Sozialgericht Würzburg Urteil, 27. Feb. 2017 - S 10 AS 400/16 WA

published on 27/02/2017 00:00
Sozialgericht Würzburg Urteil, 27. Feb. 2017 - S 10 AS 400/16 WA
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Gericht

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Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch die Zurücknahme der Klage erledigt worden ist.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der vom Beklagten zu gewährenden Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 29.02.2016.

Der 1957 geborene Kläger steht beim Beklagten bereits seit längerem im Bezug der vorgenannten Leistungen.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 03.08.2015 hin mit Bescheid vom 22.09.2015 laufende Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01.08.2015 bis zum 31.08.2015 sowie für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 29.02.2016 in Höhe von monatlich jeweils 670,73 EUR. Als angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung erkannte der Beklagte dabei jeweils einen monatlichen Betrag von 271,73 EUR an. Die Nichtbewilligung von Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2015 bis zum 31.12.2015 beruhte auf zwei Sanktionsbescheiden vom 11.08.2015 und 15.09.2015, welche jeweils den vollumfänglichen Wegfall von Leistungen feststellten.

Durch Änderungsbescheid vom 29.11.2015 erhöhte der Beklagte die bislang bewilligten Leistungen für die beiden Monate Januar und Februar 2016 wegen der jährlichen Regelbedarfsanpassung auf nunmehr monatlich 675,73 EUR.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 09.12.2015 verfügte der Beklagte für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 29.02.2016 dagegen eine Verringerung der monatlichen Leistungen auf einen Betrag von 666,90 EUR (wegen einer Anpassung der anerkannten monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung auf monatlich 262,90 EUR).

Während der Bescheid vom 22.09.2015 bzw. der Änderungsbescheid vom 29.11.2015 zunächst unangefochten blieben, legte der Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 09.12.2015 Widerspruch ein (Schreiben vom 06.01.2016).

Der Widerspruch wurde vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid ist dem Kläger nach dessen Angaben am 29.01.2016 zugegangen.

Der Kläger erhob gegen den Widerspruchsbescheid am 29.02.2016 vor dem erkennenden Gericht Klage (Az.: S 10 AS 84/16). Er machte dabei geltend, dass ihm die im Änderungsbescheid vom 09.12.2015 erwähnten Bescheide vom 22.09.2015 und vom 29.11.2015 nicht bekannt seien. Später erklärte er, dass er gegen die Bescheide vom 22.09.2015 und 29.11.2015 zwischenzeitlich Widerspruch erhoben habe.

In einem Erörterungstermin am 06.07.2016 in Schweinfurt erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt, nachdem die Beteiligten verfahrenstechnische Absprachen mit Bezug auf die Widersprüche gegen die Bescheide vom 22.09.2015 bzw. 29.11.2015 getroffen hatten.

Unter dem 08.08.2016 erklärte der Kläger in einem Schreiben an das Gericht, dass er das Verfahren nicht für erledigt erklärt habe. An dieser Darstellung hielt er auch in einem nachfolgenden Erörterungstermin am 30.08.2016 fest.

Der Kläger beantragt sinngemäß wohl, den Bescheid vom 09.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Entscheidung fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Gründe

<<>Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Fortsetzung des Klageverfahrens ist zulässig, aber nicht begründet, denn dieses Verfahren ist durch die eindeutige Erledigterklärung im Erörterungstermin am 06.07.2016 wirksam beendet worden. Die Rücknahme der Klage erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache, § 102 Abs. 1 S. 2 SGG. Dabei sind - so wie auch im vorliegenden Verfahren - Erledigterklärungen in kostenfreien Verfahren nach § 183 SGG als Klagerücknahme auszulegen (vgl. auch Wehrhahn, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. (2014), § 102 Rn. 2).

Der Kläger kann die Rücknahme auch nicht entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften (§§ 119, 123 BGB) anfechten, denn diese ist eine gestaltende Prozesshandlung, auf die die Vorschriften des BGB über Nichtigkeit, Widerruf und Anfechtung grundsätzlich nicht anwendbar sind (vgl. Bayer. LSG, Urteil vom 30.04.2013, Az.: L 13 R 108/13, Rn. 25 m.w.N.).

Die Wirkung der Klagerücknahme kann allenfalls dann wieder beseitigt werden, wenn ein gesetzlicher Restitutionsgrund (§ 179 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 579, 580 ZPO) gegeben wäre oder ein erkennbarer Verstoß gegen Treu und Glauben vorläge. Beides ist nicht der Fall.

Soweit der Kläger pauschal vorträgt, dass er den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt habe, ist dies ausweislich der Niederschrift über den Erörterungstermin am 06.07.2016 unzutreffend und stellt somit auch keinen ausreichenden Grund für eine Wiederaufnahme des bereits abgeschlossenen Verfahrens dar.

Es ist daher festzustellen, dass das Klageverfahren durch die wirksame Erklärung des Klägers am 06.07.2016 erledigt worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Annotations

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozeßordnung wieder aufgenommen werden.

(2) Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.

(3) Auf Antrag kann das Gericht anordnen, daß die gewährten Leistungen zurückzuerstatten sind.

(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(2) In den Fällen der Nummern 1, 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.