Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 28. Juli 2015 - Au 1 K 14.1563

bei uns veröffentlicht am28.07.2015

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 1 K 14.1563

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 28. Juli 2015

1. Kammer

Sachgebiets-Nr. 540

Hauptpunkte:

Tabak in Zellulosebeutelchen; Tabak zum anderweitigen oralen Gebrauch; Bestimmung zum Kauen bei feinkörnigem Beutelinhalt (verneint)

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagte -

beteiligt: ...

wegen Verkehrsverbot für ein Tabakerzeugnis

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 1. Kammer,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2015 am 28. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ein Vertriebsverbot für das Tabakerzeugnis „Thunder Frosted Chewing Bags“ der dänischen Firma ...

Am 25. August 2014 nahm das Landratsamt ... eine Probe des Tabakerzeugnisses „Thunder Frosted Chewing Bags“ und veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung durch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). In seinem Gutachten vom 18. September 2014 kam dieses zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Probe aufgrund der Struktur, Konsistenz und Verwendungsart um ein verbotenes Tabakprodukt handle, da es zum anderweitigen oralen Gebrauch als Rauchen oder Kauen bestimmt sei. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten neuartige Produkte zum oralen Gebrauch mit Ausnahme des herkömmlichen Kautabaks untersagt werden. In der Literatur würden Tabakprodukte, die für den oralen Gebrauch bestimmt seien, in zwei Gruppen aufgeteilt, nämlich Produkte zum Saugen und Lutschen sowie Produkte zum Kauen. Erzeugnisse zum Kauen würden als zu Riegeln gepresste Produkte und gerollte Tabakblätter beschrieben. Traditionelle Kautabake bestünden aus Tabakblättern, die beispielsweise zu Stängeln aufgerollt seien. Eine gesetzliche Definition von Kautabak existiere nicht. Bei dem vorliegenden Tabakprodukt handle es sich um fein geschnittenen Tabak, der in kleine, poröse Zellulosebeutelchen verpackt sei und damit vom traditionellen Kautabak deutlich abweiche. Das Produkt sei optisch nahezu identisch mit Snus und werde auch wie dieser verwendet, indem man ihn zwischen Lippen und Zahnfleisch oder in der Wangenfalte positioniere. Die Frage, ob ein Produkt zum Kauen bestimmt sei, sei aus der Sicht des Verbrauchers zu beurteilen. Hier habe eine Internetrecherche ergeben, dass das Produkt von vielen als Snus-Ersatz angesehen werde.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2014 ordnete die Beklagte an, dass die Klägerin das Tabakerzeugnis „Thunder Frosted Chewing Bags“ der Firma ... nicht mehr in den Verkehr bringen darf (Ziffer I). Laut Ziffer II wird mit diesem Bescheid die bereits am 8. Oktober 2014 mündlich getroffene Anordnung der Stadt ... bestätigt und präzisiert. Zur Begründung verwies die Beklagte auf das Gutachten des LGL.

Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2014 ließ die Klägerin hiergegen Klage erheben. Das streitgegenständliche Tabakerzeugnis sei verkehrsfähig, da es sich um Kautabak in Portionsbeuteln handle. Es sei zum oralen Gebrauch durch Kauen bestimmt und mit dem klassischen Kautabak vergleichbar. Das LGL stütze seine Auffassung allein darauf, dass es sich um ein Snus-ähnliches Erzeugnis handle. Diese Argumentation greife jedoch nicht, da es hierauf nicht ankomme. Es sei vielmehr entscheidend, ob es zum oralen Gebrauch durch Kauen bestimmt sei. Hiermit beschäftige sich das Gutachten jedoch nicht. Der Vergleich mit dem Tabakerzeugnis Snus gehe ins Leere, zumal er auch völlig falsch sei, da sich das vorliegende Produkt erheblich von Snus unterscheide. Es sei die Intention des Richtliniengebers, bestimmte neuartige Produkte, namentlich den vor allem in Nordeuropa verbreiteten Snus an einer weiteren Verbreitung in Europa zu hindern. Er habe speziell dieses Produkt verbieten wollen. Nicht gewollt habe er, dass herkömmlicher Kautabak ebenfalls unter dieses Verbot falle. Deshalb habe er das Verbot nur auf Tabakprodukte bezogen, die aus einem Pulver oder einem feinkörnigen Granulat oder einer Kombination dieser Formen bestünden. Das streitgegenständliche Tabakprodukt bestehe jedoch aus in Streifen geschnittenen Tabakblättern und nicht aus fein gemahlenem Tabakpulver, das für Snus charakteristisch sei. Zwar werde auch bei dem streitgegenständlichen Produkt ein Portionsbeutel verwendet, dieser sei jedoch aus einem deutlich stärkeren Material als bei Snus, so dass die Widerstandsfähigkeit beim Kauen gewährleistet sei. Ohnehin könne es für die Verkehrsfähigkeit eines Produkts nicht ausschlaggebend sein, ob Portionsbeutel verwendet würden oder nicht. Auch die Herstellung der „Thunder Frosted Chewing Bags“ sei nicht mit der Herstellung von Snus vergleichbar. Bei Snus seien die Papiertüten schon vorbefeuchtet. Dies sei hier nicht der Fall. Sie müssten erst im Mund gekaut und befeuchtet werden, um Aroma und Wirkstoffe freizugeben. Da der verwendete geschnittene Tabak die aromatischen Beigaben wesentlich langsamer aufnehmen könne als gemahlenes Tabakpulver, betrage hier die Reifezeit zwei Wochen anstatt nur 48 Stunden bei gemahlenem Tabakpulver. Der Tabak für die „Thunder Frosted Chewing Bags“ werde mindestens viermal gelüftet und gesiebt, damit das Produkt während der Reifezeit nicht zusammenklumpe. Bei Snus finde nur eine Oxidation statt. Die längere Reifezeit sei erforderlich, weil geschnittener Tabak die aromatischen Beigaben wesentlich langsamer aufnehme. Analog hierzu brauche es auch deutlich länger beim Konsum, um die enthaltenen Stoffe wieder abzugeben. Das streitgegenständliche Tabakerzeugnis müsse deshalb gekaut werden, um den gewünschten Geschmack und auch Nikotin freizugeben. Die besondere Reifung des Tabaks sei direkt vergleichbar mit bereits im Handel befindlichen traditionell hergestellten Kautabakprodukten. Auch die Verwendungsart der „Thunder Frosted Chewing Bags“ ähnle dem Konsum herkömmlichen Kautabaks. Sie seien eindeutig zum Kauen bestimmt, wobei der Begriff Kauen bei Tabakprodukten anders ausgelegt werden müsse als bei anderen Produkten. Kautabak werde in der Regel in die Backentasche gelegt, wo der Speichel des Verwenders die Aromen aus dem Produkt löse. Ab und zu sei es notwendig, für die Entfaltung von Geschmack und Nikotin den Tabak mit der Zunge aus der Backentasche zu holen und durch sanften Druck mit den Zähnen zu pressen. Dies entspreche der Verwendungsweise von Kautabak. Snus werde hingegen nur in die Backentasche eingelegt und lediglich mit der Zunge hin und her bewegt, was als „Lutschen“ bezeichnet werde. Auch der objektive verständige Verbraucher würde das vorliegende Produkt als Kautabakprodukt einordnen. Wie das LGL einräume, sei die Abgrenzung zwischen Kautabak und Produkten für den anderweitigen oralen Gebrauch oftmals schwierig. Auch der Gesetzgeber definiere Kautabak nicht eindeutig. Es handle sich bei dem streitgegenständlichen Produkt um Kautabak in Portionsbeuteln. Lediglich diese Darreichungsform ähnle Snus-Produkten.

Die Klägerin lässt beantragen,

den Bescheid über das Verkehrsverbot für das Tabakerzeugnis „Thunder Frosted Chewing Bags“ der Stadt ... vom 13.10.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 10. März 2015,

die Klage abzuweisen.

Das streitgegenständliche Produkt sei ein Tabakerzeugnis zum oralen Gebrauch, das in der Produktkonsistenz vom traditionellen Kautabak deutlich abweiche. Es handle sich um fein geschnittenen Tabak, der in kleine, poröse Zellulosebeutelchen verpackt sei. Es sei der Klägerin zwar darin zuzustimmen, dass es nicht darauf ankomme, ob es sich um Snus oder ein snus-ähnliches Produkt handle. Allein die Herstellerangabe für die Benutzung des Produkts könne jedoch nicht ausschlaggebend sein. Maßgeblich sei vielmehr das tatsächliche Nutzungsverhalten des Verbrauchers. Zudem handle es sich nach der Form und Beschaffenheit der „Thunder Chewing Bags“ weder um Rollen, Stangen, Streifen, Würfel oder Platten und damit nicht um Kautabak im Sinne der Tabakverordnung. Schutzziel und Zweck der Tabakverordnung sei, den Verbraucher vor neuartigen Erzeugnissen zum oralen Gebrauch zu schützen. Die Ausnahme für Kautabak sei eng auszulegen und nicht auf neue Produkte zum oralen Gebrauch auszudehnen.

Am 28. Juli 2015 fand die mündliche Verhandlung statt. Auf die dabei gefertigte Niederschrift wird ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Beklagten vorgelegten Behördenakte.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Das mit Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2014 erlassene Vertriebsverbot für das Tabakerzeugnis „Thunder Frosted Chewing Bags“ der dänischen Firma ... ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 21 Abs. 1 Nr. 1g des Vorläufigen Tabakgesetzes i. V. m. § 5a der Verordnung über Tabakerzeugnisse (Tabakverordnung). Hiernach ist es verboten, Tabakerzeugnisse, die zum anderweitigen oralen Gebrauch als Rauchen oder Kauen bestimmt sind, gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen. Bei dem streitgegenständlichen Tabakprodukt handelt es sich um ein nach dieser Vorschrift verbotenes Tabakerzeugnis.

a) Tabakerzeugnisse zu anderweitigem oralen Gebrauch werden nicht wie herkömmlicher Kautabak gekaut, sondern im Bereich des Mundes gehalten (Zipfel, Lebensmittelrecht, Band V, Stand Juli 2014, C 900 § 3 Vorläufiges Tabakgesetz Rn. 17). Gemäß Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2001/37/EG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen (sog. Tabakrichtlinie) sind Tabak zum oralen Gebrauch alle zum oralen Gebrauch bestimmten Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus Tabak bestehen, sei es in Form eines Pulvers oder feinkörnigen Granulats oder einer Kombination dieser Formen, insbesondere in Portionsbeuteln bzw. in porösen Beuteln oder in einer Form, die an ein Lebensmittel erinnert, mit Ausnahme von Erzeugnissen, die zum Rauchen oder Kauen bestimmt sind.

b) Das Vertriebsverbot des § 5a Tabakverordnung greift dann, wenn das Tabakprodukt zum anderweitigen oralen Gebrauch als Kauen bestimmt ist. Bei dem streitgegenständlichen Tabakprodukt handelt es sich um ein neuartiges Produkt, das sich von herkömmlichem Kautabak deutlich unterscheidet. Dieser wird nach dem aufgehobenen § 2 Abs. 5 TabaksteuerG 1980 als ein Erzeugnis in Rollen, Stangen, Streifen, Würfeln oder Platten definiert, das durch Soßen so zubereitet ist, dass es sich nicht zum Rauchen, sondern nur zum Kauen eignet. Es ist unstreitig, dass ein solches Erzeugnis nicht vorliegt. Allein die Tatsache, dass es sich nicht um Kautabak im herkömmlichen Sinne handelt, rechtfertigt jedoch nicht das Vertriebsverbot. Denn die Vorschrift des § 5a TabV stellt nicht auf den Begriff des traditionellen Kautabaks ab, sondern vielmehr darauf, ob das Tabakerzeugnis zum Kauen bestimmt ist. Damit kann grundsätzlich auch ein neuartiges Kautabakprodukt den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

Bei der Frage, ob ein Produkt zum Kauen bestimmt ist, muss sich die Bestimmung aus dem Produkt selbst ergeben. Es ist weder maßgeblich auf die Angabe des Herstellers noch auf die Meinung der Konsumenten abzustellen. Ausschlaggebend ist vielmehr eine auf das Produkt bezogene objektive Betrachtungsweise.

c) Ein Öffnen der Zellulosebeutel des streitgegenständlichen Tabakprodukts „Thunder Frosted Chewing Bags“ im Rahmen der Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung hat ergeben, dass der Inhalt der Beutelchen ein sehr klein geschnittener Tabak von eher körniger Substanz ist. Nach der herkömmlichen Definition des in Art. 2 Nr. 4 der Tabakrichtlinie verwendeten Begriffs „Granulat“ als eine durch ein bestimmtes Verfahren in Körner zerkleinerte Substanz kommt er den Kriterien eines feinkörnigen Tabakgranulats im Sinne des Art. 2 Nr. 4 der Tabakrichtlinie zumindest nahe. Dabei ist er nur etwas gröber als der Inhalt der zum Vergleich herangezogenen Snus Bags. Snus ist ein mit Salzen versetzter Tabak, der unter die Ober- oder Unterlippe gesteckt wird und dort ohne Weiteres seine Inhaltsstoffe entfaltet. Er dient dem anderweitigen oralen Gebrauch im Sinne des § 5a Tabakverordnung dadurch, dass er nur im Mund gehalten wird und allenfalls etwas gelutscht oder mit der Zunge leicht gedrückt wird. Ebenso wie bei den Snus-Produkten wird der Tabak des streitgegenständlichen Erzeugnisses allein durch den Beutel zusammen gehalten, hat darüber hinaus jedoch keine feste Konsistenz, die ihn ohne Beutel als zum Kauen bestimmt erscheinen lässt. Angesichts der feinkörnigen Konsistenz geht das Gericht davon aus, dass der in den Beuteln befindliche Tabak keiner mechanischen Einwirkungen durch die Zähne standhält bzw. keiner solchen bedarf, um die Inhaltsstoffe zu lösen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass nach den Ausführungen der Klägerin Kauen im Bereich des Tabakkonsums keine stetige mechanische Einwirkung auf das Tabakprodukt bedeutet. Ein solches Konsumverhalten wäre auch bei herkömmlichem Kautabak nicht möglich. Allerdings kann ein Tabakerzeugnis nur dann zum Kauen bestimmt sein, wenn es eines Kauvorganges bedarf oder dieser zumindest möglich ist und dazu führt, dass sich die Inhaltsstoffe in der gewünschten Weise lösen. Dies ist bei dem vorliegenden Tabakprodukt fraglich, da bereits eine feste, konsistente Masse fehlt, die geeignet ist, durch Kauen die Inhaltsstoffe zu lösen.

d) Soweit die Klägerin auf die festen Zellulosebeutel der „Thunder Frosted Chewing Bags“ verweist, die einem Kauvorgang durchaus standhalten könnten, genügt dies ebenso wenig wie die im Vergleich zu den meisten Snus-Produkten fehlende Vorbefeuchtung der Beutelchen. Denn ein Tabakprodukt ist nicht bereits dann zum Kauen bestimmt, wenn seine Kaueignung durch eine außerhalb des eigentlichen Tabakerzeugnisses liegende Darreichungsform vermittelt wird. Von einer Bestimmung zum Kauen kann vielmehr erst dann ausgegangen werden, wenn der Tabak als solcher so verarbeitet ist, dass er mechanischem Druck durch die Zähne standhält und dadurch seine Inhaltsstoffe preisgibt. Ein geringfügig stärkerer Zellulosebeutel, der nicht vorbefeuchtet ist, kann diese Bestimmung nicht vermitteln, wenn der im Inneren befindliche Tabak stark zerkleinert ist und damit selbst nicht gekaut werden kann und muss. Hiervon geht das Gericht aufgrund der Inaugenscheinnahme und des festgestellten Maßes der Zerkleinerung, das sich nicht wesentlich von einem Snus-Produkt unterscheidet, aus.

Der Hinweis der Klägerin auf den aufwändigen Herstellungsprozess des Produkts und die dadurch erreichte verlangsamte Abgabe der Inhaltsstoffe steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Denn eine langsamere Abgabe der Inhaltsstoffe ändert nichts daran, dass der Tabak seine Kaufähigkeit erst durch das ihn umgebende Beutelchen erreicht und angesichts der stark zerkleinerten Konsistenz des Produkts ein Kauvorgang zur Herauslösung der Inhaltsstoffe entbehrlich ist. Insoweit ist das streitgegenständliche Erzeugnis trotz Eigenständigkeiten im Herstellungsprozess einem verbotenen Lutschtabakprodukt nachempfunden.

e) Die Kaubeständigkeit der Beutelchen bei einem im Übrigen weder kaufähigen noch kaubedürftigen Inhalt genügt auch im Hinblick auf die Definition in Art. 2 Nr. 4 der Tabakrichtlinie nicht den gesetzlichen Anforderungen. Dort stellt der Richtliniengeber ausdrücklich klar, dass insbesondere auch Tabakprodukte in Portionsbeuteln bzw. porösen Beuteln verboten werden sollten. Dieser gesetzgeberischen Intention würde zuwider laufen, wenn die Kaubestimmung wesentlich durch den Beutel vermittelt wird. Das Verbot des gewerbsmäßigen Inverkehrbringens solcher Erzeugnisse beruht auf der Richtlinie 92/41/EWG vom 15. März 1992 (ABl. Nr. L., 158/30). Die amtliche Begründung zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Vorläufigen Tabakgesetzes, durch das die Worte „anderweitiger oraler Gebrauch“ in § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 aufgenommen wurden (2. ÄndG v. 25.11.1994, BGBl. I S. 3538), verweist ausdrücklich auf die Erwägungsgründe dieser Richtlinie. Dort wird ausgeführt, dass neuartige Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch besonders anziehend auf Kinder und Jugendliche wirkten und deshalb ein ernst zu nehmendes Risiko bestehe, dass bei dieser Personengruppe durch diese Erzeugnisse eine Nikotinabhängigkeit verursacht werde. Zudem wird auf Untersuchungen des internationalen Krebsforschungszentrums hingewiesen, wonach Tabake zum oralen Gebrauch besonders große Mengen an Krebserregern enthielten und vor allem Krebserkrankungen der Mundhöhle verursachten. Der Gesetzgeber ging dabei unter Berücksichtigung von Art. 2 Nr. 4 der Tabakrichtlinie davon aus, dass insbesondere die Darreichungsform in Beutelchen anziehend auf neue Konsumenten wirkt, die durch andere Kautabakprodukte nicht erreichbar sind. Damit ist nach der gesetzgeberischen Intention insbesondere bei den in Beutelchen abgepackten Tabakprodukten ein strenger Maßstab bei der Prüfung anzulegen, inwieweit das Erzeugnis zum Kauen bestimmt ist. Dieser Prüfung hält das streitgegenständliche Produkt nicht stand.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegener Teil hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt den §§ 167 VwGO i. V. m. 708 ff. ZPO.

3. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Es bedarf der grundsätzlichen Klärung, welche Kriterien ein neuartiges Tabakerzeugnis erfüllen muss, um zum Kauen bestimmt zu sein.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Berufungsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 800.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ihren Jahresgewinn aus dem Vertrieb des streitgegenständlichen Produkts mit 800.000,- EUR beziffert.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden.

(2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. Die Wirkung einer Prozesshandlung tritt frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht. Die Übermittlung des Protokolls kann demjenigen, der den Antrag oder die Erklärung zu Protokoll abgegeben hat, mit seiner Zustimmung überlassen werden.