Tenor

1. Dem Beklagten wird die Gewährung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug versagt.

2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Frist: bis 20. November 2008.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 30.000,- EUR.

Gründe

 
I.
Die Parteien, iranische Staatsangehörige und geschiedene Eheleute, streiten um die Zahlung einer Morgengabe durch den Beklagten. Die Klägerin stützt sich insoweit auf vertragliche Abreden, die die Eheleute anlässlich ihrer Eheschließung am 25. Juni 2000 vor dem Heiratsnotariat in T. getroffen hatten (Heiratsurkunde der Islamischen Republik Iran, Justizamt der Islamischen Republik Iran, Heiratsnotariat-Nr. .. in T., Bl. 4 d.A.). Danach hatte sich der Ehemann verpflichtet, der Ehefrau auf ihre Forderung einen Koran, einen Spiegel und ein Paar Kerzenträger, Gold, Juwelen sowie … 214 Bahar Azadi Goldmünzen auszuzahlen. In dieser Vereinbarung war außerdem geregelt, unter welchen Voraussetzungen die Ehefrau berechtigt sei, ihrerseits die Scheidung der Ehe zu beantragen.
Der auf die genannte Vereinbarung gestützten Klage gab das Familiengericht statt und verurteilte den Beklagten, der Klägerin 214 Goldmünzen Bahar Azadi zu Eigentum zu übergeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er macht geltend, die Ehefrau habe die Scheidung der Ehe beantragt, wodurch sie ihren auf Zahlung der Morgengabe gerichteten Anspruch ganz oder teilweise verwirkt habe. Denn sie sei im Zuge einer sogenannten „Loskaufscheidung“ verpflichtet, sich in Höhe der Morgengabe freizukaufen. Im Übrigen sei geltend zu machen, dass die seinerzeit durch die Parteien getroffene Vereinbarung sittenwidrig und nichtig sei.
II.
Nach Vorberatung des Senats bietet die Berufung keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht und mit im einzelnen zutreffender Begründung hat das Familiengericht den Beklagten verurteilt, der Klägerin die durch die Parteien vereinbarte Morgengabe, bestehend aus 214 Goldmünzen Bahar Azadi, zu übereignen.
Bei einer Brautgabe handelt sich um ein Rechtsinstitut, das dem islamischen Rechtskreis entspringt und im Gegensatz zu früheren Zeiten heute oftmals aus traditionellen Gründen anlässlich der Eheschließung von Muslimen vereinbart wird, auch wenn diese in westlichen Rechtsordnungen heiraten. Ist die Brautgabe nicht anlässlich der Eheschließung gezahlt worden, richtet sich ihr weiteres Schicksal und die aus ihr abzuleitenden Ansprüche der Ehefrau nach dem Ehewirkungsstatut, im Scheidungsfall dementsprechend nach dem Scheidungsstatut (Senat, FamRZ 2008, 1756 = FamRBint 2008, 49 f. [ Mörsdorf-Schulte ]; OLG Zweibrücken, FamRZ 2007, 1555). Subsumiert man die Auslegung des Rechtsinstituts der Morgengabe also als allgemeine Ehewirkung unter Art. 14 EGBGB, so ist iranisches Recht anzuwenden, weil beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung die iranische Staatsangehörigkeit besaßen (OLG Köln, FamRZ 2006, 1380, 1382 f.).
Zwar weist der Beklagte darauf hin, die Morgengabe werde als Gegenleistung für die geschlechtliche Hingabe der Braut versprochen (vgl. OLG Hamburg, FamRZ 2004, 459, 460). Indes stehen Gesichtspunkte des deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB) einer Anwendung der iranischen Vorschriften über die Morgengabe nicht entgegen. Denn es kommt nicht darauf an, ob das iranische und das deutsche Recht auf widerstreitenden Prinzipien beruhen, sondern allein darauf, ob das konkrete Ergebnis der Anwendung des iranischen Rechts aus Sicht des deutschen Rechts zu missbilligen ist (BGH, FamRZ 2004, 1952, 1955 m. Anm. Henrich ). Das jedoch ist nicht der Fall (OLG Köln, a.a.O.). Die Brautgabe (mahr) ist wesentlicher Bestandteil der islamischen Eheschließung ( Wurmnest, FamRZ 2005, 1878; Yassari , FamRBint 2005, 87, 90). In der heutigen Zeit liegt ihr primärer Zweck in der finanziellen Sicherung der Ehefrau für den Zeitraum nach Auflösung der Ehe ( Wurmnest, a.a.O.). Gegen den deutschen ordre public verstößt das nicht.
Der Anspruch auf die Morgengabe im Zusammenhang mit einer Scheidung hängt nach iranischem Recht von der Form der Auflösung der Ehe ab (OLG Köln, a.a.O.). Das iranische Scheidungsrecht trennt zwischen der Scheidung durch den Mann, die ohne Angabe von Gründen beantragt werden kann, der Scheidung auf Antrag der Ehefrau, der ein Scheidungsgrund (Bedrängnis, Verletzung ehelicher Unterhaltspflichten) zur Seite stehen muss, und der so genannten einverständlichen Scheidung ("Loskaufscheidung"), die in Form der khul'a-Scheidung (bei der die Ehefrau das Scheidungsverfahren initiiert) oder der mobarat-Scheidung (bei der beide Eheleute einvernehmlich die Scheidung betreiben) vorkommen kann. Bei den beiden zuerst genannten Scheidungsformen bleibt der Anspruch auf Zahlung der Brautgabe in voller Höhe bestehen (Wurmnest , FamRZ 2005, 1878, 1883; OLG Köln, a.a.O.; zu den in Betracht kommenden Scheidungsformen s. BGH, FamRZ 2004, 1952, 1954 m. Anm. Henrich ).
So liegt es hier. Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich nicht um eine khul’a- (auch: khol-, qoll-) oder eine mobarat-Scheidung nach Art. 1146 bzw. Art. 1147 des iranischen ZGB. Gemäß Art. 1130 des iranischen ZGB kann die Frau vielmehr für den Fall, dass die Fortführung der Ehe eine schwere Not für sie begründen würde, beim religiösen Richter vorsprechen und die Scheidung beantragen, [und] sollte die betreffende Notlage vor Gericht bewiesen werden, kann das Gericht den Ehemann zur Scheidung zwingen und falls kein Zwang möglich ist, wird die Ehefrau mit Bewilligung des religiös zuständigen Richters geschieden (Übersetzung beiBergmann/Ferid, Länderteil Iran, 158. Lieferung; sog. osr wa haraj -Scheidung, vgl. eingehend BGH, a.a.O., Seite 1957; Yassari, FamRZ 2002, 1088, 1091). Für die Einleitung eines solchen Scheidungsantrags standen der Klägerin die bereits anlässlich der Eheschließung getroffenen vertraglichen Vereinbarungen zur Seite (Art. 1119 des iranischen ZGB), wonach sie in Vertretung des Mannes handeln können und etwa dann antragsberechtigt sein sollte, falls seine „Aufführung und sein Umgang“ unerträglich wird, so dass das Eheleben nicht fortgesetzt werden kann (Heiratsurkunde der Islamischen Republik Iran, Justizamt der Islamischen Republik Iran, Heiratsnotariat-Nr. ... in T., Bl. 4 d.A.).
Auf ihren hierauf gestützten Antrag hat das Familiengericht die Ehe der Parteien geschieden. Wie sich aus den durch den Senat beigezogenen Akten des Amtsgerichts - Familiengericht - Ulm - 2 F 1633/07 - ergibt, ist das am 10. Juni 2008 verkündete Scheidungsurteil seit dem 24. Juli 2008 rechtskräftig.
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe war mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zu verweigern. Der Streitwert war, der ersten Instanz folgend und nach überschlägiger Schätzung von Gegenwerten und Wechselkursen, auf 30.000,- EUR festzusetzen.
10 
Der Senat regt an, dass der Kläger sein Rechtsmittel zurücknimmt.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


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Amtsgericht Lüdenscheid Beschluss, 13. Jan. 2016 - 5 F 1442/14

bei uns veröffentlicht am 13.01.2016

Tenor Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an die Antragstellerin 30.000 marokkanische Dirham nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszins seit 25.07.2014 zu zahlen. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. 1G R Ü N D E :

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.