Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 30. Apr. 2014 - 10 B 10415/14

ECLI: ECLI:DE:OVGRLP:2014:0430.10B10415.14.0A
published on 30.04.2014 00:00
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 30. Apr. 2014 - 10 B 10415/14
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Gericht

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Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 17. April 2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil das Verwaltungsgericht die Anträge der Antragstellerinnen auf vorläufige Zulassung ihrer jeweiligen Wahlvorschläge zur Gemeinderatswahl der Ortsgemeinde W. am 25. Mai 2014 im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat. Denn diese Anträge sind unzulässig.

2

Die Rechtsprechung der rheinland-pfälzischen Verwaltungsgerichte beantwortet die Frage der Zulässigkeit von Rechtsschutz im Vorfeld von Kommunalwahlen nicht einheitlich. Das Oberverwaltungsgericht hat bisher insoweit den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Zulassung eines Wahlvorschlages nicht ausgeschlossen (vgl. OVGRP, Beschluss vom 8. März 1995 - 7 B 10556/95.OVG -; AS 25, 118 [127] unter Hinweis auf Beschluss vom 10. Juni 1994 - 7 B 11610/94.OVG -). Hiervon ausgehend ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße die Zulassung eines Wahlvorschlages im einstweiligen Anordnungsverfahren möglich, wenn in diesem Verfahren mit der erforderlichen Klarheit die Rechtswidrigkeit der Zurückweisung eines Wahlvorschlages festgestellt werden kann und die begehrte Zulassung nicht zu einer Verschiebung der Wahl führen würde (vgl. VG Neustadt a.d.W., Beschluss vom 13. Dezember 2011 - 3 L 1601/11.NW -, LRKZ 2012, 107). Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht Trier den Antrag eines Wahlbewerbers auf Zulassung zu einer Bürgermeisterwahl durch eine einstweilige Anordnung als unzulässig abgelehnt (vgl. VG Trier, Beschluss vom 19. April 2013 - 1 L 518/13.TR -), weil das Kommunalwahlgesetz vom 7. September 1992 (GVBl. S. 369), zuletzt geändert durch das 16. Landesgesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes vom 8. Mai 2013 (GVBl. S 139) - KWG - lediglich die nachträgliche Wahlprüfung vorsieht.

3

Ausgehend von dem wahlrechtliche Grundsatz, dass Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, nur mit den in den Wahlvorschriften vorgesehenen Rechtsbehelfen im nachträglichen Wahlprüfungsverfahren angefochten werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1986 - 2 BvE 1/86 -, juris), kann einstweiliger Rechtsschutz im Vorfeld einer Kommunalwahl nur in Ausnahmefällen zulässig sein. Solche Fälle liegen nur vor, wenn bei summarischer Prüfung bereits vor der Wahl festgestellt werden kann, dass das Wahlverfahren an einem offensichtlichen Fehler leidet, der in einem Wahlprüfungsverfahren gemäß § 50 Abs. 3 KWG zur Erklärung der Ungültigkeit der Wahl führen wird. Unter diesen engen Voraussetzungen dürfte auch die Verschiebung einer Wahl möglich sein.

4

Allerdings bleibt es im vorliegenden Fall bei der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Vorfeld der Gemeinderatswahl in der Ortsgemeinde W., weil bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung nicht mit der notwendigen Offensichtlichkeit festgestellt werden kann, dass der Wahlausschuss die Wahlvorschläge der Antragstellerinnen hätte zulassen müssen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

5

1. Offen ist, ob die am 7. April 2014 eingereichten Wahlvorschläge die ordnungsgemäße Aufstellung der Kandidaten der beiden Antragstellerinnen hinreichend belegt haben und der Wahlausschuss diese deshalb schon in seiner ersten Sitzung am 10. April 2014 hätte zulassen müssen. Zwar spricht inzwischen einiges dafür, dass diese Wahlvorschläge objektiv den gesetzlichen Anforderungen entsprachen. Insbesondere war ihnen als Anlage der Nachweis der mitgliedschaftlichen Organisation durch Einreichung der gültigen Satzung der Antragstellerinnen vom 3. bzw. 4. April 2014 gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 KWG i.V.m. §§ 25 Abs. 6 Nr. 6, 24 Abs. 2 der Kommunalwahlverordnung vom 11. Oktober 1983 - KWO - (GVBl. S. 247), zuletzt geändert durch 10. Landesverordnung zur Änderung der Kommunalwahlordnung vom 12. August 2013 (GVBl. S. 335) - KWO - beigefügt. Allerdings haben die Daten der Satzungen und die Termine der Aufstellungsversammlungen Zweifel aufgeworfen, ob die Antragstellerinnen zuvor bereits gegründet und deshalb in der Lage waren, zur Listenaufstellung ordnungsgemäß einzuladen. Denn die jeweiligen Daten der Satzungen stimmen mit dem Datum der Versammlung zur Aufstellung der Kandidaten überein. Deren ordnungsgemäße Durchführung setzt aber voraus, dass die Antragstellerinnen als mitgliedschaftlich organisierte Wählergruppen bei der Einladung zur Aufstellungsversammlung bereits bestanden und über funktionstüchtige Organe verfügt haben. Deshalb wäre es unzulässig gewesen, bei Neugründung einer Wählergruppe in der Gründungsversammlung zugleich die Bewerberaufstellung vorzunehmen (vgl. Unglaub, Lehmler, Rheinland-Pfälzisches Kommunalwahlrecht mit Erläuterungen 2014, Erläuterung 17.2 zu § 17 KWG).

6

Ob die nicht von vornherein unberechtigten Zweifel des Wahlausschusses daran, dass die Gründungen der Antragstellerinnen und die Bewerberaufstellung den rechtlichen Vorgaben entsprechend in unterschiedlichen Versammlungen stattfanden, durch die Niederschriften über die Aufstellung der Bewerberinnen und Bewerber oder sonst in der Sitzung des Wahlausschusses am 10. April 2014 ausgeräumt wurden, kann im vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend geklärt werden. Soweit in den Niederschriften jeweils auf schriftliche Einladungen zur Aufstellungsversammlungen vom 24. März 2014 verwiesen ist, ergab sich hieraus nicht, wann die Antragstellerinnen gegründet wurden.

7

Außerdem entzieht sich im vorliegenden Eilverfahren die Frage einer abschließenden Klärung, welche rechtlichen Konsequenz es hat, dass die Antragstellerinnen nach Einreichung der Wahlvorschläge am 7. April 2014 und vor der ersten Sitzung des Wahlausschusses am 10. April 2014 nicht auf die Bedenken gegen die ordnungsgemäße Aufstellung der Wahlvorschläge hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Vorlage der „Gründungsverträge“ und „Gründungssatzungen“ gegeben wurde (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 KWG).

8

2. Sollte sich die Zurückweisung der Wahlvorschläge der Antragstellerinnen in der ersten Sitzung des Wahlausschusses am 10. April 2014 als rechtmäßig erweisen, würde sich die weitere, einer abschließenden Beantwortung im vorliegenden Eilverfahren nicht zugängliche Frage stellen, ob der Zulassung der Wahlvorschläge in der zweiten Sitzung am 25. April 2014 § 23 Abs. 4 KWG in direkter oder analoger Anwendung entgegenstand. Danach ist nach der Entscheidung über die Zulassung des Wahlvorschlages jede Mängelbeseitigung ausgeschlossen. Insofern bedarf es einer eingehenden Prüfung, ob die mit Schreiben vom 14. April 2014 vorgelegten „Gründungsverträge“ sowie die „Gründungssatzungen“ vom 23. bzw. 24. März 2014 vom Wahlausschuss noch hätten berücksichtigt werden müssen.

9

3. Schließlich ergibt sich ein Anspruch der Antragstellerinnen auf Zulassung ihrer Wahlvorschläge nicht aus der mit Sofortvollzug versehenen kommunalaufsichtlichen Verfügung vom 16. April 2014. Rechtlicher Maßstab des Senats für die Zulassung von Wahlvorschlägen sind unabhängig von der in der genannten Anordnung zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung der Kommunalaufsicht allein die wahlrechtlichen Vorschriften. Eine „Kassation“ dieser Verfügung kommt entgegen der im Schriftsatz der Antragstellerinnen vom 30. April 2014 vorgetragenen Auffassung im Rahmen der hier zu treffenden Beschwerdeentscheidung nicht in Betracht.

10

4. Kann nach alledem im vorliegenden Eilverfahren nicht mit der erforderlichen Offensichtlichkeit festgestellt werden, dass die Antragstellerinnen einen Anspruch auf Zulassung ihrer Wahlvorschläge haben, hat es bei der Unzulässigkeit des Rechtsschutz im Vorfeld der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 zu bleiben. Denn unter diesen Voraussetzungen hat der wahlrechtliche Grundsatz Vorrang, dass Wahlen im Allgemeinen unabhängig von Rechtsmittelverfahren zum festgelegten Wahltermin stattzufinden haben. Dies ist für Antragstellerinnen auch deshalb zumutbar, weil sämtliche Bewerberinnen und Bewerber aus ihren Wahlvorschlägen im Rahmen der am 25. Mai 2014 in W. stattfindenden Mehrheitswahl gemäß § 22 KWG wählbar sind. Im Übrigen wird dem Anspruch der Antragstellerinnen auf effektiven Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz durch die Möglichkeit der nachträglichen Wahlanfechtung nach §§ 48ff KWG hinreichend Rechnung getragen.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

12

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Kreditwesengesetz - KWG

(1) Wird entgegen den Vorschriften des § 15 Kredit gewährt, so haften die Geschäftsleiter, die hierbei ihre Pflichten verletzen, und die Mitglieder des Aufsichtsorgans, die trotz Kenntnis gegen eine beabsichtigte Kreditgewährung pflichtwidrig nicht e

(1) Um Missständen bei der Werbung der Institute zu begegnen, kann die Bundesanstalt bestimmte Arten der Werbung untersagen. Ein Missstand liegt insbesondere vor, wenn Werbung für Verbraucherdarlehensverträge falsche Erwartungen in Bezug auf die Mögl

Annotations

Als Kredite im Sinne des § 14 gelten nicht:

1.
Kredite bei Wechselkursgeschäften, die im Rahmen des üblichen Abrechnungsverfahrens innerhalb von zwei Geschäftstagen ab Vorleistung abgewickelt werden,
2.
Kredite bei Wertpapiergeschäften, die im Rahmen des üblichen Abrechnungsverfahrens innerhalb von fünf Geschäftstagen ab Vorleistung abgewickelt werden,
3.
im Fall der Durchführung des Zahlungsverkehrs, einschließlich der Ausführung von Zahlungsdiensten, der Verrechnung und Abwicklung in jedweder Währung und des Korrespondenzbankgeschäfts, oder der Erbringung von Dienstleistungen für Kunden zur Verrechnung, Abwicklung und Verwahrung von Finanzinstrumenten, verspätete Zahlungseingänge bei Finanzierungen und andere Kredite im Kundengeschäft, die längstens bis zum folgenden Geschäftstag bestehen,
4.
Geldsicherheiten, die im Kontext von Finanzmarktgeschäften für Kunden hinterlegt werden und deren vereinbarte Laufzeit oder Kündigungsfrist einen Geschäftstag nicht überschreitet,
5.
Kredite, die im Fall der Durchführung des Zahlungsverkehrs, einschließlich der Ausführung von Zahlungsdiensten, der Verrechnung und Abwicklung in jedweder Währung und des Korrespondenzbankgeschäfts, an Institute vergeben werden, die diese Dienste erbringen, sofern die Kredite bis zum Geschäftsschluss zurückzuzahlen sind,
6.
abgeschriebene Kredite und
7.
Verfügungen über gutgeschriebene Beträge aus dem Lastschrifteinzugsverfahren, die mit dem Vermerk „Eingang vorbehalten“ versehen werden.

(1) Wird entgegen den Vorschriften des § 15 Kredit gewährt, so haften die Geschäftsleiter, die hierbei ihre Pflichten verletzen, und die Mitglieder des Aufsichtsorgans, die trotz Kenntnis gegen eine beabsichtigte Kreditgewährung pflichtwidrig nicht einschreiten, dem Institut als Gesamtschuldner für den entstehenden Schaden; die Geschäftsleiter und die Mitglieder des Aufsichtsorgans haben nachzuweisen, daß sie nicht schuldhaft gehandelt haben.

(2) Der Ersatzanspruch des Instituts kann auch von dessen Gläubigern geltend gemacht werden, soweit sie von diesem keine Befriedigung erlangen können. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich des Instituts noch dadurch aufgehoben, daß bei Instituten in der Rechtsform der juristischen Person die Kreditgewährung auf einem Beschluß des obersten Organs des Instituts (Hauptversammlung, Generalversammlung, Gesellschafterversammlung) beruht.

(3) Die Ansprüche nach Absatz 1 verjähren in fünf Jahren.

(1) Um Missständen bei der Werbung der Institute zu begegnen, kann die Bundesanstalt bestimmte Arten der Werbung untersagen. Ein Missstand liegt insbesondere vor, wenn Werbung für Verbraucherdarlehensverträge falsche Erwartungen in Bezug auf die Möglichkeit, ein Darlehen zu erhalten oder in Bezug auf die Kosten eines Darlehens weckt.

(2) Vor allgemeinen Maßnahmen nach Absatz 1 sind die Spitzenverbände der Institute und des Verbraucherschutzes zu hören.

Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank für Millionenkredite nähere Bestimmungen zu erlassen über

1.
die Ermittlung der Kreditbeträge und Kreditnehmer,
2.
die Ermittlung der Kreditäquivalenzbeträge von Derivaten sowie die Ermittlung von Pensions- und Leihgeschäften und von anderen mit diesen vergleichbaren Geschäften sowie der für diese Geschäfte übernommenen Gewährleistungen,
3.
die Zurechnung von Krediten zu Kreditnehmern,
4.
die Anzeigeinhalte, Anzeigefristen und den Beobachtungszeitraum nach § 14 Absatz 1 Satz 1,
5.
weitere Angaben in der Benachrichtigung nach § 14 Absatz 2 Satz 2, soweit dies auf Grund von Informationen, die die Deutsche Bundesbank von ausländischen Evidenzzentralen erhalten hat, erforderlich ist,
6.
Einzelheiten zu den Angaben in der Benachrichtigung nach § 14 Absatz 2 Satz 2, insbesondere zu den Voraussetzungen und den Inhalten der Rückmeldungen der Informationen über prognostizierte Ausfallwahrscheinlichkeiten, sowie die Aufgliederung dieser Benachrichtigung nach § 14 Absatz 2 Satz 3 und
7.
Einzelheiten des Verfahrens der elektronischen Datenübertragung nach § 14 Absatz 2 Satz 6.
Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt mit der Maßgabe übertragen, dass die Rechtsverordnung im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank ergeht. Vor Erlass der Rechtsverordnung sind die Spitzenverbände der Institute anzuhören.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.