Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Feb. 2008 - 1 B 477/07

bei uns veröffentlicht am01.02.2008

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird - auch - für das Berufungsverfahren auf 10.359,21 EUR festgesetzt.

Gründe

Das mit dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28.11.2007 – 2 L 1225/07 – zurückgewiesene Begehren des Antragstellers, dem Antragsgegner einstweilen zu untersagen, den Beigeladenen zum Beförderungstermin 01.10.2007 vor ihm ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 zu übertragen, muss auch in der Beschwerdeinstanz ohne Erfolg bleiben. Das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Prüfungsrahmen des Senats beschränkende fristgerechte Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren gibt keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern.

Mit insgesamt zutreffenden Erwägungen hat das Verwaltungsgericht die vom Antragsteller gegen die Rechtmäßigkeit bzw. auswahlbezogene Berücksichtigungsfähigkeit seiner aktuellen dienstlichen (Anlass-)Beurteilung erhobenen Einwände für nicht durchgreifend erachtet. Die Beschwerdebegründung gemäß Schriftsatz vom 11.12.2007 vermag auch unter Berücksichtigung der ergänzenden (weiteren) Ausführungen im Schriftsatz vom 21.01.2008 die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht zu erschüttern.

Entgegen der Ansicht der Beschwerde ist die für die Auswahlentscheidung herangezogene dienstliche Beurteilung nicht deshalb verfahrensfehlerhaft erstellt worden, weil der nach den maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien vom 31.07.1996 – im Folgenden: BRL – vor der Beurteilung einzuholende „Beurteilungsbeitrag des unmittelbaren Vorgesetzten“ (Ziffer 9.2.2 BRL) vom Geschäftsbereichsleiter und nicht, wie der Antragsteller es für geboten erachtet, von dem für ihn zuständigen Fachbereichsleiter erstellt wurde. Wer im Bereich des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz unmittelbarer Vorgesetzter des Antragstellers im Verständnis der Ziffer 9.2.2 BRL ist, erschließt sich nicht ohne Weiteres auf der Grundlage der BRL. Deshalb ist ergänzend der vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 09.10.2007 vorgelegte „Vermerk“ vom 25.07.1996 heranzuziehen. Hier heißt es unter II.2.2 (u.a.):

„Als unmittelbarer Vorgesetzter ist hier der Vorgesetzte mit echter Vorgesetztenfunktion zu verstehen, d. h. in der Regel im Ministerium der Referatsleiter, in den nachgeordneten Bereichen die Leiter der Abteilungen oder vergleichbarer Organisationsebenen. ... Gegen die Anhörung weiterer Vorgesetzter bestehen keine Bedenken, da es dem Beurteiler frei steht, in welcher Weise er sich die erforderlichen Kenntnisse über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des zu beurteilenden Beamten verschafft.“

Die zitierte Passage des „Vermerks“ vom 25.07.1996 spricht - bezogen auf die Gegebenheiten im Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz eindeutig für die Zuständigkeit der jeweiligen Geschäftsbereichsleiter zur Fertigung des Beurteilungsbeitrages und nicht für diejenige der diesen nachgeordneten (jeweiligen) Fachbereichsleiter. Denn es wird in diesem „Vermerk“ unterschieden zwischen „Vorgesetzten mit echter Vorgesetztenfunktion“ und „weiteren Vorgesetzten“. Nur die ersteren sollen als „unmittelbare Vorgesetzte“ im Sinne von Ziffer 9.2.2 BRL zu verstehen sein. Sollte dies - wie der Antragsteller entgegen dem Vortrag des Antragsgegners behauptet - in der Vergangenheit anders praktiziert worden sein, so entsprach dies offenkundig nicht der vom Richtliniengeber beabsichtigten Vorgehensweise. Schon von daher geht die Rüge des Antragstellers fehl, dass der in Ziffer 9.2.2 BRL vorgeschriebene Beurteilungsbeitrag des unmittelbaren Dienstvorgesetzten durch den ihm vorgesetzten Fachbereichsleiter hätte erstellt werden müssen.

Selbst wenn der Antragsgegner die von ihm erstellten Beurteilungsrichtlinien in der Vergangenheit in Bezug auf das in Ziffer 9 BRL geregelte Beurteilungsverfahren in der vom Antragsteller behaupteten Weise praktiziert haben sollte – was jedenfalls unter Ausklammerung des erwähnten, augenscheinlich lediglich intern für die Zweitbeurteiler gefertigten „Vermerks“ vom 25.07.1996 möglich gewesen wäre -, hätte er diese Handhabung für zukünftige Beurteilungen – nunmehr in Übereinstimmung nicht nur mit dem Wortlaut von Ziffer 9.2.2 BRL, sondern auch mit dem „Vermerk“ vom 25.07.1996 – jederzeit, mithin auch vor der hier in Rede stehenden Beurteilungsrunde, ändern können. Denn Verwaltungsvorschriften – um solche handelt es sich bei Beurteilungsrichtlinien – sind nicht wie Rechtsnormen aus sich heraus, sondern gemäß der von ihrem Urheber gebilligten oder doch geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis auszulegen. Einer in dieser Weise vom Dienstherrn gebilligten oder geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis kommt selbst dann entscheidende Bedeutung zu, wenn sie mit dem Wortlaut der jeweiligen Verwaltungsvorschriften nicht in Einklang steht

vgl. zu alldem u.a. BVerwG, Urteile vom 02.03.2000 – 2 C 7/99 -, NVwZ-RR 2000, 621 = DÖD 2001, 38 = IÖD 2000, 230, vom 02.03.1995 – 2 C 17/94 -, ZBR 1995, 238 = DÖD 1995, 137 = IÖD 1995, 175, vom 02.02.1995 – 2 C 19/94 -, ZBR 1995, 240 = DÖD 1995, 135 = NVwZ-RR 1996, 47, und vom 07.05.1981 – 2 C 5/79 -, Buchholz 332 § 25 BBG Nr. 1 = ZBR 1982, 50; ebenso Beschlüsse des Senats (u.a.) vom 20.09.2005 – 1 W 11/05 -, vom 01.03.2000 – 1 V 2/00 – und vom 14.03.1997 – 1 W 2/97 -; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.12.2006 – 2 A 11032/06 -, dokumentiert bei juris.

Entscheidend ist bei der Anwendung von Beurteilungsrichtlinien deshalb in der Tat, wie das Verwaltungsgericht auf Seite 5 seines Beschlusses zutreffend herausgestellt hat, dass die derzeit praktizierte Vorgehensweise bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilungen auf alle Beamten gleichmäßig Anwendung findet, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können.

Der Berücksichtigung der in Rede stehenden dienstlichen Beurteilung des Antragstellers bei der angegriffenen Auswahlentscheidung steht - entgegen der Beschwerdebegründung - ebenso wenig entgegen, dass der Geschäftsbereichsleiter vor der Erstellung seines Beurteilungsbeitrages mit dem Antragsteller kein Gespräch über den Inhalt des Beitrages geführt hat. Zweifelhaft ist bereits, ob in diesem Unterlassen überhaupt ein zur Rechtswidrigkeit der dienstlichen Beurteilung führender Verfahrensverstoß vorliegt. Ziffer 9.2.2 Satz 2 BRL besagt zum einen nämlich nur, dass ein Gespräch über den Inhalt des Beurteilungsbeitrages geführt werden „soll“. Diese „Soll“-Vorschrift steht im Gegensatz zu der Formulierung in Ziffer 9.2.2 Satz 1 BRL, wonach ein Beurteilungsbeitrag des unmittelbaren Dienstvorgesetzten einzuholen „ist“. Das deutet darauf hin, dass der Richtliniengeber mit seiner Aussage zur Anhörung des Beurteilten keine für die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung zwingende Verfahrensregelung hat treffen wollen. Zum anderen muss ein in dem Unterbleiben des in Rede stehenden Gesprächs über den Inhalt des Beitrages eventuell zu erblickender Verfahrensverstoß als solcher nicht zwingend zur Rechtswidrigkeit der am Ende des Verfahrens stehenden Beurteilung führen, sondern nur dann, wenn er bewirkt, dass diese Beurteilung sachlich-inhaltlich nicht den (materiellen) Rechtsvorgaben entspricht

vgl. dazu überzeugend u.a. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.12.2006 – 2 A 11032/06 -, dokumentiert bei juris (Tz. 20).

Diese letztendlich verbindlich im hauptsachebezogenen Beurteilungsrechtsstreit zu klärenden Fragen bedürfen vorliegend keiner Beantwortung. Denn selbst wenn der vom Antragsteller geltend gemachte Verfahrensfehler durchgreifend vorläge, rechtfertigt er als bloßer Formverstoß im Rahmen des Beurteilungsverfahrens nicht den Erlass einer Sicherungsordnung nach § 123 VwGO zugunsten des Antragstellers. Denn ein solcher Verfahrensmangel besagt nicht, dass die dienstliche Beurteilung inhaltlich rechtsfehlerhaft ist. Insoweit obliegt es dem Antragsteller darzulegen, dass die von ihm angegriffene dienstliche Beurteilung ohne den monierten Verfahrensverstoß auswahlentscheidend günstiger ausgefallen wäre. Nur dann ist zur Gewährleistung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf Übertragung eines Beförderungsamtes allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) der Erlass einer Sicherungsanordnung geboten

vgl. dazu (u.a.) Beschlüsse des Senats vom 03.06.1992 – 1 W 15/92 -, vom 29.08.1994 – 1 W 30/94 -, DRiZ 1995, 271, Leitsätze (einschlägig ist Leitsatz 2.) veröffentlicht in ZBR 1995, 89 und DÖD 1995, 116, und vom 07.03.1997 – 1 W 48/96 -.

Sachbezogene Einwände gegen die Richtigkeit der Beurteilung ergeben sich aus dem Vorbringen des Antragstellers indes nicht einmal ansatzweise. Sie sind mit Blick auf die Äußerungen des Geschäftsbereichsleiters im Schreiben vom 06.11.2007 auch nicht ersichtlich. In diesem Schreiben heißt es, dass die vorausgegangene, ebenfalls anlassbezogene und unbeanstandet gebliebene Beurteilung des Antragstellers (erst) ein Jahr zurückliege und „sich in diesem zurückliegenden Jahr keine Änderung in der Leistung, Befähigung und im Verhalten des Antragstellers ergeben“ habe. Aus welchen konkreten Umständen sich dennoch eine Leistungssteigerung des Antragstellers innerhalb des letzten Jahres ergeben haben könnte, die eine bessere Beurteilung gerechtfertigt hätte, ist nicht andeutungsweise vorgetragen.

Die schließlich im Schriftsatz vom 21.01.2008 unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.07.2007 – 2 BvR 206/07

NVwZ 2007, 1178 = DÖD 2007, 279,

(nochmals) geäußerte Kritik an der Informationsbeschaffung des Geschäftsbereichsleiters - der „öffentlich bekundet haben soll, vom Arbeitsbereich des Antragstellers keine Ahnung zu haben“ - vermag die Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden dienstlichen Beurteilung nicht zu begründen. Es mag sein, dass der Geschäftsbereichsleiter gesagt hat, vom Arbeitsbereich des Antragstellers „keine Ahnung“ zu haben. Das heißt aber nicht, dass er aufgrund seines ständigen dienstlichen Kontakts mit dem zuständigen Fachbereichsleiter bezüglich der Aufgabenerledigung und der Leistungen des Antragstellers nicht doch in die Lage versetzt war, den ihm obliegenden Beurteilungsentwurf auf der Grundlage der so gewonnenen Erkenntnisse sachgerecht zu erstellen. Das Gegenteil hat das Verwaltungsgericht (Seite 6 des Beschlusses) unter Hinweis auf die bereits erwähnte Stellungnahme des Geschäftsbereichsleiters Dr. H. vom 6.11.2007 mit überzeugender Begründung angenommen.

Ist nach alldem die Rechtmäßigkeit der zugunsten der Beigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung - gemessen an den im Beschwerdeverfahren vom Antragsteller vorgebrachten Einwänden - nicht zu beanstanden, so muss die Beschwerde zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, wobei zu einem Kostenausspruch zugunsten der Beigeladenen keine Veranlassung besteht, da diese keine Anträge gestellt haben.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, 47 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Feb. 2008 - 1 B 477/07

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Feb. 2008 - 1 B 477/07

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Feb. 2008 - 1 B 477/07 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 25 Benachteiligungsverbote


Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeit dürfen sich bei der Einstellung und dem beruflichen Fortkommen nicht nachteilig auswirken. Dies gilt auch für Teilzeit, Telearbeit und familienbedingte Beurlaubung, wenn nicht zwingende sachliche Gründe vo

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Feb. 2008 - 1 B 477/07 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Feb. 2008 - 1 B 477/07 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 20. Sept. 2005 - 1 W 11/05

bei uns veröffentlicht am 20.09.2005

Tenor Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 15. Juli 2005 - 12 F 17/05 - wird der Anordnungsantrag zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Ko

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeit dürfen sich bei der Einstellung und dem beruflichen Fortkommen nicht nachteilig auswirken. Dies gilt auch für Teilzeit, Telearbeit und familienbedingte Beurlaubung, wenn nicht zwingende sachliche Gründe vorliegen.

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 15. Juli 2005 - 12 F 17/05 - wird der Anordnungsantrag zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, insoweit allerdings beschränkt auf diejenigen des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird - auch - für das Beschwerdeverfahren auf 11.447,31 Euro festgesetzt.

Gründe

Die gemäß den §§ 146, 147 VwGO zulässigen Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 15.7.2005 - 12 F 17/05 - sind begründet. Der angefochtene Beschluss, mit dem dem Antragsgegner vorläufig untersagt ist, dem Beigeladenen vor der Antragstellerin ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 zu übertragen, kann keinen Bestand haben. Die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung erweist sich nicht als zu Lasten der Antragstellerin rechtswidrig, so dass es an einem Anordnungsanspruch im Verständnis des § 123 Abs. 1 VwGO fehlt.

Die für Beförderungsentscheidungen maßgeblichen Grundsätze, wie sie sich aus Art. 33 Abs. 2 GG und den §§ 9 Abs. 1 SBG, 2 SLVO ergeben, sind in dem angefochtenen Beschluss (Seiten 2, 3) zutreffend dargestellt. Darauf kann Bezug genommen werden.

Im Weiteren hat das Verwaltungsgericht den vom Antragsgegner auf der Grundlage gleicher Gesamturteile (= Gesamtnoten) angenommenen aktuellen Leistungsgleichstand der Antragstellerin und des Beigeladenen entscheidungstragend und rechtserheblich in Zweifel gezogen und - insoweit folgerichtig - den Vollzug der vorgesehenen Beförderungsentscheidung auf der Grundlage des § 123 Abs. 1 VwGO untersagt, weil - damit in der Tat - die vom Antragsgegner als auswahlentscheidend zugrunde gelegte bessere Leistungsentwicklung des Beigeladenen als nachrangiges Auswahlkriterium ausscheidet.

Nach dem Sach- und Streitstand, wie er sich im Beschwerdeverfahren darstellt, kann indes nicht (mehr) davon ausgegangen werden, dass die der Antragstellerin und dem Beigeladenen für den Beurteilungszeitraum 2.1.2000 bis 1.1.2004 (Antragstellerin) bzw. 1.1.2000 bis 31.12.2003 (Beigeladener) jeweils zuerkannten Gesamtnoten „sehr gut - 13 Punkte“ mit Blick auf das materielle Beurteilungsergebnis durchschlagend auf unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäben beruhen und deshalb - gesamturteilbezogen - nicht miteinander vergleichbar sind.

Zwar kann nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden, dass die hier maßgebliche Beurteilungs-AV im Geschäftsbereich des OLG-Präsidenten auf der einen und in demjenigen des Generalstaatsanwalts auf der anderen Seite im Ausgangspunkt unterschiedlich gehandhabt wird. Die Diskrepanz betrifft - und dies ist hier grundsätzlich bedeutsam - insbesondere die Voraussetzungen für die Gesamtnote „sehr gut - 13 Punkte“. Die Zubilligung dieser Note macht der OLG-Präsident ausweislich seiner dienstlichen Äußerung vom 17.9.2004 - wie zu betonen ist - „ausnahmslos“ davon abhängig, dass die Arbeitsleistung

Nr. 8 der Fachlichen Beurteilung (Teil II A des Beurteilungsvordrucks)

bei „Qualität“ und „Quantität“ mit der höchsten Bewertungsstufe „weit überdurchschnittlich“ bewertet ist. Der Generalstaatsanwalt vergibt die Gesamtnote „sehr gut - 13 Punkte“ dagegen auch, wenn die Qualität der Arbeitsleistung mit „weit überdurchschnittlich“ und die „Quantität“ der Arbeitsleistung nur mit der zweithöchsten Bewertungsstufe „überdurchschnittlich“ bewertet ist

vgl. die dienstliche Äußerung vom 21.9.2004.

Bedenken gegen die mit einem unverkennbaren Automatismus einhergehende Beurteilungspraxis des OLG-Präsidenten könnten sich daraus ergeben, dass die Bildung des Gesamturteils ein Akt der Gesamtwürdigung ist, bei dem eine rein arithmetische Vorgehensweise unzulässig ist. Denn der Dienstherr muss bei seinem zusammenfassenden Werturteil bezüglich Eignung und Leistung der Beamten

siehe § 41 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. 40 Abs. 1 Satz 1 SLVO

„in besonderer Weise die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen Bewertungsmerkmale berücksichtigen und diese gewichten“

vgl. dazu u.a. BVerwG, Urteil vom 24.11.1994 - 2 C 21/93 -, BVerwGE 97, 128 = Buchholz 232.1 § 41 BLV Nr. 3 = ZBR 1995, 145 = DÖD 1995, 133 = IÖD 1995, 170 = NVwZ-RR 1995, 340; davon geht auch die Beurteilungs-AV des Antragsgegners aus, indem es unter Nr. 4 Abs. 2 heißt: „Die Gesamtnote muss von den einzelnen Bewertungsmerkmalen getragen werden. Unzulässig ist es jedoch, aus den einzelnen Merkmalen eine rein rechnerisch ermittelte Gesamtnote zu bilden“.

Neben der Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedeutung und Gewichtung der Einzelmerkmale bei der Bildung des Gesamturteils (= Gesamtnote) kann hier darüber hinaus Beachtung finden, dass sich auch die bei den jeweiligen Einzelmerkmalen beurteilten Leistungen innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen können, also ein mit „überdurchschnittlich“ angekreuztes Einzelmerkmal sowohl in Richtung der höchsten Bewertungsstufe „weit überdurchschnittlich“, als auch in Richtung der nächst niedrigeren Bewertungsstufe „durchschnittlich“ tendieren kann

(u.a.) mit dieser Erwägung hat der Senat die materielle Rechtmäßigkeit einer im Vergleich zur vorausgegangenen dienstlichen Regelbeurteilung um einen Punkt schlechter ausgefallenen Gesamtnote („gut - 11 Punkte“ anstatt „gut - 12 Punkte“) bejaht, obwohl der Betreffende bei den Einzelmerkmalen nicht schlechter abgeschnitten hatte, vielmehr bei dem Einzelmerkmal „Fleiß“ sogar um eine Stufe besser als bei der vorausgegangenen, im Gesamturteil um einen Punkt besser ausgefallenen Beurteilung beurteilt worden ist, vgl. Beschluss vom 7.3.1997 - 1 W 48/96 -, Seiten 9, 10; siehe auch Beschluss vom 1.3.2000 - 1 W 3/00 -, Seite 6; vgl. zur hier angesprochenen Problematik auch Urteil des Senats vom 24.6.2002 - 1 R 13/01 -, Seiten 21, 22.

Die in Rede stehende Beurteilungspraxis des OLG-Präsidenten unterläge indes auch unter der Fortgeltung der Beurteilungs-AV in ihrer bisherigen Fassung - explizit der Nr. 4 Abs. 2 - keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn aufgrund ständiger Verwaltungspraxis in allen dem Antragsgegner unterstehenden Geschäftsbereichen, in denen die Beurteilungs-AV zur Anwendung kommt, mit (stillschweigender) Billigung des Antragsgegners der vom OLG-Präsidenten aufgestellte Beurteilungsgrundsatz, wonach die Vergabe von 13 Punkten ausnahmslos voraussetze, dass „Qualität“ und „Quantität“ der Arbeitsleistung mit „weit überdurchschnittlich“ bewertet sind, allgemeine Berücksichtigung findet

vgl. dazu, dass Verwaltungsvorschriften - um solche handelt es sich bei der Beurteilungs-AV - gemäß der von ihrem Urheber gebilligten oder doch geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis auszulegen sind und zur praktischen Anwendung kommen, u.a. BVerwG, Urteile vom 7.5.1981 - 2 C 5/79 -, ZBR 1982, 50 = Buchholz 332 § 25 BBG Nr. 1 = DVBl. 1982, 195, vom 2.2.1995 - 2 C 19/94 -, ZBR 1995, 240 = DÖD 1995, 135 = NVwZ-RR 1996, 47, und vom 2.3.1995 - 2 C 17/94 -, ZBR 1995, 238 = DÖD 1995, 137 = IÖD 1995, 175; siehe auch Beschluss des Senats vom 14.3.1997 - 1 W 2/97 -.

Ungeachtet der unterschiedlichen Handhabung der Beurteilungs-AV in Bezug auf die Vergabe der Gesamtnote „sehr gut - 13 Punkte“ (Nr. 4 Abs. 1 Beurteilungs-AV i.V.m. § 14 Abs. 4 SLVO)

§ 14 Abs. 4 SLVO umschreibt die Spitzennote „sehr gut - 13 bis 15 Punkte“ mit „eine den Anforderungen in besonderem Maße entsprechende Leistung“,

im Geschäftsbereich des OLG-Präsidenten und des Generalstaatsanwalts sind die der Antragstellerin und dem Beigeladenen aktuell zuerkannten Gesamtnoten „sehr gut - 13 Punkte“ mit Blick auf ihre „Zweckbestimmung, als Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen zu dienen“

vgl. u.a. das bereits zitierte Urteil des BVerwG vom 24.11.1994 - 2 C 21/93 -, a.a.O.,

miteinander vergleichbar. Beide für die Auswahlentscheidung zum Beförderungstermin 1.4.2005 als maßgeblich herangezogenen dienstlichen Beurteilungen sind in ihrem Aussagegehalt, wonach sowohl der Antragstellerin als auch dem Beigeladenen mit der Gesamtnote zur fachlichen Beurteilung „sehr gut - 13 Punkte eine den Anforderungen in besonderem Maße entsprechende Leistung“ bescheinigt wird, uneingeschränkt gleichwertig. Das folgt aus den vom Antragsgegner eingeholten dienstlichen Äußerungen der übergeordneten Beurteilungsbefugten. So hat der für den Beigeladenen als übergeordneter Dienstvorgesetzter zuständige Generalstaatsanwalt in seiner dienstlichen Äußerung vom 21.9.2004 unter anderem folgendes ausgeführt:

„Die Arbeitsmenge wird jedoch in erster Linie durch den Geschäftsverteilungsplan und das tatsächliche Arbeitsaufkommen bestimmt. ...

Daraus folgt zugleich, dass der Beamte auf die Quantität seiner Arbeitsleistung, je nach Arbeitsaufkommen, Aufgabenzuschnitt oder Weichenstellung durch die Behördenleitung, in den meisten Verwendungen keinen oder nur begrenzten Einfluss hat.

Um diesen Aspekt, der nicht in der Person oder in der Leistungsfähigkeit des Beamten begründet ist, dem Beamten aber nicht zum Nachteil gereichen zu lassen, halte ich es - auch unter Leistungsgesichtspunkten - für gerechtfertigt, einem Beamten, dessen Arbeitsleistung aufgrund des Gesamtleistungsbildes, insbesondere aufgrund der weit überdurchschnittlichen Qualität der Leistung, die Endnote „sehr gut“ verdient oder möglicherweise sogar geradezu erheischt, diese Note nicht vorzuenthalten, auch wenn die Quantität seiner Leistung aufgrund der effektiven Arbeitsbelastung im Vergleich zu der Arbeitsbelastung der übrigen Beamten seiner Laufbahn eine Stufe tiefer anzusetzen ist. Dazu ist anzumerken, dass für mich in der Begriffspaarung „Qualität“ und Quantität“ für die Bildung der Endnote das Kriterium „Qualität“ eindeutig das stärkere Gewicht hat, weil die Qualität der Arbeit einen überragenden Stellenwert hat und - vor allem - weil dieser Faktor voll von dem Beamten durch sein Leistungsverhalten beeinflusst werden kann; insbesondere hierdurch kann er sich „qualifizieren“. Gemessen hieran und auf der Grundlage dieser Maßstäbe ist Herr Justizamtmann A. zutreffend beurteilt worden.

Da die sich daraus ergebende tatsächliche Arbeitsbelastung von Herrn A. hinter dem zurückblieb, was zu der Einstufung „weit überdurchschnittlich“ erforderlich gewesen wäre, konnte die Quantität seiner Arbeitsleistung folglich nur mit „überdurchschnittlich“ beurteilt werden. Das schließt nicht aus, dass Herrn A. bei stärkerer Beanspruchung, die sich insbesondere gegen Schluss bzw. nach Ablauf des Beurteilungszeitraums ergeben hat, weil eine Sachbearbeiterin der Verwaltungsabteilung für neun Monate ersatzlos an die Generalstaatsanwaltschaft abgeordnet wurde und weil deshalb die Arbeit der Verwaltungsabteilung auf die beiden verbleibenden Mitarbeiter verteilt werden musste, auch die Beurteilung „weit überdurchschnittlich“ erhalten hätte.“

Der Präsident des Saarländischen Oberlandesgerichts hat in seiner dienstlichen Äußerung vom 17.9.2004 unter anderem ausgeführt:

„4. In einem - hypothetischen - Fall, in dem eine Rechtspflegerin/ein Rechtspfleger nur ein durchschnittliches oder unterdurchschnittliches Maß an Aufgaben übertragen werden könnte, hielte ich - bei im Verhältnis zur hohen Qualität besonders zügiger und fleißiger Aufgabenbewältigung die Vergabe der Quantitätsbewertung mit „weit überdurchschnittlich“ für vorstellbar, weil meines Erachtens der Beamtin/dem Beamten ein Gesamturteil „13 Punkte“ nicht deshalb versagt werden dürfte, weil der Dienstherr ihm kein Mehr an Arbeit zu übertragen in der Lage wäre.“

In Kenntnis dieser Äußerung hat der Generalstaatsanwalt mit Schreiben vom 24.2.2005 gegenüber dem Antragsgegner wie folgt Stellung genommen:

„Nach Anhörung des Leitenden Oberstaatsanwalts und in Übereinstimmung mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt als dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten teile ich mit, dass diesseits auch unter Zugrundelegung der Kriterien des Präsidenten des Saarländischen Oberlandesgerichts, insbesondere in Ansehung der Erklärung des Präsidenten des Saarländischen Oberlandesgerichts unter Ziffer 4 seiner dienstlichen Äußerung vom 17.9.2004, in vorbezeichneter Beurteilungsangelegenheit an der für (den) Regelbeurteilungszeitraum vom 1.1.2000 bis zum 31.12.2003 erteilten Beurteilung festgehalten und die Gesamtnote „sehr gut - 13 Punkte“ aufrecht erhalten wird.“

Diese die dienstliche Äußerung vom 21.9.2004 ergänzende Stellungnahme des Generalstaatsanwalts besagt nun bezogen auf die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen, dass dieser auch mit Blick auf seine tatsächliche (geringere) Arbeitsbelastung aufgrund der „im Verhältnis zur hohen Qualität besonders zügigen und fleißigen Aufgabenbewältigung“, also unter den vom OLG-Präsidenten formulierten Kriterien, das Gesamturteil „sehr gut - 13 Punkte“ zu Recht zugesprochen erhalten hat. Würde bei diesen Gegebenheiten rein formal darauf abgestellt, wie die „Quantität“ der Arbeitsleistung des Beigeladenen bewertet ist mit der Folge, dass ihm die Gesamtnote „sehr gut - 13 Punkte“ deshalb zu versagen (gewesen) wäre, weil bei dem betreffenden Einzelmerkmal lediglich die Wertungsstufe „überdurchschnittlich“ angekreuzt worden ist, wäre dem bereits erwähnten Grundsatz, dass die Bildung des Gesamturteils ein ausschließlich dem Dienstherrn anvertrauter „Akt der Gesamtwürdigung“ ist

vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 24.11.1994 - 2 C 21/93 -, a.a.O.,

nicht in der gebotenen Weise Rechnung getragen. Dieser Sichtweise hat sich im Ergebnis auch der OLG-Präsident angeschlossen, wie seine oben wiedergegebene dienstliche Äußerung bestätigt. Dabei ist ohne rechtliche Bedeutung, dass er eine Fallkonstellation, wie sie im Falle des Beigeladenen für den in Rede stehenden Beurteilungszeitraum augenscheinlich gegeben war, für seinen Geschäftsbereich als „hypothetisch“ ansieht.

Ausgehend von übereinstimmenden Gesamtnoten bestand keine rechtliche Verpflichtung des Antragsgegners, eine (sogenannte) Binnendifferenzierung vorzunehmen und die Bewertungen der Einzelmerkmale in den Blick zu nehmen, um zu prüfen, ob sich daraus eventuell Anhaltspunkte für einen Qualifikationsvorsprung eines der Bewerber ergeben

der Antragstellerin wurde bei 7 Einzelmerkmalen die höchste Bewertungsstufe „weit überdurchschnittlich“ zuerkannt, wohingegen der Beigeladene (nur) bei 5 Einzelmerkmalen diese Bewertung erreicht hat.

Der Antragsgegner hat dazu vorgetragen, dass er bei beförderungsbezogenen Auswahlentscheidungen im nichtrichterlichen Bereich bei gleicher Punktzahl allein auf die aus der Gesamtnote abzuleitende Leistung bzw. Leistungsentwicklung des jeweiligen Bewerbers abstelle. Diese Verfahrensweise - so der Antragsgegner - habe ihren Grund vor allem darin, dass es bei der Vielzahl von Bewerbern zu den Regelbeförderungsterminen einen nicht zu bewältigenden Aufwand bedeuten würde, in jedem Fall die Einzelmerkmale miteinander zu vergleichen. Daher habe sich der Antragsgegner in Absprache mit der Personalvertretung dazu entschlossen, aus Gründen der Gleichbehandlung grundsätzlich von einer Heranziehung der Einzelmerkmale abzusehen. Ein ausschlaggebendes Gewicht werde den Einzelkriterien im Justizdienst lediglich ausnahmsweise beigemessen, nämlich wenn bestimmte Führungspositionen (z. B. die des Geschäftsleiters/der Geschäftsleiterin) zu besetzen seien. Hier könne sich aus bestimmten Einzelmerkmalen (z. B. Belastbarkeit, Gestaltungs- und Entscheidungskraft, Organisationsfähigkeit und Planungsvermögen, Führungsqualitäten) unter Umständen ein Eignungsvorsprung ergeben

vgl. dazu Beschluss des Senats vom 28.4.1998 - 1 V 8/98 -, betreffend die Besetzung der Stelle eines Geschäftsleiters.

Diese beförderungsbezogene Auswahlpraxis ist, da vorliegend nicht die Besetzung einer Stelle mit einem besonders herausgehobenen Anforderungsprofil in Rede steht, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wurde in der Vergangenheit vom Senat für die Geschäftsbereiche des Antragsgegners gebilligt

vgl. u.a. Beschlüsse vom 18.4.1994 - 1 W 11/94 -, vom 11.5.1994 - 1 W 10/94 - und vom 31.1.1997 - 1 W 43/96 -.

Daran wird festgehalten. Dem steht die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gebot der Ausschöpfung aller unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen nicht entgegen

vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - 2 C 16/02 -, ZBR 2003, 420 = DÖD 2003, 202 = IÖD 2003, 170 = NVwZ 2003, 1397, wo auch die Problematik der Zulässigkeit und der Grenzen sogenannter Binnendifferenzierungen behandelt wird; vgl. andererseits zur Verpflichtung einer inhaltlichen Ausschöpfung dienstlicher Beurteilungen, explizit einer Auswertung der Einzelfeststellungen u.a. OVG Münster, Beschluss vom 27.2.2004 - 6 B 2451/03 -, DÖD 2005, 11 = IÖD 2004, 147 = NVwZ-RR 2004, 626.

In dieser Situation hat der Antragsgegner rechtsfehlerfrei den Beigeladenen für eine Beförderung ausgewählt, weil dieser im Vergleich zur Antragstellerin eine bessere Leistungsentwicklung aufweist. Jedenfalls für den Bereich der allgemeinen Justizverwaltung hat der Antragsgegner in der Vergangenheit eine bessere Leistungsentwicklung dann als gegeben angesehen, wenn ein Bewerber im Vergleich zu seinem Mitbewerber um das Beförderungsamt ausgehend von der letzten dienstlichen Beurteilung bei den in zeitlicher Folge früheren Beurteilungen zuerst ein besseres Ergebnis erzielt hat

vgl. u.a. Beschlüsse des Senats vom 22.3.1999 - 1 V 8/99 -, vom 14.3.1994 - 1 W 3/94 -, vom 21.3.1994 - 1 W 9/94 - und vom 17.11.1994 - 1 W 49/94 -; vgl. zur abweichenden Handhabung für den Geschäftsbereich des Justizvollzugsdienstes u.a. Beschluss vom 31.1.1997 - 1 W 43/96 -, Seite 9 unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 11.5.1994 - 1 W 10/94 -, Seite 5.

Davon - auch - vorliegend ausgehend hat der Antragsgegner den Beigeladenen für eine Beförderung zum Justizamtsrat ausgewählt, weil dieser bereits bei den Regelbeurteilungen 1997 und 2000 die Gesamtnote „gut - 12 Punkte“ erreicht hat, wohingegen die Antragsstellerin im Jahr 1997 nur mit „gut - 11 Punkte“ beurteilt worden ist und die Gesamtnote „gut - 12 Punkte“ erstmals im Jahr 2000 zugesprochen erhielt. Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, ihr müsse eine bessere Leistungsentwicklung als dem Beigeladenen bescheinigt werden, weil ihr - außerhalb der genannten Regelbeurteilungen - bei einer Zwischenbeurteilung am 28.4.2003 bereits die Gesamtnote „sehr gut - 13 Punkte“ zuerkannt worden sei. Dieser Sichtweise ist das Verwaltungsgericht in seinem - ebenfalls die Beteiligten und zusätzlich einen weiteren, zwischenzeitlich beförderten Mitbewerber (dort Beigeladener zu 2.) betreffenden - Beschluss vom 6.8.2004 - 12 F 48/04 - überzeugend entgegen getreten. In diesem Beschluss heißt es unter anderem (Seite 6):

„Insoweit ist bereits das Argument des Antragsgegners nicht von der Hand zu weisen, dass es ungeachtet des Umstandes, dass gemäß Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 Beurteilungs-AV bei einer wesentlichen Veränderung des Leistungsbildes Zwischenbeurteilungen zu erstellen sind, es in der Praxis von der persönlichen Einstellung und dem Engagement des jeweiligen Dienstvorgesetzten abhängt, ob er die Erstellung von Zwischenbeurteilungen mehr oder weniger restriktiv handhabt. Es kann daher allein aus dem Umstand, dass der Beigeladene zu 2) nicht ebenfalls zwischenbeurteilt worden ist, nicht der zwingende Schluss gezogen werden, dass er zum Stichtag der Zwischenbeurteilung der Antragstellerin noch keine Leistungen erbracht habe, die ein Gesamturteil „sehr gut“ rechtfertigten. Diese Vorstellung liegt umso ferner, als der Beigeladene zu 2) dann in der kurzen Zeit zwischen dem Stichtag der Zwischenbeurteilung der Antragstellerin (28.4.2003) und dem Stichtag seiner eigenen Regelbeurteilung (1.1.2004) ganz herausragende Leistungen erbracht haben müsste, die die Bewertung der gesamten Leistungen im insgesamt vierjährigen Beurteilungszeitraum ganz maßgeblich geprägt hätten. Maßgeblich muss weiter gesehen werden, dass die Zwischenbeurteilung der Klägerin (richtig muss es heißen: Antragstellerin) in der nachfolgenden Regelbeurteilung vollständig aufgegangen ist und daher grundsätzlich ihre Bedeutung verloren hat. Denn mit der Regelbeurteilung steht dem Dienstherrn eine Leistungsbewertung des Beamten zur Verfügung, die mit Blick auf den einheitlichen Beurteilungszeitraum und Beurteilungsstichtag ein Höchstmaß an Vergleichbarkeit mit den Leistungsbewertungen der konkurrierenden Beamten gewährleistet. Der Antragsgegner war daher nicht verpflichtet, bei der Würdigung der Leistungsentwicklung der Konkurrenten der zugunsten der Antragstellerin erstellten Zwischenbeurteilung ein maßgebliches Gewicht beizumessen. Soweit die Antragstellerin bei dieser Verfahrensweise einen Sinn der Zwischenbeurteilung nicht erkennen kann, übersieht sie, dass eine Zwischenbeurteilung z. B. dann von maßgeblicher Bedeutung sein kann, wenn ein Beförderungstermin vor dem Stichtag der Regelbeurteilung liegt. Denn in diesem Fall weist die Zwischenbeurteilung das aktuelle Leistungsbild des Beamten aus und kann somit maßgebliche Bedeutung für die Auswahlentscheidung gewinnen. Ebenso wenig verfängt der Hinweis der Antragstellerin auf den Beschluss der Kammer vom 8.7.2004 - 12 F 51/04 -, da in diesem Fall bei der Bewertung der Leistungsentwicklung nicht eine Zwischenbeurteilung, sondern eine aus Anlass einer Anstellung erfolgte Beurteilung herangezogen wurde.“

Der Senat macht sich diese Ausführungen uneingeschränkt zu Eigen.

Ist nach alldem die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, so muss die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und der Anordnungsantrag zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, wobei aufgrund der letztgenannten Vorschrift zugunsten des Beigeladenen (teilweise) zu befinden war, weil dieser selbstständig Beschwerde eingelegt hat und in der Beschwerdeinstanz mit seinem Abänderungsantrag erfolgreich war.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, 47 Abs. 1 GKG.

Die vom Verwaltungsgericht zutreffend zugrunde gelegten und für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Besoldungsverhältnisse

Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 12 in der ab 1.8.2004 gültigen Höhe von 3.522,25 Euro - vgl. BGBl. I 2003, 1831 -,

haben sich für die Beschwerdeinstanz nicht geändert.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.