Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 14. Aug. 2013 - 2 A 10251/13
Gericht
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 6. November 2012 wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Keiner der vom Beklagten geltend gemachten Zulassungsgründe liegt vor.
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1. Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils begegnet keinen ernstlichen Zweifeln im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –. Die vom Beklagten gegen das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Einwendungen, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 184, 186), lassen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung in einem späteren Berufungsverfahren erwarten.
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Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die bislang dargelegten Erwägungen der Gesamtkonferenz, welche auf der Annahme beruhen, der Kläger habe in der Schule Marihuana erworben, anderen Schülern angeboten sowie in der Klasse vorgezeigt, den Schulausschluss des Klägers nicht tragen (a). Allerdings begründen nicht nur der Verkauf illegaler Drogen, sondern auch das bewusste Erwecken eines dahingehenden Anscheins sowie der Handel mit sogenannten „Legal Highs“ eine ernstliche Gefahr für die Erziehung der anderen Schülerinnen und Schüler und können nach den Umständen des Einzelfalls auch ohne vorherige Androhung den dauerhaften Ausschluss von der bisher besuchten Schule rechtfertigen (b). Die Entscheidung hierüber ist jedoch zunächst der Gesamtkonferenz vorbehalten (c).
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a) Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 Schulgesetz – SchulG –, § 99 Abs. 1 Schulordnung für die öffentlichen Realschulen plus, Integrierten Gesamtschulen, Gymnasien, Kollegs und Abendgymnasien – ÜSchulO – kann ein Schüler auf Dauer von der bisher besuchten Schule ausgeschlossen werden, wenn der dortige Verbleib eine ernstliche Gefahr für die Erziehung, die Sicherheit oder die Unterrichtung der anderen Schülerinnen und Schüler bedeutet.
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Hierüber entscheidet gemäß § 99 ÜSchulO i.V.m. § 27 Abs. 6 Satz 1 SchulG die Gesamtkonferenz. Ihr steht bei der Auswahl der Ordnungsmaßnahme ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 30. Mai 1997 – 7 S 33/97 –, juris Rn. 6), welcher verwaltungsgerichtlich nur daraufhin zu überprüfen ist, ob die Behörde diesen Spielraum erkannt, seine Grenzen gewahrt, seiner Ausfüllung einen vollständigen und zutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe beachtet sowie keine sachfremden Erwägungen angestellt hat. Danach erweist sich die angefochtene Maßnahme bislang als fehlerhaft.
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aa) Allerdings ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass eine Gefährdung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 SchulG ohne weiteres durch ein Verhalten bewirkt wird, welches den Konsum von Rauschgiften propagiert, fördert oder verbreitet.
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Der Handel mit Suchtstoffen im schulischen Umfeld sowie deren Zur-Schau-Stellen sind gerade in einem von vielzähligen Unsicherheiten geprägten Alter geeignet, Mitschülerinnen und -schüler anzuregen, Drogen zumindest einmal auszuprobieren. Schüler haben jedoch einen Anspruch darauf, dass ihre Entwicklung innerhalb des – aufgrund der allgemeinen Schulpflicht letztlich erzwungenen – staatlichen Obhutsverhältnisses nicht gefährdet wird. Auch den Eltern ist nicht zuzumuten, ihre Kinder in die Obhut einer Schule zu geben, die ein drogenfreies Umfeld nicht gewährleisten kann (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2012 – 2 B 10386/12.OVG –). Das der Schule anvertraute Rechtsgut der Erziehung würde beträchtlichen Schaden erleiden, wenn der erwiesene Umgang eines Schülers mit Rauschgift, insbesondere innerhalb des Verantwortungsbereiches der Anstalt, die Schule nicht zur Ergreifung geeigneter Ordnungsmaßnahmen veranlassen würde. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass der Konsum von Rauschgift, die Herstellung von Kontakten zum Erwerb von Rauschgift und dessen Weitergabe an Mitschüler einen Schulausschluss rechtfertigen (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 7. Februar 1996 – 2 B 10106/96 –, NJW 1996, 1690, sowie vom 7. Mai 1996 – 2 B 11101/97.OVG –, n.v.; BayVGH, Beschlüsse vom 10. Juni 1997 – 7 ZS 97.1403 –, NVwZ-RR 1998, 239 [240]; vom 14. Juni 2002, 7 CS 02.776 –, BayVBl. 2002, 671; vom 28. April 2003 – 7 ZB 02.2230 –, juris Rn. 9; einschränkend OVG Berlin, Beschluss vom 30. Mai 1997 – 7 S 33.97 –, juris Rn. 8).
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bb) Ausweislich des von OStR X. unter dem 11. Dezember 2011 verfassten Vermerks „Begründung Schulausschluss gegen A., Klasse 9e“
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(„Die Schule hält es für erwiesen, dass […] A. versucht hat Marihuana an Mitschüler zu verkaufen [Angebot erfolgte an B.]. In mindestens einem Fall hat er selbst Marihuana von C. gekauft. Auch bei A. lässt der zeitliche Ablauf der Vorfälle darauf schließen, dass es sich hier nicht um einen einmaligen Vorfall, sondern um mehrere Vorfälle bestehend aus Verkaufsangebot an Mitschüler, Ankauf und Vorzeigen von Joints handelt.“),
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des Einladungsschreibens an die Eltern des Klägers zur Sitzung der Gesamtkonferenz vom 6. Dezember 2011
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(„[W]ir legen Ihrem Sohn zur Last, vor und nach den Herbstferien Drogen gekauft und anderen Schülern zum Kauf angeboten zu haben.“),
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des im Protokoll der Gesamtkonferenz vom 14. Dezember 2011 wiedergegebenen Berichts des Mittelstufenteams
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(„Glaubwürdige Mitschüler berichten von der Vermittlung und dem Verkaufsangebot von Marihuana durch A. vor den Herbstferien und im November, was von diesem aber bestritten wird.“)
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sowie des angefochtenen Bescheids vom 15. Dezember 2011
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(„A. wird von mehreren glaubhaften Zeugen mit Angaben von Ort und Zeit beschuldigt, an der Schule während der Schulzeit Drogen [2 Joints] gekauft und anderen Schülern vor den Herbstferien zum Kauf angeboten zu haben. Nach den Herbstferien hat er Joints von C. im Schulgebäude auf der Jungentoilette gekauft. In einer anderen Situation hat er Mitschülern seine Joints im Klassenraum gezeigt. Daher kommen wir zu dem Schluss, dass er nicht nur selbst Drogen konsumiert, sondern diese auch Mitschülern aktiv zum Kauf angeboten hat.“)
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hat die Gesamtkonferenz ihrer Entscheidung, den Kläger von der Schule auszuschließen, allein die Annahme zugrunde gelegt, er habe nachweislich mit illegalen Drogen gehandelt. Auch der Widerspruchsbescheid vom 3. April 2012 stellt ausschließlich darauf ab, der Kläger habe
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„durch sein Handeln mit Drogen den Schulbetrieb massiv gestört und darüber hinaus das Zusammenleben in der Schule erheblich erschwert und gefährdet“, die Schule könne jedoch „auf dem Schulgelände in keinem Fall Drogen, Drogenkonsum oder den Handel mit Drogen dulden.“
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Diesen vom Kläger bestrittenen Sachverhalt hat die vor dem Verwaltungsgericht durchgeführte Beweisaufnahme jedoch nicht bestätigt. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, weshalb hierauf gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen wird. Zwar sprechen die Übergabe selbstgedrehter Zigaretten auf der Toilette, die vom Kläger im September 2011 an C. gesendeten Kurznachrichten
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(„Ey du hast doch gesagt das dir jemand was besorgt Kannst du mir auch was holen??“; „Ja kannst du morgen nochmal mitnehmen?? Da bin ich sicher da Wieviel muss ich dir nochmal dafür geben??:-*“)
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sowie dessen Antwort
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(„Ja okay… Ja geb einfach 8 Euro passt schon :)… 1. Große pause auf dem Klo <3“)
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ebenso für eine Übergabe illegaler Drogen wie die verzögerten und in ihrer Glaubhaftigkeit zumindest zweifelhaften Erklärungen des Klägers (vgl. auch AG Mainz, Urteil vom 27. April 2012 – 3331 Js 4081/12 jug.407Ds –). Insbesondere ergibt sich aus den vorstehenden Kurznachrichten, dass der Kläger an C. Geld nicht lediglich zur Begleichung von Schulden aus Supermarkteinkäufen übergeben hat. Auch haben die Schulleiterin sowie der Mittelstufenleiter übereinstimmend bekundet, der Vater des Klägers habe ihnen gegenüber die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe eingeräumt, ohne dass Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, warum beide Lehrer ungeachtet drohender straf- und disziplinarrechtlicher Sanktionen wahrheitswidrige Angaben machen sollten. Die vom Kläger veranlasste Haaranalyse ist schließlich aufgrund der mit ihr verbundenen Ungereimtheiten gleichfalls nicht geeignet, die Bedenken an der Wahrheitsgemäßheit seiner Darstellung zu zerstreuen (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2012 – 2 B 10386/12.OVG –).
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Letztlich verbleiben jedoch – wenn auch nur geringe – Zweifel, ob die „selbstgedrehten Zigaretten“ tatsächlich illegale Substanzen enthielten oder ob der dahingehende erhebliche Verdacht nicht lediglich – wie vom Kläger vorgetragen – durch „pubertäres Imponiergehabe“ verursacht wurde. Zum Inhalt der von C. erworbenen sowie der den Mitschülern vorgezeigten Zigaretten konnten weder B. noch D. Angaben machen. LOStDir’in Y. und OStR X. wiederum haben nur bezeugen können, dass sie die Ausführungen des Vaters des Klägers als Eingeständnis verstanden haben. Die Schulleiterin hat hingegen angegeben, über die Inhaltsstoffe sei nicht gesprochen worden. Ob sich die Ausführungen des Vaters des Klägers hinsichtlich des Erwerbs, Angebots und Vorzeigens von „Joints“ damit tatsächlich auf Marihuana oder Haschisch oder lediglich auf die äußere Erscheinung der Zigaretten bezogen und ob dieser wiederum den Inhalt des Gesprächs mit dem Kläger vollständig wiedergegeben hat, wird damit nicht belegt. Auch insoweit bestehen zwar erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass es tatsächlich um Betäubungsmittel ging. Wegen der vorgenannten Zweifel kann jedoch nicht mit der für eine Urteilsfindung erforderlichen Gewissheit festgestellt werden, dass der Kläger in der Schule mit Rauschgift gehandelt hat.
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b) Vielmehr kann aufgrund der vorliegenden Beweismittel sowie der Einlassungen der Beteiligten im Straf- und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der schulrechtlichen Bewertung derzeit lediglich zugrunde gelegt werden, dass der Kläger von C. „Shisha-Tabak“, „Legal Highs“ und „Kräutermischungen“ erworben hat, die Übergabe (auch) auf der Schultoilette erfolgte (Schriftsatz vom 27. April 2012, S. 2 und 3; Kurznachrichten vom 20. September 2011), er in der Schule wie „Joints“ aussehende selbstgedrehte Zigaretten mit „Shisha-Tabak“ und „Legal Highs“ bei sich führte (Klageschrift vom 30. April 2012, S. 5) und dem Mitschüler B. gegenüber – wenn auch auf dessen Nachfrage nach Drogen hin – angegeben hat, er könne ihm möglicherweise etwas besorgen.
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Auch ein solches Verhalten begründet allerdings eine ernstliche Gefahr für die Erziehung der anderen Schülerinnen und Schüler im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 SchulG und kann einen – auch dauerhaften – Schulausschluss rechtfertigen.
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aa) Insoweit kommt es nicht darauf an, ob „Legal Highs“ und „Kräutermischungen“ in den Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes fallen und ob ihr unerlaubtes Inverkehrbringen strafbar ist (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 7. März 2013 – 3 StR 437/12 –, juris; OLG Nürnberg, Urteil vom 10. Dezember 2012 – 1 St OLG Ss 246/12 –, juris; Patzak/Volkmer, NStZ 2011, 498; Nobis, NStZ 2012, 422). Schulische Ordnungsmaßnahmen sind weder Strafen noch bezwecken sie eine (zusätzliche) Sanktionierung strafbaren Verhaltens. Vielmehr dienen sie der Wahrung des schulischen Erziehungsauftrags. Trotz ihres repressiven und reaktiven Charakters steht nicht der Sühne- oder Vergeltungsgedanke, sondern der erzieherische Aspekt im Vordergrund (vgl. Tangermann, BayVBl. 2008, 357 [358]).
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Ungeachtet der Strafbarkeit nach dem Betäubungs- oder dem Arzneimittelgesetz gefährden „Legal Highs“ und ähnliche Produkte die schulische Erziehung. Ihre Propagierung und Verbreitung in der Schule bedeuten daher eine ernstliche Gefahr für die Schülerinnen und Schüler. „Legal Highs“ sind synthetische Drogen, die als angeblich legale Alternativen zu illegalen Drogen vermarktet werden. Sie enthalten in der Regel jedoch ebenfalls Betäubungsmittel oder chemische, psychoaktive Substanzen (oftmals synthetische Cannabinoide) aus der Pharmaforschung und können eine ähnliche Wirkung wie illegale Drogen haben. Die Substanzen werden in illegalen Labors gemischt, wobei die Hersteller auf die Unterstellung einzelner Stoffe unter das Betäubungsmittelgesetz in der Regel umgehend dadurch reagieren, dass diese durch neue Inhaltsstoffe ersetzt werden. Ihre Neuheit sowie die Geschwindigkeit und Vielzahl, in der sie angeboten werden, machen eine angemessene und zeitnahe betäubungsmittelrechtliche Kontrolle dieser Drogen äußerst schwierig (vgl. BT-Drucks. 17/7706, S. 2; Warnung des Bundeskriminalamts und der Drogenbeauftragten der Bundesregierung vor dem Konsum von „Legal Highs“ vom 20. Dezember 2010, http://www.bka.de/nn_206064/DE/ThemenABisZ/Kriminalpraevention/Warnhinweise/101220__legalHighs.html; Drogenreferat der Stadt Frankfurt/Main, Informationen zu „Legal Highs“, http://www.frankfurt.de/sixcms/media.php/738/infopapier_legal_%20high.pdf).
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„Legal Highs“ werden danach zu Rauschzwecken als (vermeintlich) legale Alternative zu illegalen Drogen konsumiert. Sie sind bewusst darauf angelegt, vergleichbare Wirkungen zu erzielen sowie die Restriktionen des Betäubungsmittelrechts zu umgehen. Eine solche Flucht in psychoaktive Substanzen am Rande der Legalität widerspricht der staatlichen Erziehung zu einem bewussten und eigenverantwortlichen Leben; sie fördern zudem selbst dann, wenn sie im Einzelfall nicht unter betäubungs- und arzneimittelrechtliche Verbote fallen, die Bereitschaft, auch einmal „echte“ Drogen auszuprobieren, und senken damit – gerade im Hinblick auf ihre vermeintliche Legalität – die Hemmschwelle für einen Einstieg in den Drogenkonsum. Ihr Gefährdungspotential für die Entwicklung von Schülern steht vor diesem Hintergrund demjenigen illegaler Drogen wie Haschisch oder Marihuana letztlich nicht nach. Hinzu kommen erhebliche unkalkulierbare gesundheitliche Risiken. Es wurden Fälle aus ganz Deutschland bekannt, in denen es nach dem Konsum von „Legal High“-Produkten zu teilweise schweren, mitunter lebensgefährlichen Intoxikationen kam und die meist jugendlichen Konsumenten mit Kreislaufversagen, Ohnmacht, Psychosen, Wahnvorstellungen, Muskelzerfall bis hin zu drohendem Nierenversagen in Krankenhäusern notfallmedizinisch – einschließlich künstlicher Beatmung und Reanimation – behandelt werden mussten (vgl. BT-Drucks. 17/7706, S. 2; Warnung des Bundeskriminalamts und der Drogenbeauftragten der Bundesregierung vor dem Konsum von „Legal Highs“ vom 20. Dezember 2010).
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bb) Darüber hinaus bedeutet auch das Vorspiegeln der Verfügbarkeit von Drogen eine Propagierung von deren Konsum und ist damit geeignet, andere Schüler zu derartigen „Experimenten“ zu verleiten. Selbst wenn der Kläger daher in der Schule nicht mit illegalen Drogen gehandelt haben sollte, so hat er doch bewusst – nach seinem Vortrag aufgrund jugendlichen Imponierbedürfnisses – den gegenteiligen Anschein erweckt. Berücksichtigt man die Aussagen von B., D. und E., so glaubten mehrere Schüler, der Kläger habe Zugang zu Drogen. Die Aufgabe der Schule, ein drogenfreies Umfeld zu gewährleisten, wird hierdurch erheblich erschwert und ihre Erfüllung gegenüber sowohl Mitschülern als auch deren Eltern nachhaltig in Zweifel gezogen.
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Hinzu kommt, dass es der Schule in diesen Fällen regelmäßig nicht oder nur äußerst schwer möglich ist, den positiven Nachweis eines Handelns mit illegalen Drogen zu führen. Ein Schulausschluss als die auch in der Rechtsprechung als angemessen anerkannte Reaktion im Falle der Einbringung von Betäubungsmitteln in das schulische Umfeld käme daher in der Regel nur gegenüber geständigen oder gegenüber solchen Schülern in Betracht, in deren Besitz auf dem Schulgelände Drogen gefunden werden. Selbst bei gewichtigen, dem Schüler zurechenbaren Verdachtsmomenten zusätzlich den uneingeschränkten Nachweis des Einbringens „echter“ Drogen zu verlangen, erweckte angesichts der generell erschwerten Nachweisbarkeit derartiger Verstöße – Drogenhandel, bei dem sich alle Beteiligten strafbar machen und daher kein Interesse an der Offenlegung haben, findet meist im Verborgenen statt, wobei Absatzmöglichkeiten andererseits davon abhängen, dass Bezugsquellen gerüchteweise bekannt sind – den Anschein, im Vertrauen darauf, sich notfalls in die (Schutz-)Behauptung von „Scheindrogen“ zu flüchten, könnten Drogen gefahrlos im schulischen Umfeld lanciert oder zumindest zur Steigerung des Ansehens unter Mitschülern verwendet werden. Einen Schulausschluss nur unter der Bedingung des unzweifelhaften Nachweises des Handelns mit illegalen Drogen für rechtmäßig zu erachten, würde zudem die negative Vorbildfunktion, die schon durch den bewusst erweckten Anschein des Drogenhandels ausgelöst wird, ebenso ignorieren wie den Umstand, dass auch ein solches Verhalten den Konsum von Rauschgiften propagiert.
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cc) Derartige Verhaltensweisen können daher einen Schulausschluss rechtfertigen, und zwar nach den Umständen des Einzelfalls – insbesondere unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Schülers, seiner Einsichtsfähigkeit sowie der Einwirkung der Eltern – auch ohne vorherige Androhung gemäß § 55 Abs. 4 Satz 2 SchulG, § 99 Abs. 2 ÜSchulO. Insofern verweist der Senat auf seine Ausführungen im Beschluss vom 16. Juli 2012 – 2 B 10386/12.OVG –, S. 6 ff.
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c) Hierauf hat die hierzu allein berufene Gesamtkonferenz den Schulausschluss des Klägers bislang jedoch nicht gestützt. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der dahingehende Vortrag des Beklagten eine bloße Ergänzung der Ermessenserwägungen im Sinne des § 114 Satz 2 VwGO oder eine Auswechselung der Begründung darstellt.
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Gemäß § 99 ÜSchulO entscheidet die Gesamtkonferenz darüber, ob ein Schüler von der Schule ausgeschlossen oder ob gegen ihn eine andere Ordnungsmaßnahme ausgesprochen wird. Ihr Beschluss wiederum ist für die Schulleitung nach § 27 Abs. 6 Satz 1 SchulG bindend. Wie vorstehend dargelegt, hat die Gesamtkonferenz des Gymnasiums … ihrer Entscheidung über die gegen den Kläger zu treffende Maßnahme ausschließlich zugrunde gelegt, er habe mit Haschisch oder Marihuana gehandelt. Anderweitige Überlegungen der Konferenz bzw. der Mehrheit ihrer Teilnehmer sind nicht, insbesondere nicht aus den Sitzungsprotokollen, erkennbar. Eine „Erweiterung“ der Ausschlussgründe auf den Anschein des Drogenhandels erfolgte vielmehr erst durch die Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie – allerdings widersprüchlich – in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung durch den Bevollmächtigten des Beklagten. Ohne eine dahingehende Beschlussfassung der zuständigen Gesamtkonferenz können jedoch die bislang erkennbar gewordenen Erwägungen weder durch die Schulleitung noch durch die Aufsichtsbehörde ergänzt werden (vgl. OVG RP, Beschluss vom 7. Februar 1996 – 2 B 10106/96.OVG –, NJW 1996, 1690).
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2. Darüber hinaus liegt auch kein Verfahrensfehler vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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Die Rüge, das Verwaltungsgericht hätte auch D. als Zeugen vernehmen müssen, ist bereits deshalb unbegründet, weil es der Beklagte unterlassen hat, in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts einen dahingehenden förmlichen Beweisantrag zu stellen. Darüber hinaus mussten sich dem Verwaltungsgericht die vom Beklagten angemahnten Ermittlungen nicht aufdrängen, da auch dieser Schüler keine Angaben zum Inhalt der vom Kläger vorgezeigten Zigaretten machen konnte.
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Der Einwand, der Bevollmächtigte habe in der mündlichen Verhandlung aus staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten zitiert, ohne dass das Verwaltungsgericht oder der Beklagte den Wahrheitsgehalt der Vorhaltungen hätten prüfen können, wird schließlich dadurch widerlegt, dass der Klägerbevollmächtigte ausweislich des Protokolls in der mündlichen Verhandlung Kopien der wiedergegebenen Passagen verteilt hat.
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3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz.
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Annotations
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.