Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Apr. 2009 - 8 WF 32/09

published on 21.04.2009 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Apr. 2009 - 8 WF 32/09
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Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Schwäbisch Gmünd vom 13.01.2009 dahin

a b g e ä n d e r t ,

dass zusätzlich zu den festgesetzten Kosten von 474,12 EUR weitere 281,24 EUR vom Beklagten an die Klägerin zu erstatten sind.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Im übrigen trägt der Beklagte die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 281,24 EUR

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten darüber, ob sich die Klägerin auf die im Rechtsstreit entstandene Verfahrensgebühr eine 0,65-Geschäftsgebühr für ihre schon vorgerichtlich wegen desselben Gegenstands tätig gewesene Bevollmächtigte anrechnen lassen muss oder ob die Anrechnung wegen der getroffenen Gebührenvereinbarung nicht zu erfolgen hat.
Gemäß dem gerichtlichen Vergleich vom 06.11.2008 haben der Beklagte 60% und die Klägerin 40% der Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Streitwert wurde auf 17.572,56 EUR festgesetzt.
Die Rechtspflegerin hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.01.2009 die Verfahrensgebühr wegen vorgerichtlicher Tätigkeit beider Bevollmächtigter jeweils um eine 0,65-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV/RVG in Höhe von je 393,90 EUR zuzüglich Umsatzsteuer mit dem Ergebnis gekürzt, dass der Beklagte der Klägerin 474,12 EUR an außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
Die Klägerin hat gegen diese am 20.01.2009 zugestellte Entscheidung durch ihre Verfahrensbevollmächtigte am 03.02.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, sie habe mit dieser eine Gebührenvereinbarung dahin getroffen, dass deren vorgerichtliche Tätigkeit mit lediglich 300,-- EUR abgegolten werde. Da somit keine Geschäftsgebühr im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV/RVG angefallen sei, erfolge keine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr. Die Vereinbarung und die Abrechnung des Pauschalhonorars würden anwaltlich versichert. Allenfalls könne dieses hälftig angerechnet werden.
Der Beklagte ist dem Rechtsmittel entgegengetreten. Er bestreitet die Vereinbarung einer Pauschalvergütung, die aber auch aus Rechtsgründen nicht zu seinen Lasten gehen könne.
Die Rechtspflegerin hat die Beschwerde ohne Abhilfe dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Das Rechtsmittel der Klägerin ist als sofortige Beschwerde gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO statthaft und auch sonst zulässig; insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Anrechnungsbestimmung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV/RVG erfasst nach ihrem Wortlaut nur den Anfall einer Geschäftsgebühr gemäß der gesetzlichen Regelung in Nr. 2300 VV/RVG und ist damit auf eine vorgerichtliche Tätigkeit mit Vereinbarung eines Pauschalhonorars nicht anwendbar, nachdem diese Möglichkeit in § 4 RVG von Anfang an vorgesehen war (OLG Frankfurt AnwBl. 09, 310; Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 17. Aufl., RN 33 zu § 4 RVG: jedenfalls für den Fall, dass die vereinbarte Vergütung niedriger ist als die gesetzliche; Rick in Schneider/Wolf, RVG, 4. Aufl., RN 12 zu § 4 RVG).
10 
Eine analoge Anwendung der Anrechnungsbestimmung auf den Fall einer Honorarvereinbarung für eine vorgerichtliche Tätigkeit ist nicht veranlasst.
11 
Der Gesetzgeber hat die Anrechnung eines insoweit vereinbarten Honorars auf die Gebühr für eine spätere Tätigkeit in § 34 Abs. 2 RVG lediglich bei einer vorgerichtlichen Beratung vorgesehen, deren Vergütung regelmäßig durch Vereinbarung festzulegen ist. Die Anrechnung erfolgt hier jedoch nur, soweit nichts anderes vereinbart ist.
12 
Für eine analoge Anwendung der Anrechnungsbestimmung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV/RVG auf den Fall einer Gebührenvereinbarung für eine vorgerichtliche Tätigkeit sieht der Senat keinen Anlass.
13 
An der in Übereinstimmung mit dem Bayerischen VGH (NJW 06, 1990 = AGS 07, 154) ergangenen Entscheidung des Einzelrichters des Senats (AGS 09, 512) wird nicht festgehalten.
14 
2. Nachdem eine Gebührenvereinbarung für die vorgerichtliche Tätigkeit auf Klägerseite durch anwaltliche Versicherung hinreichend glaubhaft gemacht ist, ergibt sich folgende ergänzende Kostenfestsetzung:
15 
Die von der Rechtspflegerin vorgenommene Anrechnung einer 0,65-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV/RVG von brutto 468,74 EUR entfällt. Berücksichtigt man die in dieser Höhe entstandene Verfahrensgebühr auf Klägerseite, so errechnet sich bei der Kostenquote des Beklagten von 60% ein ergänzender Erstattungsanspruch der Klägerin von 281,24 EUR.
16 
Dieser Betrag war in Ergänzung des ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses zusätzlich zugunsten der Klägerin gegen den Beklagten festzusetzen.
17 
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf Nr. 1812 KV/GKG und § 91 ZPO.
18 
3. Die Rechtsbeschwerde wird unter Bezugnahme auf die o. a. Entscheidung des Bayerischen VGH zugelassen (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 und 2 ZPO).
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.

(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.

(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

(1) In außergerichtlichen Angelegenheiten kann eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden. Sie muss in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen. Ist Gegenstand der außergerichtlichen Angelegenheit eine Inkassodienstleistung (§ 2 Absatz 2 Satz 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes) oder liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe vor, gilt Satz 2 nicht und kann der Rechtsanwalt ganz auf eine Vergütung verzichten. § 9 des Beratungshilfegesetzes bleibt unberührt.

(2) Ist Gegenstand der Angelegenheit eine Inkassodienstleistung in einem der in § 79 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 der Zivilprozessordnung genannten Verfahren, kann eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden oder kann der Rechtsanwalt ganz auf eine Vergütung verzichten.

(1) Für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängen, für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens und für die Tätigkeit als Mediator soll der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken, soweit in Teil 2 Abschnitt 1 des Vergütungsverzeichnisses keine Gebühren bestimmt sind. Wenn keine Vereinbarung getroffen worden ist, erhält der Rechtsanwalt Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Ist im Fall des Satzes 2 der Auftraggeber Verbraucher, beträgt die Gebühr für die Beratung oder für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens jeweils höchstens 250 Euro; § 14 Absatz 1 gilt entsprechend; für ein erstes Beratungsgespräch beträgt die Gebühr jedoch höchstens 190 Euro.

(2) Wenn nichts anderes vereinbart ist, ist die Gebühr für die Beratung auf eine Gebühr für eine sonstige Tätigkeit, die mit der Beratung zusammenhängt, anzurechnen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.