Gericht

Sozialgericht Landshut

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 1.407 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitgegenstand ist die Nachforderung von Pauschalbeträgen zur Rentenund Krankenversicherung sowie von Umlagebeiträgen aus der Tätigkeit der beigeladenen A. W. (im Folgenden: Beigeladene) für die Zeit vom 01.04.2015 bis 31.12.2015 in Höhe von 1.407,30 Euro (davon 236,50 Euro Säumniszuschläge).

Von Mai 2010 bis 31.03.2015 war die Beigeladene als geringfügig Beschäftigte mit einem Jahresentgelt in Höhe von (zuletzt) 4.800 Euro gemeldet. Ab April 2015 bis Dezember 2015 übte sie ihre Tätigkeit als Lohn- und Finanzbuchhalterin auf Selbständigenbasis aus und stellte Rechnungen in Höhe von 400 Euro monatlich. Ebenfalls auf Selbständigenbasis verrichtete die Beigeladene im Prüfzeitraum ab 01.01.2013 noch Buchhaltungsarbeiten für folgende Auftraggeber:

- … Maschinen- und Anlagenbau GmbH

- … Recycling GmbH und

- … Industrie Immobilien GmbH.

Bei letzterem Unternehmen (Geschäftsführer: M.) ist die Beigeladene seit 01.01.2016 als Teilzeitbeschäftigte mit einem Monatsentgelt von 2.500 Euro gemeldet.

Ihr selbständiges Gewerbe hat die Beigeladene zum 31.12.2015 abgemeldet.

Laut ihren Angaben im Rahmen der Betriebsprüfung hat die Beigeladene für die Klägerin alle anfallenden Buchhaltungs- und Lohnabrechnungsarbeiten erledigt. Schriftliche Verträge seien nicht geschlossen worden, es gäbe nur mündliche Absprachen. Ihre Tätigkeit habe sie „zu 95%“ in den Räumlichkeiten des Auftraggebers verrichtet. Eigene Arbeitsmittel musste sie nicht einsetzen. Sie sei nicht weisungsgebunden gewesen und habe sich ihre Arbeitszeit selbst einteilen können.

Mit Bescheid vom 10.01.2018 stellte die Beklagte fest, dass die Beigeladene im Zeitraum vom 01.04.2015 bis 31.12.2015 eine abhängige Beschäftigung im Rahmen einer geringfügigen Tätigkeit ausgeübt habe. Pauschalbeträge zur Renten- und Krankenversicherung sowie die Umlagebeiträge seien nachzuberechnen.

Die Beklagte begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Beigeladene in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Sie habe bei ihrer Tätigkeit einen PC der Firma und auch das Lohnabrechnungs- und Finanzbuchhaltungsprogramm des Betriebes verwendet. Für die Lohnabrechnung sei eine Anbindung an den Rechner der Firma erforderlich, so dass die Tätigkeit im häuslichen Büro höchstens als Telearbeit und nicht als selbständige Tätigkeit durchgeführt werden könne.

Die Abrechnung sei ausschließlich auf Stundenbasis erfolgt. Ein Unternehmerrisiko sei nicht ersichtlich, die Beigeladene habe allenfalls ein arbeitnehmerspezifisches Einkommensrisiko getragen.

Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche ferner, dass die Beigeladene dieselben Tätigkeiten in der Zeit vom 01.01.2013 bis 31.03.2015 als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin ausgeübt habe.

Die Beigeladene sei zwar für mehrere Auftraggeber tätig gewesen. Allerdings stelle dies nur ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar, da alle Beschäftigungen getrennt zu beurteilen seien. Das deutsche Recht kenne den Typus des „universellen Selbständigen“ nicht.

Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Umstände würden die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegen.

Für die nachzufordernden Beiträge seien auch Säumniszuschläge zu erheben. Bei dem vorliegenden Sachverhalt könne nicht von unverschuldeter Unkenntnis im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV ausgegangen werden.

Unter Zugrundelegung der bekannten monatlichen Entgelte, die die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten, errechnete die Beklagte eine Beitragsnachforderung in Höhe von 1.170,80 Euro zuzüglich Säumniszuschläge in Höhe von 236,50 Euro.

Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.01.2018 unter ausführlicher Darlegung der arbeits- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung zum Arbeitnehmerbegriff Widerspruch. Nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien sei die Beigeladene nicht als Arbeitnehmerin anzusehen, sondern als selbständige Buchhalterin. Aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung habe sie die ihr übertragenen Finanz- und Lohnbuchhaltungsarbeiten eigenständig durchgeführt, ohne dass ihr von Seiten der Klägerin inhaltliche Weisungen erteilt oder Vorgaben gemacht worden wären. Auch hinsichtlich der Arbeitszeit sei die Beigeladene völlig frei gewesen. Die Einhaltung der - wenigen - vorgegebenen Termine sei nicht Ausfluss eines Weisungsrechts der Klägerin gegenüber der Beigeladenen, sondern dies entspreche der vertraglich gegenüber der Klägerin übernommenen Verpflichtung. Eine organisatorische Einbindung der Beigeladenen in die geschäftlichen Abläufe bei der Klägerin sei nicht erfolgt.

Wegen des weiteren Vorbringens im Widerspruchsverfahren wird auf den Schriftsatz vom 22.01.2018 sowie insbesondere auf das darin wiedergegebene Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.09.2016, L 4 R 2120/15 ZVW, Bezug genommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2018 wies die Beklagte den Widerspruch im vollem Umfang zurück.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

Unter Hinweis auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren führte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin u.a. ergänzend aus: Die Ermittlung der Berechnungsgrundlage unter Anwendung der gesetzlichen Nettolohnfiktion des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV sei rechtswidrig. Die Beklagte unterstelle ohne weitere Begründung ein Verschulden der Klägerin, wobei sie den Verschuldensmaßstab nicht darlegen könne.

In ihrer Klageerwiderung vom 25.06.2018 trug die Beklagte im Wesentlichen vor:

Grundlage ihrer Feststellung, dass auch in der Zeit vom 01.04.2015 bis 31.12.2015 eine geringfügig entlohnte Beschäftigung vorgelegen habe, seien die Angaben der Beigeladenen zu ihrer Tätigkeit gewesen. Diese habe erklärt, dass sich bezüglich der Art der Arbeit keine Änderung zu der Zeit ergeben habe, in der sie als Arbeitnehmerin bei der Minijobzentrale gemeldet war.

Die Beigeladene habe sicherlich die anfallenden Arbeiten aufgrund ihrer Fachkenntnis selbständig erledigt; dies gelte aber in gleicher Weise für eine abhängig beschäftigte Buchhalterin mit entsprechenden Fachkenntnissen. Die Pauschalbeiträge seien aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt berechnet worden. Eine Nettolohnhochrechnung, wie vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterstellt, sei nicht durchgeführt worden.

Insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass für die gleiche Tätigkeit in der Zeit vom 01.01.2013 bis 31.03.2015 eine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgte, seien Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV zu Recht erhoben worden.

Der im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.09.2016 entschiedene Sachverhalt sei mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Die Beigeladene habe - im Unterschied zum dort entschiedenen Fall - keine Arbeitnehmer beschäftigt und auch nicht Dritte mit der Erledigung der Arbeiten für die Klägerin beauftragt.

Mit Schriftsatz vom 22.08.2018 wies der Prozessbevollmächtigte der Klägerin u.a. darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fehlendes oder geringes Unternehmerrisiko bei reinen Dienstleistungen kein ins Gewicht fallendes Indiz sei.

Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sei nicht begründet worden und auch nicht gewollt gewesen. Gerade bei Tätigkeiten, deren Erfüllung ein besonderes Vertrauen über einen längeren Zeitraum oder eine besondere Expertise voraussetzt, sei die Leistungserbringung durch eine bestimmte Person häufig als Vertragsinhalt anzusehen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung gab die Beigeladene an, sie habe ab 01.04.2015 bei einer anderen Firma auf Geringverdienerbasis angefangen und deshalb bei der Klägerin auf Selbständigenbasis umgestellt. Sie habe im Prinzip die gleichen Tätigkeiten wie bei der Firma … Industrie Immobilien GmbH gemacht. Den zeitlichen Umfang, bezogen auf die Tätigkeit vor dem 01.04.2015 als Geringverdienerin, wisse sie nicht mehr.

Zum Schluss der mündlichen Verhandlung stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 10.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2018 aufzuheben.

Die Beklagtenvertreterin stellte den Antrag,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen stellten keine Anträge.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, auf die zwischen den Beteiligten im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung im vorliegenden Verfahren sowie im Parallelverfahren S 1 BA 30/18 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Beklagte hat zurecht festgestellt, dass die Beigeladene ihre Buchhaltungstätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 01.04.2015 bis 31.12.2015 im Rahmen eines - geringfügigen - Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat. Die Klägerin ist als (ehemalige) Arbeitgeberin verpflichtet, die angefallenen Sozialversicherungsbeiträge (Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie Umlagebeiträge) in gesetzlicher Höhe nachzuentrichten. Auch die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für die Erhebung von Säumniszuschlägen sind erfüllt.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Die Voraussetzungen einer Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV liegen vor.

Zu nennen sind insbesondere die Eingliederung in die organisatorischen Strukturen der Klägerin, die persönliche Leistungserbringung, die zeitabhängige Vergütung und das Fehlen jeglichen Unternehmerrisikos.

Für eine selbständige Tätigkeit spricht im Wesentlichen, dass eine solche zwischen den Beteiligten gewollt war und das Weisungsrecht der Klägerin nur in sehr abgeschwächter Form zum Tragen kam. Außerdem erledigte die Beigeladene Buchhaltungsarbeiten auch für andere Auftraggeber auf Selbständigenbasis.

Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 07.03.2018, denen sich die Kammer anschließt, sowie auf die Parallelentscheidung der erkennenden Kammer vom 11.03.2019 (S 1 BA 30/18) Bezug genommen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird insoweit abgesehen (§ 136 Abs. 3 SGG).

2. Den von Klägerseite vorgebrachten Bedenken gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen kann sich die Kammer nicht anschließen. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuletzt Urteil vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R) ist zwar davon auszugehen, dass für die Bestimmung des Verschuldensmaßstabes in § 24 Abs. 2 SGB IV (ebenso wie nach § 14 Abs. 2 SGB IV und § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) auf bedingten Vorsatz abzustellen ist.

Ist eine juristische Person des Privatrechts Beitragsschuldnerin, kommt es zunächst auf die Kenntnis oder unverschuldete Unkenntnis zumindest eines Mitglieds eines Organs von der Beitragspflicht an. Wissen und Verschulden eines vertretungsberechtigten Organmitglieds ist als dasjenige des Organs anzusehen und damit auch der juristischen Person zuzurechnen. Das gleiche gilt nach dem Rechtsgedanken der §§ 166, 278 BGB für andere zum Vertreter der juristischen Person bestellte natürliche Personen, sofern sie eigenverantwortlich mit der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung einer Tätigkeit für die juristische Person und der Erfüllung ihrer Zahlungspflicht betraut sind. Auch die Kenntnis und das Verschulden weiterer verantwortlicher Personen kann der betroffenen juristischen Person zuzurechnen sein, wenn keine Organisationsstrukturen geschaffen wurden, um entsprechende Informationen aufzunehmen und intern weiterzugeben (BSG a.a.O. juris RdNr. 24).

Für die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht trägt die Klägerin die objektive Beweislast. § 24 Abs. 2 SGB IV ist als Ausnahme von der Erhebung von Säumniszuschlägen ausgestaltet, so dass derjenige beweispflichtig ist, der sich auf die rechtsbegründenden Tatsachen der Ausnahme beruft. Dabei genügt der abgesenkte Beweisgrad der Glaubhaftmachung (BSG a.a.O. juris RdNr.25).

3. Bei Anwendung der vom BSG aufgestellten Grundsätze ist vorliegend von bedingtem Vorsatz auszugehen.

Die Beigeladene hat die hier streitige Tätigkeit jahrelang im Rahmen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung gem. § 8 Abs. 1 Ziff. 1 SGB IV ausgeübt. Nachdem sie ab 01.04.2015 bei einem anderen Arbeitgeber auf Geringverdienerbasis eine Beschäftigung aufnahm, hat sie die Tätigkeit bei der Klägerin auf Selbständigenbasis umgestellt. Art und Umfang der Tätigkeit hatten sich nicht geändert. Unter diesen Umständen hätten bei den Verantwortlichen der Klägerin bzw. der Beigeladenen die Alarmglocken klingeln müssen, ob man dieselbe Tätigkeit - einfach so - nunmehr sozialversicherungsrechtlich unter einem anderen „Etikett“ weiterführen kann.

Nach dem Eindruck der Kammer lag bei der Klägerin bzw. den für sie handelnden Personen in der Vergangenheit ein grundsätzliches Missverständnis vor. Man ging offenbar davon aus, dass es zur Handlungsfreiheit des Betroffenen gehört, eine Tätigkeit entweder im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung oder als Selbständige auszuüben. Diese Sichtweise mag bei einem rechtlichen Laien verständlich sein.

Ein GmbH-Geschäftsführer und erst recht eine erfahrene Lohnbuchhalterin muss jedoch wissen, dass man bei der sozialversicherungsrechtlichen Einordnung einer Tätigkeit nicht ohne weiteres zwischen beitragspflichtiger Beschäftigung und beitragsfreier selbständiger Tätigkeit wählen kann, sondern dass hierbei zwingende gesetzliche Vorgaben zu beachten sind.

Der Schutzbereich des Artikels 12 Abs. 1 GG ist schon deswegen nicht berührt, weil es nicht um die Wahl oder Ausübung des Berufs der Beigeladenen geht, sondern (an die Berufsausübung anknüpfende) Beitragspflichten des Arbeitgebers. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 SGB IV hat keine objektiv berufsregelnde Tendenz (vgl. Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 26.06.2007, 1 BvR 2204/00 u.a.).

Im Übrigen verfügt der Gesetzgeber auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts über eine besonders weite Gestaltungsfreiheit, die nur eingeschränkter verfassungsgerichtlicher Kontrolle unterliegt (BVerfG, 23.01.1990, 1 BvL 44/86).

4. Nach Auffassung der Kammer hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie unverschuldet keine Kenntnis von ihrer Zahlungspflicht hatte. Das Wissen bzw. Nichtwissen der Beigeladenen muss sich die Klägerin dabei zurechnen lassen.

Es kann auch im Rahmen bedingten Vorsatzes vorwerfbar sein, wenn ein Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit darauf verzichtet, die Entscheidung einer fachkundigen Stelle herbeizuführen (BSG vom 12.12.2018 a.a.O. - juris RdNr. 24).

Die Klage war daher in vollem Umfang abzuweisen.

5. Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG und ergibt sich aus der streitigen Forderung.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Landshut Urteil, 11. März 2019 - S 1 BA 22/18

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 14 Arbeitsentgelt


(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus de

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 136


(1) Das Urteil enthält 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidun

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 24 Säumniszuschlag


(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgeru

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 25 Verjährung


(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden

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Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen. Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um den s

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(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.

(1a) (weggefallen)

(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit der Klägerin als Buchhalterin für die Beigeladene zu 1 zwischen dem 1. Januar 2005 und dem 30. April 2013 und das Bestehen von Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund dieser Tätigkeit.
Die Klägerin ist gelernte Wirtschaftsassistentin, Industriekauffrau und Bilanzbuchhalterin. Sie hat vier in den Jahren 1990, 2000, 2004 und 2006 geborene Kinder. Seit 1. Dezember 1993 hat sie ein Gewerbe „Büroservice“ angemeldet, das sie nach dem Urteil des Senats vom 19. April 2013 (dazu noch unten) zum 30. April 2013 abmeldete; anschließend war sie von der Beigeladenen zu 1 als geringfügig Beschäftigte gemeldet. Die Beigeladene zu 1 ist ein mittelständisches Unternehmen mit im streitgegenständlichen Zeitraum ca. 15 Mitarbeitern.
Bis Ende März 2001 war die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1 als Bilanzbuchhalterin/Lohnbuchhalterin in Teilzeit (20 Stunden wöchentlich) tätig und als abhängig Beschäftigte zur Sozialversicherung gemeldet. Sie hatte feste Arbeitszeiten in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1 von täglich 8.00 bis 12.00 Uhr. Ab dem 1. April 2001 war sie – bis zum 30. April 2013 – aufgrund mündlich geschlossenen Vertrages weiter als Buchhalterin/Lohnbuchhalterin für die Beigeladene zu 1 tätig, wobei die Klägerin und die Beigeladene zu 1 nunmehr davon ausgingen, dass es sich um eine selbständige Tätigkeit handele. Die Klägerin verrichtete ihre Tätigkeit nunmehr überwiegend von zu Hause aus. Am 15. Dezember 2001 mietete sie einen neun Quadratmeter großen Büroraum unter ihrer Wohnanschrift von ihrem Ehemann zu einer monatlichen Miete von EUR 87,64 einschließlich Nebenkosten ab 1. Januar 2002 an. Außerdem ist sie Autorin des Buches „Zeitfalle Kind“, das sie selbst vermarktet. Sie ist bei der Beigeladenen zu 2 freiwillig krankenversichert.
Neben ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 hatte die Klägerin zunächst bis 2004 mehrere andere Auftraggeber. Aufgrund familiärer Verpflichtungen beendete sie die übrigen Auftragsverhältnisse 2004 und schränkte auch ihre Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 von zuvor 20 auf nunmehr noch 15 bis 16 Stunden wöchentlich ein. Die von ihr abgegebenen Aufgaben, z.B. Zahlungserinnerungen, Mahnungen, erledigte seitdem ein bei der Beigeladenen zu 1 abhängig beschäftigter Bürokaufmann, der ihr insoweit zuarbeitete. Teilweise arbeitete die Klägerin in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1, wobei der Umfang und der Zeitpunkt der Tätigkeit in den Geschäftsräumen in der freien Entscheidung der Klägerin lag; sie teilte ihre Anwesenheitszeiten der Beigeladenen zu 1 jeweils in der Vorwoche mit. Zur Anwesenheit verpflichtet war sie lediglich dann, wenn Prüfungen seitens der Sozialversicherungsträger, des Finanzamtes et cetera vor Ort stattfanden. Wenn die Klägerin in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1 tätig wurde, tauschte sie dort Belege und Unterlagen aus, besprach Änderungen und Sonderfälle, besonders im Personalbereich, und erledigte besonders dringende Angelegenheiten. Sie nutzt dort das auf den Betrieb abgestimmte Lexware-Buchhaltungsprogramm in der jeweils aktuellen Version, über das sie selbst nicht verfügte. Die Klägerin verfügte nicht über einen eigenen Schreibtisch bei der Beigeladenen zu 1, sondern nutzte jeweils einen gerade freien Schreibtisch.
Die Klägerin war verpflichtet, alle anfallenden Lohnbuchhaltungsaufgaben zu erfüllen. Die Klägerin und die Beigeladene zu 1 gingen dabei davon aus, dass hierfür im streitgegenständlichen Zeitraum 15 bis 16 Wochenstunden ausreichten. Für eine Tätigkeit in diesem Umfang war die Klägerin berechtigt, der Beigeladenen zu 1 einen Betrag von monatlich EUR 1.500,00 zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen. Soweit die anfallende Arbeit einen wesentlich größeren Zeitaufwand (etwa bei Prüfungen durch das Finanzamt) oder einen geringeren Aufwand verursachte, war die Klägerin berechtigt bzw. verpflichtet, für die betroffenen Monate abweichend von dem Pauschalbetrag eine höhere oder niedrigere Vergütung zu beanspruchen. Die Rechnungen stellte die Klägerin meist zu Anfang des jeweiligen Monats, jedenfalls weit überwiegend in der ersten Hälfte des Monats. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 machte bis 2004 ca. 88 Prozent des Gesamtumsatzes der selbständigen Tätigkeit der Klägerin aus, 2005 97,5 Prozent, 2006 100 Prozent, 2007 bis 2008 99 Prozent. 2009 akquirierte sie einen neuen Auftraggeber und erledigt seitdem zusätzlich die Buchhaltung ihres Ehemannes, der neben einer abhängigen Beschäftigung in Vollzeit nebenberuflich eine Landwirtschaft betreibt.
Die Klägerin beschäftigte vom 13. Februar bis 31. März 2006 D. K. (im Folgenden: K) versicherungspflichtig, die sie bei den Jahresabschlussarbeiten für die Beigeladene zu 1 unterstützte. K wurde ausschließlich im Büro der Klägerin, nicht in den Räumen der Beigeladenen zu 1 tätig. Die Klägerin beschäftigte vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005 C. S. (im Folgenden: S) geringfügig und vom 1. Juli 2007 bis 31. Oktober 2008 im Haushaltsscheckverfahren, im ersten Zeitraum mit Bürotätigkeiten (ebenfalls ausschließlich im Büro der Klägerin, nicht in den Räumen der Beigeladenen zu 1), im zweiten Zeitraum mit Haushaltstätigkeiten. Im 2. und 3. Quartal 2008 beauftragte sie den HK Buchhaltungs- und Büroservice von Frau H. (im Folgenden H) mit Buchhaltungsarbeiten für die Beigeladene zu 1, wofür ihr am 24. September 2008 für 7,5 Stunden EUR 225,00 zzgl. MWSt. und am 3. Oktober 2008 für sechs Stunden EUR 240,00 zzgl. Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt wurden. H wurde ausschließlich in eigenen Räumlichkeiten tätig. Die Klägerin beauftragte K, S und H ausschließlich auf eigene Rechnung; sie stellte diese Kosten der Beigeladene zu 1 nicht in Rechnung. Die Kläger fragte die Beigeladene zu 1 wegen der Einschaltung der K, S und H nicht um Erlaubnis.
Die Beklagte führte bei der Beigeladenen zu 1 am 3. und 4. März 2005 eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2004 durch. Mit Bescheid vom 27. April 2005 forderte die Beklagte von der Beigeladenen zu 1 Beiträge aufgrund von Beanstandungen bezüglich Beschäftigten in der Gleitzone und bei Kurzarbeit nach und erstattete zu viel entrichtete Beiträge für vermögenswirksame Leistungen während Krankengeldbezuges. Der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin ist nicht Gegenstand des Betriebsprüfungsbescheides.
Am 12. Februar und 30. April 2009 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 1 für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 durch. Diese führte – nach Anhörung – zu einer Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen sowie der Umlagen U1 und U2 mit Bescheid vom 22. Dezember 2009 gegenüber der Beigeladenen zu 1 in Höhe von EUR 31.846,36, die zu einem geringem Teil aus der Nichtberücksichtigung einer Beitragsänderung zur Krankenkasse für einen anderen Arbeitnehmer, weit überwiegend aber aus der Feststellung folgte, dass die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1 eine abhängige Beschäftigung sei und der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der Umlagepflicht zu den Umlagen U1 und U2 unterliege. Der Widerspruch der Beigeladenen zu 1 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 zurückgewiesen, auf ihren Antrag wurde die Vollziehung der Beitragsforderung ausgesetzt. Das von der Beigeladenen zu 1 angestrengte Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (S 25 R 4174/10) ruht im Hinblick auf den Ausgang des hiesigen Verfahrens.
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 stellte die Beklagte – nach Anhörung – gegenüber der Klägerin fest, dass diese seit dem 1. Januar 2005 als Buchhalterin versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sei. Die Beurteilung der Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliege, richte sich in erster Linie nach dem Recht der Sozialversicherung und erst nachrangig nach dem Parteiwillen. Maßgebend seien die tatsächlichen Verhältnisse, hinter denen die vertragliche Ausgestaltung bei deren Abweichen zurücktrete. Dabei sei eine Gesamtwürdigung anhand der Merkmale Weisungsgebundenheit, Eingliederung in den Betrieb oder unternehmerisches Auftreten am Markt vorzunehmen. Es werde nicht bezweifelt, dass die Klägerin – wie von ihr angegeben – weisungsfrei arbeite. Gleichwohl könne dem Grunde nach ein Weisungsrecht bestehen. Dieses sei nach der Rechtsprechung bei Diensten höherer Art zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe verfeinert. Die Klägerin unterliege zwar keinen direkten zeitlichen Weisungen. Weitgehende Freiheit bei der Zeiteinteilung gebe es jedoch auch bei Arbeitnehmern. Gerade bei Teilzeitkräften könne der Arbeitgeber nicht davon ausgehen, dass sie im selben Maß wie Vollzeitkräfte zur Verfügung stünden, so dass es sinnvoll sei, sie entscheiden zu lassen, wann sie arbeiten wollten. Eine Eingliederung in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers liege vor, wenn der Beschäftigte die Arbeitsleistung in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation erbringe, in die Hierarchie mit Vorgesetzten und/oder Arbeitnehmern eingeordnet sei und/oder betriebliche Arbeitsmittel oder Einrichtungen der Fremdfirma nutze. Nach Angaben der Klägerin arbeite diese zumindest teilweise in den Räumen der Beigeladenen zu 1 und nutze dort technische Geräte und auf Wunsch der Beigeladenen zu 1 das Lohnbuchhaltungsprogramm Lexware. Sie sei Ansprechpartner für Dritte, z.B. bei Betriebsprüfungen. Ein selbständiger Unternehmer arbeite mit eigenen Hilfsmitteln. Die Klägerin bekomme bei der Beigeladenen zu 1 einen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und arbeite mit Arbeitnehmern der Beigeladenen zu 1 zusammen. Weiteres Indiz für die Eingliederung sei, dass die Klägerin dieselbe Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 bis Ende März 2001 als abhängig Beschäftigte verrichtet habe. Auch trage die Klägerin kein Unternehmerrisiko, woran weder die Stellung von Rechnungen noch die von der Klägerin vorgetragene Kalkulation ihres Aufwandes etwas ändere. Das Risiko, bei Entzug des Auftrages nicht arbeitslosenversichert zu sein, und keine weitere Entlohnung zu erhalten, ebenso wie das Fehlen von Urlaubsanspruch und Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit, sei kein Unternehmerrisiko, sondern nur Folge der gewählten Gestaltung. Letztere Ansprüche entstünden vielmehr kraft Gesetzes, wenn die Kriterien abhängiger Beschäftigung vorlägen. Selbst finanzierte Weiterbildungen seien auch bei Arbeitnehmern nicht unüblich. Da jedes Beschäftigungsverhältnis getrennt zu beurteilen sei, begründe das Vorhandensein mehrerer Auftraggeber nicht zwangsläufig eine selbständige Tätigkeit, ebenso wenig wie die Gewerbeanmeldung.
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Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 20. Januar 2010 Widerspruch. Sie sei lediglich nebenberuflich selbständig tätig, im Hauptberuf sei sie Mutter von vier Kindern. Sie könne nicht genauso eingestuft werden wie Männer, deren Ehefrauen die Kinder erzögen oder Frauen ohne Kinder oder mit wenigen Kindern. Die Höhe des Kindergeldes und der Unterhalt von ihrem Ehemann seien wesentliches Einkommen aus anderer Quelle. Sie bekomme wegen der Kindererziehung Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gutgeschrieben. Das diesen zugrunde gelegte Einkommen übersteige ihr nebenberufliches Einkommen mehrfach. Auch bei der Beigeladenen zu 2 sei sie als nebenberuflich Selbständige (bis 16 Stunden) gewinnabhängig freiwillig krankenversichert. Sie sei als Bilanzbuchhalterin, nicht als einfache Buchhalterin tätig und müsse daher behandelt werden wie ein Steuerberater, dessen Selbständigkeit nicht bezweifelt werde. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer würden sich ebenfalls zeitweilig in den Räumen ihrer Auftraggeber aufhalten, z.B. bei Betriebsprüfungen. Da das Gesetz über die Scheinselbständigkeit bereits 2003 wieder abgeschafft worden sei, dürfe die Beklagte keine anderen Sozialversicherungspflichten als die zur Rentenversicherung prüfen. Die Beklagte habe nicht die Beigeladene zu 2 für sie als Krankenkasse wählen dürfen, nur weil sie bei dieser zuletzt versichert gewesen sei. Da sie freiwillig versichert sei, könne nicht korrekt sein, dass sie zusätzliche, also im Ergebnis doppelte Krankenversicherungsbeiträge abführen müsse. Im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses hätte sie mit vier Kindern nicht arbeiten können. Die Beigeladene zu 1 hätte ihr keine Sonderrechte gegenüber anderen Arbeitnehmern einräumen dürfen. Sie könne sich bei Arbeiten vertreten lassen, habe ein eigenes Büro, trage geschäftliche Unkosten selbst, zahle ihre Hilfskräfte selbst, sie arbeite länger an ihrem eigenen Arbeitsplatz als an dem bei der Beigeladenen zu 1. Natürlich müsse auch sie als Selbständige Termine mit dem Kunden für Besprechungen und Übernahme von Unterlagen vereinbaren. Bezüglich der Nutzung des Lexware-Programmes erfülle sie nur den Wunsch der Beklagten, das Programm koste nicht viel. Sie habe betriebliche Kosten, wie aus ihren Steuerbescheiden ersichtlich sei. Sehr viele andere Kunden könne sie nicht bedienen. Unternehmerisches Risiko sei der Verlust der Beigeladenen zu 1 durch dieses Verfahren als Kunden, Unklarheiten bezüglich der Sozialversicherung, unbezahlter Zeitaufwand für das Anwerben von Neukunden sowie Beauftragung von Aushilfen und einer Fremdfirma. Auf den eigenen „heimatnahen“ Büroraum sei sie angewiesen, ihre Fortbildung zur Bilanzbuchhalterin sei im Verhältnis zu ihren Einkünften kostspielig gewesen, sie habe einen Kredit aufnehmen müssen. Sie verwies auch auf ihre vorangegangene Stellungnahme vom 24. Juni 2009 zur Anhörung, in welcher sie u.a. ausführte, sie sei ausreichend abgesichert, habe einen Anspruch auf einen Anteil der Rentenversicherung ihres Ehemannes im Falle der Trennung und auf Witwenrente bei dessen Ableben. Die Arbeitslosenversicherung sei angesichts der heutzutage eingeschränkten Leistungen für sie nicht von Vorteil, zumal sie mit vier Kindern nicht jede angebotene Arbeit annehmen könne und ihr Ehemann zu viel verdiene, als dass sie Arbeitslosengeld II erhalten könne. Sie habe den Wunsch gehabt, auch für andere Kunden tätig zu sein. Vorübergehend ließen ihr aber ihre Kinder nicht die Zeit für endlos viele Auftraggeber und eine Vollzeitselbständigkeit. Wenn im September (2009) alle Kinder im Kindergarten seien und sie nicht mehr auf deren Beaufsichtigung durch ihre Eltern angewiesen sei, werde sich ihre Anwesenheit in den Räumen der Beigeladenen zu 1 deutlich reduzieren. Sie trete mit der Vermarktung ihres Buches am Markt auf, dies beanspruche in den letzten Jahren einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsauschuss den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Beigeladene zu 1 habe der Klägerin Art und Umfang der zu leistenden Arbeiten im Rahmen einer mündlichen Vereinbarung vorgegeben. Die Klägerin habe alle in diesem Zusammenhang anfallenden Arbeiten erledigt, offensichtlich auch nach konkreter Einzelweisung. Nach Angaben der Klägerin seien immer wieder Rücksprachen zu bestimmten Sachverhalten notwendig gewesen. Bei fachlich qualifizierten Tätigkeiten würden generell Weisungen nur in geringem Umfang erteilt. Dies bedeute keine fachlichen Freiheiten, die über die abhängig Beschäftigten gleicher Qualifikation eingeräumten hinausgingen. Es bestehe auch keine unbeschränkte Weisungsfreiheit in zeitlicher Hinsicht. Die in den Räumen der Beigeladenen zu 1 ausgeübten Tätigkeiten machten es notwendig, zumindest teilweise zu den betriebsüblichen Zeiten zu arbeiten. Soweit die Klägerin zu Hause arbeite, habe sie zwar zeitliche Gestaltungsspielräume. Jedoch gebe es auch bei Arbeitnehmern – insbesondere im Bürobereich – verbreitet flexible Arbeitszeitmodelle. Freie Zeiteinteilung gebe es bei Heimarbeitern und Telearbeit. Weitgehend freie Zeiteinteilung sei daher kein schwerwiegendes Indiz für selbständige Tätigkeit. Hinsichtlich der örtlichen Weisungsgebundenheit sei jedenfalls ein Teil der Tätigkeit in den Räumen der Beigeladenen zu 1 verrichtet worden. Es liege auch betriebliche Integration vor, denn zumindest teilweise habe die Klägerin die Betriebseinrichtung der Beigeladenen zu 1 genutzt. Zwar sei die Klägerin nicht zu persönlicher Arbeitsleistung verpflichtet gewesen, doch habe sie die Arbeiten fast ausschließlich selbst erbracht. Er (der Widerspruchsausschuss) gehe davon aus, dass angesichts der Umstände, die zur Änderung der Ausgestaltung der Tätigkeit im Jahr 2001 geführt hätten, die Beigeladene zu 1 Wert darauf gelegt habe, dass die Arbeit im Wesentlichen von der Klägerin verrichtet werde. Der Einsatz eigener Mitarbeiter sei schwach ausgeprägt gewesen. K sei nur sechs Wochen beschäftigt worden, S wenige Monate geringfügig im Jahr 2005 und 2007/2008 unter der Betriebsnummer des Privathaushalts. Die Beauftragung des HK Buchhaltungs- und Büroservices sei ebenfalls in äußerst geringem Umfang erfolgt. Die Anmietung des Büroraumes beinhalte angesichts der geringen Kosten und der Tatsache, dass der Raum im eigenen Haus ohnehin vorhanden gewesen sei, nur ein geringes Risiko. PC und Faxgerät seien auch in Privathaushalten üblich und bedeuteten nur geringen Aufwand. Die geringen Kosten seien mithin überwiegend dem Privatbereich zuzuordnen ohne tatsächliches Verlustrisiko. Die Gewerbeanmeldung habe angesichts der Tatsache, dass die Gewerbeämter das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit nicht prüfen dürften, allenfalls deklaratorische Bedeutung. Auch die Veranlagung beim Finanzamt als Selbständiger erfolge zunächst aufgrund der Angaben des Betroffenen und werde nur in Ausnahmefällen nachgeprüft. Zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 liege kein Werkvertrag vor, denn die Klägerin sei nicht zur Lieferung eines abgegrenzten Werkes verpflichtet, sondern zur Erledigung verschiedener Arbeiten, die offensichtlich mit dem Inhalt der bis Ende März 2001 ausgeübten abhängigen Beschäftigung weitgehend übereinstimmten. Der genaue Umfang und Inhalt der Arbeiten habe sich aus den betrieblichen Abläufen und Anweisungen der Beigeladenen zu 1 ergeben. Die Aufgabenzuweisung entspreche den Regelungen in einem Arbeitsvertrag. Der Erfolg des Arbeitseinsatzes sei nicht ungewiss gewesen. Die Bezahlung sei nicht nach Erfolg, sondern pauschal nach vorher festgelegtem Satz, orientiert am Arbeitsumfang, erfolgt. Ohne Bedeutung sei, ob die Beschäftigung haupt- oder nebenberuflich ausgeübt werde und die Klägerin aufgrund der Kindererziehung nicht zu einem größeren Arbeitsumfang für andere Auftraggeber imstande gewesen sei. Eine Gleichbehandlung mit Steuerberatern, die im Übrigen auch nicht grundsätzlich als Selbständige anzusehen seien, sei nicht gerechtfertigt. Gegenstand sei hier nicht die umgangssprachliche Scheinselbständigkeit, sondern die sozialversicherungsrechtliche Statusfeststellung. Trotz des Vorliegens von Anhaltspunkten für eine Selbständigkeit überwögen in der Gesamtschau die Kriterien für eine abhängige Beschäftigung. Bei Vorliegen der Voraussetzungen trete Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ein, auch wenn eine freiwillige Versicherung bestehe. Sei das freiwillige Versicherungsverhältnis zu Unrecht durchgeführt worden, sei es rückwirkend aufzuheben.
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Die Klägerin erhob am 5. Juli 2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung wiederholte sie ihren Vortrag im Verwaltungsverfahren und ergänzte, sie sei im Prüfzeitraum nur aus privaten Gründen nicht am Markt aufgetreten. Bei einer Betriebsprüfung 2005 habe die Beklagte ihre Selbständigkeit für den Zeitraum 2001 bis 2004 nicht beanstandet. Sie (die Klägerin) könne Personal beschäftigen und Aufträge ablehnen. Die einzigen Vorgaben seien, dass Monatsabschluss und Gehaltsabrechnungen den gesetzlichen Vorschriften entsprechen müssten. Termine würden nur vom Finanzamt gesetzt. Das Lexware-Programm sei von ihr konfiguriert worden. Der Wert des von ihr eingebrachten geistigen Eigentums übersteige den Anschaffungswert um ein Vielfaches. Im Vergleich zum anerkanntermaßen selbständigen Versicherungsmakler sei sie weitaus selbständiger.
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Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Bescheid vom 23. Dezember 2009 und Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 entgegen.
14 
Das SG hörte die Klägerin und den Geschäftsführer der mit Beschluss vom 4. November 2010 Beigeladenen zu 1 an. Die mit Beschluss des SG vom 14. April 2011 Beigeladene zu 2 äußerte sich nicht.
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Mit Urteil vom 14. April 2011 hob das SG den Bescheid vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 auf und stellte fest, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2005 bei der Beigeladenen zu 1 nicht gesamtsozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Die Klägerin sei bei ihrer Tätigkeit nicht in den Betrieb der Beigeladenen zu 1 eingegliedert. Sie führe ihre Tätigkeit eigenverantwortlich ohne inhaltliche Vorgaben aus. Von der Tätigkeit einer Arbeitnehmerin unterscheide sich die Tätigkeit der Klägerin zum einen in der freien Gestaltung der Arbeitszeit. Sie arbeite nur deswegen zweimal wöchentlich am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1, weil sie dort ihrer Mutter das betreuungsbedürftige Kind anvertrauen könne. Die Fristengebundenheit der zu erledigenden Vorgänge resultiere nicht aus zeitlichen Vorgaben der Beigeladenen zu 1, sondern ergebe sich aufgrund steuer- und sozialversicherungsrechtlich einzuhaltender Fristen. Weisungsgebundenheit lasse sich nicht damit begründen, dass die Klägerin z.B. zur Erfassung der Buchhaltung und des Personalabrufs gezwungen sei, teilweise in den Räumen der Beigeladenen zu 1 zu arbeiten. Von besonderer Bedeutung für die Abwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände sei, dass erhebliche Gründe, die Erziehung der vier Kinder und Mithilfe in der Landwirtschaft des Ehemannes, die Klägerin veranlasst hätten, für die Beigeladene zu 1 die nicht zeitgebundene und im Übrigen weisungsfreie Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin zu verrichten. Demgegenüber träten der geringe Kapitaleinsatz, das Fehlen einer sonstigen eigenen Betriebsstätte und die Vereinbarung einer pauschalen Vergütung zurück. § 7 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) nenne ausdrücklich die Eingliederung und Tätigkeit nach Weisungen. Diese Gesichtspunkte, die vorliegend für die selbständige Tätigkeit sprächen, seien für den Gesetzgeber damit offensichtlich von besonderer Bedeutung.
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Gegen das ihr am 9. Mai 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Mai 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihren Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte überwögen. Die Klägerin sei seit 1993 selbständig tätig, auch neben der Teilzeitbeschäftigung für die Beigeladene zu 1 bis Ende März 2001. Den Büroraum habe sie erst zum 1. Januar 2002 angemietet. Fraglich sei auch, ob ihr Ehemann den Büroraum für den Geschäftsverkehr im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes ebenfalls nutze, was das ohnehin geringe Unternehmerrisiko weiter relativieren würde. Da die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1 mit einer Pauschale vergütet werde, werde sie für die Dauer des Arbeitseinsatzes und nicht für einen bestimmten Erfolg bezahlt. Die Klägerin stelle der Beigeladenen zu 1 ihre Arbeitskraft genauso wie zuvor im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung, ein unternehmerischer Gestaltungsspielraum mit dem Risiko der Fehlkalkulation sei nicht erkennbar. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 begründe ihre wesentliche Einkommensquelle, von einem Ablehnungsrecht habe sie nie Gebrauch gemacht, so dass es sich dabei um eine nur theoretische Möglichkeit handele. Die vorgelegten Rechnungen ergäben das Bild einer regelmäßigen und auch auf Dauer angelegten Dienstleistung. Die Rechnungsstellung zu Beginn des Monats oder zur Monatsmitte – also vor der Leistungserbringung – deute darauf hin, dass die Parteien von einem gleichmäßigen Arbeitspensum ausgingen und widerspreche dem Vorbringen der Klägerin, den Arbeitsumfang den familiären Erfordernissen anzupassen, weil diese, z.B. Krankheiten der Kinder, sich gerade nicht im Voraus planen ließen. Ein wirtschaftlich denkender Auftraggeber würde den Vergütungsanspruch erst erfüllen, wenn der Auftrag zur Zufriedenheit erfüllt sei. Der Einsatz von Hilfskräften sei nur sporadisch und in geringem Umfang erfolgt, so dass dies der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht zwingend entgegen stehe. Die Klägerin sei auch in den Betrieb der Beigeladenen zu 1 eingegliedert, da sie zweimal wöchentlich vormittags an einem ihr dort zur Verfügung gestellten Schreibtisch und PC wie alle anderen Arbeitnehmer arbeite, das firmeneigene Buchhaltungsprogramm nutze und als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehe. Der einzige Unterschied zur Teilzeittätigkeit bis Ende März 2001 bestehe in der Flexibilisierung der Arbeitszeit und darin, dass bestimmte Arbeiten zu Hause erledigt werden könnten. Die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gelte auch bei Arbeitnehmern. Die Klägerin trete nicht nach außen als Unternehmerin auf. Der Telefonbucheintrag weise nicht auf ihre Dienste hin, bei der Suche nach ihrem Namen finde man sie nur als Buchautorin. Ihre Angaben, im Internet und mit Google-Anzeigen für ihre berufliche Tätigkeit zu werben, seien daher nicht nachzuvollziehen. Die Nutzung eines eigenen Buchhaltungsprogrammes erscheine unabdingbar für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit, und – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – angesichts der Notwendigkeit der Pflege und ständigen Aktualisierung mit nicht unerheblichem betrieblichen Aufwand verbunden.
17 
Die Klägerin ist der Berufung entgegentreten. Das angefochtene Urteil sei zutreffend. Wegen ihrer persönlichen Lebensumstände sei für sie nur die Selbständigkeit oder keine weitere Berufstätigkeit in Betracht gekommen. Sie habe drei Kinder und zwei pflegebedürftige Angehörige zu versorgen und arbeite in der Landwirtschaft mit. Für eine angestellte Tätigkeit bleibe da kein Raum. Bevor sie den Büroraum gemietet habe, habe sie an einem Arbeitsbereich in der Wohnung gearbeitet. Ihr Ehemann habe einen eigenen Büroraum und es existiere ein weiterer, privat genutzter PC. Der landwirtschaftliche Betrieb mit den zugehörigen Geschäftsunterlagen habe eine andere Anschrift. Sie habe insoweit von ihrem Ablehnungsrecht Gebrauch gemacht, als sie ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 von 20 auf 16 Stunden eingeschränkt habe. Sie habe selbstverständlich auch sonst Aufträge abgelehnt, die nicht in ihr Zeitfenster gepasst hätten. Sie sei in Google-Anzeigen nicht zu finden, weil sie Direktakquise betreibe, denn sie suche nur nach ihrem eigenen Bedarf neue Auftraggeber. Sie verzichte auf Werbung, weil sie keine weiteren Kapazitäten habe.
18 
Mit Beschluss vom 9. April 2013 hat der Senat die Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Beigeladene zu 3) zum Verfahren notwendig beigeladen. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
19 
Die frühere Berichterstatterin hat die Klägerin und den Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 im Erörterungstermin am 30. November 2011 angehört.
20 
Der Senat hat mit Urteil vom 19. April 2013 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei abhängig beschäftigt (gewesen). Sie sei in den Betrieb der Beigeladenen zu 1 eingegliedert, verrichte dieselbe Tätigkeiten wie bis März 2001, arbeite mit Angestellten der Beigeladenen zu 1 zusammen, arbeite teilweise in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1, nutze dort einen Arbeitsplatz und die Buchhaltungssoftware und trage kein nennenswertes Unternehmerrisiko. Das zeitweilige Delegieren der Tätigkeit an eigene Beschäftigte oder beauftragte Selbständige führe zu keiner anderen Beurteilung, da die Klägerin nur in geringem Umfang Tätigkeiten nicht selbst ausgeführt habe.
21 
Auf die vom Senat zugelassene und von der Klägerin eingelegte Revision hat das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil des Senats durch Urteil vom 17. Dezember 2014 (B 12 R 13/13 R – juris) aufgehoben und die Sache an den Senat zurückverwiesen. Die Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1 rechtfertige als bloßer (äußerer) Umstand für sich genommen weder die Annahme einer arbeitnehmertypischen Eingebundenheit der Klägerin in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1 noch die Annahme einer Weisungsunterworfenheit der Klägerin. Insofern komme es auf den rechtlichen Hintergrund an. Das Recht des Dienstverpflichteten, seine Leistung durch Dritte zu erbringen, spreche zudem gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses.
22 
Die Beklagte hat im wiedereröffneten Berufungsverfahren vorgetragen, es komme im vorliegenden Fall nicht maßgeblich darauf an, was von den Vertragsparteien vereinbart worden sei, sondern wie die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt werde. Es komme nicht auf eine der Klägerin eingeräumte Rechtsmacht an, sondern allein darauf, wie sie ihre tatsächliche Tätigkeit tatsächlich ausgeübt habe. Hierfür reichten die Feststellungen im Urteil des Senats vom 19. April 2013. Die Klägerin sei für die praktische Umsetzung des Finanz- und Rechnungswesens zuständig gewesen und habe hierfür einen Pauschalbetrag von der Beigeladenen zu 1 erhalten. Der Beigeladenen zu 1 sei es entsprechend ihres Vortrages darauf angekommen, dass die an die Klägerin übertragene Arbeit für das Finanzamt rechtzeitig erledigt werde. Dass in Monaten, in denen die Klägerin im Urlaub o.ä. gewesen sei, ein geringerer Betrag und in Monaten mit mehr Arbeitsaufwand ein höherer Betrag „in Rechnung gestellt“ worden sei, zeige, dass eine sich an Stunden orientierende Vergütung vorgelegen habe, auch wenn diese nicht ausdrücklich vereinbart worden sei. Wenn es der Beigeladenen zu 1 tatsächlich nur darauf angekommen wäre, dass die Arbeit erledigt worden wäre, unabhängig davon, wie lange die Klägerin dafür benötige, dann hätte es insbesondere bei Mehraufwand keine höhere und bei Zeiten von Urlaub etc. keine geringere Vergütung gegeben. Dem widerspreche auch nicht, dass die Rechnung im Voraus gestellt worden seien, denn die von der Klägerin in Abzug gebrachten Stunden in Form von Urlaub usw. seien zumindest für den nächsten Monat vorhersehbar und mithin berechenbar gewesen, ebenso wie die über Jahre hinweg stets anfallende Mehrarbeit aufgrund vorgegebener – in der Regel gesetzlicher – und somit ebenfalls planbarer Fristen. Gerade aus der jahrelangen Zusammenarbeit der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und der darauf gewonnen Erfahrungswerte sei es ihnen sicher möglich gewesen, eine auf Stundenansätzen pauschalierte Bezahlung zu vereinbaren. Die Weisungsgebundenheit und die Eingliederung in den Betrieb stütze sich auf mehrere Gesichtspunkte. Zwar lägen keine Einzelanweisungen vor. Die Klägerin habe ihre Tätigkeit an mindestens zwei Vormittagen pro Woche in der Regel von 9.00/9.30 Uhr bis 12.00 Uhr in den Räumen der Beigeladenen zu 1 ausgeübt, denn nur dort habe sie bestimmte Aufgaben verrichten können. Es sei für die Klägerin unumgänglich, die von der Beigeladenen zu 1 zur Verfügung gestellten Mittel, wie etwa die Software Lexware, zu nutzen. Zudem habe der Klägerin ein Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1 zugearbeitet. Die Zusammenarbeit habe Besprechungen und Absprachen erfordert. Die Klägerin habe auch anderen Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1 bei Problemen oder Rückfragen zur Verfügung gestanden. Die Tätigkeit der Klägerin außerhalb der Geschäftsräume der Beigeladenen zu 1 stehe dem nicht entgegen, denn es sei gerade bei Büroarbeiten nicht unüblich, Tele- oder Heimarbeitszeiten zu vereinbaren. Schließlich könne die von der Klägerin geltend gemachte zeitweilige Delegation nicht als prägend für die Tätigkeit angesehen werden. Auch bei abhängiger Beschäftigung sei es zudem durchaus möglich, sich kurzweilig anderer Personen zur Unterstützung zu bedienen, solange das Verhältnis nicht davon geprägt sei. Die Klägerin habe selbst erklärt, dass die Zusammenarbeit mit den Aushilfskräften aufgrund deren mangelnder Sachkenntnis nicht funktioniert habe. Die Behauptung der Klägerin, sich zu manchen Zeiten lediglich zehn Minuten im Betrieb der Beigeladenen zu 1 aufgehalten zu haben, sei fragwürdig. Für eine so kurze Anwesenheit sei der Aufwand für die notwendigen organisatorischen Maßnahmen (wie z.B. Sicherstellung der Kinderbetreuung und Fahrstrecke von einfach ca. 25 Kilometern) ziemlich hoch. Unstreitig sei, dass keine Stundenaufzeichnungen erfolgt seien, sondern eine Entlohnung nach Pauschalen erfolgt sei. Es widerspreche auch jeglicher marktüblicher Gebräuche und dem unternehmerischen Interesse an der Gewinnmaximierung, dass die Beigeladene zu 1 die – jeweils vorab gestellten – Rechnungen ohne jegliche Kontrolle akzeptiert haben solle. Im Übrigen habe die Klägerin früher selbst vorgetragen, Kontakt mit anderen Mitarbeitern gepflegt zu haben, gerade auch um die eigene Unternehmenskultur zu pflegen, und an Besprechungen teilgenommen zu haben. Die Klägerin sei gegenüber der Rentenversicherung als Ansprechpartnerin der Beigeladenen zu 1 aufgetreten. Die Klägerin sei auf die Betriebsmittel und hinsichtlich der Nutzung der Software auf zeitliche Freiräume bei der Beigeladenen zu 1 angewiesen gewesen.
23 
Die Beklagte beantragt,
24 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
25 
Die Klägerin beantragt,
26 
die Berufung zurückzuweisen.
27 
Die Klägerin verweist darauf, dass ein schriftlicher Vertrag nicht geschlossen worden sei. Entgegen der üblichen Handhabung bei der Beigeladenen zu 1 habe sie auch nicht der Zeiterfassung durch eine Stempelkarte oder Ähnliches unterlegen. Sie sei hinsichtlich der Arbeitszeit stets von einem monatlichen Schätzwert ausgegangen. Die Beigeladene zu 1 habe ihre Arbeit oder ihre Arbeitszeit nicht kontrollieren können. Sie habe ihre Stunden zu keinem Zeitpunkt aufgeschrieben. Ab und zu habe es ihrerseits eine Mehrberechnung gegeben, wenn der Zeitaufwand nach ihrem Dafürhalten doch ungewöhnlich hoch gewesen sei. Bei eigener Krankheit oder Krankheit ihrer Kinder oder weniger Arbeitsanfall habe sie den Rechnungsbetrag nach unten korrigiert. Die sei ohne Kontrolle durch die Beigeladene zu 1 geschehen. Eine feste Arbeitszeit sei von Anfang an nicht vorgeschrieben gewesen und wäre auch angesichts der Belastungen durch die Kindererziehung und der eigenen landwirtschaftlichen Tätigkeit schlicht unmöglich gewesen. Es habe Zeiten gegeben, in denen sie lediglich zehn Minuten bei der Beigeladenen zu 1 gewesen sei oder wochenlang gar nicht. Dies habe in ihrer alleinigen Entscheidungskompetenz gelegen. Die Beigeladene zu 1 sei auch nicht davon ausgegangen, ein Direktionsrecht zu besitzen. Auch die Anwesenheit im Betrieb der Beigeladenen zu 1 habe sie ausschließlich selbst bestimmt. An einem Anwesenheitstag habe sie dann natürlich nach Problemen oder Vorkommnissen gefragt, und der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 habe sich mit Anliegen an sie gewandt. Sie habe dann frei entschieden, ob sie dies sofort oder von zu Hause bearbeite. Einen direkten Kontakt mit Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1, der in irgendeiner Form planvoll gewesen wäre, habe es nicht gegeben. Einen eigenen Schreibtisch oder ein eigenes Zimmer habe sie bei der Beigeladenen zu 1 nicht gehabt. An „Meetings“ oder Besprechungen habe sie nie teilgenommen, es sei denn, es hätten Prüfungen stattgefunden. Bei Lexware habe sie auch keinen eigenen Zugang gehabt; vielmehr hätte immer ein Mitarbeiter für sie „aus dem Programm gehen“ müssen.
28 
Die Beigeladenen haben sich – abgesehen vom Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 in den Gerichtsterminen – nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
29 
Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 20. Mai 2016 erörtert.
30 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, insbesondere die Niederschriften der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 14. April 2011 und der Erörterungstermine vom 30. November 2011 und vom 20. Mai 2016 und auf die beigezogenen Akten der Beklagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG; denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.
32 
2. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 aufgehoben. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Beklagte hat zu Unrecht festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchhalterin bei der Beigeladenen zu 1 als abhängig Beschäftigte ab 1. Januar 2005 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterlag. Für die Zeit ab dem 1. Mai 2013 haben sich die Bescheide durch die Beendigung der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1 in der bisherigen Form – die Klägerin ist seitdem als geringfügig Beschäftigte gemeldet – auf sonstige Weise erledigt (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch).
33 
a) Rechtsgrundlage ist § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
34 
Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (hier der Klägerin) als Drittbetroffener einzugreifen. Die Beklagte kann somit entweder den an den Arbeitgeber gerichteten Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen mit dem Hinweis, dass dieser berechtigt sei, Rechtsbehelfe einzulegen, bekanntgeben. Sie kann aber ebenso unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfung einen zwar formell, aber nicht materiell eigenständigen Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen, hier der Klägerin, erlassen.
35 
b) Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
36 
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23; BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 15, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff. – jeweils m.w.N.).
37 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 17 – jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 16).
38 
d) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 – juris, Rn. 17 – auch zum Folgenden). Dazu ist zunächst deren Inhalt konkret festzustellen (dazu unter aa). Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind (dazu unter bb). Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen „Etikettenschwindel“ handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen (dazu unter cc). Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen (hierzu unter dd).
39 
aa) Aufgrund des schriftlichen und mündlichen Vorbringens der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 im gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren steht zur Überzeugung des Senats Folgendes fest:
40 
Die Klägerin war aufgrund mündlich und konkludent geschlossenen Vertrages verpflichtet, zwischen dem 1. April 2001 und dem 30. April 2013 die bei der Beigeladenen zu 1 anfallenden Buchhaltungs- und Lohnbuchhaltungsaufgaben zu erledigen. Sie konnte den Zeitpunkt und den Ort ihres Tätigwerdens selbst bestimmen. Sie war lediglich verpflichtet, bei behördlichen Prüfungen in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1 anwesend zu sein. Die Klägerin war berechtigt, ihre Aufgaben auf eigene Kosten an Dritte zu delegieren. Die Klägerin war berechtigt, ihre Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 monatlich grundsätzlich mit EUR 1.500,00 in Rechnung zu stellen. Sie war berechtigt bzw. verpflichtet, bei niedrigerem oder höherem Arbeitsaufwand als – im streitgegenständlichen Zeitraum – 16 Stunden eine niedrigere oder höhere Vergütung zu fordern. Die Beigeladene zu 1 war verpflichtet, die entsprechenden Rechnungen zu begleichen.
41 
bb) Die festgestellten mündlichen und konkludenten Vereinbarungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 sind zulässig, das heißt mit zwingendem Recht vereinbar. Grenzen für die privatrechtlichen Vereinbarungen, die Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen sind, können sich sowohl aus zwingendem Privatrecht als auch aus dem öffentlichen Recht ergeben (Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2015 – L 4 R 3874/14 – juris, Rn. 59). Im vorliegenden Fall bestehen derartige Konflikte zwischen dem Vereinbarten und den gesetzlichen Vorgaben nicht.
42 
cc) Anlass zu Zweifeln an der Wirksamkeit der mündlich und konkludent getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 bestehen auch mit Blick auf § 117 BGB nicht. Ein Scheingeschäft liegt nicht vor.
43 
dd) Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ist der Senat unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalles zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin zwischen dem 1. Januar 2005 und dem 30. April 2013 bei der Beigeladenen zu 1 nicht abhängig beschäftigt gewesen ist.
44 
Insbesondere bestand kein Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1 (dazu unter (1)). Dabei ist darauf abzustellen, ob die Beigeladene zu 1 im Verhältnis zur Klägerin über diesbezügliche Rechtsmacht verfügte (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 84). Dies entspricht insbesondere der jüngeren Rechtsprechung des BSG, in der die Maßgeblichkeit von Rechtsmacht gegenüber bloß rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten betont wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R – juris, Rn. 30; BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 R 1/15 R – juris, Rn. 25). Andererseits war die Klägerin jedoch teilweise in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1 eingegliedert (dazu unter (2)). Entscheidende Bedeutung kommt daher dem Umstand zu, dass die Klägerin über ein Unternehmerrisiko verfügte (dazu unter (3)) und auch weitere Gesichtspunkte für eine selbständige Tätigkeit sprechen (dazu unter (4)).
45 
(1) Ein (arbeitsrechtliches) Weisungsrecht bestand nicht. Die Beklagte hat in ihrem Bescheid vom 23. Dezember 2009 übrigens ausdrücklich zugestanden, dass die Klägerin weisungsfrei arbeite.
46 
Dies gilt zum einen in zeitlicher Hinsicht. Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht liegt nur vor, wenn der Betroffene grundsätzlich ständiger Dienstbereitschaft unterliegt und der Auftraggeber die Lage der Arbeitszeit einseitig bestimmen kann (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 86; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Mai 2015 – L 11 R 4586/12 – juris, Rn. 58; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 32). Dies ist hier nicht der Fall, denn die Klägerin war hinsichtlich der Lage ihrer Arbeitszeit frei. Die Beigeladene zu 1 war nicht befugt, der Klägerin insoweit Vorgaben zu machen; solche Vorgaben erfolgten auch tatsächlich nicht. Die Klägerin war lediglich verpflichtet, bei behördlichen Prüfungen in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1 anwesend zu sein. Dies beruht aber nicht auf der Ausübung eines Direktionsrechts der Beigeladenen zu 1, sondern auf dem mündlich geschlossenen Vertrag.
47 
Ein Weisungsrecht in örtlicher Hinsicht bestand ebenfalls nicht. Die Klägerin oblag die freie Entscheidung, ob sie ihre Tätigkeit von zu Hause oder in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1 ausübte. Selbst wenn eine Tätigkeit überwiegend in den Räumlichkeiten des Auftraggebers verrichtet wird, sagt dies nichts über ein Weisungsrecht aus (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 31). Es ist ein rein äußerer Umstand, der für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung unergiebig ist.
48 
Auch in fachlicher Hinsicht bestand kein Weisungsrecht. Weder bietet der mündliche Vertrag für ein fachliches Weisungsrecht eine Grundlage noch lässt sich aus der tatsächlichen Tätigkeit der Klägerin auf das Bestehen eines solchen Weisungsrechts schließen. Die Klägerin verfügte auf dem Gebiet der Buchhaltung über die alleinige Fachkompetenz, die sich die Beigeladene zu 1 gerade zu Nutzen machen wollte.
49 
(2) Allerdings weist die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1 Elemente der Eingliederung in deren Arbeitsorganisation auf. Dabei ist – wie schon mit Blick auf das Weisungsrecht – nicht entscheidend, in welchem Umfang die Klägerin in den Geschftsräumen der Beigeladenen zu 1 tätig wurde. Das BSG hat in dem zurückverweisenden Urteil entschieden – was der Senat bei der erneuten Entscheidung im vorliegenden Fall zugrunde zu legen hat (§ 170 Abs. 5 SGG) -, dass die bloße Anwesenheit eines Auftragnehmers in den Räumlichkeiten des Auftraggebers bei der Durchführung des Auftrages als lediglich äußerer Umstand für sich genommen nicht schon die Annahme einer arbeitnehmertypischen Eingebundenheit des Auftragnehmers in die betriebliche Organisation des Auftraggebers rechtfertigt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 33). Gleiches gilt für die Nutzung von beim Auftraggeber vorhandener Software (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 33; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 37; u.a. auch Urteile des Senats vom 27. Februar 2015 – L 4 R 3943/13 –, vom 24. April 2015 – L 4 R 1787/14 – und vom 19. Juni 2015 – L 4 R 2821/14 – alle nicht veröffentlicht). Die Verwendung von Mitteln oder Materialien, die im Eigentum und/oder Besitz des Auftraggebers stehen oder die dieser zur Verfügung stellt, ist bei der Durchführung eines Auftrags im Übrigen ohnehin nicht unüblich, sondern wird etwa im Werkvertragsrecht als möglicher Umstand ausdrücklich vorausgesetzt (vgl. § 645 Abs. 1 BGB).
50 
Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin bestand jedoch insofern als sie mit einem bei der Beigeladenen zu 1 beschäftigten Bürokaufmann zusammenarbeitete sowie Ansprechpartnerin für andere Mitarbeiter und Kunden der Beigeladenen zu 1 war.
51 
(3) Ergeben die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte damit zwar kein einheitliches, aber doch überwiegend für eine selbständige Tätigkeit sprechendes Bild, wird dies durch andere Abgrenzungskriterien bestätigt. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Frage, ob die Klägerin ein Unternehmerrisiko, das im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG, Beschluss vom 16. August 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10 m.w.N.; zuletzt etwa Beschluss des Senats vom 20. August 2015 – L 4 R 861/13 – juris, Rn. 65 m.w.N.), getragen hat, auch wenn das Vorliegen eines Unternehmerrisikos nicht schlechthin entscheidend ist (BSG, Beschluss vom 16. August 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10 m.w.N.; Urteil des Senats vom 16. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 93; Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2015 – L 4 R 3874/14 – juris, Rn. 61).
52 
Die Klägerin verfügte über ein Unternehmerrisiko insofern als sie verpflichtet war, alle anfallenden Lohnbuchhaltungsarbeiten der Beigeladenen zu 1 zu erfüllen, auch wenn dies ihre eigenen zeitlichen Kapazitäten überforderte. Dieses Risiko realisierte sich mehrmals, so dass die Klägerin Dritte beauftragte, sie bei den Lohnbuchhaltungsarbeiten für die Beigeladene zu 1 zu unterstützen bzw. diese Arbeiten teilweise zu übernehmen. So beschäftigte die Klägerin vom 13. Februar bis 31. März 2006 K versicherungspflichtig, die sie bei den Jahresabschlussarbeiten unterstützte. Die Klägerin beschäftigte vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005 S geringfügig für Bürotätigkeiten. Im 2. und 3. Quartal 2008 beauftragte sie den HK Buchhaltungs- und Büroservice von H. Dies geschah stets auf Rechnung der Klägerin, so dass ihr Einkommen aus der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 dadurch unmittelbar geschmälert wurde. Es wäre im Falle von Arbeitnehmern nahezu undenkbar, dass diese ihre Aufgaben auf eigene Kosten auf Dritte delegieren.
53 
Dass die Klägerin berechtigt war, Dritte mit ihren Aufgaben zu betrauen, spricht im Übrigen auch als solches schon für eine selbständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 35), was der Senat bei der erneuten Entscheidung im vorliegenden Fall zugrunde zu legen hat (§ 170 Abs. 5 SGG).
54 
Selbständige tragen ein Unternehmerrisiko zudem unter anderem dann, wenn der Erfolg des Einsatzes ihrer Arbeitskraft ungewiss ist; das gilt namentlich, wenn ihnen kein Mindesteinkommen garantiert ist (BSG, Urteil vom 27. März 1980 – 12 RK 26/79 – juris, Rn. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015 – L 11 R 5165/13 – juris, Rn. 72). Ein Mindesteinkommen war der Klägerin nicht garantiert, denn ihre Vergütung hing davon ab, dass sie tatsächlich tätig wurde. Die Vergütung nur tatsächlich geleisteter Stunden spricht gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung (BSG, Urteil vom 27. März 1980 – 12 RK 26/79 – juris, Rn. 23; BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 24; Urteil des Senats vom 16. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 94; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 34). Zwar war als Richtwert eine monatliche Vergütung von EUR 1.500,00 vereinbart. Der Anspruch auf diese Vergütung bestand aber nur dann, wenn die Klägerin auch tatsächlich Arbeiten für die Beigeladene zu 1 im Umfang von – im streitgegenständlichen Zeitraum – etwa 16 Wochenstunden erledigte.
55 
Der Einsatz eigenen Kapitals bzw. eigener Betriebsmittel ist hingegen keine notwendige Voraussetzung für eine selbständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 27. März 1980 – 12 RK 26/79 – juris, Rn. 23). Dies gilt schon deshalb, weil anderenfalls geistige oder andere betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbständig ausgeübt werden könnten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 R 3/12 R – juris, Rn. 25; Urteil des Senats vom 16. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 95; Urteil des Senats vom 27. Februar 2015 – L 4 R 3943/13 – nicht veröffentlicht; Urteil des Senats vom 24. April 2015 – L 4 R 1787/14 – nicht veröffentlicht).
56 
(4) Für eine selbständige Tätigkeit spricht auch, dass die Klägerin neben der Beigeladenen zu 1 zumindest zeitweise noch weitere Auftraggeber hatte, für die sie gleichgelagerte Tätigkeiten erbrachte. Zwar ist für jedes Vertragsverhältnis die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung gesondert vorzunehmen, jedoch spricht der Umstand, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein, für eine selbständige Tätigkeit, nicht zuletzt weil sie die wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Auftraggeber bzw. Arbeitgeber reduziert oder gar aufhebt. Hiervon sind übrigens auch die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in ihrem gemeinsamen Rundschreiben zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (abgedruckt in NZA 2000, 190 ff.) ausgegangen, wo ein Tätigwerden für mehrere Auftraggeber als ein Merkmal klassifiziert wird, dass bei der Abwägung „ein sehr starkes Gewicht“ für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit hat (Anlage 2, Ziffer 3.2., NZA 2000, 190 [197]). Es ist im Übrigen auch keineswegs üblich, dass Arbeitnehmer mehrere Auftraggeber haben. Vielmehr entspricht es der Regel, dass Arbeitnehmer jeweils nur einen Arbeitgeber haben (Urteil des Senats vom 22. Januar 2016 – L 4 R 2796/15 – juris, Rn. 81). So gingen etwa im Jahr 2008 im Jahresschnitt lediglich 3,7 Prozent aller Erwerbstätigen in der Bundesrepublik Deutschland einer zweiten Erwerbstätigkeit nach (Mikrozensus 2008, zitiert nach Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 35/2009, S. 599).
57 
Gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht auch, dass die Klägerin keinen bezahlten Urlaub erhalten hat (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 25 – auch zum Folgenden; Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 96). Beim Anspruch auf bezahlten Urlaub handelt es sich um ein Recht, das im Regelfall Arbeitnehmern vorbehalten ist. Selbständigen räumt das Gesetz vergleichbare Ansprüche gegenüber ihrem Vertragspartner nur im Ausnahmefall der arbeitnehmerähnlichen Personen ein (vgl. § 2 Satz 2 Bundesurlaubsgesetz), so dass die tatsächliche Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ein Indiz für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ist. Der Klägerin wurde hingegen kein bezahlter Erholungsurlaub gewährt.
58 
Auch das Fehlen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist nach der Rechtsprechung des BSG als Indiz für selbständige Tätigkeit anzusehen (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 26 – auch zum Folgenden; Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 97). Bei der Entgeltfortzahlung handelt es sich ebenfalls um ein typischerweise Arbeitnehmern vorbehaltenes Recht. Selbständigen räumt das Gesetz vergleichbare Ansprüche gegenüber ihren Vertragspartnern nicht ein. Fiel die Klägerin krankheitsbedingt aus und unterblieb deshalb die versprochene Arbeitsleistung, hatte sie keinen Anspruch auf eine Vergütung und erhielt sie auch tatsächlich nicht. Solche Vertragsgestaltungen sind konsequent, wenn beide Seiten eine selbständige freie Mitarbeit wollen (etwa Beschluss des Senats vom 20. August 2015 – L 4 R 861/13 – juris, Rn. 67 m.w.N. – auch zum Folgenden). Insofern gilt zwar, dass dem keine entscheidende Bedeutung zukommen kann, wenn die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Kriterien – Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers – bereits zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung führen. In einem solchen Fall werden vertragliche Absprachen oder deren Unterlassen durch die gesetzlichen Vorschriften über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und über Urlaubsansprüche verdrängt bzw. ersetzt. Entscheidend ist hier aber die tatsächliche Handhabung durch die Beteiligten (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 97; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 35), die belegt, dass der Ausschluss eines Lohnfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall nicht nur zum Schein vereinbart, sondern tatsächlich auch so praktiziert worden ist; keiner der Beteiligten hat behauptet, die Klägerin habe solche oder andere Arbeitnehmerrechte gegenüber der Beigeladenen zu 1 geltend gemacht.
59 
Dass die Klägerin vor und nach dem streitgegenständlichen Zeitraum die gleichen Tätigkeiten für die Beigeladene zu 1 verrichtet hat und dabei als (zeitweise als geringfügig) Beschäftigte gemeldet war, gibt für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung im streitgegenständlichen Zeitraum nichts her. Viele Tätigkeiten sind sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch in Gestalt selbständiger Tätigkeit möglich. Es kommt dann jeweils auf die konkreten Vereinbarungen und die tatsächliche Durchführung an, ohne dass Rückschlüsse von einem Zeitraum auf einen anderen Zeitraum gezogen werden können.
60 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 der Beklagten aufzuerlegen, wäre unbillig, da der Beigeladene zu 1 keinen Antrag gestellt hat.
61 
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen. Insbesondere hat die Sache nach Erlass des Urteils des BSG vom 17. Dezember 2014 (B 12 R 13/13 R – juris) keine grundsätzliche Bedeutung mehr.

Gründe

31 
1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG; denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.
32 
2. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 aufgehoben. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Beklagte hat zu Unrecht festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchhalterin bei der Beigeladenen zu 1 als abhängig Beschäftigte ab 1. Januar 2005 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterlag. Für die Zeit ab dem 1. Mai 2013 haben sich die Bescheide durch die Beendigung der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1 in der bisherigen Form – die Klägerin ist seitdem als geringfügig Beschäftigte gemeldet – auf sonstige Weise erledigt (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch).
33 
a) Rechtsgrundlage ist § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
34 
Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (hier der Klägerin) als Drittbetroffener einzugreifen. Die Beklagte kann somit entweder den an den Arbeitgeber gerichteten Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen mit dem Hinweis, dass dieser berechtigt sei, Rechtsbehelfe einzulegen, bekanntgeben. Sie kann aber ebenso unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfung einen zwar formell, aber nicht materiell eigenständigen Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen, hier der Klägerin, erlassen.
35 
b) Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
36 
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23; BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 15, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff. – jeweils m.w.N.).
37 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 17 – jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 16).
38 
d) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 – juris, Rn. 17 – auch zum Folgenden). Dazu ist zunächst deren Inhalt konkret festzustellen (dazu unter aa). Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind (dazu unter bb). Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen „Etikettenschwindel“ handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen (dazu unter cc). Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen (hierzu unter dd).
39 
aa) Aufgrund des schriftlichen und mündlichen Vorbringens der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 im gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren steht zur Überzeugung des Senats Folgendes fest:
40 
Die Klägerin war aufgrund mündlich und konkludent geschlossenen Vertrages verpflichtet, zwischen dem 1. April 2001 und dem 30. April 2013 die bei der Beigeladenen zu 1 anfallenden Buchhaltungs- und Lohnbuchhaltungsaufgaben zu erledigen. Sie konnte den Zeitpunkt und den Ort ihres Tätigwerdens selbst bestimmen. Sie war lediglich verpflichtet, bei behördlichen Prüfungen in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1 anwesend zu sein. Die Klägerin war berechtigt, ihre Aufgaben auf eigene Kosten an Dritte zu delegieren. Die Klägerin war berechtigt, ihre Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 monatlich grundsätzlich mit EUR 1.500,00 in Rechnung zu stellen. Sie war berechtigt bzw. verpflichtet, bei niedrigerem oder höherem Arbeitsaufwand als – im streitgegenständlichen Zeitraum – 16 Stunden eine niedrigere oder höhere Vergütung zu fordern. Die Beigeladene zu 1 war verpflichtet, die entsprechenden Rechnungen zu begleichen.
41 
bb) Die festgestellten mündlichen und konkludenten Vereinbarungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 sind zulässig, das heißt mit zwingendem Recht vereinbar. Grenzen für die privatrechtlichen Vereinbarungen, die Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen sind, können sich sowohl aus zwingendem Privatrecht als auch aus dem öffentlichen Recht ergeben (Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2015 – L 4 R 3874/14 – juris, Rn. 59). Im vorliegenden Fall bestehen derartige Konflikte zwischen dem Vereinbarten und den gesetzlichen Vorgaben nicht.
42 
cc) Anlass zu Zweifeln an der Wirksamkeit der mündlich und konkludent getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 bestehen auch mit Blick auf § 117 BGB nicht. Ein Scheingeschäft liegt nicht vor.
43 
dd) Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ist der Senat unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalles zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin zwischen dem 1. Januar 2005 und dem 30. April 2013 bei der Beigeladenen zu 1 nicht abhängig beschäftigt gewesen ist.
44 
Insbesondere bestand kein Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1 (dazu unter (1)). Dabei ist darauf abzustellen, ob die Beigeladene zu 1 im Verhältnis zur Klägerin über diesbezügliche Rechtsmacht verfügte (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 84). Dies entspricht insbesondere der jüngeren Rechtsprechung des BSG, in der die Maßgeblichkeit von Rechtsmacht gegenüber bloß rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten betont wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R – juris, Rn. 30; BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 R 1/15 R – juris, Rn. 25). Andererseits war die Klägerin jedoch teilweise in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1 eingegliedert (dazu unter (2)). Entscheidende Bedeutung kommt daher dem Umstand zu, dass die Klägerin über ein Unternehmerrisiko verfügte (dazu unter (3)) und auch weitere Gesichtspunkte für eine selbständige Tätigkeit sprechen (dazu unter (4)).
45 
(1) Ein (arbeitsrechtliches) Weisungsrecht bestand nicht. Die Beklagte hat in ihrem Bescheid vom 23. Dezember 2009 übrigens ausdrücklich zugestanden, dass die Klägerin weisungsfrei arbeite.
46 
Dies gilt zum einen in zeitlicher Hinsicht. Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht liegt nur vor, wenn der Betroffene grundsätzlich ständiger Dienstbereitschaft unterliegt und der Auftraggeber die Lage der Arbeitszeit einseitig bestimmen kann (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 86; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Mai 2015 – L 11 R 4586/12 – juris, Rn. 58; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 32). Dies ist hier nicht der Fall, denn die Klägerin war hinsichtlich der Lage ihrer Arbeitszeit frei. Die Beigeladene zu 1 war nicht befugt, der Klägerin insoweit Vorgaben zu machen; solche Vorgaben erfolgten auch tatsächlich nicht. Die Klägerin war lediglich verpflichtet, bei behördlichen Prüfungen in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1 anwesend zu sein. Dies beruht aber nicht auf der Ausübung eines Direktionsrechts der Beigeladenen zu 1, sondern auf dem mündlich geschlossenen Vertrag.
47 
Ein Weisungsrecht in örtlicher Hinsicht bestand ebenfalls nicht. Die Klägerin oblag die freie Entscheidung, ob sie ihre Tätigkeit von zu Hause oder in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1 ausübte. Selbst wenn eine Tätigkeit überwiegend in den Räumlichkeiten des Auftraggebers verrichtet wird, sagt dies nichts über ein Weisungsrecht aus (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 31). Es ist ein rein äußerer Umstand, der für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung unergiebig ist.
48 
Auch in fachlicher Hinsicht bestand kein Weisungsrecht. Weder bietet der mündliche Vertrag für ein fachliches Weisungsrecht eine Grundlage noch lässt sich aus der tatsächlichen Tätigkeit der Klägerin auf das Bestehen eines solchen Weisungsrechts schließen. Die Klägerin verfügte auf dem Gebiet der Buchhaltung über die alleinige Fachkompetenz, die sich die Beigeladene zu 1 gerade zu Nutzen machen wollte.
49 
(2) Allerdings weist die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1 Elemente der Eingliederung in deren Arbeitsorganisation auf. Dabei ist – wie schon mit Blick auf das Weisungsrecht – nicht entscheidend, in welchem Umfang die Klägerin in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1 tätig wurde. Das BSG hat in dem zurückverweisenden Urteil entschieden – was der Senat bei der erneuten Entscheidung im vorliegenden Fall zugrunde zu legen hat (§ 170 Abs. 5 SGG) -, dass die bloße Anwesenheit eines Auftragnehmers in den Räumlichkeiten des Auftraggebers bei der Durchführung des Auftrages als lediglich äußerer Umstand für sich genommen nicht schon die Annahme einer arbeitnehmertypischen Eingebundenheit des Auftragnehmers in die betriebliche Organisation des Auftraggebers rechtfertigt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 33). Gleiches gilt für die Nutzung von beim Auftraggeber vorhandener Software (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 33; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 37; u.a. auch Urteile des Senats vom 27. Februar 2015 – L 4 R 3943/13 –, vom 24. April 2015 – L 4 R 1787/14 – und vom 19. Juni 2015 – L 4 R 2821/14 – alle nicht veröffentlicht). Die Verwendung von Mitteln oder Materialien, die im Eigentum und/oder Besitz des Auftraggebers stehen oder die dieser zur Verfügung stellt, ist bei der Durchführung eines Auftrags im Übrigen ohnehin nicht unüblich, sondern wird etwa im Werkvertragsrecht als möglicher Umstand ausdrücklich vorausgesetzt (vgl. § 645 Abs. 1 BGB).
50 
Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin bestand jedoch insofern als sie mit einem bei der Beigeladenen zu 1 beschäftigten Bürokaufmann zusammenarbeitete sowie Ansprechpartnerin für andere Mitarbeiter und Kunden der Beigeladenen zu 1 war.
51 
(3) Ergeben die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte damit zwar kein einheitliches, aber doch überwiegend für eine selbständige Tätigkeit sprechendes Bild, wird dies durch andere Abgrenzungskriterien bestätigt. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Frage, ob die Klägerin ein Unternehmerrisiko, das im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG, Beschluss vom 16. August 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10 m.w.N.; zuletzt etwa Beschluss des Senats vom 20. August 2015 – L 4 R 861/13 – juris, Rn. 65 m.w.N.), getragen hat, auch wenn das Vorliegen eines Unternehmerrisikos nicht schlechthin entscheidend ist (BSG, Beschluss vom 16. August 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10 m.w.N.; Urteil des Senats vom 16. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 93; Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2015 – L 4 R 3874/14 – juris, Rn. 61).
52 
Die Klägerin verfügte über ein Unternehmerrisiko insofern als sie verpflichtet war, alle anfallenden Lohnbuchhaltungsarbeiten der Beigeladenen zu 1 zu erfüllen, auch wenn dies ihre eigenen zeitlichen Kapazitäten überforderte. Dieses Risiko realisierte sich mehrmals, so dass die Klägerin Dritte beauftragte, sie bei den Lohnbuchhaltungsarbeiten für die Beigeladene zu 1 zu unterstützen bzw. diese Arbeiten teilweise zu übernehmen. So beschäftigte die Klägerin vom 13. Februar bis 31. März 2006 K versicherungspflichtig, die sie bei den Jahresabschlussarbeiten unterstützte. Die Klägerin beschäftigte vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005 S geringfügig für Bürotätigkeiten. Im 2. und 3. Quartal 2008 beauftragte sie den HK Buchhaltungs- und Büroservice von H. Dies geschah stets auf Rechnung der Klägerin, so dass ihr Einkommen aus der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 dadurch unmittelbar geschmälert wurde. Es wäre im Falle von Arbeitnehmern nahezu undenkbar, dass diese ihre Aufgaben auf eigene Kosten auf Dritte delegieren.
53 
Dass die Klägerin berechtigt war, Dritte mit ihren Aufgaben zu betrauen, spricht im Übrigen auch als solches schon für eine selbständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 35), was der Senat bei der erneuten Entscheidung im vorliegenden Fall zugrunde zu legen hat (§ 170 Abs. 5 SGG).
54 
Selbständige tragen ein Unternehmerrisiko zudem unter anderem dann, wenn der Erfolg des Einsatzes ihrer Arbeitskraft ungewiss ist; das gilt namentlich, wenn ihnen kein Mindesteinkommen garantiert ist (BSG, Urteil vom 27. März 1980 – 12 RK 26/79 – juris, Rn. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015 – L 11 R 5165/13 – juris, Rn. 72). Ein Mindesteinkommen war der Klägerin nicht garantiert, denn ihre Vergütung hing davon ab, dass sie tatsächlich tätig wurde. Die Vergütung nur tatsächlich geleisteter Stunden spricht gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung (BSG, Urteil vom 27. März 1980 – 12 RK 26/79 – juris, Rn. 23; BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 24; Urteil des Senats vom 16. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 94; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 34). Zwar war als Richtwert eine monatliche Vergütung von EUR 1.500,00 vereinbart. Der Anspruch auf diese Vergütung bestand aber nur dann, wenn die Klägerin auch tatsächlich Arbeiten für die Beigeladene zu 1 im Umfang von – im streitgegenständlichen Zeitraum – etwa 16 Wochenstunden erledigte.
55 
Der Einsatz eigenen Kapitals bzw. eigener Betriebsmittel ist hingegen keine notwendige Voraussetzung für eine selbständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 27. März 1980 – 12 RK 26/79 – juris, Rn. 23). Dies gilt schon deshalb, weil anderenfalls geistige oder andere betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbständig ausgeübt werden könnten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 R 3/12 R – juris, Rn. 25; Urteil des Senats vom 16. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 95; Urteil des Senats vom 27. Februar 2015 – L 4 R 3943/13 – nicht veröffentlicht; Urteil des Senats vom 24. April 2015 – L 4 R 1787/14 – nicht veröffentlicht).
56 
(4) Für eine selbständige Tätigkeit spricht auch, dass die Klägerin neben der Beigeladenen zu 1 zumindest zeitweise noch weitere Auftraggeber hatte, für die sie gleichgelagerte Tätigkeiten erbrachte. Zwar ist für jedes Vertragsverhältnis die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung gesondert vorzunehmen, jedoch spricht der Umstand, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein, für eine selbständige Tätigkeit, nicht zuletzt weil sie die wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Auftraggeber bzw. Arbeitgeber reduziert oder gar aufhebt. Hiervon sind übrigens auch die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in ihrem gemeinsamen Rundschreiben zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (abgedruckt in NZA 2000, 190 ff.) ausgegangen, wo ein Tätigwerden für mehrere Auftraggeber als ein Merkmal klassifiziert wird, dass bei der Abwägung „ein sehr starkes Gewicht“ für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit hat (Anlage 2, Ziffer 3.2., NZA 2000, 190 [197]). Es ist im Übrigen auch keineswegs üblich, dass Arbeitnehmer mehrere Auftraggeber haben. Vielmehr entspricht es der Regel, dass Arbeitnehmer jeweils nur einen Arbeitgeber haben (Urteil des Senats vom 22. Januar 2016 – L 4 R 2796/15 – juris, Rn. 81). So gingen etwa im Jahr 2008 im Jahresschnitt lediglich 3,7 Prozent aller Erwerbstätigen in der Bundesrepublik Deutschland einer zweiten Erwerbstätigkeit nach (Mikrozensus 2008, zitiert nach Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Nr. 35/2009, S. 599).
57 
Gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht auch, dass die Klägerin keinen bezahlten Urlaub erhalten hat (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 25 – auch zum Folgenden; Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 96). Beim Anspruch auf bezahlten Urlaub handelt es sich um ein Recht, das im Regelfall Arbeitnehmern vorbehalten ist. Selbständigen räumt das Gesetz vergleichbare Ansprüche gegenüber ihrem Vertragspartner nur im Ausnahmefall der arbeitnehmerähnlichen Personen ein (vgl. § 2 Satz 2 Bundesurlaubsgesetz), so dass die tatsächliche Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ein Indiz für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ist. Der Klägerin wurde hingegen kein bezahlter Erholungsurlaub gewährt.
58 
Auch das Fehlen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist nach der Rechtsprechung des BSG als Indiz für selbständige Tätigkeit anzusehen (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 26 – auch zum Folgenden; Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 97). Bei der Entgeltfortzahlung handelt es sich ebenfalls um ein typischerweise Arbeitnehmern vorbehaltenes Recht. Selbständigen räumt das Gesetz vergleichbare Ansprüche gegenüber ihren Vertragspartnern nicht ein. Fiel die Klägerin krankheitsbedingt aus und unterblieb deshalb die versprochene Arbeitsleistung, hatte sie keinen Anspruch auf eine Vergütung und erhielt sie auch tatsächlich nicht. Solche Vertragsgestaltungen sind konsequent, wenn beide Seiten eine selbständige freie Mitarbeit wollen (etwa Beschluss des Senats vom 20. August 2015 – L 4 R 861/13 – juris, Rn. 67 m.w.N. – auch zum Folgenden). Insofern gilt zwar, dass dem keine entscheidende Bedeutung zukommen kann, wenn die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Kriterien – Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers – bereits zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung führen. In einem solchen Fall werden vertragliche Absprachen oder deren Unterlassen durch die gesetzlichen Vorschriften über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und über Urlaubsansprüche verdrängt bzw. ersetzt. Entscheidend ist hier aber die tatsächliche Handhabung durch die Beteiligten (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 97; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 35), die belegt, dass der Ausschluss eines Lohnfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall nicht nur zum Schein vereinbart, sondern tatsächlich auch so praktiziert worden ist; keiner der Beteiligten hat behauptet, die Klägerin habe solche oder andere Arbeitnehmerrechte gegenüber der Beigeladenen zu 1 geltend gemacht.
59 
Dass die Klägerin vor und nach dem streitgegenständlichen Zeitraum die gleichen Tätigkeiten für die Beigeladene zu 1 verrichtet hat und dabei als (zeitweise als geringfügig) Beschäftigte gemeldet war, gibt für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung im streitgegenständlichen Zeitraum nichts her. Viele Tätigkeiten sind sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch in Gestalt selbständiger Tätigkeit möglich. Es kommt dann jeweils auf die konkreten Vereinbarungen und die tatsächliche Durchführung an, ohne dass Rückschlüsse von einem Zeitraum auf einen anderen Zeitraum gezogen werden können.
60 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 der Beklagten aufzuerlegen, wäre unbillig, da der Beigeladene zu 1 keinen Antrag gestellt hat.
61 
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen. Insbesondere hat die Sache nach Erlass des Urteils des BSG vom 17. Dezember 2014 (B 12 R 13/13 R – juris) keine grundsätzliche Bedeutung mehr.

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.

(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.

(1a) (weggefallen)

(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 10.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2018 sowie des Änderungsbescheides vom 10.07.2018 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte Säumniszuschläge fordert.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin hat drei Viertel, die Beklagte ein Viertel der Verfahrenskosten zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 29.860 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitgegenstand ist die Nachforderung von Sozialversicherungs- und Umlagebeiträgen aus der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) (künftig: Beigeladene) als Lohn- und Finanzbuchhalterin der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2015.

Die Beigeladene ist gelernte Industriekauffrau und hatte bis 31.12.2015 ein Gewerbe für „Buchungs-, Schreib- und Büroarbeiten“ angemeldet. Außer bei der Klägerin verrichtete die Beigeladene im Prüfzeitraum noch Buchhaltungsarbeiten für folgende Auftraggeber:

* Firma … Maschinenbau GmbH,

* Firma … Recycling GmbH und

* Firma … Import-Export HolzhandelsGmbH.

Bei letzterem Unternehmen (Geschäftsführer M. A.) war die Beigeladene bis März 2015 als geringfügig Beschäftigte mit einem Jahresentgelt in Höhe von 4.800 Euro gemeldet, ab April 2015 bis Dezember 2015 stellte sie auf Selbständigenbasis Rechnungen in Höhe von 400 Euro monatlich.

Für die streitgegenständliche Tätigkeit bei der Klägerin bewegten sich die Einnahmen der Beigeladenen zwischen Januar 2013 und März 2015 jeweils zwischen 500 und 800 Euro monatlich (Ausnahme September 2013: 2.940 Euro wegen „Krankheitsvertretung“), ab April 2015 erhielt die Beigeladene jeweils 2.100 Euro monatlich (Ausnahme November 2015: 3.200 Euro).

Seit 01.01.2016 ist die Beigeladene als Beschäftigte in Teilzeit mit einem monatlichen Gehalt von 2.500,- Euro gemeldet.

Laut ihren Angaben im Rahmen der Betriebsprüfung hat die Beigeladene für die Klägerin alle anfallenden Buchhaltungs- und Lohnabrechnungsarbeiten erledigt. Schriftliche Verträge existierten nicht, es gebe nur mündliche Absprachen. Zu 95% habe sie ihre Tätigkeit im Betrieb verrichtet. Eigene Arbeitsmittel musste sie nicht einsetzen. Sie sei nicht weisungsgebunden gewesen und habe sich ihre Arbeitszeit selbst einteilen können.

(Anmerkung: Die Auskünfte beziehen sich auf die Tätigkeit der Beigeladenen für die Firma … Import-Export HolzhandelsGmbH. Laut E-Mail vom 03.03.2017 an die Beklagte treffen die dort gemachten Angaben in gleicher Weise auf ihre Tätigkeit für die Klägerin zu).

Mit Bescheid vom 10.01.2018 stellte die Beklagte u.a. fest, dass die Beigeladene in der Zeit vom 01.01. 2013 bis 31.12.2015 beschäftigt und versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung, in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung gewesen sei und forderte Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie die Umlagen U1 und 2 in Höhe von 29.860,90 Euro (einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 6.735,50 Euro) nach. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

* Die Beigeladene sei in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass sie auf die EDV-Infrastruktur des Betriebes einschließlich der notwendigen Software angewiesen gewesen sei. Auch hätten Terminvorgaben vom Finanzamt und Krankenkassen beachtet und die Löhne der Arbeitnehmer rechtzeitig angewiesen werden müssen.

* Die Abrechnung durch die Beigeladene sei ausschließlich auf Stundenbasis erfolgt. Ein Unternehmerrisiko sei nicht ersichtlich. Sie habe allenfalls ein arbeitnehmerspezifisches Einkommensrisiko getragen.

* Eine Betriebsstätte im herkömmlichen Sinn, wie ein Büro mit eigenem Personal und Telefon, sei nicht vorhanden, Arbeitnehmer würden nicht beschäftigt. Die Beigeladene habe lediglich ein Arbeitszimmer zu Hause. Die Arbeitsmittel würden vom Auftraggeber kostenlos zur Verfügung gestellt.

* Das Stellen einer Rechnung stelle lediglich die Rechtsfolge einer selbständigen Tätigkeit dar und sage nichts über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit aus. Dies gelte ebenso für die Ausweisung der Mehrwertsteuer.

* Das für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis charakteristische Merkmal der persönlichen Abhängigkeit könne in bestimmten Fällen - insbesondere bei Diensten höherer Art - allein durch die Eingliederung in einen Betrieb erfüllt sein. An die Stelle der Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers trete die funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess. Die Dienstleistung sei in derartigen Fällen gleichwohl fremdbestimmt, weil sie in der von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehe.

* Eine Weitergabe der Aufgaben an Dritte oder Subunternehmer, wie es bei Selbständigen bei Krankheits- und Urlaubstagen üblich sei, sei bei der Beigeladenen ebenfalls nicht möglich. Eine Ersatzkraft habe sie ohne Einwilligung des Auftraggebers nicht stellen können, da auch hier wieder ein Zugriff auf die hausinternen Lohn- und Buchhaltungsprogramme des Betriebes erforderlich gewesen wäre.

* Die Beigeladene sei zwar für mehrere Auftraggeber tätig gewesen. Allerdings stelle auch dies nur ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar, da alle Beschäftigungen gesondert zu beurteilen seien. Das deutsche Recht kenne den Typus des universellen Selbständigen, der in jeder Beziehung selbständig sei, nicht. Sofern die Tätigkeit für andere Auftraggeber gleich gelagert mit der hier zu beurteilenden Tätigkeit sei, stelle sich die Frage, inwieweit auch zu diesen Auftraggebern abhängige Beschäftigungsverhältnisse vorliegen.

* Eine Gewerbeanmeldung habe keine maßgebliche Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Abwägung und stelle kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar.

Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwiegen.

Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die nachgeforderten Beiträge nahm die Beklagte ein „illegales Beschäftigungsverhältnis“ im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV an und rechnete die der Beigeladenen gezahlte Vergütung auf ein Bruttoarbeitsentgelt hoch. Die Klägerin hätte bei der beschriebenen Konstellation des Vertragsverhältnisses davon ausgehen müssen, dass es sich hierbei um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Sollten dennoch Zweifel am Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung bestanden haben, hätte der Arbeitgeber zumindest von der Möglichkeit Gebrauch machen müssen, den sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund oder über die Einzugsstelle klären zu lassen.

Für die nachzufordernden Beiträge seien auch Säumniszuschläge zu erheben. Bei dem vorliegenden Sachverhalt könne nicht von „unverschuldeter Unkenntnis“ im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV ausgegangen werden.

Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.01.2018 Widerspruch. Zur Begründung wurde unter ausführlicher Darlegung der arbeits- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung von Arbeitnehmereigenschaft und Selbständigkeit u.a. vorgetragen:

* Die Klägerin habe der Beigeladenen keine Einzelanweisungen erteilt, sondern lediglich globale Anweisungen im Rahmen eines freiberuflichen Werkvertragsverhältnisses. Der Umstand, dass die Beigeladene ihre Tätigkeit überwiegend in den Räumen der Klägerin erledigte, habe lediglich pragmatische Gründe.

* Von einer persönlichen Abhängigkeit könne bei der Beigeladenen nicht die Rede sein, weil sie zu diesem Zeitpunkt weniger als 50% ihrer Einkünfte aus selbständiger Buchhaltertätigkeit von der Klägerin bezogen habe.

* Die Beigeladene habe die buchhalterischen Tätigkeiten eigenständig erledigt; eine fachliche Weisungsgebundenheit habe nicht bestanden. Auch in zeitlicher Hinsicht sei die Beigeladene vollkommen frei gewesen.

* Dass die Beigeladene seit 01.01.2016 in einem Arbeitsverhältnis stehe, sei entgegen der Rechtsansicht des Ausgangsbescheides kein rechtliches Argument; den Vertragsparteien stehe es - wenn sie es für richtig erachten - jederzeit frei, das Rechtsverhältnis zu ändern.

* Die Argumentation der Deutschen Rentenversicherung zur Frage der betrieblichen Eingliederung sei rechtsirrig: Das Bundesarbeitsgericht habe in der „Museumsentscheidung“ festgestellt, dass es durchaus möglich und zulässig sei, Werkvertragsarbeitnehmer und eigene Beschäftigte gemeinsam in den Betriebsräumen arbeiten zu lassen. Nur dann, wenn die Beschäftigten so eng zusammenarbeiten, dass für außenstehende Dritte nicht mehr erkennbar ist, wer für wen mit welcher Rechtsgrundlage arbeitet, könne dies anders gesehen werden.

* Es könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass in der Zeit bis 31.12.2015 kein unternehmerisches Risiko vorgelegen hätte. Die Widerspruchsführerin hätte die Möglichkeit gehabt, die buchhalterischen Arbeiten abzuziehen und/oder durch eine andere Person erledigen zu lassen. Auch das Verlustrisiko der weiteren Tätigkeiten sei stets gegeben gewesen.

* Inhaltliche Vorgaben und fachliche Weisungen, wie die Arbeiten im Einzelnen auszuführen sind, seien der Beigeladenen zu keinem Zeitpunkt gegeben worden. Die Einhaltung der - wenigen - vorgegebenen Termine sei nicht Ausfluss eines Weisungsrechts der Klägerin gegenüber der Beigeladenen, sondern dies entspreche der vertraglich gegenüber der Klägerin übernommenen Verpflichtung.

* Die Überbürdung des Risikos, bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erhalten, spreche zwar nur dann für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchancen gegenüberstehen. Diese Voraussetzungen hätten bei Frau W. jedoch vorgelegen.

Wegen des weiteren Vorbringens im Widerspruchsverfahren wird auf den Schriftsatz vom 22.01.2018 sowie insbesondere auf das darin ausführlich zitierte Urteil des LSG Stuttgart vom 13.09.2016, L 4 R 2120/15 ZVW, Bezug genommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

Unter Wiederholung des Vorbringens im Widerspruchsverfahren im Übrigen führte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin u.a. ergänzend aus: Die Ermittlung der Berechnungsgrundlage unter Anwendung der gesetzlichen Nettolohnfiktion nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV sei rechtswidrig. Die Beklagte unterstelle ohne weitere Begründung ein Verschulden der Klägerin, wobei sie den Verschuldensmaßstab nicht darlegen könne.

Mit Urteil vom 09.11.2011 - B 12 R 18/09 R - habe das Bundessozialgericht klargestellt, dass für diese Bestimmung eine auf die Verletzung der Arbeitgeberpflichten gerichteter - mindestens bedingter - Vorsatz bestehen müsse. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass bei Fahrlässigkeit, auch bei grober, keine Hochrechnung möglich sei. Die Beklagte unterstelle, dass die Klägerin vorsätzlich keine Beiträge für die Beigeladene abgeführt habe, könne aber einen derartigen Nachweis nicht führen.

Am 10.07.2018 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid.

Darin wird auf die Anwendung der Netto-Brutto-Hochrechnung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV verzichtet, da ein bedingter Vorsatz nicht nachweisbar sei.

Die Nachforderung wird nunmehr mit insgesamt 20.731,91 Euro (einschließlich 4.775,50 Euro Säumniszuschläge) festgestellt.

Dieser Bescheid wurde gem. § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

Mit Schriftsatz vom 24.07.2018 wies der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut darauf hin, dass das Erfordernis des bedingten Vorsatzes auch für die Festsetzung von Säumniszuschlägen nach § 24 Abs. 2 SGB IV erforderlich sei. Die Feststellungslast für den subjektiven Tatbestand treffe insoweit die Beklagte.

Mit Schreiben vom 31.07.2018 hielt die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung fest, wonach unverschuldete Unkenntnis im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV auch dann ausscheide, wenn die „Tat“ zumindest fahrlässig begangen wurde. Hinsichtlich des Entlastungsbeweises nach § 24 Abs. 2 SGB IV seien bei Rechtsirrtümern strenge Anforderungen zu stellen. So habe sich der Schuldner sorgfältig über die Rechtslage zu informieren und in Zweifelsfällen eine Einzugsstelle einzuschalten.

Allein dadurch, dass die Klägerin dies unterlassen habe, habe sie mindestens grob fahrlässig gehandelt und damit nicht unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt.

Mit Schreiben vom 10.08.2018 und 03.01.2019 machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weitere Ausführungen. Auf den Inhalt dieser Schreiben wird Bezug genommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung gab die Beigeladene an, sie habe die selbständige Tätigkeit für die Klägerin in einem Umfang von ca. 11 Stunden wöchentlich ausgeübt. Im Angestelltenverhältnis arbeite sie nun 20 Stunden pro Woche. Das Aufgabengebiet habe sich entsprechend erweitert. Grund für die Anmeldung sei ihr Wunsch nach sozialer Absicherung gewesen.

Sie habe die komplette Finanz- und Lohnbuchhaltung gemacht. Die Unterlagen seien für sie bereitgelegen und sie habe dann ihre Arbeit entsprechend erledigt. Es habe ihr niemand vorgeschrieben, wie sie die Arbeiten zu machen habe. Es habe auch niemand die Fachkompetenz gehabt. Der Betrieb habe bis zu 15 Mitarbeiter beschäftigt.

Die letzten Jahre sei sie meistens gegen 11 Uhr ins Büro gekommen, sei dann ca. 2 Stunden beschäftigt gewesen, dies von Montag bis Freitag. Als Selbständige habe sie 22 Euro pro Stunde abgerechnet. Dies sei mit dem damaligen Prokuristen Herrn R. abgesprochen gewesen. Schriftliche Vereinbarungen hierzu gäbe es nicht. Sie habe bei der Klägerin auch während ihrer Zeit als Selbständige ein eigenes Zimmer gehabt. Eine Zeiterfassung habe es während ihrer selbständigen Tätigkeit nicht gegeben und gebe es auch jetzt nicht. Während ihrer Selbständigkeit habe sie Stundenzettel geführt, die von Herrn R. gegengezeichnet wurden. Auf Grundlage dieser Stundenzettel seien dann die monatlichen Rechnungen gestellt worden. Die Tätigkeiten für die Firma … und die Firma A. seien in den gleichen Räumlichkeiten ausgeübt worden.

Eine Berufshaftpflichtversicherung habe sie während ihrer selbständigen Tätigkeit nicht gehabt.

Der Geschäftsführer der Klägerin wies darauf hin, dass die Firma in der Vergangenheit von der Rentenversicherung mehrmals geprüft wurde, ohne dass es insoweit zu Beanstandungen gekommen sei.

Am Schluss der mündlichen Verhandlung stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Antrag,

den Bescheid vom 10.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2018 sowie des Änderungsbescheides vom 10.07.2018 aufzuheben.

Die Beklagtenvertreterin stellte den Antrag,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen stellten keine Anträge.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, auf die zwischen den Beteiligten im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage ist zulässig; sie ist jedoch überwiegend nicht begründet.

Angefochten ist der Bescheid der Beklagten vom 20.01.2018 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2018 sowie des Änderungsbescheides vom 10.07.2018. Letzterer Bescheid wurde gem. § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, ohne dass es entsprechender Beteiligtenerklärungen hierzu bedurfte.

Die Beklagte hat in ihrer Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene ihre Buchhaltungstätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2015 im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausübte und der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Klägerin ist daher verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge in gesetzlicher Höhe nachzuentrichten.

Soweit die Beklagte darüber hinaus im angefochtenen Bescheid Säumniszuschläge fordert, war dem Klageantrag jedoch stattzugeben und der Bescheid der Beklagten insoweit aufzuheben.

Nachdem im Bescheid vom 10.07.2018 die Beiträge nur noch nach den tatsächlich gezahlten Entgelten berechnet wurden, war die Rechtmäßigkeit der im Ausgangsbescheid vorgenommenen Netto-Bruttolohn-Hochrechnung gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht mehr Streitgegenstand.

1. Rechtsgrundlage für den Nachforderungsbescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV.

Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die versicherungspflichtig Beschäftigten zu zahlen.

2. Personen die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr.1 SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 SGB XI, § 25 Abs. 1 SGB III).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert“ sein.

Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und welche Merkmale überwiegen (Ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30.04.2013, B 12 KR 19/11 R; BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, jeweils m.w.N.).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus des abhängig Beschäftigten erlauben.

Ausgangspunkt der Prüfung ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 RdNr. 16 m.w.N.).

4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass die Beigeladene in der Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2015 ihre Buchhaltungstätigkeiten für die Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.

Die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände überwiegen nach Auffassung der Kammer deutlich die Aspekte, die für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angeführt wurden.

a) Schriftliche Vereinbarungen zur Tätigkeit der Beigeladenen im streitigen Zeitraum existieren nicht. Mündlich war vereinbart, dass die Beigeladene auf Selbständigenbasis die komplette Lohn- und Finanzbuchhaltung der Klägerin erledigen und sie hierfür ein Entgelt von 22 Euro pro Stunde erhalten soll.

Mangels weiterer vertraglicher Regelungen ist daher die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit der Beigeladenen maßgeblich. Diese weist überwiegend Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung auf:

Zu nennen sind insbesondere die Eingliederung in die organisatorischen Strukturen der Klägerin, die persönliche Leistungserbringung, die zeitabhängige Vergütung und die fehlenden eigenen Betriebsmittel.

Für eine selbständige Tätigkeit spricht im Wesentlichen, dass eine solche zwischen den Beteiligten gewollt war und das Weisungsrecht der Klägerin nur in sehr abgeschwächter Form zum Tragen kam. Außerdem erledigte die Beigeladene Buchhaltungsarbeiten auch für andere Auftraggeber.

b) Im Einzelnen:

* Die Beigeladene führte die Buchhaltungstätigkeiten fast ausschließlich in den Räumlichkeiten der Klägerin aus, wo sie ein eigenes Büro mit der notwendigen Infrastruktur samt Software und Telefon zur Verfügung hatte. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung arbeitete die Beigeladene in der Regel montags bis freitags ab 11:00 Uhr ca. 2 Stunden bei der Klägerin. Die aufgewendete Arbeitszeit hielt sie auf Stundenzetteln fest, die vom Prokuristen gegengezeichnet wurden. Auf Grundlage dieser Stundenzettel wurden dann die monatlichen Rechnungen erstellt.

Diese Handhabung galt offensichtlich bis einschließlich März 2015. Ab April 2015 erhielt die Beigeladene eine feste Vergütung in Höhe von 2.100 Euro monatlich, im November 2015 sogar 3.200 Euro (Weihnachtsgeld?). Die Beigeladene erklärte diesen „Gehaltssprung“ damit, dass ihr ab April 2015 weitere Aufgaben übertragen worden seien.

Ab Januar 2016 wurde die Beigeladene dann als Beschäftigte mit einem monatlichen Entgelt von 2.500 Euro brutto angemeldet. Ihre wöchentliche Arbeitszeit beträgt seither 20 Stunden.

Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass die Beigeladene nunmehr als Angestellte mit ca. 29 € () einen deutlich höheren Stundenlohn erhält als zu der Zeit, als sie auf Selbständigenbasis tätig war.

Eigentlich wäre das Gegenteil zu erwarten, weil Selbständige vom verdienten Honorar nicht nur ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen, sondern auch die anfallenden Steuern und die Kosten der sozialen Absicherung selbst zu tragen haben. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann die Höhe der Vergütung durchaus Bedeutung für die Frage haben, ob eine selbständige Tätigkeit vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R).

Im Übrigen konnte die Kammer die Angaben der Beigeladenen hinsichtlich der Arbeitszeit und der Höhe der Vergütung nicht nachvollziehen. Bei der angegebenen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 11 Stunden und einem Stundenlohn von 22 Euro ergäbe sich eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.040 Euro (11 x 4,3 x 22).

Nach den vorliegenden Unterlagen (Sachkonten 2013 bis 2015) erhielt die Beigeladene von der Klägerin jeweils nur Beträge in Höhe von ca. 500 bis 800 Euro monatlich. Lediglich im September 2013 wegen „Krankheitsvertretung“ 2.940 Euro. Ab April 2015 sind Beträge in Höhe von jeweils 2.100 Euro monatlich verbucht. Letzteres deutet darauf hin, dass die Beigeladene ab diesem Zeitpunkt bereits halbtags ihre Tätigkeit ausübte.

Möglicherweise erklärt sich diese „Ungereimtheit“ damit, dass die Beigeladene ihre Tätigkeiten für die Klägerin und für die Firma … Import-Export HolzhandelsGmbH als Einheit betrachtete. Ob dies so ist, kann dahingestellt bleiben, Tatsache ist jedenfalls, dass die Beigeladene als vermeintlich Selbständige weniger verdiente wie als Angestellte.

* Bei ihrer Buchhaltungstätigkeit unterlag die Beigeladene zwar keinem arbeitnehmertypischen umfassenden Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich der zu verrichtenden Tätigkeit. Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind jedoch erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (BSG, Urteil vom 31.03.2015 - B 12 KR 17/13 R - juris RdNr. 20).

Der fachlichen Weisungsfreiheit kommt im Rahmen der Gesamtabwägung schon deswegen kein allzu großes Gewicht zu, weil einzig die Beigeladene die notwendige Fachkompetenz als Buchhalterin hatte.

Größere Spielräume, die auch abhängig Beschäftigten aufgrund der Natur ihrer Tätigkeit zustehen, können jedoch nicht als maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung herangezogen werden (Ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des BSG vom 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R).

Im Übrigen war die Beigeladene nach Überzeugung der Kammer nicht nur auf die technische Infrastruktur, sondern in gewissem Umfang auch auf die Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern der Klägerin angewiesen. Die Erledigung der Lohnbuchhaltung für bis zu 15 Mitarbeiter erfordert einen innerbetrieblichen Informationsfluss bezüglich der Modalitäten der einzelnen Beschäftigungsverhältnisse, damit auf Veränderungen jederzeit reagiert werden kann. Nicht ohne Grund hatte die Beigeladene ihre Arbeitszeit so gewählt, dass sie täglich während der üblichen Bürozeiten im Betrieb der Klägerin anwesend war.

* Von wesentlicher Bedeutung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung die Frage, ob die Tätigkeit in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben nämlich ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen. Dementsprechend stellt auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Pflicht, die Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Allerdings führt wiederum die bloße Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmertypischer) Selbständigkeit. Die Befugnis, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (BSG, Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R - juris RdNr. 35).

Nachdem es keine schriftlichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen gibt, kann nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob die Beigeladene sich bei den Buchhaltungsarbeiten für die Klägerin hätte vertreten lassen dürfen. Tatsache ist, dass die Arbeiten ausschließlich durch die Beigeladene selbst erbracht wurden und eine Delegation an Dritte zu keinem Zeitpunkt erfolgt ist. Nach Auffassung der Kammer ist auch sehr zweifelhaft, ob in Anbetracht der besonderen Vertrauensstellung der Beigeladenen eine Leistungserbringung durch Dritte überhaupt in Frage gekommen wäre oder ob nicht die Beteiligten als selbstverständlich davon ausgingen, dass die Beigeladene persönlich die Buchhaltung erledigt.

Letztlich kann diese Frage jedoch dahingestellt bleiben. Tatsache ist, dass eine Vertretung durch Dritte auch in früheren Jahren nie stattgefunden hat und die bloß theoretische Möglichkeit hierzu nur ein schwaches Indiz für das Vorliegen von Selbständigkeit ist.

5. Wesentliche Indizien, die überwiegend für eine selbständige Tätigkeit sprechen würden, sind nicht ersichtlich:

* Die Beigeladene trug kein nennenswertes unternehmerisches Risiko. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbständigen, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird (vgl. BSG, Urteil vom 25.04. 2012 - B 12 KR 24/10 R).

Dies war hier nicht der Fall. Ausweislich der Einnahmen-Überschuss-Rechnung für die Jahre 2013 bis 2015 hatte die Beigeladene - abgesehen von Kraftfahrzeugkosten, wie sie praktisch bei jedem Selbständigen anfallen - nur geringe Betriebsausgaben. Im Wesentlichen handelt es dabei um Raumkosten (zwischen 358 und 417 Euro jährlich) sowie um die Position „Bürobedarf, Porto, Telefon (Beträge zwischen 847 Euro und 1.560 Euro jährlich).

Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Beigeladene in dieser Zeit 4 Auftraggeber hatte und die Betriebsausgaben folglich dem streitigen Vertragsverhältnis nur anteilig zuzurechnen wären.

Allein die Möglichkeit, dass sich der Umfang der Buchhaltungsarbeiten für die Beigeladene (aus welchen Gründen auch immer) verringerte oder ganz wegfiel, ist kein „unternehmerisches Risiko“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die Beigeladene erhielt eine erfolgsunabhängige Vergütung in Höhe von 22 Euro pro Stunde. Damit setzte sie ihre Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes ein.

Wesentliche, über die Haftung eines Arbeitnehmers hinausgehende Haftungsrisiken bestanden ebenfalls nicht. Die Beigeladene sah dies offensichtlich genauso, ansonsten hätte sie eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen.

* Dem Umstand, dass der Beigeladenen vertraglich keine Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub zustanden, kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Solche Vertragsgestaltungen sind lediglich ein Hinweis darauf, dass die Beteiligten eine Mitarbeit auf Selbständigenbasis wollten. Dies gilt auch für die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - juris RdNr. 27).

* Dass die Beigeladene noch weitere Auftraggeber hatte, macht sie ebenfalls nicht zur Selbständigen. Auch insoweit handelt es sich lediglich um eines von zahlreichen Indizien, die im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen sind. Allerdings ist nach der gesetzgeberischen Wertung jede Tätigkeit getrennt zu beurteilen, den „universell selbständig Tätigen“ gibt es nicht. Entscheidend sind nach der Rechtsprechung jeweils die Umstände des Einzelfalles.

6. Das von Klägerseite ausführlich zitierte Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.09.2016 (L 4 R 2120/15 ZVW) ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die dortige Buchhalterin hatte, zumindest vorübergehend, eigenes Personal beschäftigt und sogar auf eigene Kosten einen externen Buchhaltungs- und Büroservice damit beauftragt, Buchhaltungsarbeiten für ihren Auftraggeber zu erledigen.

Im Hinblick auf die Bedeutung, die die obergerichtliche Rechtsprechung den Merkmalen persönliche Leistungserbringung und Unternehmerrisiko beimisst, bestehen zwischen der dortigen Fallkonstellation und dem vorliegenden Fall so erhebliche Unterschiede, dass die Schlussfolgerungen des LSG Baden-Württemberg (soweit man sie als zutreffend erachten will) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sind.

7. Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der grundsätzlichen Versicherungspflicht der Beigeladenen steht schließlich auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin in der Vergangenheit mehrmals durch die Beklagte geprüft wurde und es insoweit zu keiner Beanstandung kam. Es ist zwar für die Kammer ohne weiteres nachvollziehbar, wenn die Klägerin deswegen mit den nunmehrigen Feststellungen der Beklagten hadert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schafft eine in der Vergangenheit durchgeführte Betriebsprüfung jedoch keinen Vertrauenstatbestand und bezweckt nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder diesem gar Entlastung zu erteilen. Eine materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 AL 2/11 R m.w.N.).

Dies ist vorliegend nicht der Fall.

8. Rechtliche Bedenken gegen die Höhe der Beitragsforderung bestehen nicht, nachdem die Beklagte auf Basis des § 14 Abs. 1 SGB IV lediglich die tatsächlich nachgewiesenen Zahlungen berücksichtigt hat.

Auch von der Klägerin wurden insoweit keine Einwendungen erhoben.

9. Hinsichtlich der Festsetzung von Säumniszuschlägen war die Kammer der Auffassung, dass bedingter Vorsatz im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R) nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann.

Der Klage war daher insoweit stattzugeben.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG und ergibt sich aus der (ursprünglich) streitigen Forderung.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 10.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2018 sowie des Änderungsbescheides vom 10.07.2018 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte Säumniszuschläge fordert.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin hat drei Viertel, die Beklagte ein Viertel der Verfahrenskosten zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 29.860 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitgegenstand ist die Nachforderung von Sozialversicherungs- und Umlagebeiträgen aus der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) (künftig: Beigeladene) als Lohn- und Finanzbuchhalterin der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2015.

Die Beigeladene ist gelernte Industriekauffrau und hatte bis 31.12.2015 ein Gewerbe für „Buchungs-, Schreib- und Büroarbeiten“ angemeldet. Außer bei der Klägerin verrichtete die Beigeladene im Prüfzeitraum noch Buchhaltungsarbeiten für folgende Auftraggeber:

* Firma … Maschinenbau GmbH,

* Firma … Recycling GmbH und

* Firma … Import-Export HolzhandelsGmbH.

Bei letzterem Unternehmen (Geschäftsführer M. A.) war die Beigeladene bis März 2015 als geringfügig Beschäftigte mit einem Jahresentgelt in Höhe von 4.800 Euro gemeldet, ab April 2015 bis Dezember 2015 stellte sie auf Selbständigenbasis Rechnungen in Höhe von 400 Euro monatlich.

Für die streitgegenständliche Tätigkeit bei der Klägerin bewegten sich die Einnahmen der Beigeladenen zwischen Januar 2013 und März 2015 jeweils zwischen 500 und 800 Euro monatlich (Ausnahme September 2013: 2.940 Euro wegen „Krankheitsvertretung“), ab April 2015 erhielt die Beigeladene jeweils 2.100 Euro monatlich (Ausnahme November 2015: 3.200 Euro).

Seit 01.01.2016 ist die Beigeladene als Beschäftigte in Teilzeit mit einem monatlichen Gehalt von 2.500,- Euro gemeldet.

Laut ihren Angaben im Rahmen der Betriebsprüfung hat die Beigeladene für die Klägerin alle anfallenden Buchhaltungs- und Lohnabrechnungsarbeiten erledigt. Schriftliche Verträge existierten nicht, es gebe nur mündliche Absprachen. Zu 95% habe sie ihre Tätigkeit im Betrieb verrichtet. Eigene Arbeitsmittel musste sie nicht einsetzen. Sie sei nicht weisungsgebunden gewesen und habe sich ihre Arbeitszeit selbst einteilen können.

(Anmerkung: Die Auskünfte beziehen sich auf die Tätigkeit der Beigeladenen für die Firma … Import-Export HolzhandelsGmbH. Laut E-Mail vom 03.03.2017 an die Beklagte treffen die dort gemachten Angaben in gleicher Weise auf ihre Tätigkeit für die Klägerin zu).

Mit Bescheid vom 10.01.2018 stellte die Beklagte u.a. fest, dass die Beigeladene in der Zeit vom 01.01. 2013 bis 31.12.2015 beschäftigt und versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung, in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung gewesen sei und forderte Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie die Umlagen U1 und 2 in Höhe von 29.860,90 Euro (einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 6.735,50 Euro) nach. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

* Die Beigeladene sei in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass sie auf die EDV-Infrastruktur des Betriebes einschließlich der notwendigen Software angewiesen gewesen sei. Auch hätten Terminvorgaben vom Finanzamt und Krankenkassen beachtet und die Löhne der Arbeitnehmer rechtzeitig angewiesen werden müssen.

* Die Abrechnung durch die Beigeladene sei ausschließlich auf Stundenbasis erfolgt. Ein Unternehmerrisiko sei nicht ersichtlich. Sie habe allenfalls ein arbeitnehmerspezifisches Einkommensrisiko getragen.

* Eine Betriebsstätte im herkömmlichen Sinn, wie ein Büro mit eigenem Personal und Telefon, sei nicht vorhanden, Arbeitnehmer würden nicht beschäftigt. Die Beigeladene habe lediglich ein Arbeitszimmer zu Hause. Die Arbeitsmittel würden vom Auftraggeber kostenlos zur Verfügung gestellt.

* Das Stellen einer Rechnung stelle lediglich die Rechtsfolge einer selbständigen Tätigkeit dar und sage nichts über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit aus. Dies gelte ebenso für die Ausweisung der Mehrwertsteuer.

* Das für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis charakteristische Merkmal der persönlichen Abhängigkeit könne in bestimmten Fällen - insbesondere bei Diensten höherer Art - allein durch die Eingliederung in einen Betrieb erfüllt sein. An die Stelle der Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers trete die funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess. Die Dienstleistung sei in derartigen Fällen gleichwohl fremdbestimmt, weil sie in der von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehe.

* Eine Weitergabe der Aufgaben an Dritte oder Subunternehmer, wie es bei Selbständigen bei Krankheits- und Urlaubstagen üblich sei, sei bei der Beigeladenen ebenfalls nicht möglich. Eine Ersatzkraft habe sie ohne Einwilligung des Auftraggebers nicht stellen können, da auch hier wieder ein Zugriff auf die hausinternen Lohn- und Buchhaltungsprogramme des Betriebes erforderlich gewesen wäre.

* Die Beigeladene sei zwar für mehrere Auftraggeber tätig gewesen. Allerdings stelle auch dies nur ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar, da alle Beschäftigungen gesondert zu beurteilen seien. Das deutsche Recht kenne den Typus des universellen Selbständigen, der in jeder Beziehung selbständig sei, nicht. Sofern die Tätigkeit für andere Auftraggeber gleich gelagert mit der hier zu beurteilenden Tätigkeit sei, stelle sich die Frage, inwieweit auch zu diesen Auftraggebern abhängige Beschäftigungsverhältnisse vorliegen.

* Eine Gewerbeanmeldung habe keine maßgebliche Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Abwägung und stelle kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar.

Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwiegen.

Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die nachgeforderten Beiträge nahm die Beklagte ein „illegales Beschäftigungsverhältnis“ im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV an und rechnete die der Beigeladenen gezahlte Vergütung auf ein Bruttoarbeitsentgelt hoch. Die Klägerin hätte bei der beschriebenen Konstellation des Vertragsverhältnisses davon ausgehen müssen, dass es sich hierbei um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Sollten dennoch Zweifel am Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung bestanden haben, hätte der Arbeitgeber zumindest von der Möglichkeit Gebrauch machen müssen, den sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund oder über die Einzugsstelle klären zu lassen.

Für die nachzufordernden Beiträge seien auch Säumniszuschläge zu erheben. Bei dem vorliegenden Sachverhalt könne nicht von „unverschuldeter Unkenntnis“ im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV ausgegangen werden.

Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.01.2018 Widerspruch. Zur Begründung wurde unter ausführlicher Darlegung der arbeits- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung von Arbeitnehmereigenschaft und Selbständigkeit u.a. vorgetragen:

* Die Klägerin habe der Beigeladenen keine Einzelanweisungen erteilt, sondern lediglich globale Anweisungen im Rahmen eines freiberuflichen Werkvertragsverhältnisses. Der Umstand, dass die Beigeladene ihre Tätigkeit überwiegend in den Räumen der Klägerin erledigte, habe lediglich pragmatische Gründe.

* Von einer persönlichen Abhängigkeit könne bei der Beigeladenen nicht die Rede sein, weil sie zu diesem Zeitpunkt weniger als 50% ihrer Einkünfte aus selbständiger Buchhaltertätigkeit von der Klägerin bezogen habe.

* Die Beigeladene habe die buchhalterischen Tätigkeiten eigenständig erledigt; eine fachliche Weisungsgebundenheit habe nicht bestanden. Auch in zeitlicher Hinsicht sei die Beigeladene vollkommen frei gewesen.

* Dass die Beigeladene seit 01.01.2016 in einem Arbeitsverhältnis stehe, sei entgegen der Rechtsansicht des Ausgangsbescheides kein rechtliches Argument; den Vertragsparteien stehe es - wenn sie es für richtig erachten - jederzeit frei, das Rechtsverhältnis zu ändern.

* Die Argumentation der Deutschen Rentenversicherung zur Frage der betrieblichen Eingliederung sei rechtsirrig: Das Bundesarbeitsgericht habe in der „Museumsentscheidung“ festgestellt, dass es durchaus möglich und zulässig sei, Werkvertragsarbeitnehmer und eigene Beschäftigte gemeinsam in den Betriebsräumen arbeiten zu lassen. Nur dann, wenn die Beschäftigten so eng zusammenarbeiten, dass für außenstehende Dritte nicht mehr erkennbar ist, wer für wen mit welcher Rechtsgrundlage arbeitet, könne dies anders gesehen werden.

* Es könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass in der Zeit bis 31.12.2015 kein unternehmerisches Risiko vorgelegen hätte. Die Widerspruchsführerin hätte die Möglichkeit gehabt, die buchhalterischen Arbeiten abzuziehen und/oder durch eine andere Person erledigen zu lassen. Auch das Verlustrisiko der weiteren Tätigkeiten sei stets gegeben gewesen.

* Inhaltliche Vorgaben und fachliche Weisungen, wie die Arbeiten im Einzelnen auszuführen sind, seien der Beigeladenen zu keinem Zeitpunkt gegeben worden. Die Einhaltung der - wenigen - vorgegebenen Termine sei nicht Ausfluss eines Weisungsrechts der Klägerin gegenüber der Beigeladenen, sondern dies entspreche der vertraglich gegenüber der Klägerin übernommenen Verpflichtung.

* Die Überbürdung des Risikos, bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erhalten, spreche zwar nur dann für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchancen gegenüberstehen. Diese Voraussetzungen hätten bei Frau W. jedoch vorgelegen.

Wegen des weiteren Vorbringens im Widerspruchsverfahren wird auf den Schriftsatz vom 22.01.2018 sowie insbesondere auf das darin ausführlich zitierte Urteil des LSG Stuttgart vom 13.09.2016, L 4 R 2120/15 ZVW, Bezug genommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

Unter Wiederholung des Vorbringens im Widerspruchsverfahren im Übrigen führte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin u.a. ergänzend aus: Die Ermittlung der Berechnungsgrundlage unter Anwendung der gesetzlichen Nettolohnfiktion nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV sei rechtswidrig. Die Beklagte unterstelle ohne weitere Begründung ein Verschulden der Klägerin, wobei sie den Verschuldensmaßstab nicht darlegen könne.

Mit Urteil vom 09.11.2011 - B 12 R 18/09 R - habe das Bundessozialgericht klargestellt, dass für diese Bestimmung eine auf die Verletzung der Arbeitgeberpflichten gerichteter - mindestens bedingter - Vorsatz bestehen müsse. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass bei Fahrlässigkeit, auch bei grober, keine Hochrechnung möglich sei. Die Beklagte unterstelle, dass die Klägerin vorsätzlich keine Beiträge für die Beigeladene abgeführt habe, könne aber einen derartigen Nachweis nicht führen.

Am 10.07.2018 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid.

Darin wird auf die Anwendung der Netto-Brutto-Hochrechnung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV verzichtet, da ein bedingter Vorsatz nicht nachweisbar sei.

Die Nachforderung wird nunmehr mit insgesamt 20.731,91 Euro (einschließlich 4.775,50 Euro Säumniszuschläge) festgestellt.

Dieser Bescheid wurde gem. § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

Mit Schriftsatz vom 24.07.2018 wies der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut darauf hin, dass das Erfordernis des bedingten Vorsatzes auch für die Festsetzung von Säumniszuschlägen nach § 24 Abs. 2 SGB IV erforderlich sei. Die Feststellungslast für den subjektiven Tatbestand treffe insoweit die Beklagte.

Mit Schreiben vom 31.07.2018 hielt die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung fest, wonach unverschuldete Unkenntnis im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV auch dann ausscheide, wenn die „Tat“ zumindest fahrlässig begangen wurde. Hinsichtlich des Entlastungsbeweises nach § 24 Abs. 2 SGB IV seien bei Rechtsirrtümern strenge Anforderungen zu stellen. So habe sich der Schuldner sorgfältig über die Rechtslage zu informieren und in Zweifelsfällen eine Einzugsstelle einzuschalten.

Allein dadurch, dass die Klägerin dies unterlassen habe, habe sie mindestens grob fahrlässig gehandelt und damit nicht unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt.

Mit Schreiben vom 10.08.2018 und 03.01.2019 machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weitere Ausführungen. Auf den Inhalt dieser Schreiben wird Bezug genommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung gab die Beigeladene an, sie habe die selbständige Tätigkeit für die Klägerin in einem Umfang von ca. 11 Stunden wöchentlich ausgeübt. Im Angestelltenverhältnis arbeite sie nun 20 Stunden pro Woche. Das Aufgabengebiet habe sich entsprechend erweitert. Grund für die Anmeldung sei ihr Wunsch nach sozialer Absicherung gewesen.

Sie habe die komplette Finanz- und Lohnbuchhaltung gemacht. Die Unterlagen seien für sie bereitgelegen und sie habe dann ihre Arbeit entsprechend erledigt. Es habe ihr niemand vorgeschrieben, wie sie die Arbeiten zu machen habe. Es habe auch niemand die Fachkompetenz gehabt. Der Betrieb habe bis zu 15 Mitarbeiter beschäftigt.

Die letzten Jahre sei sie meistens gegen 11 Uhr ins Büro gekommen, sei dann ca. 2 Stunden beschäftigt gewesen, dies von Montag bis Freitag. Als Selbständige habe sie 22 Euro pro Stunde abgerechnet. Dies sei mit dem damaligen Prokuristen Herrn R. abgesprochen gewesen. Schriftliche Vereinbarungen hierzu gäbe es nicht. Sie habe bei der Klägerin auch während ihrer Zeit als Selbständige ein eigenes Zimmer gehabt. Eine Zeiterfassung habe es während ihrer selbständigen Tätigkeit nicht gegeben und gebe es auch jetzt nicht. Während ihrer Selbständigkeit habe sie Stundenzettel geführt, die von Herrn R. gegengezeichnet wurden. Auf Grundlage dieser Stundenzettel seien dann die monatlichen Rechnungen gestellt worden. Die Tätigkeiten für die Firma … und die Firma A. seien in den gleichen Räumlichkeiten ausgeübt worden.

Eine Berufshaftpflichtversicherung habe sie während ihrer selbständigen Tätigkeit nicht gehabt.

Der Geschäftsführer der Klägerin wies darauf hin, dass die Firma in der Vergangenheit von der Rentenversicherung mehrmals geprüft wurde, ohne dass es insoweit zu Beanstandungen gekommen sei.

Am Schluss der mündlichen Verhandlung stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Antrag,

den Bescheid vom 10.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2018 sowie des Änderungsbescheides vom 10.07.2018 aufzuheben.

Die Beklagtenvertreterin stellte den Antrag,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen stellten keine Anträge.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, auf die zwischen den Beteiligten im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage ist zulässig; sie ist jedoch überwiegend nicht begründet.

Angefochten ist der Bescheid der Beklagten vom 20.01.2018 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2018 sowie des Änderungsbescheides vom 10.07.2018. Letzterer Bescheid wurde gem. § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, ohne dass es entsprechender Beteiligtenerklärungen hierzu bedurfte.

Die Beklagte hat in ihrer Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene ihre Buchhaltungstätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2015 im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausübte und der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Klägerin ist daher verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge in gesetzlicher Höhe nachzuentrichten.

Soweit die Beklagte darüber hinaus im angefochtenen Bescheid Säumniszuschläge fordert, war dem Klageantrag jedoch stattzugeben und der Bescheid der Beklagten insoweit aufzuheben.

Nachdem im Bescheid vom 10.07.2018 die Beiträge nur noch nach den tatsächlich gezahlten Entgelten berechnet wurden, war die Rechtmäßigkeit der im Ausgangsbescheid vorgenommenen Netto-Bruttolohn-Hochrechnung gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht mehr Streitgegenstand.

1. Rechtsgrundlage für den Nachforderungsbescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV.

Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die versicherungspflichtig Beschäftigten zu zahlen.

2. Personen die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr.1 SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 SGB XI, § 25 Abs. 1 SGB III).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert“ sein.

Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und welche Merkmale überwiegen (Ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30.04.2013, B 12 KR 19/11 R; BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, jeweils m.w.N.).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus des abhängig Beschäftigten erlauben.

Ausgangspunkt der Prüfung ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 RdNr. 16 m.w.N.).

4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass die Beigeladene in der Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2015 ihre Buchhaltungstätigkeiten für die Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.

Die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände überwiegen nach Auffassung der Kammer deutlich die Aspekte, die für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angeführt wurden.

a) Schriftliche Vereinbarungen zur Tätigkeit der Beigeladenen im streitigen Zeitraum existieren nicht. Mündlich war vereinbart, dass die Beigeladene auf Selbständigenbasis die komplette Lohn- und Finanzbuchhaltung der Klägerin erledigen und sie hierfür ein Entgelt von 22 Euro pro Stunde erhalten soll.

Mangels weiterer vertraglicher Regelungen ist daher die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit der Beigeladenen maßgeblich. Diese weist überwiegend Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung auf:

Zu nennen sind insbesondere die Eingliederung in die organisatorischen Strukturen der Klägerin, die persönliche Leistungserbringung, die zeitabhängige Vergütung und die fehlenden eigenen Betriebsmittel.

Für eine selbständige Tätigkeit spricht im Wesentlichen, dass eine solche zwischen den Beteiligten gewollt war und das Weisungsrecht der Klägerin nur in sehr abgeschwächter Form zum Tragen kam. Außerdem erledigte die Beigeladene Buchhaltungsarbeiten auch für andere Auftraggeber.

b) Im Einzelnen:

* Die Beigeladene führte die Buchhaltungstätigkeiten fast ausschließlich in den Räumlichkeiten der Klägerin aus, wo sie ein eigenes Büro mit der notwendigen Infrastruktur samt Software und Telefon zur Verfügung hatte. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung arbeitete die Beigeladene in der Regel montags bis freitags ab 11:00 Uhr ca. 2 Stunden bei der Klägerin. Die aufgewendete Arbeitszeit hielt sie auf Stundenzetteln fest, die vom Prokuristen gegengezeichnet wurden. Auf Grundlage dieser Stundenzettel wurden dann die monatlichen Rechnungen erstellt.

Diese Handhabung galt offensichtlich bis einschließlich März 2015. Ab April 2015 erhielt die Beigeladene eine feste Vergütung in Höhe von 2.100 Euro monatlich, im November 2015 sogar 3.200 Euro (Weihnachtsgeld?). Die Beigeladene erklärte diesen „Gehaltssprung“ damit, dass ihr ab April 2015 weitere Aufgaben übertragen worden seien.

Ab Januar 2016 wurde die Beigeladene dann als Beschäftigte mit einem monatlichen Entgelt von 2.500 Euro brutto angemeldet. Ihre wöchentliche Arbeitszeit beträgt seither 20 Stunden.

Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass die Beigeladene nunmehr als Angestellte mit ca. 29 € () einen deutlich höheren Stundenlohn erhält als zu der Zeit, als sie auf Selbständigenbasis tätig war.

Eigentlich wäre das Gegenteil zu erwarten, weil Selbständige vom verdienten Honorar nicht nur ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen, sondern auch die anfallenden Steuern und die Kosten der sozialen Absicherung selbst zu tragen haben. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann die Höhe der Vergütung durchaus Bedeutung für die Frage haben, ob eine selbständige Tätigkeit vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R).

Im Übrigen konnte die Kammer die Angaben der Beigeladenen hinsichtlich der Arbeitszeit und der Höhe der Vergütung nicht nachvollziehen. Bei der angegebenen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 11 Stunden und einem Stundenlohn von 22 Euro ergäbe sich eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.040 Euro (11 x 4,3 x 22).

Nach den vorliegenden Unterlagen (Sachkonten 2013 bis 2015) erhielt die Beigeladene von der Klägerin jeweils nur Beträge in Höhe von ca. 500 bis 800 Euro monatlich. Lediglich im September 2013 wegen „Krankheitsvertretung“ 2.940 Euro. Ab April 2015 sind Beträge in Höhe von jeweils 2.100 Euro monatlich verbucht. Letzteres deutet darauf hin, dass die Beigeladene ab diesem Zeitpunkt bereits halbtags ihre Tätigkeit ausübte.

Möglicherweise erklärt sich diese „Ungereimtheit“ damit, dass die Beigeladene ihre Tätigkeiten für die Klägerin und für die Firma … Import-Export HolzhandelsGmbH als Einheit betrachtete. Ob dies so ist, kann dahingestellt bleiben, Tatsache ist jedenfalls, dass die Beigeladene als vermeintlich Selbständige weniger verdiente wie als Angestellte.

* Bei ihrer Buchhaltungstätigkeit unterlag die Beigeladene zwar keinem arbeitnehmertypischen umfassenden Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich der zu verrichtenden Tätigkeit. Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind jedoch erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (BSG, Urteil vom 31.03.2015 - B 12 KR 17/13 R - juris RdNr. 20).

Der fachlichen Weisungsfreiheit kommt im Rahmen der Gesamtabwägung schon deswegen kein allzu großes Gewicht zu, weil einzig die Beigeladene die notwendige Fachkompetenz als Buchhalterin hatte.

Größere Spielräume, die auch abhängig Beschäftigten aufgrund der Natur ihrer Tätigkeit zustehen, können jedoch nicht als maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung herangezogen werden (Ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des BSG vom 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R).

Im Übrigen war die Beigeladene nach Überzeugung der Kammer nicht nur auf die technische Infrastruktur, sondern in gewissem Umfang auch auf die Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern der Klägerin angewiesen. Die Erledigung der Lohnbuchhaltung für bis zu 15 Mitarbeiter erfordert einen innerbetrieblichen Informationsfluss bezüglich der Modalitäten der einzelnen Beschäftigungsverhältnisse, damit auf Veränderungen jederzeit reagiert werden kann. Nicht ohne Grund hatte die Beigeladene ihre Arbeitszeit so gewählt, dass sie täglich während der üblichen Bürozeiten im Betrieb der Klägerin anwesend war.

* Von wesentlicher Bedeutung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung die Frage, ob die Tätigkeit in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben nämlich ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen. Dementsprechend stellt auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Pflicht, die Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Allerdings führt wiederum die bloße Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmertypischer) Selbständigkeit. Die Befugnis, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (BSG, Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R - juris RdNr. 35).

Nachdem es keine schriftlichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen gibt, kann nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob die Beigeladene sich bei den Buchhaltungsarbeiten für die Klägerin hätte vertreten lassen dürfen. Tatsache ist, dass die Arbeiten ausschließlich durch die Beigeladene selbst erbracht wurden und eine Delegation an Dritte zu keinem Zeitpunkt erfolgt ist. Nach Auffassung der Kammer ist auch sehr zweifelhaft, ob in Anbetracht der besonderen Vertrauensstellung der Beigeladenen eine Leistungserbringung durch Dritte überhaupt in Frage gekommen wäre oder ob nicht die Beteiligten als selbstverständlich davon ausgingen, dass die Beigeladene persönlich die Buchhaltung erledigt.

Letztlich kann diese Frage jedoch dahingestellt bleiben. Tatsache ist, dass eine Vertretung durch Dritte auch in früheren Jahren nie stattgefunden hat und die bloß theoretische Möglichkeit hierzu nur ein schwaches Indiz für das Vorliegen von Selbständigkeit ist.

5. Wesentliche Indizien, die überwiegend für eine selbständige Tätigkeit sprechen würden, sind nicht ersichtlich:

* Die Beigeladene trug kein nennenswertes unternehmerisches Risiko. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbständigen, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird (vgl. BSG, Urteil vom 25.04. 2012 - B 12 KR 24/10 R).

Dies war hier nicht der Fall. Ausweislich der Einnahmen-Überschuss-Rechnung für die Jahre 2013 bis 2015 hatte die Beigeladene - abgesehen von Kraftfahrzeugkosten, wie sie praktisch bei jedem Selbständigen anfallen - nur geringe Betriebsausgaben. Im Wesentlichen handelt es dabei um Raumkosten (zwischen 358 und 417 Euro jährlich) sowie um die Position „Bürobedarf, Porto, Telefon (Beträge zwischen 847 Euro und 1.560 Euro jährlich).

Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Beigeladene in dieser Zeit 4 Auftraggeber hatte und die Betriebsausgaben folglich dem streitigen Vertragsverhältnis nur anteilig zuzurechnen wären.

Allein die Möglichkeit, dass sich der Umfang der Buchhaltungsarbeiten für die Beigeladene (aus welchen Gründen auch immer) verringerte oder ganz wegfiel, ist kein „unternehmerisches Risiko“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die Beigeladene erhielt eine erfolgsunabhängige Vergütung in Höhe von 22 Euro pro Stunde. Damit setzte sie ihre Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes ein.

Wesentliche, über die Haftung eines Arbeitnehmers hinausgehende Haftungsrisiken bestanden ebenfalls nicht. Die Beigeladene sah dies offensichtlich genauso, ansonsten hätte sie eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen.

* Dem Umstand, dass der Beigeladenen vertraglich keine Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub zustanden, kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Solche Vertragsgestaltungen sind lediglich ein Hinweis darauf, dass die Beteiligten eine Mitarbeit auf Selbständigenbasis wollten. Dies gilt auch für die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - juris RdNr. 27).

* Dass die Beigeladene noch weitere Auftraggeber hatte, macht sie ebenfalls nicht zur Selbständigen. Auch insoweit handelt es sich lediglich um eines von zahlreichen Indizien, die im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen sind. Allerdings ist nach der gesetzgeberischen Wertung jede Tätigkeit getrennt zu beurteilen, den „universell selbständig Tätigen“ gibt es nicht. Entscheidend sind nach der Rechtsprechung jeweils die Umstände des Einzelfalles.

6. Das von Klägerseite ausführlich zitierte Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.09.2016 (L 4 R 2120/15 ZVW) ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die dortige Buchhalterin hatte, zumindest vorübergehend, eigenes Personal beschäftigt und sogar auf eigene Kosten einen externen Buchhaltungs- und Büroservice damit beauftragt, Buchhaltungsarbeiten für ihren Auftraggeber zu erledigen.

Im Hinblick auf die Bedeutung, die die obergerichtliche Rechtsprechung den Merkmalen persönliche Leistungserbringung und Unternehmerrisiko beimisst, bestehen zwischen der dortigen Fallkonstellation und dem vorliegenden Fall so erhebliche Unterschiede, dass die Schlussfolgerungen des LSG Baden-Württemberg (soweit man sie als zutreffend erachten will) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sind.

7. Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der grundsätzlichen Versicherungspflicht der Beigeladenen steht schließlich auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin in der Vergangenheit mehrmals durch die Beklagte geprüft wurde und es insoweit zu keiner Beanstandung kam. Es ist zwar für die Kammer ohne weiteres nachvollziehbar, wenn die Klägerin deswegen mit den nunmehrigen Feststellungen der Beklagten hadert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schafft eine in der Vergangenheit durchgeführte Betriebsprüfung jedoch keinen Vertrauenstatbestand und bezweckt nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder diesem gar Entlastung zu erteilen. Eine materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 AL 2/11 R m.w.N.).

Dies ist vorliegend nicht der Fall.

8. Rechtliche Bedenken gegen die Höhe der Beitragsforderung bestehen nicht, nachdem die Beklagte auf Basis des § 14 Abs. 1 SGB IV lediglich die tatsächlich nachgewiesenen Zahlungen berücksichtigt hat.

Auch von der Klägerin wurden insoweit keine Einwendungen erhoben.

9. Hinsichtlich der Festsetzung von Säumniszuschlägen war die Kammer der Auffassung, dass bedingter Vorsatz im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R) nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann.

Der Klage war daher insoweit stattzugeben.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG und ergibt sich aus der (ursprünglich) streitigen Forderung.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.

(1a) (weggefallen)

(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.

(1a) (weggefallen)

(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.