Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 12. Nov. 2014 - AN 2 K 13.01047

12.11.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung im Termin 2012/2. Nachdem er zuvor bereits zweimal ohne Erfolg an der Prüfung teilgenommen hatte, eröffnete ihm das Bayerische Staatsministerium der Justiz - Landesjustizprüfungsamt - mit Bescheid vom 8. April 2013, dass seine schriftlichen Prüfungsarbeiten wie folgt bewertet worden seien:

Aufgabe1234567891011

Punktzahl1,03,04,04,02,02,02,55,0...5,04,0

Bezüglich der angefertigten Prüfungsarbeit Nr. 9 konnte das Prüfungsamt kein Ergebnis mitteilen, da die Klausur auf dem Postversand verloren gegangen sei. Trotz intensiver und umfassender Bemühungen aller Beteiligten sei es bis zum Abschluss des Bewertungsverfahrens nicht gelungen, die Arbeit wieder aufzufinden. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die Klausur nicht mehr einer Bewertung zugeführt werden könne. Das Prüfungsamt bedauere diesen Umstand außerordentlich. Der Verlust der Prüfungsarbeit stelle grundsätzlich einen Mangel des Prüfungsverfahrens im Sinne der JAPO dar. Als übliche Rechtsfolge ergebe sich daraus, dass der betroffene Prüfungsteil zu wiederholen sei. Im Falle des Klägers wäre demnach die Nachfertigung einer Aufgabe mit dem Schwerpunkt aus dem öffentlichen Recht einschließlich Verfahrensrecht und Steuerrecht anzuordnen, deren Ergebnis anstelle der verlorenen Aufgabe Nr. 9 in das Gesamtergebnis der schriftlichen Prüfung eingehen würde. Diese Aufgabe wäre am 13. Mai 2013 in ... zu fertigen. Die mündliche Prüfung würde nach Bewertung der Aufgabe im regulären Zeitraum der mündlichen Prüfungen des Termins 2013/2 stattfinden. Alternativ bestehe darüber hinaus für den Prüfungsausschuss auch die Möglichkeit, auf Antrag des Klägers die Wiederholung der Prüfungsaufgabe zu erlassen. In diesem Fall würde das Gesamtergebnis der schriftlichen Prüfung auf der Basis der vorhandenen 10 Prüfungsarbeiten gebildet werden und im Falle des Klägers dementsprechend 3,25 Punkte betragen. Dies würde für den Kläger allerdings bedeuten, dass er die Zweite Juristische Staatsprüfung nicht bestanden hätte. Er könne damit auch nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen werden. Eine weitere Möglichkeit, die Zweite Juristische Staatsprüfung zu wiederholen, bestehe nicht. Grundsätzlich könne der Kläger zwischen diesen beiden Möglichkeiten wählen. Sofern er trotz der für ihn dargestellten nachteiligen Rechtsfolge einen Erlass der Nachfertigung anstrebe, so müsse er dies unverzüglich schriftlich beantragen. Treffe er gegenüber dem Landesjustizprüfungsamt keine Entscheidung, so werde das Prüfungsverfahren gemäß § 12 Abs. 1 JAPO durch die Anordnung der Nachfertigung der Prüfungsaufgabe 9 von Amts wegen fortgesetzt werden. Die Entscheidung des Klägers sei in jedem Fall endgültig und unwiderruflich. Sobald durch den Prüfungsausschuss der Erlass bzw. die Anordnung der Nachfertigung ausgesprochen worden sei, könnte auch das Wiederauffinden der Prüfungsarbeit auf das Prüfungsverfahren keinen Einfluss mehr haben.

Der Kläger unterzog sich daraufhin nach Maßgabe eines weiteren Bescheides des Landesjustizprüfungsamts vom 18. April 2013 am 13. Mai 2013 der Nachfertigung der Aufgabe 9.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2013 teilte das Landesjustizprüfungsamt dem Kläger mit, er habe in der Klausur 7,0 Punkte und somit eine Gesamtnote der schriftlichen Prüfung von 3,59 Punkten (mangelhaft) erzielt. Eine weitere Wiederholung der Zweiten Juristischen Staatsprüfung sei für den Kläger auch nach Ableistung eines erneuten Vorbereitungsdienstes nicht möglich.

Der Kläger ließ hiergegen über seinen Bevollmächtigten Klage erheben mit dem Antrag,

1. der Beklagte wird - unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Mai 2013 - verpflichtet, dem Kläger erneut einen Wiederholungsversuch bezüglich aller Klausuren Nr. 1 bis Nr. 11 in einem regulären Examenstermin der Zweiten Juristischen Staatsprüfung zu gewähren.

2. Hilfsweise, für den Fall des Unterliegens im Antrag zu 1.: Der Beklagte wird verurteilt, über die Zweite Juristische Staatsprüfung des Klägers, Termin 2012/2, Klausuren Nr. 7 und 10 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gericht neu zu entscheiden.

Das gleichzeitig durchgeführte Nachprüfungsverfahren, in dem Einwendungen gegen die Bewertung der Klausuren Nr. 2, 5 und 7 erhoben wurden, blieb erfolglos.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass die jetzigen Bevollmächtigten des Klägers bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage festgestellt hätten, dass der Kläger eine Einzelklausur mit individueller Korrektur habe fertigen müssen und dem Kläger in diesem Zusammenhang erstmals mitgeteilt worden sei, dass ein solches Vorgehen eine Verletzung des im Prüfungsrecht anerkannten Grundsatzes der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) beinhalte. Diese Überlegungen seien dem Kläger bis zum Zeitpunkt der Mandatierung seiner jetzigen Bevollmächtigten nicht geläufig gewesen. Eine Einzelklausur mit individueller Korrektur lasse es nicht zu, die Schwierigkeitsanforderungen einer Klausur im Vergleich mit anderweitigen Klausurbearbeitungen weiterer Prüflinge einzuordnen und dies auch bei einer Bewertung, wie offenkundig üblich, einfließen zu lassen. Der Kläger hätte damit keine Chance auf vergleichbare Bewertung seiner Leistung, wie dies im Rahmen eines allgemeinen Prüfungstermins gängig ist, gehabt. Nach den im konkreten Fall maßgeblichen Umständen wäre es ohne weiteres möglich gewesen, dem Kläger die Chance auf Ableistung der Nachprüfung bezüglich Klausur Nr. 9 im unmittelbar bevorstehenden Prüfungsdurchgang des Termins 2013/1 (Mai/Juni 2013) zu geben, um im Vergleich mit weiteren Prüfungskandidaten bewertet zu werden.

Darüber hinaus sei das Zustandekommen der Zusammensetzung der Noten nicht ordnungsgemäß, da sich die Noten aus zwei verschiedenen Prüfungsterminen zusammensetzten. Die Beklagte habe bezüglich der Rechtsfolge nicht alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Insbesondere sei dem Kläger nicht angeboten worden, die Prüfung als Ganzes noch einmal zu schreiben.

Die vom Beklagten angebotene Lösung könne rechtlich keinen Bestand haben. Zunächst sei festzustellen, dass den Kläger für die eingetretene Situation kein Verschulden treffe. Die Prüfungsordnung habe für den konkret eingetretenen Fall keine Lösung vorgesehen. Die vom Beklagten angewandte Analogie der Vorschriften könne nicht angenommen werden. Es müsse vielmehr unterschieden werden, wer den Prüfungsmangel zu vertreten habe. Der Verlust einer Klausur stelle weder eine Verhinderung noch Säumnis seitens des Prüfungsteilnehmers dar. Der Fall stelle einen Sonderfall dar, der auch besonders zu behandeln sei. Selbst beim wiederholten Schreiben der Klausur Nr. 9 am 13. Mai 2013 seien Umstände aufgetreten, die in einem normalen schriftlichen Prüfungsverfahren nicht vorkommen dürften. Grundsätzlich finde eine Ziehung der Prüfungsnummer durch die Prüfungsteilnehmer am Prüfungstag statt, um den Prüfungsplatz zu ermitteln. Am Prüfungstermin 13. Mai 2013 sei dem Kläger willkürlich eine Prüfungsnummer zugeteilt worden. Eine Ziehung der anonymen Prüfungsnummer habe nicht stattgefunden. Das Gesetz sehe bei dem vorliegenden Prüfungsverfahren absolute Anonymität vor. Deshalb werde auch die Prüfungsnummer dem Prüfungsteilnehmer mit der Ladung zugeteilt. Außerdem sei dem Kläger nicht mitgeteilt worden, wann er mit dem Ergebnis der Nachholarbeit zu rechnen hätte. Nachdem das Prüfungsverfahren an einem nicht behebbaren Verfahrensmangel leide, sei der Versuch im Termin 2012/2 als nicht abgelegt zu bewerten, so dass dem Kläger ein Anspruch auf einen weiteren Termin zustehe. Bezüglich der Verfahrensfehlerhaftigkeit der Prüfung habe der Kläger keinerlei Kenntnis gehabt, wie viele Klausuren auf dem Postweg verloren gegangen seien. Im Schreiben vom 8. April 2013 sei zunächst nur der Verlust seiner Klausur Nr. 9 angegeben worden. Auf im April 2013 erfolgte Rückfrage hin sei ihm telefonisch mitgeteilt worden, dass mehrere Prüflinge betroffen gewesen seien. Dem Kläger sei ferner nicht bekannt gewesen, ob alle betroffenen Prüflinge in einem einzigen Raum die Wiederholungsklausur hätten schreiben müssen. Der Kläger sei mithin keineswegs umfassend über die Faktenlage informiert gewesen, weshalb ihm nicht der Vorwurf gemacht werden könne, er habe fahrlässig verkannt, dass er der einzige „Nachschreiber“ gewesen sei. Die vom Kläger geforderte Wiederholung der gesamten Prüfung stelle auch keine Überkompensation dar. Den Kläger treffe schon am Verfahrensfehler keinerlei Verschulden. Auch verbesserten sich seine Chancen bei einer Wiederholung der gesamten Prüfung in keiner Weise, so dass von einer Verletzung der Chancengleichheit der anderen Prüfungsteilnehmer keine Rede sein könne. Im Gegenteil stelle die Wiederholung der gesamten Prüfung für den Kläger eher eine psychische und finanzielle Belastung dar, der keine Kompensation gegenüberstehe.

Für den Fall, dass sich das Gericht der Rechtsansicht im Hauptantrag nicht anschließe, sei zumindest der Hilfsantrag begründet, da die Korrektur der Klausuren 7 und 10 an justiziablen Bewertungsfehlern leide.

Klausur Nr. 7 sei deutlich besser zu bewerten als mit 2 bzw. 3 Punkten. In der Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag habe der Erstkorrektor bemängelt, dass die wenigen zutreffenden Ausführungen bezüglich der prozessualen Probleme nicht dazu führten, dass man davon spreche könne, der Bearbeiter habe die Hälfte der prozessualen Probleme erkannt. Da insgesamt jedoch (lediglich) zwei Verfahrensfehler (auch nach der Lösungsskizze) vorlägen, von denen einer in einer durchaus als ausreichend anzusehenden Art und Weise bearbeitet worden sei, habe der Kläger schon rein rechnerisch die Hälfte der Probleme bearbeitet.

Im Rahmen der Prüfung des § 142 StGB müsse der Anmerkung des Erstkorrektors, die vom Bearbeiter angenommene Grenze des belanglosen Schadens von 150,00 EUR möge vertretbar sein, entspreche aber nicht der herrschenden Meinung in Literatur und Praxis, widersprochen werden. Es sei nicht nur völlig unerheblich, ob die von einem Bearbeiter vertretene Meinung der herrschenden entspreche oder nicht; zum Wohl des Mandanten sei der Anwalt immer wieder gehalten, Ansichten zu vertreten, die weder seiner eigenen noch der herrschenden folgen. Zum anderen sei, wie bereits in der Nachprüfungsbegründung ausgeführt, die Grenze des belanglosen Schadens nicht fest bei 25,00 EUR angesiedelt, sondern werde durchaus innerhalb der Rechtsprechung in unterschiedlicher Höhe diskutiert.

Bezüglich des § 6 PflVG sei der Kläger hinsichtlich der Strafbarkeit des Mandanten von einem falschen Sachverhalt ausgegangen und löse die Problematik nicht über § 261 StPO. Jedoch seien die darauffolgenden Ausführungen, der „in-dubio-Grundsatz“ sei anzuwenden gewesen, in sich logisch und ausreichend begründet. Daher hätte dies nur als Folgefehler bewertet werden dürfen. Die Korrektur werte hingegen die Ausführungen als gänzlich falsch, was so nicht mehr vom Beurteilungsspielraum gedeckt sei.

Bezüglich der Berufung lehne der Kläger die vom Angeklagten eingelegte als verfristet ab, da seiner Ansicht nach dieser zumindest im wesentlichen Teil der Hauptverhandlung anwesend gewesen sei. Sein Ergebnis habe er wieder mit guten Argumenten begründet, so dass die Lösung zumindest als vertretbar und nicht als falsch bewertet werden könne.

Hinsichtlich der Klausur Nr. 10 habe im ersten Teil der Klausur aus Anwaltssicht gegen die Sicherstellung eines Motorrads und den hierfür erlassenen Kostenbescheid vorgegangen werden sollen. Der Kläger habe die Sicherstellung als rechtmäßig erachtet und aus diesen Grund keine Klageschrift gefertigt, sondern nur ein Hilfsgutachten, was im Ergebnis als falsch bewertet worden sei. Der Korrektur sei aber nicht zu entnehmen, warum die Bejahung der Rechtmäßigkeit der Sicherstellung zwingend unvertretbar sein solle. Der eigentliche Bewertungsfehler sei aber darin zu sehen, dass beide Gutachter Ausführungen zum Rückforderungsanspruch des Mandanten vermissten. Bejahe man jedoch die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung und infolgedessen des Kostenbescheides, stehe dem Mandanten eindeutig kein Rückforderungsanspruch zu, Ausführungen zu dieser Frage erübrigten sich bzw. seien folgerichtig sogar unangebracht. Solche Ausführungen hätten auch nichts in einem Gutachten verloren, da es sich bei solchen Ausführungen nicht um ein Hilfsgutachten, sondern um eine unzulässige Alternativlösung handeln würde.

Das Landesjustizprüfungsamt beantragte für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Für alle von der Klägerseite monierten angeblichen Verfahrensfehler gelte, dass diese nicht rechtzeitig gerügt worden seien. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 JAPO müsse der Antrag unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern und schriftlich beim Prüfungsamt gestellt werden. Der Kläger habe aber die angeblichen Verfahrensfehler erstmals im Rahmen der Klage - und damit viel zu spät - vorbringen lassen. Insbesondere könne er sich nicht darauf berufen, er sei sich erstmals nach der Mandatierung darüber bewusst geworden, dass er der einzige Nachschreiber gewesen sei. Diese Einlassung erschließe sich nicht angesichts der Tatsache, dass er alleine im Prüfungsraum saß und ihm vorher auch mitgeteilt worden sei, dass nur eine Charge an Klausuren verloren gegangen sei sowie dass für die betroffenen Kandidaten ein Wahlrecht bestehe. Auf ein irgendwie geartetes Bewusstsein von einer etwaigen Gleichheitswidrigkeit als rechtliche Folgerung komme es nicht an.

Unabhängig davon lägen in der Sache selbst auch keine Verfahrensfehler vor. Die Tatsache, dass der Kläger eine individuelle Korrektur bekommen habe, stelle keinen Verfahrensfehler dar. Ein solches mögliches Resultat sei der Pflicht des Prüfungsamtes, Verfahrensfehler so zügig wie möglich zu beheben und auszugleichen, wesensimmanent. Ebenfalls nicht zu beanstanden sei, dass dem Kläger kein erneuter kompletter Versuch für alle Klausuren eröffnet worden sei. Es könne ohne weiteres dazu kommen, dass nur eine einzige oder nur wenige Klausuren an einem Verfahrensmangel leiden. Eine komplette Wiederholung wäre dann eine Überkompensation, welche die Chancengleichheit der anderen Prüfungsteilnehmer verletzen würde. Es sei nicht ersichtlich, wie sich der Verfahrensmangel anlässlich einer Klausur auf die anderen, regulär geschriebenen Klausuren auswirken könne. Das Prüfungsamt sei verpflichtet, nach Auftreten eines Verfahrensmangels unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Prüfling eine schnelle Kompensation oder Nachholung zu ermöglichen. Es dürfe den Kandidaten gerade nicht auf einen späteren, regulär angesetzten Terim „vertrösten“. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn dem Prüfling kein Verschulden anzulasten ist. Auch der konkrete Prüfungstag sei fehlerfrei abgelaufen. Es erschließe sich nicht, wie dem Kläger als einzigem Prüfling die Auslosung einer Platznummer hinsichtlich der Anonymität weitergeholfen hätte. Überdies würde es jedenfalls an der Kausalität eines solchen Fehlers mangeln, weil die Identität des Klägers den Korrektoren nicht bekannt gewesen sei, was mit einem Aufkleber der Prüfungsnummer oder einer Platznummer nicht anders gewesen wäre.

Schließlich sei die Wahlmöglichkeit, die dem Kläger angeboten worden sei, also die Nachfertigung oder das Wegfallen der Klausur, auch gesetzeskonform. Bei einem Verlust einer Klausur vor deren Bewertung wandle sich der Inhalt des Prüfungsanspruchs grundsätzlich in einen Anspruch auf Stellung einer Ersatzklausur um. Grundsätzlich sehe § 12 Abs. 1 JAPO bei Verfahrensfehlern zwar ausschließlich die Möglichkeit der Wiederholung des betroffenen Prüfungsteils vor. Aus den Vorschriften der §§ 10 Abs. 4, 63 Abs. 4 Satz 3 JAPO lasse sich jedoch entnehmen, dass bei Verhinderung in Fällen besonderer Härte ein Erlass der Nachfertigung möglich sei. Es biete sich an, diese Regelung auch im vorliegenden Fall des § 12 JAPO entsprechend heranzuziehen. Die betreffenden Prüfungsteilnehmer hätten im Unterschied zu den üblichen Fällen von Verfahrensfehlern ihre Prüfungsleistung vollständig erbracht und damit einen Anspruch auf deren Bewertung erworben, der ihnen nicht erfüllt werden könne. Die Ursache hierfür liege ausschließlich im Verantwortungsbereich des Landesjustizprüfungsamts. Die Teilnehmer müssten bei Ablegung ihrer Leistung nicht mit der Möglichkeit einer Wiederholung rechnen. Daher wäre es unbillig, von ihnen gleichwohl eine solche zu verlangen. Das im vorliegenden Fall zusätzlich zur Nachfertigung eingeräumte Wahlrecht wirke also nur rechtserweiternd zugunsten des Klägers.

Bezüglich des Hilfsantrags ist der Beklagte den Rügen der Klägerseite im Einzelnen entgegengetreten. Weder lägen Bewertungsfehler vor, noch sei der prüfungsrechtliche Bewertungsspielraum überschritten.

In der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2014 unterbreitete das Gericht den Parteien einen Vergleichsvorschlag mit dem Inhalt, dass dem Kläger noch einmal die Möglichkeit eingeräumt wird, die Aufgabe Nr. 9 im Rahmen des nächstmöglichen regulären Prüfungstermins 2014/2 nachzuschreiben, sofern der Kläger auf Ansprüche wegen der zeitlichen Verspätung der Ablegung der Prüfung verzichtet.

Während das Landesjustizprüfungsamt für den Beklagten diesem Vorschlag grundsätzlich zustimmte, ließ der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 24. Juli 2014 vortragen, die nochmalige Nachfertigung der Klausur Nr. 9 sei ihm aus mehreren Gründen nicht zumutbar. Er habe mittlerweile beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als Sachbearbeiter eine auf zwei Jahre befristete Stelle angenommen, um den Familienunterhalt sicherzustellen. Durch den zeitlichen Aufwand für den Beruf und die Anforderungen durch seine beiden Kinder fehle die notwendige Zeit, um sich auf die Klausur vernünftig vorbereiten zu können. Der Umstand, dass eine Klausur des Klägers verloren gegangen sei, habe die persönliche Lebensplanung des Klägers völlig durcheinander gebracht. Dies habe er auch ausführlich in der mündlichen Verhandlung geschildert. Eine aus seiner Sicht mögliche Lösung des Falles könne darin bestehen, dass er unter entsprechender Anhebung der schriftlichen Bewertungen zur mündlichen Prüfung unter Verzicht auf etwaige Amtshaftungsansprüche zugelassen werde.

Mit Schreiben vom 4. August 2014 teilte das Landesjustizprüfungsamt mit, dass dem Vorschlag des Klägers im Schriftsatz vom 24. Juli 2014 nicht nähergetreten werden könne.

Beide Parteien verzichteten auf eine weitere mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt mit der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheids des Staatsministeriums der Justiz - Landesjustizprüfungsamt - vom 24. Mai 2013, sowie die Verpflichtung, ihm einen Wiederholungsversuch bezüglich der Klausuren Nr. 1 bis 11 zu gewähren, hilfsweise die Klausuren Nr. 7 und 10 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten.

Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags unzulässig, im Übrigen sachlich unbegründet. Der angegriffene Prüfungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die beanstandeten Rechtsfehler liegen im Ergebnis nicht vor.

1. Soweit der Kläger primär eine vollständige Wiederholung des schriftlichen Teils des Zweiten Juristischen Staatsexamens begehrt, ist die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Das Verhalten des Klägers im gerichtlichen Verfahren stellt sich im Kern als widersprüchlich dar, so dass es ihm nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der mit seinen Ausprägungen auch im Prozessrecht gilt (vgl. Zöller, ZPO, 29. Aufl., Rn. 56 Einleitung), verwehrt ist, eine weitere Wiederholung des schriftlichen Teils des Zweiten Juristischen Staatsexamens einzufordern. Ein widersprüchliches Verhalten ist unzulässig, wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen, insbesondere im Fall eines unlösbaren Selbstwiderspruchs (Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242, Rn. 59). Der Kläger kann nicht einerseits mit der Klage geltend machen, ihm stehe ein Anspruch auf Nachfertigung sämtlicher elf Klausuren des schriftlichen Teils des Zweiten Juristischen Staatsexamens zu, gleichzeitig jedoch dezidiert zum Ausdruck bringen, ihm sei die nochmalige Nachschrift einer einzelnen Klausur zwischenzeitlich nicht mehr zumutbar. Dem in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2014 seitens des Gerichts unterbreiteten Vergleichsvorschlag, dem Kläger noch einmal die Möglichkeit einzuräumen, die Aufgabe Nr. 9 im Rahmen des nächstmöglichen regulären Prüfungstermins 2014/2 nachzuschreiben, hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 24. Juli 2014 ausdrücklich seine Zustimmung versagt. Er habe mittlerweile beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Beschäftigung angenommen, um den Familienunterhalt sicherzustellen. Durch den zeitlichen Aufwand für den Beruf und die Anforderungen durch seine beiden Kinder fehle die notwendige Zeit, um sich auf die Klausur vernünftig vorbereiten zu können. Erschwerend kämen die inzwischen auch beschränkten Wohnverhältnisse des Klägers hinzu. Aus diesen Gründen sei ihm die nochmalige Nachfertigung der Klausur Nr. 9 zwischenzeitlich nicht mehr zumutbar. Durch diese völlige Abkehr vom eigentlichen Klageziel begibt sich der Kläger in einen nicht auflösbaren Selbstwiderspruch, da er eine Erklärung darüber schuldig bleibt, weshalb er nach wie vor eine vollständige Wiederholung des schriftlichen Prüfungsteils mit elf Klausuren verlangt, wenn ihm schon die nochmalige Nachfertigung einer einzelnen Klausur nicht zumutbar erscheint. Das Begehren, den Beklagten zu einer Leistung zu verpflichten, an der der Kläger selbst ersichtlich kein Interesse mehr hat, kommt mithin einer unzulässigen Rechtsausübung gleich, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis für den klagegegenständlichen Hauptantrag auf Wiederholung der Klausuren 1 bis 11 des schriftlichen Teils des Zweiten Juristischen Staatsexamens nicht besteht.

Die Klage wäre in diesem Punkt im Übrigen auch inhaltlich unbegründet. Mit dem Vorbringen des Klägers, die Nachfertigung einer Einzelklausur mit individueller Korrektur wie auch deren äußere Begleitumstände seien rechtswidrig gewesen, werden der Sache nach Mängel im Verfahren zur Ermittlung der Leistungen und Fähigkeiten des Prüflings geltend gemacht. Derartige Prüfungsmängel haben jedoch grundsätzlich nur dann rechtserhebliche Konsequenzen, wenn sie von dem betroffenen Prüfling rechtzeitig gerügt worden sind. Ein für den Prüfling nachteiliger Fehler bei der Leistungsermittlung bleibt hingegen folgenlos, wenn der Prüfling den Fehler kennt, die ihm zumutbare Rüge unterlässt und sich auf das aus seiner Sicht fehlerhafte Verfahren einlässt. Im vorliegenden Fall wäre der Kläger gehalten gewesen, gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 JAPO alle von ihm beanstandeten angeblichen Verfahrensfehler unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, schriftlich beim Prüfungsamt geltend zu machen. Der Kläger hat die aus seiner Sicht bestehenden Verfahrensfehler jedoch erstmals im Rahmen der Klage und nach Bekanntgabe des Ergebnisses der nachgeholten Klausur Nr. 9 - und damit viel zu spät - vorbringen lassen. Seine Einlassung, er sei sich erst nach der Einschaltung seines Bevollmächtigten darüber bewusst geworden, dass er der einzige Nachschreiber gewesen sei, kann schon angesichts der Tatsache, dass er allein im Prüfungsraum saß, nicht nachvollzogen werden. Das Erfordernis, Prüfungsmängel im Rahmen des Zumutbaren unverzüglich zu rügen, soll nach Sinn und Zweck zum einen für eine zuverlässige, zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts Gewähr bieten, zum anderen spekulatives Verhalten des Prüflings weitestgehend ausschließen.

2. Die Klage vermag auch nicht mit dem hilfsweise gestellten Antrag auf Neubewertung der Aufgaben Nrn. 7 und 10 durchzudringen.

Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle von Berufszugangsprüfungen sind hinsichtlich der Bewertung unterschiedliche Kontrollmaßstäbe anzuwenden.

Der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegen mangels Vorliegens prüfungsspezifischer Wertungen bestimmte materielle Rügen, z. B. die Verkennung des anzuwendenden Rechts sowie die Zugrundelegung eines unrichtigen Sachverhalts bzw. die nicht vollständige Kenntnisnahme der zu beurteilenden Leistung, sofern der klägerische Vortrag in konkreter und substantiierter Form entsprechende Anhaltspunkte für Bewertungsmängel enthält. Demgegenüber betreffen Rügen, wie z. B. die Einschätzung des Schwierigkeitsgrads der konkreten Aufgabe sowie die Einordnung der konkreten Prüfungsleistung in das Beurteilungssystem des Prüfers prüfungsspezifische Wertungen, die der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen bleiben.

Derartige Wertungsfragen sind aber nicht gänzlich gerichtlicher Kontrolle entzogen, sondern müssen sich an allgemeinen Bewertungsgrundsätzen messen lassen und unterliegen der Willkürkontrolle. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfragen nicht eindeutig bestimmbar ist, die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, andererseits muss aber auch dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden.

Auch bei festgestellten Prüfungsfehlern kommt eine gerichtliche Korrektur durch Aufhebung des Prüfungsbescheides nur dann in Betracht, wenn sich die festgestellten Fehler auf die Notengebung und damit auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt haben können.

Gemessen an diesen Grundsätzen ergibt sich für die Rügen des Klägers Folgendes:

Klausur 7:

Insoweit geht der Kläger zu Unrecht davon aus, er habe im Gegensatz zur Stellungnahme des Erstkorrektors im Nachprüfungsverfahren mindestens die Hälfte der aufgeworfenen prozessualen Fragestellungen erkannt; insbesondere sei von ihm das Problem mit der versäumten Zeugenbelehrung sehr wohl angesprochen worden, dies sei jedoch nicht positiv in die Bewertung eingeflossen. Demgegenüber ist festzustellen, dass eine erschöpfende Behandlung der mit der fehlenden Zeugenbelehrung einhergehenden Probleme nicht erfolgt ist. Weder wurde geprüft, ob der Zeugin ihr Zeugnisverweigerungsrecht bekannt war, noch der Grundsatz der freien Beweiswürdigung durch das Gericht (§ 261 StPO) behandelt. Der Kläger hat lediglich die Vorschrift des § 52 Abs. 1 StPO als einschlägig erörtert (was von den Prüfern auch als zutreffend erkannt gewürdigt wurde), so dass insgesamt nicht davon ausgegangen werden kann, der Kläger habe mindestens die Hälfte der aufgeworfenen prozessualen Probleme zutreffend behandelt. Davon abgesehen kann im Übrigen eine derartige, rein quantitative Sichtweise nicht als tauglicher Bewertungsmaßstab herangezogen werden, weil hierdurch völlig unberücksichtigt bliebe, wie umfangreich und schwer die einzelnen Probleme wiegen.

Die Einwendung des Klägers, die Ausführungen zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Revision seien als falsch bewertet worden, weil sie in dem Schriftsatz und nicht im Hilfsgutachten platziert worden seien, trifft nicht zu. Unabhängig davon, ob man dies als vertretbar ansehen kann, ist jedenfalls festzustellen, dass der Korrektor dies nicht als fehlerhaft bewertet, sondern lediglich am Rand bemerkt hat, die Ausführungen seien im Hilfsgutachten angebracht gewesen. Wie aus dem Beurteilungsbogen ersichtlich, hat der Erstkorrektor die richtig geprüften Zulässigkeitsvoraussetzungen der Revision eindeutig zugunsten des Klägers bewertet.

Im Zusammenhang mit der Prüfung des § 142 StGB werden verschiedene Korrekturgesichtspunkte angegriffen, die aber letztlich nicht zu beanstanden sind.

Der Kläger verneinte bei der Prüfung des unerlaubten Entfernens vom Unfallort bereits den objektiven Tatbestand, weil er den Sachschaden in Höhe von 70,00 EUR als belanglos wertete. Der Korrektor unterringelte diese Formulierung und notierte am Rand, die Grenze des Sachschadens liege eher bei 25,00 EUR und nicht wie vom Prüfling dargestellt bei 150,00 EUR. Nachdem bei dieser Schadensgrenze in Literatur und Rechtsprechung keine Einigkeit herrscht, kann die Darstellung des Klägers grundsätzlich nicht als falsch gewertet werden. Jedoch ergibt sich auch aus der Korrektur keine derartige Aussage. Vom Erstkorrektor als falsch gewertet wurde vielmehr - zu Recht - der darauffolgende Satz in der Klausur: „Nach der Rechtsprechung werden Sachschäden als gering angesehen, wenn Schadensersatzansprüche nicht gestellt werden.“ Der Kläger hat insoweit nicht einen eigenen, möglicherweise vertretbaren Standpunkt zur relevanten Schadenshöhe bei § 142 StGB ausgebreitet, sondern den Standpunkt der Rechtsprechung unrichtig dargestellt, da es entscheidend darauf ankommt, dass Schadensersatzansprüche im vorliegenden Fall nicht gestellt werden, sondern üblicherweise oder vernünftigerweise nicht gestellt werden. Dies stellt einen durchaus erheblichen und sachlichen Unterschied dar, so dass es sich nicht lediglich um eine zu vernachlässigende begriffliche Ungenauigkeit handelt, wie es die Klagebegründung darzustellen versucht.

Darüber hinaus durfte zulasten des Klägers beanstandet werden, dass er die Worte „vorsätzlich“ und „berechtigt“ auf Seite 5 der Klausur im Kontext nicht richtig verwendet hat. Der Einwand, der Prüfling habe das Erste Staatsexamen bestanden und kenne daher sehr wohl die unterschiedliche Bedeutung, vermag nicht zu überzeugen. Das bestandene Erste Juristische Staatsexamen berechtigt lediglich zur Teilnahme an der Zweiten Juristischen Staatsprüfung, ohne dass es Auswirkungen auf die Bewertung im Einzelnen hat. Jeder der Prüfungskandidaten muss sein Wissen erneut unter Beweis stellen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Prüfer selbst bei mehrdeutigen Begriffen nicht gehalten sind, zugunsten des Prüflings zu unterstellen, dieser werde das Richtige gemeint haben, sofern dafür keine Anhaltspunkte ersichtlich sind. Nichts anderes kann gelten, wenn der Prüfling eindeutig etwas Falsches schreibt.

Auch die Einlassung, die Ausführungen des Klägers zur Anwendung des „In dubio pro reo Grundsatzes“ hätten nicht als falsch, sondern lediglich als Folgefehler mit in der Sache richtigem Inhalt bewertet werden dürfen, vermag nicht durchzudringen. Der Kläger hat fehlerhaft verkannt, dass das Landgericht alle tatsächlichen Feststellungen zu § 6 PflVG getroffen hatte. Zudem hätte der Kläger dann ohnehin nur die gerichtliche Beweiswürdigung oder eine Verkennung von Beweisregeln angreifen können, nicht hingegen jedoch eine eigene Würdigung abgeben dürfen, weshalb es an einer logischen Folgeargumentation mangelt. Entsprechendes gilt für die fehlerhafte Prüfung des § 257 StGB.

Nicht nachvollziehbar rügt die Klage, die Korrektoren hätten die aus Sicht des Klägers gut gelungenen Ausführungen nicht angemessen bewertet. Tatsächlich enthält die Klausurlösung zu dieser Thematik keine Ausführungen zu den eigentlichen Schwerpunkten bei der Prüfung der Strafzumessung, insbesondere dass in diesem Fall eine strafschärfende Berücksichtigung einer Vorstrafe unzulässig war, eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden gewesen wäre und die Geldstrafe nicht vollständig bezahlt wurde.

Schließlich geht auch die Kritik an der Bewertung der Verfahrensrügen (S. 12 ff. der Klausur) fehl. Dass der Kläger den Revisionsgrund aus § 338 Nr. 5 StPO zu Recht abgelehnt hat, wurde vom Korrektor auch so erkannt und dementsprechend bewertet. Zum anderen trifft die Kritik, der Kläger sei überflüssigerweise auf die unterbliebene Zeugenvereidigung eingegangen, durchaus zu. Ohne dass der Sachverhalt dazu angelegt gewesen ist, gibt der Prüfling ohne weitere Veranlassung in bruchstückhafter Form formelhaftes Wissen wieder, das keinen konkreten Erkenntniswert im Hinblick auf die aufgeworfenen Fragen bietet.

Klausur 10:

Der Einwand, die Korrekturanmerkung, wonach der Kläger die Sicherstellungsanordnung und den Kostenbescheid in unvertretbarer Weise als rechtmäßig eingestuft habe, sei nicht haltbar, jedenfalls aber nicht nachvollziehbar begründet, vermag nicht durchzugreifen.

Entgegen der Klagebegründung lassen die Randbemerkungen des Erstkorrektors - dessen Feststellungen sich der Zweitbewerter angeschlossen hat - auf Seite 9 und 10 der Klausur („ergibt sich hieraus schon eine gegenwärtige Gefahr?; weitere Übertretungen sind nicht angekündigt worden!; hier Raser?; warum ist dann Motorrad zurückgegeben worden?“) nach Auffassung der Kammer in noch ausreichender Weise zu erkennen, weshalb die Korrektur bei dem zugrundeliegenden Sachverhalt die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr im Sinne des Art. 25 Nr. 1 PAG für nicht vertretbar erachtete. Soweit demgegenüber der Kläger für sich reklamiert, sein Lösungsweg sei brauchbar und vertretbar, hätte dies erfordert, klarzustellen, in welchen konkreten Einzelpunkten die Korrektur nach seiner Auffassung Fehler aufweist. Eine bloße Wiederholung des eigenen Standpunktes sowie der Hinweis auf den allgemein existierenden Beantwortungsspielraum eines Prüflings reichen nicht aus. Zu einer substantiierten Bewertungsrüge gehört, dass der Kläger mit konkreten Hinweisen plausibel darlegt, die fachwissenschaftliche Beurteilung des Prüfers müsse einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen, oder in gleicher Weise erläutert, dass von ihm eine vertretbare, mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung erbracht worden sei. Die fachwissenschaftliche Richtigkeit oder Vertretbarkeit einer Lösung muss mit Hilfe objektiver Kriterien einsichtig gemacht werden. Dies erreicht der Prüfling bei einer juristischen Staatsprüfung durch Bezug auf qualifizierte fachwissenschaftliche Äußerungen im Schrifttum oder Entscheidungen aus der Rechtsprechung. In der Klausur auf Seite 10 oben wird zwar auf eine bayerische Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen verwiesen, gleichwohl enthält weder das Vorbringen des Klägers im Nachprüfungsverfahren noch im Rahmen der Klagebegründung näher spezifizierte Anhaltspunkte oder Fundstellen, die als Belege für die Vertretbarkeit seines Lösungsansatzes nach den oben genannten Kriterien Berücksichtigung finden könnten.

Ohne Erfolg bemängelt der Kläger, die fehlenden Ausführungen zu den Rückforderungsansprüchen seien als Fehler gewertet worden. Dies sei jedoch nicht korrekt, weil es bei der Annahme einer rechtmäßigen Sicherstellung und folglich einem rechtmäßigen Kostenbescheid gerade zu keinem Rückforderungsanspruch komme. Doch selbst wenn dem Kläger insoweit ein Folgefehler zugutegehalten werden kann, so hätte doch Veranlassung bestanden, auf diese Problembereiche einzugehen, weil hiernach ausdrücklich im Sachverhalt gefragt wurde (S. 2 des Aufgabentextes, Aussage des Mandanten: „Das Geld will ich wiederhaben!“) und gemäß der Aufgabenstellung zu allen aufgeworfenen Rechtsfragen einzugehen war. Das Fehlen entsprechender Ausführungen konnte daher von den Korrektoren zu Recht negativ bewertet werden.

Ebenfalls ohne Erfolg wird als fehlerhaft gerügt, dass die Prüfer im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung hinsichtlich des Klageantrags zu 1) nur eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog als statthafte Klageart anerkennen und nicht auch die vom Prüfling gewählte Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alternative VwGO, obwohl der Kläger im Rahmen der Prüfung der Statthaftigkeit auf Seite 3 der Klausur voranstellt, dass er das Rechtsschutzziel des Mandanten, nämlich die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Sicherstellung inzident in der Begründetheit der Anfechtungsklage prüfen werde.

Bewertungsfehler können in diesem Zusammenhang den Korrektoren nicht zur Last gelegt werden. Die Arbeit des Klägers ist in Teil I geprägt durch einen äußerst unsystematischen und ungenauen Aufbau. Der Kläger beginnt den Obersatz auf Seite 1 des Hilfsgutachtens mit der Sicherstellung des Motorrads, ohne den Kostenbescheid zu nennen. Erst bei der statthaften Klageart wendet er sich mit der Anfechtungsklage gegen den Kostenbescheid (S. 3). Dann folgt trotzdem die Aussage, das Ziel des Mandanten, die Sicherstellung überprüfen zu lassen, könne mit der Anfechtungsklage erreicht werden. Dies werde jedoch im Rahmen der Begründetheit geprüft. Lediglich als eine Art zweite Alternative erwähnt er auf Seite 4 oben die Fortsetzungsfeststellungsklage, um dann ohne weiteres mit der Prüfung der Anfechtungsklage (II. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO) fortzufahren. Das gesamte Gutachten erscheint daher sehr ungeordnet. Der Klagebegründung ist entgegenzuhalten, dass die Sicherstellung nur in Form einer Fortsetzungsfeststellungsklage geprüft werden kann, weil sich der in Rede stehende Verwaltungsakt aufgrund des Zeitablaufs erledigt hat. Was im Einzelnen in der Begründetheitsprüfung inzident geprüft werden kann, spielt aber im Rahmen der statthaften Klageart noch keine entscheidende Rolle, so dass derartige Ausführungen an dieser Stelle verfehlt sind. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Klageart nach dem klägerischen Begehren bemisst. Dieses war auf eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Sicherstellung gerichtet, weshalb einzig die Fortsetzungsfeststellungsklage statthafte Klageart gewesen ist. Auch zumindest ein kurzer (hilfs-)gutachtlicher Hinweis auf das Problem des Folgenbeseitigungsanspruchs, der aber wegen der Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids nach der Klausurlösung des Klägers im Ergebnis ausscheidet, durfte von den Korrektoren erwartet werden, da der Mandant im Sachverhalt die Frage der Rückzahlung aufwirft (S. 2: „Das Geld will ich wiederhaben!“).

Insgesamt war daher die Klage mit der auf § 154 Abs. 1 VwGO beruhenden Kostenfolge abzuweisen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 12. Nov. 2014 - AN 2 K 13.01047

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 12. Nov. 2014 - AN 2 K 13.01047 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 338 Absolute Revisionsgründe


Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

Strafprozeßordnung - StPO | § 52 Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen des Beschuldigten


(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt 1. der Verlobte des Beschuldigten;2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;2a. der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteh

Strafgesetzbuch - StGB | § 142 Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort


(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er 1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung d

Strafgesetzbuch - StGB | § 257 Begünstigung


(1) Wer einem anderen, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Strafe darf nicht schwerer sein a

Pflichtversicherungsgesetz - PflVG | § 6


(1) Wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, obwohl für das Fahrzeug der nach § 1 erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Ja

Referenzen

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1.
zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2.
eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1.
nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
2.
berechtigt oder entschuldigt
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.

(1) Wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, obwohl für das Fahrzeug der nach § 1 erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen.

(3) Ist die Tat vorsätzlich begangen worden, so kann das Fahrzeug eingezogen werden, wenn es dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehört.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1.
zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2.
eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1.
nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
2.
berechtigt oder entschuldigt
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.

(1) Wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, obwohl für das Fahrzeug der nach § 1 erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen.

(3) Ist die Tat vorsätzlich begangen worden, so kann das Fahrzeug eingezogen werden, wenn es dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehört.

(1) Wer einem anderen, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die für die Vortat angedrohte Strafe.

(3) Wegen Begünstigung wird nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Dies gilt nicht für denjenigen, der einen an der Vortat Unbeteiligten zur Begünstigung anstiftet.

(4) Die Begünstigung wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn der Begünstiger als Täter oder Teilnehmer der Vortat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte. § 248a gilt sinngemäß.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.