Sozialgericht Düsseldorf Urteil, 05. Feb. 2014 - S 2 KA 284/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand:
2Der Kläger erstrebt seine Bestellung als Gutachter gemäß § 7 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Anlage 12 zum BMV-Z/EKV-Z).
3Der Kläger ist Zahnarzt und Dipl.-Ing. (ETH Zürich) und in E zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Er ist seit 2001 Mitglied der Vertreterversammlung der Beklagten, zuletzt gewählt für die Wahlperiode 2011 bis 2016. Seine vielfältigen Bemühungen um Aufnahme in die Liste der ZE-Gutachter sind erfolglos geblieben.
4Am 01.08.2013 hat der Kläger Klage erhoben.
5Er trägt vor, in der Beklagten seien neben anderen Ehrenämtern auch die Gutachter zu besetzen, wobei es sich bei letzteren um unpolitische, absolut neutrale Ämter handele, für die nach Ausführungen der Beklagten jeder niedergelassene Zahnarzt, der über Berufserfahrung verfüge, befähigt und geeignet sei. Einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten standespolitischen Gruppierung bedürfe es dabei nicht.
6Er - der Kläger -, der seit Jahren selbst aktiv in der Standespolitik sowohl auf Kammer- als auch KZV-Ebene tätig und derzeit gewähltes, aktives Mitglied der Vertreterversammlung der Beklagten sei, habe bereits Mitte 1987 sein Interesse an einer Gutachtertätigkeit für den Zahnersatzbereich der KZV signalisiert und sich entsprechend beworben. Dabei habe er in wohlgemeinter Absicht auf seine eher außergewöhnliche und sicher vorteilhafte Qualifikation als industrieerfahrener, promovierter Diplomingenieur hingewiesen. Eine Qualifikation, die sicher für den technischen, metallurgischen Bereich, den der Zahnersatzsektor auch beinhalte, von Vorteil sei.
7Seine Bewerbung sei, obwohl es sich hier nach Auskunft der KZV-Führung um ein unpolitisches, neutrales Ehrenamt handele, bis heute nie berücksichtigt worden. Er fühle sich von der Beklagten, die nach Satzung und Statuten alle Vereinigungsmitglieder gleich zu behandeln habe, massiv benachteiligt, diffamiert und diskriminiert.
8Die Praxis in der Vergabe der Gutachterämter sei seit Jahren so, dass ein politischer Obmann meist in Person des politischen Verwaltungsstellenleiters eine Liste mit Kandidaten führe, aus der dann der KZV-Vorstand mit Einvernehmen der Kassen auswähle. Es sei naheliegend, dass der politische Obmann nur Kollegen aus seiner politischen Fraktion und Kreisen der Sympathisanten auf die Liste setze. Entgegen den Beteuerungen der Neutralität und Gleichbehandlung würden andere, durchaus qualifizierte und interessierte Vereinigungsmitglieder nicht auf die Auswahlliste genommen. Dies widerspreche dem Geist und den Statuten der KZV als Körperschaft, die allein schon aufgrund ihrer Ausschließlichkeit alle Vereinigungsmitglieder in diesem Bereich gleich zu behandeln und allen unbefangen gegenüber zu stehen habe.
9Es zeige sich, dass mit dieser Nominierungspraxis, die vorwiegend, eher ausschließlich nur politische Gefolgsleute und Sympathisanten mit diesen offiziell neutralen Ämtern betraue, wobei auch ein gewisses Ämterpatronat und eine Weitergabe an persönliche Nachkommen zu konstatieren sei, eine Ausweitung der politischen Vorherrschaft und des Machterhalts zu Lasten der zwangsweise in der Körperschaft vereinigten Mitglieder betrieben werde.
10Wenn dann auch noch Amtsinhaber, wie beispielsweise der derzeitige Kammervizepräsident, mit "gutachterlicher Tätigkeit" auf der Praxishomepage würben, weil Gutachter bei Patienten möglicherweise als die "besseren" Zahnärzte gesehen würden, so könne der vermeintliche geldwerte Vorteil und Reputationszuwachs als unzulässige Vorteilsnahme gewertet werden. Auch seien gewisse Herablassungen und oberlehrerhafte Anmaßungen von Amtsinhabern, besonders von sogenannten "bewährten" Ewiggutachtern gegenüber einfachen Normalzahnärzten unübersehbar.
11Dieser Zustand werde seit Jahrzehnten von der parlamentarischen Opposition vehement kritisiert und seit langem ein transparentes, für jedes Vereinigungsmitglied zugängliches und nachprüfbares Auswahlverfahren angemahnt.
12Der Kläger beantragt,
13die Beklagte zu verurteilen, ihn in die Liste der Gutachter gemäß § 7 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen aufzunehmen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie habe dem Kläger vielfach erläutert, dass es sich bei der "Gutachternominierung" nicht um ein Verfahren handele, welches beispielsweise vergaberechtlichen Anforderungen unterliege, und auch gegenüber ihrer Rechtsaufsicht das Procedere erläutert.
17Der Kläger sei bisher nicht einvernehmlich zwischen der Beklagten und den gesetzlichen Krankenkassen und ihren Verbänden als Gutachter nominiert worden.
18Die von ihm in den Vordergrund gestellte vermeintliche Benachteiligung, Diffamierung und Diskriminierung seiner Person ob seiner standespolitischen Tätigkeit sei fernliegend. Allerdings wäre ergänzend zu berücksichtigen, dass ein im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung eingesetzter Gutachter, der geplante oder durchgeführte Versorgungen anderer Vertragszahnärzte zu beurteilen habe, erkennbar dieses System als solches zu akzeptieren und zu respektieren habe. Insofern lasse die Diktion des Klägers ("Sympathisanten", "Ausweitung der politischen Vorherrschaft und des Machterhalts zu Lasten der zwangsweise in der Körperschaft vereinigten Mitglieder", "unzulässige Vorteilsnahme"; "oberlehrerhafte Anmaßungen von Amtsinhabern") zumindest Fragen aufkommen, ob dieses gegeben ist.
19Rechtlich sei der Kläger ungeachtet seiner von ihm beanstandeten bisherigen Nichtberücksichtigung nicht beschwert.
20Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie des Gerichtsbescheides der Kammer vom 23.05.2011 - S 2 KA 246/09 -, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die Klage ist als Leistungsklage zulässig, aber unbegründet.
23Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 der Anl. 12 zum BMV-Z/EKV-Z bestellt jede KZV im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen/Verbänden der Ersatzkassen Gutachter und (mit den Ersatzkassen) Zahnersatz-Obergutachter in der erforderlichen Anzahl. Es bestehen bereits erhebliche Bedenken dagegen, ob der Kläger ein einklagbares subjektiv-öffentliches Recht, d.h. einen durchsetzbaren Anspruch auf Aufnahme in die Liste der ZE-Gutachter hat.
24Im Unterschied zu lediglich tatsächlich begünstigenden sog. Rechtsreflexen gewährt die Rechtsordnung bei subjektiv-öffentlichen Rechten Individuen einen Gesetzesvollziehungsanspruch. Eine Reihe von Normen, die staatliche Leistungs- oder sonstige Handlungspflichten begründen, räumt den Begünstigten ausdrücklich ein subjektiv-öffentliches Recht ein (z.B. § 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFöG), §§ 38, 39 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I), § 97 Abs. 7 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)) oder schließt ein solches aus (z.B. § 1 Abs. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB), § 3 Abs. 2 Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (HGrG), § 29 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)). Sofern - wie hier - eine ausdrückliche normative Regelung fehlt, ist einem Rechtssatz nach der herrschenden sog. Schutznormlehre im Wege der Auslegung ein subjektiv-öffentliches Recht zu entnehmen, wenn er (1) eine objektive Verhaltenspflicht begründet, die (2) nicht ausschließlich zur Verwirklichung von öffentlichen Interessen, sondern zumindest auch der Befriedigung von Individualinteressen dient, und er (3) dem Betroffenen die Rechtsmacht einräumt, die normgeschützten Interessen gegenüber dem Verpflichteten durchzusetzen (vgl. dazu Scherzberg, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., Berlin 2010, Kap. 12 (Subjektiv-öffentliche Rechte), Rn. 9 ff. m.v.w.N.).
25Die Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Anl. 12 zum BMV-Z/EKV-Z) dient dem Zweck, durch Planungs- und Mängelgutachten sicherzustellen, dass die prothetische Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung qualitativ lege artis erfolgt und das Wirtschaftlichkeitsgebot einhält. Sie fußt darauf, dass den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sowie den Primär- und Ersatzkassen die Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung übertragen ist. Die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des vertragszahnärztlichen Systems in Bezug auf die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen dient jedoch allein öffentlichen Interessen und nicht der Befriedigung von Individualinteressen einzelner Interessenten an einer Gutachtertätigkeit. Ein subjektiv-öffentliches Recht, das für den einzelnen Vertragsarzt ein einklagbares Recht auf Bestellung als ZE-Gutachter begründet, besteht daher insofern nicht.
26Auch aus der Mitgliedschaft des Klägers in der Vertreterversammlung der Beklagten lässt sich ein Anspruch auf Aufnahme seiner Person in die Liste der ZE-Gutachter nicht ableiten.
27Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass die Ausschüsse des Bundestages durch ihre Aufgabenstellung in die Repräsentation des Volkes durch das Parlament einbezogen sind. Deshalb muss grundsätzlich jeder parlamentarischer Ausschuss ein verkleinertes Abbild des Plenums sein. Zwar besteht kein Verfassungsgebot, in jedem Ausschuss jede Fraktion mit mindestens einem Sitz zu berücksichtigen. Allerdings müssen sich bei der Besetzung der Ausschüsse insgesamt die Mehrheitsverhältnisse im Parlament widerspiegeln (Urteil vom 13.06.1989 - 2 BvE 1/88 - BVerfGE 80, 188, 222; Urteil vom 16.07.1991 - 2 BvE 1/91 - BVerfGE 84, 302, 323; Beschluss vom 03.12.2002 - 2 BvE 3/02 - BVerfGE 106, 253, 262; sog. Grundsatz der "Spiegelbildlichkeit").
28Selbst wenn man diese Erwägungen nicht nur auf die Besetzung der Ausschüsse der Beklagten (Hauptausschuss, Finanzausschuss u.a.) anwenden wollte (vgl. dazu SG Münster, Urteil vom 09.12.2013 - S 2 KA 5/11 -), sondern bei einem weiten verfassungsrechtlichen Verständnis auch bei der Bestellung der ZE-Gutachter heranziehen wollte, ergibt sich hieraus kein Anspruch des Klägers auf Aufnahme in die Liste der ZE-Gutachter. Von den 50 in die Vertreterversammlung der Beklagten zu wählenden Vertreter errang der Wahlvorschlag ".-Ing. V J, E, Freie Zahnärzte Nordrhein" einen (1) Sitz (Bekanntgabe des Wahlergebnisses zur Vertreterversammlung der KZV Nordrhein für die Wahlperiode 2011 bis 2016, Rhein. Zahnärzteblatt 1/2011, S. 24). Die Zahl der ZE-Gutachter im Bereich der Verwaltungsstelle E, Kreisvereinigung Stadt E, beträgt für die Amtsperiode 2011 - 2016 (zeitversetzt um ein halbes Jahr bis zum 30.06.2017) insgesamt (ZE-Erstgutachter Primär, ZE-Gutachter vdek; Obergutachter vdek) zwölf (Anlage zum Informationsdienst (ID) 6/2011). Bei 1/50 der Stimmen in der Vertreterversammlung verletzt es verfassungsrechtlich keine Minderheitsrechte, wenn der Kläger bei 12 zu besetzenden ZE-Gutachterstellen unberücksichtigt bleibt. Die Anzahl der ZE-Gutachter ist auch nicht beliebig erweiterbar, sondern begrenzt; § 7 Abs. 1 Satz 1 der Anl. 12 zum BMV-Z/EKV-Z spricht von der "erforderlichen Anzahl". Nach dem Willen der Partner der Bundesmantelverträge ist es auch nicht wünschenswert, die Anzahl der Gutachter über das notwendige Maß hinaus zu erhöhen. Deshalb kann nach § 7 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz der Anl. 12 zum BMV-Z/EKV-Z das Einvernehmen verweigert werden, wenn die erforderliche Anzahl der Gutachter in einer Region überschritten wird.
29Schließlich kann nach § 7 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz der Anl. 12 zum BMV-Z/EKV-Z das Einvernehmen verweigert werden, wenn begründete Zweifel an der Eignung des vorgesehenen Gutachters bestehen. An der fachlichen Eignung des Klägers haben weder die Beklagte noch die Landesverbände der Krankenkassen noch der Verband der Ersatzkassen Zweifel geäußert. Eignung bedeutet aber auch, dass ein im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung eingesetzter Gutachter, der geplante oder eingegliederte Versorgungen seiner Kollegenschaft zu beurteilen hat, Akzeptanz bei dieser, der Beklagten und den Kostenträgern zu finden hat, was voraussetzt, dass er das System als solches anerkennt und respektiert. Das Vertrauen der Beklagten, welche die ZE-Gutachter zu bestellen hat, genießt der Kläger sicher nicht. Gleiches gilt zumindest auch für die Bergische Krankenkasse, die ihn erstinstanzlich erfolgreich auf Herausgabe der Original-Behandlungsunterlagen betreffend einen früheren Patienten verklagt hat, um mögliche Schadensersatzansprüche aufgrund von Mängeln der prothetischen Versorgung prüfen zu können (Sozialgericht Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 23.05.2011 - S 2 KA 246/09 -; jetzt LSG NRW - L 11 KA 62/11 -). Das für eine reibungsfreie Zusammenarbeit aller Gesamtvertragspartner notwendige Vertrauen in die Persönlichkeit eines Gutachters, um das System der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen funktionsfähig zu erhalten, lässt sich jedenfalls vorliegend durch gerichtliche Entscheidung nicht erzwingen.
30Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1, 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Die Erschließung ist Aufgabe der Gemeinde, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen einem anderen obliegt.
(2) Die Erschließungsanlagen sollen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs kostengünstig hergestellt werden und spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlagen benutzbar sein.
(3) Ein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht nicht.
(4) Die Unterhaltung der Erschließungsanlagen richtet sich nach landesrechtlichen Vorschriften.
Tenor
Die in der konstituierenden Sitzung der Beklagten vom 04.12.2010 durch- geführten Wahlen der Mitglieder für den Hauptausschuss, für den Finanz- ausschuss und für den Satzungsausschuss werden für ungültig erklärt. Die Beklagte wird verpflichtet, bis zum 31.12.2014 nach Maßgabe der im Dezember 2010 gültigen Regelung in § 24 Abs. 6 der Satzung der Beigela- denen zu 2) Neuwahlen zu diesen Ausschüssen durchzuführen. Bis zur Neuwahl bleiben die bisher gewählten Mitglieder der Ausschüsse in ihren Ämtern. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt. Die Sprungrevision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Feststellung der Ungültigkeit der in der konstituierenden Sitzung der Beklagten vorgenommenen Wahlen für die weiteren Mitglieder der Vertreterversammlung der Beigeladenen zu 1) ... sowie der Mitglieder für die bei der Beigeladenen zu 2). gebildeten Ausschüsse.
3Der Kläger ist mit dem Praxissitz in C. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Er ist Mitglied der Beklagten und Vorsitzender der Fraktion ... In der beklagten Vertreterversammlung sind aufgrund der Wahlen für die Wahlperiode 2011 bis 2016 drei Fraktionen mit folgender Stärke vertreten: 1. Freier Verband Deutscher Zahnärzte: 29 Vertreter 2. Unabhängige Freie Zahnärzte: 11 Vertreter 3. Freie Zahnärzte in Westfalen-Lippe: 9 Vertreter. Weiterhin wurde ein fraktionsloser Vertreter gewählt.
4Die konstituierende Sitzung der Beklagten fand am 04.12.2010 statt. Nach § 24 Abs. 1 der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Satzung waren durch die beklagte Vertreterversammlung folgende Ausschüsse zu berufen: 1. Hauptausschuss 2. Satzungsausschuss 3. Finanzausschuss.
5Nach § 24 Abs. 6 der im Zeitpunkt der konstituierenden Sitzung der Beklagten maßgeblichen Satzung der Beigeladenen zu 2) sind die Fraktionen in den Ausschüssen angemessen zu berücksichtigen.
6Als Delegierte zur Vertreterversammlung der Beigeladenen zu 1) wurden und Dr. L. und N. C. , beide Mitglieder der Fraktion d ... gewählt.
7Der Hauptausschuss besteht aus sieben stimmberechtigten Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden der Vertreterversammlung. Von diesen sieben Mitgliedern gehören sechs Mitglieder d ... und ein Mitglied d. an.
8In den aus neun Mitgliedern bestehenden Finanzausschuss wurden sieben Angehörige d ... und jeweils ein Mitglied d ...und d ... gewählt.
9Der Satzungsausschuss ist mit acht gewählten Mitgliedern besetzt. Sechs dieser Mitglieder gehören d. und jeweils ein Mitglied den anderen in der Beklagten gebildeten Fraktionen an.
10Mit Schreiben vom 04.01.2011 erklärte der Kläger gegenüber dem Landeswahlausschuss der Beigeladenen zu 2) die Anfechtung der Vertreterwahl am 04.12.2010. Der Kläger wies zur Begründung seines Antrags darauf hin, dass nach § 80 Abs. 1 Satz 2 SGB V die Wahlen der Delegierten zur Vertreterversammlung der Beigeladenen zu 1) nach den Grundsätzen der Verhältniswahl aufgrund von Listen und Einzelvorschlägen zu erfolgen habe. Die Beigeladene zu 2) teilte dem Kläger mit Schreiben vom 17.01.2011 mit, dass eine Wahlanfechtung gegenüber dem Vorsitzenden des Landeswahlausschusses ausschließlich bei der Wahl zur Vertreterversammlung gemäß § 23 Abs. 1 der maßgeblichen Wahlordnung vorgesehen sei. Da die Wahlanfechtung sich jedoch nicht gegen diese Wahlen richte, sei eine Zuständigkeit des Landeswahlausschusses nicht gegeben. Die Anwendung des Verhältniswahlrechts in der konstituierenden Sitzung am 04.12.2010 hätte zur Folge gehabt, dass die zur Wahl gestellten Kandidaten bzw. Wahllisten einer Fraktion in dem Verhältnis zu berücksichtigen gewesen seien, in dem sie Stimmen erhalten hätten. Da auf die Fraktion d ... 58 v.H. der bei der Wahl zur Vertreterversammlung abgegebenen Stimmen entfallen seien, würde sich auch nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts bei den zwei zu wählenden Mitgliedern für die Delegiertenversammlung d. keine Änderung ergeben. Auch nach dem Berechnungsmodus nach d`Hondt hätten die beiden Delegierten aus der Gruppe der Mitglieder der Mehrheitsfraktion gewählt werden können. Im Übrigen sei weder bei der Wahl des vierten Mitglieds der Delegiertenversammlung noch bei der Wahl der Ersatzmitglieder ein Gegenkandidat der anderen Fraktionen benannt worden.
11Hinsichtlich der Wahlen zu den in der Satzung vorgesehenen Ausschüssen sei zu berücksichtigen, dass die Besetzung dieser Ausschüsse durch die Wahl der Mitglieder der Delegiertenversammlung erfolge. Bei Wahlen innerhalb der Selbstverwaltungskörperschaften seien die Grundsätze von Allgemeinheit, Freiheit und Gleichheit der Wahl im Sinne des Art. 38 GG anwendbar. Unter Beachtung dieser Wahlfreiheit habe eine Stimmabgabe frei von Zwang zu bleiben.
12In der Sitzung der Beklagten vom 25.05.2013 wurde § 24 Abs. 6 der maßgeblichen Satzung wie folgt geändert: "Die Fraktionen gemäß § 19 Abs. 4 sind in den Ausschüssen nach ihrem prozentualen Anteil zu berücksichtigen. Erhalten die Kandidaten ober enthält der Kandidat einer Fraktion keine Mehrheit, kann die Fraktion für weitere Wahlgänge weitere Kandidaten vorschlagen."
13Der Kläger hat am 04.02.2011 Klage erhoben, mit der er die Feststellung der Ungültigkeit der in der konstituierenden Sitzung der Beklagten vorgenommenen Wahlen der Mitglieder der Delegiertenversammlung der Beigeladenen zu 1) sowie der Wahlen der Mitglieder zu den in der Satzung der Beigeladenen zu 2) vorgesehenen Ausschüssen begehrt. Zur Begründung seiner Klage trägt er vor, die Wahlen der Mitglieder zur Vertreterversammlung der Beigeladenen zu 1) und die Wahlen zum Haupt-, Finanz- und Satzungsausschuss der Beigeladenen zu 2) seien nach dem Mehrheitswahlrecht durchgeführt worden. Hinsichtlich der weiteren Mitglieder für die Vertreterversammlung der Beigeladenen zu 1) sei hierdurch gegen die zwingende Bestimmung des § 80 Abs. 1a i.V.m. § 80 Abs. 1 SGB V verstoßen worden. Nach diesen Bestimmungen seien Wahlen nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts durchzuführen. Auch aus den Regelungen in der maßgeblichen Satzung ergebe sich die zwingende Notwendigkeit der Anwendung des Verhältniswahlrechts. Auf die sich aus der Anwendung des Verhältniswahlrechts ergebenden Möglichkeiten, insbesondere die Möglichkeit einer Fraktions- oder Listenverbindung, hätten entweder der Vorsitzende der Beklagten oder der Wahlleiter vor den Wahlen hinweisen müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Im Falle einer Listenverbindung der Minderheitsfraktionen hätte ein Mitglied für die Delegiertenversammlung der Beigeladenen zu 1) aus den Reihen dieser Fraktionen gewählt werden müssen.
14Hinsichtlich der Wahlen zu den nach § 24 Abs. 1 der maßgeblichen Satzung vorgesehenen Ausschüssen sei nichts unternommen worden, um die Vorgaben in der Satzung umzusetzen. Vielmehr seien alle Positionen nach dem Mehrheitswahlrecht besetzt worden. Bei Anwendung des Verhältniswahlrechts hätte sich selbst für den Fall, dass keine Listenverbindung erfolgt wäre, entsprechend der Sitzverteilung ein anderes Wahlergebnis ergeben. Auch nach der Änderung des § 24 Abs. 6 der Satzung in der Sitzung der Beklagten vom 25.05.2013 weigere sich die Mehrheitsfraktion Neuwahlen durchzuführen.
15Der Kläger beantragt,
16festzustellen, dass die Wahlen in der konstituierenden Sitzung der Beklagten vom 04.12.2010 hinsichtlich der weiteren Mitglieder zur Vertreterversammlung der Bei- geladenen zu 1) sowie hinsichtlich der Mitglieder für den Hauptausschuss, für den Satzungsausschuss und für den Finanzausschuss ungültig sind und geeignete Fol- gerungen, die im Ermessen des Gerichts stehen, anzuordnen, hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.
19Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
20Die Beklagte trägt zur Begründung ihres Antrags vor, bei der Wahl der Mitglieder zur Delegiertenversammlung der Beigeladenen zu 1) habe die Anwendung eines vom Verhältniswahlrechts abweichenden Wahlverfahrens keinen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt. Auch bei Anwendung des Verhältniswahlrechts hätten zwei Mitglieder der Mehrheitsfraktion als Delegierte gewählt werden können. Nur auf mandatsrelevante Fehler könne eine Wahlanfechtung gestützt werden. Für die Wahl zu den Ausschüssen sei die Anwendung des Verhältniswahlrechts nicht zwingend vorgeschrieben. In § 24 Abs. 6 der im Dezember 2010 maßgeblichen Satzung sei lediglich eine angemessene Berücksichtigung der Fraktionen in den Ausschüssen vorgesehen. Die Besetzung der Ausschüsse erfolge in einer freien und unabhängigen Wahl. Aus § 24 Abs. 6 der maßgeblichen Satzung lasse sich keine proportionale Berücksichtigung der Fraktionen in den Ausschüssen ableiten. Auch ergebe sich hieraus keine Verpflichtung für die Delegierten, in einer bestimmten Weise abzustimmen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2013 gewesen.
22Entscheidungsgründe:
23Die Kammer konnte den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2013 verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladene zu 1) in diesem Termin nicht vertreten war. Diese Beigeladene ist in der ihr ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
24Die Klage ist zulässig. Allerdings findet nach Auffassung der Kammer § 131 Abs. 4 SGG keine Anwendung. Nach dieser Bestimmung spricht das Gericht in den Fällen, dass es eine Wahl im Sinne des § 57 b SGG oder eine Wahl zu den Selbstverwaltungsgremien der... Vereinigungen oder der ... Bundesvereinigung ganz oder teilweise oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für ungültig hält, dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung erfasst diese Vorschrift nur die Wahlen zu den Selbstverwaltungsorganen. Streitig ist hier jedoch die innerhalb des Selbstverwaltungsorgans der Beigeladenen zu 2) im Rahmen der konstituierenden Sitzung am 04.12.2010 durchgeführten Wahlen. Da das SGG insoweit keine Regelungen enthält, wendet die Kammer die von den Verwaltungsgerichten entwickelten Grundsätze der verwaltungsrechtlichen Organstreitigkeiten, insbesondere der Kommunalverfas- sungsstreitverfahren, an. Beteiligte solcher Streitigkeiten können dabei nur Organe oder Organteile sei (Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 9. Auflage, Vorbemerkung § 40 Rdnr. 6).
25Die Anwendung der Grundsätze der verwaltungsrechtlichen Organstreitverfahren führt zunächst dazu, dass Beklagte nicht die beigeladene , sondern deren Vertreterversammlung ist, da die hier streitigen Wahlen innerhalb dieses Selbstverwaltungsorgans durchgeführt worden sind. Diese Vertreterversammlung ist zwar weder eine natürliche oder juristische Person im Sinne des § 70 Nr. 1 SGG noch eine nicht rechtsfähige Personenvereinigung gemäß § 70 Nr. 2 SGG, da sie gemäß § 13 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen zu 2) als Selbstverwaltungsorgan ein Organ der Beigeladenen zu 2) ist. Für das vorliegende Streitverfahren ist jedoch von der Beteiligtenfähigkeit der Beklagten nach § 70 SGG und ihrer Prozessfähigkeit auszugehen.
26Unerheblich ist, dass die Klage zunächst gegen die Beigeladene zu 2) gerichtet war. Die Vertreterversammlung der Beigeladenen zu 2) ist im Wege des Parteiwechsels gemäß § 99 SGG in das laufende sozialgerichtliche Verfahren eingetreten. Dies hat die Kammer mit Beschluss vom 12.12.2012 ausdrücklich festgestellt.
27Einen Parteiwechsel auf Klägerseite in dem Sinne, dass die Fraktion " im Wege des Parteiwechsels in den Prozess einbezogen werden musste, hält die Kammer nicht für erforderlich. Der Kläger ist Mitglied der Beklagten. Entscheidend für die Klägerstellung in organschaftlichen Streitigkeiten ist, dass individuelle organschaftliche Rechte geltend gemacht werden. Da nach den Grundsätzen der verwaltungsrechtlichen Organstreitigkeiten auch einzelne Mitglieder des Organs solche Rechte geltend machen können (Kopp/Schenke, a.a.O, Vorbemerkung § 40 Rdnr. 6), gilt dies auch für den Kläger als Mitglied der beklagten Vertreterversammlung.
28Die Klage ist teilweise begründet. Soweit der Kläger die Ungültigkeit der Wahlen für die Mitglieder der Delegiertenversammlung der Beigeladenen zu 1) geltend macht, hatte die Klage keinen Erfolg. Zwar hat der Kläger zu Recht darauf hingewiesen, dass bei diesen Wahlen gegen die Regelungen in § 80 Abs. 1 a Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 SGB V verstoßen worden ist. Diese Bestimmungen sehen zwingend vor, dass die Wahlen in den dort genannten Fällen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl durchgeführt werden müssen. Die Mitglieder für die Delegiertenversammlung der Beigeladenen zu 1) sind jedoch nach den Grundsätzen des Mehrheitswahlrechts bestimmt worden. Nach Auffassung der Kammer führt dies jedoch nicht zur Ungültigkeit dieser Wahlen.
29Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 28.01.1998, Az.: B 6 KA 98/96 R) ist das Wahlprüfungsverfahren bei der Wahl zur Vertreterversammlung einer ... Vereinigung auf sogenannte "mandatsrelevante Fehler" beschränkt. Dies gilt nach Auffassung der Kammer auch für die Wahlen innerhalb dieses Selbstverwaltungsorgans. Dies hat zur Folge, dass die Wahlen der Mitglieder zur Delegiertenversammlung der Beigeladenen zu 1) vom 04.12.2010 nur dann als ungültig angesehen werden können, wenn bei Anwendung der Grundsätze der Verhältniswahl sich ein anderes Ergebnis ergeben hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
30Für die Beurteilung der Gültigkeit der Wahlen der Mitglieder für die Delegiertenversammlung der Beigeladenen zu 1) geht die Kammer von den Verhältnissen in der konstituierenden Sitzung der Beklagten am 04.12.2010 aus. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Fraktions- oder Listenverbindung der Fraktionen der " ..." und der " ...". Entgegen der Auffassung des Klägers waren weder der Vorsitzende der Beklagten noch der Wahlleiter verpflichtet, die Mitglieder der Beklagten auf die Möglichkeiten einer Fraktions- oder Listenverbindung hinzuweisen. Über diese Möglichkeiten haben sich vielmehr die gewählten Mitglieder der Beklagten, insbesondere die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden in eigener Verantwortung zu informieren und vor der konstituierenden Sitzung die Möglichkeiten einer Listenverbindung oder Fraktionsverbindung zu klären.
31Bei strikter Anwendung des Verhältniswahlrechts wären unter Zugrundelegung des Berechnungsmodus nach d`Hondt die zwei zu wählenden Mitglieder für die Delegiertenversammlung der Beigeladenen zu 1) auf die Mehrheitsfraktion "." entfallen. Aus diesem Grunde handelt es sich bei dem Verstoß gegen die Vorgaben in § 80 Abs. 1a Satz 3 und Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht um einen sogenannten "mandatsrelevanten Wahlfehler", da sich auch bei Anwendung der Grundsätze der Verhältniswahl kein anderes Wahlergebnis ergeben hätte. Für die Gültigkeit der Wahlen der Delegierten für die Vertreterversammlung der Beigeladenen zu 1) spricht auch der Umstand, dass die Minderheitsfraktionen bei der Wahl des vierten Mitglieds für diese Delegiertenversammlung und bei den Wahlen für die Ersatzmitglieder keine eigenen Kandidaten aufgestellt haben.
32Soweit der Kläger die Ungültigkeit der Wahlen der Mitglieder für den Haupt-, den Finanz- und den Satzungsausschuss geltend macht, hatte die Klage Erfolg. Die in der konstituierenden Sitzung der Beklagten insoweit vorgenommenen Wahlen verstoßen nämlich gegen § 24 Abs. 6 der im Zeitpunkt der Wahlen maßgeblichen Satzung. Diese Wahlen haben nämlich nicht dazu geführt, dass sämtliche Fraktionen der Beklagten angemessen in den in § 24 Abs. 1 der Satzung geregelten Ausschüssen berücksichtigt worden sind.
33Bei der Auslegung des Begriffs der Angemessenheit ist nach Auffassung der Kammer einerseits auf die Stellung und Funktion der Beklagten und anderseits auf die Bedeutung der Ausschüsse abzustellen. Die Beklagte ist nach § 13 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen zu 2) Selbstverwaltungsorgan. Ihre Mitglieder werden in einer unmittelbaren und geheimen Briefwahl (§ 1 Abs. 1 der Wahlordnung der Beigeladenen zu 2) gewählt. Die Beklagte ist damit ein demokratisch legitimiertes Gremium der in zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzte. Dieser Umstand ist bei der Besetzung der Ausschüsse zu berücksichtigen. Zwar ist es zulässig, die Besetzung der Ausschüsse im Sinne des § 24 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen zu 2) abweichend von anderen Bestimmungen für die Besetzung von Ausschüssen vergleichbarer demokratisch legitimierter Selbstverwaltungsorgane zu regeln. So sieht z.B. § 12 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vor, dass die Zusammensetzung der Ausschüsse im Verhältnis der Stärke der einzelnen Fraktionen vorzunehmen ist. Darüber hinaus legt § 57 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags fest, dass die Fraktionen die Ausschussmitglieder und deren Stellvertreter benennen. Auch wenn in der Satzung der Beigeladenen zu 2) hiervon abweichende Regelungen getroffen werden können, sind bei den Wahlen jedoch bestimmte verfassungsrechtliche Vorgaben zu beachten. Das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 13.06.1989, Az.: 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188 (222); Urteil vom 16.07.1991, Az.: 2 BvE 1/91, BVerfGE 84, 302 (323) und Beschluss vom 03.12.2002, Az.: 2 BvE 3/02, BVerfGE 106, 253 (262)) hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass die Ausschüsse des Bundestages durch ihre Aufgabenstellung in die Repräsentation des Volkes durch das Parlament einbezogen sind. Deshalb muss grundsätzlich jeder parlamentarischer Ausschuss ein verkleinertes Abbild des Plenums sein. Zwar besteht kein Verfassungsgebot, in jedem Ausschuss jede Fraktion mit mindestens einem Sitz zu berücksichtigen. Allerdings müssen sich bei der Besetzung der Ausschüsse insgesamt die Mehrheitsverhältnisse im Parlament wiederspiegeln. Nach Auffassung der Kammer gilt dieser Grundsatz der "Spiegelbildlichkeit" auch für die Zusammensetzung der in § 24 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen zu 2) genannten Ausschüsse.
34Auch diese Ausschüsse bereiten die Entscheidungen der Beklagten vor und haben damit entscheidende Einflussmöglichkeiten auf diese Entscheidungen. Darüber hinaus sind sie noch in anderer Hinsicht von ausschlaggebender Bedeutung. So vertritt z.B. der Hauptausschuss nach § 24 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beigeladenen zu 2) die Interessen der Vertreterversammlung außerhalb der nach der Satzung vorgesehenen Sitzungen. Der Vorstand hat darüber hinaus gemäß § 24 Abs. 2 Satz 4 der Satzung den Hauptausschuss über wesentliche Geschäftsvorgänge zu informieren. Diese Bedeutung der in § 24 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen zu 2) geregelten Ausschüsse gebietet es nach Auffassung der Kammer, dass sich in der Besetzung der Ausschüsse insgesamt die Mehrheitsverhältnisse der Beklagten wiederspiegeln. Nur wenn dies der Fall ist, kann eine angemessene Berücksichtigung der Fraktionen bei der Besetzung der Ausschüsse angenommen werden. Die in der konstituierenden Sitzung der Beklagten vom 04.12.2010 durchgeführten Wahlen zu den in § 24 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen zu 2) geregelten Ausschüssen haben jedoch nicht zu einer angemessenen Berücksichtigung der Fraktionen in diesen Ausschüssen geführt.
35Insgesamt gehören dem Haupt-, dem Finanz- und dem Satzungsausschuss 25 Mitglieder an. Auf die Fraktionen der "." und der "." entfallen jedoch nur insgesamt fünf Mitglieder. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 20 v.H., obwohl in diesen Fraktionen insgesamt 40 v.H. der Mitglieder der Beklagten zusammengeschlossen sind. Damit wird der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Grundsatz der Spiegelbildlichkeit verletzt, was wiederum zur Folge hat, dass die Wahlen in der konstituierenden Sitzung der Beklagten gegen die Bestimmung des § 24 Abs. 6 der damals maßgeblichen Satzung verstoßen haben. Eine angemessene Berücksichtigung der beiden Minderheitsfraktionen ist nämlich nicht erfolgt.
36Die Mitglieder der Mehrheitsfraktion können sich für die Rechtfertigung dieses Wahlergebnisses nicht auf die Grundsätze der Allgemeinheit, Freiheit oder Gleichheit der Wahl im Sinne des Art. 38 GG berufen. Diese Grundsätze werden nämlich durch die Vorgabe eingeschränkt, dass die Ausschüsse die Mehrheitsverhältnisse im Plenum wiederspiegeln müssen. In keinem Fall rechtfertigen es die Grundsätze der Allgemeinheit, Freiheit und Gleichheit der Wahl, dass eine Mehrheitsfraktion unter Anwendung des Mehrheitswahlrechts die Besetzung der Ausschüsse ohne angemessene Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse innerhalb der beklagten Vertreterversammlung vornimmt. Da mit den Wahlen der Mitglieder des Haupt-, Finanz- und Satzungsausschusses gegen die maßgebliche Satzungsregelung in § 24 Abs. 6 verstoßen worden ist, war insoweit die Ungültigkeit der am 04.12.2010 durchgeführten Wahlen festzustellen.
37Die Kammer hat gemäß § 131 Abs. 4 SGG die aus der Feststellung der Ungültigkeit der Wahlen zu ziehenden Folgerungen zu bestimmen. Im Interesse der Funktionsfähigkeit der maßgeblichen Gremien müssen die gewählten Mitglieder weiterhin im Amt verbleiben. Die Kammer hielt zur Beseitigung der Folgen der ungültigen Wahlen die Durchführung von Neuwahlen während der laufenden Amtsperiode für erforderlich. Eine Tolerierung der Folgen der ungültigen Wahlen bis zum Ablauf der Amtsperiode scheidet aus. Die Kammer hat für die Durchführung der Neuwahlen der Beklagten eine Frist bis zum 31.12.2014 gesetzt. Sie hat dabei bewusst eine großzügige Bemessung der Frist vorgenommen. Mit dieser Frist räumt die Kammer den Fraktionen zusätzlich noch die Möglichkeit ein, eine einvernehmliche Regelung der durch die Wahlen am 04.12.2010 entstandenen Situation herbeizuführen, obwohl entsprechende Bemühungen kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.12.2013 gescheitert sind. Die Kammer war weiterhin der Auffassung, dass die Durchführung der Neuwahlen auf der Grundlage der Satzung der Beigeladenen zu 2) in der im Dezember 2010 maßgeblichen Fassung zu erfolgen hat.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO. Im Hinblick auf das teilweise Obsiegen hielt es die Kammer für sachgerecht, dass der Kläger und die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte tragen.
39Die Kammer hat entsprechend den Hilfsanträgen des Klägers und der Beklagten die Sprungrevision zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da es bisher keine höchst richterliche Rechtsprechung zur Frage der Überprüfung der Wahlen innerhalb der Vertreterversammlung einer. gibt.
40Den Streitwert hat die Kammer in Höhe des Regelstreitwerts in Höhe von 5.000,- EUR festgesetzt.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.