Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 28. Apr. 2009 - S 4 U 4810/07

bei uns veröffentlicht am28.04.2009

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2007 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Erkrankung der Haut im Bereich der Hände der Klägerin als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen und anzuerkennen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin ¾ der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Hauterkrankung an ihren Händen als Berufskrankheit - BK - nach § 9 Abs. 1 SGB VII i.V. mit Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung - BKV - festzustellen.
Die am ... geborene Klägerin absolvierte zwischen 1967 und 1970 die Ausbildung zur examinierten Krankenschwester im Bezirkskrankenhaus S. Anschließend war sie in der Neurologie des Krankenhauses in S. und sodann in einem Krankenhaus in J. berufstätig. Von 1986 bis 1989 arbeitete die Klägerin in einer fachorthopädischen Praxis und im Anschluss daran bis zum 01. Februar 2006 (Kündigung wegen der Hauterkrankung) in der Orthopädischen Abteilung des ... Krankenhauses in K. (Endoprothetik).
Anfang 2004 traten bei der Klägerin erstmals an den Fingern und Handrücken beider Hände ein Juckreiz und eine Rötung im Sinne eines Ekzems auf. Seit dem 29. Januar 2004 befand sich die Klägerin in hautärztlicher Behandlung bei Dr. H. Ein Epicutantest im März 2004 ergab eine Allergie gegen Bronopol, Nickelsulfat und Thiuram-Mix.
In der Zeit zwischen dem 08. und 29. September 2004 unterzog sich die Klägerin einer stationären Behandlung im Klinikum der V. Laut Entlassungsbericht vom 30. September 2004 bestand bei der Klägerin damals ein generalisiertes Kontaktekzem bei Sensibilisierung gegen Nickel (II)-Sulfat, Thiuram-Mix und Bronopol. Die Epicutantestung der von der Klägerin mitgebrachten Handschuhe und Desinfektionsmittel sei negativ verlaufen.
Wegen des Handekzems war die Klägerin in der Zeit ab dem 11. August 2004 wiederholt und ab dem 13. Januar 2005 fortlaufend arbeitsunfähig. Eine am 02. November 2004 erneut durchgeführte Epicutantestung ergab den Nachweis einer Allergie gegen Gentamicinsulfat, gegen Handschuhextrakte von Derma Clean Latex, Manus PE - thiuramfrei -. Auf weitere Gummiinhaltsstoffe erfolgte keine Reaktion.
Unter dem 15. November 2004 zeigte die Dermatologin und Allergologin Dr. H., als die die Klägerin behandelnde Hautärztin, der Beklagten den Verdacht auf eine Berufskrankheit in Folge eines streuenden allergischen Kontaktekzems (Handschuhe, Desinfektionsmittel) an. Zur Abklärung werde die Beauftragung des Dermatologen Prof. Dr. D., vorgeschlagen.
Am 23. November 2004 äußerte sich der Betriebsarzt des Klinikums K. in einem von Dr. H. vergleichbaren Sinn. Der Betriebsarzt erklärte in seiner Stellungnahme, es liege der Verdacht für eine beruflich bedingte Hauterkrankung vor.
Dr. H. teilte der Beklagten auf Anfrage unter dem 04. März 2005 mit, die Hauterkrankung der Klägerin verlaufe in Schüben. Die Klägerin sei aber nicht erscheinungsfrei gewesen. Folgende Arbeitsunfähigkeitszeiten lägen vor: 11.-17. August 2004, 06.-12. September 2004, 19. Oktober - 20. Dezember 2004 und 13. Januar 2005 bis heute. Die Hauterscheinungen seien zwischen den Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nicht abgeheilt. Sie habe die Klägerin am 01., 15. und 28. Februar 2005 behandelt. Weitere Testergebnisse und Befunde lägen ihr nicht vor. Am 28. Februar 2005 hätten sich flächenhaft ekzematöse Hautveränderungen im Bereich des Gesichts und der Dorsalseiten der Hände sowie streuende ekzematöse Hautveränderungen im Bereich der Unterarme gezeigt. Im Folgenden stellte sich die Klägerin an sechs verschiedenen Tagen im Universitätsklinikum H. im Institut für Arbeits- und Sozialmedizin -Abteilung Klinische Sozialmedizin - vor. Im Befundbericht von Prof. Dr. D. vom 21. März 2005 wurden folgende Diagnosen gestellt:
Chronisches pruriginöses Ekzem bei Typ-IV-Sensibilisierungen auf Thiuram-Mix, Tetramethylthiuramdisulfid, Tetramethylthiurammonosulfid, Tetraethylenthiuramdisulfid, Dipentamethylenthiuramdisulfid, Zinkdiethyldithiocarbamat (berufsrelevant) sowie Typ-IV-Sensibilisierungen auf Bronopol und Nickel-II-Sulfat, derzeit am ehesten im Sinne eines chronisch allergischen Kontaktekzems und
Vorbekannte Typ-IV-Sensibilisierungen auf patienteneigene Handschuhe (Derma Clean Latex, Manus PE, Manusoft Nitril plus) und das patienteneigene Desinfektionsmittel (Name nicht bekannt).
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Aufgrund des Befalls von Händen, Oberarmen und des Gesichts sei das Ekzem vermutlich nicht allein durch beruflich veranlasste Kontaktallergene zu erklären. Es sei aber andererseits auch davon auszugehen, dass mehrere berufsrelevante Typ-IV-Sensibilisierungen im beruflichen Umfeld der Klägerin vorhanden seien. Zu beachten sei weiter, dass diese Allergene auch im Privatbereich vorhanden sein könnten, was die Chronizität trotz der nun über sieben monatigen Arbeitsunfähigkeit erklären könnte. Ein dermatologisch kontrollierter Arbeitsversuch werde empfohlen.
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In der Zeit zwischen dem 01. und dem 25. März 2005 unterzog sich die Klägerin parallel einer stationären berufsdermatologischen Heilbehandlung auf Veranlassung der Beklagten. Im Entlassungsbericht vom 13. April 2005 berichtete Prof. Dr. D., er habe folgende Diagnosen gestellt:
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Chronisches pruriginöses Ekzem
Verdacht auf chronisch allergisches Kontaktekzem bei Typ-IV-Sensibilisierung auf Thiuram-Mix, Tetramethylthiuramdisulfid, Tetramethylthiurammonosulfid, Tetraethylenthiuramdisulfid, Dipentamethylenthiuramdisulfid, Zinkdiethyldithiocarbamat (berufsrelevant) sowie auf Bronopol und Nickel-II-Sulfat (nicht berufsrelevant)
Vorbekannte Typ-IV-Sensibilisierung auf klägereigene Handschuhe und klägereigene Desinfektionsmittel.
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Darüber hinaus bestünden folgende weitere Diagnosen: Adipositas, fragliche Hypertonie, Hyperlipidämie und Zustand nach autonomem Schilddrüsenadenom, Operation 1993. Die Klägerin sei zur weiteren Stabilisierung des Hautbefunds arbeitsunfähig entlassen worden. Ein Arbeitsversuch sei dermatologisch zu kontrollieren.
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Unter dem 12. Juli 2005 berichtete der Präventionsdienst, ... der Beklagten, dass am 20. Juni 2005 der Mitgliedsbetrieb, das ... Krankenhaus, K., als Arbeitgeberin der Klägerin aufgesucht worden sei. Dabei sei festgestellt worden, so Dr. G., dass ich auf der Station, auf der die Klägerin gearbeitet habe, die üblichen potenziell thiuramhaltigen Gegenstände, etwa Stethoskope, Katheter, Schläuche, Haftetiketten, Wärmflaschen, medizinische Einmalhandschuhe und anderes, befänden. Ein vollständiger Ersatz durch andere Werkstoffe sei betrieblich nicht möglich. Beim Desinfektionsmittel - Cutasept - für die Hautdesinfektion handele es sich um „Cutasept F“ (farblos), also ohne Farbstoff. Darüber hinaus würden weitere Desinfektionsmittel eingesetzt. Zusätzlich setze ein extern eingestellter Reinigungsdienst Flächendesinfektionsmittel und sonstige Reinigungsmittel ein. Betriebsarzt Dr. M. habe einen Arbeitsversuch nur unter der Voraussetzung für sinnvoll gehalten, dass bei der Klägerin weitgehende Beschwerdefreiheit vorliege.
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Bereits zuvor, am 08. Juli 2005 hatte sich die Klägerin in der Zeit zwischen 08.30 Uhr und 12.00 Uhr einer Reexposition unter betriebsärztlicher Beobachtung durch Dr. M. an ihrem bisherigen Arbeitsplatz im Klinikum K. unterzogen. Dieser mehrstündige Anwesenheitsversuch sei zunächst ergebnislos verlaufen. Laut Angaben der die Klägerin behandelnden Hautärztin Dr. H. sei es aber ab dem 14. Juli 2005 zu einer massiven Verschlechterung des Befunds gekommen. An den Händen hätten sich handschuhförmige Rötungen und Rauhigkeit sowie Bläschenbildung eingestellt. Am 29. Juli 2005 seien sämtliche Finger geschwollen und die Haut gerötet und rau gewesen. Es hätten sich Bläschen und Regadenbildungen im Bereich der Fingerkuppen gezeigt. Dr. H. ging in diesem Zusammenhang von einer zunehmenden Verschlechterung im Sinn eines streuenden allergischen Kontaktekzems in Folge des fünften Arbeitsversuchs am 08. Juli 2005 aus.
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Auf Fragen der Beklagten teilte die Klägerin unter dem 18. August 2005 schriftlich mit, sie könne zur Zeit ihren Beruf aufgrund des nicht abgeheilten Hautleidens nicht ausüben. Die Erkrankung beruhe ihres Erachtens auf dem Umgang mit Desinfektionsmitteln und Arbeitshandschuhen. Sie trage Schmuck, und eine Brille mit Titangestell; zu Hautveränderungen sei es nur einmal beim Tragen von Modeschmuck am Ohrläppchen gekommen.
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Unter dem 16. September 2005 teilte der Hautarzt und Allergologe Prof. Dr. C., V., der Beklagten mit, er habe die Klägerin am 08. September 2004 erstmals behandelt. Er habe damals ein generalisiertes allergisches Kontaktekzem bei Sensibilisierung gegen Nickel-II-Sulfat, Thiuram-Mix und Bronopol diagnostiziert. Die Klägerin sei vom 08. bis zum 29. September 2004 im S. Klinikum stationär behandelt worden. Bei ihrer Entlassung aus dem stationären Aufenthalt sei die Hauterkrankung nahezu abgeheilt gewesen. Weitere Angaben könne er nicht machen.
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Die, die Klägerin behandelnde Dermatologin Dr. H., K., berichtete der Beklagten unter dem 23. Januar 2006 den weiteren Behandlungsverlauf wie folgt: Die Klägerin sei seit dem 13. Januar 2005 ohne Unterbrechung arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem letzten Zwischenbericht vom Dezember 2005 liege ununterbrochene Behandlungsbedürftigkeit vor. Es zeigten sich bei der Klägerin weiterhin multiple, ausgeprägte hyperkeratotisch-rhagadiforme Hautveränderungen an den Händen, den Zehen und den Fersen. Insbesondere die ausgeprägten Hautveränderungen an den Händen seien äußerst schmerzhaft.
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Daraufhin veranlasste die Beklagte die Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Hautarzt und Allergologen Dr. W. In der Zeit zwischen dem 14. und dem 17. November 2005 untersuchte Dr. W. die Klägerin in seiner Praxis in V. ambulant. Im Gutachten vom 15. Januar 2006 stellte Dr. W. folgende Diagnose:
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Chronisch allergisches Kontaktekzem mit polyvalenter Sensibilisierung gegen Berufsstoffe.
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Entscheidend für das allergische Kontaktekzem sei die stark ausgeprägte Thiuram-Sensibilisierung, weil der Arbeitsplatz laut Ergebnis der Arbeitsplatzbesichtigung nicht thiuramfrei gestaltet werden könne. Zusätzlich bestehe eine Belastung durch verschiedene Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe und Arzneimittel - wie Gentamicinsulfat - deren ursächlicher Anteil an den Krankheitssymptomen wegen des fehlenden dermatologisch begleitenden abschließenden Arbeitsversuchs allerdings nicht definitiv zu klären sei. Es sei aber mit einfacher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass auch diese Belastung zu den Krankheitssymptomen beitrage. Die Kontaktmöglichkeit mit den Allergenen gegen die die Klägerin allergisch stark sensibilisiert sei, sei im beruflichen Bereich um das Vielfache mehr gegeben, als im privaten Bereich. Es gebe keine Vorerkrankungen oder sonstigen Befunde, die auf die Entstehung einer Sensibilisierung im privaten Bereich hindeuteten. Insofern müsse mit einfacher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Sensibilisierung im beruflichen Bereich stattgefunden habe. Die Krankheit sei zwar zeitweise generalisiert ausgeprägt, werde aber in den Aktenunterlagen als schwere Ekzemkrankheit beschrieben. Die mehrfachen und im Verlauf immer ausgedehnteren Zeiten der Arbeitsunfähigkeit - derzeit sei die Klägerin seit Januar 2005 arbeitsunfähig - begründeten die wiederholte Rückfälligkeit.
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Es liege eine polyvalente allergische Sensibilisierung gegen weit verbreitete Berufsstoffe vor. Dabei stehe die stark ausgeprägte Sensibilisierung gegen Thiuram-Mix höchstwahrscheinlich im Vordergrund. Mehrfach Arbeitsversuche hätten bereits jeweils am ersten Tag zu heftigen Krankheitssymptomen geführt, die in der Folge immer schwieriger zum Abheilen hätten gebracht werden können. Unter diesen Umständen sei ein weiterer Arbeitsversuch der Klägerin nicht zumutbar. Die Frage, ob die allergene Ursache aerogen oder im direkten Kontakt zu den Krankheitssymptomen stehe, sei für den Grundzusammenhang der berufsbedingten Auflösung unerheblich. Ein vollständiger Ersatz durch andere Werkstoffe sei betrieblich nicht möglich.
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Die Klägerin könne ihren erlernten Beruf als Krankenschwester nicht weiter ausüben. Die Sensibilisierungen seien sowohl von beruflicher wie auch von privater Relevanz. Er schätze den Grad der MdE auf 30 v. H.. Aufgrund des bisherigen Krankheitsverlaufs sei mit keiner wesentlichen Änderung der Erkrankungsfolgen zu rechnen. Eine Nachuntersuchung sei in zwei bis drei Jahren sinnvoll.
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Mit Stellungnahme vom 17. März 2006 hat sich der staatliche Gewerbearzt des Regierungspräsidiums S., Dr. S., der Auffassung von Gutachter Dr. W. angeschlossen und eine entschädigungspflichtige Berufskrankheit gemäß Nr. 5101 der BKV zur Anerkennung einer MdE von 30 v. H. vorgeschlagen.
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Auf weitere Anfrage der Beklagten teilte die die Klägerin behandelnde Dermatologin Dr. H. mit Bericht vom 02. Juni 2006 mit, die Klägerin sei nunmehr über das chronisch allergische Kontaktekzem hinaus an einer Psoriasis vulgaris/inversa erkrankt. Klinisch bestehe zudem der Verdacht auf eine Neurodermitis atopica. Derzeit sei vorrangig das Bild einer Psoriasis vulgaris zu beobachten.
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Dieser neue Behandlungsbericht veranlasste die Leiterin des Fachbereichs Berufsdermatologie der Beklagten, ..., zu der These, der Fall der Klägerin müsse wegen des nunmehr geäußerten Verdachts auf Psoriasis völlig neu betrachtet werden. Die Möglichkeit eines erneuten Arbeitsversuchs sei abzuklären.
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In der Zeit vom 22. August bis zum 19. September 2006 unterzog sich die Klägerin sodann einem modifizierten stationären Heilverfahren im Rahmen der tertiären Prävention von Berufsdermatosen im Universitätsklinikum O. Die Diagnosen im von den Dermatologen Dres. S. und E. unter dem 20. September 2006 verfassten Entlassungsbericht lauteten:
28 
Psoriasis palmoplantaris, an den Händen möglicherweise ehemals teils beruflich provoziert und
Zustand nach allergischem Kontaktekzem der Hände und Arme bei Typ-IV-Sensibilisierungen gegenüber Gummiinhaltsstoffen.
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Der aktuelle Hautbefund werfe Zweifel an einem Ursachenzusammenhang mit der ehemals ausgeübten beruflichen Tätigkeit auf. Der weitere Verlauf müsse berufsdermatologisch neu bewertet werden. Ein erneuter Arbeitsversuch sei erst nach vollständiger Abheilung möglich. Ein Unterlassungszwang sämtlicher hautgefährdender Tätigkeiten sei zum aktuellen Zeitpunkt aber nicht zu erkennen. Eine Allergenmeidung der angeschuldigten Kontaktallergene, insbesondere der Gummiinhaltsstoffe, sollte aber erfolgen.
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Einen erneuten Arbeitsversuch lehnt die Klägerin ab.
31 
Mit von der Beklagten veranlasster gutachtlicher Stellungnahme vom 27. November 2006 nahm Prof. Dr. J., Universitätsklinikum O., zum Fall der Klägerin nach Aktenlage wie folgt Stellung: Eine Berufskrankheit liege noch nicht vor. Möglicherweise habe es sich um einen ehemals teils beruflich provozierten Krankheitsprozess gehandelt. Für das zeitlich zurückliegende Ereignis eines allergischen Kontaktekzems im Bereich der Hände und zeitweilig auch der Unterarme bei Typ-IV-Sensibilisierung gegenüber Gummiinhaltsstoffen lasse sich die Schwere des damaligen Krankheitsbildes zum einen aus den von der Klägerin vorgelegten Fotografien der Hautkrankheit und zum anderen aus der Notwendigkeit zu wiederholter fachärztlicher Behandlung dieser Hautveränderungen seit Januar 2004 ableiten. Darüber hinaus sei im Vorfeld der aktuellen Vorstellung der Klägerin in O. ebenso bei zeitweilig sogar generalisierten Hautveränderungen die stationäre Behandlung im Klinikum V. indiziert gewesen. Seit dem Jahre 2004 bestehe eine nahezu ununterbrochene Behandlungsbedürftigkeit mit wiederholten, zuletzt dauerhaften Attestierungen von Arbeitsunfähigkeit. Aufgrund der Vielschichtigkeit des Erkrankungsbilds der Klägerin mit zum einen Hautveränderungen im Sinne einer Psoriasis vulgaris, zum anderen Hautveränderungen, welche zeitweilig verdächtig gewesen seien auf das Geschehen eines allergischen Kontaktekzems im Bereich der Hände und Unterarme bei Typ-IV-Sensibiliserung gegenüber Gummiinhaltsstoffen, seiner Aktenlage nicht mehr zu rekonstruieren, zu welchem Zeitpunkt sich welches Krankheitsbild dargestellt habe. Zum einen fehle es nach Aktenlage vielfach an einer ausführlichen und dezidierten Dokumentation des Hautbefunds, zum anderen sei die diagnostische Sicherung der psiarotischen Komponente der Hautkrankheit der Klägerin erstmals im Mai 2006 gelungen. Wenngleich nicht zu verkennen sei, dass aufgrund des dokumentierten Verlaufs eine nur sehr allmähliche Rückbildung der Hautveränderung ein Scheitern etwa eines etwaigen Arbeitsversuches auch unter optimierten Handschutz- und Hautschutzbedingungen durchaus möglich erscheine, sei ein Unterlassungszwang sämtlicher hautgefährdender Tätigkeiten zum aktuellen Zeitpunkt nach den vorliegenden Ergebnissen noch nicht zu konstatieren. Es sei auch unklar, welche der Erkrankungen und Nebendiagnosen außerberuflich erworben worden seien.
32 
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Februar 2007 ab, die von der Klägerin geltend gemachte Hauterkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Berufskrankheitenliste anzuerkennen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf besondere Leistungen oder Maßnahmen, die dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenwirkten. Ihre Tätigkeit als Krankenschwester habe nur folgende Hauterkrankung verursacht: abgeheiltes allergisches Kontaktekzem bei Sensibilisierung gegenüber Gummiinhaltsstoffen. Nicht im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stünden die weiteren Erkrankungen: Psoriasis palmoplantaris, Psoriasis vulgaris der Ellenbögen und Sensibilisierung gegenüber Nickelsulfat. Maßgeblich sei auf die Ausführungen von Prof. Dr. J. abzustellen.
33 
Den dagegen von der Klägerin am 19. März 2007 erhobenen Widerspruch, der nicht begründet worden ist, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2007 als unbegründet zurück. Der Bescheid wurde am gleichen Tag zur Post gegeben.
34 
Am 27. August 2007 hat die Klägerin Klage erheben lassen.
35 
Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufserkrankung nach Nr. 5101 BKV seien gegeben. Den Ausführungen von Dr. J. stehe der Inhalt des von der Beklagten selbst veranlassten Gutachtens von Dr. W. und auch die Aussagen von Dr. H. als die Klägerin behandelnde Dermatologin, entgegen.
36 
Die Klägerin beantragt,
37 
den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und ihr die gesetzlichen Leistungen hieraus zu erbringen.
38 
Die Beklagte beantragt,
39 
die Klage abzuweisen.
40 
Die Beklagte bezieht sich auf die ihren Bescheiden zugrunde liegenden Ausführungen.
41 
Das Gericht hat zunächst die von der Klägerin als behandelnde Ärzte benannten Mediziner im Wege schriftlicher sachverständiger Zeugen gehört. Der Allgemeinmediziner Dr. U. hat dem Gericht am 17. Januar 2008 berichtet, die Klägerin seit April 1995 hausärztlich zu betreuen. Seit Januar 2004 habe sich ein zunehmend exazerbierendes und sich im Verlauf generalisierendes Ekzem gebildet. Die Klägerin sei deswegen in fachärztlicher Behandlung bei Kollegin Dr. H.
42 
Die Dermatologin Dr. H., K., hat dem Gericht unter dem 21. Januar 2008 mitgeteilt, die Klägerin seit Januar 2004 fortlaufend - zuweilen mehrmals wöchentlich, in letzter Zeit einmal monatlich - ambulant zu behandeln. Erstmals habe sich die Klägerin bei ihr am 29. Januar 2004 mit Juckreiz an den Handrücken vorgestellt. Am 06. August 2004 habe sie einen Hautausschlag an den Handrücken und Unterarmen festgestellt. Arbeitsversuche seien am 30. August und 01. September 2004, am 18. Oktober 2004, am 21. Dezember 2004, am 12. Januar 2005 und zuletzt am 08. Juli 2005 durchgeführt worden. Sie sei der Auffassung, die festgestellten Hauterkrankungen seien durch schädigende Einwirkung im Rahmen der Erwerbstätigkeit als Krankenschwester hervorgerufen worden, insofern als die diversen Typ-IV-Allergien im Rahmen der Erwerbstätigkeit als Krankenschwester erworben worden seien. Nur die Nickelallergie, die fremdanamnestisch bereits im Jahre 1965 nach dem Tragen von Modeschmuck aufgetreten sei, habe keine berufliche Veranlassung. Bei der später durch Probeexzession diagnostizierten Psoriasis vulgaris handele es sich um ein sog. Köpner-Phänomen oder einen sog. isomorphen Reizeffekt auf dem Boden eines vorbestehenden und beruflich verursachten chronischen allergischen Kontaktekzems. Dies werde auch durch den mehrfachen Wechsel des klinischen Bildes im Zeitraum zwischen Februar 2006 und Mai 2006 dokumentiert. Die berufliche Hauterkrankung sei als schwer zu bezeichnen, weil sie zu wiederholter und ab dem 13. Januar 2005 ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit und letztlich zum Verlust des Arbeitsplatzes im V. Krankenhauses geführt habe. Der Arbeitsvertrag sei zum 31. Januar 2006 gekündigt worden. Die beruflich verursachte Hauterkrankung zwinge die Klägerin zu Unterlassung aller Tätigkeiten, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Erkrankung ursächlich seien. Sie schätze die MdE auf 30 v. H..
43 
Die Beklagte hat sich im Verfahren mit Stellungnahme der Leiterin des Fachbereichs Dermatologie, ..., vom 11. April 2008 geäußert. Die Psoriasis an den Händen der Klägerin könne zwar zunächst (auch indirekt) durch eine kontaktallergische Dermatitis ausgelöst worden sein. Jedoch sei dies keine Erklärung für die psoriatischen Herde an anderen Körperstellen. Außerdem könne dies angesichts des langen Verlaufs nach Berufsaufgabe nur als Gelegenheitsursache gewertet werden. Für die Anerkennung einer BK 5101 sei von Bedeutung, dass der oder die Versicherte wegen der berufsbedingten Hauterkrankung gezwungen gewesen sei, die Tätigkeit aufzugeben. Ob dies vorliegend der Fall sei, sei offen. Dagegen spreche die Weigerung der Klägerin aufgrund von Ekzemreaktionen an Kopf, Hals und Armen Arbeitsversuche durchzuführen.
44 
Das Gericht hat im Folgenden die Hautärztin Dr. S. mit der gutachtlichen Untersuchung der Klägerin beauftragt. Mit dermatologischem Gutachten vom 13. November 2008 hat Dr. S. folgende Diagnosen gestellt:
45 
Anamnestisch allergisches Kontaktekzem der Hände mit Streuung
Allergie vom Spättyp gegen Thiuram-Mix Zinkdiethyldithiocarbamat, Mercapto-Mix, Desinfektionsmittel und Handschuhe von wahrscheinlich beruflich bedingter klinischer Relevanz
Allergie vom Spättyp auf Bronopol von möglicher klinischer Relevanz
Allergie vom Spättyp auf Nickelsulfat von außerberuflicher klinischer Relevanz.
46 
Darüber hinaus leide die Klägerin an einem hyperkeratotisch-rhagadiformen Handekzem unter MTX-Therapie, differentialdiagnostisch ist auch eine Psoriasis vulgaris nicht auszuschließen. Außerdem bestehe Onychodystrophie. Das allergische Kontaktekzem der Hände mit Streuung und die Allergie gegen Thiuram-Mix, einzelne Thiuramverbindungen, Zinkdiethyldithiocarbamat, Mercapto-Mix, Desinfektionsmittel und Handschuhe seien mit hinreichender Sicherheit beruflich bedingt. Die jetzt nachweisbaren Hautveränderung am linken Daumen beugeseitig, die mit anständigen angedeuteten eingetrockneten Bläschen eher einer Ekzemmorphe als einer Psoriasis entspreche, sei bzgl. eines potenziellen beruflichen Zusammenhangs nicht sicher einzuordnen. Die Beurteilung der Schwere dieses Befundes sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, weil davon auszugehen sei, dass die Behandlung mit Methotrexat die Stärke der Hauterscheinung vermindern werde. Wenn die Methotrexat-Therapie beendet sein werde, sei mit Wahrscheinlichkeit mit einer Verschlechterung zu rechnen. Diese könnte die Barrierefunktion der Haut gegenüber Allergenen verringern und zur Ausweitung des Allergenspektrums führen. Folge der Berufskrankheit sei die Allergie gegen die oben genannten Allergene. Die Exazerbation mit Streureaktionen, insbesondere die ekzematösen Erscheinungen im Gesicht nach wiederholten Arbeitsversuchen nach Austausch der bekannten Allergene, legten den Verdacht nahe, dass hier noch weitere nicht erkannte Allergene ursächlich seien. Aufgrund der Dauer der Erkrankung, der jeweiligen Verschlechterungen nach wiederholtem (5) Arbeitsversuchen, des Krankheitsverlaufs mit fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, die zur Aufgabe der Berufstätigkeit geführt habe, handele es sich vorliegend um eine schwere Hauterkrankung. Das Kriterium der wiederholten Rückfälligkeit sei hingegen nicht erfüllt, da dass Ekzem zwischen den Arbeitsversuchen nicht abgeheilt sei. Die MdE werde zum Zeitpunkt der Untersuchung anhand der gültigen Tabelle mit 20 v. H. eingeschätzt (geringgradige Auswirkungen der Allergie und als „mittel“ einzustufendes Ausmaß der Hauterscheinungen).
47 
Die Beklagte hat mit Stellungnahme von Dr. P. vom 19. Dezember 2008 erwidert, die neue Diagnose - hyperkeratotisch-rhagadiformes Handekzem - aus der Ferne nicht unterstützen zu können. Die Klägerin solle sich einem weiteren stationären Heilverfahren unterziehen.
48 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Behördenakten und den Inhalt der Prozessakte (S 4 U 4810/07) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
49 
Die zulässige Klage ist in der Sache überwiegend begründet.
50 
Der Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 24. Juli 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Feststellung und Anerkennung des Vorliegens einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 Berufskrankheitenverordnung - BKV -. Da die Beklagte aber in den angefochtenen Bescheiden nicht über Entschädigungsleistungen entschieden hat und die Klägerin erstmals im Klageverfahren entsprechende Anträge gestellt hat, ist die Klage im Übrigen abzuweisen gewesen.
51 
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII - sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeiten erleiden. Die Bundesregierung wurde ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können (Satz 2).
52 
Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch bei einer Berufskrankheit die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u.a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSG 45, 285).
53 
Die BK Nr. 5101 umfasst schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen können bei zahlreichen beruflichen Tätigkeiten auftreten. Auf die wichtigsten wird im Anhang verwiesen.
54 
Insbesondere kann eine Gefährdung gegeben sein bei: Hautkontakt mit chemischen Substanzen mit irritativer oder allergener Potenz, z. B. mit
55 
- Metallionen (z. B. von Chrom, Nickel, Kobalt),
- alkalischen Flüssigkeiten (z. B. wassergemischten Kühlschmiermitteln, Reinigungslösungen),
- Detergentien (waschaktiven Substanzen),
- Desinfektionsmitteln (z. B. Formaldehyd, Flutaraldehyd, Benzalkoniumchlorid),
- Bioziden (z. B. Chlormethylisothiazolon, Formaldehydabspalter),
- Lösemitteln (z. B. aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen, hochsiedenden Mineralölfraktionen, Nitroverdünnungen, Terpentinölen und Terpentinersatzpräparaten),
- einigen Kunststoffmono- und -oligomeren und ihren Härtern (z. B. Epoxid- und Acrylatharzsystemen, Aminhärtern),
- Friseurchemikalien (z. B. Glycerylmonothioglycolat, p-Phenylendiamin),
- Lötsubstanzen (Kolophonium),
- Gummihilfsstoffen (z. B. Thiurame, Carbamate), parasubstituierten aromatischen Aminen (p-Phenylendiamin, Gummichemikalien, Farbstoffen, Farbentwicklern).
56 
Die" Schwere" der Erkrankung wird aufgrund der klinischen Symptomatik nach Morphe und Beschwerdebild, Ausdehnung, Verlauf und Dauer der Erkrankung und aufgrund der Ausprägung der beruflich verursachten Allergien beurteilt. Auch eine klinisch leichte Hauterkrankung kann allein wegen ihrer Dauer als schwer einzustufen sein, wenn ununterbrochene Behandlungsbedürftigkeit von sechs und mehr Monaten gegeben ist.
57 
"Wiederholt rückfällig" ist die Erkrankung dann, wenn mindestens drei Krankheitsschübe, d. h. Ersterkrankung und zwei Rückfälle, vorliegen. Rückfall setzt eine weitgehende Besserung oder Abheilung des vorangegangenen Krankheitsschubes sowie den Zusammenhang mit der Ersterkrankung voraus, wenn der Erkrankte zwischenzeitlich beruflich wieder tätig gewesen ist.
58 
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die bei der Klägerin bestehende Hauterkrankung an Händen und Unterarmen als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV zu beurteilen. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht aufgrund der Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Dabei misst das erkennende Gericht neben den fundierten Feststellungen der die Klägerin behandelnden Hautärzte - Dr. H. (15. November 2004, 4. März 2005, 23. Januar 2006, 21. Januar 2008) und Prof. Dr. C. (16. September 2005) - zum einen dem von der Beklagten veranlassten Gutachten des Dermatologen Dr. W. vom 15. Januar 2006, das das Gericht im Wege des Urkundsbeweises verwertet, und zum anderen dem im gerichtlichen Verfahren aktuell eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. S. vom 13. November 2008 besondere Bedeutung bei. Die von den Gutachtern unabhängig voneinander jeweils nach eingehender Untersuchung der Klägerin übereinstimmend getroffenen Feststellungen macht sich das Gericht aufgrund eigener Urteils- und Überzeugungsbildung zu eigen. Die abweichenden allein nach Aktenlage ergangenen Feststellungen der Leiterin des Fachbereichs Dermatologie der Beklagten, Dr. P., und des Dermatologen Prof. Dr. J., Universität O. (Stellungnahme vom 27. November 2006) rechtfertigen im Ergebnis keine andere rechtliche Beurteilung.
59 
Das Gericht ist der Überzeugung, dass die Hauterkrankung der Klägerin an Händen und Unterarmen weder schicksalhaft noch anlagebedingt noch aufgrund privater Veranlassung (Modeschmuck etc.) eingetreten ist. Vielmehr ist ein Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin als langjährige Krankenschwester sowohl im Sinne einer Entstehung als auch im Sinne einer richtungsgebenden Verschlimmerung mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen und herzustellen.
60 
Die diagnostisch genaue Einordnung des bei der Klägerin vorhandenen allergischen Kontaktekzems an Händen und Unterarmen kann dabei offen bleiben. Denn bei Anerkennung einer Berufskrankheit kommt es nicht auf die Diagnose derselben, sondern darauf an, ob die Gesundheitsstörung die tatbestandlichen Voraussetzung der BK 5101 nach Anlage 1 BKV - Hauterkrankung - in tatsächlicher Hinsicht erfüllt. Das Bundessozialgericht geht angesichts des unterschiedlichen und vielfältigen Begriffsinhaltes des Wortes Haut im Sprachgebrauch davon aus, dass die Auslegung des Begriffs "Hauterkrankung" vom Schutzzweck der Norm her zu erfolgen hat und dieser für eine weite Auslegung spricht. Dass mit der Formulierung der BK Nr 5101 alle beruflich bedingten Erkrankungen im Bereich der Haut unabhängig von der Schadensursache und der Art der krankhaften Veränderungen erfasst werden sollen, wird unter anderem durch die Rechtsentwicklung bestätigt, die zu der heutigen Fassung der Vorschrift geführt hat. Ursprünglich kannte das Berufskrankheitenrecht mehrere verschiedene Berufskrankheiten der Haut, die nach der Art des verursachenden Stoffes oder der schädigenden Arbeitsweise definiert und unterschieden wurden (Nr. 11 bis 13 der Anlage zur Zweiten Berufskrankheiten-Verordnung vom 11. Februar 1929 - RGBl. I 27). Durch die Dritte Berufskrankheiten-Verordnung vom 16. Dezember 1936 (RGBl. I 1117) wurden diese Berufskrankheiten zu einer einheitlichen Berufskrankheit mit der Umschreibung: "Schwere oder wiederholt rückfällige berufliche Hauterkrankungen, die zum Wechsel des Berufs oder zur Aufgabe jeder Erwerbstätigkeit zwingen" zusammengefasst. Zur Begründung dieser Maßnahme wurde auf die Schwierigkeiten und Widersprüche verwiesen, zu denen das bisherige Anerkennungssystem geführt hatte. Da praktisch jeder Stoff und auch rein physikalische Einwirkungen zu einer kürzer oder länger dauernden Überempfindlichkeit der Haut führen könnten, sei es nicht sinnvoll, den bisherigen Weg der Auflistung von schädigenden Einwirkungen fortzusetzen, zumal eine solche Aufzählung stets lückenhaft bleibe (AN 1936, 355, 358). Um einerseits die erforderliche Erweiterung des Versicherungsschutzes in den sachlich berechtigten und gesundheitlich begründeten Grenzen herbeizuführen und andererseits nur die Erkrankungen zu entschädigen, die nach Verlauf und Dauer als chronische Hauterkrankungen bezeichnet werden, sowie die außerordentlichen Schwierigkeiten, die in der Klärung der Krankheitsursachen in jedem Einzelfall liegen, möglichst einzuschränken, wurde das weitere Tatbestandsmerkmal Wechsel des Berufs oder Tätigkeitsaufgabe eingeführt (siehe BSG, Urteil vom 28. April 2004, B 2 U 21/03 R, Breith 2005, 39-43 = JURIS Rn. 15 unter Hinweis auf frühere Senats Rechtsprechung in BSG, Urteil vom 30. April 1986, SozR 5670 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 5 und Urteil vom 20. März 1981, BSGE 51, 251).
61 
Dass das Kontaktekzem der Hände mit Streuung und die Allergie gegen Thiuram-Mix, Zinkdiethyldithiocarbamat, Mercapto-Mix und Desinfektionsmittel sowie Handschuhe von höchstwahrscheinlich beruflich bedingter klinischer Relevanz sind, ergibt sich für das Gericht aus folgenden Einzelumständen. Entscheidend ist für das Gericht die seit Anfang 2004 stark ausgeprägte Thiuram-Sensibilisierung der nicht vorerkrankten Klägerin. Dabei liegt eine polyvalente allergische Sensibilisierung gegen im Krankenhaus weit verbreitete Berufsstoffe vor. Die fünf Arbeitsproben - am 30.08./01.09.2004, 18.10.2004, 21.12.2004, 12.01.2005, 08.07.2005 - haben bereits jeweils am ersten Tag des Arbeitsversuchs zu heftigen Hautreaktionen geführt, die im ersten Fall sogar eine stationäre Heilbehandlung der Klägerin - vom 8. bis zum 29. September 2004 - erforderlich gemacht haben (Bericht Prof. Dr. C. vom 16. September 2005). Deshalb hat bereits der von der Beklagten bestellte sachverständige Gutachter, Dr. W. (Gutachten vom 15. Januar 2006) für das Gericht überzeugend und nachvollziehbar weitere Arbeitsversuche für der Klägerin unzumutbar gehalten. Auch im Entlassungsbericht der Dres. S. und ..., Klinikum O., vom 20. September 2006 wird ein erneuter Arbeitsversuch der Klägerin erst nach vollständiger Abheilung für möglich gehalten. Dies bestätigt sogar Prof. Dr. J. in seiner Stellungnahme vom 27. November 2006, wenn er formuliert, „ein solcher Arbeitsversuch wird jedoch nur dann für sinnvoll erachtet, wenn es zu einer vollständigen Abheilung des zuletzt in unserem Hause bei Entlassung aus der stationären Heilmaßnahme noch dokumentierten Hautbefundes der Hände gekommen ist“. Zu einer solchen vollständigen Abheilung der nunmehr multiplen Hauterkrankungen der Klägerin ist es aber seit 2004 bis heute - also über einen Zeitraum von nunmehr fünf Jahren - nicht gekommen (vgl. Befundbericht Dr. H. vom 21. Januar 2008 und Gutachten Dr. S. vom 13. November 2008). Warum die Beklagte gleichwohl auf solchen weiteren Arbeitsversuchen bis ins Prozessverfahren hinein beharrt (vgl. Stellungnahme Dr. P. vom 11. April 2008), ist dem erkennenden Gericht in keiner Weise nachvollziehbar.
62 
Dabei berücksichtigt das Gericht durchaus die bei der Klägerin erstmals im Juni 2006 aufgetretene weitere Hauterkrankung, bei der es sich diagnostisch um Psoriasis oder ein hyperkeratotisch-rhagadiformen Handekzem handeln könnte. Das Gericht hat aber keinen hinreichend wahrscheinlichen Anlass, ja letztlich gar keine objektivierbaren Anhaltspunkte, diese Folgeerkrankungen für führend oder gar auslösend zu halten. Der bis 2004 nicht vorerkrankten Klägerin kann weder ein anlagebedingtes Leiden, das zu einer vorübergehenden Verschlimmerung geführt hat noch ein außerberuflich erworbenes Hautleiden unterstellt werden. Die gegenläufige Feststellung von Prof. Dr. J., eine Berufskrankheit liege bei der Klägerin noch nicht vor - so in seiner Stellungnahme vom 27. November 2006 - entbehrt einer rational nachvollziehbaren Tatsachengrundlage. Die zudem nur nach Aktenlage abgegebene Bewertung - den Behandlungsbericht vom 20. September 2006 über die stationäre Heilbehandlung der Klägerin im September 2006 im Klinikum Osnabrück hat Prof. Dr. J. nicht unterschrieben (er wurde dort durch Dr. S. vertreten) - vermag die anderweitige schlüssige Argumentation der Dres. H., C., W. und S., die die Klägerin allesamt aus eigener Anschauung kennen und persönlich untersucht haben, auch nicht ansatzweise in Frage zu stellen.
63 
Das Gericht hat vielmehr Anlass zu der Annahme, die bei der Klägerin infolge des beruflich bedingten und seit 2004 manifesten allergischen Kontaktekzems ab Mitte 2006 zusätzlich aufgetretene Hauterkrankung mit Dr. H. als sogenannten isomorphen Reizeffekt zu betrachten. Der isomorphe Reizeffekt (auch Koebner-Phänomen oder Köbner-Phänomen, nachdem gleichnamigen Hautarzt (1838-1904) benannt) beschreibt das Auftreten typischer Hauterscheinungen einer Hautkrankheit nach mechanischer, chemischer oder thermischer Reizung der Haut an zunächst nicht befallenen Hautpartien. Das Köbner-Phänomen laut Ernst G. Jung (Herausgeber); Dermatologie, Stuttgart 1991 und Harald Kittler, Elisabeth Riedl, Kornelia Böhler, Julia Valencak, Dermatologie und Venerologie im Überblick , 2. Auflage, 2007, S. 105, 111 wird u. a. bei folgenden Hauterkrankungen beschrieben: Psoriasis und allergisches Kontaktekzem. Gerade um Letzteres geht es im Fall der Klägerin.
64 
Bei der Hauterkrankung der Klägerin handelt es sich um eine dauernd schwere Erkrankung. Sie hält seit 2004, also über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren, dauernd an und heilt auch in Zeiträumen zwischen den Arbeitsproben nicht ab. Die Schwere der Erkrankung veranschaulichen die in der Gerichtsakte befindlichen und im Zeitraum zwischen 2004 und 2006 aufgenommenen Farbfotos nachdrücklich.
65 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
49 
Die zulässige Klage ist in der Sache überwiegend begründet.
50 
Der Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 24. Juli 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Feststellung und Anerkennung des Vorliegens einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 Berufskrankheitenverordnung - BKV -. Da die Beklagte aber in den angefochtenen Bescheiden nicht über Entschädigungsleistungen entschieden hat und die Klägerin erstmals im Klageverfahren entsprechende Anträge gestellt hat, ist die Klage im Übrigen abzuweisen gewesen.
51 
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII - sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeiten erleiden. Die Bundesregierung wurde ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können (Satz 2).
52 
Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch bei einer Berufskrankheit die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u.a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSG 45, 285).
53 
Die BK Nr. 5101 umfasst schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen können bei zahlreichen beruflichen Tätigkeiten auftreten. Auf die wichtigsten wird im Anhang verwiesen.
54 
Insbesondere kann eine Gefährdung gegeben sein bei: Hautkontakt mit chemischen Substanzen mit irritativer oder allergener Potenz, z. B. mit
55 
- Metallionen (z. B. von Chrom, Nickel, Kobalt),
- alkalischen Flüssigkeiten (z. B. wassergemischten Kühlschmiermitteln, Reinigungslösungen),
- Detergentien (waschaktiven Substanzen),
- Desinfektionsmitteln (z. B. Formaldehyd, Flutaraldehyd, Benzalkoniumchlorid),
- Bioziden (z. B. Chlormethylisothiazolon, Formaldehydabspalter),
- Lösemitteln (z. B. aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen, hochsiedenden Mineralölfraktionen, Nitroverdünnungen, Terpentinölen und Terpentinersatzpräparaten),
- einigen Kunststoffmono- und -oligomeren und ihren Härtern (z. B. Epoxid- und Acrylatharzsystemen, Aminhärtern),
- Friseurchemikalien (z. B. Glycerylmonothioglycolat, p-Phenylendiamin),
- Lötsubstanzen (Kolophonium),
- Gummihilfsstoffen (z. B. Thiurame, Carbamate), parasubstituierten aromatischen Aminen (p-Phenylendiamin, Gummichemikalien, Farbstoffen, Farbentwicklern).
56 
Die" Schwere" der Erkrankung wird aufgrund der klinischen Symptomatik nach Morphe und Beschwerdebild, Ausdehnung, Verlauf und Dauer der Erkrankung und aufgrund der Ausprägung der beruflich verursachten Allergien beurteilt. Auch eine klinisch leichte Hauterkrankung kann allein wegen ihrer Dauer als schwer einzustufen sein, wenn ununterbrochene Behandlungsbedürftigkeit von sechs und mehr Monaten gegeben ist.
57 
"Wiederholt rückfällig" ist die Erkrankung dann, wenn mindestens drei Krankheitsschübe, d. h. Ersterkrankung und zwei Rückfälle, vorliegen. Rückfall setzt eine weitgehende Besserung oder Abheilung des vorangegangenen Krankheitsschubes sowie den Zusammenhang mit der Ersterkrankung voraus, wenn der Erkrankte zwischenzeitlich beruflich wieder tätig gewesen ist.
58 
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die bei der Klägerin bestehende Hauterkrankung an Händen und Unterarmen als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV zu beurteilen. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht aufgrund der Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Dabei misst das erkennende Gericht neben den fundierten Feststellungen der die Klägerin behandelnden Hautärzte - Dr. H. (15. November 2004, 4. März 2005, 23. Januar 2006, 21. Januar 2008) und Prof. Dr. C. (16. September 2005) - zum einen dem von der Beklagten veranlassten Gutachten des Dermatologen Dr. W. vom 15. Januar 2006, das das Gericht im Wege des Urkundsbeweises verwertet, und zum anderen dem im gerichtlichen Verfahren aktuell eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. S. vom 13. November 2008 besondere Bedeutung bei. Die von den Gutachtern unabhängig voneinander jeweils nach eingehender Untersuchung der Klägerin übereinstimmend getroffenen Feststellungen macht sich das Gericht aufgrund eigener Urteils- und Überzeugungsbildung zu eigen. Die abweichenden allein nach Aktenlage ergangenen Feststellungen der Leiterin des Fachbereichs Dermatologie der Beklagten, Dr. P., und des Dermatologen Prof. Dr. J., Universität O. (Stellungnahme vom 27. November 2006) rechtfertigen im Ergebnis keine andere rechtliche Beurteilung.
59 
Das Gericht ist der Überzeugung, dass die Hauterkrankung der Klägerin an Händen und Unterarmen weder schicksalhaft noch anlagebedingt noch aufgrund privater Veranlassung (Modeschmuck etc.) eingetreten ist. Vielmehr ist ein Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin als langjährige Krankenschwester sowohl im Sinne einer Entstehung als auch im Sinne einer richtungsgebenden Verschlimmerung mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen und herzustellen.
60 
Die diagnostisch genaue Einordnung des bei der Klägerin vorhandenen allergischen Kontaktekzems an Händen und Unterarmen kann dabei offen bleiben. Denn bei Anerkennung einer Berufskrankheit kommt es nicht auf die Diagnose derselben, sondern darauf an, ob die Gesundheitsstörung die tatbestandlichen Voraussetzung der BK 5101 nach Anlage 1 BKV - Hauterkrankung - in tatsächlicher Hinsicht erfüllt. Das Bundessozialgericht geht angesichts des unterschiedlichen und vielfältigen Begriffsinhaltes des Wortes Haut im Sprachgebrauch davon aus, dass die Auslegung des Begriffs "Hauterkrankung" vom Schutzzweck der Norm her zu erfolgen hat und dieser für eine weite Auslegung spricht. Dass mit der Formulierung der BK Nr 5101 alle beruflich bedingten Erkrankungen im Bereich der Haut unabhängig von der Schadensursache und der Art der krankhaften Veränderungen erfasst werden sollen, wird unter anderem durch die Rechtsentwicklung bestätigt, die zu der heutigen Fassung der Vorschrift geführt hat. Ursprünglich kannte das Berufskrankheitenrecht mehrere verschiedene Berufskrankheiten der Haut, die nach der Art des verursachenden Stoffes oder der schädigenden Arbeitsweise definiert und unterschieden wurden (Nr. 11 bis 13 der Anlage zur Zweiten Berufskrankheiten-Verordnung vom 11. Februar 1929 - RGBl. I 27). Durch die Dritte Berufskrankheiten-Verordnung vom 16. Dezember 1936 (RGBl. I 1117) wurden diese Berufskrankheiten zu einer einheitlichen Berufskrankheit mit der Umschreibung: "Schwere oder wiederholt rückfällige berufliche Hauterkrankungen, die zum Wechsel des Berufs oder zur Aufgabe jeder Erwerbstätigkeit zwingen" zusammengefasst. Zur Begründung dieser Maßnahme wurde auf die Schwierigkeiten und Widersprüche verwiesen, zu denen das bisherige Anerkennungssystem geführt hatte. Da praktisch jeder Stoff und auch rein physikalische Einwirkungen zu einer kürzer oder länger dauernden Überempfindlichkeit der Haut führen könnten, sei es nicht sinnvoll, den bisherigen Weg der Auflistung von schädigenden Einwirkungen fortzusetzen, zumal eine solche Aufzählung stets lückenhaft bleibe (AN 1936, 355, 358). Um einerseits die erforderliche Erweiterung des Versicherungsschutzes in den sachlich berechtigten und gesundheitlich begründeten Grenzen herbeizuführen und andererseits nur die Erkrankungen zu entschädigen, die nach Verlauf und Dauer als chronische Hauterkrankungen bezeichnet werden, sowie die außerordentlichen Schwierigkeiten, die in der Klärung der Krankheitsursachen in jedem Einzelfall liegen, möglichst einzuschränken, wurde das weitere Tatbestandsmerkmal Wechsel des Berufs oder Tätigkeitsaufgabe eingeführt (siehe BSG, Urteil vom 28. April 2004, B 2 U 21/03 R, Breith 2005, 39-43 = JURIS Rn. 15 unter Hinweis auf frühere Senats Rechtsprechung in BSG, Urteil vom 30. April 1986, SozR 5670 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 5 und Urteil vom 20. März 1981, BSGE 51, 251).
61 
Dass das Kontaktekzem der Hände mit Streuung und die Allergie gegen Thiuram-Mix, Zinkdiethyldithiocarbamat, Mercapto-Mix und Desinfektionsmittel sowie Handschuhe von höchstwahrscheinlich beruflich bedingter klinischer Relevanz sind, ergibt sich für das Gericht aus folgenden Einzelumständen. Entscheidend ist für das Gericht die seit Anfang 2004 stark ausgeprägte Thiuram-Sensibilisierung der nicht vorerkrankten Klägerin. Dabei liegt eine polyvalente allergische Sensibilisierung gegen im Krankenhaus weit verbreitete Berufsstoffe vor. Die fünf Arbeitsproben - am 30.08./01.09.2004, 18.10.2004, 21.12.2004, 12.01.2005, 08.07.2005 - haben bereits jeweils am ersten Tag des Arbeitsversuchs zu heftigen Hautreaktionen geführt, die im ersten Fall sogar eine stationäre Heilbehandlung der Klägerin - vom 8. bis zum 29. September 2004 - erforderlich gemacht haben (Bericht Prof. Dr. C. vom 16. September 2005). Deshalb hat bereits der von der Beklagten bestellte sachverständige Gutachter, Dr. W. (Gutachten vom 15. Januar 2006) für das Gericht überzeugend und nachvollziehbar weitere Arbeitsversuche für der Klägerin unzumutbar gehalten. Auch im Entlassungsbericht der Dres. S. und ..., Klinikum O., vom 20. September 2006 wird ein erneuter Arbeitsversuch der Klägerin erst nach vollständiger Abheilung für möglich gehalten. Dies bestätigt sogar Prof. Dr. J. in seiner Stellungnahme vom 27. November 2006, wenn er formuliert, „ein solcher Arbeitsversuch wird jedoch nur dann für sinnvoll erachtet, wenn es zu einer vollständigen Abheilung des zuletzt in unserem Hause bei Entlassung aus der stationären Heilmaßnahme noch dokumentierten Hautbefundes der Hände gekommen ist“. Zu einer solchen vollständigen Abheilung der nunmehr multiplen Hauterkrankungen der Klägerin ist es aber seit 2004 bis heute - also über einen Zeitraum von nunmehr fünf Jahren - nicht gekommen (vgl. Befundbericht Dr. H. vom 21. Januar 2008 und Gutachten Dr. S. vom 13. November 2008). Warum die Beklagte gleichwohl auf solchen weiteren Arbeitsversuchen bis ins Prozessverfahren hinein beharrt (vgl. Stellungnahme Dr. P. vom 11. April 2008), ist dem erkennenden Gericht in keiner Weise nachvollziehbar.
62 
Dabei berücksichtigt das Gericht durchaus die bei der Klägerin erstmals im Juni 2006 aufgetretene weitere Hauterkrankung, bei der es sich diagnostisch um Psoriasis oder ein hyperkeratotisch-rhagadiformen Handekzem handeln könnte. Das Gericht hat aber keinen hinreichend wahrscheinlichen Anlass, ja letztlich gar keine objektivierbaren Anhaltspunkte, diese Folgeerkrankungen für führend oder gar auslösend zu halten. Der bis 2004 nicht vorerkrankten Klägerin kann weder ein anlagebedingtes Leiden, das zu einer vorübergehenden Verschlimmerung geführt hat noch ein außerberuflich erworbenes Hautleiden unterstellt werden. Die gegenläufige Feststellung von Prof. Dr. J., eine Berufskrankheit liege bei der Klägerin noch nicht vor - so in seiner Stellungnahme vom 27. November 2006 - entbehrt einer rational nachvollziehbaren Tatsachengrundlage. Die zudem nur nach Aktenlage abgegebene Bewertung - den Behandlungsbericht vom 20. September 2006 über die stationäre Heilbehandlung der Klägerin im September 2006 im Klinikum Osnabrück hat Prof. Dr. J. nicht unterschrieben (er wurde dort durch Dr. S. vertreten) - vermag die anderweitige schlüssige Argumentation der Dres. H., C., W. und S., die die Klägerin allesamt aus eigener Anschauung kennen und persönlich untersucht haben, auch nicht ansatzweise in Frage zu stellen.
63 
Das Gericht hat vielmehr Anlass zu der Annahme, die bei der Klägerin infolge des beruflich bedingten und seit 2004 manifesten allergischen Kontaktekzems ab Mitte 2006 zusätzlich aufgetretene Hauterkrankung mit Dr. H. als sogenannten isomorphen Reizeffekt zu betrachten. Der isomorphe Reizeffekt (auch Koebner-Phänomen oder Köbner-Phänomen, nachdem gleichnamigen Hautarzt (1838-1904) benannt) beschreibt das Auftreten typischer Hauterscheinungen einer Hautkrankheit nach mechanischer, chemischer oder thermischer Reizung der Haut an zunächst nicht befallenen Hautpartien. Das Köbner-Phänomen laut Ernst G. Jung (Herausgeber); Dermatologie, Stuttgart 1991 und Harald Kittler, Elisabeth Riedl, Kornelia Böhler, Julia Valencak, Dermatologie und Venerologie im Überblick , 2. Auflage, 2007, S. 105, 111 wird u. a. bei folgenden Hauterkrankungen beschrieben: Psoriasis und allergisches Kontaktekzem. Gerade um Letzteres geht es im Fall der Klägerin.
64 
Bei der Hauterkrankung der Klägerin handelt es sich um eine dauernd schwere Erkrankung. Sie hält seit 2004, also über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren, dauernd an und heilt auch in Zeiträumen zwischen den Arbeitsproben nicht ab. Die Schwere der Erkrankung veranschaulichen die in der Gerichtsakte befindlichen und im Zeitraum zwischen 2004 und 2006 aufgenommenen Farbfotos nachdrücklich.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 28. Apr. 2009 - S 4 U 4810/07

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Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 28. Apr. 2009 - S 4 U 4810/07 zitiert 6 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 9 Berufskrankheit


(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit

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bei uns veröffentlicht am 28.04.2009

Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2007 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Erkrankung der Haut im Bereich der Hände der Klägerin als Berufskrankheit na
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Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 28. Apr. 2009 - S 4 U 4810/07

bei uns veröffentlicht am 28.04.2009

Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2007 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Erkrankung der Haut im Bereich der Hände der Klägerin als Berufskrankheit na

Referenzen

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.