Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 19. Mai 2006 - 3 Q 81/06

bei uns veröffentlicht am19.05.2006

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 10 K 250/04.A – wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

Dem Antrag der Klägerin, einer serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo, auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil vom 24.1.2006, mit dem das Verwaltungsgericht ihre Verpflichtungsklage mit dem Antrag abgewiesen hat,

„die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6.8.2004, , soweit sie von diesem betroffen ist, und Abänderung des Bescheides vom 2.10.2000, 2588721-138, zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG hinsichtlich der Klägerin vorliegt,“

kann nicht entsprochen werden.

Die Klägerin, die im Dezember 1997 mit ihren noch minderjährigen Kindern in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, hat nach – bestandskräftigem – Widerruf der zu ihren Gunsten ausgesprochenen Feststellung nach § 51 Abs. 1 AuslG und Ablehnung einer Feststellung nach § 53 Abs. 6 AuslG mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30.6.2004 das Wiederaufgreifen des Verfahrens betreffend die Feststellung nach § 53 Abs. 6 AuslG beantragt und unter Vorlage von nervenfachärztlichen Attesten, die ihr Kombinationskopfschmerz - Spannungskopfschmerz und Migräne – verstärkt durch eine reaktive Depression bescheinigen, und ein psychologisches Attest des Vereins X. e.V. vom 23.6.2004, in dem es zusammenfassend heißt, sie leide an einer Reaktion auf schwere Belastungen (ICD-10 Nr. F 43.8), geltend gemacht, bei ihr lägen die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 53 Abs. 6 AuslG vor.

Der Antrag wurde durch Bescheid der Beklagten vom 6.8.2004 abgelehnt. Zur Begründung ist unter anderem ausgeführt, die Klägerin habe vorgebracht, dass sie unter Migräne und Spannungskopfschmerz leide, die medikamentös mit Amitriptylin behandelt würden. Das deutsche Verbindungsbüro Kosovo führe hierzu in Auskünften an die Stadt Moers sowie an die Ausländerbehörden Duisburg und Gelsenkirchen aus, dass bezogen auf den Einzelfall eine posttraumatische Belastungsstörung (und eine mittelgradige depressive Episode) im Kosovo medikamentös und durch kontinuierliche nervenärztliche Betreuung behandelbar sei. Als Basismedikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen stünden unter anderem Fluxanol, Amitriptylin, Diazepam, Lexilium, Clomipramin und Haloperidol zur Verfügung, die grundsätzlich kostenfrei an den Patienten abgegeben würden. Damit sei sichergestellt, dass die Klägerin in ihrer Heimat die gleiche Behandlung erhalte, die auch in Deutschland angewendet werde.

Die Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und ein weiteres Attest vorgelegt hat, hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 24.1.2006 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist nach Darlegung der Voraussetzungen für die Zubilligung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG wegen gesundheitlicher Gefährdung ausgeführt, hinsichtlich der von der Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Erkrankungen habe die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid bereits überzeugend und erschöpfend ausgeführt, dass diese im Kosovo behandelbar seien. Auf diese Ausführungen werde gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG Bezug genommen. Im Übrigen gelte, dass sich aufgrund der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung eine Gesundheitsgefährdung von erheblicher Intensität in dem für die Feststellung nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG geforderten Sinne nicht ableiten lasse. Sämtliche vorgelegten Atteste belegten im Kern lediglich, dass die Klägerin an Migräne beziehungsweise an wöchentlich öfter auftretenden starken Kopfschmerzen leide und ihre Erkrankung im Übrigen dadurch geprägt sei, dass sie dann jeweils auch im „Bett bleibe, nichts esse keine Lust und keine Kraft habe irgendetwas zu machen“. Bereits diese Krankheitserscheinungen belegten, dass von einer schweren Erkrankung, die bei einer Rückkehr in den Kosovo alsbald zu einer wesentlichen Verschlimmerung führen würde, keine Rede sein könne. Im Übrigen werde die aus diesen Symptomen abgeleitete psychische Überforderung in Form einer Reaktion auf schwere Belastung, wie sie in dem Attest von X. e.V. vom 23.6.2004 diagnostiziert werde, wesentlich darauf zurückgeführt, dass die Klägerin, wie ebenfalls dieser Bescheinigung zu entnehmen sei, „große Angst vor einer Abschiebung habe“, dass sie Niemanden im Kosovo habe und „die Kinder… doch hier zuhause“ seien. Hiermit werde wie die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid bereits zu Recht angenommen habe, kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis geltend gemacht, über das in dem vorliegenden Verfahren allein zu entscheiden sei. Im Übrigen ergebe sich aus den Attesten beziehungsweise psychologischen Bescheinigungen, von denen das Attest von X. e.V. vom 23.6.2004 noch am aussagekräftigsten sei, in keiner Weise, dass sich die Erkrankung der Klägerin bei einer erzwungenen Rückkehr in den Kosovo wesentlich verschlimmerte. Das wird in den Entscheidungsgründen des Urteils näher dargelegt. Ferner heißt es, die Klägerin müsse sich auf die in ihrem Heimatland möglichen und üblichen Therapiemethoden verweisen lassen, auch wenn diese dem in Deutschland geltenden Standard nicht entsprächen. Nach der Auskunftslage seien die in der „essential drug list“ aufgeführten Psychopharmaka im Kosovo auch kostenlos erhältlich. Nur in Einzelfällen komme es vor, dass Medikamente, die eigentlich kostenfrei seien, nur gegen Bezahlung ausgehändigt würden. Die meisten anderen Medikamente könnten in Apotheken gegen Bezahlung erworben werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach Rückkehr in ihr Herkunftsland die dort mögliche Behandlung ihrer Erkrankung nicht erhalten werde, seien weder konkret dargelegt noch ersichtlich.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil macht die Klägerin geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzlich bedeutsam sei die Frage, ob posttraumatische Belastungsstörungen im Kosovo behandelbar sein. Die Klägerin gibt in diesem Zusammenhang das psychologische Attest von X. e.V. vom 23.6.2004, in dem ihr eine Reaktion auf schwere Belastung (ICD-10 Nr. F 43.8) bescheinigt wird, auszugsweise wieder und führt aus, zwar räume das Verwaltungsgericht selbst ein dass sich die Klägerin auf die in ihrem Heimatland möglichen und üblichen Therapiemethoden verweisen lassen müsse. Auch seien die in der „essential drug list“ aufgeführten Psychopharmaka im Kosovo kostenlos erhältlich und komme es nur in Einzelfällen vor, dass Medikamente, die eigentlich kostenfrei seien, gegen Bezahlung ausgehändigt würden. Völlig unberücksichtigt gelassen habe das Gericht jedoch, dass Schwierigkeiten bei der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen aufträten. So solle es im Kosovo lediglich 20 Psychotherapeuten geben, die darüber hinaus überwiegend in Prishtina ansässig seien. Angesichts dessen sei eine psychotherapeutische Behandlung der Klägerin im Kosovo zur Zeit nicht möglich. Von grundsätzlicher Bedeutung sei ferner die Beantwortung der Frage, ob bei Albanern aus dem Kosovo eine Behandlung in einem anderen Teil von Serbien-Montenegro möglich sei. Das sei über längere Zeit angenommen worden. Nach zwischenzeitlichen Erkenntnissen würden jedoch mittlerweile vor einer Behandlung Anforderungen an Wohnsitz und Sprachkenntnisse gestellt, die die Klägerin schon deshalb nicht erfülle, weil sie des Serbo-Kroatischen nicht mächtig sei und über keinerlei Beziehungen außerhalb des Kosovo verfüge.

Dieses Vorbringen, das den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in dem vorliegenden Zulassungsverfahren begrenzt, rechtfertigt es nicht, die Berufung in Anwendung des allein geltend gemachten Tatbestandes des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zuzulassen.

Die Klägerin lässt zunächst unberücksichtigt, dass das Verwaltungsgericht seine ihre Klage abweisende Entscheidung nicht nur – weitgehend unter Bezugnahme auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 6.8.2004 (siehe Seite 6 des Urteilsabdruckes) – mit der Erwägung begründet hat, die von ihr geltend gemachten Erkrankungen seien im Kosovo behandelbar. Es hat außerdem selbstständig tragend („Im Übrigen gilt…“) darauf abgestellt, dass sich aus den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen eine Gesundheitsgefährdung von erheblicher Intensität in dem für die Anerkennung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG geforderten Sinne nicht ableiten lasse und führt unter Wiedergabe der in den Bescheinigungen, auch in dem Attest von X. e.V. vom 23.6.2004 geschilderten Symptome in diesem Zusammenhang aus, bereits diese Krankheitserscheinungen belegten, dass von einer schweren Erkrankung, die sich bei Rückkehr in den Kosovo alsbald wesentlich verschlimmern werde, keine Rede sein könne. Ferner hat das Verwaltungsgericht in der aus den Symptomen abgeleiteten „psychischen Überforderung“ in Form einer Reaktion auf schwere Belastungen (ICD-10, Nr. F 43.8), wie sie in der letztgenannten Bescheinigung diagnostiziert wird, kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis gesehen und in diesem Zusammenhang die von der Klägerin geäußerten Befürchtungen angeführt.

Wird in Fallgestaltungen, in denen wie hier das angefochtene Urteil auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt wird, die Zulassung der Berufung beantragt, so kann diesem Begehren nur dann entsprochen werden, wenn hinsichtlich eines jeden dieser Gründe ein Zulassungsgrund dargelegt und vorliegt

vgl. zum Beispiel Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.10.1989 – 9 B 405/89 – NVwZ – RR 1990, 379, OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 7.7.2005 – 2 Q 23/05 – (Fußnote 12); und vom 5.5.2006 – 3 Q 22/06 -; Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 78 Rdnr. 155.

Daran fehlt es hier. Denn die Klägerin beschränkt sich in der insoweit maßgeblichen Begründung ihres Zulassungsantrages darauf, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache mit Blick auf die Frage der Behandelbarkeit der ihr attestierten posttraumatischen Belastungsstörung im Kosovo und mit Blick auf die Frage geltend zu machen, ob sie auf eine Behandlung in anderen Landesteilen von Serbien-Montenegro verwiesen werden könne. Hinsichtlich der weiteren selbständigen Beurteilung des Verwaltungsgerichts, sie leide nach den vorgelegten Attesten nicht an einer schwerwiegenden Erkrankung, die sich bei Rückkehr in den Kosovo alsbald wesentlich verschlimmern werde, hat sie hingegen keinen Zulassungsgrund vorgebracht.

Abgesehen hiervon entspricht es der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, dass die Frage, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG angesichts einer – auch psychischen – Erkrankung bei dem jeweiligen Ausländer vorliegen, nur einer Beurteilung anhand der jeweiligen Fallumstände, das heißt, des konkreten Krankheitsbildes und eventuell benötigter Medikamente zugänglich ist, die nicht „abstrakt“ für eine Vielzahl von Fällen gleichsam vorab vorgenommen werden kann. Es handelt sich demnach nicht um eine allgemein klärungsfähige Frage von grundsätzlicher Bedeutung.

Vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschluss vom 15.3.2005 – 1 Q 9/05 – zum Fall einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Ob der hier gegebene Einzelfall vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend beurteilt worden ist, hat indes Bedeutung nur für diesen, was nach der Gesetzeslage die Zulassung der Berufung in Asylstreitigkeiten nicht rechtfertigen kann. Die Rechtsmittelbeschränkung in Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz (§ 78 AsylVfG) verdeutlicht vielmehr, dass – anders als in Allgemeinverfahren (vgl. insoweit § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) – nicht jedem beim Verwaltungsgericht unterlegenen Asylbewerber allein unter Geltendmachung der angeblichen „Unrichtigkeit“ der erstinstanzlichen Entscheidung die Berufungsmöglichkeit eröffnet werden und dass damit gerichtlicher Rechtschutz in diesem Bereich grundsätzlich auf eine Instanz beschränkt bleiben soll.

Die von der Klägerin außerdem aufgeworfene, als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, ob eine Verweisung auf Behandlungsmöglichkeiten in anderen Landesteilen von Serbien-Montenegro – außerhalb des Kosovo – in Betracht komme, vermag die Berufungszulassung auf der Grundlage von § 78 Abs. 3 Nr. 1 VwGO schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil diese Frage für das Verwaltungsgericht nicht erheblich war und es hierzu auch keine Feststellungen getroffen hat. Dass sich die Frage in einem Berufungsverfahren aufgrund einer bestimmten Verfahrenskonstellation als entscheidungserheblich erweisen könnte, reicht hingegen nicht aus

vgl. zum Beispiel Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 78 Rdnr. 173 m.w.N.; Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, § 78 Rdnr. 153.

Von einer weiteren Begründung der Nichtzulassungsentscheidung wird abgesehen (§ 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG).

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist danach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 78


(1) Die Klage ist zu richten 1. gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,2

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bei uns veröffentlicht am 05.05.2006

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 9/05.A – wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kost

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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 9/05.A – wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Antragsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

Dem Antrag des im Jahre 2003 in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten Klägers, der serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo ist, auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil vom 23.9.2005, mit dem das Verwaltungsgericht seine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Bestehens von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 AufenthaltsG abgewiesen hat, kann nicht entsprochen werden.

Das Vorbringen des Klägers in der Begründung seines Zulassungsantrages, das den gerichtlichen Prüfungsumfang in dem vorliegenden Verfahren begrenzt, rechtfertigt nicht die erstrebte Berufungszulassung wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG).

Der Kläger, der vorträgt, sein Vater sei Albaner und seine Mutter sei Serbin, aufgrund dieser Herkunft sei er im Kosovo von Albanern drangsaliert, misshandelt und bedroht worden, wirft in der Begründung seines Zulassungsantrages als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, ob und inwieweit Angehörige aus gemischt-ethnischen Familien im Kosovo einer extremen Gefahrenlage im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthaltsG ausgesetzt sind, sowie – konkret – ob und inwieweit Angehörige gemischt-serbisch-albanischer Familien im Kosovo gefährdet sind. Er führt in diesem Zusammenhang aus, die in dem angefochtenen Urteil in Bezug genommene Entscheidung der 10. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28.06.2005 – 10 K 76/03.A – enthalte zwar Ausführungen zur Situation gemischt-ethnischer Familien, nicht jedoch zur Situation solcher Familien, bei denen ein Teil der Volksgruppe der Serben angehöre. Zudem stünden die Einschätzungen der 10. und der 11. Kammer des Verwaltungsgerichts derjenigen des UNHCR entgegen, der in einem vom Auswärtigen Amt in seinem „Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo)“ vom 4.11.2004 angeführten Bericht zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo von Januar 2003 darauf hinweise, dass es einige Kategorien von Kosovo-Albanern, so von solchen gemischt-ethnischer Herkunft gebe, die mit ernsten Problemen einschließlich physischer Gefahr konfrontiert werden könnten, wenn sie nach Hause zurückkehrten. Die von der 11. Kammer eingeholte Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16.9.2005, die über ein Jahr nach Ergehen des noch von der damals zuständigen 10. Kammer erlassenen Beweisbeschlusses vom 23.6.2004 vorgelegt worden sei, erschöpfe sich in der Aussage, es seien bis zum heutigen Tag keine konkreten Fälle einer tatsächlichen Gefährdung von Personen gemischt-ethnischer Herkunft bekannt geworden, erlaube indes nicht den Schluss, dass es eine solche Gefährdung nicht gebe. Albaner, die sich mit Serben einließen oder eingelassen hätten, würden als Vertreter an der gemeinsamen albanischen Sache eingestuft und müssten deshalb mit Vergeltung und Repressalien rechnen. Nach der UNHCR-Position zur fortlaufenden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo von 2005 seien Personen in gemischt-ethnischen Ehen oder gemischt-ethnischer Abstammung weiterhin einer erhöhten Verfolgungsgefahr ausgesetzt. Die vom Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20.3.2000 – 3 R 89/99 – werde wohl der aktuellen Lage nicht mehr gerecht.

Dieser Vortrag rechtfertigt die begehrte Rechtsmittelzulassung nicht. Denn das Verwaltungsgericht hat die Abweisung des Begehrens des Klägers in erster Linie darauf gestützt, dass dessen Vortrag wegen sich in wesentlicher Hinsicht steigernder und widersprechender Angaben im Verwaltungs- und Klageverfahren unglaubhaft sei und dies im Einzelnen, teilweise unter Bezugnahme auf diesbezügliche Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 20.1.2003 dargelegt. Es gelangt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das gesamte Vorbringen des Klägers, der Drangsalierungen, Misshandlungen und Bedrohungen durch Albaner wegen seiner angeblichen gemischt-ethnischen Herkunft geltend gemacht hatte, „zum Grund seiner Flucht aus dem Kosovo nicht der Wahrheit entspricht, er vielmehr aus anderen als den vorgetragenen Gründen sein Heimatland verlassen hat.“

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger sei unglaubhaft, erstreckt sich dabei, wie aus der Bezugnahme auf die diesbezüglichen Ausführungen im Bescheid vom 20.1.2003 (siehe dort Seiten 6 und 7) sowie aus den eigenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts (Seite 7 und 8 des Urteilsabdrucks) hervorgeht, sowohl auf die Behauptung des Klägers, seine Mutter sei Serbin, als auch auf die angeblichen Vorfälle, die ihn dazu veranlasst haben sollen, den Kosovo zu verlassen. Sie bezieht sich mithin auf das Sachvorbringen, das Auslöser für die von dem Kläger als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen ist

vgl. hierzu Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 78 Rdnr. 169.

Lediglich ergänzend – „Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen“ – hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die auch im Berufungszulassungsantrag zitierten Entscheidungen und die im vorliegenden Verfahren eingeholte Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16.9.2005 ausgeführt, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit des Saarlandes in ständiger Rechtsprechung davon ausgehe, dass gemischt-ethnische Familien im Kosovo keiner extremen Gefahrenlage im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG ausgesetzt seien. Aufgrund der einleitenden Formulierung und der lediglich kursorischen Aussage ist bereits anzunehmen, dass es sich bei diesem Teil des erstinstanzlichen Urteils in der Tat lediglich um einen bloßen Hinweis und nicht um einen tragenden Teil der Entscheidungsgründe handelt. Hiervon ausgehend stellen sich die von dem Kläger als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Fragen bereits deshalb nicht, weil sie von dem insoweit maßgeblichen rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts her nicht entscheidungserheblich sind

vgl. zum Beispiel Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage, § 78 AsylVfG Rdnr. 16; Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 78 Rdnr. 153; Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, § 78 Rdnr. 153 m.w.N..

Aber auch wenn dem „Hinweis“ des Verwaltungsgerichts auf die Situation gemischt-ethnischer Familien im Kosovo die Bedeutung einer weiteren tragenden (Hilfs-)Begründung zukommen sollte, könnte dem Zulassungsbegehren des Klägers nicht entsprochen werden, denn in Fallgestaltungen, in denen das angefochtene Urteil auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt ist, ist für eine Rechtsmittelzulassung nur Raum, wenn hinsichtlich eines jeden dieser Gründe ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt

vgl. zum Beispiel Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.10.1989 – 9 B 405/89 – NVwZ – RR 1990, 379; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 7.7.2005 – 2 Q 23/05 m.w.N. (Fußnote 12); Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 78 Rdnr. 155.

Daran fehlt es hier. Der Kläger hat sich nämlich in seinem Berufungszulassungsantrag darauf beschränkt, von ihm für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Fragen bezüglich der Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Situation gemischt-ethnischer Familien im Kosovo aufzuwerfen, hinsichtlich der das angefochtene Urteil zumindest in erster Linie tragenden Erwägung, der Vortrag des Klägers sei unglaubhaft, die sich – wie bereits ausgeführt – auf Sachvorbringen erstreckt, das Auslöser für die aufgeworfenen Fragen ist, hat er indes keinen Zulassungsgrund vorgebracht.

Von einer weiteren Begründung der Nichtzulassungsentscheidung wird abgesehen (§ 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG).

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist danach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.