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Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
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Zu entscheiden ist im Berufungsverfahren über die Höhe des dem Kläger in der Zeit vom 1. bis 29. August 2004 zustehenden Alg, wobei der Streit vornehmlich darüber geführt wird, ob die Minderung der Leistung im genannten Zeitraum rechtmäßig war. Diesbezüglich ist durch die Prozesserklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 12. Mai 2005 geklärt, dass sich der Minderungsbetrag des Alg (entsprechend den Hinweisen im Schreiben der ArbA vom 30. Juli 2004) tatsächlich – entgegen dem insoweit möglicherweise missverständlich tenorierten angefochtenen Urteil des SG Stuttgart vom 26. Januar 2005 – auf insgesamt lediglich EUR 560,00, also nicht auf täglich EUR 19,74 in der streitbefangenen Zeit (das wären EUR 572,46), belaufen hat. Nur jener Minderungsbetrag ist hier umstritten.
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Gemäß § 95 SGG sind Gegenstand des Verfahrens – wie das SG zutreffend erkannt hat – neben dem Bescheid vom 3. August 2004 und dem Widerspruchsbescheid vom 12. August 2004 auch das Schreiben der ArbA vom 30. Juli 2004. Dabei kann dahinstehen, ob dieses Schreiben überhaupt eine Regelung im Sinne des § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch getroffen hat (verneinend zu einem im Wesentlichen gleichlautenden Erläuterungsschreiben LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 3. November 2004 – L 5 AL 3835/04 –, rechtskräftig ); denn jedenfalls hatte der genannte Widerspruchsbescheid ihm die "Gestalt" eines Verwaltungsakts gegeben (vgl. hierzu Bundessozialgericht SozR 3-1300 § 50 Nr. 13 S. 33; ferner Bundesverwaltungsgericht BVerwGE 78, 3 ff.). Dass der Widerspruchsbescheid vom 12. August 2004 den Bescheid vom 3. August 2004 nicht beachtet hat, stellt wegen § 86 SGG kein prozessuales Hindernis für eine Sachentscheidung dar; vielmehr ist die Sache mit der Erhebung der Klage auf das SG übergegangen (vgl. BSG, Urteil vom 24. August 1988 – 7 RAr 74/86 –; ferner Urteil vom 15. November 1995 – 7 RAr 12/95 – ). Den Regelungsinhalt der angefochtenen Verwaltungsakte möchte der Kläger nicht hinnehmen, soweit es um den Gesamtminderungsbetrag von EUR 560,00 geht, denn nur dieser Betrag wurde auf das halbe Alg in der Zeit vom 1. bis 29. August 2004 angerechnet.
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Dem erhobenen Anspruch des Klägers steht nicht entgegen, dass über sein Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2003 das vereinfachte Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Zwar gelten auch für einen solchen Schuldner über § 304 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO) grundsätzlich die Regelungen der §§ 80 f. InsO. Die hier streitbefangene Leistung fällt indes von vornherein nicht in die Insolvenzmasse (§ 35 InsO), denn hierzu zählt wegen § 36 Abs. 1 InsO nur der pfändbare Anteil des Alg (vgl. dazu BSGE 92, 1, 2 = SozR 4-1200 § 52 Nr. 2 Rdnr. 5), nicht jedoch die über § 850 c der Zivilprozessordnung (ZPO) unpfändbaren Beträge. Bereits das ungekürzte Alg für den Monat August 2004 wäre indes – bei einem sodann zu errechnenden täglichen Leistungssatz von EUR 39,49 (wöchentlich EUR 276,43) – nach der Anlage zu § 850 c ZPO unpfändbar, und zwar unabhängig davon, ob die Tages-, Wochen- oder Monatstabelle (vgl. hierzu BSGE 70, 280 ff. = SozR 3-1200 § 53 Nr. 5) herangezogen würde. Die Rechte der Treuhänderin oder der Insolvenzgläubiger werden daher von vornherein nicht berührt (vgl. in anderem Zusammenhang BSG SozR 4100 § 138 Nr. 13 S. 50). Die Klagebefugnis ist mithin gegeben. Der Kläger vermag auch in der Sache mit seinem Begehren durchzudringen.
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Anspruch auf Alg haben nach § 117 SGB III (in der hier noch anzuwendenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 2004 – AFRG – ) Arbeitnehmer, die (1.) arbeitslos (vgl. §§ 118 ff. SGB III ) sind, (2.) sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet (vgl. § 122 Abs. 1 SGB III) und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt (vgl. §§ 123 Satz 1, 124 Abs. 1 SGB III) haben. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger in der streitbefangenen Zeit vor; auch die Beklagte bezweifelt das nicht. Der Kläger hatte mithin in der Zeit vom 1. bis 29. August 2004 Anspruch auf Alg; dieses durfte von der Beklagten auch nicht um den hier umstrittenen Gesamtminderungsbetrag von EUR 560,00 – in Form der Anrechnung auf das halbe Alg pro Tag – gekürzt werden. Den Leistungssatz des Alg hat die Beklagte unter Heranziehung des § 130 Abs. 1 SGB III (Fassung bis 31. Dezember 2004) nach dem im Bemessungsrahmen (1. August 2003 bis 31. Juli 2004) abgerechneten Entgelt für die Monate August 2003 bis Juni 2004 von insgesamt EUR 26.723,35 (vgl. dazu BSGE 77, 244 ff. = SozR 3-4100 § 112 Nr. 24; BSG SozR 4-4300 § 416 a Nr. 1), des sich daraus nach § 132 SGB III (Fassung bis 31. Dezember 2004) ergebenden wöchentlichen Bemessungsentgelts (gerundet EUR 560,00), der Leistungsgruppe C (§ 137 Abs. 2 Nr. 3 SGB III) sowie dem Prozentsatz von 67 des Leistungsentgelts (§ 136 SGB III) nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2004 (BGBl. I 2003 S. 3100) zutreffend mit EUR 276,43, das sind täglich EUR 39,39, ermittelt.
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Der Kläger hat Anspruch auf das ungeminderte Alg nicht nur für den 30. und 31. August 2004, sondern auch für den Zeitraum vom 1. bis 29. August 2004. Die Voraussetzungen für eine Minderung der Leistung nach § 140 SGB III (in der mit Wirkung vom 1. Juli 2003 in Kraft gesetzten Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 – 1. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt – ) liegen nicht vor.
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Hat sich der Arbeitslose entgegen § 37 b SGB III nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, so mindert sich nach § 140 Abs. 1 Satz 1 SGB III das Alg, das dem Arbeitslosen auf Grund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung beträgt nach Satz 2 a. a. O. bei einem Bemessungsentgelt von über EUR 400,00 bis zu EUR 700,00 EUR 35,00 für jeden Tag der verspäteten Meldung. Die Minderung ist auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet (Satz 3 a. a. O.). Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der sich nach den Sätzen 2 und 3 ergibt, auf das halbe Alg angerechnet wird. Die Vorschrift des § 37 b SGB III (ebenfalls mit Wirkung vom 1. Juli 2003 eingefügt durch das 1. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt), auf welche § 140 SGB III Bezug nimmt, bestimmt in ihrer ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung durch das 3. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt Folgendes: Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, sind verpflichtet, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden (§ 37 b Satz 1 SGB III). Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen (Satz 2 a. a. O.). Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird; die Pflicht zur Meldung besteht nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis (Sätze 3 und 4 a. a. O.).
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Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN zu § 140 SGB III (vgl. BT-Drucksache 15/25 S. 31) stellt die genannte Vorschrift einen pauschalen Schadensausgleich der Versichertengemeinschaft dar; geregelt werden sollten hiermit die leistungsrechtlichen Konsequenzen für Bezieher von Alg, die ihre Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung beim Arbeitsamt verletzt haben, denn Arbeitnehmer, die das Arbeitsamt nicht rechtzeitig darauf hinwiesen, dass sie der beruflichen Wiedereingliederung bedürften, erhöhten das Risiko der Arbeitslosenversicherung, verzögerten die Einleitung von Vermittlungsbemühungen und nähmen dem Arbeitsamt insoweit die Möglichkeit, den Eintritt des Schadensfalles zu vermeiden bzw. den Umfang des Versicherungsschadens zu reduzieren. Auch in der Gesetzesbegründung zu § 37 b SGB III (BT-Drucksache 15/25 S. 27) wird das Ziel betont, die Eingliederung von Arbeitsuchenden zu beschleunigen und damit Arbeitslosigkeit und Entgeltersatzleistungen der Versichertengemeinschaft möglichst zu vermeiden bzw. die Dauer der Arbeitslosigkeit zu verkürzen.
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Mit der Bestimmung des § 140 SGB III sollte nach allem eine gesetzliche Sanktion (vgl. Spellbrink, in Eicher/Spellbrink, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 37 b Rdnr. 24) in Form der Anspruchsminderung eingeführt werden als Konsequenz einer versäumten frühzeitigen – persönlichen – Meldung (§ 37 b SGB III). Diese – als Obliegenheit ausgestaltete – Handlungspflicht (zum Rechtscharakter derartiger Pflichten vgl. BSGE 84, 270, 273 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 19) und die damit einhergehende gesetzliche Folge sollen unabhängig von der entsprechenden Kenntnis des Versicherten bestehen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2004 – L 3 AL 1267/04 –, nicht rechtskräftig ; Voelzke in Eicher/Spellbrink, a. a. O., § 12 Rdnr. 501; Spellbrink, a. a. O., § 37 b Rdnr. 27, § 140 Rdnrn. 20 ff.; a. A. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2004 – L 12 AL 2249/04 –, nicht rechtskräftig ; Winkler in Gagel, SGB III, § 37 b Rdnr. 7). Schon früher war im Übrigen die besondere Verantwortung der Arbeitnehmer für die Vermeidung von Arbeitslosigkeit durch Nutzung jeder zumutbaren Möglichkeit bei der Suche und Aufnahme einer Beschäftigung allgemein normiert worden (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB III in der Fassung des AFRG), freilich ohne dass die Regelung – ebenso wie die Nachfolgebestimmungen in § 2 Abs. 5 Nr. 2 SGB III (in den Fassungen des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10. Dezember 2001 und des 3. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) – zur echten Obliegenheit ausgestaltet war (vgl. hierzu BSGE 86, 147, 149 = SozR 3-4300 § 156 Nr. 1; BSGE 91, 90 ff. = SozR 4-4300 § 144 Nr. 3; Eicher in Eicher/Spellbrink, a. a. O., § 1 Rdnr. 39). Allerdings war durch Richterrecht bereits zuvor im Zusammenhang mit den Regelungen zur Sperrzeit eine aus dem Versicherungsverhältnis folgende Obliegenheit entwickelt worden, den Eintritt des Versicherungsfalls der Arbeitslosigkeit zu vermeiden, und zwar durch rechtzeitige Einschaltung des Arbeitsamts mit der Bitte um Vermittlung in ein anderes Arbeitsverhältnis und durch eigene Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle (vgl. etwa BSG SozR 3-4100 § 119 Nrn. 14; neuerdings modifizierend BSGE 90, 90 ff. = SozR 3-4100 § 119 Nr. 26; BSG SozR 3-4300 § 144 Nrn. 10 und 12; BSGE 91, 90 ff.). Indessen ist vom BSG bereits wiederholt höchstrichterlich statuiert worden, dass Obliegenheitsverletzungen ein dem Leistungsbewerber – ggf. typisierend – zurechenbares Fehlverhalten voraussetzen (vgl. BSGE 86, 147, 150; BSGE 91, 90 ff.). Dies bedeutet mit anderen Worten, dass dem Arbeitslosen der – sanktionsbewehrte – Vorwurf eines Obliegenheitsverstoßes regelmäßig nur gemacht werden kann, wenn seine Pflichten dezidiert in einer Gesetzesnorm ausformuliert sind. Dies ist jedoch nach der hier in Rede stehenden Regelung in § 37 b Satz 2 SGB III nicht der Fall.
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Bereits die Auslegung des Satzes 1 der Vorschrift bereitet Schwierigkeiten, und zwar insbesondere zum Begriff der "Unverzüglichkeit" (vgl. einerseits Hümmerich/Holthausen/Welslau, NZA 2003, 7, 8 sowie die Weisungslage der Beklagten ; andererseits Voelzke, a. a. O., § 12 Rdnr. 492 und Spellbrink, a. a. O., § 37 b Rdnrn. 50 f.; wiederum anders Coseriu/Jacob in Nomos Kommentar, SGB III, 2. Auflage, § 37 b Rdnr. 8), aber auch zur Sonderbehandlung befristeter Beschäftigungsverhältnisse, soweit in § 37 b Satz 2 SGB III drei Monate genannt sind; insoweit werden Wertungswidersprüche zu unbefristeten Arbeitsverträgen mit Kündigungsfristen von über drei Monaten (vgl. hierzu § 622 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gesehen (vgl. Spellbrink, a. a. O., § 37 b Rdnr. 57; Coseriu/Jacob, a. a. O., § 37 b Rdnr. 9). All das kann hier jedoch im Ergebnis offen bleiben.
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Denn erst recht zu Missverständnissen Anlass gibt die Bestimmung des § 37 b Satz 2 SGB III, die dem Arbeitnehmer in einem kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrag (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. des Teilzeit- und Befristungsgesetzes) abverlangt, nachzuvollziehen, was mit dem Wort "frühestens" gemeint ist. Von seinem Wortsinn her lässt die Regelung die Auslegung zu, dass von Gesetzes wegen nur festgelegt werden sollte, wann die Meldung frühestens erfolgen darf, nicht jedoch bis wann sie spätestens erfolgen muss (so die – soweit ersichtlich – überwiegende Auffassung der Gerichte erster Instanz; vgl. das hier angefochtene Urteil des SG Stuttgart vom 26. Januar 2005 – S 15 AL 6053/04 –; ferner SG Dortmund, Urteil vom 26. Juli 2004 – S 33 AL 127/04 –; SG Aachen, Urteil vom 24. September 2004 – S 8 AL 81/04 – ; außerdem Winkler in Gagel, a. a. O., § 37 b Rdnr. 12; die Missverständlichkeit der Formulierung räumt auch Rademacher in GK-SGB III, § 37 b Rdnr. 18 a ein). Die Gesetzesmaterialien geben insoweit ebenfalls keinen weiteren Aufschluss; denn dort ist lediglich ausgeführt, dass die Meldung bei befristeten Arbeitsverhältnissen "nicht früher als drei Monate vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses erfolgen" solle (vgl. BT-Drucksache 15/25 S. 27 zu § 37 b). Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, dass bei länger als drei Monate befristeten Arbeitsverhältnissen die Meldepflicht nach § 37 b Satz 2 SGB III "spätestens" drei Monate vor dem Ende der Befristung erfolgen solle (so auch Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III § 140 Rdnr. 10); dem wiederum könnte entgegengehalten werden, dass nach allgemeinem Wortverständnis der Begriff "spätestens" das genaue Gegenteil von "frühestens" bedeutet. Wegen des missglückten Gesetzeswortlauts besteht teilweise sogar die Auffassung, das Wort "frühestens" schlicht zu negieren (vgl. Spellbrink, a. a. O., § 37 b Rdnr. 58). Andererseits wird vorgeschlagen, das Wort "frühestens" auf die auf unter drei Monate befristeten Arbeitsverträge zu beziehen, während sich die Meldefrist bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit einer Dauer von drei oder mehr Monaten auf (genau) drei Monate belaufe (vgl. Coseriu/Jacob, a. a. O., § 37 b Rdnr. 12; a. A. bei auf weniger als drei Monate befristeten Arbeitsverhältnissen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Februar 2005 – L 8 AL 4344/04 –, nicht rechtskräftig ).
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Erweiternd dazu wird die Meinung vertreten, dass die Regelung in § 37 b Satz 2 SGB III als unselbständige Begrenzung des Satzes 1 a. a. O. zu sehen sei, sodass auch der befristete Beschäftigte "an sich" unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zur Meldung angehalten sei, er sich jedoch erst drei Monate vor der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses melden müsse, wenn ihm bereits vorher der Zeitpunkt der Beendigung bekannt sei (vgl. Voelzke, a. a. O., § 12 Rdnr. 494; ähnlich Rademacher, a. a. O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 3. November 2004 a. a. O.). Dieser letztgenannten Auffassung stimmt der erkennende Senat zu; sie lässt sich noch mit dem Gesetzeswortlaut, mit der Systematik der Regelungen – namentlich mit dem Sinnzusammenhang mit § 140 SGB III, in dem in Satz 1 nur der Begriff "unverzüglich" verwendet ist – sowie der oben dargestellten gesetzgeberischen Intention vereinbaren. § 37 b Satz 1 SGB III in dieser Interpretation stellt mithin den Obersatz dar; die Pflicht zur – auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen bestehenden – unverzüglichen Arbeitsuchendmeldung ist indes nach Satz 2 a. a. O. in Bezug auf drei und mehr Monate zeitbefristet beschäftigte Arbeitnehmer auf die persönliche Meldung drei Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eingegrenzt.
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Das bedeutet jedoch nicht, dass dem Arbeitnehmer mit einem kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrag – wie hier dem Kläger – ohne weiteres eine im vorbezeichneten Sinne nicht frühzeitige Meldung als Obliegenheitsverletzung mit den Rechtsnachteilen des § 140 SGB III vorgehalten werden kann. Zur Überzeugung des Senats – insoweit ist im Wesentlichen der Auffassung des SG Stuttgart im angefochtenen Urteil zu folgen – vermag nur eine solche Gesetzesformulierung aus sich heraus den Vorwurf eines (typisierten) Fehlverhaltens mit den damit einhergehenden gesetzlichen Sanktionen zu begründen, welche unmissverständlich, also ohne aufwändige Subsumtionsschlüsse, klar und deutlich macht, was für ein Verhalten dem Arbeitsuchenden abgefordert wird. Ein derartiger – pauschalierender – Vorwurf lässt sich jedoch in Ansehung der durchaus missdeutbaren Formulierungen in § 37 b Satz 2 SGB III nicht rechtfertigen; die oben dargestellte Pflicht zur unverzüglichen Meldung mit ihrer zeitlichen Eingrenzung auf drei Monate vor dem Auslaufen des zeitbefristeten Vertrags ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht so naheliegend, dass es hierzu – aus objektivierter Sicht – keiner weiteren Überlegungen bedürfte. Die Gesamtumstände des Einzelfalls dürfen daher im Rahmen der vorgenannten Bestimmung nicht außer Acht gelassen werden, denn nur ein dem Arbeitsuchenden zurechenbarer Verstoß gegen Obliegenheitspflichten vermag die damit verknüpften nachteiligen Rechtsfolgen hinreichend zu legitimieren. Dies gilt umso mehr, als die nach § 37 b SGB III zur frühzeitigen Meldung Verpflichteten vor der Arbeitsuchendmeldung – im Gegensatz zu anderweitigen Tatbeständen mit Obliegenheitscharakter (z. B. § 144 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2, 3, 4 und 6 SGB III , § 66 Abs. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) – regelmäßig keine konkrete Rechtsfolgenbelehrung und Beratung seitens der Beklagten erfahren (vgl. zu diesem Aspekt auch BSGE 86, 147, 151 f.), sodass ihnen die vom Gesetzgeber vorgesehenen einschneidenden Folgen einer nicht frühzeitigen Meldung nicht unmissverständlich vor Augen geführt werden können.
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Letzteres war auch beim Kläger, der seit August 2002 bei der A beschäftigt war, nicht geschehen; er konnte im Übrigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat lediglich äußern, dass er die ArbA bei Kenntnis seiner Pflicht zur frühzeitigen Meldung sogar schon mehr als drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses aufgesucht hätte. Vorliegend kommt hinzu, dass mit den zum 1. Juli 2003 in Kraft gesetzten Bestimmungen der §§ 37 b, 140 SGB III eine erstmals gesetzlich geregelte Obliegenheit zur Schadensabwendung und Schadensminderung eingeführt worden war, welche zum Zeitpunkt der Arbeitsuchendmeldung des Klägers (19. Mai 2004) noch nicht einmal ein Jahr gesetzliche Geltung beanspruchte, ohne dass sich in Rechtsprechung und Literatur bereits eine gefestigte Rechtsmeinung zur Auslegung der Norm des § 37 b Satz 2 SGB III herausgebildet gehabt hätte. Daran ändert hier – jedenfalls schon mangels Belehrung des Klägers seitens der A – auch die mit dem 1. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt eingefügte (durch das 3. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt geringfügig geänderte) Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III mit der den Arbeitgebern auferlegten Sollverpflichtung zur Information nichts; diese Vorschrift zieht im Übrigen nach arbeitsgerichtlichen Instanzentscheidungen bei unterbliebenem Hinweis nicht einmal Schadenersatzansprüche des (früheren) Arbeitnehmers nach sich (vgl. zuletzt Landesarbeitsgerichte Düsseldorf und Hamm, Urteile vom 29. September 2004 – 12 Sa 1323/04 – und vom 23. Dezember 2004 – 11 Sa 1210/04 –, letzteres nicht rechtskräftig ).
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Nach allem ist dem Kläger – trotz erst am 19. Mai 2004 erfolgter persönlicher Meldung bei der ArbA – eine die leistungsrechtlichen Folgen des § 140 SGB III bewirkende Obliegenheitsverletzung nicht vorzuwerfen. Der Kläger hat im Gegenteil nach der Urlaubsrückkehr seines Arbeitgebers, der ihm ursprünglich Hoffnungen auf eine weitere Verlängerung des Arbeitsvertrags gemacht hatte, aus seiner Sicht alles getan, um den Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit zu vermeiden, und sich unverzüglich (vgl. zur Überlegungsfrist nochmals Voelzke, a. a. O., § 12 Rdnr. 492; Spellbrink, a. a. O., § 37 b Rdnrn. 50 f.) am Tag nach der Eröffnung, dass das Arbeitsverhältnis nicht mehr verlängert werde, bei der ArbA gemeldet. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Verspätung selbst in Ansehung des Standpunktes der Beklagten, die 16 Säumnistage errechnet hat, recht gering ist und im Übrigen noch geringer wäre, wenn sie – außer dem von ihr beachteten Wochenende (1. und 2. Mai 2004) – noch die weiteren Wochenenden (8. und 9. sowie 15. und 16. Mai 2004) nicht einbezogen hätte (vgl. hierzu etwa Voelzke, a. a. O., § 12 Rdnr. 504; Spellbrink, a. a. O., § 140 Rdnr. 31; Winkler, a. a. O., § 140 Rdnr. 6) und sie ferner dem Kläger – entsprechend ihrer Weisungslage (vgl. nochmals die DA zu § 140, Stand: 06/2003, Ziff. 3.2 Abs. 2, sowie DA zu § 140, Stand: 01/2005, Ziff. 3.2 Abs. 2 i. V. m. Punkt 6 in der Intranet-Version des aktuellen Leitfadens, Stand: 28. April 2005) – außerdem eine "Reaktionszeit" von sieben Tagen zugebilligt hätte.
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Sonach ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Verfassungsrechtliche Fragen (vgl. hierzu etwa Vorlagebeschluss des SG Frankfurt/Oder vom 1. April 2004 – S 7 AL 42/04 –) stellen sich bei der gegebenen Sachlage nicht.
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