Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 22. Juli 2014 - 1 K 14.30184
Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Nach eigenen Angaben wurde der Kläger am ... in .../Iran geboren und besitzt angeblich die afghanische Staatsangehörigkeit.
Er beantragte am ... 2013 in Ungarn und am ... 2013 im Bundesgebiet politisches Asyl.
Im Rahmen der Befragung zur Vorbereitung zur Anhörung gem. § 25 AsylVfG trug der Kläger am 9. Dezember 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vor, im Iran in ... gelebt zu haben. Dort habe er elf Jahre die Schule besucht. Er sei als Schneider tätig gewesen. Er habe einen Flüchtlingsausweis besessen, der von den iranischen Behörden ungültig gemacht worden sei. Seine Eltern und Geschwister lebten ebenfalls in ...
Nach seiner Asylantragstellung in Ungarn sei er nach Österreich weitergereist und habe dort erneut Asyl beantragt. In Österreich sei ihm die Abschiebung nach Ungarn angedroht worden. Daraufhin sei er mit dem Zug nach Deutschland eingereist und am ... 2013 im Zug von der deutschen Polizei festgenommen worden.
Nachdem eine EURODAC-Anfrage positiv verlaufen war (Treffer Cat 1 für Ungarn), richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) unter dem 17. Dezember 2013 ein formularmäßiges Wiederaufnahmegesuch an den Staat Ungarn.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 erklärte der Staat Ungarn, den Kläger gemäß Art. 16 Abs. 1 e der Dublin-II-Verordnung zu übernehmen und das Asylverfahren durchzuführen.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 30. Januar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Ungarn an.
Der Bescheid wurde dem Kläger am 1. Februar 2014 zugestellt.
Der Kläger ließ mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 10. Februar 2014, eingegangen am selben Tag, Klage erheben und beantragen:
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30. Januar 2014 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass der Asylantrag des Klägers zulässig ist.
3. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG beim Kläger vorliegen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Zugleich wurde beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung des Antrags und der Klage wurde vorgetragen, dem Kläger könne die Durchführung des Asylverfahrens in Ungarn nicht zugemutet werden.
Zum einen sei es nicht gewährleistet, dass ein eventuell in Ungarn durchzuführendes Asylverfahren den Kriterien des EuGH entspreche. Es sei durchaus zu erwarten, dass das Asylverfahren in menschenrechtswidriger Weise durchgeführt werde und daher sowohl in Bezug auf die Aufnahmebedingungen als auch hinsichtlich des Asylverfahrens nicht hinnehmbar sei.
Des Weiteren erlaube es auch die gesundheitliche Situation des Klägers nicht, das Asylverfahren in Ungarn fortzusetzen. Der Kläger unterziehe sich aktuell einer stetigen Behandlung, zu welcher ärztliche Atteste kurzfristig nachgereicht werden könnten. Der Kläger habe auch einer Fortführung seines Asylverfahrens in Ungarn nicht zugestimmt.
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 17. Februar 2014,
die Klage abzuweisen.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes wurde mit Beschluss vom 18. Februar 2014 - AN 1 S 14.30183 abgelehnt.
Unter dem 11. Juni 2014 zeigte sich die neue Prozessbevollmächtigte des Klägers an.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die in Ziffer 2. des Klageschriftsatzes erhobene Feststellungsklage und die in Ziffer 3. erhobenen Verpflichtungsklage sind unzulässig.
Der Kläger hat vorliegend nur die Möglichkeit, den streitgegenständlichen Bescheid vom 30. Januar 2014 mit einer (isolierten) Anfechtungsklage anzugreifen (Ziffer 1. des Klageantrags).
Die Beklagte müsste nämlich im Falle einer Stattgabe der Anfechtungsklage nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10
Nur die in Ziffer 1. des Klageschriftsatzes erhobene Anfechtungsklage ist demnach zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Ungarn angeordnet.
Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
Für die Prüfung des vom Kläger am ... 2013 in Deutschland gestellten Asylantrags sind weiterhin die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin-II-Verordnung), maßgebend.
Dem steht nicht entgegen, dass die Dublin-II-Verordnung durch Artikel 48 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-Verordnung), mit deren Inkrafttreten am 19. Juli 2013 aufgehoben worden ist. Gemäß Art. 49 Satz 3 Dublin-III-Verordnung erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für solche Anträge auf internationalen Schutz, die vor dem 1. Januar 2014 eingereicht wurden, weiterhin nach den Kriterien der außer Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 343/2003. Der am ... 2013 gestellte Asylantrag des Klägers umfasst mangels ausdrücklicher Beschränkung gemäß § 13 Abs. 2 AsylVfG zugleich den Antrag auf internationalen Schutz. Die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates ist vorliegend mithin weiterhin nach den Kriterien der Dublin-II-Verordnung vorzunehmen. Dies gilt nach Art. 49 Satz 2 Dublin-III-Verordnung im Übrigen auch für die Verfahrensanforderungen, da auch das Aufnahmeersuchen noch vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurde.
Eine EURODAC-Abfrage durch das Bundesamt hat für den Kläger einen Cat 1 - Treffer für Ungarn ergeben. Das Bundesamt ist im Dublin II - Verfahren deshalb zutreffend von einer Zuständigkeit Ungarns auf der Grundlage der Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ausgegangen. Ungarn hat unter dem 20. Dezember 2013 die Übernahme des Klägers und die Fortführung seines Asylverfahrens auf der Grundlage des Art. 16 Abs. 1 e) Dublin-II-Verordnung erklärt, da der Kläger bereits am 28. September 2013 in Ungarn Asyl beantragt hat. Der Kläger war ab 22. Oktober 2013 für die ungarischen Behörden nicht mehr erreichbar, weshalb das Asylverfahren eingestellt wurde.
Die Bundesrepublik Deutschland ist auch nicht gehalten, trotz der von Ungarn erklärten Übernahme des Klägers dessen Asylantrag nach Art. 3 Abs. 2 oder Art. 15 Dublin-II-Verordnung selbst inhaltlich zu prüfen. Die Auslegung der Dublin-II-Verordnung, die „einen der Bausteine des von der Europäischen Union errichteten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bildet“, und die sich daraus ergebenden Rechte der Asylbewerber sind durch neuere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs geklärt (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10
Das in dieser Verordnung und in weiteren Rechtsakten geregelte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) stützt sich - ähnlich wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (BVerfG, Urteil vom 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Die Rechtsprechung lässt in eng begrenzten Ausnahmefällen Abweichungen von diesem Konzept zu. Das Konzept der normativen Vergewisserung wird danach insbesondere dann durchbrochen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers i. S. von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechts-Charta) implizieren (vgl. EuGH vom 21.12.2011 - C 411/10, C 393/10
Zu prüfen ist demnach, ob die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im Allgemeinen eingehalten werden. Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Erst wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im nach der Dublin II-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat grundlegende, systembedingte Mängel aufweisen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber befürchten lassen, ist ein Abweichen von den Bestimmungen der Dublin II-VO mit der Folge geboten, dass die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch machen muss. Mit anderen Worten muss in derartigen Fällen in der Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren durchgeführt werden, und die Abschiebung in den die Mindeststandards nicht einhaltenden Mitgliedstaat ist unzulässig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6.8.2013, a. a. O.).
In Bezug auf Ungarn folgt der Einzelrichter der in der Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung, dass in Ungarn derartige systemische Mängel nicht bestehen (vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 11.6.2014 - Au 7 S 14.50134; VG Hannover, Beschluss vom 27.5.2014 - 5 B 634/14; VG Trier, Beschluss vom 16.4.2014 - 5 L 569/14.TR; VG Würzburg, Beschluss vom 14.4.2014 - W 6 K 14.30159; VG Augsburg, Beschluss vom 4.4.2014 - Au 7 S 14.30247; VG Ansbach, Beschlüsse vom 31.3.2014 - AN 9 S 13.31028 und vom 17.2.2014 - AN 4 S 14.30069; VG Würzburg, Beschluss vom 21.3.2014 - W 1 S 14.30147; VG Regensburg, Beschluss vom 7.3.2014 - RN 5 S 14.30199; VG Potsdam, Beschluss vom 29.1.2014 - 6 L 29/14.A; VG München, Beschluss vom 27.1.2014 - M 4 S 14.30066; VG Ansbach, Beschluss vom 21.1.2014 - AN 10 S 14.30039; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15.1.2014 - 6a L 1836/13.A; VG Ansbach, Urteil vom 9.1.2014 - AN 2 K 13.30861; VG Regensburg, Beschluss vom 27.12.2013 - RN 6 S 13. 30709; VG Augsburg, Beschluss vom 5.12.2013 - Au 7 S 13.30454; VG Ansbach, Beschluss vom 3.12.2013 - AN 11 S 13.31074; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6.8.2013 - 12 S 675/13; OVG Magdeburg, Beschluss vom 31.5.2013 - 4 L 169/12; a. A.: VG Stuttgart, Urteil vom 26.6.2014 - A 11 K 387/14; VG Oldenburg, Beschluss vom 18.6.2014 - 12 B 1238/14; weiteren Aufklärungsbedarf sehen VG München, Beschluss vom 26.6.2014 - M 24 S 14.50325; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16.6.2014 - 13 L 141/14.A).
Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass dem Kläger als Dublin-Rückkehrer eine Existenzgefahr im Sinne einer Verelendung droht. Es ist derzeit nicht davon auszugehen, dass die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern in Ungarn schon im Allgemeinen nicht eingehalten werden. Womöglich vorkommende Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage.
Das Auswärtige Amt hat sich 2013 in zwei umfangreichen Stellungnahmen zur ungarischen Asylgesetzgebung und -praxis geäußert (an das VG Augsburg am 23.5.2013 und an den BayVGH am 9.7.2013). Danach hat sich die Situation in Ungarn erheblich verbessert; jedenfalls ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens.
Entsprechendes gilt für den Bericht zweier Berichterstatter einer Arbeitsgruppe des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR), „Working Group on Arbitrary Detention, Statement upon the Conclusion of its Visit to Hungary, 23 September - 2 October 2013“. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich aufgrund ihres Mandats nicht mit dem Asylverfahren speziell, sondern allgemein mit „willkürlicher Haft“ („arbitrary detention“); der Bericht kritisiert demzufolge in erster Linie den exzessiven Gebrauch und Mängel bei der Zugänglichkeit von Rechtsbeiständen bei der Untersuchungshaft in Ungarn. In Bezug auf die Inhaftierung von Asylbewerbern würdigt der Bericht ausdrücklich die Verbesserungen durch im Juli 2013 in Kraft getretene Gesetzesänderungen; auch wenn diese in der Praxis noch nicht ausreichend umgesetzt würden. Der Bericht kritisiert vor allem Mängel in Bezug auf die Information der Inhaftierten über ihre Rechtsbehelfsmöglichkeiten, sowie in Bezug auf die Verfügbarkeit von Dolmetschern und den Zugang zu Rechtsbeiständen. Außerdem handelt es sich bei diesem Bericht lediglich um vorläufige Ergebnisse („preliminary findings“). Aus diesem Bericht ergeben sich jedoch keine ausreichenden Belege für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens.
Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monaten möglich ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 24.7.2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, Beschluss vom 4.10.2013 - M 23 S 13.30926; VG Stuttgart, Urteil vom 26.6.2014 - A 11 K 387/14; VG Oldenburg, Beschluss vom 18.6.2014 - 12 B 1238/14; weiteren Aufklärungsbedarf sehen VG München, Beschluss vom 26.6.2014 - M 24 S 14.50325; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16.6.2014 - 13 L 141/14.A;). Auch dieser Umstand vermag, worauf das Verwaltungsgericht Würzburg (Beschluss vom 21.3.2014 - W 1 S 14.30147; ebenso; VG Augsburg, Beschluss vom 4.4.2014 - Au 7 S 14.30247) zutreffend hinweist, - jedenfalls derzeit - systematische Mängel nicht zu begründen.
So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes findet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts for the purpose of legal harmonisation; abrufbar im Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2 f.; European Council on Refugees and Exiles in seinem Bericht: Hungary passes legislation allowing widespread detention of asylum seekers; zugänglich im Internet in englischer Sprache; UNHCR comments and recommendations, S. 9).
Dass es tatsächlich zu einer systematischen, missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsvorschriften komme oder bereits gekommen sei, kann diesen Berichten dagegen gerade nicht entnommen werden (vgl. hierzu nur HHC, Brief Information Note, S. 4, wo explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss). Gegenteiliges ist auch dem Bericht von bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013 nicht zu entnehmen. Auch dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts).
Nach Auffassung des Einzelrichters sind auch die neueren Erkenntnisquellen, auf welche das Verwaltungsgericht München (Beschluss vom 26.6.2014 - M 24 S 14.50325), das Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Beschluss vom 16.6.2014 - 13 L 141/14.A) und das Verwaltungsgericht Oldenburg (Beschluss vom 18.6.2014 - 12 B 1238/14) ihre stattgebenden Entscheidungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gestützt haben, nicht ausreichend, um systemische Mängel im Asylverfahren Ungarns feststellen zu können.
Maßgebend ist für den Einzelrichter, dass das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO), das durch die Verordnung 439/2010/EU gegründet wurde, und dem unter anderem die Aufgabe der Unterstützung besonders belasteter Mitgliedstaaten zukommt, bisher nicht über systemische Mängel in Ungarn berichtet hat. Nach der letzten Pressemitteilung der EASO vom 7. Juli 2014 ist diese derzeit unterstützend nur in Bulgarien, Italien, Griechenland und Zypern vor Ort. Der Bewertung durch die EASO ist im Vollzug der Dublin-II-VO und Dublin-III-VO jedoch besondere Bedeutung zuzumessen (vgl. Erwägungen Nr. 22 und 33 sowie Art. 33 der Verordnung 604/2014/EU, sog. Dublin-III-Verordnung; VG Ansbach, Beschluss vom 3.12.2013 - AN 11 S 13.31074; VG Hamburg, Beschluss vom 10.2.2014 - 19 AE 5415/13).
Damit ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u. a., NvWZ 2012, 417 ff.) nach wie vor davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.
Auch die Große Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) hat in ihrem Urteil vom 10. Dezember 2013 - C - 394/12
Dieses Ergebnis deckt sich mit der Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hat in seinem Urteil vom 6. Juni 2013 (Mohammed gegen Österreich, Nr. 2283/12, hier zitiert nach der inoffiziellen Übersetzung des Informationsverbunds Asyl und Migration) festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin-Regelungen nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr unterliegen würde, einer den Art. 3 EMRK verletzenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Der Gerichtshof hat hierzu umfangreich Stellungnahmen von UNHCR und anderer Stellen ausgewertet.
Ferner hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die wirtschaftliche Situation eines Asylbewerbers schlechter sein wird als in dem anderen Vertragsstaat, nicht ausreicht, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Art. 3 EMRK kann nicht so ausgelegt werden, dass er die Vertragsstaaten verpflichtet, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen; diese Regelung enthält auch keine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, Beschluss vom 2.4.2013 - 27725/10, ZAR 2013, 336, Rn. 70, 71; bezogen auf Italien; ebenso EGMR, Beschluss vom 18.6.2013 - 53852/11, ZAR 2013, 338; hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 11.9.2013 - 10 B 17.13).
Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erkenntnis des Österreichischen Asylgerichtshofes vom 9. Juli 2013 (S 21 436096-1/2013 - RIS; www.r...at). Dieser hat ausdrücklich festgestellt, dass in Ungarn am 1. Januar 2013 ein überarbeitetes Asylgesetz in Kraft getreten ist, das die nötigen Verbesserungen gebracht habe, weshalb nicht erkannt werden könne, „dass im Hinblick auf Asylbewerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten nach der EMRK erfolgen würden, so dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne einer realen Gefahr für den Einzelnen bestehen würde“.
Nach alledem vermag das Gericht keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in Ungarn zu erkennen.
Ungarn gilt zudem als sicherer Drittstaat im Sinn des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylVfG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat ergeben sich nur ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist - bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgebenden Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (BVerfG, Urteil vom 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Die Sonderfälle in diesem Sinn entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, die zu einer Gefahr für unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylsuchenden im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs führen. Solche liegen - wie ausgeführt - jedoch nicht vor.
Die Sechs-Monats-Frist des Art. 20 Abs. 2 Dublin-II-VO ist noch nicht abgelaufen, da die Frist für die Überstellung erst nach der ablehnenden Entscheidung des Gerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Beschluss vom 18.2.2014 - AN 1 S 14.30183) zu laufen begann (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 27.5.2014 - 5 B 634/14; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7.4.2014 - 2 L 55/14; Regensburg, Beschluss vom 13.12.2013 - RO 9 S 13.30618).
Ist eine Rückführung des Klägers nach Ungarn demnach auch zum gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt (noch) möglich, durfte das Bundesamt auf der Grundlage des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Ungarn anordnen.
Die Klage war deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
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Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.