Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 21. März 2016 - 9 L 1084/15
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der unter dem Az. 9 K 2310/15 erhobenen Klage wird hinsichtlich der in dem Bescheid vom 2. Dezember 2015 enthaltenen Anmeldeaufforderung wiederhergestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,- € festgesetzt
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G r ü n d e :
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der unter Az. 9 K 2310/15 erhobenen Klage hinsichtlich der in dem Bescheid vom 2. Dezember 2015 enthaltenen Anmeldeaufforderung wiederherzustellen,
4ist zulässig und begründet.
5Er ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft.
6Die gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem privaten Aufschubinteresse fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus. Zwar dürfte sich die Anmeldeaufforderung mangels einer Ausnahmegenehmigung zum Besuch einer ausländischen Schule derzeit als offensichtlich rechtmäßig erweisen. Es fehlt jedoch an einem besonderen Vollzugsinteresse, welches es angesichts der fehlenden gesetzgeberischen Anordnung des Sofortvollzuges rechtfertigen könnte, von der sich grundsätzlich aus § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden aufschiebenden Wirkung einer Klage abzuweichen.
7Vgl. in diesem Zusammenhang: BVerfG, Beschluss vom 8. April 2010 - 1 BvR 2709/09 -, juris.
8Ermächtigungsgrundlage für die Anmeldeaufforderung ist § 41 Abs. 5 SchulG NRW. Danach können die Eltern von der Schulaufsichtsbehörde durch Zwangsmittel gemäß §§ 55 bis 65 VwVG NRW zur Erfüllung ihrer Pflicht aus § 41 Abs. 1 SchulG NRW, ihr schulpflichtiges Kind bei der Schule anzumelden, angehalten werden. § 41 Abs. 5 SchulG NRW normiert den Verwaltungszwang gegenüber den Eltern zwecks Durchsetzung der Anmeldeverpflichtung. Auch wenn die Anmeldeaufforderung in § 41 Abs. 5 SchulG NRW nicht ausdrücklich erwähnt ist, ergibt sich ihre Notwendigkeit aus der dortigen Anführung des § 55 VwVG NRW, der - abgesehen von der hier nicht gegebenen Konstellation einer gegenwärtigen Gefahr - einen mit Zwangsmitteln durchsetzbaren Verwaltungsakt voraussetzt.
9Vgl. hierzu N. in K. /W. den I. , Schulrechtshandbuch Nordrhein-Westfalen, Kommentar zum Schulgesetz, Stand: 1. Dezember 2015, § 41 Rn. 12.
10Die Antragstellerin verfügt für ihren Sohn über keine Ausnahmegenehmigung im Sinne des § 34 Abs. 5 Satz 2 SchulG NRW, was im Regelfall dazu führt, dass das besondere Vollzugsinteresse an einer zeitnahen Durchsetzung des Schulbesuchs in Deutschland im Interesse des Kindes zu bejahen ist. In die Interessenabwägung ist jedoch einzubeziehen, dass im Verfahren zur Hauptsache auch ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung streitgegenständlich ist. Aufgrund ihrer Bevollmächtigung durch den Vater ist die Antragstellerin auch allein anspruchsberechtigt.
11Für einen solchen Anspruch kommt es nach § 34 Abs. 5 Satz 2 SchulG NRW auf das Bestehen eines wichtigen Grundes an, welcher eine Ausnahme von dem in Abs. 1 normierten Grundsatz ermöglicht, dass die Schulpflicht durch den Besuch einer deutschen Schule zu erfüllen ist. Die in lit. a) und lit. b) des Satzes 2 genannten Regelbeispiele für eine Ausnahmegenehmigung sind nicht einschlägig. Ein wichtiger Grund kann nicht allein in dem Wunsch gesehen werden, eine Schule im Ausland zu besuchen. Vielmehr ist er anzunehmen, wenn bei Abwägung des öffentlichen Interesses an der Erfüllung der Schulpflicht durch Besuch einer deutschen Schule mit dem Individualinteresse an der Ausnahme hiervon es im Einzelfall nicht gerechtfertigt erscheint, dass die Schüler und ihre Eltern die für sie mit der Pflicht zum Besuch einer deutschen Schule verbundenen nachteiligen Folgen hinnehmen müssen.
12Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. September 2007 - 19 A 4074/06 -, juris.
13Der Vorrang der Erfüllung der Schulpflicht an einer deutschen Schule dient dem öffentlichen Interesse an dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Nach § 2 Abs. 1 SchulG NRW unterrichtet und erzieht die Schule junge Menschen auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Landesverfassung (Satz 1). Sie verwirklicht die in Art. 7 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen bestimmten allgemeinen Bildungs- und Erziehungsziele (Satz 2). Schülerinnen und Schüler werden nach § 2 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW befähigt, verantwortlich am sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, kulturellen und politischen Leben teilzunehmen und ihr eigenes Leben zu gestalten. Bildung und Erziehung in deutschen Schulen schaffen mithin auch die Grundlage für eine Integration in die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland. Vor diesem Hintergrund reicht es nicht aus, dass an einer ausländischen Schule die deutsche Sprache unterrichtet wird. Für die Gewichtung des öffentlichen Interesses kommt es unter anderem darauf an, ob das schulpflichtige Kind ein Mindestmaß an deutscher Bildung und Erziehung erfahren hat, weil es bereits eine deutsche Schule im Inland oder im Ausland oder aber eine ausländische Schule besucht hat, deren Bildungs- und Erziehungsziele weitgehend oder jedenfalls teilweise mit den Bildungs- und Erziehungszielen deutscher Schulen vergleichbar sind.
14vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Oktober 2003 - 19 B 1953/03 -, juris zu § 1 Abs. 2 SchulPflG a.F.
15Gemessen an diesen Anforderungen dürfte zwar nicht ausreichen, dass der Sohn der Antragstellerin fünf Jahre deutsche Schulen besucht hat. Derzeit besucht er ausweislich des Zeugnisses für das Schuljahr 2015/2016 die fünfte Klasse der sechsjährigen Q. des Schulsystems der französischsprachigen H. C. . Da seine Schulpflicht in Deutschland erst mit Ablauf des Schuljahres 2019/2020 enden wird, verbleiben noch vier Schuljahre. Wenn keine Aufenthaltsverlagerung ins Ausland erfolgt, dürfte auf die Ableistung der verbleibenden Schulpflicht in deutschen Schulen nicht verzichtet werden können. Im vorliegenden Verfahren besteht jedoch zusätzlich die Besonderheit, dass der Sohn mit einem deutschen Vater in Deutschland aufgewachsen und in der Familie Deutsch gesprochen worden ist; hierfür spricht die Bemerkung der belgischen Q. im Zeugnis für das Jahr 2014/2015, dass für den Sohn die französische Sprache sehr schwierig bleibe und er sich an die Arbeit machen müsse, diese neue Sprache zu lernen. Die Klärung der Frage, ob hier insgesamt ein wichtiger Grund bzw. ein berechtigtes Interesse i.S.v. Ziff. 3.2.3 des Runderlasses vom 16.06.2005 (Ausnahmegenehmigungen zum Besuch ausländischer oder internationaler Schulen) [BASS 12-51 Nr. 4] anzunehmen ist, übersteigt den Rahmen des summarischen Eilverfahrens und ist dem Verfahren zur Hauptsache vorzubehalten.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
17Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG unter Berücksichtigung des summarischen Charakters des Eilverfahrens.
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand
2Unter dem 17. April 2015 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Besuch einer ausländischen Schule für ihren am 00.00.0000 geborenen Sohn D. -B. B1. H. . Sie und ihr Sohn sind wie der Kindesvater deutsche Staatsangehörige.
3Der Sohn war für das Schuljahr 2014/15 im 5. Schuljahr an der ooooooooooooooooooooo eingeschrieben. Ausweislich der Bescheinigung des Direktors ist dort zweite Sprache die Deutsche.
4In dem Antragsformular gab die Mutter an, ihr Sohn habe bis zum 5. Schuljahr in Q. die Schule besucht. Seit August 2014 wohne sie in I. . Sie werde Deutschland verlassen, sobald sie eine Arbeit oder Ausbildung in Belgien finde.
5Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung des Antrages teilte die Bezirksregierung unter dem 22. Mai 2015 mit, dass es vertretbar erscheine, wenn der Sohn noch dieses Schuljahr an der Schule in Belgien beende. Der jetzige Prozessbevollmächtigte trug vor, die Mutter beanstande insbesondere den seitens des Schulamtes Q. angeordneten Besuch der Privaten Förderschule I1. X. . Von Eltern werde immer wieder beklagt, dass dort Gewalttätigkeiten der Schüler untereinander an der Tagesordnung seien, wobei auch schon Drogen-, Alkohol- und Tabakkonsum festgestellt worden sei. Die Mutter habe Angst, dass ihr Sohn durch die neue Umgebung abgleiten und kaum noch korrigierbare Auffälligkeiten zeigen könnte. Ihm sei immer wieder vorgeworfen worden, sich laut und auffällig zu verhalten. Man habe nicht einsehen wollen, dass dies auch durch die Herkunft und den ethnischen Hintergrund begründet sei. An der belgischen Schule stelle er weder für Lehrer noch Mitschüler ein Problem dar.
6Die Bezirksregierung Köln lehnte den Antrag durch Bescheid vom 2. Dezember 2015 ab. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf, den Sohn an einer deutschen Schule anzumelden und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus, die vorgebrachten Gründe stellten keinen wichtigen Grund für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung dar. Sonderpädagogischen Förderbedarf berücksichtigten deutsche Schulen in Form des Gemeinsamen Lernens. Der Vorrang der Erfüllung der Schulpflicht an einer deutschen Schule diene dem öffentlichen Interesse an dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Bildung und Erziehung an einer deutschen Schule seien unverzichtbar für eine erfolgreiche Integration in die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse Deutschlands.
7Die Klägerin hat am 21. Dezember 2015 Klage erhoben und um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebeten. Sie macht unter anderem geltend, die Zuweisung ihres Sohnes an eine umstrittene Förderschule wäre dem Kindeswohl in erheblichem Maße zuwidergelaufen. Da sie sich ihren Lebensmittelpunkt mit ihren Kindern dauerhaft in einem Land des französischen Sprachraumes schaffen werde, habe es nahegelegen, die Kinder grenznah zu ihrem jetzigen Wohnort I. unterzubringen. Dass dies die richtige Entscheidung gewesen sei, belege die Entwicklung des Sohnes wie auch seiner Schwester. Besonders stolz sei sie u.a. auf die Note ihres Sohnes in Französisch. Inzwischen beherrsche er diese Sprache perfekt. Die übrigen Noten seien aktuell im mittleren bis sehr guten Bereich. Ihr Ehemann wohne inzwischen in B2. .
8Die Klägerin beantragt,
9den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung Köln vom 2. Dezember 2015 zu verpflichten, ihr für ihren Sohn D. -B. B1. eine Ausnahmegenehmigung zum Besuch der ooooooooooooooooo X1. zu erteilen.
10Der Beklagte beantragt
11die Klage abzuweisen.
12Er führt im Wesentlichen aus, ein wichtiger Grund für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung liege nicht vor. Der Aufenthalt der Klägerin und ihres Sohnes in Deutschland sei nicht nur vorübergehender Natur. Die Absichtserklärung der Klägerin sei mangels Substantiierung nicht nachprüfbar. Dem öffentlichen Interesse an der Erfüllung des Schulpflicht durch den Besuch einer deutschen Schule gegenüberzustellen sei das private Interesse der Klägerin, eine Verbesserung des Sozial- und Leistungsverhaltens des Sohnes zu erreichen. Die von der Klägerin vorgebrachten Befürchtungen seien angesichts des Niveaus des deutschen Förderschulwesens unbegründet. Entscheidend für eine Verbesserung des Sozial- und Leistungsverhaltens sei eine den individuellen Bedürfnisses des Kindes entsprechende qualifizierte Betreuung durch das Schulpersonal. Warum dies im deutschen Schulsystem grundsätzlich nicht möglich sein solle, erschließe sich nicht. Den Schwierigkeiten, denen ihr Sohn an seiner alten Schule ausgesetzt gewesen sei, könne die Klägerin durch seinen Schulwechsel an eine andere deutsche Schule begegnen.
13Die Kammer hat mit Beschlüssen vom 21. März 2016 - 9 L 1084/15 - die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage hinsichtlich der Anmeldeaufforderung wiederhergestellt und Prozesskostenhilfe für das vorliegende Verfahren bewilligt.
14Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere den Darlegungen der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu den Möglichkeiten einer Wiedereingliederung des Sohnes der Klägerin in das deutsche Schulsystem, wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst den Verwaltungsvorgängen der Bezirksregierung Köln.
15Entscheidungsgründe
16Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
17Die Klagebefugnis der nicht allein personensorgeberechtigten Klägerin ergibt sich aus dem Einverständnis des Kindesvaters mit ihrer Prozessführung.
18Der ablehnende Bescheid des Schulamtes für die Städteregion Aachen verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil sie keinen Anspruch auf die begehrte Ausnahmegenehmigung hat, vgl. § 113 Abs. 5 VwGO.
19Nach § 34 Abs. 5 Satz 2 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG) ist eine Ausnahme von dem in dessen Abs. 1 normierten Grundsatz, dass die Schulpflicht durch Besuch einer deutschen Schule zu erfüllen ist, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, insbesondere dann, wenn die Schülerin oder der Schüler a) sich nur vorübergehend in Deutschland aufhält oder b) eine ausländische oder internationale Ergänzungsschule besucht, deren Eignung das Ministerium nach § 118 Abs. 3 SchulG festgestellt hat.
20Die in lit. a) und b) genannten Regelbeispiele liegen nicht vor.
21Ob ansonsten ein wichtiger Grund vorliegt, unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung. Anders als der am 31. Juli 2005 außer Kraft getretene § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Schulpflicht im Lande Nordrhein-Westfalen (SchulPflG), der lediglich die Zuständigkeit für die Erteilung einer Ausnahme regelte, normiert § 34 Abs. 5 Satz 2 SchulG auf der Rechtsvoraussetzungsseite einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen tatbestandliche Erfüllung ein Erteilungsermessen erst eröffnet.
22Ein wichtiger Grund kann nicht allein in dem Wunsch gesehen werden, eine Schule im grenznahen Ausland zu besuchen. Vielmehr ist er anzunehmen, wenn bei Abwägung des öffentlichen Interesses an der Erfüllung der Schulpflicht durch Besuch einer deutschen Schule mit dem Individualinteresse an der Ausnahme hiervon es im Einzelfall nicht gerechtfertigt erscheint, dass die Schüler und ihre Eltern die für sie mit der Pflicht zum Besuch einer deutschen Schule verbundenen nachteiligen Folgen hinnehmen müssen.
23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. September 2007 - 19 A 4074/06 -, juris.
24Der Vorrang der Erfüllung der Schulpflicht an einer deutschen Schule dient dem öffentlichen Interesse an dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Nach § 2 Abs. 1 SchulG unterrichtet und erzieht die Schule junge Menschen auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Landesverfassung (Satz 1). Sie verwirklicht die in Art. 7 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen (LVerf) bestimmten allgemeinen Bildungs- und Erziehungsziele (Satz 2). Schülerinnen und Schüler werden nach § 2 Abs. 4 Satz 3 SchulG befähigt, verantwortlich am sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, kulturellen und politischen Leben teilzunehmen und ihr eigenes Leben zu gestalten. Bildung und Erziehung in deutschen Schulen schaffen mithin auch die Grundlage für eine Integration in die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland. Vor diesem Hintergrund reicht es nicht aus, dass an einer ausländischen Schule die deutsche Sprache unterrichtet wird. Für die Gewichtung des öffentlichen Interesses kommt es unter anderem darauf an, ob das schulpflichtige Kind ein Mindestmaß an deutscher Bildung und Erziehung erfahren hat, weil es bereits eine deutsche Schule im Inland oder im Ausland besucht hat oder aber eine ausländische Schule besucht hat, deren Bildungs- und Erziehungsziele weitgehend oder jedenfalls teilweise mit den Bildungs- und Erziehungszielen deutscher Schulen vergleichbar sind.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Oktober 2003 - 19 B 1953/03 -, juris zu § 1 Abs. 2 SchulPflG; Urteil der Kammer vom 29. Juni 2012 - 9 K 810/12 -.
26Vor diesem Hintergrund ist ein wichtiger Grund, welcher dem öffentlichen Interesse an einer Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland vorgehen könnte, nicht zu erkennen. Nach dem Besuch der Grundschule und einem einjährigen Besuch der Hauptschule sind die Integrationsmöglichkeiten des deutschen Schulsystems durch die Unterrichtung in der deutschen Sprache in einem deutschen Lernumfeld, das durch das familiäre Umfeld nicht ersetzt werden kann, keinesfalls ausgeschöpft. Die Inanspruchnahme dieser Integrationsleistungen ist unverzichtbar, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine zeitliche Begrenzung des Aufenthalts in Deutschland nicht ersichtlich ist.
27Ein Anspruch ergibt sich auch nicht wegen des Fehlens von Wiedereingliederungsmöglichkeiten in das deutsche Schulsystem für den Sohn der Klägerin hier ich nur morgens Läge sie ja auch die über Wochen in paar Mal sehen wollen. Dieser besucht die fünfte Klasse der sechsjährigen Primarstufe im Schulsystem der Französischsprachigen Gemeinschaft Belgiens. Die Vertreterin des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung den Besuch einer wohnortnahen Gesamtschule mit Gemeinsamem Lernen vorgeschlagen.
28Eine abweichende rechtliche Beurteilung ist auch nicht mit Blick darauf geboten, dass die Klägerin als deutsche Staatsangehörige Unionsbürgerin ist. Das Gericht ist nach Art. 267 AEUV befugt, hierüber zu entscheiden.
29Abgesehen von der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Schulbesuch eines Unionsbürgers in einem anderen EU-Staat dem hier allenfalls in Betracht kommenden Gebot der Freizügigkeit aus Art. 21 AEUV unterfällt, wäre eine Einschränkung jedenfalls gerechtfertigt. Dies ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unter der Voraussetzung anzunehmen, dass die Beschränkung auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit des Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruht und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Zweck steht. Dabei kann jeder Mitgliedstaat einen ausreichenden Grad gesellschaftlicher Integration verlangen, der auch durch die Verbringung der Schulzeit im Mitgliedstaat erbracht werden kann.
30Vgl. EuGH, Entscheidung vom 23.10.2007 - C-11 und 12/06 -, juris Rz. 33 und 45.
31Die allgemeine Schulpflicht ist geeignet und erforderlich zur Erreichung der legitimen Ziele des staatlichen Erziehungsauftrags. Die Erreichung dieser Ziele steht nach Art. 165 Abs. 1 AEUV in der Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten für die Gestaltung ihres Bildungssystems.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2009 - 6 B 27/09 - juris.
33Art. 165 AEUV enthält eine abschließende Handlungsermächtigung der Union auf dem Gebiet der allgemeinen Bildung. Das Tätigwerden der Union wird unter die Bedingung der Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten gestellt.
34Vgl. Blanke in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Kommentar, Bd. II (Stand: September 2013), AEUV Art. 165/166, Rn. 58 und 68.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
36Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.