Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 25. Sept. 2015 - 7 K 1693/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger steht als K. im Dienst des beklagten Landes und begehrt Beihilfen zu Rechnungen nebst Laborkosten des Arztes Dr. C. . Im Hinblick auf Zweifel an der Notwendigkeit oder Angemessenheit der angefallenen Kosten wird seitens des beklagten Landes für diese Rechnungen eine Beihilfegewährung verweigert. Der Beihilfesatz des Klägers beträgt 70%.
3Der Kläger war bei Dr. C. bereits seit dem 25.03.2011 in Behandlung. Ausweislich eines Auszuges aus der Krankenakte vom 28.03.2012 hatte er eigenanamnestisch eine seit drei Jahren bestehende Leistungsminderung festgestellt (u.a. mit Herzrhythmusstörungen, Tinnitus, chronischen Infekten im HNO-Bereich sowie Schmerzen an Knochen, Muskeln und Gelenken).
4Nachdem für den Behandlungszeitraum vom 25.03.2011 bis 16.04.2013 für Rechnungen von Dr. C. mit einer Gesamtsumme von mehr als 21.000,00 € als beihilfefähig berücksichtigt worden waren, wies das beklagte Land mit Beihilfebescheid vom 11.06.2013 darauf hin, dass für die Rechnungen von Dr. C. unter Zurückstellung von Bedenken (ggf. letztmalig) ohne amtsärztliche Überprüfung eine Berücksichtigung erfolgt sei.
5Mit Beihilfeantrag vom 06.12.2013 begehrte der Kläger Beihilfen für Rechnungen vom 23.05.2013, 17.06.2013, 03.07.2013 und 16.10.2013 über einen Gesamtbetrag in Höhe von 3.515,82 € (70 % = 2.461,08 €).
6Das beklagte Land lehnte mit Bescheid vom 17.12.2013 eine Beihilfegewährung für diese Rechnungsbelege ab und wies darauf hin, dass nach vorheriger Mitteilung ohne eine (positive) amtsärztliche Stellungnahme zur angewandten Therapie keine Beihilfen mehr gewährt werden könnten.
7Dem Beihilfeantrag vom 06.12.2013 war ein umfangreicher Schriftverkehr der Beihilfestelle mit Dr. C. als behandelndem Arzt und Vertreter des Klägers vorausgegangen.
8Mit Schreiben vom 20.07.2013 hatte Dr. C. die Erklärung des Klägers über die Entbindung des behandelnden Arztes von der Schweigepflicht eingereicht und für den Kläger geltend gemacht, sein ärztlicher Bericht sowie die zusätzlichen Diagnoseerläuterungen seien eine ausreichende Gutachtengrundlage. Er hatte ein Scheiben vom 28.03.2012 mit einen Bericht betreffend den Verlauf der Behandlung seit dem 25.03.2011 einschließlich acht Krankheitsdiagnosen beigefügt (1. progredienter Verlauf einer exfoliativen Dermatitis, 2. Niereninsuffizienz, Glomerulonephritis, Hyperurikämie, periphere Ödembildung, 3. Polyneuropathie, 4. Chronische Gelenkergüsse, 5. Bakterielle Infektionen, 6. Viruelle Infektionen, 7. Chronische Tonsillitis, 8. Rheumatoide Arthritis). Nach Einschätzung von Dr. C. seien die Laboruntersuchungen zur Therapiebeurteilung indiziert gewesen.
9Das beklagte Land hatte hierauf den Amtsarzt S. vom Kreis F. mit der Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens zu der Frage der Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlung durch Dr. C. beauftragt. Der Amtsarzt hatte mehrfach Dr. C. vergeblich um Übersendung weiterer Unterlagen gebeten. So waren insbesondere mit E-Mail vom 11.09.2013 dringend ärztliche Befunde, Ausdruck aus der Praxissoftware ab Mitte 2011, Ergebnisse veranlasster Labordienstleistungen, s/w-Kopien von thermographischen Untersuchungen, Ultraschall- und Doppleruntersuchungen angefordert worden.
10Mit Schreiben vom 24.10.2013 und 15.11.2013 hatte der Amtsarzt dem Beklagten mitgeteilt, dass Dr. C. der Bitte um Einreichung weiterer Unterlagen nicht nachgekommen sei. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen und bei mangelnder Kooperation des Arztes sei die Erstellung eines aussagekräftigen Gutachtens nicht möglich. Einzelne abgerechnete Leistungen seien schwer mit einem spezifischen Krankheitsbild in Einklang zu bringen; sie beträfen unterschiedliche Formenkreise. So würden neben allgemein-medizinischen Leistungen auch solche aus dem urologischen und orthopädischen Formenkreis abgerechnet. Bei einzelnen Abrechnungsziffern sei nicht sicher auszuschließen, dass sie nicht durch Leistungen in einer anderen Abrechnungsziffer bereits abgegolten seien. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen könne er eine Begründung der abgerechneten Leistungen nicht erkennen; ein leitlinienkonformes Vorgehen zeichne sich aufgrund der Unterlagen nicht ab. Über diese Schreiben des Amtsarztes waren der Kläger und Dr. C. - mit der Ankündigung einer Versagung von Beihilfen für die streitbefangenen Rechnungen - mit Schreiben vom 22.11.2013 in Kenntnis gesetzt worden.
11Der Kläger legte gegen den Bescheid vom 17.12.2013 durch Schreiben vom 05.01.2014 von Dr. C. Widerspruch ein und machte geltend, die Beihilfestelle habe keine Kompetenz zur pauschalen vollständigen Leistungsverweigerung. Sie müsse Leistungsverweigerungen dezidiert begründen.
12Den Widerspruch des Klägers wies das beklagte Land mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2014 zurück und führte aus, es habe keine amtsärztliche Stellungnahme eingeholt werden können, da die erforderlichen Angaben und Unterlagen dem Amtsarzt nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Bei Zweifeln an der Erforderlichkeit oder Angemessenheit des Umfangs von Aufwendungen entscheide die Beihilfefestsetzungsstelle. Sie könne in solchen Fällen auch ein amtsärztliches Gutachten einholen. Hieraus ergebe sich zwanglos, dass die Erforderlichkeit ärztlicher Verordnungen in jedem Einzelfall der Feststellung durch die Beihilfestelle bedürfe und im Zweifelsfall der amtsärztliche Dienst eingeschaltet werden könne. Vorliegend bestehe ein solcher Zweifelsfall, wenn man die angefallenen Aufwendungen seit Juni 2011 in den Blick nehme. Der Kläger habe zwar sein Einverständnis zur Einholung des Gutachtens erteilt. Sein Arzt und Bevollmächtigter habe aber durch fehlende bzw. unzureichende Kooperation und Mitwirkung das Zustandekommen eines aussagefähigen Gutachtens verhindert. Die Beihilfe sei daher unter Berücksichtigung der Zweifel der Beihilfestelle festzusetzen gewesen.
13Der Kläger hat am 13.06.2014 Klage beim Verwaltungsgericht L. erhoben. Mit Beschluss vom 11.08.2014 ist das Verfahren an das Verwaltungsgericht B. verwiesen worden.
14Der Kläger trägt vor, es sei nicht zulässig, Beihilfeleistungen ohne eine auf Einzelpositionen bezogene Begründung pauschal zu versagen. Aus Gründen der Beweislast, Eingrenzung der gutachterlichen Arbeit und prozessökonomischen Gründen sei es geboten, für jede nicht anerkannte Liquidationsposition deren fehlende Notwendigkeit dezidiert darzulegen. Für Versicherungsleistungen gelte im Zivilrecht die Beweislastregelung, dass bei Kürzungen unter Hinweis auf fehlende Notwendigkeit oder Angemessenheit, die Versicherung die Beweislast trage. Entsprechendes gelte im Beihilferecht. Sachgerecht wäre es, zunächst Beihilfe für unstreitige Positionen zu gewähren und im Übrigen eine nachträgliche Erläuterung hinsichtlich noch unklarer Positionen zu fordern. Erst im Falle begründeter und fortbestehender Zweifel, die medizinisch nachvollziehbar sein müssten, sei eine Begutachtung (mittels Sachverständigen oder Amtsärzten) einzuholen.
15Die Beklagte habe es versäumt, einzelne Positionen als unklar zu kennzeichnen und die Ablehnung von Beihilfen dezidiert zu begründen. Maßgeblich für die Bestimmung der Notwendigkeit einer Begutachtung einzelner GOÄ-Positionen sei die zivilgerichtliche Rechtsprechung. Nach beihilferechtlicher Rechtsprechung komme es im Übrigen zunächst auf die Einschätzung des behandelnden Arztes hinsichtlich der Notwendigkeit an. Die ärztliche Abrechnung nebst Dokumentation indiziere deren Korrektheit. Auch die Extrakorporale Stoßwellentherapie sei bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen von Beihilfestellen als beihilfefähig berücksichtigt worden.
16Die Beklagte habe am 28.03.2012 eine Krankendokumentation einschließlich Bildmaterial erhalten; ferner seien die Liquidationen erläutert worden. Bei akuten Erkrankungen seien diese an den jeweiligen Behandlungstagen in den Liquidationen spezifiziert worden. Die Rechnungen würden entgegen der Darstellung des Beklagten Diagnosen enthalten wie z.B. "Schub rA", "Thoraxschmerz" oder "Tendinosis calcarea". Die Beklagte habe im Zeitraum vom 20.06.2011 bis zum 16.04.2013 gestellte 22 Rechnungen kürzungslos anerkannt.
17Mangels konkreter Benennung nicht nachvollziehbarer Abrechnungspositionen und fehlenden Angaben über Datenspeicherung habe die Beklagte das Vertrauen des Klägers beeinträchtigt. Die Ursache der Leistungsverweigerung liege nicht in der Erkrankung des Klägers, sondern in einem Boykott der Praxis des Behandlers durch die Beihilfestelle in Absprache mit anderen Behörden.
18Auch die von Dr. C. gestellten Anforderungen an den Gutachter habe die Beklagte zunächst nicht erfüllt bzw. eingehalten. Sie habe zunächst einen unbestimmten Untersuchungszeitraum vorgegeben. Dies sei erst mit Schreiben vom 11.02.2014 abgeändert worden. Die Änderungen seien aber dem Gesundheitsamt nicht mitgeteilt worden. Die Beihilfestelle habe dem Gutachter lediglich die Liquidationen zur Verfügung gestellt, nicht aber die beigefügten ärztlichen Berichte. Der Amtsarzt habe gewusst, dass noch Korrespondenz betreffend die Schweigepflicht zwischen dem Kläger und dem Beklagten ausgestanden habe; dennoch habe er mit den Ausführungen vom 15.11.2013 vorgegriffen. Zudem habe er über seine Gutachter-Qualifikation getäuscht, die Voraussetzung für die Schweigepflichtsentbindung gewesen sei. Er sei lediglich Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin.
19Der Kläger beantragt,
20das beklagte Land Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.12.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 zu verpflichten ihm eine Beihilfe in Höhe von 2.461,08 € zu gewähren.
21Das beklagte Land beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Das beklagte Land nimmt zur Begründung auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid und in dem Widerspruchsbescheid Bezug und trägt ergänzend vor, es bestehe kein Beihilfeanspruch. Der Kläger sei bemüht, eine Beihilfeanspruch "auf Zuruf" zu konstruieren. Unzutreffend sei es, wenn der Kläger ausführe, die Beihilfestelle sei gehalten, einzelne abgelehnte Abrechnungspositionen anzugreifen und fehlende medizinische Indikationen darzulegen.
24§ 77 Abs. 3 LBG NRW setze bereits notwendige und angemessene Aufwendungen voraus. Die Beihilfestelle sei berechtigt und verpflichtet, die Notwendigkeit und Angemessenheit zu überprüfen. Weder im maßgeblichen Landesbeihilferecht noch im Bundesbeihilferecht genüge die bloße Vorlage von Originalrechnungsbelegen, um die Notwendigkeit und Angemessenheit der Rechnungen darzutun und einen Beihilfeanspruch zu begründen. Der Hinweis auf die zivil- und versicherungsrechtlichen Entscheidungen sei nicht weiterführend. Die materielle Beweislast (d.h. das Risiko, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht feststellbar seien) trage der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen.
25Der Kläger habe über einen langen Zeitraum hinweg regelmäßig in kurzen Abständen für ambulante Behandlungen außergewöhnlich hohe Aufwendungen getätigt. Trotz entsprechenden Hinweises des beklagten Landes habe keine amtsärztliche Untersuchung erfolgen können. Dr. C. habe mehrfach die erbetenen Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt. Ohne diese oder anderweitige Erläuterungen sei nicht nachvollziehbar, ob die abgerechneten Leistungen notwendig gewesen seien. Die Behörde sei nicht zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung verpflichtet gewesen, um bestehende Zweifel auszuräumen. Einzelheiten zur Behandlung (z.B. wegen welcher Leiden welche Maßnahmen ergriffen worden seien) könne nur der Behandler darlegen, habe dies aber nicht getan. Die Behörde genüge ihrer Sachverhaltsaufklärungspflicht, wenn sie dem Beihilfeberechtigten Gelegenheit gebe, bestehende Zweifel auszuräumen.
26Hinsichtlich der Beihilfegewährung an sich bestehe kein Ermessen, allenfalls bezüglich der Konkretisierung der Fürsorgepflicht. Ein Ausnahmefall, in dem die Anwendung der Beihilfevorschriften unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht zu nicht hinnehmbaren Härten führe, liege ersichtlich nicht vor.
27Soweit sich Diagnosen aus Liquidationen ergeben hätten, seien sie berücksichtigt worden. Für das "undatierte " Attest sei zugunsten des Klägers unterstellt worden, dass die darin genannten Diagnosen den jeweiligen Behandlungen zugrunde gelegen hätten. Der Amtsarzt habe den Arztbericht vom 28.03.2012 zur Verfügung gehabt und das Schreiben vom 20.07.2013. Auch das undatierte Attest habe dem Amtsarzt vorgelegen. Im Hinblick darauf, dass der Kläger konkret vom Amtsarzt benötigte Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt habe bzw. durch Dr. C. habe überreichen lassen, sei eine positive Feststellung der Notwendigkeit und Angemessenheit der streitbefangenen Aufwendungen nicht möglich gewesen.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang (Beihilfe- und Widerspruchsheft) des Oberlandesgerichts L. (Beihilfestelle) Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe:
30Die Klage ist nicht begründet.
31Der angefochtene Bescheid vom 17.12.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die ärztlichen Behandlungen bei Dr. C. bezüglich der streitbefangenen Rechnungen.
32Der behauptete Anspruch findet in § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfälle - BVO NRW - in der Fassung der Verordnung vom 5. November 2009 in Verbindung mit § 77 Abs. 3 LBG NRW keine Stütze. Nach dieser Grundregel sind beihilfefähig die notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfange in Krankheitsfällen unter anderem zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden, zur Beseitigung oder zum Ausgleich angeborener oder erworbener Körperschäden.
33Dem Kläger kann für die streitbefangenen Rechnungsbelege keine Beihilfe gewährt werden, da die Notwendigkeit und Angemessenheit der darin enthaltenen Rechnungspositionen zweifelhaft sind und der Kläger beweispflichtig geblieben ist.
34Ob Aufwendungen gem. § 3 Abs. 1 BVO NRW notwendig sind, richtet sich danach, ob sie medizinisch geboten sind. Der Dienstherr ist nur gehalten, eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall zu gewährleisten. Kosten für lediglich nützliche, aber medizinisch nicht gebotene Maßnahmen muss der Beihilfeberechtigte selbst zahlen.
35Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 129/07 -, juris; und Urteil vom 28. Mai 2008 – 2 C 24.07 -, ZBR 2009, 41f; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. November 2002 – 2 BvR 1053/98 -, BVerfGE 106, 225, 233; Mohr/Sabolewski, Beihilfenrecht Nordrhein-Westfalen, Loseblattkommentar, Stand: März 2012, Band I, B I § 3 Anm. 1, Bl. B 39.
36Eine medizinische Notwendigkeit ist nicht schon dann zu bejahen, wenn sie einen qualifizierten Behandlungserfolg zu erzielen geeignet ist. Vielmehr muss die Behandlungsmaßnahme aus medizinischen Gründen unerlässlich sein, das heißt indiziert sein.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.04.2012 - 1 A 1382/10 -, Mohr/Sabolewski, a.a.O., § 3 Anm. 1, Bl. B 39.
38Über die Notwendigkeit und die wirtschaftliche Angemessenheit von Aufwendungen entscheidet die Beihilfestelle (§ 3 Abs. 2 Satz 1 BVO NRW). Sie kann bei Zweifeln über die Notwendigkeit und den wirtschaftlich angemessenen Umfang ein Gutachten eines Amts- oder Vertrauensarztes einholen (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 BVO NRW). Zwar ist zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen,
39vgl. BVerwG, Urt. vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 -; VGH BW, Urteil vom 12.10.2010 - 10 S 2565/08 -, juris Rn. 24 (zur Bedeutung der Einschätzung des behandelnden Arztes).
40jedoch steht der behandelnde Arzt den Verfahrensbeteiligten nicht gleichermaßen fern, auch wenn seinen Angaben die Bedeutung eines sachverständigen Zeugen zukommt. Daher räumt § 3 Abs. 2 Satz 2 BVO NRW der Beihilfestelle die Möglichkeit ein, eine selbständige Überprüfung vornehmen zu können, ohne dem behandelnden Arzt in jedem Fall "blind" glauben zu müssen. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass es für die Frage der medizinischen Notwendigkeit auf objektive Kriterien ankommen muss, nicht aber auf die subjektive Ansicht des behandelnden Arztes. Die Notwendigkeit ergibt sich danach nicht unmittelbar aus einer entsprechenden ärztlichen Verordnung, sondern wird von der Beihilfestelle festgestellt und unterliegt uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle.
41Vgl. VGH BW, Urteil vom 24.11.2011 - 2 S 2295/10 -, juris Rn. 29; OVG NRW, Urteil vom 10.03.2006 - 1 A 1142/04 -, juris Rn. 36.
42Entgegen der Einschätzung des Klägers kann im vorliegenden Fall - insbesondere unter Berücksichtigung der Behandlungsbelege von Dr. C. - nicht aufgrund dessen Rechnungslegung oder seiner Behandlungsdiagnosen auf die Notwendigkeit und Angemessenheit der erfolgten Arztbehandlungen geschlossen werden. Vielmehr hat die Beihilfestelle aus Sicht der Kammer zu Recht die Notwendigkeit und Angemessenheit der in Rede stehenden Aufwendungen bezweifelt und daher den amtsärztlichen Dienst zu deren Ausräumung eingeschaltet. Die Entscheidung ob und in welchem Umfang die Notwendigkeit und Angemessenheit der ärztlichen Behandlung einer Überprüfung unterzogen wird, ist grundsätzlich von der Beihilfestelle zu beurteilen. Insoweit liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beihilfestelle vorliegend - gleichsam willkürlich - eine Überprüfung der streitbefangenen Rechnungsbelege vorgenommen hat. Die Zweifel des beklagten Landes beruhen vielmehr darauf, dass für den Kläger im Zeitraum vom Frühjahr 2011 bis Sommer 2013 aufgrund einer im Wesentlichen allgemeinmedizinischen Behandlung bei Dr. C. sehr hohe Behandlungskosten von mehr als 24.000,00 € angefallen sind. Bei den diagnostizierten Krankheitsbildern handelt es sich nicht um solche, wo ohnehin eine erhöhte engmaschige ärztliche Betreuung indiziert wäre, wie z.B. bei Krebserkrankungen im fortgeschrittenen Stadium, schwere Herzerkrankungen oder Schlaganfallleiden. Hinzu kommt, dass der Kläger oftmals in dem Zeitraum von 2011 bis 2013 in sehr kurzen Zeitabständen zahlreiche Behandlungstermine wahrgenommen hat (z.B. am 23.04.13, 24.04.2013, 26.04.2013 und 30.04.2013; sowie am 13.05.2013, 14.05.2013, 17.05.2013, 20.05.2013 und 22.05.2013). Kennzeichnend ist ferner, dass ein sehr hoher Untersuchungs- und Diagnoseaufwand wiederkehrend betrieben worden ist.
43Bereits eine auffällige Häufung an Arztterminen kann Zweifel an Notwendigkeit und Angemessenheit rechtfertigen.
44Vgl. VG Ansbach 12.03.13 - AN 1 K 11.01803 -, juris, Rn. 95
45Im Fall des Klägers kommt hinzu, dass bei zahlreichen Terminen kostenintensive elektronische Infrarotmessungen ohne Benennung eines speziellen diagnostischen Grundes durchgeführt wurden; entsprechendes gilt hinsichtlich Ultraschalluntersuchungen an diversen Organen, wobei in den Rechnungen häufig keine Benennung der behandelten Region erfolgte; ferner wurden elektromyographische Untersuchungen der Nerven und Nervenleitgeschwindigkeit sowie eine umfangreiche Labordiagnostik durchgeführt.
46Der in dieser Konstellation bestehenden Obliegenheit zur Mitwirkung hat der Kläger aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht entsprochen. Zwar hat er anfänglich mit Schreiben vom 20.06.2013 den Arzt Dr. C. von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden. Ungeachtet dessen sah sich der von der Beihilfestelle beauftragte Amtsarzt S. nicht in der Lage, die Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlung zu beurteilen, da ihm nur unzureichend Unterlagen über die Behandlung des Klägers zur Verfügung gestellt worden waren. Dr. C. , den der Kläger mit Schreiben vom 24.06.2013 gegenüber der Beihilfestelle auch mit der Verfahrensführung bevollmächtigt hatte, hatte für den Kläger nur auszugweise Auskunft über die erfolgten Behandlungen erteilt und insbesondere nicht die vom Amtsarzt zur Aufklärung angeforderten Unterlagen übersandt. So bat der Amtsarzt laut Schreiben vom 24.10.2013 mehrfach vergeblich um Vorlage von Bildkopien hinsichtlich der Ultraschalluntersuchungen. Auch die Ergebnisse der veranlassten Labordienstleistungen, Praxissoftware und Bildkopien von Doppleruntersuchungen wurden ihm nicht zur Verfügung gestellt. Eine Überprüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der erfolgten Behandlungsschritte lässt sich aber nur durchführen, wenn der amtsärztliche Dienst in geeigneter Form und möglichst vollständig über den Anlass der Behandlung und deren Verlauf unterrichtet wird.
47Vgl. so auch VGH BW, Urt. vom 24.11.2011 - 2 S 2295/10 -, juris, Rn. 29, 31.
48Das Scheitern einer näheren Aufklärung der Notwendigkeit und Angemessenheit durch Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens hat der Kläger zu vertreten. Insbesondere aufgrund nicht ausreichender Mitwirkung bzw. der Verweigerungshaltung des von ihm bevollmächtigten Dr. C. ist es letztlich nicht zu der vom beklagten Land beabsichtigten amtsärztlichen Überprüfung gekommen. Obwohl die Beihilfestelle Dr. C. mit Schreiben vom 30.08.2013 ausdrücklich mitgeteilt hatte, es sei nicht beabsichtigt, Beihilfegewährungen aus der Vergangenheit aufzugreifen und frühere Rechnungen seien dem Amtsarzt lediglich zwecks besserem Verständnis zugänglich gemacht worden, reichte Dr. C. in der Folgezeit keine konkreten Unterlagen über den Behandlungsverlauf mehr ein. Er behielt diese Haltung auch in Kenntnis der Schreiben des Amtsarztes vom 24.10.2013 und 15.11.2013 - wonach dieser Kooperation vermisste und aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen kein leitlinienkonformes Vorgehen feststellen konnte - bei. Weder im Widerspruchsverfahren noch im Laufe des Klageverfahren war der Kläger bzw. Dr. C. (dessen Handeln sich der Kläger aufgrund Vollmachtserteilung zurechnen lassen muss) bereit, weitere Behandlungsunterlagen zur Verfügung zu stellen. Den Ausführungen zur Klagebegründung vom 21.06.2015 ist vielmehr zu entnehmen, dass bereits seit seinem Schreiben vom 04.03.2014 von einer Aufhebung der Befreiung von der Schweigepflicht auszugehen sein soll. Auch dies macht deutlich, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch Gutachteneinholung nicht gewollt ist und daher vom Kläger unterbunden wird.
49Es ist weder ersichtlich noch dargetan, dass der Kläger berechtigt war, die Vorlage der angeforderten Unterlagen zu verweigern. Denn die zuvor zur Verfügung gestellten Unterlagen des behandelnden Arztes ermöglichten dem Amtsarzt keine Gutachtenerstellung zur Frage der Notwendigkeit und Angemessenheit, wovon der Kläger und der behandelnde Arzt aufgrund Schreiben des beklagten Landes vom 22.11.2013 Kenntnis hatten.
50Die Beihilfestelle war - entgegen der Einschätzung des Klägers - im vorliegenden Fall auch nicht etwa gehalten, zunächst ihm gegenüber einzelne Rechnungspositionen mit der Bitte um weitere Diagnosebegründungen zu benennen. Im Hinblick auf die oben aufgezeigten Gründe für die umfassenden Zweifel an der Notwendigkeit und Angemessenheit sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für zahlreiche Rechnungspositionen die Angaben zum Behandlungsgrund gänzlich fehlten oder nur pauschal als Diagnosekatalog beigefügt waren, bedurfte es keiner Aufzählung sämtlicher Einzelpositionen durch die Beihilfestelle mehr, um den umfassenden Nachfragebedarf zu erläutern. Auch soweit in den streitbefangenen Rechnungsbelegen einzelne Behandlungsmaßnahmen gelegentlich mit einer Diagnosestellung versehen waren, vermochte der Amtsarzt aufgrund der ihm zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen nicht deren Notwendigkeit und Angemessenheit feststellen zu können. Insbesondere vermochte er anhand der vorliegenden Unterlagen keine Begründung der abgerechneten Leistungen zu erkennen; auch ein leitlinienkonformes Vorgehen zeichnete sich aufgrund der Unterlagen für ihn nicht ab. Mangels Feststellbarkeit leitlinienkonforme Behandlungen können auch nicht etwa einzelne Teilbehandlungsschritte aus den Abrechungskomplexen "herausgegriffen" werden und als beihilfefähig abgerechnet werden. Soweit der Kläger nunmehr lediglich auf zum Teil erfolgte Benennungen von Diagnosen in den streitbefangenen Rechnungen verweist, aber keine näheren Erläuterungen durch Dr. C. erfolgten und zahlreiche angeforderte Unterlagen dem Amtsarzt nicht zur Verfügung gestellt wurden, fällt es in die Obliegenheit des Klägers, wenn die Notwendigkeit und Erforderlichkeit von Behandlungsmaßnahmen sich nicht überprüfen ließ und Zweifel verblieben.
51Eine Verweigerung der Mitwirkung lässt sich auch nicht unter Hinweis auf eine fehlende Qualifikation des Amtsarztes rechtfertigen. Soweit der Kläger geltend macht, der Amtsarzt S. verfüge nicht über eine ausreichende Qualifikation, da er Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin sei, verfängt dies Argument nicht. Als Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen, der zudem über zahlreiche Zertifikate der Ärztekammer z.B. für medizinische Begutachtung, Ultraschalldiagnostik etc. verfügt, steht die Qualifikation des von der Beihilfestelle beauftragten Amtsarztes zur Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlungsmaßnahmen von Dr. C. für die Kammer außer Frage. Um die Notwendigkeit und Angemessenheit ärztlicher Behandlungsmaßnahmen beurteilen zu können, ist es zudem nicht erforderlich, dass der Sachverständige oder Amtsarzt selbst in dem zu begutachtenden ärztlichen Tätigkeitsfeld früher praktiziert hat. Im Übrigen geht es vorliegend nicht um die Beurteilung fachärztlicher Behandlungen, sondern lediglich um die von Dr. C. als Allgemeinmediziner durchgeführten Behandlungen.
52Entsprechendes gilt, soweit der Kläger geltend machen will, aufgrund ihm vorliegender sicherer Erkenntnisse über Absprachen der Beihilfestelle mit anderen Behörden die Übersendung von Behandlungsunterlagen zu Recht verweigert zu haben. Dementsprechend hatte er in seinem Schreiben vom 04.03.2014 geltend gemacht, die Beihilfestelle nehme Leistungsprüfungen in Absprache mit anderen Behörden vor und verweigere ihm deshalb Akteneinsicht. Derartige Vorhalte des Klägers gegenüber der Beihilfestelle erwiesen sich in der mündlichen Verhandlung als schlichte Mutmaßungen "ins Blaue hinein" und waren haltlos. Abgesehen hiervon macht bereits die Bewilligung von Beihilfen für die seit dem Jahre 2011 bis zum Frühjahr 2013 angefallenen Rechnungen von Dr. C. (mit einem Gesamtrechnungsbetrag von mehr als 20.000 €) deutlich, dass von einer "Absprache" mit anderen Beihilfestellen oder Leistungsträgern keine Rede sein kann.
53Die erkennende Kammer war auch nicht gehalten, im Hinblick darauf, dass der Amtsarzt im Verwaltungsverfahren in seinem amtsärztlichen Gutachten mangels ausreichender Mitwirkung des Klägers kaum inhaltlichen Aussagen hatte treffen können, durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens den Sachverhalt weiter aufzuklären. Denn der Kläger hat weder im Widerspruchsverfahren noch im Klageverfahren die Möglichkeit genutzt, gegebenenfalls die getroffenen Diagnosen durch Vorlage von Behandlungsunterlagen zu erhärten. Zudem macht sein Vortrag zur Aufhebung von der Befreiung von der Schweigepflicht deutlich, dass von einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch Gutachteneinholung abzusehen sei. Damit hat es sein Bewenden.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708, 711 ZPO.
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Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.