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| II. Das hiesige Verfahren ist im Hinblick auf den Vorrang des beidem Handelsgericht Lü... (= Ort) anhängig gemachten konkurrierenden Verfahrens gemäß Art. 27 Abs. 1 EuGVO i.V.m. §§ 148, 248 ZPO bis zur Entscheidung des be...(= Ort) Gerichte über seine Zuständigkeit auszusetzen. |
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| 1. Die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin sind ohne weiteres zulässig. Unbeschadet ihrer übereinstimmenden Anträge auf Aussetzung hat der Senat das hiesige Verfahren im Hinblick auf Art. 27 Abs. 1 EuGVO schon von Amts wegen auszusetzen. |
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| a) Grundlage der Entscheidung des Senats über die internationale Zuständigkeit ist hier die zeitliche Maßgeblichkeit der EuGVO (VO 44/2001). Die EuGVO ist in Be... (= Land) wie Deutschland seit 1.3.2002 in Kraft. Nach Art. 66 I EuGVO gilt sie für das deutsche Verfahren, in dem Rechtshängigkeit am 26.7.2002 erzielt worden ist. Nach Art. 66 I EuGVO gilt sie auch für das belgische Verfahren, in dem Rechtshängigkeit für die Interventionsklage der Beklagten gegen die Klägerin des vorliegenden deutschen Verfahrens am 22.3.2003 erzielt worden ist. Rechtshängigkeitskonflikte, wie sie hier zu entscheiden sind, sind somit hier nach Art. 27, 28 EuGVO zu entscheiden. Das Ergebnis wäre nicht anders, wenn hinsichtlich der Rechtshängigkeit des belgischen Verfahrens auf die Rechtshängigkeit der dortigen Hauptklage abzustellen wäre. Diese ist spätestens am 31.1.2002 eingetreten, d.h. vor Inkrafttreten der EuGVO und damit noch zur Zeit der Geltung des EuGVÜ in Be... (= Land). Entsprechend Art. 66 II EuGVO wäre jedoch auch in diesem Falle zu Art. 27, 28 EuGVO zu gelangen, da das Zuständigkeitssystem der dann maßgeblichen Art. 5, 6, 17 EuGVÜ hinreichende Entsprechung zur jetzigen Regelung der EuGVO (Art. 5, 6, 23) aufweist (für die Praktizierung dieser Übergangsregelung Kropholler, aaO Art. 66 Rdnr. 8, unter Bezugnahme auf EuGH 9.10.1997 – 163/95 – (von Horn), Slg. 1997 I 5451 = IPRax 1999, S. 10 m. Anm. Rauscher S. 80). |
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| b) Der Senat ist nicht ersichtlich unzuständig für die Klage der Klägerin, so daß eine Entscheidung über seine Zuständigkeit bzw. Unzuständigkeit, die in einem solchen Fall Vorrang vor der gem. Art. 27 EuGVO erfolgenden Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens hätte, nicht in Betracht kommt. Internationale Zuständigkeit des Senats kommt im vorliegenden Fall vielmehr – mit der Folge des über Art. 27 ff. EuGVO aufzulösenden Konkurrenz- und Konfliktsverhältnisses – durchaus in Betracht. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte läßt sich im vorliegenden Fall zwar nicht aus dem allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten, Art. 2 I EuGVO, herleiten, in Betracht kommt aber durchaus – über eine Erfüllungsortvereinbarung zwischen den Parteien, die „Abholung per LKW in Fri...“ verabredet haben – der Inlandsgerichtsstand des Erfüllungsorts (Art. 5 Nr. 1 Buchst. a) EuGVO und auch eine Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 23 EuGVO zugunsten von Fri..., wenn die diversen Kundgaben dieses Gerichtsstandes in den AGB und weiteren Äußerungen der Klägerin den Anforderungen des Art. 23 EuGVO standhalten. Einer Entscheidung dieser Zuständigkeitsfrage im Sinne eigener Unzuständigkeit oder Zuständigkeit bedarf es jetzt aber nicht; vorgeschaltet ist insofern Art. 27 EuGVO, nach dessen Maßgaben sich die jetzige Entscheidung des Sentas zu richten hat. |
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| Wegen des Vorrangs der gemäß Art. 27 EuGVO zu treffenden Entscheidung hat der Senat im vorliegenden Verfahren und im jetzigen Verfahrensstadium eine aus seiner Sicht abschließende Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der durch die Beklagte in Anspruch genommenen belgischen Gerichte nicht vorzunehmen. Allenfalls wäre der Senat im System der Art. 2 ff, 27, 28 EuGVO dazu berufen, wenn sich eine Zuständigkeit der belgischen Gerichte offensichtlich nicht ergeben könnte. So aber steht es im vorliegenden Verfahren nicht. Schon die hiesige Klägerin hätte in Be... (= Land) einen Gerichtsstand für ihre Schadensersatzklage gehabt, wenn sie – ungeachtet ihrer AGB – dort selbst Klage erhoben hätte. Art. 2 I wie ggf. auch Art. 5 Nr. 1 Buchst. a) EuGVO hätten ihr einen Gerichtsstand gegeben. Die belgische Beklagte des vorliegenden Verfahrens hat sich Art. 6 Nr. 2 EuGVO zunutze gemacht, der ihr in dem von ihr zuvor eingeleiteten „Hauptverfahren“ gegen ihre Abnehmerin Euro-Diesel S.A. den Gerichtsstand der Intervention bzw. Regreßklage gegen die hiesige Klägerin eröffnet hat, an dem sie mit eben der Interventionsklage Aufhebung bzw. Auflösung des sie mit der hiesigen Klägerin verbindenden Vertragsverhältnisses betreibt. Für eine solche Interventionsklage ist im Grundsatz dortiger Gerichtsstand gegen die hiesige Klägerin gegeben, mit der Konsequenz, daß über die Interventionsklage der hiesigen Beklagten/dortigen Klägerin dort entschieden werden kann und daß die hiesige Klägerin/dortige Beklagte dort eine ihrer hiesigen Klage in der Zielrichtung entsprechende Widerklage (nach Art. 6 Nr. 3 EuGVO) erheben könnte – mit der Folge, daß über die Streitanliegen der Parteien insgesamt auch in Be... (= Land) entschieden werden könnte. |
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| Ausgeschlossen wäre die so herzuleitende Zuständigkeit belgischer Gerichte für die Entscheidung über den Streitstoff des vorliegenden Verfahrens allenfalls über eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten des vorliegenden Verfahrens gewesen, die sich eindeutig auch auf die – zulässige – Ausschließung der aus Art. 6 Nr. 2 und 3 EuGVO folgenden Gerichtsstände der Interventionsklage und der Widerklage bezogen hätte. Ein solcher umfassend derogierender Inhalt ist der von der Klägerin des hiesigen Verfahrens für die Begründung der von ihr in Anspruch genommenen deutschen Zuständigkeit vorgebrachten, in ihren AGB enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarung aber nicht ohne weiteres und keineswegs mit solcher völliger Eindeutigkeit eigen, wie es erforderlich sein müßte, um im vorliegenden Verfahren aus Gründen „internationaler Prozeßökonomie“ und unter Hintansetzung der sich aus Art. 27 EuGVO ergebenden Normalregelung von Unzuständigkeit der belgischen Gerichte und damit konkurrenzloser eigener Zuständigkeit ausgehen zu können. Angesichts des grundsätzlichen Vorrangs der zu Art. 27 EuGVO zu treffenden Entscheidung hat der Senat also im jetzt gegebenen Verfahrensstadium über die Wirksamkeit der von der Klägerin beanspruchten Prorogation zugunsten der deutschen Gerichte nicht zu befinden. |
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| d) Der Senat hat sich so im derzeitigen Stadium des Verfahrens, das durch die Konkurrenz des belgischen Verfahrens und dem so sich zeigenden Kompetenzkonflikt gekennzeichnet ist, einer Zuständigkeitsentscheidung zu enthalten und zunächst die an den Erfordernissen von Art. 27 EuGVO orientierte Entscheidung zu treffen. |
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| Art. 27 EuGVO stattet das zeitlich zuerst angerufene Gericht mit Prüfungs- und Entscheidungsvorrang aus. Das später angerufene Gericht, hier der Senat, hat – im Grundsatz ohne Prüfung der Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts des anderen Mitgliedstaates und damit im Grundsatz auch ohne abschließende positive oder negative Betrachtung seiner eigenen Zuständigkeit – von Amts wegen auszusetzen, bis in dem konkurrierenden fremden Verfahren eine Entscheidung über die dortige Zuständigkeit gefallen ist. Das kann dort die Ausschöpfung des Rechtsmittelweges bedeuten; am Ende kann dann im Inland die Entscheidung über die Unzuständigkeit zugunsten des anderen Gerichts stehen. |
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| 2. Die Voraussetzungen einer Aussetzungsentscheidung gemäß Art. 27 EuGVO liegen auch im übrigen vor. |
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| a) Eindeutig ist das belgische Verfahren zeitlich früher eingeleitet und rechtshängig gemacht worden als das deutsche Verfahren und somit zeitlich vorrangig i.S. von Art. 27 EuGVO. In dem belgischen Verfahren ist die gegen die Klägerin des hiesigen Verfahrens gerichtete Interventionsklage am 11.3.2002 dem für die Bewirkung der Zustellung zuständigen „Huissier de Justice“ (hierzu de Bocken/de Bondt [Hrsg.], Introduction to Belgian Law, 2001, S. 92, 98) übergeben worden. Zustellung an die Klägerin des hiesigen Verfahrens ist über die Amtsgerichte Freiburg i.Br. und Tettnang am 22.3.2002 bewirkt worden. Demgegenüber ist die Klage der Klägerin des hiesigen Verfahrens erst am 2.5.2002 beim Landgericht Ravensburg eingereicht und schließlich am 26.7.2002 im Wege internationaler Zustellung der Beklagten des hiesigen Verfahrens zugestellt und damit zum letzteren Zeitpunkt rechtshängig geworden. |
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| b) Das belgische wie das deutsche Verfahren betreffen auch „Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien“ im Sinne des Art. 27 I EuGVO. Maßgeblich sind insofern die Erfordernisse des Art. 27 I EuGVO, zu dem, wie schon zu Art. 21 EuGVÜ, eine eigenständige Begrifflichkeit entstanden ist, die sich an der Streitgegenstandslehre der ZPO nicht unmittelbar orientiert. „Identität der Parteien und des Streitgegenstandes“ ist also an Art. 27 EuGVO orientiert zu betrachten. Im Sinne dieser Vorschrift liegt solche Identität hier aber vor. Zwischen Klägerin und Beklagter des hiesigen Rechtsstreits besteht Parteiidentität mit den Parteien der vor dem Handelsgericht Lü... (= Ort) erhobenen Interventionsklage. Keine Rolle spielt insoweit, daß die Parteirollen vertauscht sind (vgl. Kropholler, aaO Art. 27, Rdnr. 4). Unerheblich ist auch, daß an beiden Rechtsstreiten noch weitere beteiligt sind; auch Teilidentität ist ausreichend (vgl. EuGH EuZW 1995, 311). Ebenfalls keine Rolle spielt, daß die Klägerin im belgischen Verfahren aufgrund einer Interventionsklage beteiligt wurde, die eine Entsprechung im deutschen Zivilprozeß im Rahmen von Art. 27 I EuGVO so nicht hat. Der Begriff der Klage umfaßt Begehren und Anträge aller Art, unabhängig von ihrer Bezeichnung als Klage oder Antrag (BGH NJW 1986, 662). |
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| Die Verfahren vor dem Handelsgericht Lü... (= Ort) und den hiesigen Gerichten betreffen auch denselben Anspruch. Insoweit kommt es bei der hier gebotenen autonomen Auslegung des Art. 27 I EuGVO auf den Gegenstand und die Grundlage des Anspruchs an („le même objet et la même cause“). Gegenstand bezeichnet den Zweck der Klage, während die Grundlage den Sachverhalt und die Rechtsvorschrift, auf welche die Klage gestützt wird, umfaßt (EuGH v. 8.12.1987 - 144/86, Slg. 1987, 4861 = NJW 1989, 665). Erfaßt ist so insbesondere der Fall, daß eine Partei vor dem Gericht eines Mitgliedstaats die Feststellung der Unwirksamkeit oder die Auflösung eines Vertrages begehrt, während die andere Partei vor dem Gericht des anderen Mitgliedstaates auf Erfüllung der Verbindlichkeit aus eben diesem Vertrag oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung dieses Vertrages klagt (EuGH, a.a.O, unter Nr. 14ff. mit Aufsatz Schack IPRax 1989, 139). |
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| Hier klagt die Beklagte gegen die Klägerin vor dem Handelsgericht Lü... (= Ort) auf Auflösung des Vertrages über die Lieferung von 33 Motoren, die von ihrer Kundin, der Streitverkündeten des hiesigen Verfahrens und Beklagten des belgischen Verfahrens, nicht mehr abgenommen werden, sowie auf Schadensersatz. Im inländischen Verfahren klagt die Klägerin gegen die Beklagte auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aufgrund der von der Beklagten verweigerten Abnahme von 33 Motoren. Es erscheint sicher, daß es sich dabei um dieselben 33 Motoren handelt. Umstritten ist zwischen den Parteien u.a. auch, ob die Klägerin mit der Bereitstellung der Motoren in Verzug war, weil sie vereinbarte Lieferfristen möglicherweise nicht eingehalten hat. Dies hat zusätzliche Bedeutung für die Frage, ob hier derselbe Anspruch betroffen ist. Wenn nämlich die Klägerin in Verzug war, könnte die Beklagte grundsätzlich berechtigt gewesen sein, vom Vertrag zurückzutreten und so den Erfüllungsanspruch der Klägerin zum Erlöschen zu bringen. Befand sich umgekehrt die Klägerin nicht in Verzug, hätte die Beklagte grundlos die Abnahme verweigert und könnte ihrerseits zum Schadensersatz verpflichtet sein. Kern beider Klagen ist mithin die Wirksamkeit des Vertrages. Dies ist hinreichend zur Begründung eines „selben Gegenstandes“ (vgl. Kropholler, a.a.O., Rdnr. 7 aE). Die Voraussetzungen von Art. 27 Abs. 1 EuGVO sind also insoweit erfüllt. |
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| c) Für die Aussetzung des hiesigen Verfahrens gemäß Art. 27 I EuGVO bedarf es, wie oben bei 1. bereits dargelegt, keiner Entscheidung des Senats hinsichtlich der Zuständigkeit des Handelsgerichts Lü... (= Ort), da jenes Gericht jedenfalls bezüglich der Interventionsklage nach dem Inkrafttreten der EuGVO, nämlich am 11.3.2002, und zeitlich vor dem Landgericht Ravensburg angerufen worden ist (vgl. zur Zeitproblematik Kropholler, a.a.O., Rdnr. 19 und Art. 66 Rdnr. 8). Ohne Erfolg bleibt der von der Klägerin vorgetragene Einwand, die Beklagte betreibe das Verfahren in Be... (= Land) in Wahrheit nicht weiter. Dieser Einwand ist schon grundsätzlich unbeachtlich (Kropholler, a.a.O., Rdnr. 21), hier liegt es zudem anders, bei einer fortlaufenden Terminierung mit bereits terminierter letzter mündlicher Verhandlung am 2.4.2004 vor dem Handelsgericht Lü... (= Ort) kann von Prozeßverschleppung hinsichtlich des belgischen Verfahrens keine Rede sein. |
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| d) Im vorliegenden, hiesigen Verfahren hat der Senat also jetzt nicht zu prüfen, ob das Oberlandesgericht als deutsches Gericht oder das Handelsgericht Lü... (= Ort) zuständig ist. Prüfung und Entscheidung insoweit obliegen dem zeitlich früher befaßten Handelsgericht Lü... (= Ort). Art. 27. I EuGVO bringt insoweit mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck, daß das „europäische Zivilverfahrensrecht“ mit der schlichten Bevorzugung des Zeitmomentes vom Gleichrang der Jurisdiktionen der Mitgliedstaaten der EU ausgeht, in denen die EuGVO unmittelbare Geltung hat, und angesichts dieses Gleichranges die vorrangige Prüfungs- und Entscheidungskompetenz hinsichtlich einer Zuständigkeitskonkurrenz mit gewissem Schematismus in die Hände des zeitlich erstangerufenen Gerichts geben kann und muß. Hieran hat sich die einzelstaatliche Praxis in den Mitgliedstaaten zu halten bzw. gegebenenfalls auch zu gewöhnen. |
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| Zu einer Abweichung von dieser grundsätzlich geltenden Regelung hätte der Senat freilich unter Umständen in einem Falle zu gelangen, in dem sich aufdrängen würde, daß ein Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat gezielt und in kollusivem Zusammenwirken der dortigen Parteien eines Hauptprozesses eingeleitet worden ist, um mit dem Mittel der dem Recht jenes Mitgliedstaates bekannten Interventionsklage einer sich ankündigenden Klage einer – ggf. inländischen – Partei in dem gleichsam „gegebenen“ inländischen Gerichtsstand den Boden entziehen und so ungerechtfertigte Standortvorteile erzielen zu können (s. insoweit Kropholler, aaO Art. 27 Rdnr. 10 Fn. 21 m.w.N.). Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor; auch die Klägerin hat mehr als eine leise Vermutung in diese Richtung nicht äußern können und wollen. Größere Anfangsschnelligkeit und frühere Entschließung zur Prozeßführung, aus der sich Möglichkeiten der „Sperrung“ sonstiger Gerichtsstände durch Benutzung der in Art. 6 Nr. 2, 3 EuGVO vorgesehenen Gerichtsstände ergeben können, haben die für eine zu mißbilligende Kollusion notwendige Nähe zu rechtsmißbräuchlichem Verhalten nicht. Insofern ist auch das Bild des „belgischen Torpedos“, das in diesem Zusammenhang im Schrifttum gelegentlich benutzt worden ist (vgl. Kropholler, aaO Art. 27 Rdnr. 10 Fn. 21; Pitz, GRUR int. 2001, 32; Grabinski GRUR int. 2001, 209) schief. Art. 27 I EuGVO begünstigt, wie auch Art. 28 und Art. 30 EuGVO, prioritäre Rechtshängigkeit im System konkurrierender Zuständigkeiten; dem ist durch Gericht wie Parteien im Geltungsbereich der EuGVO, der mitgliedstaatliche Schutzräume grundsätzlich nicht mehr kennt, Rechnung zu tragen. |
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| e) Im Zusammenhang mit den vorstehenden Gründen zu d) ergibt sich auch, daß der Senat entgegen dem Vorbringen der Klägerin an der Heranziehung und Anwendung von Art. 27 EuGVO nicht dadurch gehindert ist, daß der zwischen der Beklagten des hiesigen Verfahrens und der Streitverkündeten des hiesigen Verfahrens in Be... (= Land) geführte Hauptprozeß, was seine dortigen Parteien betrifft, „Internationalität“ in dem Sinne nicht hat, daß seine Parteien aus verschiedenen Mitgliedstaaten stammen. Art. 27 I EuGVO setzt für seine Anwendung ein solches Erfordernis nicht voraus. Ein solches Erfordernis ergibt mit Wirkung und Beachtlichkeit für das vorliegende Verfahren und die hier zur Anwendung von Art. 27 I EuGVO zu treffende Entscheidung weder die von der Klägerin vorgetragene Entscheidung des BGH vom 12.10.1989 – VII ZR 339/88 – (IPRax 1990, 318, 319), die sich zur hier erheblichen Frage der Internationalität eines Hauptprozesses, in dem eine Interventionsklage erhoben wird, nicht unmittelbar äußert, noch die – mißverständliche und im Widerspruch zu einer weiteren Äußerung desselben Autors zu Art. 27 EuGVO stehende Stellungnahme von Kropholler, der in Rdnr. 30 der Kommentierung zu Art. 6 EuGVO meint: „Die Nr. 2 [von Art. 6] ist aber nur anwendbar, wenn die Hauptklage in den Anwendungsbereich der EuGVO fällt und wenn für sie eine Zuständigkeit nach der Verordnung gegeben ist.“ (Kropholler aaO Art. 6 Rdnr. 30). In der Sicht des Senats ist für die Aussetzung des hiesigen – mit Parteien aus zwei Mitgliedstaaten besetzten – Verfahrens gemäß Art. 27 I EuGVO nicht Voraussetzung, daß der in Be... (= Land) zwischen den dortigen Parteien geführte Hauptprozeß eigentliche „Internationalität“ aufgrund des Sitzes der Parteien in unterschiedlichen Mitgliedstaaten nicht hat. Der dortige Streit zwischen den dortigen Klageparteien ist als Streit zwischen Widerverkäufer und Käufer Zivilsache oder Handelssache und fiele bei Grenzüberschreitung ohne weiteres in den sachlichen Anwendungsbereich von Art. 1 EuGVO. Geführt wird er im allgemeinen Gerichtsstand oder im Gerichtsstand des Erfüllungsortes oder im prorogierten Gerichtsstand, woraus auch eine Zuständigkeit nach der EuGVO folgen würde. Er ist damit nicht in einem im System der EuGVO „mißbilligten“ Gerichtsstand geführt (vgl. dazu Art. 3 II EuGVO und Anhang I; solche Gerichtsstände bieten keinen Rückhalt für Art. 6 Nr. 2 EuGVO; diese Eingrenzung wollen, wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, Kropholler, aaO Art. 6 Rdnr. 30 und die dort zitierten vornehmen). Ist in jenem be...(= Ort) Gerichtestand, in dem auch die hiesige Klägerin auf der Basis von Art. 2 – 23 EuGVO bei Außerachtlassung der sie ggf. mit einem inländischen Gerichtsstand ausstattenden Erfüllungsort – oder Gerichtsstandsvereinbarung ihre hiesige Klage hätte erheben können, die Interventionsklage der hiesigen Beklagten erhoben worden, ist damit der Anwendungsbereich von Art. 6 Nr. EuGVO nicht verlassen, vielmehr von den Möglichkeiten der EuGVO interessengemäßer Gebrauch gemacht worden (vgl. dazu das für den vorliegenden Fall genau passende Beispiel im Bericht Jenard zu Art. 6 Nr. 2 EuGVÜ, s. Jenard, Bericht zum EuGVÜ vom 27.9.1968 und zum Auslegungsprotokoll vom 3.6.1971 ABl. EG vom 5.3.1979 Nr. C 59, 1-70; als Zitat auch abgedruckt bei Kropholler, aaO Art. 6 Rdnr. 20 Fn. 43). Die nötige Internationalität, die insoweit für Art. 27 I EuGVO erforderlich ist, gewinnt das belgische Gesamtverfahren durch die dort gegen die hiesige Klage erhobene Interventionsklage; auf diese letztere Klage kommt es für Art. 27 I EuGVO auch entscheidend an, denn sie, nicht der Hautprozeß, innerhalb dessen sie gegen die hiesige Klägerin erhoben ist, betrifft in Konkurrenz mit dem hiesigen Verfahren „denselben Anspruch“, der als identisches Streitverhältnis der hiesigen Klage zugrunde liegt. Dieser Gesichtspunkt ist mitentscheidend; würden die beiden vorliegenden Verfahren, das hiesige wie das in Lü... (= Ort) hängige Verfahren, jeweils bis zu einem Urteil über die hiesige Schadensersatzklage und die dortige Interventionsklage durchgeführt werden, würde sich ggf. wechselseitig ein Anerkennungshindernis im Sinne von Art. 34 Nr. 3 EuGVO (Widerspruch des jeweils ausländischen Urteils zu dem jeweils inländischen Urteil) ergeben. Das zeigt zusätzlich, daß dieser Gefahr in der vorliegenden Konstellation durch die „Zwischenentscheidung“ gemäß Art. 27 I EuGVO begegnet werden muß. |
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| 3. Liegen somit die Voraussetzungen der Aussetzung vor, hat diese, da die EuGVO eigene Regeln insofern nicht aufstellt, im Verfahren und in der Entscheidungsart des deutschen Verfahrensrechts zu erfolgen. Zu entscheiden ist gemäß § 148 ZPO in entsprechender Heranziehung von §§ 248 ff. ZPO, demgemäß durch Beschluß auf der Grundlage der insoweit durchgeführten mündlichen Verhandlung. Daß das hiesige Verfahren bereits im Berufungsgericht geführt wird, hindert eine Aussetzung nach Art. 27 I EuGVO nicht, da die Entscheidung im Zusammenhang der internationalen Zuständigkeit steht, über die in jedem Verfahrensstand von Amts wegen zu entscheiden ist, sofern gesetzliche Eingrenzungen nicht entgegenstehen. Solche ergeben sich für die vorliegende Entscheidung weder aus Art. 27 – 30 EuGVO noch aus den Regeln des nationalen Prozeßrechts. |
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| Die durch den Senat getroffene Aussetzung berührt das Urteil des Landgerichts Ravensburg zunächst nicht. |
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| Die Verneinung der Aussetzungsvoraussetzungen durch das LG Ravensburg führt im jetzigen Verfahrensstadium, in dem über Aussetzung zu befinden ist, nicht zur Aufhebung seines Urteils und zur Zurückverweisung; es ist vielmehr das Berufungsverfahren auszusetzen (BGH NJW 2002, 2795; aA Hau IPRax 2002, 117). |
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| 4. Die Aussetzung nach Art. 27 I EuGVO geht einer Aussetzung gemäß Art. 28 EuGVO EuGVO kraft Spezialität vor (vgl. Thomas/Putzo, a.a.O., Art. 28 EuGVVO, Rdnr. 2). Eine Prüfung zu Art. 28 EuGVO, die ggf. ebenfalls zur Aussetzung führen müßte, erübrigt sich damit. |
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| 5. Der Antrag der Beklagten auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Ravensburg ist zur Zeit begründet. Die Berufung der Beklagten hat die insoweit erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten. Die Zuständigkeit der belgischen Gerichte zur Entscheidung des Rechtsstreits zwischen der Klägerin und der Beklagten kommt, wie oben unter 1. dargelegt, in Betracht. Wird sie durch die be...(= Ort) Gerichte rechtskräftig bejaht, ist sie von deutschen Gerichten zwingend zu beachten, Art. 27 II EuGVO. Das Urteil des LG Ravensburg müßte dann aufgehoben werden und die hiesige Klage (als unzulässig) abgewiesen werden. Dies rechtfertigt es, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des LG Ravensburg vorläufig und ohne Sicherheitsleistung einzustellen. |
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