Sozialgericht München Urteil, 09. Nov. 2016 - S 38 KA 5170/15

bei uns veröffentlicht am09.11.2016

Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird sowohl im Hauptantrag, als auch im Hilfsantrag abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der Bescheid des Beklagten vom 22.10.2015. Mit diesem Bescheid wurde die Gesamtabrechnung der Klägerin im Quartal um 20% (9.464,87 EUR) gekürzt. Der Beklagte wandte die Prüfmethode der statistischen Durchschnittsprüfung an. Es wurde festgestellt, dass der Fallwert in Euro der Klägerin im Quartal um 110% über dem Durchschnitt der Fachgruppe lag. Dagegen habe die Klägerin eine unterdurchschnittliche Fallzahl aufzuweisen. Sie unterschreite nämlich die Fallzahl der Fachgruppe um 43%. Im angefochtenen Bescheid führte der Beschwerdeausschuss aus, auffällig sei der hohe Ansatz bei der Füllungstherapie mit dreiflächigen Füllungen (F 3-Füllungen + 990%). Diese Leistungen würden im Bereich des Zahnhalses erbracht. Es handle sich um eine nicht nachvollziehbare systematische Abrechnung von F 3-Füllungen. Auffällig sei auch der gehäufte Ansatz von Röntgenleistungen, hier Leistungen nach der Bema-Nr. Ä 925a. Minderleistungen bei der Kronenversorgung seien nicht als kompensatorische Einsparungen anzusehen. Im Übrigen seien die Leistungen bei der Klägerin im Bereich der Kronenversorgung mit 3,46 (Festzuschüsse 1.1 und 1.2 auf 100 KCH-Fälle) nur unwesentlich geringer als beim Durchschnitt der Fachgruppe in Höhe von 4,19 (Festzuschüsse 1.1 und 1.2 auf 100 KCH-Fälle). Bei Kieferbruchleistungen und PAR-Leistungen könnten ebenfalls keine kompensatorischen Einsparungen berücksichtigt werden. Der Klägerin werde im Quartal eine Restüberschreitung in Höhe von 68% belassen. Im Verwaltungsverfahren, das Quartal betreffend, wurden von der Klägerin nach Aufforderung durch den Beklagten 12 Behandlungsfälle mit einem Abrechnungsvolumen von jeweils mehr als 700 EUR eingereicht. Hierzu führte der Beklagte nach Prüfung aus, nicht alle Sanierungsfälle seien wirtschaftlich „abgearbeitet“ worden. In seiner Klagebegründung äußerte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu-nächst erhebliche Zweifel hinsichtlich der Prüfmethode der statistischen Durchschnittsprüfung. Die „genetische“ Auslegung unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien ergebe nämlich, dass die statistische Durchschnittsprüfung ausgelaufen und als „minderwertiges“ Prüfverfahren anzusehen sei. Deshalb habe sich der Beklagte einer anderen Prüfmethode bedienen müssen. Abgesehen davon seien die Praxisbesonderheiten nicht ausreichend gewürdigt worden. Es handle sich insbesondere um die Berücksichtigung sog. schwerer Fälle und den Umstand, dass die Fallzahl der Praxis unterdurchschnittlich sei. Aufgrund dieses Zusammentreffens wirkten sich auch schwere Fälle einschneidender aus. Die Klägerin habe deshalb auch nicht in dem Umfang wie andere Praxen die Möglichkeit gehabt, einen Ausgleich durch sog. „Verdünnerfälle“ herbeizuführen. Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehe sehr wohl ein Zusammenhang zwischen Leistungen im Bereich der Kronenversorgung und „großen“ Füllungen. Denn beide Leistungsbereiche dienten der Erhaltung der Zahnsubstanz. Dabei sei zu berücksichtigen, dass eine Kronenversorgung im Vergleich zu einer Füllungstherapie wesentlich stärker die Substanz reduziere. In dem Zusammenhang sei auf die Behandlungsrichtlinie B III.2 und § 92 SGB V hinzuweisen. Danach solle die gesunde natürliche Zahnhartsubstanz soweit wie möglich erhalten bleiben. Durch die Füllungstherapie anstelle der Versorgung mit Kronen seien Einsparungen für die Kassen im Quartal in Höhe von 57.428,85 EUR zu erzielen gewesen. Hinzu komme, dass die Indikation zur Füllungstherapie meist nur anhand einer klinischen Untersuchung möglich sei. Zudem zählte der Prozessbevollmächtigte 60 Fälle auf, die seines Erachtens als kostenintensiv anzusehen seien (Fälle ab 305,21 EUR). Berücksichtige man diese, so führe dies zu einer Überschreitung des Gesamtfallwertes von lediglich 15%. Im Übrigen sei es vollkommen willkürlich, ab welchem Fallwert ein schwerer Fall anzunehmen sei. Der Ausschuss hätte sich aufgrund seiner ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht auch weitere kostenintensive Fälle ansehen müssen. Letztendlich habe der Ausschuss auch nicht dargelegt, welcher Mehraufwand von ihm anerkannt werde. In der mündlichen Verhandlung am 09.11.2016 wurde die Sach- und Rechtslage mit den anwesenden Beteiligten ausführlich besprochen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wiederholte seine schriftsätzlich aufgezeigte Auffassung. Es wurde dargelegt, dass nach Ansicht der Klägerseite die Höhe des Betrages, ab wann von einem Sanierungsfall bzw. einem schweren Fall gesprochen werden könne, von dem Beklagten rein willkürlich festgelegt werde. Außerdem erkenne der Ausschuss zwar Sanierungsfälle an, sage aber gleichzeitig, diese seien nicht wirtschaftlich „abgearbeitet“ worden. Warum das so sei, sei nicht nachvollziehbar. Unklar sei auch, wie „Hartsubstanzdefekte“ sonst anderweitig „abgearbeitet“ werden könnten. Die Einzelfälle seien auch nicht ausreichend gesichtet worden. Was die Versorgung mit Kronen betreffe, so sei zu berücksichtigen, dass die Abrechnung von Kronen oftmals zeitversetzt erfolge. Insofern seien die Statistiken nicht aussagekräftig. Außerdem würden in diese Statistiken zum Teil Kronenversorgungen nicht mit einfließen, die von den Patienten selbst bezahlt würden. Die anwesenden Beigeladenen wiesen darauf hin, dass bei Sichtung der vorausgegangenen und nachfolgenden Abrechnungsquartale seit 2007 lediglich drei Quartale (2/2012, 3/2012 und 3/2012) signifikant „herausstechen“ würden. Nur in diesen drei Quartalen seien Füllungsleistungen auch im Vergleich zu den anderen Quartalen extrem hoch. Es stelle sich die Frage, warum bei etwa gleichbleibendem Patientengut in den vorangegangenen und folgenden Quartalen wesentlich weniger Füllungsleistungen erfolgten. Außerdem handle es sich nach Aussage des Beschwerdeausschusses in vielen Fällen um Defekte am Zahnhals, die nicht mittels einer Kronenversorgung behebbar seien. Aufmerksam zu machen sei ferner, dass der Beschwerdeausschuss von einer „nicht nachvollziehbaren systematischen Abrechnung der F3-Leistungen“ gesprochen habe. Es gebe auch bei ca. 100.000 Abrechnungsquartalen aller Zahnärzte keine solchen Überschreitungswerte, die an die Überschreitungswerte der drei strittigen Quartale der Klägerin hinkämen. In der Sitzung am 24.11.2015 wurden die Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Quartale 2/2012 und 3/2012 unter dem Aktenzeichen S 38 KA 5069/15 verhandelt und entschieden. Dabei wurde auch festgestellt, dass in den Quartalen 2/2012, 3/2012 und 3/2012 bei der Klägerin eine Ausbildungsassistentin beschäftigt war. Gegen die Entscheidungen der 38.Kammer des Sozialgerichts München vom 24.11.2015 wurde Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Das Verfahren wird dort unter dem Aktenzeichen L 12 KA 5001/16 geführt. Der Prozessbevollmächtigte stellte die Anträge aus dem Schriftsatz vom 07.01.2016. Diese lauten wie folgt: 1. Der Bescheid des Beklagten vom 22.10.2015 zum Beschluss vom 05.08.2015 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, auf den Wider-spruch der Klägerin vom 19.01.2015 die Vergütungsberichtigung in Höhe von 9.464,87 EUR vollständig aufzuheben. Hilfsweise zu 2. 2. Der Bescheid des Beklagten vom 22.10.2015 zum Beschluss vom 05.08.2015 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, den Wider-spruch der Klägerin vom 19.01.2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Der Vertreter der Beigeladenen zu 1 stellte keinen Antrag. Die übrigen anwesenden Beigeladenen beantragten, die Klage abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Klageakten aus dem Verfahren S 38 KA 5069/15 und die Beklagtenakten. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Sitzungsniederschrift vom 09.11.2016 verwiesen.

Gründe

Die zum Sozialgericht München eingelegte Klage ist zulässig, erweist sich jedoch vollumfänglich Haupt- und Hilfsantrag als unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist als rechtmäßig anzusehen. Bei dem Hauptantrag (I.) handelt es sich um eine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG, während der hilfsweise gestellte Antrag (II.) als kombinierte Anfechtungs- und Verbescheidungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG auszulegen ist. Die Klage im Hauptantrag (I.) ist allein deshalb unbegründet, weil die Klägerin keinen singulären Anspruch auf Aufhebung der Entscheidung des Beklagten hat. Dies wäre nur der Fall bei einer gebundenen rechtswidrigen Entscheidung, was jedoch für eine Entscheidung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V, verbunden mit einem Beurteilungs- und Ermessensspielraum durch den Beklagten nicht zutrifft. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf „Null“ oder für eine willkürliche Entscheidung durch die Beklagte bestehen nicht. Abgesehen davon gilt für den Haupt(I.)- und den Hilfsantrag (II.) folgendes: Zu Unrecht beanstandet die Klägerseite, dass der Beklagte eine statistische Durchschnittsprüfung durchführte. Zutreffend ist zwar, wie die Klägerseite aus-führt, dass die statistische Durchschnittsprüfung nicht mehr als Regelprüfmethode anzusehen ist. Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine zulässige und anerkannte Prüfmethode, die ihre Rechtsgrundlage in § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V in Verbindung mit §§ 18 Absatz 1b, 2 und 20 der Anlage 4a zum GV-Z findet. Nach § 106 Abs. 2 wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch eine sog. „Auffälligkeitsprüfung“ oder durch eine sog. „Zufälligkeitsprüfung“ geprüft. Die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen haben jedoch von der in § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, über die vorgesehenen Prüfungen hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten zu vereinbaren. Dies hat seinen Niederschlag gefunden in §§ 18 Absatz 1b, 2 und 20 der Anlage 4a zum GV-Z. Eine solche Durchschnittsprüfung ist auch nicht nach § 20 Abs. 3 der Anlage 4a zum GV-Z ausgeschlossen. Wie der Beklagte ausführte, ist eine Einzelfallprüfung angesichts der Fallzahl nicht zumutbar. Der Beklagte war deshalb, gestützt auf § 106 SGB V in Verbindung mit der Prüfvereinbarung berechtigt, eine statistische Durchschnittsprüfung durchzuführen, auch eine solche im Wege eines Vergleichs der Fallwerte. Letztere findet ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 7 der Anlage 4a zum GV-Z. Auch wenn die Fallzahl der Klägerin um 43% unter dem Durchschnitt der Fachgruppe der Zahnärzte liegt, ist eine Vergleichbarkeit gegeben. Wie das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 21.03.2012, Az. B 6 KA 17/11 R) ausführt, sind die Prüfgremien nicht verpflichtet, den Gründen für die unterdurchschnittliche Fallzahl nachzugehen, soweit der Grenzwert von 20% der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe erreicht oder überschritten wird. Ausgangspunkt der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach der Prüfmethode der statistischen Durchschnittsprüfung ist dabei die hohe Ausgangsüberschreitung des Gesamtfallwerts (Quartal: + 110%). Diese liegt im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses, das bereits bei einer Überschreitung von 40-60% anzunehmen ist. Im Einzelnen stellte der Beklagte hohe Überschreitungen bei den Füllungsleistungen der Bema-Nr. 13c (+ 990%) und bei Röntgenleistungen der Bema-Nr. Ä 925a fest. Nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Beklagte nicht bzw. nicht explizit Praxisbesonderheiten und/oder kompensatorische Einsparungen anerkannte und diese nicht auf der ersten Stufe der intellektuellen Prüfung berücksichtigte. An Praxisbesonderheiten wurden klägerseits insbesondere sog. schwere Fälle und die niedrige Fallzahl im Quartal geltend gemacht. Dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung schwere Fälle auch durch Herausrechnen derselben berücksichtigt werden, ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, insbesondere bei Praxen, deren Fallzahl - wie bei der Klägerin - wesentlich niedriger liegt, als bei dem Durchschnitt der Fachgruppe. Denn mit einer niedrigen Fallzahl verfügen diese Praxen, worauf der Prozessbevollmächtigte der Klägern zutreffend hinweist, nicht über eine entsprechende Anzahl von sog. „Verdünnerfällen“, um schwere Fälle ausgleichen zu können. Problematisch erscheint aber, ab welchem Fallwert (-Betrag) von einem solchen schweren Fall auszugehen ist. Das Gericht möchte hier bewusst keinen bestimmten Fallwert angeben, zumal hier ein Beurteilungsspielraum der Beklagten besteht, hält jedoch die im Rundschreiben der KZVB vom 24.06.2015 (3/2015) genannten Fallwerte (über 500 EUR bzw. über 400 EUR) der Höhe nach für angemessen, um grundsätzlich einen schweren Fall annehmen zu können. Diese Fallwerte betreffen jedoch die Quartale des Jahres 2013. Zu dem strittigen Quartal gibt es jedoch keinerlei Datenmaterial. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Werte auch im vorausgehenden Jahr Gültigkeit besitzen. Es wäre mit dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Verwaltungsübung und dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Grundgesetz nicht zu vereinbaren, „schwere Fälle“ aus unterschiedlichen Fallwerthöhen abzuleiten. Darauf kommt es aber letztendlich nicht an. Denn nicht allein die Höhe des Fall-wertes darf ausschlaggebend für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit sein. Sie allein spiegelt nicht wider, ob es sich um ein Patientengut handelt, das vom Durchschnitt der Fachgruppe so erheblich abweicht, dass daraus die Überschreitung zu erklären wäre. Es kann sich diesbezüglich nur um ein Aufgreifkriterium handeln. Vorauszusetzen ist des Weiteren, dass die Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der durchgeführten Behandlungsmaßnahmen festzustellen ist. Der Beklagte hat im Quartal zwölf Fälle angefordert und diese nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid überprüft. Er hat dabei festgestellt, dass „nicht alle Sanierungsfälle wirtschaftlich abgearbeitet“ wurden. Die Begründung allein für sich genommen erscheint zunächst rechtlich problematisch. Es geht nämlich nicht daraus hervor, bei welchen Sanierungsfällen und warum bei diesen eine Unwirtschaftlichkeit bestehen soll. Sie ist allerdings im Kontext mit dem Schriftsatz der Klägerin vom 23.07.2015 zu sehen, der auf die Aufforderung des Beklagten erfolgte, die Klägerin möge begründen bzw. die Praxisbesonderheiten angeben, worauf die Überschreitungen des Gesamtfallwertes zurückzuführen seien. In dem genannten Schriftsatz finden sich allerdings im Wesentlichen nur allgemeine Ausführungen zu Praxisbesonderheiten und kausal-kompensatorischen Einsparungen, so auch zum Verhältnis Füllungsleistungen und Kronenversorgung bzw. zum Verhältnis Füllungsleistungen und Extraktionen. Die aufgeführten Statistiken und Zahlen belegen nur, dass bestimmte Leistungen von der Praxis bzw. von der Fachgruppe in Ansatz gebracht wurden. Sie sind aber kein Beleg dafür, dass die Leistungen zahnmedizinisch indiziert waren und wirtschaftlich erbracht wurden. Zwar gilt im Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht grundsätzlich der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 SGB X. Danach ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Dieser Amtsermittlungsgrundsatz gilt jedoch nicht unbegrenzt. Aus der Stellung des Vertragsarztes/Vertragszahnarztes, seiner Einbindung in das System der vertragsärztlichen Versorgung und dem Vergütungssystem erwachsen dem Vertragsarzt/Vertragszahnarzt besondere Mitwirkungspflichten, die weit über die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X hinausgehen. Lässt sich aus der Kombination von Amtsermittlungspflicht der Behörde und den besonderen Mitwirkungspflichten des Vertragsarztes/Vertragszahnarztes die strittige Tatsache nicht beweisen, gilt der Grundsatz der objektiven Beweislast (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.06.2016, Az. L 11 KA /16 B ER). Es entspricht ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte, dass die zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten des Beklagten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht dort enden, wo Tatsachenbeurteilungen relevant werden, die mit den nicht von außen erkennbaren individuellen Praxisgegebenheiten des Arztes zusammenhängen. Alle bedeutsamen Umstände des Praxisbetriebes und die Zusammensetzung des Patientengutes müssen vom Arzt umfassend vorgetragen und verifiziert werden. Der bloße Hinweis auf Praxisbesonderheiten genügt dieser Substantiierungspflicht nicht (BSG, Urteil vom 16.07.2003, B 6 KA 45/02 R; Landessozialgericht Hessen, Beschluss vom 08.08.2013, L 4 KA 29/13 B ER; SG Marburg, Urteil vom 18.11.2015, S 12 KA 275/14). Vor diesem Hintergrund kann die Begründung des Bescheides als noch mit § 35 SGB X (Begründungspflicht) vereinbar angesehen werden. Wenn jetzt im Nachhinein im Rahmen des Klageverfahrens 60 Fälle aufgeführt werden, bei denen es sich um schwere Fälle handeln soll, so wäre es Aufgabe der Klägerin gewesen, diese Fälle im Vorverfahren zu benennen und konkret anhand von Unterlagen aufzuzeigen, warum diese einen solchen umfangreichen Sanierungsaufwand auslösten. Die Darlegungs- und Feststellungslast erstreckt sich auch darauf, ob kausalkompensatorische Einsparungen vorliegen. Auch diesbezüglich wurde lediglich pauschal vorgetragen, es bestehe ein Zusammenhang zwischen dem hohen Ansatz von Füllungsleistungen und dem niedrigen Ansatz bei der Kronenversorgung sowie dem hohen Ansatz von Füllungsleistungen und dem niedrigen Ansatz bei Extraktionen. Derartige Zusammenhänge vermag das mit einem Zahnarzt fachkundig besetzte Gericht nicht zu erkennen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass alle anderen Zahnärzte entsprechend der Richtlinien (B III.2 i. V. m. § 92 SGB V) grundsätzlich auch großen Wert auf zahnerhaltende Maßnahmen legen. Kronenversorgung und Füllungstherapie sind daher nicht beliebig austauschbar. Insofern können „eingesparte Festzuschüsse“ bei der Kronenversorgung nicht gegengerechnet werden. Für diese Sichtweise spricht im konkreten Fall auch, dass es sich meist um die Behebung von Defekten am Zahnhals handelt, die nicht zu einer Notwendigkeit der Kronenversorgung führen. Auch geht die Kammer davon aus, dass Extraktionen von Zähnen generell nur dann erfolgen, wenn eine zahnmedizinische Notwendigkeit hierfür besteht, vor allem bei Zähnen, die nicht mehr erhaltungsfähig- und würdig sind. Insofern kann auch zwischen Füllungsleistungen und Extraktionen kein Zusammenhang bestehen. Die extrem hohen Überschreitungen im Füllungsbereich (F-3 Füllungen) in den Quartalen 2/2012, 3/2012 und 3/2012 fallen zeitlich zusammen mit der Beschäftigung einer Ausbildungsassistentin, die offensichtlich vornehmlich im konservativen Bereich eingesetzt wurde und auf deren Tätigkeit offenbar die Vielzahl von Füllungsleistungen zurückgeht. Wie die Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung am 09.11.2016 ausführten, waren weder in den den Quartalen 2/2012, 3/2012 und 3/2012 vorausgehenden, noch nachfolgenden Quartalen annähernd solche Überschreitungswerte festzustellen, was für den oben geschilderten Zusammenhang und die vom Beklagten festgestellte systematische Abrechnung von F-3 Leistungen spricht. Die Beschäftigung einer Ausbildungsassistentin stellt auch per se keine Praxisbesonderheit dar, da sich hierdurch an dem Patientengut nichts ändert. Für die Annahme von statistischen Verzerrungen bei den Leistungen, bei denen diese hohen Überschreitungen festzustellen sind, beispielsweise dadurch, dass es sich um Leistungen handelt, die nur von wenigen Zahnärzten erbracht werden, gibt es keine Anhaltspunkte. Dies gilt insbesondere für die im Mittelpunkt der Überschreitung stehenden Füllungsleistungen, die regelmäßig von allen Zahnärzten erbracht werden. Letztendlich ist auch die der Klägerin belassene Restüberschreitung von 68% im Quartal rechtlich nicht zu beanstanden. Denn der Überschreitungswert liegt nach wie vor im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses. Aus den genannten Gründen war zu entscheiden, wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 VwGO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 92 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erforder

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106 Wirtschaftlichkeitsprüfung


(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und d

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 20 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. (2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 35 Begründung des Verwaltungsaktes


(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behör

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 21 Beweismittel


(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere 1. Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,2. Be

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Bundessozialgericht Urteil, 21. März 2012 - B 6 KA 17/11 R

bei uns veröffentlicht am 21.03.2012

Tenor Die Revisionen der Klägerin sowie der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31. August 2010 werden zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Tenor

Die Revisionen der Klägerin sowie der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31. August 2010 werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene zu 1. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6.

Tatbestand

1

Im Streit stehen noch Heilmittelregresse für die Quartale I/2002 bis IV/2003.

2

Die Klägerin ist eine im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft), die aus einer Ärztin für Allgemeinmedizin und einem Praktischen Arzt mit der Gebietsarztanerkennung als Chirurg besteht.

3

Der Prüfungsausschuss setzte nach Durchführung einer statistischen Vergleichsprüfung mit Bescheiden vom 20.2.2006 (Quartale IV/2001 bis IV/2002) und vom 8.12.2006 (Quartale I/2003 bis IV/2003) Regresse bei veranlassten Leistungen der physikalischen Therapie (seit dem 1.4.2005 als "physikalisch-therapeutische Leistungen" bezeichnet) fest, soweit der gewichtete Fachgruppendurchschnitt um mehr als 80 % überschritten wurde. Die von der Klägerin hiergegen erhobenen Widersprüche waren nur insoweit erfolgreich, als der beklagte Beschwerdeausschuss die Verordnungskosten in zwei (Quartale I und II/2002) bzw drei besonders kostenintensiven Fällen (Quartale III/2002 bis IV/2003) wegen der Annahme von insoweit bestehenden Praxisbesonderheiten außer Betracht ließ und den Regress auf eine Überschreitung des gewichteten Fachgruppendurchschnitts um mehr als 100 % beschränkte; im Übrigen wies er die Widersprüche zurück (Bescheid des Beklagten vom 2.7.2007).

4

Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin habe bei veranlassten Leistungen der physikalischen Therapie den - nach dem Rentneranteil gewichteten - Durchschnitt der Fachgruppe - die allgemeinärztlichen Praxen in der früheren KÄV Pfalz - in den geprüften Quartalen um Werte zwischen 143 % und 228 % überschritten. In der Praxis der Klägerin seien Erkrankungsbilder behandelt worden, wie sie in der maßgeblichen Fachgruppe der Allgemeinärzte/Praktischen Ärzte typischerweise zu therapieren seien. Gegen einen ausgeprägten orthopädisch-chirurgischen Praxisschwerpunkt sprächen die regelmäßig gegenüber der Vergleichsgruppe erheblich überdurchschnittlichen Arzneimittelkosten, da die Fachgruppen der Orthopäden und der Chirurgen mit einem Bruchteil der Arzneimittelkosten der Allgemeinärzte/Praktischen Ärzte auskämen, sowie die regelmäßig überdurchschnittliche Abrechnung hausärztlicher Gesprächsleistungen. Besonders bemerkenswert sei, dass die Klägerin mit den Fallkosten für verordnete physikalische Therapie noch über den Durchschnittswerten der Orthopäden sowie der Chirurgen liege. Als Besonderheiten seien angesichts der unterdurchschnittlichen Fallzahl zwei bzw drei kostenintensive Patienten herauszurechnen. Nach Berücksichtigung der hieraus resultierenden Kosten verblieben folgende gewichtete Abweichungen: Quartal I/2002: + 198 %, Quartal II/2002: + 143 %, Quartal III/2002: + 118 %, Quartal IV/2002: + 168 %, Quartal I/2003: + 188 %, Quartal II/2003: + 135 %, Quartal III/2003: + 163 %, Quartal IV/2003: + 168 %. Die verbleibenden Überhöhungen seien zu einem wesentlichen Teil auf Unwirtschaftlichkeiten zurückzuführen. Es fänden sich insgesamt zu lange und intensive Behandlungsserien; weiterhin sei der hohe Anteil an passiver Therapie zu beanstanden. Es zeigten sich keine Hinweise auf kompensierende Einsparungen.

5

Die gegen die verbliebene Regressfestsetzung in Höhe von (seinerzeit) insgesamt 31 521,12 Euro erhobene Klage ist erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 30.9.2009). Das SG hat ausgeführt, die vom Beklagten gewählte Vergleichsgruppe sei weder zu klein noch zu inhomogen. Die zum Vergleich herangezogenen Praxen behandelten im Wesentlichen Patienten mit ähnlichen fachgruppentypischen Krankheitsbildern, und ihr an den Gebührenordnungsnummern erkennbares Leistungsspektrum sei vergleichbar. Der Beklagte habe nachvollziehbar festgestellt, dass auch die Klägerin im Wesentlichen einen mit dem Durchschnitt der Fachgruppe vergleichbaren Patientenstamm mit für allgemeinärztliche Praxen typischen Erkrankungen behandele. Die Überschreitung der durchschnittlichen Heilmittel-Verordnungskosten der Vergleichsgruppe nach Gewichtung des Rentneranteils um 143 % bis 228 % bewege sich im Bereich eines offensichtlichen Missverhältnisses. Deshalb sei der Umfang der Ermittlungen der Prüfgremien auf solche Umstände beschränkt, die für sie ohne Weiteres erkennbar seien oder vom betroffenen Arzt substantiiert dargelegt würden. Der Beklagte habe - abgesehen von den herausgenommenen Behandlungsfällen - keine Besonderheiten gefunden, die die überhöhten Verordnungskosten erklären könnten. Die von der Klägerin angeführten Behandlungsfälle mit hohem Heilmittelbedarf kämen in allen Allgemeinpraxen in vergleichbaren Anteilen vor und beeinflussten demnach die Durchschnittswerte aller Praxen.

6

Im Laufe des nachfolgenden Berufungsverfahrens hat der Beklagte seinen Bescheid aufgehoben, soweit dieser das Quartal IV/2001 betrifft; die Beteiligten haben den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. Das LSG hat die verbliebene Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 31.8.2010). Zur Begründung hat es hat auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, bei der Bildung der Vergleichsgruppe die unterdurchschnittliche Fallzahl der Klägerin zu berücksichtigen. Dieser Gesichtspunkt könne allenfalls im Rahmen der Prüfung kompensierender Einsparungen von Bedeutung sein. Die unterdurchschnittliche Fallzahl stehe auch nicht der statischen Vergleichbarkeit entgegen. Die von der Beigeladenen zu 1. zum Umfang der Überschreitungen angestellten Berechnungen seien nicht nachvollziehbar, da sie im Ergebnis die Heilmittelkosten, die bezogen auf einen Fall verursacht würden, nicht berücksichtigten.

7

Praxisbesonderheiten - außerhalb der vom Beklagten bereits herausgerechneten besonders kostenintensiven Fälle - lägen nicht vor. Eine chirurgisch-orthopädische und rheumatologische Ausrichtung der Praxis habe sich nicht bestätigt. Die Zusammensetzung der Patienten und die schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen unterschieden sich nicht wesentlich vom typischen Zuschnitt einer allgemeinärztlichen Praxis. Die unterdurchschnittliche Fallzahl der Praxis der Klägerin könne vielfältige Gründe haben. Kompensierende Einsparungen seien nicht belegt. Dem Einwand der Klägerin, dass die Erbringung physikalisch-medizinischer Leistungen durch die Ärzte selbst bzw Mitarbeiter nicht berücksichtigt worden sei, sei entgegenzuhalten, dass in ihrer Praxis auch der Umfang der selbst erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen über dem Durchschnitt der Fachgruppe liege. Unabhängig hiervon hätte die Klägerin diesen Gesichtspunkt bereits im Prüfverfahren substantiiert geltend machen müssen. Der Vorwurf, der Beklagte habe eine intellektuelle Prüfung unterlassen, sei nicht nachvollziehbar, da diese durchgeführt worden sei.

8

Gegen dieses Urteil haben die Klägerin sowie die Beigeladene zu 1. Revision eingelegt. Die Klägerin rügt die Verletzung von Bundesrecht. Sie habe wegen der besonderen Qualifikation des einen Partners als Facharzt für Chirurgie und Unfallmedizin eine besondere Patientenklientel mit weit unterdurchschnittlicher Fallzahl, fehlenden "Verdünnerfällen", bedeutend erhöhtem Rentneranteil und einem überdurchschnittlichen Anteil chronisch kranker Patienten mit Erkrankungen des Bewegungsapparates. Der Beklagte habe sich nicht hinreichend damit befasst, ob und mit welcher Konsequenz einer unterdurchschnittlichen Behandlungsfallzahl eine auch materiell-rechtliche Bedeutung beizumessen sei. Im Rahmen der medizinisch-intellektuellen Wertung seien bereits auf der ersten Stufe von Amts wegen insbesondere das Behandlungsverhalten und die unterschiedlichen Behandlungsweisen innerhalb der Arztgruppe und die bei dem geprüften Arzt vorhandenen Praxisbesonderheiten in Rechnung zu stellen. Grundvoraussetzung für eine Vergleichbarkeit der Fallkosten sei die Vergleichbarkeit der diesen Fallkosten zugrunde liegenden Behandlungsfälle. Eine unterdurchschnittliche Behandlungsfallzahl stelle die Vergleichbarkeit in Frage.

9

Wäre der Beklagte seinen Ermittlungspflichten nachgekommen, hätte er die Besonderheiten in der Behandlungsausrichtung und damit zugleich einen besonderen Bedarf an physikalisch-medizinischen Leistungen festgestellt. Der Beklagte hätte ergänzend Statistiken aus späteren Quartalen heranziehen müssen, aus denen sich die Zahl der chronisch kranken Patienten ergebe; dann hätte er erkennen können, dass zu den chronisch kranken Patienten der Klägerin mit Erkrankungen des Bewegungsapparates auch chronisch kranke Rheumapatienten zählten, die neben einem besonders hohen Aufwand an physikalisch-medizinischen Leistungen zugleich einen hohen Bedarf an Arzneimitteln verursachten. Der Beklagte habe die Unterschiede von Praxisbesonderheiten, die von Amts wegen festzustellen seien, und kompensierenden Einsparungen verkannt. Es müsse darauf Rücksicht genommen werden, dass physikalisch-medizinische Leistungen teils in der Praxis des Vertragsarztes, teils von nichtärztlichen Einrichtungen erbracht würden, weil hierdurch der Fachgruppendurchschnitt verändert werde. In eigener Praxis erbrachte physikalisch-medizinische Leistungen dürften nicht (erst) als kompensatorische Einsparungen Berücksichtigung finden, sondern seien bereits im ersten Prüfungsschritt zu würdigen. Ohne eine nähere - vom LSG unterlassene - Ausermittlung dieser Umstände fehle es an einer Vergleichbarkeit.

10

Die Beigeladene zu 1. führt aus, der Beklagte hätte der sehr niedrigen Fallzahl nachgehen müssen, weil die Leistungen von zwei Ärzten erbracht würden und sich auch die statistisch ausgewiesene Fallzahl dementsprechend auf zwei Ärzte verteile. Breche man die Fallzahlen der Vergleichsgruppe wie der Klägerin jeweils auf die einzelnen Ärzte herunter, lägen die klägerischen Fallzahlen noch weit deutlicher unterhalb der Werte der Vergleichsgruppe. Dies gebe Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob überhaupt eine vergleichbare Versichertenklientel vorgelegen habe. Multipliziere man die arztbezogene Fallzahl der Klägerin mit deren Heilmittelfallwert, ergäben sich nur bis zu 25 % höhere, zum Teil auch niedrigere Kosten als in der Vergleichsgruppe. Statistisch auffällig würden die Ärzte der Klägerin nur, weil die von ihnen versorgte Zahl der Versicherten wesentlich geringer sei als die Zahl der von den Kollegen der Vergleichsgruppe versorgten Versicherten. Daher komme vorliegend der Frage maßgebliche Bedeutung zu, warum die Ärzte der Klägerin jeweils nur ein gutes Drittel der Versichertenzahl der Vergleichsgruppe behandelten.

11

Die Revisionskläger beantragen übereinstimmend,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31.8.2010 sowie das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 30.9.2009 und den Bescheid des Beklagten vom 2.7.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die Widersprüche der Klägerin zu entscheiden.

12

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

13

Die Klägerin liege ungeachtet ihrer unterdurchschnittlichen Fallzahl über der Grenze von 20 % des Fallzahlendurchschnitts der Vergleichsgruppe, deren Unterschreitung eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten ausschließe. Er - der Beklagte - habe der unterdurchschnittlichen Fallzahl dadurch Rechnung getragen, dass er die im Bescheid näher bezeichneten Patienten als Besonderheit herausgerechnet habe. Eine geringere Fallzahl könne keinen höheren Behandlungsbedarf begründen. Bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten sei es nicht sachgerecht, bei einer Gemeinschaftspraxis die Fallzahl auf die Anzahl der behandelnden Ärzte in der Gemeinschaftspraxis zu beziehen, da diese als Einheit geprüft werde. Der angefochtene Bescheid verstoße auch im Hinblick auf die Prüfungsfolge nicht gegen die Rechtsprechung des BSG. Dass sich keine Besonderheiten ergeben hätten, sei nicht auf eine "verkürzte Informationsgewinnung" des Beklagten zurückzuführen, sondern auf den tatsächlichen Gegebenheiten in der Praxis der Klägerin. Diese weise sowohl bei den in eigener Praxis erbrachten als auch bei den veranlassten physikalisch-medizinischen Leistungen Überschreitungen auf. Hinzu komme, dass die in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen aufgrund ihrer Art, Intensität und Kosten nur sehr bedingt mit den fremd veranlassten Heilmitteln im Zusammenhang stünden. Im Übrigen habe die Klägerin hierzu im Verwaltungsverfahren nichts vorgetragen; ein im Verwaltungsverfahren unterbliebener Sachvortrag könne jedoch wegen des eingeschränkten Prüfungsumfangs nicht im Verfahren vor den Sozialgerichten nachgeholt werden.

14

Die zu 2. beigeladene AOK führt - ohne einen Antrag zu stellen - ergänzend aus, der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, Ermittlungen zu den Ursachen der geringen Fallzahl anzustellen; vielmehr sei es Aufgabe des geprüften Arztes, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht Gründe für die unterdurchschnittlichen Fallzahlen vorzubringen. Diese müsse er bereits im Verwaltungsverfahren substantiiert darlegen. Dies gelte auch für das Vorbringen, durch welche veranlassten Leistungen die Klägerin welche Einsparungen bei den in der Praxis erbrachten Leistungen erzielt habe.

15

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. sind zulässig (zur Rechtsmittelbefugnis und Aktivlegitimation der KÄVen in Angelegenheiten der Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 12 mwN; dem vergleichbar in Zulassungsangelegenheiten: BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 23/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 8 RdNr 13, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Die Revisionen sind aber unbegründet. Das LSG hat die angefochtenen Regressbescheide im Ergebnis zu Recht nicht beanstandet. Diese Bescheide, die alleiniger Gegenstand des Verfahrens sind (vgl hierzu stRspr des BSG, zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 15 mwN; Nr 29 RdNr 14; zuletzt BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 11 mwN), sind rechtmäßig.

17

1. Rechtsgrundlage der Verordnungsregresse ist § 106 Abs 2 SGB V(hier zugrunde zu legen in der Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, mit weiteren - aber für den vorliegenden Rechtsstreit nicht relevanten - Änderungen, für das Jahr 2002 zuletzt noch Änderung vom 19.12.2001, BGBl I 3773). Danach wurde die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder am Maßstab von Richtgrößenvolumina (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V) und/oder anhand von Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2), geprüft. Nach dieser Gesetzeslage war davon auszugehen, dass die Prüfung nach Durchschnittswerten wegen ihres hohen Erkenntniswerts bei verhältnismäßig geringem Verwaltungsaufwand die Regelprüfmethode darstellte (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 13; ebenso BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 19; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19 RdNr 14; Nr 23 RdNr 13; vgl zuletzt BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 19, 27). Bei dieser Prüfmethode wird der Aufwand des geprüften Arztes je Fall mit dem durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe - im Regelfall der Arztgruppe, der der Arzt angehört - verglichen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Vergleichsgruppe im Durchschnitt insgesamt wirtschaftlich handelt (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 303; Nr 55 S 307 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 14, 15; Nr 3 RdNr 14; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19 RdNr 14; Nr 23 RdNr 13). Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungs- oder Verordnungsaufwand des geprüften Arztes - beim Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten - in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, diesen nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur wie Praxisbesonderheiten und/oder sog kompensierende Einsparungen erklären lässt, so ist die Folgerung der Unwirtschaftlichkeit gerechtfertigt (stRspr, s dazu zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 319; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 19; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19 RdNr 14; Nr 23 RdNr 13). Dabei obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen dem Arzt (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 298 f mwN; Nr 57 S 325; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19 RdNr 14; Nr 23 RdNr 13; Nr 29 RdNr 30 mwN). Die Prüfgremien sind allerdings zu Ermittlungen von Amts wegen hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind (vgl hierzu - betr in eigener Praxis oder verordneter physikalisch-medizinischer Leistungen - BSG vom 8.5.1985 - 6 RKa 24/83 - Juris RdNr 21 = USK 85190 S 1014 f; vgl zB auch BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 277; Nr 53 S 295 oben). Bei den erforderlichen Bewertungen haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum, sodass deren Einschätzungen von den Gerichten nur in begrenztem Umfang überprüft und ggf beanstandet werden können (zu Entscheidungsspielräumen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung s BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36 mwN; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 20; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19 RdNr 22; BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 16, 17, 19).

18

Bei Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe und der gerichtlich nur begrenzt zulässigen Überprüfung sind die angefochtenen Regressbescheide nicht zu beanstanden.

19

2. Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen der Klägerin durfte im Wege des Vergleichs mit den Durchschnittswerten der Fachgruppe der Allgemeinärzte/Praktischen Ärzte erfolgen.

20

a) Die Fallzahl der Klägerin reichte als Grundlage für eine Vergleichsprüfung anhand von Durchschnittswerten der Fachgruppe aus.

21

Die Eignung für einen solchen Vergleich ist erst dann zu verneinen, wenn die Fallzahlen des geprüften Arztes so weit unterhalb der Durchschnittswerte der Fachgruppe liegen, dass ein Vergleich nicht mehr aussagekräftig ist. Für einen aussagekräftigen Vergleich hat der Senat auf eine Fallzahl des geprüften Arztes von mindestens 20 % der Vergleichsgruppe und dabei mindestens 100 Behandlungsfälle abgestellt (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 45 S 244 ff; vgl auch zB BSG SozR 2200 § 368n Nr 44 S 149 f und Nr 50 S 171).

22

Dieses Mindestmaß hat die Klägerin nicht unterschritten. Nach den Feststellungen des Beklagten wie des LSG lagen ihre Fallzahlen um 33 % bis 39 % unter der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe. Die Mindestfallquote wird im Fall der Klägerin aber auch dann erreicht, wenn man den Einwand der Beigeladenen zu 1. berücksichtigt, dass die Fallzahl bei Gemeinschaftspraxen (Berufsausübungsgemeinschaften) nicht auf die Praxis, sondern auf die in ihr tätigen Ärzte zu beziehen ist. Denn auch nach den auf dieser Basis vorgenommenen Berechnungen der Beigeladenen zu 1. unterschritten die Fallzahlen der Klägerin in den streitgegenständlichen Quartalen die durchschnittlichen Fallzahlen "nur" um die 60 % und lagen damit noch deutlich über dem vom Senat als erforderlich angesehenen Mindestwert.

23

Ungeachtet dessen spricht aber einiges dafür, dass die Prüfgremien die für Einzelpraxen entwickelte Rechtsprechung des Senats zur prozentualen und absoluten Mindestfallzahl in der zu überprüfenden Praxis nicht undifferenziert auf alle Gemeinschaftspraxen (Berufsausübungsgemeinschaften) übertragen dürfen. Bei fachgebietsverschiedenen Praxen ist das ohnehin ausgeschlossen, weil insoweit ganz unterschiedliche Vergleichswerte je nach dem in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Fachgebiet herangezogen und dem Behandlungsaufwand der zu prüfenden Gemeinschaftspraxis auf diesem Fachgebiet gegenübergestellt werden. Aber auch bei einer fachgebietsgleichen Gemeinschaftspraxis kann bei besonders niedrigen Fallzahlen für die Prüfgremien Anlass zur Klärung bestehen, ob die Vergleichbarkeit mit dem Durchschnitt noch besteht.

24

Allerdings hat der Beklagte Recht mit seiner Auffassung, dass bei einem Fallwertvergleich grundsätzlich eine fachgebietsgleiche Gemeinschaftspraxis mit einer Einzelpraxis verglichen werden kann, weil die Gemeinschaftspraxis den Patienten im rechtlichen Sinne als Einheit behandelt. Speziell hinsichtlich der Mindestfallzahl als Voraussetzung einer statistischen Vergleichsprüfung ist aber dann, wenn die Grenze von 20 % nur bezogen auf die Gemeinschaftspraxis als Einheit und nicht (mehr) bezogen auf Zahl der dort tätigen Ärzte erreicht wird, eine eingehende Prüfung der Vergleichbarkeit geboten. Die Prüfgremien müssen der Gemeinschaftspraxis zumindest Gelegenheit geben, zu verdeutlichen, worauf diese je Arzt unter Umständen quantitativ kaum noch nennenswerte Mitwirkung an der vertragsärztlichen Versorgung beruht und/oder ob sich ein Arzt oder mehrere Ärzte auf ein ganz kleines Behandlungssegment beschränken. Es muss jedenfalls sichergestellt sein, dass bei der Prüfung von Gemeinschaftspraxen, bei denen die Mindestfallzahlgrenze je Arzt rechnerisch nicht erreicht wird, der Zweck dieser Quote gewährleistet wird, nämlich unterschiedlichen Behandlungsaufwand bei einzelnen Behandlungsformen auszugleichen.

25

b) Die Prüfgremien sind nicht verpflichtet, den Gründen für unterdurchschnittliche Fallzahlen einer Praxis nachzugehen, soweit der Grenzwert von 20 % erreicht oder überschritten ist. Dies ist nicht Gegenstand der sog intellektuellen Betrachtung, die medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte mitberücksichtigt (zur medizinisch-intellektuellen Prüfung vgl zB BSGE 74, 70, 72 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23 S 125; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 12 RdNr 13; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 19). Eine geringe Fallzahl kann vielfältige Ursachen haben; sie kann zB auf einer Minderung der Leistungsfähigkeit des Arztes beruhen oder Folge einer für die Patienten geringeren Attraktivität bzw Überzeugungskraft des Arztes und/oder seiner Praxis sein. Eine geringe Fallzahl kann dazu führen, dass der Arzt, der dadurch evtl viel Zeit für seine wenigen Patienten hat, geneigt ist, für diese besonders viele Leistungen zu erbringen, womit er uU zugleich trotz seiner geringen Patientenzahl ein auskömmliches Einkommen anstrebt (zu diesen Zusammenhängen vgl Clemens in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 36 RdNr 64; zur allgemeinen Problematik anbieterinduzierter Nachfrage gerade bei Praxen mit geringer Patientenzahl s zB BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 17 am Ende mit weiteren BSG-Angaben). Die Vielfalt möglicher Ursachen für eine geringe Fallzahl - für die auch nicht-medizinische Ursachen in Betracht kommen können, die keinen Bezug zum eigentlichen Aufgabenbereich der Prüfgremien haben - spricht gegen die Annahme einer Verpflichtung der Prüfgremien, nach deren Ursache im Rahmen der ihnen obliegenden medizinisch-intellektuellen Prüfung zu forschen. Auch erfordert die Praktikabilität - im Sinne des Gebots, effektive Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchzuführen (vgl hierzu BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 20 mwN) -, dass die Prüfgremien bei Fallzahlen von wenigstens 20 % des Fachgruppendurchschnitts im Regelfall die Vergleichbarkeit als gegeben annehmen dürfen.

26

c) Ebenso wenig sind die Prüfgremien verpflichtet, bereits im Rahmen der medizinisch-intellektuellen Prüfung - also bei der Ermittlung der richtigen Vergleichsbasis - den Umstand zu berücksichtigen, dass physikalisch-medizinischen Leistungen auch in der geprüften Praxis selbst erbracht werden. Auf der ersten Stufe der Prüfung der Grundlagen der Vergleichbarkeit - noch vor dem Einstieg in die weiteren Prüfungsschritte wie Praxisbesonderheiten, kompensierende Einsparungen, offensichtliches Missverhältnis, unwirtschaftlicher Mehraufwand (zu den Prüfungsschritten vgl zB Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand März 2012, § 106 RdNr 290-387, und - zusammengefasst - Clemens in Laufs/Kern, aaO, § 36 RdNr 44-82) - mögen atypische Praxisprägungen in die Betrachtung einzubeziehen sein; diese können sich uU aus Praxisbesonderheiten ergeben. Kompensierende Einsparungen hingegen begründen im Regelfall keine abweichende Praxisprägung: Ihr Wesen besteht darin - das ist die Voraussetzung für die Anerkennung einer "Kompensation" -, dass der vom geprüften Arzt verursachte Mehraufwand und der bei ihm gegebene Minderaufwand medizinisch gleichwertig sind; dies zugrunde gelegt, wird durch kompensatorische Einsparungen - jedenfalls im Regelfall - nur die individuelle Art der Leistungserbringung und das Spektrum der erbrachten Leistungen, nicht aber die Praxisprägung berührt. Dementsprechend erörtert der Senat den unterdurchschnittlichen Umfang der in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen erst unter dem Gesichtspunkt kompensierender Einsparungen (vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 325; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 29 f; ebenso BSG vom 8.5.1985 - 6 RKa 24/83 - Juris RdNr 21 iVm 25 = USK 85190 S 1014 f iVm 1016 mit erst nachrangiger Berücksichtigung; ebenso BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 43 S 238/239).

27

Im Übrigen ist die Abfolge der Prüfungsschritte in der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten nicht zwingend; auf welcher Stufe Abweichungen von der Typik der Vergleichsgruppe berücksichtigt werden, ist nicht strikt vorgegeben; unbedenklich können sie auch erst auf einer nachrangigen Stufe wie zB durch Belassung großzügiger Durchschnittsüberschreitungen berücksichtigt werden, wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat (betr Bildung einer engeren Vergleichsgruppe vgl zB BSGE 50, 84, 87 = SozR 2200 § 368e Nr 4 S 9 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 202 f; BSG vom 11.12.2002 - B 6 KA 21/02 B - Juris RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 30; betr kompensierende Einsparungen und Praxisbesonderheiten vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 43 S 238 f mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 29 f).

28

d) Die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung gebotene ergänzende intellektuelle Prüfung unter medizinisch-ärztlichen Gesichtspunkten ist, wie sich aus dem Bescheid des Beklagten ergibt, durchgeführt worden. Diese Prüfung muss nicht explizit erfolgen; vielmehr reicht es aus, dass sich eine hinreichende Berücksichtigung der relevanten Gesichtspunkte aus dem Gesamtzuschnitt der Bescheide ergibt, wie das hier der Fall ist (sinngemäß ebenso zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 266; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 323 unten).

29

3. Der Beklagte durfte das Verordnungsvolumen der Klägerin mit demjenigen der Allgemeinärzte/Praktischen Ärzte im Bezirk der früheren KÄV Pfalz (einer der Rechtsvorgängerinnen der zu 1. beigeladenen KÄV) vergleichen. Die Bildung einer engeren - verfeinerten - Vergleichsgruppe war nicht geboten.

30

Deren Bildung bedarf es nur bzw allenfalls dann, wenn die Struktur der Praxis des geprüften Arztes sowohl hinsichtlich der Zusammensetzung des Patientenklientels als auch hinsichtlich des ärztlichen Diagnose- und Behandlungsangebots von der Typik beim Durchschnitt der Fachgruppe signifikant abweicht (vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 50 S 264; Nr 57 S 319 ff, 322 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 11; Nr 12 RdNr 16-23). Dies kann der Fall sein, wenn ein Arzt eine Zusatz- bzw Schwerpunktbezeichnung führt, sofern diese Niederschlag im Leistungsspektrum oder in der Ausrichtung der Praxis findet (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 319-322; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 12 RdNr 17 ff; ebenso BSG vom 21.3.2012 - B 6 KA 55/11 B - RdNr 8). Die Prüfgremien dürfen solche Abweichungen von der Durchschnittspraxis aber auch - statt durch Bildung einer engeren Vergleichsgruppe - im Rahmen eines späteren Prüfungsschritts als Praxisbesonderheit oder durch Belassung einer größeren Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts berücksichtigen (BSGE 50, 84, 87 = SozR 2200 § 368e Nr 4 S 9 f; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 36 S 202 f; BSG vom 11.12.2002 - B 6 KA 21/02 B - Juris RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 30).

31

Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass die Prüfgremien sich nicht veranlasst gesehen haben, eine engere Vergleichsgruppe zu bilden. Veranlassung hierzu gibt weder der Umstand, dass ein Mitglied der Klägerin eine Gebietsarztanerkennung als Chirurg besitzt noch der Gesichtspunkt, dass die Klägerin physikalisch-medizinische Leistungen (auch) in eigener Praxis erbringt.

32

4. Die angefochtenen Bescheide lassen auch im Übrigen Fehler nicht erkennen.

33

a) Der Beklagte hat es ohne Rechtsverstoß abgelehnt, über einige als solche berücksichtigten besonders kostenintensiven Fälle hinaus Praxisbesonderheiten bei der Klägerin anzuerkennen. Er hat ausgeführt, in der Praxis der Klägerin seien Erkrankungsbilder behandelt worden, wie sie in der maßgeblichen Fachgruppe der Allgemeinärzte/Praktischen Ärzte typischerweise zu therapieren seien, und Gründe dargelegt, die gegen einen ausgeprägten orthopädisch-chirurgischen Praxisschwerpunkt sprechen. Mit diesen Ausführungen hat der Beklagte die Anerkennung von Praxisbesonderheiten ohne Überschreitung des ihm insoweit eingeräumten Beurteilungsspielraums - und mit ausreichender Begründung in den Bescheiden - versagt (zu den Entscheidungsspielräumen vgl oben RdNr 17 am Ende mit BSG-Angaben).

34

Das LSG hat festgestellt, dass die Zusammensetzung der Patienten und der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen sich nicht wesentlich vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Fachgruppe unterscheidet. An diese Feststellungen ist das Revisionsgericht gebunden; keiner der Revisionsführer hat dagegen eine Verfahrensrüge entsprechend den dafür bestehenden Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG erhoben(vgl § 163 Halbsatz 2 SGG). Die Prüfgremien sind nicht gehalten, allein aus dem Umstand, dass die Fallzahl der Praxis weit unter dem Durchschnitt liegt, eine Praxisbesonderheit herzuleiten, weil die Behandlung von weniger Fällen nicht zwangsläufig mehr ärztliche Leistungen rechtfertigt (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand März 2012, § 106 RdNr 363 unter Hinweis auf Bayerisches LSG Urteil vom 26.11.1997 - L 12 KA 22/96 - juris RdNr 36; vgl auch oben 2.b ).

35

Soweit der Senat in seinem Urteil vom 26.4.1978 (BSGE 46, 145, 151 = SozR 5550 § 14 Nr 2 S 7) eine außergewöhnlich niedrige Fallzahl als mögliche Praxisbesonderheit angesehen hat, hat er diese Auffassung bereits mit Urteil vom 2.9.1987 (SozR 2200 § 368n Nr 50)aufgegeben. Dort (aaO S 171) hatte der Senat ausgeführt: "Da beim statistischen Wirtschaftlichkeitsbeweis … (nur) … die sogenannten Fallkostendifferenz maßgeblich ist, hat als Vergleichsumstand all das (als unschlüssig) auszuscheiden, was nur die Patientenzahl betrifft. Eine zu niedrige Fallzahl kann daher … nur insoweit von Bedeutung sein, als damit möglicherweise (Fall-)Zahlbereiche unterschritten werden, unterhalb derer ein statistischer Vergleich nicht mehr aussagekräftig ist". Dies ist hier nicht der Fall, wie oben dargelegt worden ist.

36

b) Die Regressbescheide sind auch in Bezug auf die Annahme eines offensichtlichen Missverhältnisses nicht zu beanstanden. Auch bei der Festlegung des offensichtlichen Missverhältnisses haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum (BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 13 mwN); die Festlegungen können je nach der Art der Vergleichsprüfung und dem Maß der Homogenität auf Überschreitungen ab 30 % bis 60 % erfolgen (vgl zB BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 13 mwN und BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 50 mwN). Liegt im konkreten Fall der nicht durch Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen erklärbare Mehraufwand in jedem Fall deutlich erkennbar im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses, so dürfen die Prüfgremien auf eine ausdrückliche Festlegung verzichten (vgl BSG aaO RdNr 50). Dies war hier im Hinblick auf die Überschreitungen des Fachgruppendurchschnitts um ca 143 % bis 228 % der Fall, sodass die Regressbescheide auch insoweit nicht zu beanstanden sind.

37

Soweit die Beigeladene zu 1. geltend macht, der Beklagte habe bei der Gegenüberstellung der Heilmittel-Werte der geprüften Praxis und denen der Vergleichsgruppe den Umstand außer Betracht gelassen, dass es sich bei der Klägerin um eine aus zwei Ärzten bestehende Gemeinschaftspraxis handelt, vermag ihr der Senat nicht zu folgen. Da bei der statistischen Vergleichsprüfung die Abrechnungs- bzw Verordnungs-Werte je (Behandlungs-)Fall einander gegenübergestellt werden, ist nicht erkennbar, inwiefern sich die Zahl der in der Praxis tätigen Ärzte auf den Umfang der erbrachten Leistungen je Fall auswirken kann. Auf der Hand liegt dies jedenfalls nicht, da in einer fachgebietsgleichen Gemeinschaftspraxis typischerweise nicht beide Ärzte gleichzeitig Verordnungen für denselben Patienten ausstellen werden.

38

c) Es liegen schließlich auch keine kompensierenden Einsparungen vor, die der Beklagte hätte berücksichtigen müssen. Da die Klägerin nach Feststellung des Beklagten auch bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen den Fachgruppendurchschnitt überschreitet - das hat die Klägerin nicht beanstandet -, stellt sich die Frage nicht, ob derartige Leistungen überhaupt geeignet sind, Überschreitungen bei den veranlassten physikalisch-medizinischen Leistungen zu kompensieren. Aus diesem Grunde bedurfte es hierzu auch keiner näheren Ausführungen im Bescheid des Beklagten.

39

5. Sind die angefochtenen Entscheidungen somit im Ergebnis nicht zu beanstanden, weist der Senat zur Vermeidung von Missverständnissen darauf hin, dass er nicht die Auffassung des LSG teilt, der Hinweis der Klägerin auf die in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen sei schon deshalb nicht beachtlich gewesen, weil er erstmals im Klageverfahren vorgebracht worden sei.

40

In der Wirtschaftlichkeitsprüfung besteht schon immer ein gewisses Spannungsfeld zwischen der nach § 20 Abs 1 SGB X bestehenden Verpflichtung der Prüfgremien, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, und der besonderen Mitwirkungspflicht des geprüften Arztes, die über die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 21 Abs 2 SGB X hinausgeht(BSG SozR 2200 § 368n Nr 31 S 101; BSG Urteil vom 9.3.1994 - 6 RKa 16/92 = USK 94131; BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 - USK 95137, S 738, insoweit in SozR 3-1300 § 16 Nr 1 nicht abgedruckt). Diese Mitwirkungspflicht ergibt sich daraus, dass dem Arzt ein Vergütungsanspruch nur dann zusteht, wenn er die Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen durfte; es ist daher seine Angelegenheit, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen, vor allem, wenn er sich auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (BSG SozR 2200 § 368n Nr 31 S 101; BSG Urteil vom 8.5.1985 - 6 RKa 24/83 - USK 85190 S 1015 f; vgl auch BSGE 59, 211, 215 = SozR 2200 § 368n Nr 40 S 133 und BSG SozR 2200 § 368n Nr 57 S 198).

41

Einwände, die der Arzt erst im gerichtlichen Verfahren vorbringt, obwohl es ihm oblegen hätte, diese schon den Prüfgremien gegenüber zu erheben, können unberücksichtigt bleiben, weil der Arzt nicht berechtigt ist, das Prüfverfahren zu unterlaufen und die den Prüfgremien vorbehaltene Prüfung in das gerichtliche Verfahren zu verlagern (BSG SozR 2200 § 368n Nr 57 S 197/198 - S 198 auch zu Hinweispflichten der Prüfgremien; vgl auch BSG Urteil vom 8.5.1985 - 6 RKa 24/83 - USK 85190 S 1015 f). Diese Rechtsfolge gebietet jedoch eine differenzierte Beurteilung des Umfangs der Darlegungsobliegenheiten des Arztes im Prüfungsverfahren.

42

Der Arzt ist jedenfalls gehalten, solche Umstände im Prüfungsverfahren, also spätestens gegenüber dem Beschwerdeausschuss, geltend zu machen, die sich aus der Atypik seiner Praxis ergeben, aus seiner Sicht auf der Hand liegen und den Prüfgremien nicht ohne Weiteres an Hand der Verordnungsdaten und der Honorarabrechnung bekannt sind oder sein müssen. Auch ein im Prüfungsverfahren nicht anwaltlich vertretener Arzt ist nicht überfordert, auf derartige Umstände - etwa die Betreuung von Versicherten in Altenheimen - hinzuweisen, wenn sich daraus aus seiner Sicht Auswirkungen auf die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit seiner Behandlungs- oder Verordnungsweise ergeben. Unterlässt er diesen gebotenen Vortrag, kann er mit seinem verspäteten Vorbringen ausgeschlossen werden.

43

Nicht gefordert werden können von einem Arzt hingegen Einwände, die das Prüfungsverfahren selbst betreffen, also etwa Bedenken gegen die Größe und richtige Zusammensetzung der Vergleichsgruppe. Dieser Einwand ist nicht mit einer - grundsätzlich den Prüfgremien vorbehaltenen - Beiziehung von Unterlagen (so zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 24) vergleichbar. Dasselbe gilt für Aspekte, die auf der Basis der im Prüfverfahren vorliegenden Unterlagen so offenkundig sind, dass die Gremien dem schon von Amts wegen nachgehen müssen (s Clemens in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106 RdNr 151 unter Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 295), bzw die anhand der bei der KÄV vorhandenen Unterlagen oder den Angaben des Arztes zumindest erkennbar sind (s Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand März 2012, § 106 RdNr 543 unter Hinweis auf BSGE 74, 70, 73 = SozR 3-2500 § 106 Nr 23 S 126 sowie BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 277; zur Begrenzung der Mitwirkungspflicht bei "offenkundigen" Anhaltspunkten s auch Engelhard aaO RdNr 548 unter Hinweis auf BSG SozR 2200 § 368n Nr 50 S 172 und BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 295). Das kann sich etwa für den hier betroffenen Gesichtspunkt selbst erbrachter physikalisch-medizinischer Leistungen ergeben. Da seit Jahren bekannt und auch in der Rechtsprechung erörtert worden ist, dass vergleichbare Leistungen in Praxen selbst erbracht oder veranlasst werden (s hierzu BSG USK 85190 S 1014 ff), ist bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit solcher Verordnungen dem von Amts wegen nachzugehen; der Arzt muss nicht um den Preis einer Präklusion von sich aus darauf hinweisen, wenn in seiner Praxis physikalisch-medizinische Leistungen nicht oder nur unterdurchschnittlich erbracht werden.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach haben die Klägerin und die Beigeladene zu 1. die Kosten des Revisionsverfahrens zu gleichen Teilen zu tragen, da sie mit ihren Rechtsmitteln erfolglos geblieben sind (§ 154 Abs 2 iVm § 159 Satz 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.