Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 10. Mai 2016 - 7 U 55/16

bei uns veröffentlicht am10.05.2016

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 18.03.2016, Aktenzeichen 4 O 237/13, wird als unzulässig verworfen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 14.099,12 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin, die in … ein Verlagshaus betreibt, macht gegen den Beklagten, der unter der Firma … handelte, die Bezahlung zweier Anzeigen geltend.
Die Anzeigen erschienen nach Vortrag der Klägerin am 14.08.2010 und am 21.08.2010 in den Tageszeitungen … und … sowie in der Online-Veröffentlichung der Klägerin. Die Klägerin hat die Anzeigen dem Beklagten am 18.08.2010 in Höhe von 6.235,60 EUR und am 25.08.2010 in Höhe von 7.863,52 EUR in Rechnung gestellt. Zahlung erfolgte nicht.
Nachdem der Beklagte auf Mahnungen der Klägerin nicht reagierte, holte die Klägerin verschiedene Auskünfte über den Beklagten ein und beauftragte schließlich ein Inkassounternehmen mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Forderung. Dieses forderte den Beklagten mit Schreiben vom 28.03.2012 nochmals erfolglos zur Zahlung auf.
Der Beklagte, der erstinstanzlich privatschriftlich in zahlreichen Schreiben der Klage entgegengetreten ist, hat im Wesentlichen geltend gemacht, sämtlicher Vortrag der Klägerin werde bestritten, insbesondere Behauptungen zu angeblichen E-Mail-Aufträgen oder Anzeigenveröffentlichungen. Der Beklagte sei ferner seit 2006 völliger Geisteskrankheit verfallen und damit sowohl geschäfts- als auch prozessunfähig.
Zur Sachdarstellung im Einzelnen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auf die gewechselten Schriftsätze bzw. Schreiben verwiesen.
Mit Verfügung vom 22.02.2016 (GA I 291), dem Beklagten zugestellt am 04.03.2016 (GA I 293), bestimmte das Landgericht Ulm Termin zur Güteverhandlung und mündlichen Verhandlung auf Freitag, den 18.03.2016 um 11:00 Uhr. Zu diesem Termin erschien für den Beklagten niemand.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 14.099,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozent-Punkten über dem Basiszins hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 6.235,60 EUR seit dem 19.09.2010 und hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 7.863,52 EUR seit dem 26.09.2010 sowie 7,50 EUR Mahnkosten, 47,00 EUR für Auskünfte, 14,40 EUR für Kontoführungsgebühren und 540,00 EUR für Inkassokosten zu zahlen.
Mit Versäumnisurteil vom 18.03.2016 (GA II 295), auf welches Bezug genommen wird, verurteilte das Landgericht Ulm den Beklagten antragsgemäß.
10 
Mit Schreiben vom 04.04.2016 (GA I 308) legte der Beklagte u. a. gegen das Urteil vom 18.03.2016 Berufung, Einspruch und Beschwerde ein. Der Senat wies mit Verfügung vom 19.04.2016 (GA II 313), dem Beklagten zugestellt am 22.04.2016 (GA II 314), darauf hin, dass er die Berufung derzeit für unzulässig halte. Hierzu bestand Gelegenheit zur Stellungnahme bis 06.05.2016. Eine Stellungnahme ging nicht ein.
II.
11 
Die Berufung des Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Ulm vom 18.03.2016, Az. 4 O 237/13, ist unzulässig (§ 522 Abs. 1 ZPO).
12 
Die Berufung ist zum Einen gemäß § 514 Abs. 1 ZPO nicht statthaft, da es sich um ein (erstes) Versäumnisurteil handelt, gegen welches lediglich der Einspruch nach § 338 ZPO zur Verfügung steht, der gemäß § 340 Abs. 1 ZPO beim Ausgangsgericht einzulegen ist. Denn das - zu Recht oder zu Unrecht ergangene - Versäumnisurteil ist nur mit dem Einspruch anfechtbar. Das nach Form und Inhalt erste Versäumnisurteil kann daher auch nicht aufgrund des Meistbegünstigungsgrundsatzes mit der Berufung angegriffen werden (vgl. BGH NJW 1994, 665; OLG Düsseldorf MDR 1985, 1034; Zöller: ZPO. 31. Aufl. 2016. § 514 Rn. 1).
13 
Zum Anderen ist die Berufungsschrift nicht von einem beim hiesigen Gericht postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet (§ 78 ZPO, Teile 1 und 5 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland).
III.
14 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
15 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78 Anwaltsprozess


(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m

Zivilprozessordnung - ZPO | § 340 Einspruchsschrift


(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt. (2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 338 Einspruch


Der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, steht gegen das Urteil der Einspruch zu.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 514 Versäumnisurteile


(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden. (2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

Der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, steht gegen das Urteil der Einspruch zu.

(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.

(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.