Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 11. Dez. 2009 - 1 MB 26/09

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2009:1211.1MB26.09.0A
11.12.2009

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 1. Kammer - vom 16.10.2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin und ihre Tochter sind je zu ½ Eigentümerinnen des 6.500 m² großen Flurstücks … der Flur … in ….

2

Das Grundstück ist mit einer 1999 genehmigten Gartenlaube „Gebäude 1“, mit einer „Abstellhütte“ (Werkstatt; „Gebäude 2“) sowie mit einem Gartenhaus („Gebäude 3“) bebaut; die beiden zuletzt genannten Gebäude sind nicht genehmigt. Ein Bauantrag für das „Gebäude 3“ vom 19.05.2005 ist nicht beschieden worden.

3

Der im Lageplan schraffierte Bereich liegt tiefer und wird von der Antragsgegnerin als Biotop (Bruchwald) angesehen.

Abbildung

4

Die Antragsgegnerin hat am 10.10.2007 (je) eine Ordnungsverfügung gegen die Antragstellerin und gegen ihre Tochter erlassen, in der u. a. die Beseitigung des Gebäudes „3“ bis zum 31.12.2007 angeordnet und ein Zwangsgeld i. H. v. 500 € angedroht worden war.

5

Über den Widerspruch dagegen ist noch nicht entschieden worden.

6

Die Antragsgegnerin stellte in der Folgezeit die Errichtung weiterer Baulichkeiten fest (Toilettenhäuschen, Holzlager, betonierter Gartenweg). Am 02.07.2009 erließ sie eine weitere Ordnungsverfügung, derzufolge die vollständige Beseitigung sämtlicher Baulichkeiten und sonstigen Anlagen sowie des aufgeschütteten Boden- und Baumaterials, eingebrachter Gartenpflanzen, des Brennholzlagers, der Geräte und Gartenutensilien im Bereich der schraffierten Teilfläche des Grundstücks bis zum 30.11.2009 angeordnet wurde, soweit dies nicht schon durch den Bescheid vom 10.10.2007 erfolgt war. Weiter wurden die Unterlassung der Wegeunterhaltung, des Mähens und des Gehölzrückschnitts und die Entsorgung eingebrachter Grünschnitt- und sonstiger Abfälle gefordert. Die Fläche solle vollständig der ungestörten natürlichen Entwicklung überlassen werden. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde ein Zwangsgeld i. H. v. 500,-- € angedroht. Der Sofortvollzug wurde angeordnet.

7

Der Bescheid wurde dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zugleich mit einem gleichlautenden Bescheid an ihre Tochter sowie mit einem Schreiben mit einem Einigungsvorschlag übersandt.

8

Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid am 07.09.2009 Widerspruch eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist beantragt.

9

Den zugleich gestellten Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16.10.2009 abgelehnt.

10

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

II.

11

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 07.09.2009 gegen den Bescheid vom 02.07.2009 im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Zwar ist der Widerspruch - entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung (S. 9 d. Beschl.-Abdr.) – zulässig (unten 1), doch kommt ihm keine aufschiebende Wirkung zu, weil die Antragsgegnerin den Sofortvollzug ihres Bescheides wirksam angeordnet hat (unten 2) und die Rechtmäßigkeit der in dem Bescheid getroffenen Anordnungen keinen Bedenken unterliegt (unten 3).

12

1) Die Antragstellerin kann Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist beanspruchen. Sie hat glaubhaft gemacht, dass ihr der an sie gerichtete Bescheid vom 02.07.2009 erst Ende August bekannt geworden ist und dass dem zuvor erfolgten „Übersendungsschreiben“ ihres damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 08.07.2009 nur ein „Schreiben“ an ihre Tochter und ein Einigungsvorschlag der Antragsgegnerin beigefügt war. Ein Verschulden i. S. d. § 60 Abs. 1 VwGO ist in diesem Zusammenhang weder dem früheren Verfahrensbevollmächtigten noch der Antragstellerin selbst anzulasten. Der Verfahrensbevollmächtigte hatte – korrekt – angeordnet, dass (auch) der für die Antragstellerin bestimmte Bescheid übersandt wird; dies ist durch das Versehen einer Hilfskraft nicht geschehen. Dies ist glaubhaft gemacht worden. Der Antragstellerin hätte der im Übersendungsschreiben verwendete Plural („… die Schreiben“, „…ein weiteres Schreiben“) zwar auffallen können, es überspannt aber die Anforderungen an eine „wache“ Teilnahme am Verfahren, bereits daraus eine Nachfrageobliegenheit in dem Sinne ableiten zu wollen, ob neben dem Bescheid an die Tochter auch an sie selbst ein Bescheid ergangen ist. Die Antragstellerin darf sich darauf verlassen, dass ihr Anwalt die an sie gerichteten Bescheide vollständig übermittelt; darin liegt gerade ein wesentlicher Sinn der Beauftragung eines Anwalts.

13

Anzumerken bleibt, dass der Geschehensablauf auch durch die – zumindest für Laien – leserunfreundliche Gestaltung der Bescheide der Antragsgegnerin bedingt ist. Die Zuordnung der Bescheide bzw. Schreiben der Antragsgegnerin ergab sich – jeweils – ohne besondere Hervorhebung nur aus der Betreffzeile.

14

2) Die Einwände der Antragstellerin gegen die Anordnung des Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO) sind unbegründet. Die schriftliche Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs ist zwar knapp gehalten, genügt aber den im vorliegenden Fall gegebenen Anforderungen. Die Antragsgegnerin führt als Vollzugsargument – im Kern – die Notwendigkeit an, weiteren Schaden von dem geschützten Biotop abzuwenden; ein Fortbestehen der bereits eingetretenen Schäden bis zum Abschluss eines Klageverfahrens könne zu nachhaltigen Schäden führen, da „die Regenerationsfähigkeit der Biotope durch den Zeitablauf immer stärker geschwächt“ werde. Diese Gründe sind ausreichend.

15

Die Einwände der Antragstellerin dagegen sind unbegründet. Ob ein Biotop tatsächlich vorliegt (s. dazu unten 3 a), ist für die Anordnung des Sofortvollzugs unerheblich, denn diese darf das Vollzugsinteresse ausgehend davon bestimmen. Wäre dieser Ausgangspunkt unzutreffend, ergäbe sich daraus ein Fehler des zu vollziehenden Bescheides, nicht der Vollzugsanordnung. Die Annahme, die bloße Grundstücksnutzung könne keine weitere nachhaltige Veränderung der Grundstückssituation bewirken, übergeht die mit der o. g. Vollzugsbegründung geltend gemachte Gefahr einer Schwächung der Regenerationsfähigkeit der betroffenen Flächen.

16

Die Beseitigung des „Gebäudes 3“ (Gartenhaus) ist schon mit Bescheid vom 10.10.2007 angeordnet worden und (deshalb) von der im hier angegriffenen Bescheid vom 02.07.2009 getroffenen Regelung ausdrücklich ausgenommen worden (s. S. 1, 1. Abs., letzter Halbsatz des Bescheides vom 02.07.2009). Der hier angeordnete Sofortvollzug ist damit nur für andere „Baulichkeiten“, sonstige Anlagen, Aufschüttungen und Ablagerungen (Brennholz, Baumaterial, Abfälle) relevant. Der Grundsatz, dass an die Begründung des Sofortvollzugs eines Bescheides erhöhte Anforderungen zu richten sind, wenn die geforderten Maßnahmen zu erheblichen, irreversiblen Eingriffen in eine bereits entstandene „Substanz“ führen, findet damit hier keinen Anwendungsfall. Im Naturschutzrecht ist anerkannt, auch die Beseitigung von Aufschüttungen im Interesse einer Vermeidung irreversibler Schäden sofort vollziehbar angeordnet werden kann (Beschl. des Senats v. 09.02.2005, 1 MB 16/05, NordÖR 2005, 482). Die Entfernung der übrigen in Betracht zu ziehenden „Baulichkeiten“, sonstigen Anlagen und Ablagerungen ist ohne Substanzverlust möglich.

17

Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs durch die Antragsgegnerin ist nach alledem nicht zu beanstanden.

18

3) Die im Bescheid vom 02.07.2009 getroffenen Anordnungen werden von den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen in § 52 Abs. 2 i. V. m. § 14 Abs. 2 LNatSchG getragen. Die im „schraffierten Bereich“ erfolgten baulichen und sonstigen Maßnahmen sind rechtswidrige Zerstörungen oder Veränderungen von Teilen der Natur und Landschaft (unten a), die eine Wiederherstellungsverpflichtung der Antragstellerin und ihrer Tochter begründen (unten b), ohne dass dem die Frist nach § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG entgegen gehalten werden kann (unten c).

19

a) Die bei den Akten befindlichen Fotos (Bl. 94-96, 105 der Verwaltungsvorgänge sowie Bl. 10 ff. der Bußgeldakte) belegen, dass die „gärtnerischen“ und baulichen Veränderungen im östlichen („schraffierten“) Grundstücksbereich die zuvor vorhandene Bodenstruktur (feuchter, dicht bewachsener Grund, Teiche, Gewässer) und Vegetation (zahlreiche Gräser, Büsche und Bäume) in Teilbereichen – bei dem „Gebäude 3“ – zerstört, in anderen Bereichen wesentlich verändert haben. Dies war auch rechtswidrig.

20

Teile von Natur und Landschaft sind gem. § 25 Abs. 1 Nr. 4 LNatSchG auch Bruchwälder; als solchen ordnet die Antragsgegnerin die hier betroffen Grundstücksflächen ein. Das erscheint zutreffend. Die Antragstellerin stellt diese Einordnung (auch) im Beschwerdeverfahren nicht „per se“ in Frage; sie wendet sich nur gegen den „Gesamtumfang der Biotopeigenschaft“, wobei sie auf die nördlich angrenzende Fläche, die bei gleicher Vegetation aus dem bestehenden Naturschutzgebiet ausgeklammert worden sei, verweist (S. 2 der Beschwerdebegründung in 1 MB 28/09). Das überzeugt nicht. Es mag dahinstehen, ob die Grenzen des Naturschutzgebiets sachgerecht gezogen worden sind. Für die Biotopeigenschaft kommt es darauf nicht an; maßgeblich ist, ob das Gelände objektiv den Merkmalen eines geschützten Bruchwaldes entspricht (vgl. § 1 Nr. 4 a BiotopVO). Daran hat der Senat im Hinblick auf die Biotopkartierung, die Luftbilder (Bl. 193 – 195 d. A.) und die Fotos der unverändert gebliebenen Bereiche (Bl. 105 – 107 d. A.; Bl. 10 der Bußgeldakte) keine Zweifel.

21

Biotope dürfen nicht zerstört oder sonstwie erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt werden (§ 25 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG). Die von der Antragstellerin und ihrer Tochter veranlassten oder durchgeführten Maßnahmen missachten dieses Verbot.

22

b) Die geforderte Beseitigung der Baulichkeiten und der weiteren Anlagen, Aufschüttungen und Ablagerungen (s. o.) durfte gem. § 52 Abs. 2 i. V. m. § 14 Abs. 2 LNatSchG angeordnet werden. Die Beseitigung dient der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Die Anordnungen nach § 52 Abs. 2 LNatSchG stehen nicht im Ermessen der Behörde, sondern knüpfen bereits an die gegebene (objektiv) rechtswidrige Zerstörung oder erhebliche Beeinträchtigung des Biotops an. Die von der Antragstellerin hinterfragte tatsächliche Durchführbarkeit der Anordnung im zweiten Absatz des Bescheides vom 02.07.2009 ist bei sachgerechtem Verständnis dieser Anordnung gegeben: Im ersten Absatz ist u. a. die Beseitigung gelagerten Brennholzes angeordnet worden, die „weitere“ Lagerung soll nach dem zweiten Absatz unterbleiben (was sich auf neu angelegte [Brennholz-]Lager bezieht).

23

c) Die in § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG bestimmte Frist von einem halben Jahr steht der angefochtenen Anordnung nicht entgegen.

24

Das kann allerdings – entgegen der im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Ansicht der Antragsgegnerin (Schriftsatz v. 23.11.2009, S. 4) - nicht schon daraus abgeleitet werden, dass der angefochtene Bescheid nicht auf § 52 Abs. 2, sondern auf § 52 Abs. 1 LNatSchG gestützt worden sei. Der Bescheid ist seinem Wortlaut nach auf § 52 Abs. 1und Abs. 2 LNatSchG gestützt; angesichts der vorliegend gegebenen (Teil-)Zerstörung eines Biotops ist richtige Rechtsgrundlage allein § 52 Abs. 2 LNatSchG.

25

Für die nach § 52 Abs. 2 S. 1 LNatSchG vorgesehenen Maßnahmen wird auf (§ 12 und) § 14 Abs. 2 LNatSchG verwiesen. Daraus könnte – wie es die Antragstellerin annimmt – auch abzuleiten sein, dass auf den „gesamten“ Absatz 2 des § 14 LNatSchG, also auch auf die in Satz 5 bestimmte Halbjahresfrist verwiesen wird, oder – wie das Verwaltungsgericht meint (S. 22 des Beschl.-Abdr. in 1 B 20/09) - dass „Maßnahmen“ i. S. d. § 52 Abs. 2 LNatSchG nur solche sein können, die (noch) zulässigerweise innerhalb der Halbjahresfrist ergriffen werden können. Die Antragsgegnerin hält demgegenüber § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG im Rahmen des § 52 Abs. 2 LNatSchG nicht für anwendbar.

26

Ob schon der Gesetzeswortlaut für den Standpunkt der Antragsgegnerin angeführt werden kann, erscheint fraglich. Sicher sind „Maßnahmen“ nur in § 14 Abs. 2 Satz 1 – 4 LNatSchG enthalten, nicht auch in Satz 5. Andererseits differenziert die Verweisung in § 52 Abs. 2 LNatSchG nicht zwischen den einzelnen Sätzen des § 14 Abs. 2 LNatSchG.

27

Die Gesetzesmaterialien vermitteln insoweit keinen näheren Aufschluss; zur Verweisung in § 52 Abs. 2 LNatSchG schweigen sie und zur Halbjahresfrist in § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG enthalten sie nur die allgemeine Erwägung, dass die Behörde „sich schneller als bisher entscheiden“ muss und die Betroffenen (dann) „schneller Rechtssicherheit“ erlangen (LT-Drs. 16/1004, S. 113, 156). Die „extreme“ Fristverkürzung auf ein halbes Jahr ist in den Anhörungen zum Gesetzentwurf kritisiert worden (LT-Umdrucke 16/1650, Anlage S. 19 [LNV], 16/1642, S. 7 [NABU]), ebenso das Motiv, durch die Frist „schneller Rechtssicherheit“ zu erreichen, das „den Verursachern ungenehmigter Eingriffe“ diene (LT-Umdruck 16/1690, S. 15 [BUND]). Ob auch die nach § 52 Abs. 2 LNatSchG möglichen „Maßnahmen“ ebenso, wie es für Anordnungen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 – 4 LNatSchG der Fall ist, der Halbjahresfrist des § 14 Abs. 2 Satz 5 unterfallen, ist diesen Materialien nicht zu entnehmen.

28

Bei näherer Betrachtung des Regelungszusammenhangs ergibt sich, dass die Halbjahresfrist in § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG auf „Maßnahmen“ nach § 52 Abs. 2 LNatSchG nicht anzuwenden ist. Die Frist gilt nach dem Regelungszusammenhang (nur) für den Fall, dass das Vorhaben bzw. der Eingriff „nicht genehmigungsfähig“ ist (§ 14 Abs. 2 S. 1 LNatSchG). Damit wird Bezug genommen auf das in diesem Abschnitt (III) des Landesnaturschutzgesetzes in den §§ 11 und 13 geregelte Genehmigungsverfahren. Dieses Genehmigungsverfahren bezieht sich – wie sich insbesondere aus § 11 Abs. 1 S. 1 und den in § 11 Abs. 3 LNatSchG aufgeführten Versagungsgründen ergibt – nur auf solche (minderschweren) Eingriffe, für die ein „normales“ Genehmigungsverfahren einen Sinn macht, weil sie nicht strikt verboten sind, sondern ihre Genehmigungsfähigkeit – allein – davon abhängt, ob die Versagungsgründe des § 13 Abs. 3 LNatSchG vorliegen oder nicht. Für die Beschränkung der Frist auf diese minderschweren Eingriffe spricht auch die Gesetzesbegründung, in der die Halbjahresfrist damit gerechtfertigt wird, dass so die Betroffenen „schneller Rechtssicherheit“ erlangten (LT-Drs. 16/1004, S. 113). Abgesehen davon, dass als Betroffener eines Eingriffs im Sinne des Landesnaturschutzgesetzes die Natur anzusehen ist und nicht derjenige, der in sie eingreift, verdienen die (im Sinne der Gesetzesbegründung) Betroffenen nur in solchen minderschweren Fällen Schutz. Ist ein Eingriff von vorneherein – strikt – verboten und deshalb seine Legalisierung nicht in einem „normalen“ Genehmigungsverfahren nach den §§ 11, 13 LNatSchG möglich, sondern bedarf es dafür einer Ausnahme oder – das wird in der Regel der Fall sein – einer Befreiung nach § 64 Abs. 2 LNatSchG, verdienen die Betroffenen, also diejenigen, die gegen naturschutzrechtliche Verbote verstoßen haben, nicht nur nicht innerhalb eines halben Jahres Rechtssicherheit, sondern sie verdienen sie überhaupt nicht. Solche Verbote sind beispielsweise das Verbot, Maßnahmen vorzunehmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung geschützter Biotope führen können (§ 25 Abs. 1 S. 2 LNatSchG, vgl. auch § 11 Abs. 4 LNatSchG), oder Verbote, die in Naturschutzverordnungen enthalten sind. Um die Beseitigung bzw. Rückgängigmachung von Verstößen der Antragstellerin gegen die hier beispielshaft aufgeführten Verbote, insbesondere das des § 25 Abs. 1 S. 2 LNatSchG, geht es hier gerade. Dem Einschreiten der Naturschutzbehörden soll – mit anderen Worten – nur im Bereich minderschwerer und ihrer Art nach für eine Genehmigung in Betracht kommender Eingriffe eine zeitliche Grenze gesetzt werden; für gravierendere verbotene Maßnahmen bleibt es bei dem – auch sonst geltenden – Grundsatz, dass fachbehördliche Eingriffsbefugnisse an keine zeitlichen Grenzen gebunden sind.

29

Die Grundüberlegung des Gesetzgebers zur Halbjahresfrist nach § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG ist auf behördliche Maßnahmen gegen verbotswidrige Maßnahmen auch nicht „analog“ zu übertragen. Eine Person, die eine genehmigungsfähige Maßnahme formell rechtswidrig ausführt, kann im Hinblick auf den Genehmigungsanspruch gem. § 11 Abs. 3 S. 2 LNatSch in gewisser Weise erwarten, dass die Behörde innerhalb angemessener Zeit über die Genehmigung entscheidet, so dass „schneller Rechtssicherheit“ entsteht. Eine vergleichbare Erwartung kann sich nach Durchführung verbotener Maßnahmen schon im Ansatz nicht bilden, denn eine Befreiung kann nicht beansprucht werden, sondern steht im Ermessen der Behörde (§ 64 Abs. 2 LNatSchG); sie erfordert zudem im Grundsatz eine der Maßnahme vorausgehende Prüfung.

30

Die Antragsgegnerin konnte nach alledem die im Bescheid getroffenen Anordnungen, gegen deren Rechtmäßigkeit im Übrigen keine Bedenken bestehen, unabhängig von der in § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG vorgesehenen Frist erlassen.

31

4) Die Beschwerde war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

32

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

33

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


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bei uns veröffentlicht am 11.12.2009

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 1. Kammer - vom 16.10.2009 wird zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinisc
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Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 11. Dez. 2009 - 1 MB 28/09

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(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 1. Kammer - vom 16.10.2009 wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 1. Kammer - vom 16.10.2009 geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.07.2009 wird insgesamt abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin und ihre Mutter sind je zu ½ Eigentümerinnen des 6.500 qm großen Flurstücks … der Flur … in ….

2

Das Grundstück ist mit einer 1999 genehmigten Gartenlaube "Gebäude 1", mit einer "Abstellhütte" (Werkstatt; "Gebäude 2") sowie mit einem Gartenhaus ("Gebäude 3") bebaut; die beiden zuletzt genannten Gebäude sind nicht genehmigt. Ein Bauantrag für das "Gebäude 3" vom 19.05.2005 ist nicht beschieden worden.

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Der im Lageplan schraffierte Bereich liegt tiefer und wird von der Antragsgegnerin als Biotop (Bruchwald) angesehen.

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5

Die Antragsgegnerin hat am 10.10.2007 (je) eine Ordnungsverfügung gegen die Antragstellerin und gegen ihre Mutter erlassen, in der u. a. die Beseitigung des Gebäudes "3" bis zum 31.12.2007 angeordnet und ein Zwangsgeld i. H. v. 500 Euro angedroht worden war.

6

Über den Widerspruch dagegen ist noch nicht entschieden worden.

7

Die Antragsgegnerin stellte in der Folgezeit die Errichtung weiterer Baulichkeiten fest (Toilettenhäuschen, Holzlager, betonierter Gartenweg). Am 02.07.2009 erließ sie eine weitere Ordnungsverfügung, derzufolge die vollständige Beseitigung sämtlicher Baulichkeiten und sonstigen Anlagen sowie des aufgeschütteten Boden- und Baumaterials, eingebrachter Gartenpflanzen, des Brennholzlagers, der Geräte und Gartenutensilien im Bereich der schraffierten Teilfläche des Grundstücks bis zum 30.11.2009 angeordnet wurde, soweit dies nicht schon durch den Bescheid vom 10.10.2007 erfolgt war. Weiter wurden die Unterlassung der Wegeunterhaltung, des Mähens und des Gehölzrückschnitts und die Entsorgung eingebrachter Grünschnitt- und sonstiger Abfälle gefordert. Die Fläche solle vollständig der ungestörten natürlichen Entwicklung überlassen werden. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde ein Zwangsgeld i. H. v. 500,-- Euro angedroht. Der Sofortvollzug wurde angeordnet.

8

Die Antragstellerin hat dagegen Widerspruch eingelegt und zugleich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt. Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16.10.2009 stattgegeben, soweit die Beseitigung von Baulichkeiten, sonstigen Anlagen, aufgeschüttetem Boden- und Baumaterial, eingebrachter Gartenpflanzen, gelagerten Brennholzes, von Geräten und Gartenutensilien gefordert worden ist; im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt.

9

Dagegen richten sich die Beschwerden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin.

II.

10

Die Beschwerden sind zulässig; diejenige der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg; der Beschwerde der Antragsgegnerin ist stattzugeben.

11

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 07.09.2009 gegen den Bescheid vom 02.07.2009 zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Antrag ist unbegründet. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin ist demgemäß der erstinstanzliche Beschluss zu ändern und der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen.

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Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die Anordnung des Sofortvollzugs einschließlich der ihr beigegebenen Begründung nicht zu beanstanden (unten 1). Die Rechtmäßigkeit der in dem Bescheid vom 02.07.2009 getroffenen Anordnungen unterliegt keinen Bedenken (unten 2).

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1) Die Einwände der Antragstellerin gegen die Anordnung des Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO) sind unbegründet. Der Senat hat dazu in seinem zugleich erlassenen Beschluss – 1 MB 26/09 – ausgeführt:

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» Die Einwände der Antragstellerin gegen die Anordnung des Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO) sind unbegründet. Die schriftliche Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs ist zwar knapp gehalten, genügt aber den im vorliegenden Fall gegebenen Anforderungen. Die Antragsgegnerin führt als Vollzugsargument – im Kern – die Notwendigkeit an, weiteren Schaden von dem geschützten Biotop abzuwenden; ein Fortbestehen der bereits eingetretenen Schäden bis zum Abschluss eines Klageverfahrens könne zu nachhaltigen Schäden führen, da "die Regenerationsfähigkeit der Biotope durch den Zeitablauf immer stärker geschwächt" werde. Diese Gründe sind ausreichend.

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Die Einwände der Antragstellerin dagegen sind unbegründet. Ob ein Biotop tatsächlich vorliegt (s. dazu unten 3 a), ist für die Anordnung des Sofortvollzugs unerheblich, denn diese darf das Vollzugsinteresse ausgehend davon bestimmen. Wäre dieser Ausgangspunkt unzutreffend, ergäbe sich daraus ein Fehler des zu vollziehenden Bescheides, nicht der Vollzugsanordnung. Die Annahme, die bloße Grundstücksnutzung könne keine weitere nachhaltige Veränderung der Grundstückssituation bewirken, übergeht die mit der o. g. Vollzugsbegründung geltend gemachte Gefahr einer Schwächung der Regenerationsfähigkeit der betroffenen Flächen.

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Die Beseitigung des "Gebäudes 3" (Gartenhaus) ist schon mit Bescheid vom 10.10.2007 angeordnet worden und (deshalb) von der im hier angegriffenen Bescheid vom 02.07.2009 getroffenen Regelung ausdrücklich ausgenommen worden (s. S. 1, 1. Abs., letzter Halbsatz des Bescheides vom 02.07.2009). Der hier angeordnete Sofortvollzug ist damit nur für andere "Baulichkeiten", sonstige Anlagen, Aufschüttungen und Ablagerungen (Brennholz, Baumaterial, Abfälle) relevant. Der Grundsatz, dass an die Begründung des Sofortvollzugs eines Bescheides erhöhte Anforderungen zu richten sind, wenn die geforderten Maßnahmen zu erheblichen, irreversiblen Eingriffen in eine bereits entstandene "Substanz" führen, findet damit hier keinen Anwendungsfall. Im Naturschutzrecht ist anerkannt, auch die Beseitigung von Aufschüttungen im Interesse einer Vermeidung irreversibler Schäden sofort vollziehbar angeordnet werden kann (Beschl. des Senats v. 09.02.2005, 1 MB 16/05, NordÖR 2005, 482) . Die Entfernung der übrigen in Betracht zu ziehenden "Baulichkeiten", sonstigen Anlagen und Ablagerungen ist ohne Substanzverlust möglich.

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Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs durch die Antragsgegnerin ist nach alledem nicht zu beanstanden. «

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2) Die im Bescheid vom 02.07.2009 getroffenen Anordnungen, bezüglicher derer das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung wieder hergestellt hat, werden von den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen in § 52 Abs. 2 i. V. m. § 14 Abs. 2 LNatSchG getragen. Auch insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Gründe des im Verfahren – 1 MB 26/09 – erlassenen Beschlusses, in denen ausgeführt wird:

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» a) Die bei den Akten befindlichen Fotos (Bl. 94-96, 105 der Verwaltungsvorgänge sowie Bl. 10 ff. der Bußgeldakte) belegen, dass die "gärtnerischen" und baulichen Veränderungen im östlichen ("schraffierten") Grundstücksbereich die zuvor vorhandene Bodenstruktur (feuchter, dicht bewachsener Grund, Teiche, Gewässer) und Vegetation (zahlreiche Gräser, Büsche und Bäume) in Teilbereichen – bei dem "Gebäude 3" – zerstört, in anderen Bereichen wesentlich verändert haben. Dies war auch rechtswidrig.

20

Teile von Natur und Landschaft sind gem. § 25 Abs. 1 Nr. 4 LNatSchG auch Bruchwälder; als solchen ordnet die Antragsgegnerin die hier betroffen Grundstücksflächen ein. Das erscheint zutreffend. Die Antragstellerin stellt diese Einordnung (auch) im Beschwerdeverfahren nicht "per se" in Frage; sie wendet sich nur gegen den "Gesamtumfang der Biotopeigenschaft", wobei sie auf die nördlich angrenzende Fläche, die bei gleicher Vegetation aus dem bestehenden Naturschutzgebiet ausgeklammert worden sei, verweist (S. 2 der Beschwerdebegründung in 1 MB 28/09). Das überzeugt nicht. Es mag dahinstehen, ob die Grenzen des Naturschutzgebiets sachgerecht gezogen worden sind. Für die Biotopeigenschaft kommt es darauf nicht an; maßgeblich ist, ob das Gelände objektiv den Merkmalen eines geschützten Bruchwaldes entspricht (vgl. § 1 Nr. 4 a BiotopVO). Daran hat der Senat im Hinblick auf die Biotopkartierung, die Luftbilder (Bl. 193 – 195 d. A.) und die Fotos der unverändert gebliebenen Bereiche (Bl. 105 – 107 d. A.; Bl. 10 der Bußgeldakte) keine Zweifel.

21

Biotope dürfen nicht zerstört oder sonstwie erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt werden (§ 25 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG). Die von der Antragstellerin und ihrer Tochter veranlassten oder durchgeführten Maßnahmen missachten dieses Verbot.

22

b) Die geforderte Beseitigung der Baulichkeiten und der weiteren Anlagen, Aufschüttungen und Ablagerungen (s. o.) durfte gem. § 52 Abs. 2 i. V. m. § 14 Abs. 2 LNatSchG angeordnet werden. Die Beseitigung dient der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Die Anordnungen nach § 52 Abs. 2 LNatSchG stehen nicht im Ermessen der Behörde, sondern knüpfen bereits an die gegebene (objektiv) rechtswidrige Zerstörung oder erhebliche Beeinträchtigung des Biotops an. Die von der Antragstellerin hinterfragte tatsächliche Durchführbarkeit der Anordnung im zweiten Absatz des Bescheides vom 02.07.2009 ist bei sachgerechtem Verständnis dieser Anordnung gegeben: Im ersten Absatz ist u. a. die Beseitigung gelagerten Brennholzes angeordnet worden, die "weitere" Lagerung soll nach dem zweiten Absatz unterbleiben (was sich auf neu angelegte [Brennholz-]Lager bezieht).

23

c) Die in § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG bestimmte Frist von einem halben Jahr steht der angefochtenen Anordnung nicht entgegen.

24

Das kann allerdings – entgegen der im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Ansicht der Antragsgegnerin (Schriftsatz v. 23.11.2009, S. 4) - nicht schon daraus abgeleitet werden, dass der angefochtene Bescheid nicht auf § 52 Abs. 2, sondern auf § 52 Abs. 1 LNatSchG gestützt worden sei. Der Bescheid ist seinem Wortlaut nach auf § 52 Abs. 1 und Abs. 2 LNatSchG gestützt; angesichts der vorliegend gegebenen (Teil-)Zerstörung eines Biotops ist richtige Rechtsgrundlage allein § 52 Abs. 2 LNatSchG.

25

Für die nach § 52 Abs. 2 S. 1 LNatSchG vorgesehenen Maßnahmen wird auf (§ 12 und) § 14 Abs. 2 LNatSchG verwiesen. Daraus könnte – wie es die Antragstellerin annimmt – auch abzuleiten sein, dass auf den "gesamten" Absatz 2 des § 14 LNatSchG, also auch auf die in Satz 5 bestimmte Halbjahresfrist verwiesen wird, oder – wie das Verwaltungsgericht meint (S. 22 des Beschl.-Abdr. in 1 B 20/09) - dass "Maßnahmen" i. S. d. § 52 Abs. 2 LNatSchG nur solche sein können, die (noch) zulässigerweise innerhalb der Halbjahresfrist ergriffen werden können. Die Antragsgegnerin hält demgegenüber § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG im Rahmen des § 52 Abs. 2 LNatSchG nicht für anwendbar.

26

Ob schon der Gesetzeswortlaut für den Standpunkt der Antragsgegnerin angeführt werden kann, erscheint fraglich. Sicher sind "Maßnahmen" nur in § 14 Abs. 2 Satz 1 – 4 LNatSchG enthalten, nicht auch in Satz 5. Andererseits differenziert die Verweisung in § 52 Abs. 2 LNatSchG nicht zwischen den einzelnen Sätzen des § 14 Abs. 2 LNatSchG.

27

Die Gesetzesmaterialien vermitteln insoweit keinen näheren Aufschluss; zur Verweisung in § 52 Abs. 2 LNatSchG schweigen sie und zur Halbjahresfrist in § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG enthalten sie nur die allgemeine Erwägung, dass die Behörde "sich schneller als bisher entscheiden" muss und die Betroffenen (dann) "schneller Rechtssicherheit" erlangen (LT-Drs. 16/1004, S. 113, 156). Die "extreme" Fristverkürzung auf ein halbes Jahr ist in den Anhörungen zum Gesetzentwurf kritisiert worden (LT-Umdrucke 16/1650, Anlage S. 19 [LNV], 16/1642, S. 7 [NABU]), ebenso das Motiv, durch die Frist "schneller Rechtssicherheit" zu erreichen, das "den Verursachern ungenehmigter Eingriffe" diene (LT-Umdruck 16/1690, S. 15 [BUND]). Ob auch die nach § 52 Abs. 2 LNatSchG möglichen "Maßnahmen" ebenso, wie es für Anordnungen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 – 4 LNatSchG der Fall ist, der Halbjahresfrist des § 14 Abs. 2 Satz 5 unterfallen, ist diesen Materialien nicht zu entnehmen.

28

Bei näherer Betrachtung des Regelungszusammenhangs ergibt sich, dass die Halbjahresfrist in § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG auf "Maßnahmen" nach § 52 Abs. 2 LNatSchG nicht anzuwenden ist. Die Frist gilt nach dem Regelungszusammenhang (nur) für den Fall, dass das Vorhaben bzw. der Eingriff "nicht genehmigungsfähig" ist (§ 14 Abs. 2 S. 1 LNatSchG). Damit wird Bezug genommen auf das in diesem Abschnitt (III) des Landesnaturschutzgesetzes in den §§ 11 und 13 geregelte Genehmigungsverfahren. Dieses Genehmigungsverfahren bezieht sich – wie sich insbesondere aus § 11 Abs. 1 S. 1 und den in § 11 Abs. 3 LNatSchG aufgeführten Versagungsgründen ergibt – nur auf solche (minderschweren) Eingriffe, für die ein "normales" Genehmigungsverfahren einen Sinn macht, weil sie nicht strikt verboten sind, sondern ihre Genehmigungsfähigkeit – allein – davon abhängt, ob die Versagungsgründe des § 13 Abs. 3 LNatSchG vorliegen oder nicht. Für die Beschränkung der Frist auf diese minderschweren Eingriffe spricht auch die Gesetzesbegründung, in der die Halbjahresfrist damit gerechtfertigt wird, dass so die Betroffenen schneller Rechtssicherheit erlangten (LT-Drs. 16/1004, S. 113). Abgesehen davon, dass als Betroffener eines Eingriffs im Sinne des Landesnaturschutzgesetzes die Natur anzusehen ist und nicht derjenige, der in sie eingreift, verdienen die (im Sinne der Gesetzesbegründung) Betroffenen nur in solchen minderschweren Fällen Schutz. Ist ein Eingriff von vorneherein – strikt – verboten und deshalb seine Legalisierung nicht in einem "normalen" Genehmigungsverfahren nach den §§ 11, 13 LNatSchG möglich, sondern bedarf es dafür einer Ausnahme oder – das wird in der Regel der Fall sein – einer Befreiung nach § 64 Abs. 2 LNatSchG, verdienen die Betroffenen, also diejenigen, die gegen naturschutzrechtliche Verbote verstoßen haben, nicht nur nicht innerhalb eines halben Jahres Rechtssicherheit, sondern sie verdienen sie überhaupt nicht. Solche Verbote sind beispielsweise das Verbot, Maßnahmen vorzunehmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung geschützter Biotope führen können (§ 25 Abs. 1 S. 2 LNatSchG, vgl. auch § 11 Abs. 4 LNatSchG), oder Verbote, die in Naturschutzverordnungen enthalten sind. Um die Beseitigung bzw. Rückgängigmachung von Verstößen der Antragstellerin gegen die hier beispielhaft aufgeführten Verbote, insbesondere das des § 25 Abs. 1 S. 2 LNatSchG, geht es hier gerade. Dem Einschreiten der Naturschutzbehörden soll – mit anderen Worten – nur im Bereich minderschwerer und ihrer Art nach für eine Genehmigung in Betracht kommender Eingriffe eine zeitliche Grenze gesetzt werden; für gravierendere verbotene Maßnahmen bleibt es bei dem – auch sonst geltenden – Grundsatz, dass fachbehördliche Eingriffsbefugnisse an keine zeitlichen Grenzen gebunden sind.

29

Die Grundüberlegung des Gesetzgebers zur Halbjahresfrist nach § 14 Abs. 2 Satz5 LNatSchG ist auf behördliche Maßnahmen gegen verbotswidrige Maßnahmen auch nicht "analog" zu übertragen. Eine Person, die eine genehmigungsfähige Maßnahme formell rechtswidrig ausführt, kann im Hinblick auf den Genehmigungsanspruch gem. § 11 Abs. 3 S. 2 LNatSchG in gewisser Weise erwarten, dass die Behörde innerhalb angemessener Zeit über die Genehmigung entscheidet, so dass "schneller Rechtssicherheit" entsteht. Eine vergleichbare Erwartung kann sich nach Durchführung verbotener Maßnahmen schon im Ansatz nicht bilden, denn eine Befreiung kann nicht beansprucht werden, sondern steht im Ermessen der Behörde (§ 64 Abs. 2 LNatSchG); sie erfordert zudem im Grundsatz eine der Maßnahme vorausgehende Prüfung.

30

Die Antragsgegnerin konnte nach alledem die im Bescheid getroffenen Anordnungen, gegen deren Rechtmäßigkeit im Übrigen keine Bedenken bestehen, unabhängig von der in § 14 Abs. 2 Satz 5 LNatSchG vorgesehenen Frist erlassen. «

31

2) Bezüglich der auf § 52 Abs. 1 LNatSchG gestützten Anordnungen hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Die dagegen von der Antragstellerin erhobenen Einwände greifen nicht. Auf die Ausführungen unter Buchst. a) der soeben zitierten Passage aus dem Beschluss in der Sache 1 MB 26/09 nimmt der Senat insoweit Bezug.

32

3) Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach alledem zurückzuweisen; die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.

33

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 2 VwGO.

34

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

35

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.