Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 07. März 2016 - 12 B 158/16
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.
1
G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, nicht in Frage.
3Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die am 20. September 1976 geborene Antragstellerin das ab dem Wintersemester 2015/2016 an der S. -Uni-versität C. betriebene Bachelorstudium im Studiengang Biologie, für das sie Ausbildungsförderung begehrt, entgegen § 10 Abs. 3 Satz 3 BAföG nicht unverzüglich nach Erreichen der Zugangsvoraussetzungen aufgenommen habe. Sie habe nicht glaubhaft gemacht, nach dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung im Dezember 2014 daran gehindert gewesen zu sein, das Studium der Biologie bereits zum Sommersemester 2015 an der Universität N. aufzunehmen. Die daraus resultierende Verletzung der ausbildungsförderungsrechtlichen Obliegenheit, sich im Fall der Überschreitung der Altersgrenze des § 10 Abs. 3 Satz 1 BAföG bei allen Ausbildungsstätten zu bewerben, an denen die gewünschte Ausbildung absolviert werden könne, sei auch nicht ausnahmsweise unter dem Aspekt einer Unverhältnismäßigkeit des Ausschlusses von Förderleistungen bzw. einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung zu verneinen. Dabei sei von ausschlaggebender Bedeutung, dass die Antragstellerin bei Aufnahme des Studiums die Altersgrenze des § 10 Abs. 3 Satz 1 BAföG bereits um mehr als neun Jahre überschritten habe; denn die aus Satz 3 der Vorschrift folgenden Anforderungen seien umso strenger, je weitgehender die Überschreitung der Altersgrenze sei.
4Dieser rechtlichen Würdigung setzt die Beschwerde nichts Durchgreifendes entgegen. Die Antragstellerin trägt vor, sie habe vom 15. bis zum 35. Lebensjahr unter psychischen Problemen gelitten, die sie an einer Gestaltung ihres beruflichen Werdegangs gehindert hätten, so dass die vorliegende Konstellation hinsichtlich des fortgeschrittenen Alters nicht vergleichbar sei mit Fallgestaltungen, in denen die Ausbildung wegen "zögerlicher Entscheidung" nicht frühzeitiger aufgenommen worden sei. Dieser Einwand stellt nicht in Frage, dass das von der zu erwartenden Dauer der beruflichen Tätigkeit abhängige Allgemeininteresse an der Ausschöpfung der Bildungsreserven des Auszubildenden mit zunehmender Überschreitung der Altersgrenze abnimmt, wie es bereits das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung,
5vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 1991- 5 C 40.88 -, juris Rn. 11,
6dargelegt hat. Dass die geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch im Zeitpunkt des Erwerbs der Hochschulzugangsberechtigung fortbestanden haben und die Studienplanung beeinflusst haben könnten, ist nach den zeitlichen Angaben der Antragstellerin ("bis zu ihrem 35. Lebensjahr") nicht anzunehmen.
7Die mit der Beschwerdebegründung erhobene Behauptung der Antragstellerin, ihr sei von der "Studienberatung N. " telefonisch mitgeteilt worden, "dass ein Studienplatz höchstwahrscheinlich nicht würde erlangt werden können", ist nicht glaubhaft gemacht. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin eine solche Auskunft in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 16. Februar 2016 nicht angegeben hat (dort ist nur von der "Unsicherheit bei der Erlangung eines Studienplatzes in N. " die Rede), hat sie in ihrem selbst verfassten Schriftsatz vom 18. Januar 2016 erklärt, auf ihre telefonische Nachfrage bei der Studienberatung der Universität in N. die Antwort erhalten zu haben, ein Studienplatz sei "wahrscheinlich, aber nicht sicher". Hinzu kommt, dass nach den Ermittlungen des Verwaltungsgerichts alle Bewerber für den Studiengang Biologie an der Universität N. im Sommersemester 2015 den begehrten Studienplatz erhalten haben. Bei dieser Ausgangslage erscheint fernliegend, dass der Antragstellerin im Vorfeld signalisiert worden sein sollte, ihr würde ein Studienplatz "höchstwahrscheinlich" versagt bleiben.
8Ungeachtet dessen trägt die Beschwerde auch nichts Stichhaltiges dafür vor, dass es für die Antragstellerin unzumutbar war, sich zunächst einmal um einen Studienplatz in N. zu bewerben und den Ausgang des Bewerbungsverfahrens abzuwarten. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der spätere Umzug der Antragstellerin von F. nach C. Beleg dafür ist, dass es der Antragstellerin trotz der geltend gemachten finanziellen Lage nicht generell unmöglich war, einen Wohnungswechsel zu bewältigen. Dass dieser Umzug auf der von der Beschwerde angeführten Trennung von dem Lebensgefährten beruhte, stellt die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht in Frage. Schließlich vermag die Beschwerde auch nicht aufzuzeigen, dass es wegen der Auswirkungen auf die Beziehung zu dem Lebensgefährten - als diese noch intakt war - für die Antragstellerin selbst vorübergehend nicht hinnehmbar gewesen wäre, das Studium in N. aufzunehmen.
9Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
10Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 07. März 2016 - 12 B 158/16
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 07. März 2016 - 12 B 158/16
Referenzen - Gesetze
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) (weggefallen)
(2) (weggefallen)
(3) Ausbildungsförderung wird nicht geleistet, wenn Auszubildende bei Beginn des Ausbildungsabschnitts, für den sie Ausbildungsförderung beantragen, das 45. Lebensjahr vollendet haben. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Auszubildende die Zugangsvoraussetzungen für die zu fördernde Ausbildung an einer in § 7 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe a genannten Ausbildungsstätte, durch eine Nichtschülerprüfung oder durch eine Zugangsprüfung zu einer Hochschule oder zu einer Akademie im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 erworben hat, - 1a.
der Auszubildende ohne Hochschulzugangsberechtigung auf Grund seiner beruflichen Qualifikation an einer Hochschule oder an einer Akademie im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 eingeschrieben worden ist, - 1b.
der Auszubildende eine weitere Ausbildung nach § 7 Absatz 2 Nummer 2 oder 3 aufnimmt, - 2.
Auszubildende, die das 45. Lebensjahr während eines zuvor abgeschlossenen Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengangs vollendet haben, danach unverzüglich einen nach § 7 Absatz 1a förderungsfähigen Studiengang beginnen, - 3.
Auszubildende aus persönlichen oder familiären Gründen gehindert waren, den Ausbildungsabschnitt rechtzeitig zu beginnen; dies ist insbesondere der Fall, wenn sie bei Erreichen der Altersgrenzen bis zur Aufnahme der Ausbildung ein eigenes Kind unter 14 Jahren ohne Unterbrechung erziehen und während dieser Zeit bis zu höchstens 30 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt erwerbstätig sind; Alleinerziehende dürfen auch mehr als 30 Wochenstunden erwerbstätig sein, um dadurch Unterstützung durch Leistungen der Grundsicherung zu vermeiden, oder - 4.
der Auszubildende infolge einer einschneidenden Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse bedürftig geworden ist und noch keine Ausbildung, die nach diesem Gesetz gefördert werden kann, berufsqualifizierend abgeschlossen hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.