentliche Ordnung; Sicherheit; Gesundheit) oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten; ferner dürfen sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

38

a) Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV verneint; denn die der Untersagungsverfügung der Beklagten zugrunde liegenden Rechtsnormen gelten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gleichermaßen für Inländer wie für Ausländer. Auch eine Anerkennung der von den österreichischen und britischen Behörden den dort jeweils ansässigen Wettanbietern erteilten Konzessionen zugunsten des Klägers ist im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot unionsrechtlich nicht geboten (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 f. und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - NVwZ 2010, 1422 Rn. 44).

39

Das Berufungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die Ausführungsbestimmungen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit im Bereich der Sportwetten mit den in § 1 GlüStV genannten Zielen, insbesondere mit dem Ziel der Suchtbekämpfung und des Jugendschutzes unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 66 ff.).

40

Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung im Glücksspielbereich bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen und zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten im Glücksspielbereich vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu kontrollieren. Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen ist allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - NVwZ 2010, 1409 Rn. 79 und Carmen Media, a.a.O. Rn. 46 m.w.N.). Danach ist es im Grundsatz unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass sich der Gesetzgeber für den Bereich der Sportwetten für ein staatliches Monopol entschieden hat (EuGH, Urteile vom 21. September 1999 - Rs. C-124/97, Läärä u.a. - Slg. 1999, I-6067 Rn. 37 und vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 46 m.w.N.). Er war unionsrechtlich auch nicht gehindert, vor einer abschließenden wissenschaftlichen Klärung des Suchtpotenzials von Sportwetten mit festen Gewinnquoten präventive Regelungen zu erlassen, die durch begleitende Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen ergänzt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - Slg. 2003, I-13519 Rn. 25 und vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a). Um dem aktuellen Defizit an belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu begegnen, haben die Normgeber in § 10 Abs. 1 GlüStV die Berufung eines unabhängigen Fachbeirates zur Beratung der Länder vorgesehen, der sich aus Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht zusammensetzt. Darüber hinaus haben die Länder gemäß § 11 GlüStV die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren sicherzustellen. Das Berufungsgericht hat vor diesem Hintergrund unionsrechtlich zu Recht keinen Anlass gesehen, die Gefahrenprognose des Gesetzgebers in Frage zu stellen (vgl. bereits Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 73 ff.).

41

b) Das Berufungsgericht hat aber revisionsrechtlich fehlerhaft angenommen, das Sportwettenmonopol sei im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet, die legitimen Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes zu erreichen.

42

Eine Monopolregelung, die auf diese zwingenden Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird, muss ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - NVwZ 2010, 1081 Rn. 21 sowie vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 88 ff. und Carmen Media, a.a.O. Rn. 55, 64 ff.). Innerhalb dieses sog. Kohärenzgebots lassen sich zwei Anforderungen unterscheiden. Zum einen muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wahrheit andere Ziele - namentlich solche finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003, Gambelli, a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 65; vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 77, 80). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Zwar ist der Mitgliedstaat nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen; das Kohärenzgebot ist kein Uniformitätsgebot (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 95 f. und Carmen Media, a.a.O. Rn. 62 f.; vgl. auch Urteile vom 10. März 2009 - Rs. C-169/07, Hartlauer - Slg. 2009, I-1721 Rn. 60). Es verlangt auch keine Optimierung der Zielverwirklichung. Das gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - nicht Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 106 und Carmen Media, a.a.O. Rn. 68 f.; vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 82).

43

Das Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und den Spieltrieb von Verbrauchern in kontrollierte legale Bereiche zu lenken, kann nur dann in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden, wenn der Monopolträger darauf verzichtet, die Wettbereitschaft zu fördern. Er darf dem Wetten kein positives Image verleihen, indem er auf eine gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen hinweist, und die Anziehungskraft des Wettspiels nicht durch zugkräftige Werbebotschaften erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 103) oder sonst eine zum Wetten stimulierende Aussage treffen. Werbung, die über eine Information und Aufklärung bezüglich legaler Möglichkeiten zum Sportwetten hinausgeht und einzelne Sportereignisse mit der Möglichkeit zusätzlicher oder höherer Gewinne verknüpft, wirkt dieser Zielsetzung entgegen. Wie gezeigt (oben 3. b. bb.), wird der Beschluss des Berufungsgerichts diesen Anforderungen nicht gerecht.

44

Die Annahme des Berufungsgerichts, eine sektorenübergreifende Kohärenzprüfung sei nicht erforderlich, vernachlässigt die zweite Anforderung des Kohärenzgebots und versäumt zu prüfen, ob die rechtliche Regelung anderer Glücksspielbereiche mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial oder die dortige Praxis die mit dem Monopol verfolgten Ziele konterkarieren. Dabei sind die Besonderheiten der jeweiligen Glücksspielart in Rechnung zu stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 60 f.). Die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelten Kriterien machen deutlich, dass eine Kohärenz nur entfällt, wenn die Politik dem mit der Monopolregelung verfolgten Ziel aktiv zuwider handelt oder wenn Zuwiderhandlungen im Verwaltungsvollzug systematisch geduldet werden und deshalb auf strukturelle Mängel der Aufsichts- und Sanktionsregelungen hindeuten.

45

Das Sportwettenmonopol wird durch das Konzessionsmodell im Pferderennwettbereich nicht konterkariert. Die Erreichbarkeit der mit dem Sportwettenmonopol verfolgten Ziele wird dadurch schon deshalb nicht in Frage gestellt, weil die Pferdewetten nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im Verhältnis zum gesamten Glücksspielbereich eine nur sehr untergeordnete Rolle spielen und sich auf ein enges und deshalb leicht überschaubares Sportgeschehen beziehen. Wirksame Verfahrensrügen wurden dagegen nicht erhoben. Der Einwand der Revision, der Pferdesportwettenmarkt stelle mit 250 Mio. € Umsatz pro Jahr mit steigender Tendenz die zweitumsatzstärkste Sportwette mit einem höheren Suchtpotenzial dar, als es Oddset-Wetten aufweisen, weshalb das Sportwettenmonopol in sich widersprüchlich und inkohärent sei, berücksichtigt zudem nicht, dass als Vergleichsmaßstab für eine umfassende Kohärenzbetrachtung der gesamte Glücksspielmarkt heranzuziehen ist und nicht nur der Bereich der Sportwetten. Unabhängig davon hat das Fehlen eines Monopols im Bereich der Pferdesportwetten nicht zur Folge, dass das Ziel der Suchtbekämpfung mit dem Monopol im sonstigen Sportwetten- und im Lotteriebereich nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Carmen Medien, a.a.O. Rn. 68). Denn der Staat verfolgt auch im Bereich der Pferdesportwetten keine Politik, die darauf abzielt, zur Teilnahme an diesen Spielen zu ermuntern. Namentlich gilt auch für diese Wetten gemäß § 2 Abs. 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) ein § 4 Abs. 4 GlüStV entsprechendes Internetverbot (siehe Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 5.10 -).

46

Was den Bereich der Sportwetten anbelangt, die auf der Grundlage von Erlaubnissen nach den gewerberechtlichen Vorschriften der ehemaligen DDR veranstaltet und vermittelt werden, so hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend darauf abgestellt, dass das unionsrechtliche Kohärenzgebot nicht verlangt, alle Inhaber "alter" Genehmigungen sogleich dem staatlichen Sportwettenmonopol unterzuordnen. Entscheidend sei vielmehr, dass eine weitere Ausdehnung des Sektors der Sportwetten verhindert werde. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass die auf Alt-Rechten beruhenden Sonderfälle nicht zu einer systemwidrigen, mit den Zielen des § 1 GlüStV unvereinbaren Ausweitung des Sportwettenangebots führen. Eine Politik der Expansion und ein strukturelles Defizit im Vollzug lassen sich hieraus nicht entnehmen, zumal die Länder auch gegenüber diesen sog. Alt-Rechten bestrebt sind, die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrages durchzusetzen (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 5.10 -).

47

Die vom Verwaltungsgerichtshof für den Bereich der Spielbanken getroffenen Feststellungen lassen ebenfalls nicht auf eine in sich widersprüchliche und expansive Glücksspielpolitik schließen. Der Verwaltungsgerichtshof hat zugrunde gelegt, dass die für den Spielbankensektor geltenden Regelungen des GlüStV (vgl. § 2 Satz 2 GlüStV) sowie die weiteren Beschränkungen im Spielbankengesetz in vergleichbarer Weise wie im Sportwettensektor der Bekämpfung der Wettsucht und der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren dienen. Bedenken hinsichtlich einer konsistenten bereichsübergreifenden Glücksspielpolitik im Verhältnis zum Spielbankensektor anderer Länder hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Mitteilung der Bundesregierung an die EU-Kommission vom 20. Mai 2008 (ZfWG 2008 S. 173) nicht gesehen. Dagegen hat die Revision keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben, so dass der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an diese Feststellungen gebunden ist.

48

Für den Bereich des in der Spielverordnung geregelten Automatenspiels musste der Verwaltungsgerichtshof nicht schon wegen der mit der 5. Änderungsverordnung (BGBl I 2005 S. 3495) verbundenen Liberalisierung von einer Inkohärenz ausgehen. Die Absicht des Gesetzgebers, einen bestimmten Glücksspielbereich zu liberalisieren, zwingt nicht schon für sich genommen zu der Annahme, das mit der Monopolregelung im Sportwettenbereich verfolgte Ziel lasse sich damit nicht mehr erreichen. Wird jedoch eine solche Liberalisierung trotz vergleichbaren oder höheren Suchtpotenzials als im Monopolbereich nicht durch ausreichende Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz ausgeglichen, kann dies zur Folge haben, dass das Ziel des Monopols konterkariert wird. Deshalb hätte der Verwaltungsgerichtshof prüfen müssen, ob das Suchtpotenzial des Automatenspiels mindestens gleich groß wie das der Sportwetten ist, und bejahendenfalls, ob die zum Spieler- und Jugendschutz getroffenen Maßnahmen ausreichen. Dabei hätte er auch die tatsächlichen Auswirkungen der Liberalisierung und deren mögliche Folgewirkungen auf den gesamten Glücksspielbereich, mithin auch die Sportwetten, berücksichtigen und klären müssen, inwieweit dadurch die Geeignetheit der Monopolregelung im Bereich der Sportwetten in Frage gestellt wird.

49

5. Der angefochtene Beschluss beruht auf den festgestellten Verstößen gegen Art. 12 Abs. 1 GG und gegen die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit. Er stellt sich nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar. Ob die Untersagungsverfügung der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtmäßig ist, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen.

50

Bei verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, die keine anlassbezogene Werbung des Monopolträgers mit Hinweisen auf zusätzliche Gewinne und eine gemeinnützige Verwendung der Wetteinnahmen zulässt, kommt es darauf an, inwieweit eine danach unzulässige Werbung in Baden-Württemberg seit dem 1. Januar 2009 tatsächlich betrieben und von den Überwachungsbehörden nicht konsequent verfolgt und unterbunden wird. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - bislang keine Feststellungen getroffen.

51

Sie sind auch nicht entbehrlich, weil die Frage der unionsrechtlichen Kohärenz auf der Grundlage der bereits festgestellten Tatsachen zu beantworten wäre. Ob die im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen über das staatliche Glücksspielmonopol im Bereich der Sportwetten im unionsrechtlichen Sinne geeignet sind, zum Erreichen der legitimen Zwecke der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots sowie der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und der vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV) beizutragen, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen hinsichtlich der Werbung und des Automatenspiels nicht hinreichend beurteilen.

52

Die Sache war daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.