Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 28. Juli 2015 - Au 1 K 15.187

bei uns veröffentlicht am28.07.2015

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 1 K 15.187

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 28. Juli 2015

1. Kammer

Sachgebiets-Nr. 540

Hauptpunkte:

Tabak zum anderweitigen oralen Gebrauch; Neuartiges Tabakprodukt zum Kauen; Bestimmung zum Kauen bei pastöser Masse (bejaht)

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagte -

beteiligt: ...

wegen Verkehrsverbot für Tabakerzeugnisse

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 1. Kammer, durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2015

am 28. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ein Vertriebsverbot für das Tabakerzeugnis „Thunder Chewing Tobacco Wintergreen“ sowie alle anderen Sorten „Thunder Chewing Tobacco“ der dänischen Firma ...

Mit Gutachten vom 19. November 2014 und vom 26. November 2014 begutachtete das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) Proben der Tabakerzeugnisse „Thunder Wintergreen Chewing Tobacco“ und „Thunder Original Chewing Tobacco“. Letzterer wurde im Rahmen eines „Thunder Selbermach-Sets“ geprüft. In diesen Gutachten kam das LGL zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Proben aufgrund der Struktur, Konsistenz und Verwendungsart um ein verbotenes Tabakprodukt handle, da es zum anderweitigen oralen Gebrauch als Rauchen oder Kauen bestimmt sei. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten neuartige Produkte zum oralen Gebrauch mit Ausnahme des herkömmlichen Kautabaks untersagt werden. In der Literatur würden Tabakprodukte, die für den oralen Gebrauch bestimmt seien, in zwei Gruppen aufgeteilt, nämlich Produkte zum Saugen und Lutschen sowie Produkte zum Kauen. Erzeugnisse zum Kauen würden als zu Riegeln gepresste Produkte und gerollte Tabakblätter beschrieben. Traditionelle Kautabake bestünden aus Tabakblättern, die beispielsweise zu Stängeln aufgerollt seien. Eine gesetzliche Definition von Kautabak existiere nicht. Bei dem vorliegenden Tabakprodukt handle es sich anstelle von gerollten Tabakblättern um eine pastöse Masse auf der Grundlage von fein gemahlenem Tabak. Das Produkt werde wie Snus verwendet, indem man ein Kügelchen forme und zwischen Lippen und Zahnfleisch oder in der Wangenfalte positioniere. Würde der Konsument die mit Speichel durchtränkte Portion hin und her bewegen oder versuchen, auf sie zu beißen oder sie zu kauen, würde sich das Kügelchen nach kurzer Zeit zumindest teilweise auflösen bzw. auseinanderbrechen und sich im Mund verteilen. Die Frage, ob ein Produkt zum Kauen bestimmt sei, sei aus der Sicht des Verbrauchers zu beurteilen. Hier habe eine Internetrecherche ergeben, dass das Produkt von vielen Nutzern als Snus-Ersatz angesehen werde.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 15. Januar 2015 verpflichtete die Beklagte die Klägerin, das Tabakerzeugnis „Thunder Chewing Tobacco Wintergreen“ sowie alle anderen Sorten „Thunder Chewing Tobacco“ der Firma ... nicht mehr in den Verkehr zu bringen (Ziff. I). Laut Ziff. II wird mit diesem Bescheid die bereits am 14. Januar 2015 mündlich getroffene Anordnung der Beklagten bestätigt und präzisiert. Zur Begründung verwies sie auf die Gutachten des LGL.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2015 ließ die Klägerin hiergegen Klage erheben. Bei dem Produkt „Thunder Chewing Tobacco“ handle es sich um Kautabak in loser Form, der zum oralen Gebrauch durch Kauen bestimmt sei. Das Gutachten des LGL begründe die fehlende Verkehrsfähigkeit einzig damit, dass es sich um ein neuartiges Tabakerzeugnis handle, das in der Produktkonsistenz vom traditionellen Kautabak deutlich abweiche und belege dies mit Kundenbewertungen aus Internetforen. Es komme jedoch weder auf anonyme Kommentare im Internet an noch darauf, ob das Produkt ein neuartiges Tabakerzeugnis sei. Vielmehr sei entscheidend, ob es zum oralen Gebrauch durch Kauen bestimmt sei. Die Bezugnahme auf anonyme Aussagen im Internet sei unseriös. Die von der Beklagtenseite herangezogene Definition von Kautabak als „ein Erzeugnis in Rollen, Stangen, Streifen, Würfeln oder Platten, das durch Soßen so zubereitet ist, dass es sich nicht zum Rauchen, sondern nur zum Kauen eignet“ stamme aus dem bereits aufgehobenen § 2 Abs. 5 des Tabaksteuergesetzes von 1980. Es sei keine für die Gegenwart brauchbare Definition von Kautabak. Bei der Definition habe der damalige Gesetzgeber lediglich die Steuerbefreiung im Auge gehabt, nicht jedoch eine umfassende verbindliche Aufzählung der Darreichungsformen von Kautabak. Das Tabakprodukt „Thunder Chewing Tobacco“ sei in Italien, Dänemark, England und der Schweiz geprüft und zum Handel freigegeben worden. Ein Verkehrsverbot nur in Deutschland stelle eine grobe Benachteiligung deutscher Händler dar. Um eine einheitliche Anwendung zu gewährleisten, werde die Vorlage des Verfahrens an den Europäischen Gerichtshof angeregt. Entgegen der Behauptung des LGL unterscheide sich „Thunder Chewing Tobacco“ wesentlich von Snus. Durch einen aufwändigeren Herstellungsprozess sei die Konsistenz wesentlich kaustabiler. Auch die Schweizer Behörden hätten bei der Zulassung ausdrücklich festgestellt, dass sich die Konsistenz bemerkbar und eindeutig von der Konsistenz des Snus unterscheide. Loser Snus sei viel körniger und halte nicht so stabil seine Form. Der Richtliniengeber habe zwar Snus verhindern, nicht jedoch Kautabak verbieten wollen. Deshalb stelle er bei seinem Verbot nur auf solche Tabakprodukte ab, die aus einem Pulver oder einem feinkörnigen Granulat oder einer Kombination dieser Formen bestünden. Das vorliegende Tabakprodukt bestehe jedoch aus einer braunen pastösen Masse, die keine pulverartige Konsistenz aufweise und wesentlich kaustabiler sei. Auch das Herstellungsverfahren sei nicht vergleichbar. Die Tabakmischung für den „Thunder Chewing Tobacco“ werde extra lange gerührt, um die spezielle Konsistenz zu erreichen. Zudem reife sie 14 Tage im Kühllager, während die Tabakmischung für den Snus nur einen Tag im Kühllager reife. Die Herstellung des vorliegenden Produkts dauere 18 Tage, das von Snus lediglich vier Tage. Auch die Verwendungsart sei nicht mit Snus vergleichbar. Wie Kautabak werde der „Thunder Chewing Tobacco“ nur ab und zu für die Entfaltung von Geschmack und Nikotin gekaut, ansonsten in die Backentasche gelegt. Snus hingegen könne nicht gekaut werden, ohne dass sich die Partikel im gesamten Mundraum verteilten. Zudem habe der Hersteller das Produkt eindeutig zum oralen Gebrauch durch Kauen bestimmt. Auch ein durchschnittlicher verständiger Verbraucher würde das Produkt als Kautabakerzeugnis erkennen. Der Gesetzgeber selbst nehme keine genaue Definition von Kautabak vor.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über das Verkehrsverbot für das Tabakerzeugnis „Thunder Chewing Tobacco Wintergreen“ sowie alle anderen Sorten“ Thunder Chewing Tobacco“ der Firma ... der Stadt ... vom 15.1.2015, ... aufzuheben.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 3. Juni 2015,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Klageerwiderung im Verfahren Au 1 K 14.1563.

Am 28. Juli 2015 fand die mündliche Verhandlung statt. Auf die dabei gefertigte Niederschrift wird ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Beklagten vorgelegten Behördenakte.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Das mit Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2015 erlassene Vertriebsverbot für das Tabakerzeugnis „Thunder Chewing Tobacco Wintergreen“ sowie alle anderen Sorten “Thunder Chewing Tobacco“ der Firma ... ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist § 21 Abs. 1 Nr. 1g des Vorläufigen Tabakgesetzes i. V. m. § 5a der Verordnung über Tabakerzeugnisse (Tabakverordnung). Hiernach ist es verboten, Tabakerzeugnisse, die zum anderweitigen oralen Gebrauch als Rauchen oder Kauen bestimmt sind, gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen. Bei den streitgegenständlichen Tabakprodukten handelt es sich um Erzeugnisse, die zum Kauen bestimmt und deshalb verkehrsfähig sind.

a) Tabakerzeugnisse zum anderweitigen oralen Gebrauch werden nicht wie herkömmlicher Kautabak gekaut, sondern im Bereich des Mundes gehalten (Zipfel, Lebensmittelrecht, Band V, Stand Juli 2014, C 900 § 3 Vorläufiges Tabakgesetz Rn. 17). Gemäß Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2001/37/EG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen (sog. Tabakrichtlinie) sind Tabak zum oralen Gebrauch alle zum oralen Gebrauch bestimmten Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus Tabak bestehen, sei es in Form eines Pulvers oder feinkörnigen Granulats oder einer Kombination dieser Formen, insbesondere in Portionsbeuteln bzw. in porösen Beuteln oder in einer Form, die an ein Lebensmittel erinnert, mit Ausnahme von Erzeugnissen, die zum Rauchen oder Kauen bestimmt sind.

b) Das Vertriebsverbot des § 5a Tabakverordnung greift dann, wenn das Tabakprodukt zum anderweitigen oralen Gebrauch als Kauen bestimmt ist. Bei dem streitgegenständlichen Tabakprodukt handelt es sich um ein neuartiges Produkt, das sich vom herkömmlichen Kautabak unterscheidet. Dieser wird nach dem aufgehobenen § 2 Abs. 5 Tabaksteuergesetz 1980 als ein Erzeugnis in Rollen, Stangen, Streifen, Würfeln oder Platten definiert, das durch Soßen so zubereitet ist, dass es sich nicht zum Rauchen sondern nur zum Kauen eignet. Es ist unstreitig, dass ein solches Erzeugnis nicht vorliegt. Allein die Tatsache, dass es sich nicht um Kautabak im herkömmlichen Sinne handelt, rechtfertigt jedoch nicht das Vertriebsverbot. Denn die Vorschrift des § 5a Tabakverordnung stellt nicht auf den Begriff des Kautabaks ab, sondern vielmehr darauf, ob das Tabakerzeugnis zum Kauen bestimmt ist. Damit kann grundsätzlich auch ein neuartiges Kautabakprodukt den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

Bei der Frage, ob ein Produkt zum Kauen bestimmt ist, muss sich die Bestimmung aus dem Produkt selbst ergeben. Es ist weder maßgeblich auf die Angabe des Herstellers noch auf die Meinung der Konsumenten abzustellen. Ausschlaggebend ist vielmehr eine auf das Produkt bezogene objektive Betrachtungsweise.

c) Die Inaugenscheinnahme des „Thunder Chewing Tobacco“ im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat ergeben, dass es sich um ein Tabakprodukt handelt, das gekaut werden kann, gleichzeitig jedoch so leicht lösbar ist, dass auch durch bloßes im Bereich des Mundes halten eine Lösung der Inhaltsstoffe in gewissem Umfang stattfindet. Das Produkt besteht aus einer in sich konsistenten Paste, die mühelos zu einer Kugel geformt werden kann. Es ähnelt weicher Knetmasse. In der mündlichen Verhandlung wurden eine geformte Kugel des streitgegenständlichen Erzeugnisses ebenso wie eine Portion losen Snus und ein Stück herkömmlichen Kautabaks in Form einer Rolle jeweils in ein Glas mit Wasser gelegt. Snus ist ein mit Salzen versetzter Tabak, der unter die Ober- oder Unterlippe gesteckt wird und dort ohne Weiteres seine Inhaltsstoffe entfaltet. Er dient dem anderweitigen oralen Gebrauch im Sinne des § 5a Tabakverordnung dadurch, dass er nur im Mund gehalten wird und allenfalls etwas gelutscht oder mit der Zunge leicht gedrückt wird.

Beim Einlegen in das Wasserglas löste sich die aus dem Thunder Chewing Tobacco geformte Kugel langsam auf und färbte das Wasser deutlich, es verblieb jedoch bis zum Ende der mündlichen Verhandlung ein zusammenhängendes Stück in sich konsistenter Masse, die Druck standhielt ohne auseinander zu fallen. Der lose Snus löste sich im Wasser in kürzester Zeit auf und blieb - ähnlich einem Kaffeesatz - am Boden des Wasserglases. Die klassische Kautabakrolle löste sich allein durch die Einwirkung des Wassers nur sehr langsam auf, es verblieb bis zuletzt ein Tabakblatt, welches das Wasser nur schwach verfärbte.

Angesichts der sich zwar auflösenden, jedoch bis zuletzt jedenfalls im Kern erhalten bleibenden Konsistenz des streitgegenständlichen Tabakproduktes geht das Gericht davon aus, dass es einer mechanischen Einwirkung durch die Zähne standhält und einer solchen auch in einem gewissen Maße bedarf, um die Inhaltsstoffe des Tabaks zu lösen. Das Gericht hat dabei den unwidersprochenen Vortrag der Klägerin berücksichtigt, dass Kauen im Bereich des Tabakkonsums keine stetige mechanische Einwirkung auf das Tabakprodukt bedeutet, die Inhaltsstoffe nur durch zeitweiligen sanften Druck der Zähne gelöst werden und im Übrigen auch der klassische Kautabak die meiste Zeit nur im Mund gehalten wird. Das Verhalten der Rolle klassischen Kautabaks im Wasserglas, die am Ende der mündlichen Verhandlung ebenfalls deutliche Auflösungserscheinungen zeigte, bestätigt dies.

Unter Zugrundelegung der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse ordnet die Kammer das streitgegenständliche Produkt letztlich den zum Kauen bestimmten Tabakerzeugnissen zu. Problematisch ist dabei, dass sich der Thunder Chewing Tobacco deutlich schneller auflöst als herkömmlicher Kautabak und damit ein Kauvorgang zur Herauslösung der Inhaltsstoffe entbehrlicher erscheint als bei klassischen Kautabakprodukten. Hier ist der Übergang zwischen einem Tabak zum anderweitigen oralen Gebrauch, der nur im Mund gehalten wird und einem Tabak, der zum Kauen bestimmt ist, fließend. Letztlich ausschlaggebend war für die Kammer, dass von der zu Beginn der mündlichen Verhandlung geformten Kugel bis zuletzt eine konsistente Masse im Glas verblieb. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Bedingungen im Wasserglas zu einer deutlich stärkeren Auflösung führen als die Bedingungen im Mund. Die im Vergleich zu Snus wesentlich festere Konsistenz legt nahe, dass neben der Herauslösung durch Speichel auch leichter mechanischer Druck durch die Zähne ausgeübt werden kann, um die Inhaltsstoffe in der gewünschten Weise zu lösen. Dies unterscheidet das streitgegenständliche Produkt wesentlich von einem Tabakprodukt zum anderweitigen oralen Gebrauch.

d) Soweit die Beklagte auf die Intention des Richtliniengebers zur Eindämmung der Verbreitung neuartiger Tabakprodukte verweist, kann dies im vorliegenden Fall nicht durchgreifen.

Die Aufnahme der Tabakerzeugnisse zum „anderweitigen oralen Gebrauch“ in die Legaldefinition der Tabakerzeugnisse nach § 3 des Vorläufigen Tabakgesetzes erfolgte durch das zweite Gesetz zur Änderung des Vorläufigen Tabakgesetzes vom 24. November 1994 (BGBl. I. S. 3538). In der amtlichen Begründung (Bundestagsdrucksache 12/6992) wurde ausgeführt, dass die Änderung dem Gemeinschaftsrecht Rechnung trage, da aus der Richtlinie 92/41/EWG des Rates vom 15. Mai 1992 folge, dass Tabakerzeugnisse auch anderen Bestimmungszwecken als zum Rauchen, Kauen oder Schnupfen dienen könnten. Zudem verweist die amtliche Begründung auf die Erwägungsgründe der Richtlinie 92/41/EWG, in denen ausgeführt wird, das neuartige Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch besonders anziehend auf Kinder und Jugendliche wirkten und einige Mitgliedstaaten diese neuartigen Tabakerzeugnisse bereits vollständig untersagt hätten bzw. beabsichtigten, dies zu tun. Es bestehe ein ernstzunehmendes Risiko, dass diese neuartigen Erzeugnisse zum oralen Gebrauch vor allem von Kindern und Jugendliche verwendet würden und damit eine Nikotinabhängigkeit verursachten, falls nicht rechtzeitig einschränkende Maßnahmen getroffen würden. Untersuchungen des Internationalen Krebsforschungszentrums hätten ergeben, dass Tabake zum oralen Gebrauch besonders große Mengen an Krebserregern enthielten. Diese neuartigen Erzeugnisse verursachten vor allem Krebserkrankungen der Mundhöhle.

Der Gesundheitsschutz durch Vertriebsverbote für gesundheitsgefährdende Produkte bewegt sich im Spannungsfeld des Rechts des Menschen auf Leben und körperliche Unversehrtheit als staatliches Schutzgut einerseits und der Berufsfreiheit des Tabakhandels oder der Eigentumsrechte der Produzenten andererseits. Dabei stellt sich die Frage, bis zu welchem Punkt paraprohibitive Auflagen gerechtfertigt sind, wenn man von einem Kernbereich der betroffenen Grundrechte (Aufopferungsschwelle/erdrosselnde Wirkung) ausgeht. Je dichter sich gesundheitsschützende Regulation an die Schwelle des Totalverbots heranarbeitet, desto mehr Gewicht müssen berufs- und eigentumsschützende Grundrechte im Hinblick auf das marktwirtschaftliche, wettbewerbliche und eigentumsrechtliche Minimum entfalten (Di Fabio in Di Fabio/Pitschas/Schroeder, Die Novellierung der Europäischen Tabakproduktrichtlinie, S. 4, 5).

Da das Schutzgut des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit höher wiegt als die Berufsfreiheit der Produzenten und Vertreiber von Tabakprodukten, hat der Gesetzgeber bei der gesundheitsschützenden Regulation von Tabakprodukten zum oralen Gebrauch grundsätzlich einen weiten Spielraum. In dessen Rahmen hat er deren Vertrieb neben dem Tabak zum Rauchen nicht auf den herkömmlichen Kautabak beschränkt und jegliche Neuentwicklung auf diesem Gebiet von vornherein ausgeschlossen. Vielmehr hat er die Bestimmung zum Kauen in den Mittelpunkt gerückt, welche beim streitgegenständlichen Tabakprodukt gegeben ist. Soweit die von der Beklagten vertretene strengere Gangart gewollt wäre, müsste dies angesichts der erheblichen Grundrechtsrelevanz im Gesetzeswortlaut seinen Niederschlag finden.

Das Gericht verkennt nicht die Absicht des europäischen Richtliniengebers wie auch des deutschen Gesetzgebers zur Eindämmung neuartiger Tabakprodukte, die eine restriktive Auslegung der Ausnahmevorschriften nahelegen. Diese findet jedoch in dem ausdrücklichen Regelungsinhalt der maßgeblichen Vorschriften ihre Grenze. Der europäische Richtliniengeber wie auch der deutsche Gesetzgeber haben in ihren Bestimmungen nicht auf Kautabakprodukte im herkömmlichen Sinn abgestellt, sondern vielmehr als maßgebliches Kriterium die Bestimmung zum Kauen benannt und damit der unternehmerischen Freiheit zur Entwicklung neuer Produkte einen gewissen Spielraum eingeräumt. Ein Vertriebsverbot für eine Produktgruppe muss so bestimmt abgefasst sein, dass sich der Adressat in seiner wirtschaftlichen Betätigung darauf einstellen kann. Soweit die Vorschrift einen Spielraum lässt, bleibt es dem betroffenen Unternehmer unbenommen, diesen zu seinen Gunsten auszufüllen.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegener Teil hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt den §§ 167 VwGO i. V. m. 708 ff. ZPO.

3. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinn weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist, über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus geht und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 124 Rn. 10). Es bedarf der grundsätzlichen Klärung, welche Kriterien ein neuartiges Tabakerzeugnis erfüllen muss, um zum Kauen bestimmt zu sein.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 180.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erzielt sie mit dem streitgegenständlichen Tabakerzeugnis einen Jahresgewinn in Höhe von 180.000,00 EUR.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Zivilprozessordnung - ZPO | § 129a Anträge und Erklärungen zu Protokoll


(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden. (2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an da

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(1) Die Steuer beträgt:1.für Zigarettena)vorbehaltlich der Buchstaben b bis e 12,28 Cent je Stück und 19,84 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch den Betrag, der sich aus Absatz 2 ergibt;b)für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31.

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(1) Die Steuer beträgt:

1.
für Zigaretten
a)
vorbehaltlich der Buchstaben b bis e 12,28 Cent je Stück und 19,84 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch den Betrag, der sich aus Absatz 2 ergibt;
b)
für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 10,88 Cent je Stück und 19,84 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 22,276 Cent je Stück abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises der zu versteuernden Zigarette;
c)
für den Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2024 11,15 Cent je Stück und 19,84 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 22,888 Cent je Stück abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises der zu versteuernden Zigarette;
d)
für den Zeitraum vom 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2025 11,71 Cent je Stück und 19,84 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 24,163 Cent je Stück abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises der zu versteuernden Zigarette;
e)
für den Zeitraum vom 1. Januar 2026 bis zum 14. Februar 2027 12,28 Cent je Stück und 19,84 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 25,106 Cent je Stück abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises der zu versteuernden Zigarette;
2.
für Zigarren und Zigarillos
a)
vorbehaltlich Buchstabe b 1,4 Cent je Stück und 1,47 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 7,504 Cent je Stück abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises der zu versteuernden Zigarre oder des zu versteuernden Zigarillos;
b)
für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 1,4 Cent je Stück und 1,47 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 6,632 Cent je Stück abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises der zu versteuernden Zigarre oder des zu versteuernden Zigarillos;
3.
für Feinschnitt
a)
vorbehaltlich der Buchstaben b bis e 61,58 Euro je Kilogramm und 17,40 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch den Betrag, der sich aus Absatz 3 ergibt;
b)
für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 49,65 Euro je Kilogramm und 16,00 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 102,65 Euro je Kilogramm abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises des zu versteuernden Feinschnitts;
c)
für den Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2024 54,39 Euro je Kilogramm und 17,00 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 111,78 Euro je Kilogramm abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises des zu versteuernden Feinschnitts;
d)
für den Zeitraum vom 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2025 57,85 Euro je Kilogramm und 17,20 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 121,51 Euro je Kilogramm abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises des zu versteuernden Feinschnitts;
e)
für den Zeitraum vom 1. Januar 2026 bis zum 14. Februar 2027 61,58 Euro je Kilogramm und 17,40 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 128,83 Euro je Kilogramm abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises des zu versteuernden Feinschnitts;
4.
für Pfeifentabak
a)
vorbehaltlich Buchstabe b 15,66 Euro je Kilogramm und 13,13 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 26,00 Euro je Kilogramm;
b)
für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 15,66 Euro je Kilogramm und 13,13 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 24,00 Euro je Kilogramm;
5.
für erhitzten Tabak die Steuer nach Nummer 4 zuzüglich einer Zusatzsteuer, die sich bemisst aus 80 Prozent des Steuerbetrags nach Nummer 1 abzüglich des Steuerbetrags nach Nummer 4. Für die Berechnung nach Nummer 1 entspricht hierbei der jeweils stückweise und einzeln portionierte Rauchtabak einer Zigarette;
6.
für Wasserpfeifentabak die Steuer nach Nummer 4 zuzüglich folgender Zusatzsteuer
a)
für den Zeitraum 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022 15,00 Euro je Kilogramm;
b)
für den Zeitraum 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2024 19,00 Euro je Kilogramm;
c)
für den Zeitraum 1. Januar 2025 bis 31. Dezember 2025 21,00 Euro je Kilogramm;
d)
ab 1. Januar 2026 23,00 Euro je Kilogramm;
7.
für Substitute für Tabakwaren
a)
für den Zeitraum 1. Juli 2022 bis 31. Dezember 2023 0,16 Euro je Milliliter;
b)
für den Zeitraum 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2024 0,20 Euro je Milliliter;
c)
für den Zeitraum 1. Januar 2025 bis 31. Dezember 2025 0,26 Euro je Milliliter;
d)
ab 1. Januar 2026 0,32 Euro je Milliliter.

(2) Die Steuer für Zigaretten entspricht mindestens dem Betrag (Mindeststeuersatz), der sich errechnet aus 100 Prozent der Gesamtsteuerbelastung durch die Tabaksteuer und die Umsatzsteuer auf den gewichteten durchschnittlichen Kleinverkaufspreis für Zigaretten abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises der zu versteuernden Zigarette, mindestens jedoch der Betrag, der sich aus Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe e ergibt. Zur Ermittlung der Steuerbelastung ist der am 1. Januar eines Jahres geltende Steuersatz maßgebend.

(3) Die Steuer für Feinschnitt entspricht mindestens dem Betrag (Mindeststeuersatz), der sich errechnet aus 100 Prozent der Gesamtsteuerbelastung durch die Tabaksteuer und die Umsatzsteuer auf den gewichteten durchschnittlichen Kleinverkaufspreis für Feinschnitt abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises des zu versteuernden Feinschnitts, mindestens jedoch der Betrag, der sich aus Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe e ergibt. Zur Ermittlung der Steuerbelastung ist der am 1. Januar eines Jahres geltende Steuersatz maßgebend.

(3a) Für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 gilt für die Zwecke der Berechnung des Mindeststeuersatzes nach den Absätzen 1 bis 3 weiterhin der zum 1. Januar 2020 gültige Umsatzsteuersatz nach § 12 des Umsatzsteuergesetzes.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen macht im Bundesanzeiger jeweils im Monat Januar eines Jahres mit Wirkung vom 15. Februar des gleichen Jahres die aus der Geschäftsstatistik (§ 34) für das Vorjahr ermittelten gewichteten durchschnittlichen Kleinverkaufspreise für Zigaretten und Feinschnitt für Zwecke der Berechnung der Mindeststeuer auf Zigaretten und Feinschnitt bekannt. Berechnungen zum Mindeststeuersatz für Zigaretten, Zigarren und Zigarillos sowie für Feinschnitt erfolgen jeweils auf drei Stellen nach dem Komma. Die Mindeststeuer für Zigaretten, Zigarren und Zigarillos sowie für Feinschnitt wird auf zwei Stellen nach dem Komma gerundet.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung der Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21. Juni 2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren (ABl. L 176 vom 5.7.2011, S. 24) in der jeweils geltenden Fassung die Tabaksteuer auf Zigaretten sowie auf Feinschnitt durch Änderung des Absatzes 1 Nummer 1 und 3 zu erhöhen, wenn die in den Artikeln 10 und 14 dieser Richtlinie genannten Bestimmungen für die globale Verbrauchsteuer nicht mehr eingehalten werden. Dabei ist die erhöhte Tabaksteuer auf Zigaretten so festzusetzen, dass der Betrag des Stücksteueranteils gleich dem Betrag aus dem wertabhängigen Tabaksteueranteil und der Umsatzsteuer ist. Die so errechneten Steueranteile werden anschließend auf zwei Stellen nach dem Komma gerundet.

(6) Vorbehaltlich der Bestimmungen für die globale Verbrauchsteuer nach Absatz 5 Satz 1 wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zur Vermeidung einer allein umsatzsteuerbedingten Tabaksteuermehrbelastung im Fall der Erhöhung der Umsatzsteuer den wertabhängigen Tabaksteueranteil der Steuersätze in Absatz 1 durch Multiplikation mit dem Quotienten

100 + Prozentpunkte alte Umsatzsteuer
100 + Prozentpunkte neue Umsatzsteuer


zu ändern. Dabei kann das Bundesministerium der Finanzen den Quotienten auf fünf Dezimalstellen runden und den neuen Tabaksteueranteil auf zwei Dezimalstellen aufrunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden.

(2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. Die Wirkung einer Prozesshandlung tritt frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht. Die Übermittlung des Protokolls kann demjenigen, der den Antrag oder die Erklärung zu Protokoll abgegeben hat, mit seiner Zustimmung überlassen werden.