Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 13. Apr. 2015 - 4 U 86/14

ECLI: ECLI:DE:POLGZWE:2015:0413.4U86.14.0A
published on 13/04/2015 00:00
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 13. Apr. 2015 - 4 U 86/14
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Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 30. April 2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es in dem vom Landgericht bei der Verurteilung angebrachten Zug-um-Zug-Vorbehalt statt „S. P. ... als Insolvenzverwalterin“ richtigerweise heißen muss „Dr. M. L. ... als Insolvenzverwalter“.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Anschlussberufung der Klägerin wird durch die vorliegende Entscheidung wirkungslos.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 34 000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beklagte ist (angeblich) Vertriebsleiter der Fa. P. F. GmbH, L. (im Folgenden Fa. P. F. genannt). Er beriet die Klägerin im Jahre 2009 bei einer Finanzanlage. Auf seine Empfehlung unterschrieb die Klägerin am 17. Juli 2009 einen Kaufvertrag, wonach sie eine Lebensversicherung der A. M. L. AG mit einem Rückkaufswert von 61 968,02 € an die Fa. P. S. AG verkaufte. Bei der Anlageempfehlung handelte es sich um ein sog. „Nachrangdarlehen“. Die Fa. P. S. AG sollte den Rückkaufswert der Lebensversicherung realisieren und das so eingenommene Geld in Grundkapital investieren. Den „Kaufpreis“ für die Lebensversicherung sollte die Fa. P. S. AG über zehn Jahre in monatlichen Raten bezahlen. Nach den Berechnungen des Beklagten sollte die Klägerin nach zehn Jahren einen Betrag von 102 000,00 € erhalten. Die Fa. P. S. AG war kurz zuvor am 11. Mai 2009 in das Handelsregister eingetragen worden. Im März 2011 stellte sie ihre Zahlungen ein. Im Jahre 2012 wurde über das Vermögen der Firma das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin hatte bis April 2011 von der Fa. P. S. AG 16 000,00 € als „Kaufpreis“ erhalten.

2

Mit Abschluss des Kaufvertrages hatte die Klägerin eine Sondervereinbarung unterzeichnet, wonach eine Fa. „S. C.“ eine Ankaufssumme von 50 000,00 € besicherte.

3

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Ansprüche gegen den Insolvenzverwalter der Fa. P. S. AG im Wege des Schadensersatzes wegen Falschberatung Schadensersatz in Höhe von 34 000,00 € nebst Zinsen.

4

Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Tatbestand zur Ergänzung der Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat der Einzelrichter der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) den Beklagten zur Zahlung der Klagesumme Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen die Insolvenzverwalterin und der Ansprüche der Klägerin gegen die Fa. „S. C.“ verurteilt.

5

Mit seiner Berufung bekämpft der Beklagte das Urteil in vollem Umfang. Er rügt die Rechtsauffassung des Einzelrichters und macht zudem geltend, dass der Erstrichter die erstinstanzlich erhobene Einrede der Verjährung übergangen habe.

6

Er beantragt,

7

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

9

die Berufung zurückzuweisen, wobei sie im Wege der Anschlussberufung eine Änderung der Kostenentscheidung zu ihren Gunsten erstrebt.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

II.

12

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung unbegründet ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO). Es ist auch keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

13

Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2015. Die Stellungnahme des Beklagten dazu in seinem Schriftsatz vom 30. März 2015 gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

14

Ergänzend:

15

Es ist richtig, dass eine Verletzung der Plausibilitätsprüfungspflicht nicht angenommen werden kann, wenn ein vom Anlagevermittler verwendeter Prospekt einer Plausibilitätsprüfung in den für die Anlageentscheidung maßgeblichen Punkten standgehalten hätte, sich kein Anlass zu Beanstandungen ergeben hätte oder - wenn der Prospekt fehlerhaft war - der Vermittler den Fehler im Rahmen seiner Plausibilitätsprüfung nicht hätte erkennen können. Darlegungs- und beweispflichtig hierfür ist jedoch der Beklagte (vgl. BGH, Urteile vom 5. März 2009 - III Z 17/08 -; 21. März 2007 - III ZR 218/06 - m.w.N.).

16

Der Beklagte hat nicht (konkret) dargetan, dass und aus welchen Gründen die ihm überlassenen Unterlagen seiner angeblichen Plausibilitätsprüfung standgehalten haben. Erstinstanzlich hat er nur pauschal vorgetragen, er habe sich „sehr ausführlich über die Gesellschaft, die handelnden Personen und auch über das Konzept“ informiert und sei nach Auswertung seiner Informationen zu dem Schluss gelangt, es handle sich um plausibles Konzept. Bei seiner Anhörung vor dem Einzelrichter hat er angegeben, dass es sich bei diesen Informationen um Schulungsmaterial der Firma „P. S.“ gehandelt habe, das auf Schulungen der Fa. „P. F.“ ausgegeben worden sei. Worauf sich diese Schulungen im Einzelnen bezogen, welches Informationsmaterial ihm dabei konkret ausgehändigt wurde, hat der Beklagte nicht erklärt. Das wäre jedoch erforderlich gewesen.

17

Der Beklagte ist Handwerksmeister. Die von ihm betriebene Anlagevermittlung entsprach nicht seinem beruflichen Arbeitsfeld. Wenn er gleichwohl Kapitalanlagen vermittelte, musste er sich möglichst eingehend darüber informieren; wenn er Zweifel an den Informationen hatte, hatte er Erkundigungs- und Ermittlungspflichten (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2009 aaO). Gleiches gilt, soweit er Darstellungen in den ihm übergebenen Unterlagen nicht ausreichend verstand. Um überprüfen zu können, ob der Beklagte schuldhaft seine Plausibilitätsprüfungspflicht verletzt hat, wäre es deshalb erforderlich gewesen, dass er zum Inhalt der ihm zur Verfügung stehenden Informationen näher vorgetragen hätte. Denn nur so kann beurteilt werden, ob das dem Beklagten übergebene Schulungsmaterial ausreichend und verständlich auch über die Risiken der Anlage informierte, so dass der Schluss des Beklagten gerechtfertigt war, dass es sich um ein „plausibles Konzept“ handelte, oder etwaige Fehler und Unvollständigkeiten der Unterlagen für den Beklagten nicht erkennbar waren.

18

Auch im Berufungsverfahren hat der Beklagte hierzu nichts weiter vorgetragen, obwohl das Landgericht bereits in dem angefochtenen Urteil bemängelt hat, dass der Beklagte keine näheren Angaben zu seinen Informationen und dazu gemacht habe, weshalb er die Geldanlage für plausibel gehalten habe.

19

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Wirkungslosigkeit der Anschlussberufung folgt aus § 524 Abs. 4 ZPO.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung

Annotations

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.