Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 23. März 2009 - 2 A 10100/09

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2009:0323.2A10100.09.0A
bei uns veröffentlicht am23.03.2009

Tenor

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 2. Dezember 2008 zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) und 2) zu tragen. Die Beigeladenen zu 3) und 4) haben ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,-- € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - nicht vorliegt. Denn eine Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in einem späteren Berufungsverfahren ist nicht zu erwarten.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Verzichts der Beigeladenen zu 1) und 2) auf ihr Amt als Mitglied im Verbandsgemeinderat und der Rechtswidrigkeit des Beschlusses über die Fortschreibung des Flächennutzungsplans der Beklagten zu 2) wegen der Mitwirkung der in den Rat nachgerückten Beigeladenen zu 3) und 4) zu Recht als unzulässig abgewiesen.

3

Bei dem Streit zwischen einer Fraktion und dem Gemeinderat über die Wirksamkeit der Niederlegung eines Ratsmandats und die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses handelt es sich um einen Kommunalverfassungsstreit. Hierunter sind Streitigkeiten zwischen Organen einer Selbstverwaltungskörperschaft oder innerhalb solcher Organe zu verstehen (OVG RP, AS 9, 335). Gestritten wird dabei um die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen und Handlungen dieser Organe aus dem Bereich ihres inneren Verfassungslebens. Trotz des Fehlens eines Außenrechtsverhältnisses setzt die Zulässigkeit der im Rahmen des kommunalen Verfassungsstreitverfahrens statthaften Feststellungsklage nach einhelliger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte die Möglichkeit der Verletzung kommunalverfassungsrechtlich eingeräumter eigener Rechte des klagenden Organs oder Organteils voraus. Denn andernfalls liefe der Kommunalverfassungsstreit auf ein objektives Beanstandungsverfahren hinaus, das dem auf Individualrechtsschutz angelegten System der Verwaltungsgerichtsordnung fremd wäre. Die Prüfung objektiver Rechtsverletzungen ist vielmehr ausschließlich der Staatsaufsicht zugewiesen (BVerwG, NVwZ 1989, 470; OVG RP, AS 19, 65 [67]; OVG NRW, Urteil vom 2. Mai 2006 - 15 A 817/04 -, juris; VGH BW, Urteil vom 25. März 1999 - 1 S 2059/98 -, juris).

4

Demnach setzt die Zulässigkeit der Klage im vorliegenden Fall voraus, dass die Klägerin durch den Verzicht der Beigeladenen zu 1) und 2) auf das Amt eines Ratsmitglieds gemäß § 30 Abs. 3 Gemeindeordnung - GemO - und durch den Beschluss der Beklagten zu 1) über die Fortschreibung des Flächennutzungsplans in ihrer durch die Gemeindeordnung gewährleisteten Stellung als Verbandsgemeinderatsfraktion und damit in eigenen Rechten betroffen sein kann. Dies ist nicht der Fall.

5

Nach § 30a Abs. 1 Satz 1 GemO können sich Ratsmitglieder zu einer Fraktion zusammenschließen. Die Fraktionen wirken gemäß § 30a Abs. 3 GemO bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung im Gemeinderat mit; sie können insoweit ihre Auffassung öffentlich darstellen. Dieses allgemeine Mitwirkungsrecht wird in weiteren Vorschriften näher ausgeformt: Nach § 33 Abs. 3 Satz 1 und 2 GemO hat eine Gemeinderatsfraktion gegenüber dem Bürgermeister das Recht auf Unterrichtung. Sie kann darüber hinaus verlangen, dass einem Ausschuss oder einzelnen vom Gemeinderat beauftragten Ratsmitgliedern Einsicht in die Akten gewährt wird, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Gemeinderats vorliegt. Des Weiteren ist gemäß § 34 Abs. 5 Satz 2 GemO auf Antrag einer Fraktion eine Angelegenheit, die zu den Aufgaben des Gemeinderates gehört, auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen. Außerdem werden nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GemO die Mitglieder der Ausschüsse und ihre Stellvertreter aufgrund von Vorschlägen der im Gemeinderat vertretenen Gruppen und damit auch der Fraktionen gewählt. Schließlich haben Fraktionen aufgrund des § 16 Abs. 3 Satz 3 GemO das Recht, in einer Einwohnerversammlung zu den Gegenständen der Unterrichtung des Bürgermeisters Stellung zu nehmen.

6

Durch den Verzicht auf das Amt eines Ratsmitglieds gemäß § 30 Abs. 3 GemO werden weder der Bestand einer Fraktion noch ihre Möglichkeiten berührt, die gesetzlichen Mitwirkungsrechte wahrzunehmen. Handelt es sich bei dem ausgeschiedenen Ratsmitglied um einen Angehörigen der Fraktion, rückt gemäß § 45 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz - KWG - vom Wahlvorschlag der jeweiligen Partei oder Gruppierung eine Ersatzperson in den Gemeinderat und die Fraktion nach. Damit bleibt die bisherige Fraktion als Organteil des Gemeinderates erhalten. Erst Recht wird die Rechtstellung einer Fraktion nicht berührt, wenn das Ratsmitglied, das auf sein Amt verzichtet, - wie vorliegend - nicht der klagenden Fraktion angehört. Des Weiteren kann eine Gemeinderatsfraktion die ihr von der Gemeindeordnung eingeräumten Rechte bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung im Gemeinderat ungehindert ausüben, auch wenn einzelne Mitglieder des Rates ihr Mandat niedergelegt haben.

7

Die Rechtsstellung einer Gemeinderatsfraktion umfasst über die im Einzelnen gesetzlich geregelten Mitwirkungsrechte hinaus nicht die Befugnis, die Unwirksamkeit des Verzichts auf das Amt eines Ratsmitglieds gerichtlich geltend zu machen. Nach § 30 Abs. 1 GemO üben die Ratsmitglieder ihr Amt unentgeltlich nach freier, nur durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl bestimmter Gewissensüberzeugung aus; sie sind an Weisungen oder Aufträge ihrer Wähler nicht gebunden. Das hierdurch gesetzlich garantierte freie Ratsmandat schließt die Möglichkeit des Verzichts auf das Amt ein. Denn die Mitgliedschaft in einem Gemeinderat gehört zu den politischen Ehrenämtern nach § 18 Abs. 1 2. Halbsatz GemO, die jederzeit ohne Angabe von Gründen niedergelegt werden können. Dementsprechend ist der Verzicht auf das Amt eines Ratsmitglieds gemäß § 30 Abs. 3 GemO dem Bürgermeister lediglich schriftlich zu erklären. Abgesehen von dieser formellen Anforderung hängt die Wirksamkeit der Niederlegung des Mandats somit von keinen sonstigen, insbesondere materiell-rechtlichen Voraussetzungen ab. Deshalb entzieht sich die Entscheidung eines Ratsmitglieds, auf sein Amt zu verzichten, jeglicher rechtlicher Bewertung und Überprüfung. Anderenfalls würde unzulässig in das Recht eingegriffen, auf ein Ratsmandat ohne weiteres verzichten zu können. Folglich kann die Klägerin nicht geltend machen, die Beigeladenen zu 1) und 2), die von der Entscheidung über die Fortschreibung des Flächennutzungsplans gemäß § 22 GemO wegen Sonderinteresse ausgeschlossen waren, könnten ihr Amt nicht wirksam niederlegen, um die Mitwirkung unbefangener Ratsmitglieder zu ermöglichen. Die Frage, ob durch den Amtsverzicht die Ausschließungsregelung des § 22 GemO umgangen wird, kann nämlich nicht anhand rechtlicher Maßstäbe beantwortet werden.

8

Die Klägerin kann sich zur Begründung einer Verletzung in ihr zustehenden Rechten auch nicht darauf berufen, dass der Verzicht auf das Amt des Ratsmitglieds durch die Beigeladenen zu 1) und 2) und das Nachrücken der Beigeladenen zu 3) und 4) in den Verbandsgemeinderat als Ersatzleute den Erfolgswert der von ihren Mitgliedern im Rat abgegebenen Stimmen verletze. Der Erfolgswert einer Stimme kann nur dann berührt sein, wenn deren zahlenmäßiges Gewicht durch eine fehlerhafte Zusammensetzung des Rates verfälscht wird. Hieran fehlt es bereits. Denn der Verzicht der Beigeladenen zu 1) und 2) auf ihr Amt als Ratsmitglied ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil die Wirksamkeit der Mandatsniederlegung - wie sich aus den bisherigen Ausführungen ergibt -, abgesehen von den im vorliegenden Fall eingehaltenen formellen Anforderungen, von keinen weiteren Voraussetzungen abhängt. Auch die Berufung der Beigeladenen zu 3) und 4) in den Verbandsgemeinderat als Ersatzleute gemäß § 45 KWG begegnet keinen Bedenken. Bei den danach verbleibenden möglichen Auswirkungen der veränderten Zusammensetzung des Verbandsgemeinderates auf Abstimmungsergebnisse handelt es sich um eine nur mittelbare Betroffenheit der Klägerin im Sinne eines Reflexes, der mangels einer unmittelbaren Verletzung eigener Rechte grundsätzlich nicht geeignet ist, eine Klagebefugnis zu begründen (vgl. OVG RP, AS 19, 65 [70]).

9

Schließlich kann die Klägerin nicht die Rechtswidrigkeit des Beschlusses über die Fortschreibung des Flächennutzungsplanes geltend machen. Da die Mandatsniederlegung der Beigeladenen zu 1) und 2) und das Nachrücken der Beigeladenen zu 3) und 4) in den Rat keine Rechtsfehler aufweisen, können die nachfolgend vom Verbandsgemeinderat gefassten Beschlüsse nicht wegen der Mitwirkung der Ersatzleute rechtswidrig sein. Im Übrigen besteht kein Recht einer Ratsfraktion auf die Überprüfung der objektiven Rechtmäßigkeit von Ratsbeschlüssen (vgl. OVG RP, AS 19, 65 [67].

10

Die Kostenentscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

11

Die Festsetzung des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz in Verbindung mit Ziffer 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Wenn die Vermögens-, Finanz- oder Ertragsentwicklung eines Instituts oder andere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass das Institut

1.
die Anforderungen der Artikel 92 bis 386 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 oder des § 10 Absatz 3 und 4,
2.
die Anforderungen der Artikel 412 und 413 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 oder des § 11,
3.
die Anforderungen des § 6c,
4.
die kombinierte Kapitalpufferanforderung nach § 10i,
4a.
die Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote nach § 10j,
5.
die Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten und die Anforderung an das Verlustabsorptionskapital nach den §§ 49 bis 51 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes oder
6.
die Anforderungen des § 51a Absatz 1 oder Absatz 2 oder des § 51b
nicht erfüllt oder zukünftig voraussichtlich nicht erfüllen wird, kann die Aufsichtsbehörde gegenüber dem Institut Maßnahmen zur dauerhaften Erfüllung der Anforderungen anordnen.

(2) Die Aufsichtsbehörde kann insbesondere

1.
anordnen, dass das Institut der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank eine begründete Darstellung der Entwicklung der wesentlichen Geschäftsaktivitäten über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren, einschließlich Planbilanzen, Plangewinn- und -verlustrechnungen sowie der bankaufsichtlichen Kennzahlen, vorlegt,
2.
anordnen, dass das Institut Maßnahmen zur besseren Abschirmung oder Reduzierung der vom Institut als wesentlich identifizierten Risiken und damit verbundener Risikokonzentrationen prüft und der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank darüber berichtet, wobei auch Konzepte für den Ausstieg aus einzelnen Geschäftsbereichen oder die Abtrennung von Instituts- oder Gruppenteilen erwogen werden sollen,
3.
anordnen, dass das Institut der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank über geeignete Maßnahmen zur Erhöhung seines Kernkapitals, seiner Eigenmittel und seiner Liquidität berichtet,
4.
anordnen, dass das Institut ein Konzept zur Abwendung einer möglichen Gefahrenlage nach § 35 Absatz 2 Nummer 4 entwickelt und der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank vorlegt,
5.
Entnahmen durch die Inhaber oder Gesellschafter sowie die Ausschüttung von Gewinnen untersagen oder beschränken,
6.
bilanzielle Maßnahmen untersagen oder beschränken, die dazu dienen, einen entstandenen Jahresfehlbetrag auszugleichen oder einen Bilanzgewinn auszuweisen,
7.
anordnen, dass die Auszahlung jeder Art von gewinnabhängigen Erträgen auf Eigenmittelinstrumente insgesamt oder teilweise ersatzlos entfällt, wenn die gewinnabhängigen Erträge nicht vollständig durch einen erzielten Jahresüberschuss gedeckt sind,
8.
die Gewährung von Krediten im Sinne von § 19 Absatz 1 untersagen oder beschränken,
9.
anordnen, dass das Institut Maßnahmen zur Reduzierung von Risiken, einschließlich der mit ausgelagerten Aktivitäten und Prozessen verbundenen Risiken, ergreift, soweit sich diese aus bestimmten Arten von Geschäften und Produkten oder der Nutzung bestimmter Systeme ergeben,
10.
anordnen, dass das Institut den Jahresgesamtbetrag, den es für die variable Vergütung aller Geschäftsleiter und Mitarbeiter vorsieht (Gesamtbetrag der variablen Vergütungen), auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränkt oder vollständig streicht, soweit diese variablen Vergütungsbestandteile nicht durch Tarifvertrag oder in seinem Geltungsbereich durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung vereinbart sind,
11.
die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile untersagen oder auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränken, soweit diese variablen Vergütungsbestandteile nicht durch Tarifvertrag oder in seinem Geltungsbereich durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung vereinbart sind,
12.
anordnen, dass das Institut darlegt, wie und in welchem Zeitraum die in Absatz 1 genannten Anforderungen nachhaltig wieder erfüllt werden können (Restrukturierungsplan), und es der Aufsichtsbehörde und der Deutschen Bundesbank regelmäßig über den Fortschritt der hierzu ergriffenen Maßnahmen berichtet, und
13.
anordnen, dass das Kreditinstitut eine oder mehrere Handlungsoptionen aus einem Sanierungsplan nach § 13 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes umsetzt.

(3) Der Restrukturierungsplan nach Absatz 2 Nummer 12 muss transparent, plausibel und begründet sein. Im Restrukturierungsplan sind

1.
konkrete Ziele, Zwischenziele und Fristen für die Umsetzung der dargelegten Maßnahmen zu benennen, die von der Aufsichtsbehörde überprüft werden können,
2.
Verantwortlichkeiten zuzuweisen,
3.
Berichtswege aufzuzeigen,
4.
die Auswirkungen des Restrukturierungsplans auf die Eigenmittelausstattung einschließlich einer mittelfristigen Kapitalplanung darzulegen und
5.
die bestehende Vermögens- und Ertragslage und deren geplante Entwicklung darzustellen.
Die Aufsichtsbehörde kann jederzeit Einsicht in den Restrukturierungsplan und die zugehörigen Unterlagen nehmen. Die Aufsichtsbehörde kann die Änderung des Restrukturierungsplans verlangen und hierfür Vorgaben machen, soweit sie die angegebenen Ziele, Zwischenziele und Umsetzungsfristen für nicht ausreichend hält oder wenn sich für den Restrukturierungsplan wesentliche Umstände geändert haben oder das Institut die Ziele, Zwischenziele oder Umsetzungsfristen nicht einhalten kann.

(4) Die Absätze 1 und 2 Nummer 1 bis 7 und 9 bis 12 sind auf übergeordnete Unternehmen nach § 10a sowie auf Institute, die nach Artikel 22 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 zur Teilkonsolidierung verpflichtet sind, entsprechend anzuwenden, wenn eine oder mehrere der in Absatz 1 aufgezählten Anforderungen auf zusammengefasster Basis nicht erfüllt werden oder zukünftig voraussichtlich nicht mehr erfüllt werden können. Bei einem gruppenangehörigen Institut, das nach § 2a Absatz 1 freigestellt ist, kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass die Vorschriften der Artikel 24 bis 403 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entgegen der Freistellung ganz oder teilweise wieder anzuwenden sind.

(5) Die Aufsichtsbehörde darf die in Absatz 2 Nummer 5 bis 13 und Absatz 4 bezeichneten Anordnungen erst treffen, wenn das Institut oder die gemischte Finanzholding-Gesellschaft den Mangel nicht innerhalb einer von der Aufsichtsbehörde zu bestimmenden Frist behoben hat. Soweit dies zur Verhinderung einer kurzfristig zu erwartenden Verschlechterung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragsentwicklung des Instituts nach Absatz 1 erforderlich ist oder soweit bereits Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 4 ergriffen wurden, sind solche Anordnungen auch ohne vorherige Androhung zulässig.

(6) Beschlüsse über eine Gewinnausschüttung sind nichtig, soweit sie einer Anordnung nach Absatz 2 oder 4 widersprechen. Aus Regelungen in Verträgen über Eigenmittelinstrumente können keine Rechte abgeleitet werden, soweit diese einer Anordnung nach Absatz 2 Nummer 5 bis 13 oder Absatz 4 widersprechen.

(7) Bei einer Streichung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung oder einer Untersagung der Auszahlung von variablen Vergütungsbestandteilen nach Absatz 2 Nummer 10 oder 11 kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass die Ansprüche auf Gewährung variabler Vergütungsbestandteile ganz oder teilweise erlöschen, wenn bei Untersagung der Auszahlung oder innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach Untersagung der Auszahlung

1.
das Institut außerordentliche staatliche Unterstützung in Anspruch nimmt und die Voraussetzungen für die Untersagung der Auszahlung bis zu diesem Zeitpunkt nicht weggefallen sind oder allein auf Grund dieser Maßnahmen weggefallen sind,
2.
eine Anordnung der Aufsichtsbehörde nach Absatz 2 Nummer 1 bis 7 besteht oder getroffen wird oder
3.
Maßnahmen nach § 46 getroffen werden oder eine Abwicklungsanordnung im Sinne des § 77 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes ergangen ist.
Eine solche Anordnung soll insbesondere ergehen, wenn
1.
die Ansprüche auf Gewährung variabler Vergütungsbestandteile auf Grund solcher Regelungen eines Vergütungssystems eines Instituts entstanden sind, die den Anforderungen nach § 25a Absatz 1 Satz 3 Nummer 6 widersprechen, oder
2.
anzunehmen ist, dass ohne die außerordentliche staatliche Unterstützung das Institut nicht in der Lage gewesen wäre, die variablen Vergütungsbestandteile zu gewähren.
Ist anzunehmen, dass das Institut einen Teil der variablen Vergütungsbestandteile hätte gewähren können, sind die variablen Vergütungsbestandteile angemessen zu kürzen.

(8) Liegen die Voraussetzungen nach Absatz 7 Satz 1 und 2 vor, kann die Aufsichtsbehörde gegenüber dem Institut auch anordnen, dass das Institut sämtliche nach § 25a Absatz 5 Satz 4 dieses Gesetzes und nach § 20 Absatz 1 und 2 der Institutsvergütungsverordnung zurückbehaltenen variablen Vergütungen von Geschäftsleitern und Mitarbeitern kürzt oder streicht. Die Aufsichtsbehörde kann Anordnungen nach Absatz 2 Nummer 10 und 11 und nach Absatz 7 Satz 1 auch treffen, wenn ein Institut außerordentliche staatliche Unterstützung in Anspruch nimmt und die Anordnung zur Erhaltung einer soliden Eigenkapital- oder Liquiditätsausstattung oder zu einer frühzeitigen Beendigung der staatlichen Unterstützung geboten ist. Nimmt ein Institut staatliche Unterstützung in Anspruch, kann die Aufsichtsbehörde außerdem die Auszahlung von variablen Vergütungsbestandteilen an Geschäftsleiter des Instituts ganz oder teilweise untersagen und das Erlöschen der entsprechenden Ansprüche anordnen. Ansprüche auf variable Vergütung, die vor dem 1. Januar 2011 entstanden sind, können weder nach Absatz 7 noch nach den Sätzen 1 und 2 gekürzt oder gestrichen werden. Satz 3 ist nicht auf Ansprüche auf variable Vergütung anwendbar, die vor dem 1. Januar 2012 entstanden sind.

(9) Institute müssen der Möglichkeit einer Anordnung nach Absatz 2 Nummer 10 und 11 und nach den Absätzen 7 und 8 Satz 1 bis 3 in vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Geschäftsleitern und Mitarbeitern Rechnung tragen. Soweit vertragliche Vereinbarungen über die Gewährung einer variablen Vergütung einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen, können aus ihnen keine Rechte abgeleitet werden.

(10) Die Aufsichtsbehörde kann eine Maßnahme nach den Absätzen 1 bis 8 gegenüber einem in § 10 Absatz 4 Satz 1 aufgeführten Unternehmen oder einer dort aufgeführten Gruppe auch anordnen, wenn dieses oder diese die nach § 10 Absatz 4 angeordneten erhöhten Kapitalanforderungen nicht erfüllt.

(11) Zur Umsetzung der Anordnungen nach Absatz 8 oder § 10 Absatz 4 gelten für Beschlussfassungen der Anteilsinhaberversammlung des Instituts, die Kapitalmaßnahmen betreffen, die §§ 7 bis 7f, 9, 10, 12, 13 und 15 des Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes entsprechend. Dies gilt auch dann, wenn andere private oder öffentliche Stellen als der Finanzmarktstabilisierungsfonds zur Erreichung der Kapitalanforderungen teilweise oder vollständig beitragen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.