Sozialgericht Köln Gerichtsbescheid, 21. Okt. 2016 - S 26 SB 166/16
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind unter den Beteiligten nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Der im Jahre 1946 geborene Kläger begehrt die Zubilligung eines Grades der Behinderung (GdB) von zumindest 50 sowie das Merkzeichen aG.
3Nach Aktenlage war ihm im Jahr 2001 ein GdB von 40 zuerkannt worden.
4Bei der Beklagten ging auf einem entsprechenden Vordruck ein Änderungsantrag des Klägers am 05.06.2015 ein. Mit diesem beantragte er u.a. die Feststellung, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen aG sowie H vorlägen und dass diese rückwirkend ab 1984 aus steuerlichen Gründen festgestellt werden sollten.
5Nach Auswertung von Befundberichten und Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme von Dr. X stellte der Beklagte mit Bescheid vom 15.12.2015 fest, dass dem Kläger ein höherer Grad der Behinderung nicht zustehe und die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen aG bei ihm nicht vorlägen. Der Antrag werde deshalb abgelehnt. Merkzeichen könnten erst ab einer Behinderung von 50 festgestellt werden. Schon aus diesem Grund lägen die Voraussetzungen für das von ihm beantragte Merkzeichen aG nicht vor.
6Hiergegen hat der Kläger Widerspruch erhoben und diesen in der Folgezeit damit begründet, dass seine jetzige Gehbehinderung wesentlich schlimmer sei als die Unfallfolgen. Er habe eine eindeutig erkennbare Verschiebung seiner Wirbelkörper und deutliche Verschleißerscheinungen in den Kniegelenken. Er müsse zahlreiche Schmerzmittel einnehmen. Eine OP der Wirbelsäule habe er bislang zurückgestellt, aufgrund einer Empfehlung seines früheren Hausarztes.
7In der Folgezeit kam es zu keiner Begutachtung des Klägers durch den von der Beklagten ausgewählten Facharzt für Orthopädie Schmitz aus Bergisch Gladbach. Die Beklagte holte dann eine weitere gutachtliche Stellungnahme von Dr. G ein, wonach sich aus den in der Akte vorliegenden Befunden kein direkter Hinweis auf das Ausmaß des Gehvermögens ergibt. Bei erfolgter Durchführung eines Belastungs-EKG´s in halbsitzender Position auf dem Fahrradergometer und dabei durch Pedale-Treten erbrachten Leistung von 100 W könne keine Gehbehinderung von solchem Ausmaß angenommen werden, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG vorliegen könnten. Die trotzdem angebotene Untersuchung sei von dem Kläger abgelehnt worden.
8Schließlich wies die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2016 den Rechtsbehelf des Klägers zurück und führte aus, bei mehreren gesundheitlichen Beeinträchtigungen richte sich der GdB nach derjenigen mit dem höchsten Einzelwert. Der GdB entspreche nicht der Summe der Einzelwerte. Entscheidend sei, wie sich die einzelnen Beeinträchtigungen auswirkten und gegenseitig beeinflussten. Leichte Beeinträchtigungen mit einem Einzelwert von 10 wirkten sich in der Regel nicht aus. Auch Einzelwerte von 20 erhöhten oft nicht den GdB. Gesundheitsstörungen mit einem Einzelwert von weniger als 10 würden nicht in die Bewertung einbezogen. Einschränkungen, die für das Lebensalter typisch seien, könnten nicht berücksichtigt werden. Ein Bescheid sei abzuändern, wenn sich die Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Eine wesentliche Änderung liege vor, wenn sich der GdB um wenigstens 10 verändere oder ein Merkzeichen nachträglich festgestellt werde oder entfalle.
9Ein Vergleich mit dem Bescheid vom 24.10.1996 rechtfertige es nicht, diesen abzuändern. Die medizinischen Unterlagen des Klägers seien unter ärztlicher Beteiligung erneut geprüft worden. Leider sei er der Aufforderung zur Untersuchung seitens des Arztes Schmitz nicht nachgekommen, so dass anhand der aktenkundigen Befunde die Überprüfung der Angelegenheit vorgenommen worden sei. Die Beeinträchtigungen seien demnach weiterhin mit einem GdB von 40 als angemessen und sachgerecht bewertet anzusehen. Ein Merkzeichen stehe ihm nicht zu, weil der GdB nicht mindestens 50 erreiche.
10Hiergegen richtet sich die vom Kläger am 09.02.2016 erhobene Klage. Zu deren Begründung hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, der Widerspruchsbescheid sei sachlich völlig falsch und könne nur als menschenverachtend und zynisch eingestuft werden.
11Die behandelnden Ärzte hätten ihn sofort an der Wirbelsäule operieren wollen. Die gutachtliche Stellungnahme der Dr. G sei völlig unsubstantiiert.
12Die vom Gericht zur Ausfüllung übersandten Fragebögen über ärztliche Behandlung und Untersuchung sowie Schweigepflichtentbindung hat der Kläger in der Folgezeit nicht zurückgesandt.
13Die von ihm ausdrücklich gewünschte und unter Aufsicht vom Gericht angebotene Akteneinsicht hat er nicht genommen.
14Die Frage des Gerichts vom 03.03.2016, ob er bereit sei, sich durch einen vom Gericht ausgewählten Gutachter (eine vom Gericht ausgewählte Gutachterin) untersuchen zu lassen, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.03.2016 dahingehend beantwortet, er sehe keinerlei Veranlassung bei den vorliegenden Unterlagen und ärztlichen Befunden, einen willfährigen, schmierigen Gutachter belohnen zu helfen.
15Dass die Vorsitzende etwas aufklären wolle, sei sicher nur ein zynischer Witz.
16Der Kläger beantragt schriftlich,
17den Bescheid des Beklagten vom 15.12.2015 in der Gestalt
18des Widerspruchsbescheids vom 02.02.2016 aufzuheben
19bzw. abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm einen
20GdB von zumindest 50 sowie das Merkzeichen aG zuzubilligen.
21Der Beklagte beantragt schriftlich,
22die Klage abzuweisen.
23Er vertritt die Auffassung, dass-basierend auf den erhobenen Befunden-dem Kläger kein Anspruch auf einen höheren GdB als 40 zuzubilligen sei. Merkzeichen lägen nicht vor. Der medizinische Sachverhalt sei im Vorverfahren unter Einbeziehung der beigezogenen Befundunterlagen und im Rahmen der gutachtlichen Stellungnahmen hinreichend aufgeklärt worden. Neue Befundunterlagen seien nicht vorgelegt worden; es seien auch keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden.
24Mit Schreiben des Gerichts vom 10.08.2016 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass das Gericht gemäß § 105 SGG (Sozialgerichtsgesetz)) eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid in Betracht ziehe. Die Sache weise keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, der Sachverhalt sei geklärt. Mangels Mitwirkung des Klägers könne der Sachverhalt nicht weiter aufgeklärt werden.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den umfangreichen Vortrag des Klägers verwiesen, der sich jedoch mit den entscheidungsrelevanten Fragen im Wesentlichen nicht beschäftigt hat.
26Ferner wird auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
27Entscheidungsgründe:
28Nach § 105 Abs. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt mangels Mitwirkung des Klägers nicht weiter aufgeklärt werden kann. Die Beteiligten sind hierzu vorher angehört worden.
29Die form-und fristgerecht erhobene Klage ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Denn die angefochtenen Bescheide entsprechen nach Aktenlage im Ergebnis der Sach-und Rechtslage und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Zur Meidung von überflüssigen Wiederholungen wird zunächst auf den zutreffend begründeten Widerspruchsbescheid vom 02.02.2016 verwiesen, dem die erkennende Kammer in vollem Umfang gefolgt (gemäß § 136 Abs. 3 SGG).
30Die von der Beklagten eingeholten gutachtlichen ärztlichen Stellungnahmen erscheinen plausibel und entsprechen nach Auswertung der im Vorverfahren vorliegenden Befundberichte der Sach-und Rechtslage.
31Ob dem Kläger ein GdB von mindestens 50 und das Merkzeichen aG zusteht, kann nur durch Einholung aktueller Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers und gegebenenfalls anschließend durch Einholung eines oder mehrerer Sachverständigengutachten gemäß § 106 SGG geklärt werden. Die Beweislast trifft insoweit den Kläger, der jedoch insoweit nicht mitwirken will. Damit verbleibt derzeit nur eine Entscheidung nach Aktenlage, nach der sich jedoch die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig darstellen.
32Die Klage konnte deshalb keinen Erfolg haben.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
34Rechtsmittelbelehrung:
35Dieser Gerichtsbescheid kann mit der Berufung angefochten werden.
36Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides beim
37Landessozialgericht
38Nordrhein-Westfalen,
39Zweigertstraße 54,
4045130 Essen,
41schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
42Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
43Sozialgericht Köln,
44An den Dominikanern 2,
4550668 Köln,
46schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
47Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
48Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben.
49Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
50Dr. Jung
51Richterin am Sozialgericht
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(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung, - 4.
die Urteilsformel, - 5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands, - 6.
die Entscheidungsgründe, - 7.
die Rechtsmittelbelehrung.
(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.
(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.
(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.
(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere
- 1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen, - 2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen, - 3.
Auskünfte jeder Art einholen, - 4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen, - 5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen, - 6.
andere beiladen, - 7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.
(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.