Der am ... 1989 geborene Kläger hat sich als Soldat auf Zeit für 13 Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet und begehrt die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer.
Der Kläger wurde zum 1. Juli 2008 als Anwärter für die Offizierslaufbahn des Truppendienstes im Ausbildungsgang mit Studium als Soldat auf Zeit eingestellt und der Truppengattung der Fernmelder zugeordnet. In seiner Bewerbung vom 25. Februar 2008 gab der Kläger an, dass er den Wunsch habe, Offizier zu werden, weil er die Arbeit der Bundeswehr in friedenserhaltenden, friedensschaffenden und bei Hilfseinsätzen unterstützen möchte. Ab Oktober 2009 studierte der Kläger an der Universität der Bundeswehr ... Informatik. Derzeit bekleidet er den Dienstrang eines Leutnants. Aufgrund der Anrechnung der Dienstzeiten im Grundwehrdienst vom 1. Juli bis 31. Dezember 2008 endet seine Dienstzeit mit Ablauf des 30. Juni 2021. Ausweislich der Master-Urkunde der Universität der Bundeswehr ... erhielt der Kläger aufgrund aller bis zum 2. April 2013 im Studiengang Informatik erfolgreich erbrachten Leistungen am 30. September 2013 den akademischen Grad „Master of Science“ verliehen.
Laut Beurteilungsvermerk vom 5. Dezember 2008 handelt es sich beim Kläger um eine Person, die über ein fachgerechtes Fach- und Allgemeinwissen verfüge sowie sach- und zielorientiert handle und denke. Dabei sei er durchaus in der Lage, Zusammenhänge kritisch und gründlich zu analysieren. Offenheit und die Fähigkeit, zuhören zu können, seien eine Basis für Verständnis und die Befähigung für stets zeitgemäße Menschenführung. Geistige Leistungskraft und Beweglichkeit, ausgewogenes und sicheres Urteil, perspektivischer Blick auf Entwicklungen und Probleme rundeten sein Leistungsbild ab.
Im „Ausbildungsnachweis Truppenkommando mit Beurteilungsvermerk“ vom 19. Februar 2009 wird dem Kläger Selbstständigkeit und methodisches Geschick im Rahmen der aktuellen Truppeninformation und der Gestaltung von Unterrichten bescheinigt. Er habe die ihm anvertrauten Soldaten durch Beispiel geführt und motiviert. Die Eignung zum Offizier sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt klar erkennbar.
Nach der planmäßigen Beurteilung vom 15. April 2010 wird der Kläger als umsichtiger, zurückhaltender, aber leistungsfähiger Offiziersanwärter, der durch Fleiß und positive Lebenseinstellung geprägt sei, beschrieben. Er habe klare Zielvorstellungen, seine Stärke liege eindeutig im theoretischen Bereich. In den Unterrichtsstunden melde er sich nur nach Aufforderung, um dann allerdings mit fundierten Beiträgen zur Lösungsfindung beizutragen. Der Kläger gab hinsichtlich seiner Vorstellungen zum weiteren Werdegang an, zunächst das Studium erfolgreich absolvieren zu wollen und danach eine Verwendung als Zugführer oder eine Fachverwendung anzustreben. Auf weitere Sicht möchte er Kompaniechef werden.
Am 3. April 2013 beantragte der Kläger die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer und begründet dies im Wesentlichen wie folgt:
Seine Erziehung sei geprägt gewesen von einem friedlichen und rücksichtsvollen Verhalten gegenüber anderen Menschen. Seine Eltern hätten versucht, ihm schon früh die gewaltfreie Lösung von Konflikten beizubringen. Jegliches Kriegs- oder kriegsähnliches Spielzeug sei ihm verboten gewesen. Eine Sensibilisierung für das Thema Krieg und Waffengewalt in jungen Jahren sei in seinen Augen sehr wichtig und er könne mittlerweile das Bestreben seiner Eltern gut nachvollziehen.
Neben den Eltern hätten ihn auch die Großeltern aufgrund ihrer Erfahrungen im Ersten und Zweiten Weltkrieg geprägt. Die Erzählungen seines Großvaters von den erschreckenden und tragischen Ereignissen seien ihm in Erinnerung geblieben. Sein Großvater habe den rechten Arm verloren, was ihn für den Rest seines Lebens gezeichnet habe. Ihm sei mittlerweile klar, dass er mit der Verantwortung für solche Folgen unmittelbarer Kriegshandlung, welche als Soldat und Befehlsempfänger allgegenwärtig seien, nicht lebe könne. Ebenso habe ihn die Erzählung seines Großvaters über ein zufälliges Zusammentreffen mit dessen Bruder während eines Gefechts berührt. Das sei das letzte Mal gewesen, dass jener seinen Bruder im Krieg gesehen habe. Während er als Kind die Erzählungen als langweilige Geschichten abgetan habe, wisse er nunmehr, wie schmerzhaft solche Verluste für die Betroffenen wirklich seien. Zu Beginn seines Studiums habe er sich voll und ganz auf die Lerninhalte konzentriert, erst danach habe er sich aufgrund der zeitlichen Freiräume verstärkt mit der Thematik beschäftigt, weshalb er den Antrag auch so spät gestellt habe.
Die Motivation, der Bundeswehr beizutreten, habe von seinem damaligen Bild - geprägt von der medialen Berichterstattung vom KFOR-Einsatz, vom Aufbau von Bildungseinrichtungen und anderen infrastrukturellen Unterstützungsmaßnahmen - der Bundeswehr als Friedensstifter und Wiederaufbauorganisation hergerührt. Auch ein Jugendoffizier, der in der Schule einen Vortrag gehalten habe, habe dieses Bild von der Bundeswehr gestützt. Aufgrund dessen und seiner Prägung durch die elterliche Erziehung sei er der Bundeswehr beigetreten. Er habe für den internationalen Frieden und für ein gewaltfreies Miteinander seinen Beitrag leisten und die Welt besser machen wollen.
Die Entscheidung, sich bei der Bundeswehr zu verpflichten, habe er gleich nach Ende der Schulausbildung ohne große Bedenkzeit getroffen. Jedoch habe er sich gegen eine Verwendung bei den Kampftruppen und für den Einsatz in der Führungsunterstützung entschieden. Das in die Ausbildung integrierte Studium sei ihm entgegengekommen und er denke, dass sich viele bei der Bewerbung keine Gedanken über die tatsächliche Tätigkeit eines Soldaten, welche sich erst gegen Ende des Studiums immer deutlicher abgezeichnet habe, gemacht hätten. Die militärische Ausbildung könne nur begrenzt aufzeigen, was einen wirklich erwarte, nämlich schlimmsten Falls das Nehmen von Menschenleben. Man erlerne Taktik und militärische Grundfertigkeiten. Bei den jährlichen Schießübungen, die integraler Bestandteil der Ausbildung seien, habe er erstmals Zweifel gehabt, ob er auch auf Menschen statt nur auf Pappziele schießen könne. Aufgrund der Umgewöhnungsphase habe er gehofft, sich damit arrangieren zu können.
Während seiner Ausbildung zum Offizier habe sich seine Sichtweise auf die Tätigkeit als Offizier bei der Bundeswehr grundlegend geändert. Bei Eintritt habe er gedacht, die Welt zum Besseren verändern zu können, was er aus heutiger Sicht als äußerst naiv und falsch bewerte. Er sei überzeugt, dass Militär und Waffengewalt leider nur das Gegenteil von Frieden und besseren Verhältnissen bewirkten. So habe er erfahren, dass deutsche Piloten während des Kosovokriegs das Land erst verwüstet hätten und der Krieg auch heute noch von Experten als völkerrechtswidrig eingestuft werde. Diese Erkenntnisse hätten neue Fragen in ihm aufgeworfen, wenn Soldaten erst zerstörten, um dann das Zerstörte wieder aufzubauen.
Auch sei das Bild von der Verwendung in einer kampftruppenfernen Führungsunterstützung falsch. Denn diese sei grundlegende Voraussetzung für die Einsatzbereitschaft und trage damit - wenn auch nur indirekt - zum Tod von Menschen bei. Dies löse bei ihm Angst und Schrecken aus. Durch Informationsübermittlung von Aufenthaltsorten von Personen an kämpfende Verbände trage er zu deren Tod bei.
Auch das Leitbild der Bundeswehr vom „Staatsbürger in Uniform“ vermittle ein völlig falsches Bild. Man sei in erster Linie Soldat. Mittlerweile wisse er, dass sowohl bei Friedenssicherung wie auch im Krieg Soldatsein immer auch bedeute, Menschen zu bedrohen oder sogar zu töten. In der Zeit der Bewerbung sei das Wort „Krieg“ für Bundeswehreinsätze öffentlich gemieden und durch Begriffe wie „Mission“, „Auslandseinsatz“ und „Intervention“ verharmlost worden.
Erschwerend komme hinzu, dass potentielle Feinde als solche nicht identifiziert werden könnten und in der Folge mit unbeteiligten Zivilisten verwechselt werden würden. Dies geschehe nur allzu häufig, wie der Berichterstattung über den Irak und Afghanistan zu entnehmen sei. Dies führe zu noch mehr Krieg, Hass und Verzweiflung. Er habe nicht das Recht, anderen Menschen das Leben zu nehmen und könne daher die Verantwortung über Leben und Tod nicht tragen.
Zwar sei er weder getauft noch konfirmiert, doch gehörten die Gebote der Nächstenliebe und der Wertschätzung des Lebens bei allen Religionen zu den wichtigsten Verhaltensregeln. Diese Kennwerte gehörten auch für ihn aufgrund seiner Erziehung zu seiner Persönlichkeit. Das Töten von Menschen sei damit unvereinbar. Er könne es daher mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, jemals jemanden töten zu müssen.
Mit Schreiben vom 24. April 2013 teilte das Personalamt der Bundeswehr mit, den Antrag des Klägers nicht zu befürworten. Die Beurteilung des Klägers von Dezember 2008 charakterisiere ihn als Soldaten mit ausgeprägtem Pflichtbewusstsein. Laut Beurteilung von Februar 2010 habe er den Wunsch geäußert, nach der Verwendung als Zugführer Kompaniechef zu werden. Der Kläger habe wiederholt an Ausbildungen mit der Waffe und an Schießübungen teilgenommen und dabei so gute Ergebnisse erzielt, dass er in den Jahren 2009 bis 2012 jeweils das Leistungsabzeichen im Truppendienst in Gold verliehen erhalten habe.
Der Leiter der Studentenfachbereichsgruppe äußerte sich laut Aktennotiz vom 11. April 2013 ebenfalls ablehnend. Der Kläger sei ihm seit 18. September 2012 unterstellt. Er sei ein junger und eigentlich pflichtbewusster Offizier, der bislang durch eine sehr positive Berufsauffassung hervorgetreten sei. Bisher scheinbare Gewissenskonflikte seien nicht bekannt. Seinen Primärauftrag habe er mit erfolgreichem Abschluss des Studiums in nur dreieinhalb Jahren sehr gut erfüllt. Dem Sekundärauftrag - Inübunghaltung der militärischen Grundfertigkeiten unter Beibehaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit - sei er ebenfalls ohne Beanstandung nachgekommen. Bei der letzten Schießübung am 20. Februar 2013 habe der Kläger aus gesundheitlichen Gründen gefehlt.
Mit Schreiben vom 26. Mai 2013 ergänzte der Kläger auf Anfrage der Beklagten die Begründung seines Antrags auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer (Bl. 28 - 36 der Behördenakten).
Mit Bescheid vom 10. Juli 2013 hat die Beklagte den Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer abgelehnt, weil Zweifel an der Wahrheit der Angaben des Klägers auch im Rahmen der Anhörung nicht ausgeräumt worden seien (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 KDVG). Bei einem Soldaten auf Zeit, der zunächst ohne erkennbaren Gewissenskonflikt über fast fünf Jahre seinen Dienst geleistet habe, könne eine schwerwiegende Gewissensnot regelmäßig nur nach einem einschneidenden Schlüsselerlebnis oder einem längeren intensiven Wandlungsprozess angenommen werden. Der Vortrag sei insofern unkonkret und oberflächlich. Trotz der angeblichen Zweifel am Waffengebrauch hätte der Kläger bei den Schießübungen sehr gute Ergebnisse erzielt. Dass er sich nicht im Klaren gewesen sei, wozu diese Übungen letztendlich dienten, sei nicht glaubwürdig. Auch der Vortrag, dass er beim Eintritt in die Bundeswehr jung und naiv gewesen sei und sich über die Auswirkungen von Waffen nicht die notwendigen Gedanken gemacht habe, sei insbesondere im Hinblick auf die Kriegsverletzung des Großvaters unglaubhaft und nicht nachvollziehbar. Bereits 2009 habe der damalige Verteidigungsminister das Wort „Krieg“ verwendet. Im Übrigen hätte dem Kläger aufgrund der Medienberichterstattung über die umstrittenen Kampfeinsätze im Kosovo ab 1999 oder in Afghanistan ab 2002 bewusst sein müssen, dass zum Soldatenberuf auch das Töten von Menschen gehören könne. Im Falle einer echten Gewissensnot könne es auch nicht darauf ankommen, ob und wann man Zeit finde, den Antrag zu formulieren, so dass es auch als unglaubwürdig erscheine, dass der Antrag wegen all der studienrelevanten Arbeiten erst nach deren Abschluss gestellt worden sei.
Der hiergegen am 15. Juli 2013 eingelegte und nochmals ausführlich begründete Widerspruch (Bl. 47 bis 63 der Behördenakten) wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2013 zurückgewiesen. Dass der Kläger vor dem Hintergrund der Einsätze der Bundeswehr nicht gewusst habe, dass zum Soldatenberuf auch das Töten von Menschen gehöre, sei vollkommen unrealistisch. Die Ausbildung zum Umgang mit der Waffe bzw. zum Schießen erfolge in Vorbereitung für den Ernstfall. Insofern erscheine es unglaubwürdig, dass die Schießausbildung für den Kläger lediglich Wettkampfcharakter gehabt habe, und dass er erst später bei Vorträgen und Gesprächen mit einsatzerfahrenen Soldaten die eigentliche Wirkung von Waffen und die wahre Bedeutung von Tod und Verwundung erkannt habe.
Hiergegen ließ der Kläger am 27. August 2013 Klage erheben. Für ihn ist beantragt:
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. August 2013 verpflichtet, den Kläger als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen.
2. Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Kläger führt zur Begründung aus, er habe bei der Antragstellung ausführlich dargelegt, dass es sich bei dem Gewissenskonflikt um einen schleichenden Prozess über eine längere Zeit gehandelt habe. Zu Beginn habe er sich keine Gedanken gemacht, hätte wegen des Studiums keinen Kontakt zu Waffen gehabt und geglaubt, sich an deren Umgang gewöhnen zu können. Seine damaligen Einstellungen betrachte er rückblickend als naiv. Das Schlüsselerlebnis sei eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Sammlung von Erfahrungen, v.a. nach Abschluss des Studiums mit Wiedereintritt in die Truppe, wo er nun tatsächlich wieder als Soldat eingesetzt werde. Die Ablehnungsbescheide seien formelhaft mit entsprechenden Textbausteinen begründet. Der wahre Grund der Ablehnung liege darin, dass im Jahr 2012 deutlich mehr Kriegsdienstverweigerungsanträge gestellt worden seien, was zu einer sehr viel strengeren und mit der Handhabung in den vorvergangenen Jahren nicht mehr vergleichbaren Entscheidungspraxis bei der Beklagten geführt habe.
Mit Schreiben vom 10. September 2013 trat die Beklagte der Klage entgegen. Für sie ist beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bleibe trotz der umfangreichen Ausführungen des Klägers unklar, durch wen oder aufgrund welcher Begebenheiten er einen Gesinnungswandel durchlebt habe, nachdem er fünf Jahre lang ohne auch nur einen im Ansatz erkennbaren Gewissenskonflikt seinen Dienst bei der Bundeswehr verrichtet, sein Studium an der Universität der Bundeswehr erfolgreich abgeschlossen und am Folgetag seinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer eingereicht habe. Insofern sei auch das ergänzende Vorbringen im Widerspruchsverfahren, etwa in Bezug auf die 2011 eintretende schwere Erkrankung der Großmutter und die damit einhergehende Belastung für den Kläger sowie die Kenntnis, dass seine Schwester ein Kind erwarte, nicht geeignet, die wirkliche Umkehr des Gewissens im Sinne einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem Auftrag der Bundeswehr einerseits und einem inneren unausweichlichen Gewissensdruck andererseits zu vermitteln.
Unter dem 28. November 2013 ließ der Kläger einen Ärztlichen Befundbericht des Medizinischen Versorgungszentrums ..., ..., vom 5. November 2013 vorlegen, aus dem u. a. hervorgeht, dass bei ihm Realitätsbezug sowie Urteils- und Kritikfähigkeit ausreichend erhalten sei. Seit er an den Standort ... versetzt worden sei, tue er sich schwer, seinen Dienst dort zu erfüllen. Er habe Zukunftssorgen und Schlafstörungen. Beim Kläger sei psychodynamisch von einem gemischten Konflikt auszugehen mit im Vordergrund stehenden Anteilen eines Autarkie-Versorgungskonflikts sowie einer ödipalen Rivalitätsproblematik, die durch die Auseinandersetzung mit der Autorität der Bundeswehr aktiviert worden sei und zu Symptomen führe. Angst vor einer Überflutung durch negative Affekte wehre der Kläger massiv mittels Abspaltung, Intellektualisierung, Rationalisierung und mittels Ausagierens durch die Instanzen ab. Die Introspektionsfähigkeit wäre für eine tiefenpsychologische-psychotherapeutische Behandlung ausreichend, jedoch sei die Bereitschaft, sich mit den inneren und früheren Hintergründen seiner derzeitigen Situation und Problematik auseinanderzusetzen, derzeit noch nicht ausreichend.
Am 10. Juli 2014 fand mündliche Verhandlung statt, bei der der Kläger als Partei einvernommen wurde zu der Frage, welche Beweg- und Gewissensgründe für die von ihm begehrte Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer ausschlaggebend gewesen waren.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behörden- und die Gerichtsakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 10. Juli 2014 verwiesen.
Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. August 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG darf niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Wer aus Gewissensgründen unter Berufung auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, wird gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe aus Gewissensgründen (Kriegsdienstverweigerungsgesetz - KDVG) als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Nach § 5 KDVG ist eine Person auf ihren Antrag hin als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen, wenn der Antrag vollständig ist, die dargelegten Beweggründe geeignet sind, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen, und das tatsächliche Gesamtvorbringen sowie die dem Bundesamt bekannten sonstigen Tatsachen keine Zweifel an der Wahrheit der Angaben des Antragstellers begründen oder die Zweifel aufgrund einer Anhörung nach § 6 KDVG nicht mehr bestehen.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger hat auch bei seiner Parteieinvernahme in der mündlichen Verhandlung die Zweifel an der Wahrheit seiner Angaben, wie sie von der Beklagten in den Bescheiden ausgeführt worden sind, nicht zu entkräften vermocht. Das Gericht hält es nach Würdigung aller in Betracht kommender Umstände nicht für wahrscheinlich, dass der Kläger eine verbindliche Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen hat.
Für eine verbindliche Gewissensentscheidung müssen konkrete Anhaltspunkte festgestellt werden (vgl. BVerwG, B. v. 6.2.1978 - VI B 36.77 - BVerwGE 55, 217). Eine Gewissensentscheidung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U. v. 20.12.1960 - 1 BvL 21/60 - BVerfGE 12,45) jede ernste, sittliche, an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne schwere seelische Not bzw. nicht ohne ernstliche Gewissensnot handeln kann. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 1. Februar 1989 (BVerwG, U. v. 1.2.1989 - 6 C 61.86 - BVerwGE 81, 239) klargestellt hat, ist Voraussetzung für die Annahme einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG nicht das „Zerbrechen der Persönlichkeit“ oder der Eintritt eines „schweren seelischen Schadens“. Es genügt vielmehr eine schwere Gewissensnot des Betroffenen, die im Einzelfall zu einem seelischen Schaden führen kann, aber nicht muss. Das Vorliegen einer solchen Gewissensentscheidung lässt sich vielfach nicht in vollem Umfang beweisen. Es kann daher genügen, dass ein aufgrund aller in Betracht kommender Umstände ermittelter hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für eine solche Entscheidung spricht (vgl. BVerwG, U. v. 18.10.1972 - VIII C 46.72 - BVerwGE 41, 53).
Anders als bei Wehrpflichtigen, die vor oder bei Beginn des Wehrdienstes einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer stellen, ist bei Soldaten auf Zeit, die den Grundwehrdienst geleistet haben, ohne einen Konflikt mit dem Gewissen zu empfinden, für die Ernsthaftigkeit der Gewissensentscheidung allerdings der Nachweis einer „Umkehr“ der gewissensmäßigen Einstellung zum Kriegsdienst mit der Waffe zu fordern. Die Umkehr kann nicht nur durch ein „Schlüsselerlebnis“ oder entsprechend schwerwiegende Umstände herbeigeführt werden, sondern kann auch das Ergebnis eines längeren Wandlungsprozesses sein (vgl. BVerwG, U. v. 2.3.1989 - 6 C 10.87 - BVerwGE 81, 294).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu Recht abgelehnt. Nach Würdigung aller in Betracht kommender Umstände, auch aufgrund des Eindrucks, den das Gericht bei der Befragung des Klägers im Rahmen seiner Einvernahme als Partei gewonnen hat, hält es das Gericht nicht für wahrscheinlich, dass beim Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt die behauptete verbindliche Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe vorgelegen hat. Er hat eine innere Umkehr nicht glaubhaft gemacht. Die von ihm ausgeführten Beweggründe für seinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer konnten die von der Beklagten angeführten Zweifel an eine innere Umkehr im Sinne der Rechtsprechung nicht ausräumen.
a) Der Kläger hat dem Gericht nicht glaubhaft darlegen können, dass seine innere Umkehr durch ein „Schlüsselerlebnis“ herbeigeführt worden ist.
Der Kläger legte erstmals in der mündlichen Verhandlung dar, dass ein Vortrag eines Hauptmanns ... über dessen Erfahrungen bei seinem Einsatz in Afghanistan eine Art Schlüsselerlebnis für seine Entscheidung, den Kriegsdienst zu verweigern, gewesen sei. Er sei von den Erzählungen und Bildern regelrecht schockiert gewesen und habe danach Schlafstörungen gehabt. Als dann Ende Februar 2013 eine Schießübung angesetzt worden sei, hätte er deswegen Herzrasen bekommen und sich zum Truppenarzt begeben, der ihn wegen seiner ernsthaften Probleme auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht habe, einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu stellen.
Insofern fällt auf, dass der Kläger diese Faktoren, insbesondere den für ihn entscheidenden Vortrag des Hauptmanns ..., der wesentlicher Grund für seinen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung gewesen sein soll, bei der ausführlichen und umfangreichen schriftlichen Begründung mit Schreiben vom 12. März 2013, der Ergänzung vom 26. Mai 2013 sowie in der Widerspruchsbegründung vom 15. Juli 2013 nicht weiter erwähnt bzw. nur allgemein angesprochen hat. Zwar führte der Kläger in seinem Widerspruch an, dass er die zerstörerische Wirkung von Waffen erst sehr viel später anlässlich der in den letzten Monaten verstärkt angesetzten Vorträge und Gespräche mit einsatzerfahrenen Soldaten erkannt haben will und jetzt noch Angst verspüre, wenn er daran zurückdenke und sich die Worte und Bilder erneut ins Gedächtnis rufe. Doch begründet die - auch für die Kammer nachvollziehbare - Angst vor den Gefahren und Risiken bei einem Auslandseinsatz etwa in Afghanistan selbst keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe. Denn nicht geschützt ist eine Gewissensentscheidung lediglich gegen die Teilnahme an bestimmten Einsätzen und Kriegen oder unter bestimmten Bedingungen (vgl. BVerwG, B. v. 8.11.1993 - 6 B 48.93 - NJW 1994, 603).
Auch ist es für die Kammer insgesamt schwer nachvollziehbar, dass der Kläger die Tätigkeit eines Soldaten, v. a. aber die damit einhergehenden möglichen Gefahren und Risiken etwa bei Auslandseinsätzen, erst nach dem Vortrag von Hauptmann ... richtig erfasst haben will. Hierzu gibt der Kläger zwar an, seine damalige Entscheidung für den Soldatenberuf sei durch den humanitären Charakter der deutschen Auslandseinsätze geprägt gewesen. Im Rahmen der Grundausbildung habe Hauptmann ... einen Vortrag über Auslandseinsätze gehalten, der aber ein ganz anderes, friedlich und harmonisch wirkendes Bild mit eindrucksvollen Landschaftsaufnahmen geschildert habe. Es erscheint jedoch mehr als zweifelhaft, dass der Kläger zutreffend davon ausgehen konnte und davon ausgegangen ist, Einsätze der Bundeswehr könnten sich dauerhaft auf Aufbauhilfen in fremden Ländern beschränken. Diese Darstellung lässt die Tätigkeit eines Soldaten in der Bundeswehr in einem Licht erscheinen, die der einer zivilen Hilfsorganisation nahe kommen könnte. Dies widerspricht sowohl der offensichtlichen Aufgabe der Bundeswehr als Verteidigungsarmee als auch der originären Aufgabe und Pflicht eines Soldaten, etwa Feinde kampunfähig zu machen oder zu töten. Überdies klammert es die sich schon lange vor 2008 verändernde Art der Auslandseinsätze, etwa 1999 durch die Teilnahme der Bundeswehr an Luftangriffen unter NATO-Führung im ehemaligen Jugoslawien oder an Kampfeinsätzen im Afghanistankonflikt, aus (vgl. VG Leipzig, U. v. 22.8.2013 - 3 K 733/11 - juris Rn. 36; VG München, U. v. 13.6.2013 - M 15 K 13.123 - juris Rn. 36; U. v. 4.7.2013 - M 15 K 13.1234 - juris Rn. 49). Bereits damals wurde in den Medien kritisch über die zunehmende Zahl ziviler Opfer verursacht durch Kampfeinsätze der Koalitionstruppen berichtet (vgl. VG München, U. v. 13.6.2013 - M 15 K 13.572 - juris Rn. 36), etwa über den bislang schwerwiegendsten Einsatz mit der größten Anzahl ziviler Opfer durch die IASF in Folge einer Bombardierung durch US-Flugzeuge im September 2009, die von deutschen Soldaten angefordert worden waren. Die Rechtmäßigkeit dieses Einsatzes war und ist in der ISAF und in Deutschland umstritten (Quelle: wikipedia, Krieg in Afghanistan seit 2001).
Die Erläuterungen des Klägers, er sei möglicherweise noch zu naiv gewesen, um die vollen Konsequenzen dieses Berufes abzuschätzen, bzw. er habe früher ein anderes Weltbild gehabt, überzeugen angesichts seiner Ausbildung (Abitur mit u. a. Politikwissenschaft als Leistungsfach), insbesondere aber im Hinblick auf seine Beurteilungen in der Bundeswehr, welche ich ihn als analytisch denkende Person mit ausgewogenem und sicherem Urteil sowie klaren Zielvorstellungen beschreiben, auch in der Sache nicht. Dessen ungeachtet erfüllt eine am Charakter bestimmter Auslandseinsätze anknüpfende und insofern situationsbedingte Kriegsdienstverweigerung - wie oben ausgeführt - nicht die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG.
b) Aber auch im Übrigen vermögen die klägerischen Ausführungen zur Begründung seines inneren Wandlungsprozess die Kammer nicht zu überzeugen.
Gegen das Vorliegen einer solchen Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe spricht der vom Kläger gewählte Zeitpunkt zur Einreichung seines Antrages auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zum Ende seines Studiums. Der Kläger konnte nicht überzeugend darlegen, weshalb er gerade zum Zeitpunkt nach Abgabe der Masterarbeit Ende Februar 2013 und damit zum Ende seines Informatikstudiums den inneren Wandlungsprozess mit dem Ergebnis einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen hat. Insofern erscheint es vielmehr nicht unwahrscheinlich, dass ihn im Hinblick auf seine bevorstehende Versetzung in die Truppe andere Gründe zu seinem Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer bewogen haben. Dafür spricht auch der Umstand, dass der Kläger nach seiner freiwilligen Verpflichtung seine mehrjährige Ausbildung absolvierte, ohne dass er einen Konflikt mit seinem Gewissen empfunden hätte. Dies stellt ein starkes Indiz gegen die Annahme dar, der Kläger habe nunmehr eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen (vgl. BVerwG, U. v. 2.3.1989 - 6 C 10.87 - BVerwGE 81, 294/295). Insofern fällt auf, dass die vom Kläger vorgetragene Entwicklung hin zu einer Gewissensentscheidung parallel zur beruflichen Ausbildungssituation verlief. Erst zu dem Zeitpunkt, als er alle studienrelevanten Leistungen für sein Informatikstudium erbracht hatte und im Grunde nur noch das Ergebnis abzuwarten war, sich somit Perspektiven für eine Berufsausübung außerhalb der Bundeswehr aufgetan haben, will der Kläger zu einer endgültigen Gewissenentscheidung gelangt sein (vgl. VG München, U. v. 13.6.2013 - M 15 K 13.572 - juris Rn. 38; U. v. 4.7.2013 - M 15 K 13.1234 - juris Rn. 62; VG Leipzig, U. v. 22.8.2013 - 3 K 733/11 - juris Rn. 24).
In diesem Kontext sind auch die weiteren Erklärungsversuche des Klägers zu sehen. So gab er an, dass sein neuer Vorgesetzter, Hauptmann ..., vermehrt zusätzliche Ausbildungstermine und Vorträge angesetzt habe und damit seine eigentliche, künftige Tätigkeit und Pflicht als Soldat sehr stark in den Vordergrund gerückt sei. In der mündlichen Verhandlung erläuterte er hierzu weiter, dass sein Vorgesetzter einmal das Zerlegen und Zusammensetzen von Maschinengewehren habe üben lassen. Er habe zu ihm ein „eher schwieriges“ Verhältnis gehabt und dessen Verhalten als autoritär und militärisch empfunden. Insofern erscheint es nicht fernliegend, dass den Kläger im Hinblick auf seine bevorstehende Versetzung in die Truppe andere Gründe zu seinem Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer bewogen haben. Denn es ist nicht erkennbar, dass der Kläger einen Kriegsdienst schlechthin ablehnt, da er sich zunächst mit seiner Verpflichtung als Soldat auf Zeit zu einem Tun bereit gefunden hat, das seine Teilnahme an militärischen Auseinandersetzungen bedeuten kann. Dass der Kläger seine Tätigkeit in der Bundeswehr nunmehr anders einordnet, nämlich auch als Waffen- und Soldatendienst und nicht (nur) in der Erfüllung eine Ausbildungsauftrags durch erfolgreiches Absolvieren eines Studiums, und dass er sich insoweit in seinen Motiven, die ihn zu dieser Berufswahl bewogen haben, getäuscht sieht, weil er sich über die tatsächliche Tätigkeit eines Soldaten bei seiner Bewerbung keine ernsthaften Gedanken gemacht hat, begründet selbst keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe (vgl. BVerwG, B. v. 8.11.1993 - 6 B 48.93 - NJW 1994, 603).
Schließlich erscheint es dem Gericht wenig glaubhaft und sogar widersprüchlich, dass der Kläger sich in seinem Kriegsdienstverweigerungsantrag wiederholt auf gewaltfreie Erziehung berief. Es überzeugt bereits nicht, dass der Kläger fünf Jahre nach seiner Verpflichtung als Soldat auf Zeit seine gewaltfreie Erziehung als Grund für einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung angibt. Es kann auch bereits von einem neunzehnjährigen Menschen erwartet werden, dass sich dieser, bevor er sich als Soldat auf Zeit für 13 Jahre verpflichtet, mit den Aufgaben der Bundeswehr auseinandersetzt. Bereits im Jahre 2008, also zum Zeitpunkt der Verpflichtung als Soldat auf Zeit, hatte der Kläger die Möglichkeit, sich zu überlegen, inwieweit seine gewaltfreie Erziehung mit den Zielen und den Aufgaben der Bundeswehr übereinstimmt (vgl. VG München, U. v. 13.6.2013 - M 15 K 13.572 - juris Rn. 40). Dasselbe gilt hinsichtlich der Schilderung seiner Schlüsse, die er aus den Erzählungen und Kriegserfahrungen seiner Großeltern, insbesondere seines Großvaters gezogen haben will. Es ist für die Kammer schlichtweg nicht nachvollziehbar, dass der Kläger das Geschehen erst nach fünf Jahren Dienst bei der Bundeswehr und zum Ende seines Studiums in seinen wahren Ausmaßen erfasst haben will.
Soweit der Kläger dies u. a. damit erklärt, sich für die weitreichende Entscheidung zur Verpflichtung als Soldat auf Zeit nur wenig Bedenkzeit gegeben zu haben sowie durch „auf naive und unerfahrene Jugendliche, wie ich auch einer war,“ abzielende bunte Informationsbroschüren und spektakuläre Werbefilme zu einer schnellen, unüberlegten Verpflichtung als Soldat bewegt worden zu sein, erscheint dies im Lichte seiner ersten Beurteilung bei der Bundeswehr, die ihm neben einem „fachgerechten Fach- und Allgemeinwissen“, geistige Leistungskraft und Beweglichkeit, ausgewogenes und sicheres Urteil, Fähigkeit zum perspektivischen Blick auf Entwicklungen und Probleme bescheinigt (Beurteilungsvermerk vom 5.12.2008, Bl. 91 der Behördenakten) wenig überzeugend. Hinzu kommt, dass zwischen der Bewerbung Ende Februar 2008 und dem Dienstantritt Anfang Juli 2008 durchaus ein nicht unerheblicher Zeitraum liegt, in dem der Kläger weitere Erkundigungen über Aufgaben und Pflichten eines Soldaten auf Zeit gerade auch im Lichte des Wandels des Einsatzspektrums des Bundeswehr hätte einholen und ggf. seine Entscheidung noch überdenken hätte können.
Der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags abträglich sind auch seine Erklärungsversuche hinsichtlich der Schießübungen. Hierzu gab er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. Mai 2013 an, „sich nicht völlig im Klaren gewesen zu sein, wofür diese Schießleistungen überhaupt gut sein sollen, auf welchen Zweck diese abzielten“. Er habe sie einfach nur als eine Art sportliche Leistungsabfrage gesehen. Laut interner Stellungnahme des Personalamts der Bundeswehr vom 24. April 2013 hat der Kläger wiederholt an Ausbildungen mit der Waffe und an Schießübungen teilgenommen. Danach habe er so gute Ergebnisse erzielt, dass er in den Jahren 2009 bis 2012 jeweils das Leistungsabzeichen im Truppendienst in Gold verliehen bekommen habe. Es vermag die Kammer nicht zu überzeugen, dass der Kläger das eigentliche Ziel und den wesentlichen Zweck von Schießübungen nicht erfasst haben will und dies seiner jugendlichen Naivität zuschreibt. Es erscheint insofern auch als realitätsfern und daher nicht nachvollziehbar, dass sich der Kläger als Soldat der möglichen Folgen eines Waffengebrauchs nicht bewusst gemacht haben will. Die hierzu im Widerspruchsverfahren abgegeben Erklärungsversuche können ebenfalls nicht überzeugen. Insbesondere hält es die Kammer für nicht glaubhaft, dass der Kläger „vor seinem Eintritt in die Bundeswehr das Töten von Menschen in keiner Weise als Aufgabe eines Soldaten der Bundeswehr gesehen oder damit assoziiert“ hat, schon weil der Umgang mit der Waffe zu den originären Grundfertigkeiten eines jeden Soldaten gehört.
Soweit der Kläger ergänzend zur Begründung seines Gesinnungswandels angibt, der sich seit Ende 2011 verschlechternde Gesundheitszustand seiner Großmutter habe ihm den Wert des Lebens verdeutlicht und in seiner Entscheidung bestärkt, nicht für den Tod anderer Menschen verantwortlich sein zu können, vermag dies nicht eine wirkliche Umkehr des Gewissens zu untermauern. Es ist schwer nachvollziehbar, weshalb dieser Umstand, dem der Kläger (nun) so große Bedeutung beimisst, erst in der Widerspruchsbegründung vorgetragen wird. Auch ist es für die Kammer nicht erkennbar, inwiefern die schwere Erkrankung der Großmutter Ende 2011 zur Gewissensentscheidung im Frühjahr 2013 geführt haben soll, nachdem der Kläger laut Aktennotiz des Leiters der Studentenfachbereichsgruppe vom 11. April 2013 weiterhin durch eine sehr positive Berufsauffassung hervortrat. Ihm sei bisher von den scheinbaren Gewissenskonflikten des Soldaten nichts bekannt gewesen (Behördenakte Bl. 18).
Gleiches gilt im Hinblick auf den ergänzenden Vortrag, wonach der Kläger erfahren habe, dass seine Schwester ein Kind erwarte und ihn dies einmal mehr bewogen habe, über seine Zukunft, das „Geschenk des Lebens“ sowie seinen „Anteil am Leid und Elend“ anderer Familien und ihrer Kinder im Einsatzgebiet der Bundeswehr nachzudenken. Auch hier stellt sich die Frage, warum der Kläger diesen nach seiner Ansicht entscheidungserheblichen Faktor erst in seiner ergänzenden Begründung vorgetragen hat. Dessen ungeachtet erscheint es - wie oben dargelegt - jedenfalls mehr als zweifelhaft, dass der Kläger zutreffend davon ausgehen konnte und davon ausgegangen ist, dass sich die Einsätze der Bundeswehr dauerhaft auf eine Art Aufbauhilfe in fremden Ländern beschränkten, und dass dabei keine Opfer in der Zivilbevölkerung, insbesondere unter Frauen und Kindern, verursacht werden würden.
Nach alledem vermögen auch weder der vom Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegte Ärztliche Befundbericht über das Vorliegen eines „gemischten Konflikts“ (…) „mit im Vordergrund stehenden Anteilen eines Autarkie-Versorgungskonflikts sowie einer ödipalen /Rivalitätsproblematik, die durch die Auseinandersetzung mit der Autorität Bundeswehr aktiviert worden sind“, noch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Therapiebescheinigung über das Vorliegen einer Anpassungsstörung die Zweifel des Gerichts am Vorliegen einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst an der Waffe im Sinne der Rechtsprechung zu beseitigen. Auch wenn der Kläger an einer Anpassungsstörung leiden sollte, kann diese als Reaktion auf einmalige oder fortbestehende belastende Ereignisse vielfältige Ursachen haben. Die Ursache für die vom Kläger geschilderten Symptome kann also nicht nur auf einer Belastung des Gewissens des Klägers mit einem eventuellen Einsatz der Schusswaffe gegen Menschen beruhen, sondern ebenso gut auf der Angst vor einem möglichen Auslandseinsatz oder auch der Ungewissheit über seine weitere berufliche Zukunft.
Schließlich vermag auch der Gesamteindruck, den das Gericht vom Kläger unter Berücksichtigung seines Vortrags in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, die Zweifel an einer Gewissensentscheidung des Klägers gegen den Kriegsdienst mit der Waffe nicht zu entkräften. Vielmehr legen die Ausführungen des Klägers es nahe, dass er sich mit Wechsel seines Vorgesetzten zum Ende seines Studiums erstmals nach seiner Grundausbildung (wieder) mit der Realität des eigentlichen Soldatendienstes in der Truppe konfrontiert sah, nachdem sich nach eigenem Bekunden die äußeren Bedingungen während seiner Studienzeit von denen im „zivilen Leben“, abgesehen von den jährlichen Schießübungen, kaum unterschieden hätten. Nachdem aber - wie oben ausgeführt - der Umstand, dass der Kläger seine Tätigkeit in der Bundeswehr nunmehr anders einordnet, nämlich auch als Waffen- und Soldatendienst und nicht nur in Erfüllung seines Ausbildungsauftrags, selbst keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe begründet (vgl. BVerwG, B. v. 8.11.1993 - 6 B 48.93 - NJW 1994, 603), vermag dies keinen Anspruch auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu begründen. Dieser Eindruck wird bestärkt durch das Verhalten des Klägers außerhalb seines Verfahrens zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Nach den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen stellte der Kläger am 14. Juli 2013, also kurz nach Erlass des hier streitgegenständlichen Ablehnungsbescheids vom 10. Juli 2013, zusätzlich einen Antrag auf Entlassung aus der Bundeswehr wegen persönlicher Härte nach § 55 Abs. 3 des Soldatengesetzes. In der Begründung hierzu verwies der Kläger auf seinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer und führte weiter an, dass es für die Tätigkeiten, die er nun auszuführen habe, keines Informatikstudiums bedurft hätte, sein Verbleib in der Bundeswehr für diese also keinen Mehrwert darstelle. In seinen ergänzenden Ausführungen vom 29. November 2013 legte der Kläger dar, dass er „politisch mehr Interesse entwickelt“ hätte und etwa hinsichtlich der Forderung nach einem Rückzug aller deutschen Soldaten aus dem Ausland in der deutschen Parteienlandschaft u. a. mit der NPD „Schnittstellen für sich gefunden“ habe, deren Mitgliedschaft er nun erwäge. All dies lässt erkennen, dass der Kläger angesichts der nunmehr erfolgten Versetzung in die Truppe, des derzeit wenig attraktiven Aufgabenspektrums und der Aussicht, unter diesen Rahmenbedingungen nunmehr über Jahre hinweg seinen Militärdienst verrichten zu müssen, „um jeden Preis“ seinen Dienst als Soldat beenden will. Dies begründet aber keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die vom Kläger dargelegten Beweggründe ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht zu begründen vermögen bzw. der Kläger die Zweifel an der Wahrheit seiner Angaben auch in der mündlichen Verhandlung nicht hat ausräumen können (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 und 3 KDVG). Er konnte eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG, § 1 Abs. 1 KDVG nicht glaubhaft darlegen. Das Gericht konnte beim Kläger weder ein Schlüsselerlebnis noch einen inneren Wandlungsprozess feststellen, der zu einer Umkehr seiner gewissensmäßigen Einstellung zum Kriegsdienst geführt hat. Eine ernste, sittliche, die ganze Persönlichkeit des Klägers ergreifende unbedingte Entscheidung gegen das Töten im Krieg hat der Kläger nach Auffassung der Kammer nicht getroffen.
Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen (§ 135 VwGO i. V. m. § 34 Satz 1 Wehrpflichtgesetz).