Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 29. Sept. 2016 - AN 5 K 14.01826

bei uns veröffentlicht am29.09.2016

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der am 11. Mai 1979 in … geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Ihm wurde am 29. Mai 1995 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt, die als Niederlassungserlaubnis fortgalt. Er wuchs mit zwei älteren Schwestern bei seinen Eltern, die beide aus der Türkei stammen, auf. Der Vater ist bereits verstorben. Der Kläger verließ die Realschule nach der 9. Klasse ohne Abschluss. Er brach mehrere Lehren ab und hat über 8.000,00 EUR Schulden. Den Ausländerakten ist des Weiteren zu entnehmen, dass der Kläger bereits im Alter von 15 Jahren regelmäßig Drogen konsumierte und sich im Jahr 1998 einer psychosomatischen Therapie unterzog.

Seit 1995 ist der Kläger regelmäßig strafrechtlich in Erscheinung getreten. Im Jahr 1998 wurde ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 45 Abs. 3 JGG gegen eine Ermahnung endgültig eingestellt. Ein Verfahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln wurde gemäß § 45 Abs. 2 JGG eingestellt.

Dem Bundeszentralregisterauszug vom … 2014 sind folgende Verurteilungen zu entnehmen:

1. Amtsgericht …, 6. Dezember 2000, 30 Tagessätzen zu je 16,00 DM, Geldstrafe Vorsätzlicher unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln;

2. Amtsgericht …, 28. Dezember 2000, 35 Tagessätzen zu je 70,00 DM, Geldstrafe Unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln;

3. Amtsgericht …, 17. April 2001, 60 Tagessätzen zu je 65,00 DM, Geldstrafe nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe unter Einbeziehung der Entscheidung vom 28. Dezember 2000 und 6. Dezember 2000;

4. Amtsgericht … 16. Juli 2003, 3 Monate Freiheitsstrafe, Bewährungszeit von drei Jahren Unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln;

5. Amtsgericht …, 2. Juni 2004, 1 Monat Freiheitsstrafe, Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln;

6. Amtsgericht Zw. …, 24. Januar 2005, 90 Tagessätzen zu je 2,00 EUR, Geldstrafe Vorsätzlicher unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln;

7. Landgericht …, 26. Januar 2006, 1 Jahr 6 Monate Freiheitsstrafe, Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erledigt am 10. September 2006;

8. Amtsgericht … 10. Juni 2013, 30 Tagessätzen zu 20,00 EUR, Geldstrafe Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln.

Darüber hinaus wurden seit 1998 Ermittlungsverfahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz gemäß § 170 Abs. 2 StPO und § 153 a Abs. 1 StPO, zwei Verfahren wegen Betruges gemäß § 170 Abs. 2 StPO und § 154 Abs. 1 StPO und ein Verfahren wegen Missbrauchs von Ausweispapieren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt oder es wurde von der Verfolgung abgesehen.

Bereits am 15. Februar 2001 wurde der Kläger im Hinblick auf die von ihm begangenen Straftaten ausländerrechtlich verwarnt. Am 15. November 2006 wurde er nach der Verurteilung des Landgerichts … wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1Jahr 6 Monaten und nach dem Abbruch der in dem Urteil angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu der beabsichtigten Ausweisung und Abschiebungsandrohung angehört. Der Kläger äußerte sich damals mit Schreiben vom 16. November 2006 und trug im Wesentlichen vor, dass er die Therapiemaßnahme abgebrochen habe, da die Dauer der Therapie von zwei Jahren in keinem Verhältnis zur Reststrafe von sechs Monaten gestanden habe. Die bevollmächtigte Rechtsanwältin, Frau …, trug ergänzend vor, dass der Kläger eingesehen habe, dringender Unterstützung zu bedürfen. Er bemühe sich um eine Drogentherapie über die Mudra.

Die Ausweisungsmaßnahmen wurden zurückgestellt und der Kläger absolvierte in der Zeit vom 4. Juli 2007 bis 21. Juli 2007 in der Klinik … eine Betäubungsmitteltherapie.

In dem Zeitraum von 2010 bis zu der Festnahme des Klägers am 14. August 2013 ist dieser erneut mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz wurde gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt, ein weiteres Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Am 4. Februar 2014 wurde der Kläger wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem erlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln und gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. In dem Urteil wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.

Mit Schreiben vom 29. April 2014 hörte die Beklagte den Kläger erneut zu der beabsichtigten Ausweisung und Abschiebungsandrohung an. Hierzu trug der Kläger mit Schreiben vom 30. April 2014 vor, dass er durch die angeordnete Unterbringung die Möglichkeit habe, an seiner Drogenproblematik zu arbeiten.

Mit Bescheid der Beklagten vom 7. November 2014 wies die Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Ziffer 1), befristete die Wirkungen der Ausweisung und einer eventuellen Abschiebung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf die Dauer von sieben Jahren ab Ausreise/Abschiebung (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung unmittelbar aus dem Maßregelvollzug heraus insbesondere in die Türkei an (Ziffer 3) und drohte dem Kläger für den Fall, dass die Abschiebung unmittelbar aus dem Maßregelvollzug nicht möglich sei und er aus dem Bezirkskrankenhaus entlassen werden sollte, unter Ausreiseaufforderung innerhalb eines Monats nach Entlassung aus dem Bezirkskrankenhaus die Abschiebung insbesondere in die Türkei an (Ziffer 4). Hinsichtlich des Inhalts des Bescheides wird auf die Begründung des Bescheides Bezug genommen.

Dieser Bescheid wurde dem Kläger gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 22. November 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht … am 24. November 2014, Klage erhoben. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass sich der Kläger in einer Drogenentzugstherapie befinde, die vom Landgericht … als erfolgsversprechend angesehen werde.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 8. Januar 2015 Klageabweisung beantragt.

Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, dass der Kläger bereits mehrere Drogentherapien absolviert habe. Er sei auch schon längere Zeit drogenabstinent gewesen, doch immer wieder rückfällig geworden. Auch eine Therapiemaßnahme im Maßregelvollzug nach § 64 StGB habe er bereits einmal abgebrochen. Wie das Landgericht … in seinem Urteil festgestellt hat, bestehe bei dem Kläger ein Hang im Sinne des § 64 StGB, so dass eine Wiederholungsgefahr gegeben sei.

Die Regierung von … beteiligte sich als Vertreterin des öffentlichen Interesses am Verfahren und trug im Wesentlichen vor, dass bei dem Kläger eine konkrete Wiederholungsgefahr vorliege. Im Übrigen habe der Kläger keinen Anspruch darauf, im Rahmen seines Strafvollzugs oder danach in einer Bewährungsphase solange therapiert zu werden, bis ihm eine günstige Sozialprognose gestellt werden kann. Auch die Sperrwirkungsfrist von sieben Jahren sei rechtmäßig.

In der mündlichen Verhandlung vom … 2016 hat der Kläger persönlich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Behördenakte und der Gerichtsakte sowie auf die über die in der mündlichen Verhandlung gefertigte Sitzungsniederschrift.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid vom … 2014 nicht rechtswidrig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz VwGO).

Die in Ziffer I verfügte Ausweisung ist ebenso wenig zu beanstanden wie die in Ziffer II verfügte Befristung der Wirkung der Ausweisung auf die Dauer von sieben Jahren ab Ausreise/Abschiebung und die in Ziffern III und IV verfügten Annexentscheidungen.

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Tatsachengerichts, hier also der vorliegenden Entscheidung vom … 2016 (vgl. BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris, Rn. 16; U.v. 30.7.2013 - 1 C 9.12 - juris, Rn. 8; BayVGH, U.v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris, Rn. 37). Deshalb sind der Entscheidung die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der seit 17.03.2016 geltenden Fassung zu Grunde zu legen. Die streitgegenständliche Ausweisung ist sowohl gemessen an der alten als auch an der neuen Rechtslage nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat dem Kläger, der nach altem Recht im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung des Landgerichts … vom 04.02.2014 einen zwingenden Ausweisungstatbestand erfüllte (§ 53 Nr. 1 AufenthG a. F.), aufgrund der Niederlassungserlaubnis besonderen Ausweisungsschutz zugebilligt (§ 56 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG a. F.) und ihm darüber hinaus ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation zugutegehalten. Sie hat deshalb im Wege des Ermessens über seine Ausweisung entschieden und somit ihrer Entscheidung rechtliche Maßstäbe zugrunde gelegt, die denen entsprechen, auf die sich der Kläger auch nach neuem Recht im günstigsten Fall berufen kann.

Nach § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Gemäß § 53 Abs. 3 AufenthG sind bei Ausländern mit einem Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei an die Qualität der erforderlichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erhöhte Anforderungen zu stellen. Da die Beklagte zutreffend von einem solchen Aufenthaltsrecht des Klägers aus Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 ausgegangen ist, kann die Ausweisung nur erfolgen, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieser Interessen unerlässlich ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris, Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris, Rn. 33). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (st Rspr. BayVGH, B.v. 3.3.2016 - 10 ZB 14.844 - juris, Rn. 11; B.v. 16.3.2016 - 10 ZB 15.2109 - juris, Rn. 18).

Gemessen an diesen Grundsätzen geht die Kammer mit der Beklagten davon aus, dass nach dem persönlichen Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass von ihm auch künftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Anlass für die streitgegenständliche Ausweisung war die Verurteilung des Klägers durch das Landgericht …vom 4. Februar 2014 zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren 6 Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln und gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger insgesamt 60 g Methamphetamin in der Absicht käuflich erworben hat, dieses gewinnbringend weiter zu veräußern. Außerdem hat der Kläger am 27. April 2013 gemeinsam mit einem Mittäter den Drogenlieferanten, mit dem es zu Differenzen gekommen war, in dessen Wohnung aufgesucht und ihn mit Faustschlägen, Fußtritten und einem Elektroschocker verletzt. Das Strafgericht hat im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten des Klägers insbesondere die rohe Vorgehensweise bei der Körperverletzung gewertet, da der Kläger dem am Boden liegenden Opfer mit dem Fuß in das Gesicht getreten hat. Strafschärfend wurde auch berücksichtigt, dass es sich bei Methamphetamin um eine sehr gefährliche Droge mit einem enormen Suchtpotential handelt. Die Beklagte hat im Rahmen der Gefahrenprognose außerdem berücksichtigt, dass der Kläger in der Vergangenheit bereits mehrfach insbesondere wegen Betäubungsmitteldelikten zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden war. Der Bundeszentralregisterauszug vom 02. April 2014 enthält 9 Eintragungen. Mit Urteil des Landgerichts … vom 26.01.2006 wurde er wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Haftstrafe von 1 Jahr 6 Monaten ohne Bewährung verurteilt. Gleichzeitig wurde bei dem Kläger die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, nachdem der gerichtliche Sachverständige eine manifeste Methamphetaminabhängigkeit bei dem Kläger diagnostiziert hatte. Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts … vom 30.08.2006 wurde die Therapiemaßnahme im Maßregelvollzug jedoch abgebrochen, da die Maßregelvollzugsanstalt empfohlen hatte, die Therapie wegen Aussichtslosigkeit zu beenden. Zwar hat der Kläger daraufhin in der Zeit vom 04. Juli 2007 bis 21. Dezember 2007 freiwillig eine stationäre Entwöhnungstherapie in der Therapieeinrichtung Klinik … absolviert. Es ist ihm auch gelungen während der Führungsaufsicht von 2007 bis 2012 drogenfrei zu bleiben, so dass die Beklagte die zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte Ausweisungsmaßnahme zurückstellte. Aber schon im Juni 2013 wurde der Kläger erneut wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt. Daran wird eine erhebliche kriminelle Energie erkennbar. Der Kläger hat sich weder die verbüßten Haftstrafen, noch die Therapiemaßnahmen, noch die ausländerrechtliche Anhörung zu den beabsichtigten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zur Warnung dienen lassen, da er wie oben ausgeführt am 4. Februar 2014 zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren 6 Monaten unter gleichzeitiger Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verurteilt wurde. Der gerichtliche Sachverständige Herr Dr. … hatte auch in diesem Strafverfahren nachvollziehbar und überzeugend die Diagnose der manifesten Methamphetaminabhängigkeit gestellt.

Gegen die Annahme einer Wiederholungsgefahr spricht auch nicht, dass der Kläger mittlerweile, nach achtmonatigem Vorwegvollzug, die mit Urteil vom 4. Februar 2014 angeordnete stationäre Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen hat und seit März 2016 ambulant weiterbehandelt wird. In dem Bericht des Bezirksklinikums … vom 05.08.2016 über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Zeit vom 10.06.2014 bis 18.03.2016 und die anschließende ambulante Weiterbehandlung ab dem 19.03.2016 wird zwar über einen außergewöhnlich guten Therapieverlauf berichtet. Der Kläger sei geradlinig, zielorientiert und motiviert. Die Problemfelder der Suchtmittelabhängigkeit und traumatisierenden Lebensumstände im familiären Umfeld seien bearbeitet und somit abgeschwächt worden. Als protektive Faktoren hinsichtlich zukünftiger Rückfälligkeit wurden die klare Abstinenzentscheidung, die hohe Anpassungsfähigkeit, eine stabile berufliche Situation, das Bemühen um bürgerliche Bezüge und der enge Bezug zum Bezugspflegeteam benannt. Diese Faktoren legten eine ausreichend günstige Legalprognose nahe. Der Kläger habe eine positive und drogenfreie Zukunftsperspektive, wenn er die ambulante Therapie unter den gegebenen Voraussetzungen weiterfortführt. Trotz der positiven Entwicklung und der Einschätzung des Bezirkskrankenhauses kann von einem Fortfall der Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden. Gerade weil die langfristige günstige Prognose des Klägers von einer Reihe von Unsicherheitsfaktoren abhängt, wie die Entwicklung einer stabilen beruflichen Situation, die bürgerlichen Bezüge und der enge Bezug zum Bezugspflegeteam, die bisherige Drogenabstinenz nur unter Aufsicht gelungen ist und der Kläger aufgrund des schwebenden ausländerrechtlichen Verfahrens einem erheblichen Wohlverhaltensdruck ausgesetzt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger künftig ein drogen- und straffreies Leben führen wird. Der Kläger, der erst im März 2016 aus der stationären Therapiemaßnahme entlassen wurde, hat sich noch nicht über einen längeren Zeitraum bewährt und durch gesetzeskonformes Verhalten gezeigt, dass er auch ohne Druck des Maßregelsollzugs vor allem in Krisensituationen in der Lage ist, nicht erneut straffällig bzw. gewalttätig zu werden.

Die bei Vorliegen einer Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG.F. unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG n.F. genannten Kriterien sowie aller sonstigen Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ergibt unter Berücksichtigung der in §§ 54, 55 AufenthG n.F. normierten Ausweisungs- und Bleibeinteressen, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung überwiegt.

Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse liegt nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG n.F. aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln und gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 6 Monaten durch das Landgericht … vor. Die Freiheitsstrafe liegt deutlich über den im Gesetz genannten zwei Jahren. Diesem gesetzlich vertypten Ausweisungsinteresse steht ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG n.F. entgegen, da der Kläger seit 29. Mai 1995 im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist.

Die Beklagte hat Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung sämtliche Gesichtspunkte des Einzelfalls zutreffend berücksichtigt, die auch in die vorzunehmende Interessenabwägung der §§ 53 bis 55 AufenthG n.F. einzustellen sind und in nicht zu beanstandender Weise gewichtet. So wurde gesehen, dass der Kläger seit seiner Geburt im Jahr 1979 in der Bundesrepublik lebt und dass sich dessen Mutter und die Geschwister hier aufhalten. Gesehen wurde aber auch, dass es ihm in dieser Zeit nicht gelungen ist sich sozial und wirtschaftlich zu integrieren. Er ist ohne Berufsabschluss geblieben, war wiederholt arbeitslos und ist mit dem Aufbau einer selbstständigen Existenz gescheitert. Außerdem hat er über 8.000,00 Euro Schulden. Besonders schützenswerte familiäre Bindungen bestehen nicht, da der Kläger ledig ist und keine Kinder hat. Auch wenn er nahezu keine Bindung zu dem Heimatland hat, so ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass er die türkische Staatsbürgerschaft besitzt und die türkische Sprache beherrscht. Trotz der Tatsache, dass der Kläger momentan in einem festen Beschäftigungsverhältnis steht, muss unter Berücksichtigung aller vorstehend genannter Umstände sowie des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit das persönliche Bleibeinteresse des Klägers hinter dem schwerwiegenden öffentlichen Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung zurücktreten. Insgesamt ist damit festzustellen, dass sich die Ausweisung, auch gemessen an der neuen Gesetzeslage, als rechtmäßig erweist.

Im Übrigen folgt das Gericht den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheids und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).

Keinen Bedenken begegnet auch die Befristung der Wirkungen der Ausweisung und der Abschiebung auf sieben Jahre ab Ausreise/Abschiebung unter Ziffer II des angefochtenen Bescheids. Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Fall eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden. Dieses Einreise- und Aufenthaltsverbot ist von Amts wegen zu befristen. Die Frist darf dabei nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Betroffene auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist, soll aber auch in diesen Fällen nach § 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG zehn Jahre nicht überschreiten. Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag (vgl. BayVGH, U.v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 56). Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Sperrfrist muss sich dabei an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK messen und gegebenenfalls relativieren lassen (vgl. BayVGH, U. v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 -juris Rn. 56). Über die Länge der Frist ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte das Gewicht des Ausweisungsgrundes und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck wie auch die Interessen des Klägers gegeneinander abgewogen. In die Entscheidung floss zutreffend ein, dass die vom Kläger begangenen Straftaten in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Wertordnung einen sehr hohen Rang einnehmen und staatliche Schutzpflichten auslösen, die auch im Rahmen der Fristsetzung zu gewichten sind. Eingeflossen ist auch der Umstand, dass der Kläger mit seinem Verhalten massiv strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und die öffentliche Sicherheit und Ordnung in höchstem Maß gefährdet hat. Es wurde gesehen,

dass vom Kläger eine schwere Gefahr für das Grundinteresse der Gesellschaft ausgeht. Auf der anderen Seite wurden auch die persönlichen Bindungen im Bundesgebiet berücksichtigt. Insgesamt ist die Befristung auf sieben Jahre ab Ausreise/Abschiebung nicht zu beanstanden.

Da damit sowohl die Ausweisung des Klägers, die Befristung der Wirkungen von Ausweisung und eventueller Abschiebung des Klägers sowie Abschiebungsanordnung und die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung rechtmäßig sind, hat die vom Kläger erhobene Klage keine Aussicht auf Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


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Gesetz


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Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


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(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

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Strafprozeßordnung - StPO | § 153 Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit


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(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen.

(2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters nach Absatz 3 noch die Erhebung der Anklage für erforderlich hält. Einer erzieherischen Maßnahme steht das Bemühen des Jugendlichen gleich, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Der Staatsanwalt regt die Erteilung einer Ermahnung, von Weisungen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 7 und 9 oder von Auflagen durch den Jugendrichter an, wenn der Beschuldigte geständig ist und der Staatsanwalt die Anordnung einer solchen richterlichen Maßnahme für erforderlich, die Erhebung der Anklage aber nicht für geboten hält. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so sieht der Staatsanwalt von der Verfolgung ab, bei Erteilung von Weisungen oder Auflagen jedoch nur, nachdem der Jugendliche ihnen nachgekommen ist. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. § 47 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 28. Juni 2013 weiter, mit dem die Beklagte den Kläger (zu 1.) aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, ihm die Wiedereinreise für (zunächst) acht Jahre untersagt und die Abschiebung aus der Haft nach Albanien angeordnet bzw. bei nicht fristgerechter Ausreise nach Haftentlassung angedroht hat.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung bestünden dann, wenn die Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers für rechtmäßig erachtet. Es hat auf der Grundlage der §§ 53 ff. AufenthG in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung bei Vorliegen eines zwingenden Ausweisungsgrundes nach § 53 Nr. 1 AufenthG (durch die rechtskräftige Verurteilung des Klägers vom 24.11.2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten) und eines besonderen Ausweisungsschutzes beim Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 AufenthG anhand der gesetzlichen Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bejaht. Dabei ist es in spezialpräventiver Hinsicht davon ausgegangen, dass beim Kläger auch in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen ernsthaft drohe und damit von ihm eine bedeutende Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgehe. Daneben hat das Verwaltungsgericht schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch im Hinblick auf die generalpräventiv begründete Ausweisung des Klägers wegen der besonders schwerwiegenden Straftaten (schwerer Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung) bejaht. Ausgehend von einem gleitenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris) hat das Verwaltungsgericht bei seiner Prognose entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger in einem relativ kurzen Zeitraum (2005 bis 2008) mehrere schwere Gewaltdelikte begangen habe. Nach der am 5. bzw. 6. Januar 2005 begangenen Vergewaltigung habe er in noch offener Bewährungszeit am 16. November 2007 einen schweren Raub begangen, bei dem das gefesselte Opfer (mit überklebtem Mund) über mehrere Stunden in hilfloser Lage belassen worden sei, wobei nach den Feststellungen des Strafurteils eine abstrakte Lebensgefahr für das Opfer bestanden habe. Nach dieser Tat und einer längeren Untersuchungshaft habe er nur zwei Monate nach dem in erster Instanz am 12. September 2008 erfolgten Freispruch aus nichtigem Anlass seine damalige Freundin geschlagen und erheblich verletzt und damit sein hohes Gewaltpotenzial erneut bewiesen. Die erforderliche Auseinandersetzung mit seinen Taten sei durch den Kläger bis heute nicht erfolgt. Die gute Führung in der Strafhaft stehe der Annahme der Wiederholungsgefahr nicht entgegen. Auch der Umstand, dass der Kläger seit dem 30. November 2008 nicht mehr straffällig geworden sei, beseitige angesichts seiner Haftzeiten und der ihm nach Aufhebung des erstinstanzlichen freisprechenden Urteils durch den Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18. August 2009 drohenden weiteren Verurteilung (wegen des Raubes) die Wiederholungsgefahr nicht.

Dagegen bringt der Kläger im Zulassungsverfahren vor, von ihm gehe gegenwärtig keine ernsthafte Gefahr für ein bedeutsames Schutzgut mehr aus. Er habe die Anlasstat im Alter von 23 Jahren begangen, sei aufgrund seines Alters in hohem Maße beeinflussbar gewesen, habe aber auch als junger Mann noch ein hohes Entwicklungspotenzial, weshalb seine Entwicklung während der Zeit des Strafvollzuges in besonderem Maße zu berücksichtigen sei. Er habe sich im Strafvollzug ausgezeichnet geführt, am 12. Dezember 2012 in der Justizvollzugsanstalt geheiratet und die Erfahrung gemacht, dass er trotz seiner Fehler in der Vergangenheit von seiner Ehefrau angenommen und gebraucht werde. Dies habe bei ihm einen Prozess der Reue und des Umdenkens in Gang gesetzt, weshalb er künftig seiner Verantwortung als Ehemann gerecht werden und keine Straftaten mehr begehen wolle. Er habe nach seiner Haftzeit eine unbefristete Arbeitsstelle in einem Café in Aussicht. Er habe in der Justizvollzugsanstalt erfolgreich an einem Rehabilitationsprogramm teilgenommen und Kompetenzen für ein zukünftiges straffreies Verhalten entwickelt. Auch der Umstand, dass es sich bei ihm um einen sogenannten Erstverbüßer handle, sei bei der Prognose nach ständiger Rechtsprechung besonders zu berücksichtigen. Berücksichtige man weiterhin seine familiären Bindungen zur Mutter und seiner Schwester, könne nicht vom Bestehen einer konkreten Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Greife die Ausweisung wie in seinem Fall in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK ein, scheide die Generalprävention als Ausweisungszweck grundsätzlich aus. Dies habe das Verwaltungsgericht (ebenfalls) verkannt.

Ergänzend dazu verweist der Kläger auf das von ihm vorgelegte, im Auftrag der zuständigen Strafvollstreckungskammer erstellte forensisch-psychiatrische Sachverständigengutachten vom 12. Dezember 2015, wonach - unter bestimmten Prämissen - beim Kläger die durch die Taten zutage getretene Gefährlichkeit nicht mehr weiter bestehe.

Mit diesem Vorbringen wird aber die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger dürfe grundsätzlich wegen des Vorliegens schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden, gemessen an den nunmehr maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) im Ergebnis nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.

Die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ist daher zu berücksichtigen. Die Änderung der Sach- und Rechtslage ist allerdings grundsätzlich nur in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen relevant (Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57; vgl. auch BVerwG, B.v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12), also hier der Entscheidung über den Zulassungsantrag; Rechtsänderungen während des Zulassungsverfahrens sind zu beachten.

Der Senat hat daher die streitbefangene Ausweisungsverfügung (und das diese als rechtmäßig bestätigende verwaltungsgerichtliche Urteil) unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens mangels entgegenstehender Übergangsregelung anhand der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) zu überprüfen. Seit dieser Rechtsänderung differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky/Reis in Hoffmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53 - 56 Rn. 13 und § 53 Rn. 5 ff.; a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine nach altem Recht verfügte (Ermessens-)Ausweisung wird nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG in ihrer Neufassung am1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also gemäß der zentralen Ausweisungsnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG (als Grundtatbestand; vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097 S. 49 f.) der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist unabhängig davon, dass eine Ausweisungsentscheidung - wie vorliegend erfolgt - nach § 53 Abs. 1 AufenthG grundsätzlich (auch) auf generalpräventive Gründe gestützt werden kann (vgl. Bauer, a. a. O., § 53 Rn. 34 unter Verweis auf die diesbezügliche ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers; zur Zulässigkeit der Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen auch bei nachhaltig „verwurzelten“ Ausländern vgl. BVerwG, U.v. 14.2.2012 - 1 C 7.11 - juris), beim Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs auch in spezialpräventiver Hinsicht noch gegeben. Seine diesbezüglichen Einwendungen im Zulassungsvorbringen greifen letztlich nicht durch.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 33 m. w. N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 34; BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - Rn. 18).

Gemessen an diesen Grundsätzen kommt der Senat zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung zu der Bewertung, dass nach dem Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut durch vergleichbare Gewaltstraftaten die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt. Das vom Kläger insoweit vor allem geltend gemachte Nachtatverhalten, seine beanstandungsfreie und grundsätzlich positiv zu bewertende Entwicklung während der Strafhaft, aber auch der Umstand der erstmaligen Verbüßung einer langen Haftstrafe lassen die vom Verwaltungsgericht angenommene Wiederholungsgefahr ebenso wenig entfallen wie der von ihm behauptete gute soziale Empfangsraum nach Beendigung der Haft. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger mehrere gravierende Straftaten mit sich steigernder Gewaltbereitschaft begangen hat und sich dabei weder von einer Untersuchungshaft noch von den ihm angedrohten ausländerrechtlichen Konsequenzen hat beeindrucken lassen, sondern vielmehr den zuletzt abgeurteilten schweren Raub noch während laufender Bewährungszeit begangen hat. Ebenso hat das Erstgericht zutreffend festgestellt, dass angesichts der Verurteilung des Klägers wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung sowie der vorangegangenen Verurteilungen wegen Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung Schutzgüter von besonders hohem Rang (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) betroffen sind und für das Opfer des Raubes am 16. November 2007 sogar abstrakte Lebensgefahr bestanden hat.

Auch das im Auftrag der zuständigen Strafvollstreckungskammer erstellte forensisch-psychiatrische Sachverständigengutachten (über den Kläger) vom 12. Dezember 2015 rechtfertigt nicht, eine Wiederholungsgefahr beim Kläger zu verneinen. Bei ihrer Prognoseentscheidung sind die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte an die Feststellungen und Beurteilungen der Strafgerichte rechtlich nicht gebunden. Letzteres gilt selbst dann, wenn die Strafvollstreckungskammer zur Vorbereitung ihrer Entscheidung ein Sachverständigengutachten eingeholt hat. Denn auch dieses orientiert sich inhaltlich an den materiellen strafrechtlichen Voraussetzungen einer Aussetzungsentscheidung (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei Aussetzungsentscheidungen nach § 57 StGB geht es um die Frage, ob die Wiedereingliederung eines in Haft befindlichen Straftäters weiter im Vollzug stattfinden muss oder durch vorzeitige Entlassung für die Dauer der Bewährungszeit gegebenenfalls unter Auflagen „offen“ inmitten der Gesellschaft verantwortet werden kann. Bei dieser Entscheidung stehen naturgemäß vor allem Resozialisierungsgesichtspunkte im Vordergrund; zu ermitteln ist, ob der Täter das Potenzial hat, sich während der Bewährungszeit straffrei zu führen. Demgegenüber geht es im ausländerrechtlichen Ausweisungsverfahren um die Frage, ob das Risiko eines Misslingens der Resozialisierung von der deutschen Gesellschaft oder von der Gesellschaft im Herkunftsstaat des Ausländers getragen werden muss. Die der Ausweisung zugrunde liegende Prognoseentscheidung bezieht sich folglich nicht nur auf die Dauer der Bewährungszeit, sondern hat einen längeren Zeithorizont in den Blick zu nehmen. Denn es geht hier um die Beurteilung, ob es dem Ausländer gelingen wird, über die Bewährungszeit hinaus ein straffreies Leben zu führen. Entscheidend ist, ob er im maßgeblichen Zeitpunkt auf tatsächlich vorhandene Integrationsfaktoren verweisen kann; die beanstandungsfreie Führung während der Haft ist nur ein solcher Faktor, genügt aber für sich genommen nicht (BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 19 f.).

Folglich kann das vorgelegte Sachverständigengutachten für die gerichtliche Prognoseentscheidung allenfalls eine Hilfestellung bieten und zur Unterstützung der letztlich maßgeblichen richterlichen Überzeugungsbildung über das Bestehen einer Wiederholungsgefahr in Betracht kommen (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 35). Die auf die vorzeitige bedingte Entlassung des Klägers bezogene Prognose in diesem Gutachten, dass beim Kläger die durch die Taten zu Tage getretene Gefährlichkeit nicht mehr weiter bestehe, wird von der Gutachterin allerdings nur unter den Prämissen angestellt, dass er in Deutschland verbleiben könne und der anvisierte soziale Empfangsraum mit einer psychotherapeutischen Begleitung und Drogenscreenings umgesetzt werden könne. Weiter spricht das Gutachten von „erforderlichen haltgebenden Strukturen“, die beim Kläger „für eine straffreie Zukunft unbedingt erforderlich sind“. Schließlich erscheint es der Gutachterin notwendig, innerhalb der (weiter erforderlichen) therapeutischen Einzelgespräche „auf die vom Kläger verdrängten, abgewehrten bzw. schambesetzten Handlungen bezüglich seiner Straftaten zu fokussieren, um seine Weichzeichnungen nicht als mögliche Bagatellisierungen zu belassen“. Letzteres bezieht sich offensichtlich darauf, dass der Kläger bei seinen abgeurteilten Gewaltstraftaten entweder zu seinen Taten selbst keine Angaben gemacht oder die Taten in völlig unangemessener Weise bagatellisiert hat. Dieser Hang zur Bagatellisierung ist auch noch aus den entsprechenden Angaben des Klägers zu seinen Straftaten gegenüber der Gutachterin eindeutig zu erkennen. Für den Senat ist dies aber ein wichtiges Indiz dafür, dass er sich mit seinen Taten immer noch nicht wirklich ernsthaft auseinandergesetzt und die volle Verantwortung dafür übernommen hat. Die Behauptung, er bereue seine Taten aufrichtig, wird dadurch jedenfalls ernsthaft erschüttert. Für die längerfristig angelegte ausländerrechtliche Prognose ist dies ein ungünstiger Aspekt.

Auch die Tatsache, dass der Kläger erstmals eine langjährige Haftstrafe verbüßt, spricht nicht gegen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Zwar kann - worauf er hingewiesen hat - die erstmalige Verbüßung einer (längeren) Haftstrafe, insbesondere als erste massive Einwirkung auf einen jungen Menschen, unter Umständen seine Reifung fördern und die Gefahr eines neuen Straffälligwerdens mindern (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, B.v. 24.2.2016 - 10 ZB 15.2080 - juris Rn. 12 m. w. N.). Demgegenüber hat die Beklagte aber zu Recht darauf verwiesen, dass der Kläger in der Vergangenheit nicht nur zweimal während offener Bewährung erneut gravierende Straftaten begangen hat, sondern sich auch von einer 6-monatigen Untersuchungshaft nicht hat beeindrucken lassen; nur ca. zwei Monate nach der Entlassung aus dieser Untersuchungshaft infolge eines (zunächst) freisprechenden Urteils des Landgerichts M. II hat er eine vorsätzliche Körperverletzung begangen, indem er seiner früheren Freundin aus nichtigem Anlass mehrfach mit der Faust und der flachen Hand bzw. der Rückhand ins Gesicht geschlagen und ihr auch im Verlauf des Folgetages noch mehrmals Schläge und Tritte versetzt hat. Vor diesem Hintergrund geht der Senat nicht davon aus, dass die Verbüßung der aktuellen Freiheitsstrafe den Kläger bereits so nachhaltig beeindruckt und er sich mit seiner kriminellen Vergangenheit so auseinandergesetzt hat, dass es zu einem nachhaltigen Einstellungswandel gekommen ist und er keiner Bewältigungsstrategie in Form der Bagatellisierung seiner Taten mehr bedarf. Der noch inhaftierte Kläger hat sich außerhalb der Justizvollzugsanstalt noch nicht über einen längeren Zeitraum bewährt und durch gesetzeskonformes Verhalten gezeigt, dass er auch ohne den Druck des Strafvollzugs vor allem in Krisensituationen in der Lage ist, nicht erneut straffällig bzw. gewalttätig zu werden. Eine gute Führung während der Haft und die „erfolgreiche“ Teilnahme an einem Rehabilitationsprogramm (in 33 Gruppensitzungen), das Straftäter in die Lage versetzen soll, im Leben effektiver zu Recht zu kommen, reichen insoweit jedenfalls noch nicht.

Schließlich vermag der Senat nicht zu erkennen, dass beim Kläger nach der Haftentlassung ein geeigneter und realistischer sozialer Empfangsraum im Sinne der von der Gutachterin angesprochenen „erforderlichen haltgebenden Strukturen“ vorhanden wäre. Die Ehefrau des Klägers und Klägerin (zu 2.), mit der er nach seiner Haftentlassung - im Übrigen erstmals dauerhaft - in einer Lebensgemeinschaft zusammenleben will, leidet nach den vorgelegten ärztlichen Berichten an zahlreichen psychischen Störungen und Erkrankungen. So wurden bei ihr u. a. eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, eine posttraumatische Belastungsstörung, eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, Opiatabhängigkeit, Opiatentzugssyndrom, Alkoholabhängigkeit, Verdacht auf ADHS und Verdacht auf sonstige generalisierte Epilepsie und epileptische Syndrome diagnostiziert. Nach dem Vorbringen im Zulassungsantrag ist die Klägerin deshalb selbst dringend auf die Unterstützung des Klägers angewiesen. Auch die Mutter des Klägers, bei der nach den im Zulassungsverfahren vorgelegten Attesten ebenfalls orthopädische Probleme, ein chronisches Schmerzsyndrom und eine reaktive Depression diagnostiziert wurden und bei der der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau entsprechend seinen Angaben bei der forensisch-psychiatrischen Begutachtung offensichtlich wohnen will, ist nach dem Zulassungsvorbringen ebenfalls auf „die Anwesenheit und Unterstützung des Klägers angewiesen“. Seine Mutter war im Übrigen schon bislang nicht in der Lage, ihm die „erforderlichen haltgebenden Strukturen“ zu vermitteln. Dass das künftig zusammen mit der schwer suchtkranken und unter schwerwiegenden Persönlichkeitsstörungen leidenden Ehefrau des Klägers, der Klägerin (zu 2.), gelingen könnte, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Das vorgelegte Angebot eines unbefristeten Arbeitsvertrags als Servicekraft in einem Café nach der Haftentlassung ist demgegenüber nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausreise überwiegt. Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist die streitbefangene Ausweisung des Klägers weder unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG - allerdings nicht abschließend - aufgeführten Umstände noch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Das Verwaltungsgericht hat bei der vom Kläger angegriffenen Entscheidung sämtliche entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt, die auch in diese Interessenabwägung einzustellen sind, und sie im Ergebnis in nicht zu beanstandender Weise gewichtet.

Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG ist beim Kläger infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 24. November 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben. Sein Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG wiegt nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besonders schwer, weil er eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG kann der Kläger dagegen für sich nicht in Anspruch nehmen, weil zum hier maßgeblichen Zeitpunkt ein eheliches Zusammenleben im Sinne einer tatsächlich gelebten ehelichen Lebensgemeinschaft nicht vorliegt. Das Verwaltungsgericht hat seiner Ehe mit der Klägerin (zu 2.) bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen zu Recht kein großes Gewicht beigemessen, weil die Ehe erst während der Haft und im Wissen um die Straftaten und seiner durch die Ausländerbehörde bereits angekündigten Abschiebung, also einer unsicheren Aufenthaltsperspektive, geschlossen worden ist (vgl. BayVGH, U.v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 50). Auch der Einwand, die Klägerin (zu 2.) sei auf die Unterstützung des Klägers angewiesen, greift nicht durch. Ungeachtet der verminderten Schutzwürdigkeit dieser Ehe ist weder nachvollziehbar dargelegt, dass und auf welche Lebenshilfeleistungen die erkrankte Klägerin tatsächlich angewiesen wäre, noch geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass der Kläger jemals solche Hilfeleistungen tatsächlich erbracht hätte. Demgemäß greift auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe verkannt bzw. fehlgewichtet, dass der Klägerin (zu 2.) als deutscher Staatsangehöriger ein Leben mit dem Kläger in Albanien nicht zumutbar sei, nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat unter Berücksichtigung des aus den genannten Gründen stark geminderten Vertrauensschutzes vielmehr zu Recht darauf verwiesen, dass den Klägern nach der Ausreise des Klägers auch die Führung einer „Fernbeziehung“ beschränkt auf Kontakte mithilfe elektronischer Medien sowie auf gelegentliche Besuche zumutbar sei.

Auch die familiären Beziehungen des Klägers zu seiner Mutter und seiner Schwester, die beide die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, hat das Verwaltungsgericht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Rüge des Klägers, die Beklagte und das Verwaltungsgericht hätten nicht hinreichend berücksichtigt, dass auch seine Mutter, die ausweislich der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen an einer reaktiven Depression, einem chronischen Schmerzsyndrom und mehreren orthopädischen Erkrankungen (insbesondere chronisch progrediente Gonarthrose links, Bandscheibenvorfall L5/S1, Fingerpolyarthrosen, multiple Tendinosen) leide, ihren Alltag nicht mehr alleine bewältigen könne und auf die Unterstützung durch ihre Familienangehörigen angewiesen sei, greift ebenfalls nicht durch. Denn auch bezüglich der Mutter ist weder dargelegt, auf welche Lebenshilfeleistungen diese tatsächlich angewiesen sein soll, noch geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass der Kläger jemals solche Hilfeleistungen tatsächlich erbracht hätte. Die pauschale und unsubstantiierte Feststellung im vorgelegten ärztlichen Attest des Arztes für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Dr. B. C. vom 15. April 2014, wonach die Patientin im Alltag der Unterstützung durch die Angehörigen bedürfe, weil sie ihren Alltag nicht alleine bewältigen könne, reicht dafür jedenfalls nicht aus. In den vom Kläger weiter vorgelegten Attesten vom April und Mai 2015 ist im Übrigen von einer bei der Mutter erforderlichen Unterstützung im Alltag nicht die Rede.

Das Zulassungsvorbringen, der Kläger sei bei einer Rückkehr in Albanien wegen einer Familienfehde von Blutrache und damit dem Tod bedroht, ist schon nicht schlüssig. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger, der sich mit seinen Eltern und seiner Schwester bereits seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, entsprechend einer erstmals im Zulassungsverfahren vorgelegten Bescheinigung des Vereins zur Versöhnung der Blutrache Tirana vom 28. August 2014 sich in einer Fehde mit der Familiensippe S. befinden und insbesondere von den Bürgern A.S. und U.S. mit dem Tod bedroht werden solle, egal wo er sich befinde. Unabhängig davon könnte auch nicht angenommen werden, dass die behauptete Gefahr für den Kläger landesweit besteht und der albanische Staat grundsätzlich nicht willens und in der Lage ist, vor Übergriffen Schutz zu bieten bzw. dagegen vorzugehen (vgl. etwa OVG Saarl, B.v. 18.12.2015 - 2 A 128/15 - juris Rn. 12 m. w. N.).

Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht angenommen, dass dem Kläger trotz seines inzwischen 22-jährigen Aufenthalts in Deutschland und eingeschränkter albanischer Sprachkenntnisse zuzumuten sei, nach Albanien zurückzukehren, wo er als 31-jähriger gesunder Mann Arbeit und ein Auskommen finden könne. Dabei hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger, der einen beachtlichen Teil seiner Kindheit in seinem Heimatland verbracht hat und dort auch zur Schule gegangen ist, zwar den ganz überwiegenden Teil seines Lebens in Deutschland gelebt hat, dass von einer gelungenen sozialen oder gar wirtschaftlichen Integration in die Verhältnisse in der Bundesrepublik jedoch gleichwohl nicht ausgegangen werden kann. Auch insoweit verfängt der klägerische Einwand, er verfüge in Albanien über keine tragfähigen sozialen Bindungen mehr und spreche nur noch gebrochen albanisch, letztlich nicht.

Einwände gegen die vom Verwaltungsgericht rechtlich nicht beanstandete Befristung der Wirkungen der Ausweisung des Klägers auf zuletzt sieben Jahre und die Abweisung der Klage der Klägerin (zu 2.) als unbegründet wurden im Zulassungsverfahren nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 39 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Senftl Zimmerer Dihm

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 8. Dezember 2014 weiter, mit dem die Beklagte ihn aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, seinen Antrag auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt, ihm die Wiedereinreise für fünf Jahre untersagt und die Abschiebung aus der Haft nach Afghanistan angeordnet bzw. bei nicht fristgerechter Ausreise nach Haftentlassung angedroht hat.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch eine besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

a) Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers für rechtmäßig erachtet. Es hat auf der Grundlage der §§ 53 ff. AufenthG in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung bei Vorliegen eines zwingenden Ausweisungsgrundes nach § 53 Nr. 1 AufenthG (durch die rechtskräftige Verurteilung des Klägers vom 24. Februar 2014 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten) und Fehlen eines besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 AufenthG nach einer umfangreichen Prüfung die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK sowie Art. 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG bejaht.

Der (damals) 20jährige Kläger lebe zwar seit seinem 7. Lebensjahr in Deutschland, habe aber nur befristete Aufenthaltserlaubnisse innegehabt und verfüge seit Juni 2012 über keinen Aufenthaltstitel mehr. Nach dem Widerruf des nationalen Abschiebungsverbots habe er zudem, unabhängig von der streitgegenständlichen Ausweisung, keine Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht mehr. Zwar lebten seine Mutter, vier ältere Geschwister und weitere Verwandte in Deutschland, jedoch sei er als volljähriger junger Mann nicht mehr auf den Beistand seiner Mutter oder Familie angewiesen.

Eine Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse sei ihm - trotz des langen Aufenthalts und obwohl er deutsch spreche - bislang weder in wirtschaftlicher noch in sozialer Hinsicht gelungen und werde ihm in Zukunft mangels Aufenthaltsrecht auch nicht mehr ermöglicht werden. Gegen eine gelungene soziale Integration des Klägers sprächen die Anzahl an Straftaten, Verurteilungen und Inhaftierungen, gegen eine gelungene wirtschaftliche Integration, dass er bis heute nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt selbst durch legale Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Er sei seit seinem 14. Lebensjahr vielfach und mit unterschiedlichen Straftatbeständen straffällig geworden und habe bereits fast drei Jahre in Haft verbracht. Zwar sei zu berücksichtigen, dass er den weit überwiegenden Teil seiner Straftaten als Jugendlicher begangen habe, doch dürfe ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden, dass er nach seiner ersten Haftentlassung auch als Volljähriger sein Verhalten nicht geändert habe. Laufende Reststrafenvollstreckungsaussetzungen zur Bewährung hätten den Kläger in der Vergangenheit bereits mehrfach nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten können. Durch die vorausgegangene Strafhaft und die Verurteilungen sei er hinreichend gewarnt gewesen, habe jedoch bislang offenbar noch keine Konsequenzen dahingehend gezogen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und ein straffreies Leben zu führen. Der Kläger sei zuletzt überwiegend wegen Eigentumsdelikten auffällig geworden und nicht in erster Linie ein Gewaltstraftäter. Indes sei er bereits bei seiner ersten Verurteilung wegen Raub und versuchter räuberischer Erpressung und später unter anderem wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden. Somit sei zwar keine Steigerung hinsichtlich der Intensität der Rechtsgutsverletzung zu erkennen, andererseits habe der Kläger in der Vergangenheit ebenfalls mehrfach Gewalt angewendet. Gewaltanwendung präge sein kriminelles Verhalten nicht primär, werde von ihm ersichtlich aber auch nicht völlig ausgeschlossen. Anhaltspunkte für eine bloß vorübergehende Jugenddelinquenz lägen nicht vor. Das Verhalten des Klägers in der Strafhaft sei von Arbeitsunwilligkeit, Überheblichkeit und Beratungsresistenz geprägt gewesen; während der ersten Inhaftierung sei er sieben Mal disziplinarisch belangt worden.

Nach dem Eindruck, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen habe, habe er immer noch nicht erkannt, dass er aktiv Maßnahmen ergreifen müsse, um sein Leben in den Griff zu bekommen. Die gesamte Entwicklung des Klägers bis zum jetzigen Zeitpunkt lasse keinen positiven Aspekt erkennen, der zu Hoffnung Anlass geben könne. Selbst die im Vergleich zum Lebensalter vergleichsweise langen Inhaftierungen hätten beim ihm offensichtlich keinerlei Einsicht und Verhaltensänderung bewirkt; bloße Beteuerungen oder Absichtserklärungen überzeugten und genügten in Anbetracht des Vorlebens des Klägers nicht.

Eine Rückkehr nach Afghanistan sei zwar mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, diese seien dem Kläger aber zumutbar. Es stehe rechtskräftig fest, dass § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer Rückkehr nach Afghanistan nicht entgegenstehe; der Kläger könne in Kabul sein Leben sichern. Im Hinblick auf den Aspekt der Entwurzelung gehe das Gericht davon aus, dass weiterhin Verwandte des Klägers in Afghanistan lebten, auch spreche er zumindest gebrochen Dari.

Zwar bedürfe es wegen der zwingenden Ausweisung keiner Gefahrenprognose, jedoch ergebe beim Kläger eine im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmende individuelle Gefahrenprognose eine relevante Wiederholungsgefahr. Auch nach mittlerweile sechs Monaten in Freiheit habe der Kläger nichts aufzuweisen. In der letzten Verurteilung sei festgestellt worden, dass er sich mittels der Diebstähle eine dauerhafte Einnahmequelle von gewissem Umfang und gewisser Dauer habe eröffnen wollen. Somit stehe zumindest zu befürchten, dass der Kläger sich auf diese Art und Weise wieder eine kriminelle Einnahmequelle erschließen werde. Die Stabilisierung, die das Strafgericht zuletzt erhofft habe, sei nach Auffassung des Gerichts nicht eingetreten.

Die Zustände im Heimatland des Klägers seien im Rahmen der Verhältnismäßigkeit von beachtlichem Gewicht, da es nach Auffassung des Gerichts - unabhängig von der asylrechtlichen Beurteilung - einen Unterschied mache, ob in ein Land wie Afghanistan oder einen anderen, nicht vergleichbaren Drittstaat ausgewiesen werde. Dies falle jedoch nicht ausschlaggebend ins Gewicht, da das Interesse des Klägers am Verbleib trotzdem nicht überwiege.

b) Im Zulassungsverfahren wendet sich der Kläger ausdrücklich nicht gegen die Annahme eines zwingenden Ausweisungsgrundes und des Fehlens eines besonderen Ausweisungsschutzes, sondern bringt vor, das Ausgangsgericht habe in seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung entscheidungserhebliche Tatsachen bzw. Rechtssätze - die im Einzelnen aufgeführt werden - außer Acht gelassen.

c) Mit diesem Vorbringen wird aber die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Ausweisung des Klägers sei rechtmäßig, gemessen an den nunmehr maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) im Ergebnis nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.

Die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ist daher zu berücksichtigen. Die Änderung der Sach- und Rechtslage ist allerdings grundsätzlich nur in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen relevant (Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57; vgl. auch BVerwG, B.v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12), also hier der Entscheidung über den Zulassungsantrag; Rechtsänderungen während des Zulassungsverfahrens sind zu beachten.

Der Senat hat daher die streitbefangene Ausweisungsverfügung (und das diese als rechtmäßig bestätigende verwaltungsgerichtliche Urteil) unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens mangels entgegenstehender Übergangsregelung anhand der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) zu überprüfen. Seit dieser Rechtsänderung differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky/Reis in Hofmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53-56 Rn. 13 und § 53 Rn. 5 ff.; a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine nach altem Recht verfügte Ausweisung wird nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG in ihrer Neufassung am1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also gemäß der zentralen Ausweisungsnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG (als Grundtatbestand; vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097 S. 49 f.) der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

d) Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist beim Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in spezialpräventiver Hinsicht (immer noch) gegeben.

Das Verwaltungsgericht, das von einer zwingenden Ausweisung nach § 53 Nr. 1 AufenthG a. F. ausgegangen ist, hat eine vom Kläger ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Straftaten nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung angesprochen und bejaht.

Der Senat bejaht auch unter Anwendung des § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. eine derartige Wiederholungsgefahr.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 33 m. w. N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 34; BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 18).

Gemessen an diesen Grundsätzen kommt der Senat zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung zu der Bewertung, dass nach dem Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut durch vergleichbare Straftaten die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, ist der Kläger seit seinem 14. Lebensjahr vielfach und mit unterschiedlichen Straftatbeständen straffällig geworden und hat sein Verhalten auch als Volljähriger nach seiner ersten Haftentlassung im Februar 2013 nicht geändert. Noch in der letzten Verurteilung vom 24. Februar 2014 stellte das Strafgericht fest, schwere schädliche Neigungen bestünden fort, die letzte Strafhaft habe den Kläger offensichtlich nicht im geringsten beeindruckt. Er habe nach seiner ersten Haftentlassung im Februar 2013 keine großen Anstrengungen unternommen, sich zu stabilisieren oder eine Arbeit anzutreten. Auffallend ist die hohe Rückfallgeschwindigkeit und die in den letzten Strafurteilen immer wieder festgestellte Weigerung, (sozialpädagogische) Hilfsmaßnahmen anzunehmen oder an sich selbst zu arbeiten; sein Verhalten sei von einer maßlosen Selbstüberschätzung getragen. Ebenso wie das Verwaltungsgericht kann auch der Senat keine positive Entwicklung nach seiner Entlassung aus der Haft im Februar 2015 erkennen. Zwar sind keine neuerlichen Straftaten mehr bekannt geworden, doch stand der Kläger seither unter dem Druck der am 8. Dezember 2014 ergangenen Ausweisungsverfügung. Außer einigen abgebrochenen Probearbeitsverhältnissen und einer schulischen Maßnahme, um einen Schulabschluss zu erwerben, hat der Kläger nichts zu seinen Gunsten vorzuweisen. Soweit er sich auf eine am 1. Oktober 2015 begonnene psychiatrische Behandlung (fachärztliches Attest vom 29.2.2016) beruft, gibt dies keinen Hinweis auf einen zukünftigen Wegfall der Wiederholungsgefahr; der Schwerpunkt der Behandlung liegt auf einer depressiven Erkrankung aufgrund einer drohenden Rückführung nach Afghanistan.

Soweit sich der Kläger in seinem auf die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit gerichteten Zulassungsvorbringen der Sache nach auch gegen die Annahme einer Wiederholungsgefahr wendet, dringt er damit nicht durch. Auch wenn es zutrifft, dass er „nur“ einmal nach einer Aussetzung der zu verbüßenden Reststrafe zur Bewährung wieder straffällig geworden ist (im Juni und Oktober 2013 nach der vorzeitigen Entlassung im Februar 2013), ändert dies angesichts der hohen Rückfallgeschwindigkeit und des Ablaufs der „kriminellen Karriere“ nichts an dieser Einschätzung. Gleiches gilt für den Vortrag, dass der Kläger nicht „mehrfach“, sondern „nur“ einmal Gewalt angewandt habe, nämlich bei der Tat, die mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung abgeurteilt worden sei. Mehr als eine sprachliche Ungenauigkeit liegt hierin nicht, denn der Kläger wurde außerdem noch unter anderem wegen Raub, versuchter räuberischer Erpressung, Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten („Amoklauf“) und Bedrohung verurteilt, also wegen Straftaten, die mit Anwendung oder Androhung von Gewalt verbunden sind. Bereits das Verwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass der Schwerpunkt der zuletzt vom Kläger begangenen Delikte auf Diebstählen lag.

e) Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausreise überwiegt. Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist die streitbefangene Ausweisung des Klägers weder unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG - allerdings nicht abschließend - aufgeführten Umstände noch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Das Verwaltungsgericht hat bei der vom Kläger angegriffenen Entscheidung sämtliche entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt, die auch in diese Interessenabwägung einzustellen sind, und sie im Ergebnis in nicht zu beanstandender Weise gewichtet.

Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG ist beim Kläger infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 24. Februar 2014 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben. Sein Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG wiegt weder nach § 55 Abs. 1 AufenthG besonders schwer noch nach § 55 Abs. 2 AufenthG schwer, insbesondere weil der Kläger im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausweisungsverfügung nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war.

Das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis, die Ausweisung sei verhältnismäßig, begegnet auch unter dem Blickwinkel der Abwägung im Sinne von § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG keinen ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit. Die vom Kläger zur Begründung seines Zulassungsantrags vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.

- Der Kläger behauptet, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass er mit einer Durchsetzung der Ausweisung und Abschiebung die für sein Privatleben konstitutiven Beziehungen unwiederbringlich verliere, da er auch nach Ablauf der Befristung der Wirkungen der Ausweisung kein Recht auf Wiederkehr habe. Er beruft sich hierbei auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Mai 2007 (2 BvR 304/07 - NVwZ 2007, 243, juris-Rn. 35), in dem dieses festgestellt hat, dass die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung ist, eine Verhältnismäßigkeit der Ausweisung aber nicht allein durch eine Befristung erreicht werden kann, zumal wenn die Befristung mangels eines weiteren Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet ohne praktische Wirkung bleibt. Diese Vorgaben hat das Verwaltungsgericht jedoch beachtet. Es hat keineswegs die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung (allein) mit Verweis auf die Befristungsentscheidung bejaht, sondern durchaus darauf abgestellt, dass der Kläger künftig kein Aufenthaltsrecht mehr besitzt und sich auf einen dauerhaften Aufenthalt in Afghanistan einrichten muss (S. 15, 19 u. 25 UA).

- Ins Leere geht das Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe auf die Möglichkeit von Betretenserlaubnissen abgestellt, was wegen der restriktiven Praxis der deutschen Auslandsvertretungen unzutreffend sei. Die Möglichkeit von Betretenserlaubnissen (§ 11 Abs. 8 AufenthG) spielt in der Verhältnismäßigkeitsprüfung des Verwaltungsgerichts keine Rolle, lediglich bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Befristungsentscheidung befindet sich ein derartiger Hinweis auf die Rechtslage (S. 26 UA).

- Soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die Sicherheitslage in Afghanistan nicht ausreichend berücksichtigt, zeigt er damit ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit der Abwägungsentscheidung auf. Das Verwaltungsgericht ist - unabhängig von der rechtskräftigen Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht besteht - auf die Lage in Afghanistan eingegangen (S. 18, 19 u. 22 UA). Der Kläger behauptet demgegenüber lediglich pauschal, als „Auslandsrückkehrer“ in höherem Maße von Kriminalität bedroht zu sein; eine konkrete Bedrohung ergibt sich daraus nicht. Auch sind die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte insoweit gemäß § 42 Satz 1 AsylG an die rechtskräftige negative Feststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gebunden.

- Zwar hat das Verwaltungsgericht - insoweit unrichtig - davon gesprochen, dass laufende Reststrafenvollstreckungsaussetzungen zur Bewährung den Kläger in der Vergangenheit „mehrfach“ nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten hätten (S. 15 UA). Diese Formulierung lässt jedoch nicht den Schluss zu, das Abwägungsergebnis sei fehlerhaft. Sie ist Bestandteil einer längeren umfassenden Würdigung der „kriminellen Karriere“ des Klägers, deren Ergebnis sich nicht relevant verändert, wenn darauf abgestellt wird, dass dem Kläger „nur“ einmal eine Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung gewährt wurde.

- Gleiches gilt für den Einwand, das Verwaltungsgericht sei fälschlich davon ausgegangen, der Kläger habe „mehrfach“ Gewalt angewandt. Wie bereits erwähnt, wurde der Kläger auch wegen Delikten verurteilt, die mit der Androhung oder Anwendung von Gewalt verbunden sind, und das Verwaltungsgericht hat durchaus gesehen und berücksichtigt, dass der Kläger zuletzt vor allem wegen Diebstählen verurteilt worden ist.

- Auch die „fehlende Berücksichtigung der Empathiefähigkeit des Klägers“ greift nicht durch. Der Kläger bezieht sich hier auf einen Gesichtspunkt in den Strafzumessungserwägungen im Strafurteil vom 20. Januar 2010, also in seiner ersten Verurteilung; der Kläger hatte einen Mittäter überredet, einen Teil erlangten Beute zurückzugeben. Es ist nicht erkennbar, dass dieser Aspekt an dem Ergebnis der Abwägung etwas ändern könnte. Die Beklagte weist in ihrer Stellungnahme vom 29. Oktober 2015 zu Recht darauf hin, dass derartige Situationen von Mitgefühl mit den Tatopfern bei den späteren Straftaten nicht mehr auftreten.

- Der Kläger bringt ferner vor, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Gefahrenprognose Tatsachen berücksichtigt, die es selbst schaffe, indem es bei der Prognose der Wiederholungsgefahr darauf abgestellt habe, dass dem Kläger mangels Aufenthaltsrecht eine Integration nicht mehr möglich sei. Dieser Einwand trifft aber nicht zu. Bei der im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommenen Gefahrenprognose (S. 20 u. 21 UA) spielt ein zukünftiges Aufenthaltsrecht des Klägers keine Rolle; an anderer Stelle (S. 15 UA) weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass ihm in Zukunft mangels Aufenthaltsrecht (aus § 25 Abs. 3 AufenthG) keine Integration mehr ermöglicht werden könne. Ein „Zirkelschluss“ liegt also nicht vor.

- Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe die Tatsache, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen Gewalttäter oder einen Drogenkriminellen handele, nicht berücksichtigt, ist nicht nachvollziehbar. Das Verwaltungsgericht hat in der vom Kläger ungenau zitierten Textpassage ausdrücklich festgestellt, es habe beachtet, dass der Kläger „kein notorischer Gewaltstraftäter“ sei (S. 22 UA). Unzutreffend ist die Behauptung, das Verwaltungsgericht habe sich lediglich auf die „Drei-Jahres-Grenze“ des § 53 Nr. 1 AufenthG (a. F.) zurückgezogen; es hat vielmehr ausführlich dargestellt, warum das Ausweisungsinteresse hier überwiegt, obwohl der Kläger zuletzt „nur“ wegen Diebstählen verurteilt wurde.

- Schließlich führt der Kläger an, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass er sich seit seiner Haftentlassung um geordnete Lebensverhältnisse bemühe. Jedoch ergibt sich aus den Ausführungen des Urteils des Verwaltungsgerichts, dass sich dieses durchaus mit dem Verhalten des Klägers seit seiner Haftentlassung im Februar 2015 befasst, allerdings nicht entscheidend zu seinen Gunsten gewertet hat (S. 17 u. S. 20/21 UA). Das Verwaltungsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass aus den kurzzeitigen Probearbeitsverhältnissen noch nicht der Schluss gezogen werden könne, der Kläger sei willens, seinen Lebensunterhalt künftig durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern. Auch aus nach der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht entstandenen und innerhalb des Frist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgetragenen Umständen, insbesondere der Teilnahme an einer schulischen Maßnahme, um einen Schulabschluss nachzuholen, ergeben sich keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung. Auch dass der Kläger sich seit dem 1. Oktober 2015 in psychiatrischer Behandlung befindet, lässt keine grundlegend neue Sicht auf das Ausweisungsinteresse zu. Während der Kläger behauptet, er arbeite damit sein vorangegangenes Verhalten auf, ergibt sich aus dem vorgelegten fachärztlichen Attest vom 29. Februar 2016 die Diagnose einer depressiven Erkrankung, die durch seine derzeitige Lebenssituation, vor allem durch die drohende Abschiebung nach Afghanistan, ausgelöst sei.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf.

Eine Rechtssache weist besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 106).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Dass eine Ausweisung einer umfangreichen Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des Art. 8 EMRK zu unterwerfen ist bzw. - nach der neuen Gesetzesfassung - eine umfassende Abwägung nach § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG zu erfolgen hat, wirft für sich allein keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art auf. Schon nicht schlüssig vorgetragen ist, warum sich solche besonderen Schwierigkeiten aus dem Umstand ergeben sollten, dass die Beklagte davon ausgegangen sei, dass die Verhältnisse in Afghanistan nicht die Verhältnismäßigkeitsprüfung einbezogen werden dürften; wie oben dargelegt, ist das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf die Verhältnisse in Afghanistan eingegangen. Ebenso ist die Ableitung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten aus der behaupteten Abweichung von dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 18. Februar 1991 (Az. 31/1989/191/291 Moustaqim - InfAuslR 1991, 149) nicht nachvollziehbar; insoweit hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 1. März 2004 (2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852, juris-Rn. 23) darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung „durch Entscheidungen aus jüngerer Zeit überholt und als Auslegungshilfe nicht mehr heranzuziehen“ sein dürfte.

Einwände gegen die vom Verwaltungsgericht rechtlich nicht beanstandete Befristung der Wirkungen der Ausweisung des Klägers auf fünf Jahre und die Abweisung der Klage bezüglich der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wurden im Zulassungsverfahren nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

10 B 13.715

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 25. August 2014

(VG München, Entscheidung vom 21. Juli 2011, Az.: M 23 K 10.1455)

10. Senat

Sachgebietsschlüssel: 600

Hauptpunkte:

- Ausweisung eines wegen Betäubungsmitteldelikten mehrfach verurteilten, Nigerianers, - Beziehungen des Ausländers zu seinen vier nichtehelichen Kindern von drei unterschiedlichen Müttern, - Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Landeshauptstadt München,

vertreten durch den Oberbürgermeister,

dieser vertreten durch KVR HA II Ausländerangelegenheiten, Ruppertstr. 19, 80337 München,

- Beklagte -

beteiligt:

Landesanwaltschaft Bayern, als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen Ausweisung;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juli 2011,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 10. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Senftl, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Eich, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Martini ohne weitere mündliche Verhandlung

am 25. August 2014

folgendes Urteil:

I.

Unter Aufhebung der Nr. 2 des Bescheids der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Juli 2014 wird die Beklagte verpflichtet, über die Länge der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt drei Viertel der Kosten des Berufungsverfahrens, die Beklagte trägt ein Viertel.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 2. November 1981 geborene Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste seinen Angaben zufolge am 11. Juli 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte unter Angabe falscher Personendaten seine Anerkennung als Asylberechtigter. Das Bundesamt - damals Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - lehnte seinen Antrag mit Bescheid vom 29. September 2004 (rechtskräftig seit 17. Juli 2006) ab.

Anlässlich einer Vorsprache bei der Beklagten am 22. August 2006 legte der Kläger einen am 5. Juli 2006 ausgestellten nigerianischen Pass mit seinen tatsächlichen persönlichen Daten vor und teilte mit, dass seine deutsche Freundin, Frau A., von ihm schwanger sei. Dem Kläger wurde daraufhin eine Duldung erteilt. Nach der Geburt seiner deutschen Söhne Gabriel und Valentin am 22. September 2006 beantragte er unter Vorlage einer Vaterschaftsanerkennungsurkunde sowie von Erklärungen über die gemeinsame elterliche Sorge für die Kinder die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und gab dabei an, die Kinder trotz getrennter Wohnsitze jeden Tag zu sehen und somit sein Sorgerecht auszuüben. Trotz einer Verurteilung durch das Amtsgericht München vom 21. Mai 2007 zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen wegen mittelbarer Falschbeurkundung erteilte die Beklagte dem Kläger am 15. Juni 2007 eine bis zum 14. Juni 2008 befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, verwarnte ihn aber zugleich mit Schreiben vom 15. Juni 2007. Am 13. Juni 2008 wurde die Aufenthaltserlaubnis bis zum 14. Juni 2010 verlängert, nachdem die Mutter seiner Kinder angegeben hatte, dass er sich regelmäßig um seine Kinder kümmere und sie jeden Monat Unterhaltszahlungen von ihm erhalte.

Am 2. Mai 2009 wurde der Kläger in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Amtsgerichts München vom 1. September 2009, rechtskräftig seit 1. Dezember 2009, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren vier Monaten verurteilt. Der Kläger hatte im Februar oder März 2009 einen Rucksack, in dem sich sieben Pakete mit insgesamt 2216,94 Gramm Marihuana mit einem Schwarzmarktwert von deutlich mehr als 10.000 Euro sowie eine elektronische Feinwaage befanden, in das Kellerabteil der Frau A. gebracht, den diese am 1. Mai aufgefunden und bei der Polizei abgegeben hat. Entgegen der Einlassung des Klägers im Strafverfahren, er habe den Rucksack lediglich für einen Bekannten aufbewahrt und dafür 600 Euro erhalten, die er wegen der Krankheit seines Vaters in Nigeria benötigt habe, ging das Strafgericht davon aus, dass der Kläger das Rauschgift in der Absicht aufbewahrt habe, es gewinnbringend weiterzuveräußern.

Nach Rechtskraft des Urteils hörte die Beklagte den Kläger sowie Frau A. zu dessen beabsichtigter Ausweisung an. Der Kläger trug vor, er sei von März bis Mai 2009 nach Nigeria geflogen, weil sein Vater krank gewesen sei. Er wolle aber wegen der Zwillinge im Bundesgebiet bleiben. Werde er abgeschoben, werde sein ganzes Leben zerstört.

Die Kindsmutter äußerte sich dahingehend, dass ihr von Anfang an klar gewesen sei, dass der Kläger keinen Unterhalt zahle und sie die Kinder allein erziehen werde. Er habe nicht gearbeitet, sondern seine Arbeitspapiere an Landsleute weitergegeben, habe aber immer Geld gehabt und sei mehrmals im Jahr nach Nigeria geflogen, wobei es nicht stimme, dass sein Vater krank sei. Er sei unregelmäßig zu ihr und den Kindern gekommen, habe nur etwas gegessen, geduscht und geschlafen, aber keinen Erziehungsbeitrag geleistet. Die Kinder würden ihn nach seinen langen Aufenthalten in Nigeria von teilweise sieben Wochen nicht wiedererkennen und auch nicht nach ihm fragen.

Mit Bescheid vom 3. März 2010 wies die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet Deutschland aus (Nr. 1. des Bescheids), untersagte die Wiedereinreise (Nr. 2.) und drohte seine Abschiebung aus der Haft, hilfsweise vier Wochen nach Haftentlassung nach Nigeria oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat an (Nr. 3.). Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger sei nach § 53 Nr. 2 AufenthG zwingend auszuweisen. Einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 AufenthG besitze er nicht, da er mit seinen Kindern zu keinem Zeitpunkt in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe. Auch unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK sei keine andere Entscheidung zu treffen, denn der Kläger habe weder Unterhalt gezahlt noch einen Beitrag zur Betreuung der Kinder geleistet. Die Kindsmutter strebe das alleinige Sorgerecht an. Es sei ihm zuzumuten, die Beziehung zu den Kindern durch Telefon- und Briefkontakte aus dem Ausland aufrechtzuerhalten bzw. die Kinder mittels Betretungserlaubnissen in Deutschland zu besuchen. Vorsorglich gehe die Beklagte aufgrund der Bindungen zu den Zwillingen davon aus, dass über die Ausweisung im Ermessenswege zu entscheiden sei. Eine Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Ausweisung, nämlich der Verhinderung weiterer Straftaten im Bundesgebiet sowie der Abschreckung anderer Ausländer von der Begehung vergleichbarer Straftaten, insbesondere im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln, und den persönlichen Interessen des Klägers, nämlich den Bindungen zu seinen Kindern, führe zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Klägers dessen private Interessen überwiege. Die Ausweisung sei auch nicht unverhältnismäßig im Hinblick auf Art. 8 EMRK und Art. 6 GG.

Mit Schriftsatz vom 30. März 2010 ließ der Kläger gegen den Ausweisungsbescheid Klage erheben und vortragen, er könne sich auf den besonderen Ausweisungsschutz des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG berufen, da er mit seinen Kindern jedenfalls partiell in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe. Er habe sich lediglich bei Frau A. nicht angemeldet, weil die Wohnung vom Sozialamt bezahlt worden sei. Mit einem Video sowie mit seinem Handy und der zugehörigen Simkarte könne er belegen, dass er täglich Telefonkontakt mit den Kindern auch aus Nigeria gehabt und mit ihnen Geburtstag gefeiert habe. Seine Abschiebung sei zudem im Hinblick auf Art. 8 EMRK unverhältnismäßig.

Mit Schriftsatz vom 21. September 2010 beantragte der Kläger zusätzlich, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 6. September 2010 zu verpflichten, ihm eine Duldung für sechs Monate zu erteilen, und verwies darauf, dass er bereits am 26. Juli 2010 bei der Beklagten einen Antrag auf befristete Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise auf Erteilung einer Duldung, gestellt habe. Mit Schreiben der Beklagten vom 6. September 2010 habe diese dem Klägerbevollmächtigten mitgeteilt, dass weder die Ausstellung einer Fiktionsbescheinigung noch die Erteilung einer Duldung in Betracht komme.

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 lehnte die Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Landsberg a. Lech die Aussetzung des Strafrests nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitstrafe zur Bewährung ab. Nach den Gesamtumständen beim Kläger sei es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er außerhalb des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen werde. Mit weiterem Beschluss vom 31. Mai 2011 ordnete die Auswärtige Strafvollstreckungskammer nach Vollstreckung der Freiheitsstrafe Führungsaufsicht für fünf Jahre an. Am 31. August 2011 wurde der Kläger aus der Strafhaft entlassen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 13. Juli 2011 ergänzte die Beklagte die Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 3. März 2010 und befristete die Wirkungen der Ausweisung bzw. Abschiebung auf sieben Jahre nach Abschiebung bzw. Ausreise unter der Bedingung, dass keine neuen Ausweisungsgründe bekannt werden. Zudem ergänzte sie das bereits im Bescheid ausgeübte Ermessen dahingehend, dass zugunsten des Klägers rein vorsorglich davon ausgegangen werde, dass vor seiner Inhaftierung eine Lebensgemeinschaft zwischen ihm und seinen beiden Kindern bestanden habe, dass der Kläger lediglich im abgeurteilten Umfang gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen habe -Frau A. hatte ihn am 30. Juni 2011 bei der Polizei weiterer Betäubungsmitteldelikte bezichtigt - und dass er 2007/2008 erwerbstätig gewesen sei. Jedoch erscheine die Ausweisung nach wie vor notwendig und angemessen, denn der Kläger sei schwerwiegend strafrechtlich in Erscheinung getreten. Von erheblicher Bedeutung sei dabei die Tatsache, dass eine vorzeitige Entlassung abgelehnt worden sei. Die Ausweisung sei nicht nur spezialpräventiv, sondern auch generalpräventiv begründet, da der Ausweisungsanlass besonders schwer wiege und vergleichbare Täter abgeschreckt werden könnten. Der Kläger besitze zudem noch enge Bindungen an sein Heimatland. Hinsichtlich der Erteilung einer Duldung wurde der Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Mit Urteil vom 21. Juli 2011 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren hinsichtlich der Klage auf Erteilung einer Duldung ein, hob die in der mündlichen Verhandlung ergänzte Befristungsentscheidung (Nr. 2 Satz 2 des Bescheids vom 3.3.2010) auf und wies die Klage im Übrigen ab. Der Ausweisungsbescheid der Beklagten vom 3. März 2010 erweise sich als im Wesentlichen rechtmäßig. Es spreche zwar viel dafür, dass zwischen dem Kläger und seinen beiden deutschen Kindern keine familiäre Lebensgemeinschaft i. S. des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG bestehe und deshalb ein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 AufenthG ausscheide. Jedoch sei die Beklagte zugunsten des Klägers von Bindungen zu seinen Kindern ausgegangen und habe über die Ausweisung nach Ermessen entschieden. Diese Ermessensentscheidung sei nicht zu beanstanden. Die Klage habe jedoch Erfolg, soweit es um das befristete Wiedereinreiseverbot gehe, denn die Beklagte habe nicht zu erkennen gegeben, warum sie ein Wiedereinreiseverbot von mehr als fünf Jahren festgesetzt und welche Gründe sie ihrer Befristungsentscheidung zugrunde gelegt habe.

Mit Schriftsatz vom 30. November 2011 beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung. Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ermessensentscheidung der Beklagten rechtsfehlerfrei sei. Eine Überprüfung unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG und des Art. 8 EMRK müsse zugunsten des Klägers ausfallen. Dieser habe seit seiner Entlassung aus der Haft Ende August 2011 wieder Kontakt zu seinen beiden Kindern. Mit diesen werde eine emotionale Beziehung aufgebaut. Er nehme den Kontakt, der für die Kinder zur Stabilisierung sehr wichtig sei, regelmäßig wahr. Zusätzlich fänden fast täglich Telefonate zwischen ihm und den Kindern statt. Der Kläger hätte nach der Haftentlassung auch einen Arbeitsplatz gehabt, wenn ihm eine Arbeitserlaubnis erteilt worden wäre. Im August 2012 teilte der Kläger ergänzend mit, er habe die Mutter seines dritten deutschen Kindes, Frau B., zufällig wieder getroffen und wolle mit ihr jetzt eine Familie gründen. Er legte die Kopie einer standesamtlichen Urkunde vom 23. Juli 2012 über die Anerkennung der Vaterschaft für das Kind Alicia Samira B., geboren am 4. Juni 2005, vor.

Am 21. Dezember 2012 erließ das Amtsgericht München (Az. 512 F 14102/12) auf Antrag von Frau A. einen Beschluss nach dem Gewaltschutzgesetz, wonach dem Kläger insbesondere verboten wurde, sich in einem bestimmten Umkreis um die Wohnung von Frau A. aufzuhalten und Kontakt zu ihr aufzunehmen. Die Anordnung wurde bis 21. Juni 2013 befristet und beruhte darauf, dass der Kläger Frau A. im Dezember 2012 massiv bedrängt hatte.

Mit Beschluss vom 2. April 2013 hat der Senat die Berufung im Hinblick auf die erst im Zulassungsverfahren vorgebrachten Bindungen des Klägers zu seinem dritten deutschen Kind zugelassen.

Zur Begründung der Berufung führte der Kläger unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen ergänzend aus, der angefochtene Ausweisungsbescheid sei deshalb rechtswidrig, weil die Beziehung des Klägers zu seinen leiblichen Kindern, insbesondere zu seinem dritten deutschen Kind, einer Ausweisung entgegenstehe. Der Kläger kümmere sich intensiv um seine Tochter und habe zu dieser eine enge familiäre Beziehung. Aber auch im Hinblick auf seine beiden Zwillinge sei der Kläger bemüht, die Beziehung nicht nur zu den beiden Kindern, sondern auch zur Kindsmutter zu normalisieren. Schließlich sei auch der Ausweisungsanlass nicht mehr aktuell. Der Kläger habe seine Strafe verbüßt und sei seitdem nicht mehr rückfällig geworden. Auch generalpräventive Gesichtspunkte hätten kein Gewicht mehr. Sobald ihm eine Erwerbstätigkeit erlaubt werde, werde er wieder arbeiten.

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 legte der Kläger eine Sorgerechtserklärung vom 20. Juni 2013 vor, in der er und Frau B. erklärten, die elterliche Sorge für ihre Tochter Alicia gemeinsam übernehmen zu wollen.

Ebenfalls am 20. Juni 2013 hat der Kläger in einer notariellen Urkunde die Kindsmutter Frau B. bevollmächtigt, ihn bei der Ausübung seines Sorgerechts umfassend zu vertreten.

Am 12. Juli 2013 wurde das vierte deutsche Kind des Klägers, Precious Chinaza Omotola R., geboren, für das er am 31. Juli 2013 die Vaterschaft anerkannt und zusammen mit der Kindsmutter, Frau R., erklärt hat, die elterliche Sorge für das Kind gemeinsam übernehmen zu wollen. Mit Endbeschluss vom 12. Dezember 2013 (Az.: 533 F 9348/13) hat das Amtsgericht München festgestellt, dass der zum Zeitpunkt der Geburt von Precious noch mit der Mutter verheiratete Herr R. nicht Vater des Kindes ist. Damit wurde das Vaterschaftsanerkenntnis des Klägers für das Kind Precious wirksam.

Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 5. August 2013 wurde der Kläger wegen Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, begangen am 13. Dezember 2012 zulasten von Frau A., zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Am 14. Dezember 2013 hat die Mutter der Zwillinge des Klägers Strafanzeige gegen den Kläger wegen mehrfacher Körperverletzungsdelikte zu ihren Lasten sowie zweier Vergewaltigungen gestellt. Diese Verfahren wurden offensichtlich später eingestellt.

Der Kläger ist am 9. Januar 2014 wegen des Verdachts auf Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft genommen worden. Am 13. Januar 2014 unterrichtete das Bayerische Landeskriminalamt die Beklagte über ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger. Dieser sei am 9. Januar 2014 im Rahmen der Sicherstellung von ca. 78 Gramm Kokain festgenommen worden. Er habe nachweislich einer anderen Person 27,7 Gramm Kokain verkauft. Bei der Wohnungsdurchsuchung seien beim Kläger 48,8 Gramm Kokain sichergestellt und zudem 4100 Euro aufgefunden worden. Er sei bereits drei Mal wegen Drogendelikten inhaftiert gewesen und 2011 zuletzt aus der Haft entlassen worden. Am 12. Mai 2014 wurde von der Staatsanwaltschaft München I Anklage wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tatmehrheitlichen Fällen erhoben.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2014 fasste die Beklagte die Nr. 2 des Bescheids vom 3. März 2010 in der Fassung vom 13. Juli 2011 neu und untersagte dem Kläger die Wiedereinreise für sieben Jahre, wobei die Frist mit der Ausreise beginnen sollte. Die Begründung des Ausgangsbescheids ergänzte die Beklagte wie folgt: Unter Berücksichtigung des nach Erlass der Ausweisungsverfügung vom 3. März 2010 neu hinzugekommenen Sachverhalts seien die Ausweisungswirkungen auf sieben Jahre zu befristen. Angesichts der konkreten Gefahr der Begehung weiterer schwerer Straftaten, insbesondere nach der Verurteilung wegen des Handelns mit Betäubungsmitteln aus reinem Gewinnstreben ohne selbst drogenabhängig zu sein, sei zunächst eine Frist von neun Jahren festzusetzen gewesen. Diese sei wegen der Beziehung des Klägers zu seinen vier deutschen Kindern auf sieben Jahre reduziert worden.

Außerdem aktualisierte die Beklagte das im Bescheid vom 3. März 2010 eröffnete und am 13. Juli 2011 im Rahmen der mündlichen Verhandlung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München fortgeschriebene Ermessen.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2014 ergänzte die Beklagte nochmals ihre Ermessenserwägungen, insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen des Klägers zu seinen Töchtern Alicia und Precious, hielt aber die Ausweisung des Klägers dennoch im Hinblick auf die Schwere der von ihm begangenen Straftaten für verhältnismäßig. An ihrer Befristungsentscheidung vom 2. Juli 2014 hielt die Beklagte fest. In der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben zur Beziehung des Klägers zu seinen Kindern durch Einvernahme der Mütter seiner Kinder, Frau A., Frau B. und Frau R. als Zeuginnen. Auf deren Aussagen wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juli 2011, soweit die Klage abgewiesen wird, sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids der Beklagten vom 2. Juli 2014 sowie der Ermessensergänzungen in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2014 und im Schriftsatz vom 14. April 2015 aufzuheben, hilfsweise die Beklagte zu einer Befristungsregelung mit einer Sperrfrist von drei Jahren zu verpflichten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 7. Juli 2014 wurde ins schriftliche Verfahren übergegangen.

Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 9. Oktober 2014 wurde der Kläger wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei sachlich zusammentreffenden Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zwei Monaten verurteilt. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger in der letzten Dezemberwoche 2013 einem Dritten 19,61 g Kokaingemisch zum Preis von 1.000 Euro in Gewinnerzielungsabsicht verkauft und übergeben hat und am 9. Januar 2014 in einem zu seiner Wohnung gehörenden Kellerabteil 40,02 g Kokaingemisch wissentlich und willentlich aufbewahrt hat. Bei der Strafzumessung sprach zugunsten des Klägers sein Geständnis hinsichtlich der Aufbewahrung des Kokaingemischs, dass er sich seit Januar 2014 in Untersuchungshaft befand und dass die Drogen sichergestellt werden konnten. Zu seinen Lasten wurde gewertet, dass Kokain eine harte Droge ist, er bereits dreifach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, die Strafvollstreckung erst im August 2011 erledigt war, er die Geschäfte nur „des Geldes wegen“ gemacht und professionell gehandelt hat. Eine derartige Menge von Kokain erhalte nur derjenige in Kommission, der von seinen Hintermännern als vertrauenswürdig erachtet werde. Dieses Urteil ist am 6. Mai 2015 rechtskräftig geworden.

Mit Schriftsatz vom 14. April 2015 ergänzte die Beklagte erneut ihr bislang ausgeübtes Ermessen und führte aus, aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit werde ihre Ermessensentscheidung nunmehr allein auf die in diesem Schriftsatz erfolgten Ausführungen gestützt. Sie bezog die erneute Verurteilung des Klägers vom 9. Oktober 2014 in ihre Ermessenserwägungen mit ein und stellte sie den privaten Interessen des Klägers, insbesondere der Beziehung zu seinen deutschen Kindern, gegenüber, kam aber letztendlich zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers seine privaten Interessen überwiege. Es werde dabei ausdrücklich offen gelassen, ob tatsächlich bei der klägerischen Ausweisung Ermessen auszuüben sei, da nicht geklärt sei, ob der Tatbestand des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG gegeben sei. Vorsorglich werde jedoch geprüft, ob die Ausweisung unter Ermessensgesichtspunkten geboten sei. Bei der dann vorzunehmenden Güter- und Interessenabwägung seien insbesondere die vom Kläger begangenen Betäubungsmittelstraftaten sowie seine Verurteilung wegen Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in den Blick zu nehmen. Die von ihm begangenen Straftaten im Zusammenhang mit Drogen gehörten zum Bereich der Schwerkriminalität. Insoweit habe sich die Deliquenz des Klägers noch erheblich gesteigert, da er zunächst mit der „weichen“ Droge Marihuana und bei der letzten Verurteilung mit der „harten“ Droge Kokain gehandelt habe. Der Kläger habe sich weder durch die frühere Verurteilung noch durch die anhängige Führungsaufsicht oder das offene Ausweisungsverfahren von der Begehung einschlägiger und sogar gesteigerter Betäubungsmitteldelikte abhalten lassen. Dass bei ihm eine größere Summe an Bargeld sichergestellt worden sei, belege, dass er sich durch den Handel mit Kokain eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle habe verschaffen wollen und stütze die Annahme der Beklagten, dass von ihm weiter eine konkrete Wiederholungsgefahr ausgehe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass auch die Beziehungen zu seinen Kindern, insbesondere die Geburt des jüngsten Kindes, nicht zu einer Zäsur oder zu einem Umdenken des Klägers geführt hätten. Die Triebfeder seiner Straffälligkeit, nämlich reines Gewinnstreben, werde auch nach Verbüßung seiner Haft unvermindert fortbestehen, denn er befinde sich in einer sehr ungünstigen sozialen Situation und sei mit ca. 25.000 Euro verschuldet. Die Wiederholungsgefahr werde auch nicht dadurch relativiert, dass der Kläger nicht drogensüchtig sei und sich in der Haft ordnungsgemäß führe. Im Rahmen der persönlichen Interessen des Klägers komme insbesondere der Beziehung zu seiner Tochter Precious ein erhebliches Gewicht bei, wobei die Beklagte rein vorsorglich davon ausgehe, dass mit dieser eine Lebensgemeinschaft bestehe. Keine emotionale Bindung dürfte demgegenüber zwischen dem Kläger und seinen Söhnen bestehen. Auch zu Alicia bestehe seit Weihnachten 2013 kein persönlicher Kontakt mehr, es werde aber von einer gewissen emotionalen Bindung ausgegangen. Eine gewichtige Beziehung zu Alicia bestehe jedoch nicht mehr. Die Beziehung zu Frau R. sei nicht durch Art. 6 GG, wohl aber durch Art. 8 EMRK geschützt. Die Folgen einer Ausweisung würden aber für Familienangehörige weniger schwer wiegen, wenn diesen die aufenthaltsrechtliche prekäre Situation des Ausländers bekannt sei. Frau R. musste bekannt sein, dass die Vater-Kind-Beziehung womöglich nicht auf Dauer im Bundesgebiet geführt werden könne. Dennoch komme dem Interesse von Precious am Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ein besonderes Gewicht zu, denn die sporadischen Umgangskontakte in der Haft seien für das Wohl von Precious von einer immerhin gewissen Bedeutung. Nicht desto weniger würden die öffentlichen Belange die privaten Belange des Klägers und seiner Kinder im Hinblick auf die vom Kläger begangenen schwerwiegenden Straftaten überwiegen. Die Ausweisung sei erforderlich, um die konkrete Gefahr weiterer, erheblicher Straftaten durch den Kläger im Bundesgebiet abzuwehren. Aus diesen Gründen sei die Ausweisung auch verhältnismäßig. Hinzu komme, dass dem Kläger die Rückkehr in sein Heimatland Nigeria zumutbar sei. Da Precious derzeit nicht mit dem Kläger zusammenlebe, sondern nur punktuell Kontakt mit ihm habe, sei auch ihr die Trennung zuzumuten und die Verbindung über moderne Kommunikationsmittel oder Betretungserlaubnisse aufrechtzuerhalten. Ergänzend wies die Beklagte im genannten Schriftsatz darauf hin, dass der Kläger ausweislich des Strafurteils gearbeitet habe, obwohl ihm seit seiner ersten Haftentlassung im August 2011 die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ausländerrechtlich nicht erlaubt war. Gleichzeitig habe er Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten und habe sich, obwohl er dazu verpflichtet gewesen sei, nicht in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern offenbar bei Frau R. aufgehalten bzw. dort gewohnt. Er habe auch die Vorlage seines Nationalpasses verweigert und damit gegen eine Auflage des Beschlusses zur Führungsaufsicht verstoßen. All dies belege die konsequent ablehnende Haltung des Klägers gegenüber der hiesigen Rechtsordnung.

Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2015 wies der Kläger nochmals darauf hin, dass die Beklagte den familiären Beziehungen des Klägers zur Mutter seiner Tochter Precious und zu den anderen Kindern zu wenig Gewicht beigemessen habe und jedenfalls die Sperrzeit zu lange bemessen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behörden- und Strafakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Urteil konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, da sich die Parteien mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben (vgl. § 125 Abs. 1 i. V. m. § 101 Abs. 2 VwGO); ihre Verzichtserklärung haben die Beteiligten im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens auch nicht widerrufen, sondern mit Schreiben vom 18. Mai 2015 und vom 21. Juli 2015 jeweils um kurzfristige bzw. baldige Entscheidung gebeten.

Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Juli 2014 ist rechtswidrig, soweit er die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots für den ausgewiesenen Kläger betrifft, und verletzt ihn dadurch in seinen Rechten. Die Beklagte war daher zu verpflichten, den Kläger insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Dagegen hat die Klage im Hauptantrag keinen Erfolg, weil die Ausweisung des Klägers im angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids der Beklagten vom 2. Juli 2014 sowie der Ergänzungen vom 13. Juli 2011, vom 7. Juli 2014 und vom 14. April 2015 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Streitgegenstand ist zunächst die Ausweisung des Klägers in Nr. 1 des Bescheids vom 3. März 2010 in seiner aktuellen Form, also in Form der letzten Ermessensergänzung im Schriftsatz vom 14. April 2015, sowie die in Nr. 3 dieses Bescheids verfügte Abschiebungsandrohung (dazu 1.). Nicht mehr Streitgegenstand ist Nr. 2 Satz 2 des Bescheids vom 3. März 2010 in der ergänzten Fassung vom 13. Juli 2011, mit dem die Beklagte die Ausweisungswirkungen auf sieben Jahre nach Abschiebung bzw. Ausreise des Klägers unter bestimmten Bedingungen befristet hat, denn diese Anordnung ist bereits vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21. Juli 2011 aufgehoben worden, ohne dass die Beteiligten dagegen Rechtsmittel eingelegt hätten. Streitgegenstand ist nunmehr die Nr. 2 des Bescheids vom 3. März 2010 in der Fassung vom 2. Juli 2014, mit der die Wiedereinreise des Klägers für sieben Jahre untersagt worden ist und die Frist mit der Ausreise beginnen soll (dazu 2.). Dieser Änderungsbescheid ist in der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung beider Parteien in das Verfahren einbezogen worden.

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts, hier also der Entscheidung des Senats vom 25. August 2015 (vgl. BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 16).

1. Die Ausweisung des Klägers findet ihre Rechtsgrundlage in § 53 Nr. 1 und Nr. 2, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 3, 4 und 5, § 54, § 55 Abs. 1 AufenthG. Wegen der Bindungen des Klägers zu seinen Kindern ist die Ausweisung nur im Ermessenswege zulässig (dazu 1.1). Die Ermessensausübung der Beklagten ist unter Berücksichtigung der von ihr nach § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobenen Ermessenserwägungen und unter Zugrundelegung des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs aus § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden (dazu 1.2.). Die Ausweisung erweist sich auch unter Berücksichtigung der schützenswerten familiären Beziehungen des Klägers als verhältnismäßig i. S. von Art. 8 Abs. 2 EMRK und Art. 6 Abs. 1 GG (dazu 1.3.). Wegen der Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die verfügte Abschiebungsandrohung.

1.1. Der Kläger hat mit seiner Verurteilung vom 1. September 2009 durch das Amtsgericht München zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren vier Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und seiner weiteren inzwischen rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht München vom 9. Oktober 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zwei Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei sachlich zusammentreffenden Fällen sowohl den Tatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG als auch den Tatbestand des § 53 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Er ist nämlich wegen einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden. Außerdem ist er zweimal wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Wegen des Bestehens eines besonderen Ausweisungsschutzes beim Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG wird bei Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG die zwingende Ausweisung zur Ausweisung im Regelfall herabgestuft. Der Kläger erfüllt nämlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG. Danach genießt ein Ausländer, der mit einem deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, besonderen Ausweisungsschutz. Auf den Aufenthaltsstatus des Ausländers kommt es dabei nicht an. Zwar besteht im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs keine familiäre Lebensgemeinschaft im Sinne einer häuslichen Lebensgemeinschaft, weil die deutschen Töchter des Klägers, Alicia und Precious - mit den Söhnen besteht bereits seit längerem kein persönlicher Kontakt mehr -, nicht mit ihm zusammenleben, denn dies ist derzeit wegen seiner Inhaftierung nicht möglich. Eine familiäre Lebensgemeinschaft hat aber vor der Inhaftierung bestanden. Dies dürfte zumindest bei der Tochter Precious der Fall gewesen sein. Die Mutter dieses Kindes, Frau R., hat zwar in der mündlichen Verhandlung keine Aussage gemacht und demgemäß das Vorbringen des Klägers, er habe mit Precious seit ihrer Geburt zusammengelebt, auch nicht bestätigt, denn sie hat sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Jedoch hat die Mutter der Tochter Alicia, Frau B., als Zeugin ausgesagt, dass Alicia zu ihrem Vater vor dessen erneuter Inhaftierung einen engen persönlichen Kontakt hatte und sie sich auch öfter in der Wohnung seiner neuen Lebensgefährtin, Frau R., aufgehalten hatte. Alicia hatte auch ein gutes Verhältnis zu ihrer Stiefschwester Precious. Nach Aussage der Zeugin B. ist Alicia gelegentlich übers Wochenende beim Kläger und seiner jetzigen Verlobten (gemeint ist Frau R.) geblieben und hat „mit der neuen Familie“ des Klägers Unternehmungen gemacht. Daraus ist zu schließen, dass sich der Kläger, wenn auch nicht immer, so doch häufig, bei Frau R. und der gemeinsamen Tochter Precious aufgehalten und mit diesen zumindest zeitweise zusammengelebt hat. Eine familiäre Lebensgemeinschaft kann aber auch dann vorliegen, wenn ein Elternteil und sein deutsches Kind nicht in einer Hausgemeinschaft leben, der Ausländer aber regelmäßige Kontakte mit dem Kind sowie eine emotionale Verbundenheit pflegt (BVerfG, B.v. 1.12.2008 -2 BvR 1830/08 - juris Rn. 34). Ob der Kläger daneben auch elterliche Erziehungs- und Betreuungsverantwortung übernommen hat, kann offen bleiben, zumal die Tochter Precious bei seiner Inhaftierung erst ein halbes Jahr alt war.

Trotz des Vorliegens des besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG kann der Kläger ausgewiesen werden, denn bei ihm liegen schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Solche liegen nämlich in der Regel in den Fällen des § 53 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Dafür, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise von dieser Regel abgewichen werden könnte, spricht angesichts der zweifachen Verurteilung des Klägers wegen Betäubungsmitteldelikten aus bloßer Gewinnsucht nichts. Ausnahmen müssen nämlich durch besondere Umstände des Sachverhalts, aus denen sich im Einzelfall eine abweichende Interessenbewertung zugunsten des Ausländers ergibt, gerechtfertigt sein (BVerwG, U.v. 31.8.2004 -1 C 25.03 - juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 42). Solche Umstände liegen hier aber nicht vor (zur beim Kläger vorliegenden Wiederholungsgefahr siehe unten). Die danach zur Regelausweisung herabgestufte Ausweisung des Klägers ist sodann nochmals zur Ermessensausweisung herabzustufen. Mit Regelfällen i. S. d. § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG meint der Gesetzgeber nämlich solche, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleichliegender Fälle unterscheiden. Ausnahmefälle sind dagegen durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt (BVerwG, U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 23 m. w. N.). Ein Ausnahmefall von der Regelausweisung - und damit die Notwendigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung - ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits dann anzunehmen, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten (BVerwG, U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 24 m. w. N.). Im vorliegenden Fall machen die Bindungen des Klägers zu seinen deutschen Kindern, insbesondere die Bindungen zu seinen Töchter Alicia und Precious, eine behördliche Ermessensentscheidung notwendig, um den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ausreichend Rechnung tragen zu können.

1.2. Nach § 55 Abs. 1 AufenthG kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonst erhebliche Interessen der Bundesrepublik beeinträchtigt. Die Ausweisung steht also im Ermessen der Behörde. Ermessen bedeutet, dass die Ausländerbehörde aufgrund einer individuellen Einzelfallprüfung über die Ausweisung entscheidet. Den Kern der Ermessensentscheidung bildet dabei die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und dem gegenläufigen Interesse des Ausländers, von der Ausweisung verschont zu bleiben. Diese Abwägung kann nur ordnungsgemäß durchgeführt werden, wenn die widerstreitenden Interessen in tatsächlicher Hinsicht zutreffend erfasst und in rechtlicher Hinsicht zutreffend gewichtet worden sind (BVerwG, U.v. 24.9.1996 - 1 C 9.94 - juris Rn. 28). § 55 Abs. 3 AufenthG benennt insoweit beispielhaft bestimmte Sachverhalte bzw. private Interessen, die bei der Ermessensentscheidung in jedem Fall zu berücksichtigen sind. Weitere Vorgaben ergeben sich aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. In dem Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist das behördliche Ermessen nur eingeschränkt überprüfbar. Die Kontrolle des Gerichts hat sich nach § 114 Satz 1 VwGO darauf zu beschränken, ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist und die rechtlichen Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind. Das Gericht prüft dabei, ob die entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend ermittelt und die rechtlichen Bindungen des Ermessens gewahrt worden sind. Nicht zu prüfen ist, ob eine andere Lösung zweckmäßiger gewesen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2011 - 10 B 08.1325 - juris Rn. 50; BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 -juris Rn. 43).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Ermessensentscheidung der Beklagten unter Einbeziehung der im Gerichtsverfahren mehrfach nachträglich ergänzten Ermessenserwägungen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat den in die Abwägungsentscheidung einzustellenden Sachverhalt vollständig ermittelt. Die Prognose der Beklagten, vom Kläger gehe auch in Zukunft die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Straftaten im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität aus, erweist sich nach Auffassung des Senats als richtig. Sie hat insbesondere die vom Kläger begangenen Straftaten und die Umstände seiner Verurteilungen zutreffend gewertet. So hat sie berücksichtigt, dass der Kläger mehrere Straftaten aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität begangen hat. Nach Verbüßung seiner ersten Freiheitsstrafe nach seiner Verurteilung vom 1. September 2009 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Marihuana) in nicht geringer Menge hat er erneut mit Kokain Handel getrieben. Mit seiner im Jahr 2009 begangenen Straftat hat er sich nicht auseinandergesetzt und sich hierzu nicht einmal geäußert (vgl. die Stellungnahme der JVA L. zur Führungsaufsicht v. 21.3.2011). Durch die Inhaftierung zeigt er sich offensichtlich auch wenig beeindruckt. Er hat vielmehr im Strafverfahren nur eingestanden, einen Rucksack mit Plastikbeuteln, gefüllt mit Marihuana, aufbewahrt zu haben, nicht aber die Absicht, die Beutel weiter zu verkaufen, eingestanden. Demgegenüber hat ihm das Strafgericht nicht geglaubt, dass er den Rucksack nur für einen unbekannten Dritten aufbewahren wollte. Diese Einlassung ist auch schon deshalb nicht glaubhaft, weil kein „Unbekannter“ einem anderen einen Rucksack mit Betäubungsmitteln im Wert von mehr als 10.000 Euro zur Aufbewahrung anvertrauen und ihm hierfür im Voraus noch 600 Euro bezahlen würde. Zudem hat die im damaligen Strafverfahren als Zeugin einvernommene frühere Freundin des Klägers und Mutter seiner beiden Söhne, Frau A., den Rucksack als ihren früheren eigenen Rucksack eindeutig identifiziert und damit die Aussage des Klägers widerlegt, der Rucksack gehöre dem unbekannten Dritten. Aus alledem kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Kläger bereits im Jahr 2009 seinen Lebensunterhalt zumindest teilweise durch Betäubungsmittelgeschäfte bestritten hat. Noch während der Dauer der mit Beschluss vom 31. Mai 2011 angeordneten Führungsaufsicht für die Zeit nach seiner Entlassung aus der ersten Haft am 31. August 2011 hat der Kläger erneut mit Betäubungsmitteln, und zwar diesmal mit dem gegenüber Marihuana wesentlich gefährlicheren Rauschgift Kokain Handel getrieben. Auch anlässlich dieses Strafverfahrens hat der Kläger bestritten, Kokain zum Preis von 1.000 Euro an einen Mitangeklagten verkauft zu haben und lediglich zugegeben, Kokain im Keller seiner Wohnung aufbewahrt zu haben. Den Besitz der sichergestellten Drogen konnte er auch kaum leugnen, da das Kokain dort von den durchsuchenden Polizeibeamten aufgefunden worden ist. Damit hat der Kläger aber auch bei der zweiten aufgedeckten Betäubungsmittelstraftat trotz seiner zweifelsfrei feststehenden Täterschaft erneut das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln abgestritten und sich auch insoweit nicht zur Tat bekannt, geschweige denn sich mit dieser Straftat auseinandergesetzt. Demgemäß liegt die Annahme nahe, dass der Kläger wie beim ersten Mal seine Strafe von immerhin drei Jahren und zwei Monaten „absitzen“ und dann erneut in das Betäubungsmittelgeschäft einsteigen wird. Ansätze zu einer Besserung sind beim Kläger nicht zu sehen. Nachdem er bereits von 2009 bis 2011 insgesamt zwei Jahre und drei Monate in Haft verbracht hat, scheint ihn dies in keiner Weise davon abzuhalten, erneut Betäubungsmitteldelikte zu begehen. Damit liegt beim Kläger eine erhebliche Gefahr der Begehung erneuter Drogendelikte vor. Die Beklagte hat zudem zutreffend darauf abgestellt, dass beim Kläger nicht nur über 40 g Kokaingemisch zu einem Wert von ca. 2.000 Euro sichergestellt worden sind, sondern zusätzlich Bargeld in Höhe von 4.100 Euro. Auch dies deutet darauf hin, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt durch den Handel mit Kokain bestritten hat. Die sich steigernde Kriminalität des Klägers zeigt sich, wie die Beklagte zu Recht festgestellt hat, auch darin, dass er früher mit „weichen“ Drogen gehandelt hat, jetzt aber mit der „harten“ Droge Kokain. Die vom Kläger weiter ausgehende erhebliche Wiederholungsgefahr in Bezug auf den Handel mit Betäubungsmitteln ergibt sich neben dem oben schon erwähnten Umstand, dass er erneut Handel mit Betäubungsmitteln betrieben hat, obwohl er bereits einmal zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, diese voll verbüßt hat und unter Führungsaufsicht stand, auch darin, dass er die neuerlichen Drogenstraftaten während des offenen Ausweisungsverfahrens begangen hat und ihn damit auch nicht die drohende Ausweisung von der Begehung derartiger Delikte abhalten konnte. Der Kläger ließ sich auch nicht durch seine vier deutschen Kinder von der Begehung weiterer Straftaten abhalten. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass jedenfalls die Geburt des jüngsten Kindes im Juli 2013 zu einer Zäsur oder zum Umdenken beim Kläger hätte führen können (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 23).

Die Beklagte ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass die persönlichen Belange des Klägers nicht so schwer wiegen, dass sie angesichts der von ihm begangenen Betäubungsmittelstraftaten zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Ausweisung führen könnten. Dabei hat die Beklagte insbesondere die Beziehungen des Klägers zu seinen Kindern in den Blick genommen. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass im maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich derzeit, eine engere Beziehung lediglich zur jüngsten Tochter Precious besteht.

Außer wenigen begleiteten Umgangskontakten im Jahr 2011 nach der Haftentlassung des Klägers gab es zu seinen beiden Söhnen seitdem keine persönlichen Kontakte mehr. Die Mutter der Söhne, Frau A., hat in der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2014 überzeugend dargelegt, dass der Kläger den Söhnen seitdem lediglich mehrmals geschrieben hat. Diese haben im jetzigen Zeitpunkt auch keinerlei Bezug zum Kläger, sondern sehen im jetzigen Ehemann der Frau A. ihren Vater. Das ihm weiter zustehende gemeinsame Sorgerecht für die Söhne übt der Kläger offensichtlich nicht aus und zahlt auch keinen Unterhalt bzw. hat dies auch früher nicht getan.

Auch in der Beziehung des Klägers zu seiner Tochter Alicia bestand ein enger Kontakt offensichtlich nur ab dem Zeitpunkt des Wiederzusammentreffens mit Frau B. im August 2012 bis zu seiner erneuten Inhaftierung im Januar 2014. Während dieses Zeitraums hatte auch Frau B. erneut eine engere Beziehung zum Kläger, wie sie in der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2014 glaubhaft geschildert hat. Nach deren Trennung nach der Geburt der Tochter Precious im Juli 2013 führte der Kläger den Kontakt zu Alicia fort. Diese war nach Aussage von Frau B. auch desöfteren am Wochenende beim Kläger und seiner neuen Lebensgefährtin und dem Kind Precious. Frau B. hat den Kontakt ihrer Tochter zum Kläger aber mit dessen Inhaftierung abgebrochen, da sie, wie sie ausgesagt hat, eine strikte Gegnerin von Drogen ist und sie ihrer Tochter die Erfahrung eines Gefängnisbesuchs ersparen wollte. Damit ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass zwar zwischen Alicia und dem Kläger noch eine gewisse emotionale Bindung besteht, eine besonders gewichtige Beziehung jedoch nicht mehr vorhanden ist. Ausweislich der in den Verwaltungsakten der Beklagten befindlichen Besuchsliste hat Alicia ihren Vater bislang tatsächlich nicht im Gefängnis besucht.

Die Beklagte hat demgegenüber der Beziehung des Klägers zu Precious ein erhebliches Gewicht beigemessen. Denn mit Precious hat der Kläger wohl seit ihrer Geburt bis zu seiner Inhaftierung im Januar 2014 zumindest zeitweise zusammengelebt. Er wird auch von der Mutter des Kindes und dem Kind in regelmäßigen Abständen in der Haft besucht, d. h., ein persönlicher Kontakt zwischen dem Kläger und seiner deutschen Tochter besteht auch während seiner Inhaftierung weiter. Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass selbst die wegen der Haftsituation nur sporadischen Umgangskontakte des Klägers mit seiner Tochter Precious für deren Wohl dennoch von einer gewissen Bedeutung sind.

Aber auch unter Berücksichtigung dieser gewichtigen privaten Interessen des Klägers ist die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise zum Ergebnis gelangt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung die privaten Interessen des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegen. Denn diese alle erheblichen Umstände berücksichtigende Ermessensentscheidung der Beklagten lässt keine Fehlgewichtungen erkennen und ist gemessen an den Grundsätzen des § 114 Satz 1 VwGO rechtlich nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die schwerwiegenden und nachhaltige Schäden verursachenden Betäubungsmitteldelikte, die der Kläger durch den Handel und Besitz von Marihuana und Kokain begangen hat, hat die Beklagte das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers rechtsfehlerfrei stärker gewichtet als den mit der Ausweisung und Abschiebung des Klägers verbundenen schwerwiegenden Eingriff in sein Privat- und Familienleben.

1.3. Die Ausweisung des Klägers ist aus den genannten Gründen insbesondere auch mit den verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK vereinbar und stellt, wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, bei der gebotenen Abwägung des öffentlichen Interesses an der Ausweisung mit den privaten Interessen des Klägers an dessen Verbleib im Bundesgebiet keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das geschützte Privat- und Familienlebens des Klägers dar. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK schließen nämlich eine Ausweisung eines Ausländers nicht generell aus, sondern gebieten lediglich, dass anhand einer einzelfallbezogenen Würdigung die für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und die gegenläufigen Interessen des Ausländers gegeneinander abgewogen werden (BVerwG, B.v. 7.12.2011 - 1 B 6.11 - juris Rn. 8). Im Hinblick auf die besondere Schwere der vom Kläger begangenen Straftaten aus dem Bereich des Betäubungsmittelhandels und die von der Beklagten und vom Erstgericht zu Recht bejahte Wiederholungsgefahr muss der Kläger letztlich auch den mit der Ausweisung verbundenen gravierenden Eingriff in seine Beziehungen zu seinen Töchtern hinnehmen. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass Drogendelikte als besonders schwerwiegende Straftaten angesehen und demgemäß in die Abwägung mit den besonderen individuellen Belangen und den Interessen des Betroffenen grundsätzlich mit dem entsprechenden Gewicht eingestellt werden können (vgl. EGMR, U.v. 12.1.2010 -Khan, Nr. 47486/06 - InfAuslR 2010, 369 Rn. 40; BVerwG, B.v. 7.12.2011 -1 B 6.11 - juris Rn. 8). Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 Abs. 1 GG, wonach sich auch gewichtige familiäre Interessen nicht stets gegenüber gegenläufigen öffentlichen Interessen durchsetzen, scheidet eine zeitlich überschaubare Trennung von Vater und Kind nicht aus (BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 23). Die Beklagte hat bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass seit der Inhaftierung des Klägers ohnehin nur noch ein sporadischer persönlicher Kontakt zwischen seiner Tochter Precious und ihm besteht. Ein entsprechender Kontakt kann auch über moderne Kommunikationsmittel wie Telefon oder Videotelefonie von Nigeria aus aufrechterhalten werden. Zur Abfederung von Härten kommt daneben auch die Erteilung von Betretenserlaubnissen zu besonderen Anlässen in Betracht.

Wenn der Kläger in seinem letzten Schriftsatz vom 6. Mai 2015 demgegenüber meint, die Beklagte habe den familiären Beziehungen des Klägers zur Mutter von Precious, Frau R., nicht genügend Gewicht beigemessen, ist dem zu entgegnen, dass die Beziehung zu Frau R. nicht durch Art. 6 GG geschützt ist, weil der Kläger mit ihr nicht verheiratet ist. Die Beklagte hat aber zutreffend angenommen, dass die Beziehung zu Frau R. durch Art. 8 EMRK, insbesondere dem Schutz des Privatlebens, geschützt ist. Allerdings hat sie dieser Beziehung zu Recht kein großes Gewicht beigemessen, da Frau R., wie die Beklagte auch ausgeführt hat, der prekäre Aufenthalt des Klägers bewusst sein musste. Denn der Kläger war vor seiner Beziehung zu Frau R. nicht nur wegen der ersten Drogenstraftat inhaftiert und ausgewiesen worden, sondern besaß auch schon seit längerem keine Aufenthaltserlaubnis mehr. Aber auch der Schutz der Beziehung zu Frau R. durch Art. 8 EMRK wäre, hätte sie vom deliktischen Vorleben des Klägers nichts gewusst, nicht derart gewichtig, dass er zur Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung führen würde. Denn Frau R., die sich selbst als Verlobte des Klägers bezeichnet hat, besitzt neben der deutschen auch die nigerianische Staatsangehörigkeit und könnte wohl auch längere Zeit mit dem Kläger in Nigeria verbringen. Im Übrigen ist auch diese Beziehung nicht geeignet, die überaus schwerwiegende Gefahr, die vom Kläger ausgeht, zu relativieren, denn einem Erwachsenen ist eine längerfristige Trennung viel eher zuzumuten als einem kleinen Kind, das den Grund für die Abwesenheit seiner Bezugsperson noch nicht erfassen kann.

Wenn der Kläger darüber hinaus meint, den Beziehungen zu seinen anderen Kindern sei zu wenig Gewicht beigemessen worden, greift dies ebenfalls nicht. Wie oben bereits dargelegt wurde, besteht zu den Söhnen des Klägers kein persönlicher Kontakt mehr. Zur Tochter Alicia ist der unmittelbare persönliche Kontakt ebenfalls abgebrochen. Mit ihr steht der Kläger allenfalls noch brieflich in Kontakt. Hinzu kommt, dass diese drei Kinder bereits älter sind (die Söhne sind fast neun Jahre alt und die Tochter Alicia ist bereits zehn Jahre alt) und nicht mehr der intensiven Betreuung bedürfen, die womöglich kleinere Kinder benötigen. Sie können die Situation ihres Vaters verstehen und nachvollziehen, wieso er die Bundesrepublik verlassen muss. Auch sind sie alt genug, um mit ihm telefonisch und brieflich zu kommunizieren. Hinzu kommt, dass auch diese Kinder über lange Strecken ihres Lebens keinen Kontakt zum Vater hatten und damit nicht so schwer betroffen sind wie ein Kind, das mit dem Vater aufgewachsen ist und sich plötzlich von diesem für längere Zeit trennen muss.

Die Ausweisung des Klägers erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig im Hinblick auf den langen Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet. Der Kläger lebt zwar seit nunmehr elf Jahren im Bundesgebiet, ist aber erst mit 20 Jahren eingereist, d. h. er hat seine gesamte Kindheit und Jugend in Nigeria verbracht und seine Ausbildung und seine Sozialisation dort erhalten. Er ist im Bundesgebiet auch nicht derart verwurzelt, dass Art. 8 EMRK ein Absehen von der Ausweisung gebieten würde. Eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die einer Ausweisung entgegengehalten werden könnte, kommt im Übrigen grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2011 - 10 B 08.1325 - juris Rn. 54 m. w. N. insbesondere zur Rechtsprechung des EGMR). Eine solche Verwurzelung ist beim Kläger auch unter Würdigung seiner persönlichen und sozialen Bindungen nicht festzustellen. Außer der Tatsache, dass er vier nichteheliche deutsche Kinder hat, hat der Kläger keine gewichtigen Integrationsleistungen erbracht. Er war nur in geringem Umfang erwerbstätig und besitzt seit längerem keine Aufenthaltserlaubnis mehr. Vielmehr ist er mehrfach straffällig geworden und hat schwere Betäubungsmittelstraftaten begangen. Von seinem bislang elfjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet hat er bisher mehr als dreieinhalb Jahre im Gefängnis verbracht.

Zutreffend ist die Beklagte des weiteren davon ausgegangen, dass dem Kläger die Rückkehr in sein Heimatland zumutbar ist. Wie bereits ausgeführt wurde, ist er in Nigeria aufgewachsen und hat das Land erst mit 20 Jahren verlassen. Dort hat er auch noch Familienangehörige. Es ist daher nicht ersichtlich, wieso ihm eine Wiedereingliederung in seinem Heimatland nicht gelingen sollte.

2. Rechtswidrig ist demgegenüber die Befristungsentscheidung der Beklagten in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Juli 2014. Die Festsetzung einer Sperrfrist von sieben Jahren ab Beginn der Ausreise ist zu lang. Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf Festsetzung der Sperrfrist auf drei Jahre, wie er zuletzt beantragt hat. Eine gerichtliche Verpflichtung zur Festsetzung einer bestimmten Frist kommt hier nicht (mehr) in Betracht, weil nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG in der im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) über die Länge der Frist des für den ausgewiesenen Kläger gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Ermessen zu entscheiden ist. Die Beklagte war, da eine Ermessensreduzierung auf Null nicht anzunehmen ist, nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot). Dies bedeutet für den Kläger, dessen Ausweisung der Senat als rechtmäßig erachtet hat, dass er sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten und nach seiner Ausreise bzw. Abschiebung nicht mehr in das Bundesgebiet einreisen darf. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot allerdings von Amts wegen zu befristen, wobei die Frist mit der Ausreise beginnt (§ 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Die Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid aber zu Unrecht auf sieben Jahre festgesetzt. Die Frist darf zwar fünf Jahre überschreiten, weil der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist (§ 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), sie soll aber auch in diesen Fällen zehn Jahre nicht überschreiten (§ 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG).

Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Sperrfrist muss sich aber an höherrangigem Recht, d. h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet der Ausländerbehörde und den Gerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen (BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 42; BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 64).

Gemessen an diesen Vorgaben erweist sich die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sieben Jahre ab dem Zeitpunkt der Ausreise als rechtswidrig. Die Beklagte hat zwar zutreffend die Festsetzung dieser Frist in zwei Schritten vorgenommen, indem sie zunächst die strafrechtliche Verurteilung des Klägers und die von ihm ausgehende konkrete Wiederholungsgefahr in den Blick genommen und dann aufgrund seiner Beziehungen zu seinen deutschen Kindern die im ersten Schritt auf neun Jahre festgesetzte Frist auf sieben Jahre reduziert hat. Es ist bereits fraglich, ob die zunächst angesetzten neun Jahre ermessensgerecht sind. Jedenfalls ist aber ein Einreise- und Aufenthaltsverbot von sieben Jahren im Hinblick auf die Beziehungen des Klägers zu seinen deutschen Kindern ermessensfehlerhaft.

Die Beklagte war bei der Festsetzung der Frist nicht an die Fünfjahresgrenze des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gebunden, weil der Kläger wegen des Handeltreibens und Besitzes von Betäubungsmitteln - sogar mehrfach - strafrechtlich verurteilt worden ist und seine Ausweisung darauf beruhte. Aufgrund der wiederholten schwerwiegenden Betäubungsmittelstraftaten und der beim Kläger vorliegenden erheblichen Gefahr, dass er auch in Zukunft die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Begehung gleichartiger Straftaten beeinträchtigen wird, könnte die im Hinblick auf die Delinquenz des Klägers zunächst festgesetzte Frist von neun Jahren allenfalls dann ermessensgerecht sein, wenn man zusätzlich in Betracht zieht, dass der Kläger sich bislang nicht hinreichend mit seinen Drogendelikten auseinandergesetzt, diese sogar teilweise trotz der ihn überführenden eindeutigen Beweislage geleugnet hat, dass er keine realistische berufliche Perspektive im Bundesgebiet besitzt, dass er erhebliche Schulden für Unterhaltszahlungen hat und dass er bislang nicht in feste familiäre Strukturen im Bundesgebiet eingebunden ist.

Jedoch ist selbst wenn man die in der ersten Stufe auf neun Jahre festgesetzte Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot für ermessensgerecht hielte, die im zweiten Schritt auf sieben Jahre festgesetzte Frist zu lang. Diese Frist hat sich nämlich an höherrangigem Recht, d. h. an verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK zu messen und gegebenenfalls zu relativieren. Mit diesem zweiten Schritt soll der Ausländerbehörde ein rechtsstaatliches Mittel an die Hand gegeben werden, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 6.3.2014 - 1 C 2.13 - juris Rn. 12).

Legt man diese Maßgaben zugrunde, wird die Beklagte den schützenswerten familiären Belangen des Klägers und seiner Töchter i. S. von Art. 6 GG nicht gerecht. Die jetzt zwei Jahre bzw. zehn Jahre alten Töchter - die Söhne des Klägers bleiben wegen fehlender Beziehungen zu ihrem Vater unberücksichtigt - wären nach vollständiger Verbüßung der Freiheitsstrafe des Klägers im Bundesgebiet - etwa im März 2017 - und nach der nach seiner Ausreise oder Abschiebung zu laufen beginnenden Sperrfrist von sieben Jahren - im Jahr 2024 - bereits elf bzw. achtzehn Jahre alt. Einen Erziehungsbeitrag könnte der Kläger dann allenfalls noch für die jüngste Tochter erbringen, die andere Tochter wäre bereits volljährig. Auch wenn die jüngere Tochter den Kläger regelmäßig bis zu seiner Ausreise bzw. Abschiebung in der Haft besuchen kann, verbliebe dennoch ein Zeitraum von sieben Jahren zwischen ihrem vierten und elften Lebensjahr, in dem sie, sofern Besuche in Nigeria oder kurzfristige Aufenthalte des Klägers im Bundesgebiet (womöglich aus finanziellen Gründen) scheitern sollten, keinen persönlichen Kontakt zu ihrem Vater haben könnte und er während dieser Zeit trotz des bestehenden gemeinsamen Sorgerechts mit der Kindsmutter keinen Einfluss auf die Erziehung seiner Tochter hätte. Dies erscheint dem Senat auch angesichts der schweren Straftaten, die der Kläger begangen hat, für nicht ermessensgerecht. Die Beklagte wird daher erneut unter Beachtung der hier aufgezeigten Gesichtspunkte über die Länge der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot des Klägers entscheiden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Eine Abänderung der Kostenentscheidung des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils bedurfte es nicht, da diese rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V. mit § 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungs-gerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2, § 52 Abs. 2 GKG).

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.