Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 12. März 2009 - 9 WF 21/09

bei uns veröffentlicht am12.03.2009

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarbrücken vom 10. Dezember 2008 - 52 F 374/08 UK - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 3. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Kläger ist durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarlouis vom 18. November 1998 – 22 F 10/98 – verurteilt worden, rückständigen sowie beginnend mit dem 1. Oktober 1998 laufenden monatlichen Unterhalt in Höhe von 404,00 DM (514,00 DM abzüglich anteiliges Kindergeld in Höhe von 110,00 DM) an die Beklagte zu zahlen.

Mit am 23. September 2008 eingegangener Klageschrift begehrt er unter Hinweis darauf, dass er nach einer mittlerweile überwundenen langjährigen Alkoholerkrankung eine Arbeitsstelle gefunden habe und 1.025,00 EUR netto monatlich verdiene, so dass er unter Abzug berufsbedingter Fahrtkosten in Höhe von monatlich 64 EUR und seines Selbstbehalts in Höhe von 900 EUR der privilegierten volljährigen Beklagten nur noch 61 EUR Unterhalt monatlich zahlen könne, eine Abänderung des ursprünglichen Unterhaltstitels. Ferner hat er um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren nachgesucht.

Das Familiengericht Saarbrücken hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 10. Dezember 2008, auf den Bezug genommen wird (Bl. 40 ff d.A.), den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen und darauf verwiesen, dass der Kläger für die begehrte Abänderung keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen habe.

Gegen den ihm am 17. Dezember 2008 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 16. Januar 2009 eingegangenen Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass es ihm mit Blick auf die verstrichene Zeit seit Erlass des Versäumnisurteils sowie sein während dieser Zeit bestehendes Alkoholproblem äußerst schwierig sei, Umstände darzutun. Er habe jedoch beim Aufräumen zufällig alte Lohnabrechnungen betreffend den Zeitraum 1. Januar 1998 bis 30. Juni 1998 gefunden, die belegten, dass er in dieser Zeit ein durchschnittliches Einkommen von 1.325,27 EUR bezogen habe, so dass mit Blick auf sein jetziges Einkommen von einer wesentlichen Veränderung der zum Zeitpunkt des Erlasses des Versäumnisurteils maßgebenden Umstände auszugehen sei. Soweit sich aus seinen jetzigen Abrechnungen ergebe, dass er zwischen 137 – 188 monatliche Arbeitsstunden erbringe, sei dies davon abhängig, in welchem Maße er von dem Ausleihbetrieb tatsächlich angefordert werde (Bl. 46 ff d.A.).

Das Familiengericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und dies damit begründet, dass allein die Vorlage der kürzlich aufgefundenen Lohnabrechnungen nicht genüge. Auch der Vortrag zu seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit sei nicht ausreichend, da er gegenüber der volljährigen privilegierten Beklagten gesteigert unterhaltspflichtig sei (Bl. 63 ff d.A.).

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Gemäß § 114 ZPO kann einer Partei Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist, wie das Familiengericht zu Recht festgestellt hat, nicht der Fall.

1. Entscheidend für die Erfolgsaussicht der Abänderungsklage ist, dass eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse, die für die Verurteilung zur Entrichtung der Leistung, für die Bestimmung der Höhe der Leistungen oder der Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren, eingetreten ist (§ 323 Abs. 1 ZPO). Die Zulässigkeit der Klage setzt voraus, dass die klagende Partei Tatsachen vorträgt, aus denen sich - ihr Vorliegen unterstellt - eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse ergibt, die für die Höhe oder Dauer der ausgeurteilten Unterhaltsleistung maßgebend waren (BGH, Urt. v. 4.7.2007, XII ZR 251/04, FamRZ 2007, 1459).

Handelt es sich bei dem Titel, dessen Abänderung begehrt wird, um ein – wie hier- Versäumnisurteil, müssen sich, was vom Kläger darzulegen ist, die für den Erlass des Versäumnisurteils fingierten Umstände geändert haben (vgl. Zöller- Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 323, Rz. 31, m.z.w.N.; Hüßtege in: Thomas/ Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 323, Rz. 24, 26, m.w.N.).

Hinreichenden Tatsachen, die erkennen lassen, dass eine wesentliche Veränderung der Umstände, die für den Erlass des Versäumnisurteils des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarlouis vom 18. November 1998 maßgebend waren, eingetreten ist, hat der Kläger indes nicht dargetan.

Der Hinweis des Klägers, er verdiene - bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Versäumnisurteils – nunmehr deutlich weniger, ist allein nicht geeignet, eine wesentliche Veränderung der Umstände zu begründen. Zwar kann eine Änderung der Verhältnisse vorliegen, wenn sich das Einkommen des Schuldners verringert. Den beigezogenen Verfahrensakten des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarlouis – 22 F 10/98 – lässt sich entnehmen, dass Grundlage der Verurteilung des Klägers das dortige Vorbringen der Beklagten zur Höhe des monatlichen Einkommens (durchschnittliches Monatsgehalt in Höhe von 2.585,40 DM zuzüglich sonstiger einkommensrelevanter Faktoren wie Weihnachtsgeld, Steuerrückerstattungen = 2900,00 DM), zur Höhe der in Abzug zu bringenden Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse sowie der Eingruppierung der Beklagten in die Düsseldorfer Tabelle war. Zu den einzelnen Berechnungsfaktoren verhält sich das Vorbringen des Klägers nicht. Er hat sich weder zu seiner damaligen Vermögens- und Einkommenssituation noch zu seinen damaligen persönlichen Umständen geäußert, so dass es bereits aus diesem Grund an einem hinreichenden Sachvortrag zu einer wesentlichen Veränderung der Umstände und Verhältnisse, wie sie zum Zeitpunkt des Erlasses des Versäumnisurteils vorgelegen haben, mangelt.

Es liegen somit keine hinreichenden Grundlagen vor, die die Feststellung zuließen, dass eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO eingetreten ist.

Außerdem hat der Kläger nicht dargelegt, dass er seiner gegenüber der Beklagten als privilegiertes volljähriges Kind bestehenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit gemäß § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB nachgekommen ist. Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn die Obliegenheit, seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen. Legt der Unterhaltsverpflichtete, der nicht bereit ist, auch nur den Regelbetrag zu zahlen, nicht dar, seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit vollständig gerecht geworden zu sein, so muss er sich fiktiv ein Einkommen zurechnen lassen, das ihm die Zahlung ermöglicht (BGH, FamRZ 2003, 1471; Senat, Beschl.v. 17. Oktober 2008, 9 WF 89/08, m.z.w.N., Beschl.v. 5. November 2008, 9 WF 77/08, m.w.N.).

Ein gemäß § 1603 Abs. 2 BGB verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat sich intensiv, unter Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten um einen hinreichend entlohnten Arbeitsplatz zu bemühen, alle Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen und dafür gegebenenfalls auch einschneidende Veränderungen in seiner Lebensführung hinzunehmen. Im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit muss der Unterhaltspflichtige bei Arbeitsstellen mit geringeren Einkommen entweder eine neue Arbeitsstelle oder eine weitere Beschäftigung, etwa zusätzliche Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten, aufnehmen, um zusätzliche Mittel zu erlangen. Ebenso kommen für die Ausübung einer Nebentätigkeit Zeiten in Betracht, die üblicher Weise dem Freizeitbereich zuzuordnen sind. Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit, die ihre Grenze allein in der Unmöglichkeit findet, vollständig gerecht geworden zu sein, muss er sich so behandeln lassen, als ob er über ein solches Einkommen verfügt (vgl. hierzu auch OLG Brandenburg, ZFE 2008, 231, m.w.N.; Senat, aaO).

Der Kläger hat nicht ausreichend dazu vorgetragen, diesen Anforderungen genügt zu haben. Auch unter Berücksichtigung seiner Darlegungen im Beschwerdeverfahren hat er bisher seine Arbeitskraft nicht im Rahmen des ihm Möglichen eingesetzt.

2. Von daher kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, so dass Prozesskostenhilfe zu Recht nicht bewilligt worden ist und die sofortige Beschwerde keinen Erfolg hat.

Die sofortige Beschwerde ist daher mit dem Kostenausspruch aus § 127 Abs. 4 ZPO zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen (§ 574 ZPO).

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 12. März 2009 - 9 WF 21/09 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1603 Leistungsfähigkeit


(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. (2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren min

Zivilprozessordnung - ZPO | § 323 Abänderung von Urteilen


(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung d

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2007 - XII ZR 251/04

bei uns veröffentlicht am 04.07.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 251/04 Verkündet am: 4. Juli 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 17. Okt. 2008 - 9 WF 89/08

bei uns veröffentlicht am 17.10.2008

Tenor Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – St. Ingbert vom 1. August 2008 - 11 F 70/08 UK - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet. Gründe

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(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 251/04 Verkündet am:
4. Juli 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Auch die materielle Rechtskraft eines im Unterhaltsprozess ergangenen Anerkenntnisurteils
führt grundsätzlich zur Bindungswirkung. Wird die Abänderung
eines solchen Urteils verlangt, so kommt es für die Frage, ob eine wesentliche
Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse eingetreten ist, auf die dem Anerkenntnisurteil
zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände an.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2007 - XII ZR 251/04 - OLG Brandenburg
AG Strausberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 9. November 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Abänderungsklage stattgegeben worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Abänderung eines Anerkenntnisurteils über Kindesunterhalt.
2
Der am 15. Mai 1957 geborene Kläger ist der Vater der beiden Beklagten , nämlich der am 8. Juni 1989 geborenen S. und des am 7. Mai 1990 geborenen R. Die Kinder stammen aus seiner geschiedenen Ehe mit deren inzwischen wieder verheirateter Mutter, in deren Haushalt sie leben.
3
Der Kläger hat nach dem Besuch der Sonderschule den Beruf des Maurers erlernt und seine Ausbildung als Teilfacharbeiter abgeschlossen. Bis 1997 hat er in diesem Beruf gearbeitet. Seit seiner krankheitsbedingten Entlassung ist er - abgesehen von kurzzeitigen Beschäftigungen als Melker und als Hausmeister - arbeitslos. Mit Bescheid vom 15. August 2002 wurde bei ihm eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % anerkannt. Seit dem 7. August 2003 lebt der Kläger zusammen mit seiner Lebensgefährtin in Bayern.
4
Durch Anerkenntnisurteil vom 12. März 1999 ist der Kläger unter anderem verurteilt worden, an das Kind S. vom 1. Juni 2001 bis 30. Juni 2007 und an das Kind R. vom 1. April 2004 bis 31. Mai 2008 jeweils 100 % des Regelbetrags der 3. Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes von 125 DM zu zahlen.
5
Mit der Abänderungsklage hat der Kläger den Wegfall dieser Unterhaltsverpflichtung geltend gemacht. Er hat vorgetragen, dass sich sein Gesundheitszustand erheblich verschlechtert habe, weshalb er in seinem erlernten Beruf keine Arbeit mehr finden könne. Wegen seines geringen Ausbildungsstandes sei ihm auch keine andere Tätigkeit möglich.
6
Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Kindesunterhalt für die Zeit ab 6. Mai 2002 auf monatlich 67 € (Zahlbetrag) pro Kind herabgesetzt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Anerkenntnisurteil dahin abgeändert, dass der Kläger an jedes der Kinder den folgenden Unterhalt zu zahlen hat: vom 6. Mai 2002 bis 6. August 2003 monatlich 124,50 €, vom 7. August 2003 bis 30. Juni 2005 monatlich 92 € und ab 1. Juli 2005 monatlich 35,1 % des Regelbetrags der 3. Altersstufe gemäß § 2 Regelbetrag -Verordnung. Mit ihrer - zugelassenen - Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit dem Abänderungsbegehren entsprochen worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
8
1. Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage für zulässig gehalten. Sowohl der aufgrund der Änderung der Unterhaltsleitlinien und wegen des Umzugs des Klägers in die alten Bundesländer gestiegene Selbstbehalt als auch die behauptete Verschlechterung seines Gesundheitszustands stellten Umstände dar, mit denen eine wesentliche Änderung der für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Verhältnisse geltend gemacht werde.
9
Zur Begründetheit des Abänderungsbegehrens hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der vorliegende Rechtsstreit sei auf die alleinige Berücksichtigung solcher Verhältnisse und Umstände beschränkt, die im Vorprozess als in der Zukunft eintretende, also als nachträgliche Ereignisse im Sinne des § 323 Abs. 2 ZPO vorausgesetzt worden seien und sich jetzt wesentlich anders darstellten als es der damaligen Vorausschau entsprochen habe. Dass es sich bei der abzuändernden Entscheidung um ein Anerkenntnisurteil handele, führe nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Ein Anerkenntnisurteil schaffe ebenso wie ein kontradiktorisches Urteil Bindungswirkung für ein Abänderungsverfahren. Die Begründung der Abänderungsklage hänge davon ab, dass eine abweichende Entwicklung von der zum Zeitpunkt des Anerkenntnisurteils bestehenden objektiven Sachlage eingetreten sei. Objektiv betrachtet hätten zur Zeit des Anerkenntnisses medizinisch beachtliche Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers bestanden. Er habe indessen nicht den Nachweis zu führen vermocht, dass seitdem eine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eingetreten sei. Das eingeholte Sachverständigengut- achten gelange vielmehr zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall sei. Der Kläger sei deshalb unterhaltsrechtlich nicht berechtigt gewesen, seine Erwerbsbemühungen auf eine leichtere Arbeit als die im März 1999 fiktiv unterstellte zu richten. Das habe zur Folge, dass er sich an dem ihm zugerechneten fiktiven Einkommen, das dem Anerkenntnisurteil zugrunde liege, festhalten lassen müsse. Ausgehend von dem Tenor dieses Urteils müsse damals ein als erzielbar unterstelltes Einkommen von 2.002 DM (1.024 €) berücksichtigt worden sein, nämlich ein Selbstbehalt von 1.350 DM zuzüglich Regelbetrag der 3. Altersstufe für zwei Kinder von jeweils 451 DM abzüglich jeweils hälftiges Kindergeld von 125 DM. Die vorgetragenen Erwerbsbemühungen des Klägers gäben keinen Anlass, von dieser Einkommensfiktion abzuweichen. Seine Anstrengungen , eine neue Beschäftigung zu finden, seien bereits von der Anzahl der Bewerbungen her unzureichend. Im Übrigen handele es sich überwiegend um Bewerbungen, denen ersichtlich keine Stellenausschreibung zugrunde gelegen habe. Mit Rücksicht auf diese Obliegenheitsverletzung sei weiterhin von dem früher angenommenen Einkommen auszugehen. Unter Berücksichtigung der seit Erlass des Anerkenntnisurteils erfolgten Änderungen der Unterhaltsleitlinien schulde der Kläger deshalb den ausgeurteilten Unterhalt.
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Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
11
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Abänderungsklage allerdings für zulässig gehalten. Die Zulässigkeit setzt voraus, dass die klagende Partei Tatsachen vorträgt, aus denen sich - ihr Vorliegen unterstellt - eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse ergibt, die für die Höhe oder Dauer der ausgeurteilten Unterhaltsleistung maßgebend waren.
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Der Kläger hat - gestützt auf seinen angeblich verschlechterten Gesundheitszustand und die deshalb nicht mehr bestehende Vermittelbarkeit in seinem erlernten Beruf - Umstände geltend gemacht, aus denen sich - ihre Richtigkeit unterstellt - eine wesentliche Veränderung der für die Verurteilung zur Zahlung von Kindesunterhalt maßgeblichen Verhältnisse ergibt. Denn angesichts seines niedrigen Ausbildungsstandes ist es ihm seinem weiteren Vortrag zufolge nicht möglich, eine andere Erwerbstätigkeit zu finden. Die von ihm bezogene Arbeitslosenunterstützung erreicht indessen den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt nicht. Damit hat der Kläger auch ohne Darlegung weiterer Umstände hinreichend geltend gemacht, dass die nachgesuchte Abänderung geboten ist.
13
3. Die Abänderungsklage ist begründet, wenn sich das Klagevorbringen als zutreffend erweist, im vorliegenden Fall also, wenn sich eine Veränderung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Klägers ergibt.
14
a) An dem Erfordernis einer Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse ist ungeachtet des Umstandes, dass es sich bei der abzuändernden Entscheidung nicht um ein kontradiktorisches Urteil mit entsprechenden Tatsachenfeststellungen , sondern um ein Anerkenntnisurteil handelt, festzuhalten. Denn auch die materielle Rechtskraft eines Anerkenntnisurteils führt grundsätzlich zur Bindungswirkung und erlaubt deshalb weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits im vorausgegangenen Rechtsstreit eine Bewertung erfahren haben (Johannsen/Henrich/Brudermüller Eherecht 4. Aufl. § 323 ZPO Rdn. 81; Luthin/Margraf Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 7292; OLG Hamm FamRZ 1992, 1201 und FamRZ 1997, 890; OLG Karlsruhe FamRZ 1994, 637, 638; OLG Köln NJW-RR 1987, 834; OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 587, 588; vgl. auch Senatsurteil vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 292/99 - FamRZ 2002, 88, 90; einschränkend - jedenfalls bei Feststellbarkeit der einverständlich zugrunde gelegten Lebensverhältnisse - OLG Bamberg FamRZ 2001, 556; a.A. OLG Bamberg FamRZ 1986, 702, 703; Hk-ZPO/Saenger 2. Aufl., § 323 Rdn. 57; Christian DAVorm 1988, 343, 347). Insofern ist die Rechtslage ähnlich zu beurteilen wie bei einem Versäumnisurteil , bei dem die Bindungswirkung nicht zweifelhaft sein kann. Für das ebenfalls regelmäßig (Ausnahme: § 313 b Abs. 3 ZPO) einer richterlichen Tatsachenfeststellung entbehrende Anerkenntnisurteil muss das erst recht gelten, da es nicht auf einer (passiven) Säumnis des Unterhaltsschuldners, sondern auf dessen aktivem Mitwirken beruht. Deshalb besteht kein Anlass, diesen hinsichtlich der Abänderbarkeit eines Anerkenntnisurteils besser zu stellen als bei einem Versäumnisurteil. Würde man dies anders sehen, könnte der Unterhaltsschuldner bei für ihn absehbarem ungünstigen Prozessverlauf den Klageanspruch anerkennen und sich dadurch eine freie Abänderbarkeit offen halten.
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b) Es stellt sich allerdings die Frage, auf welche Verhältnisse es für die Beurteilung einer Veränderung ankommt. Diese können im Fall eines Anerkenntnisurteils nicht ohne weiteres dem Klagevorbringen entnommen werden, denn die Erwägungen, die den Unterhaltsschuldner zu dem Anerkenntnis bewogen haben, können hiervon abweichen. Er hat sich letztlich nur dem geltend gemachten Anspruch gebeugt, woraus aber nicht darauf geschlossen werden kann, dass er auch der Beurteilung der zur Begründung vorgetragenen Tatsachen folgt. Welche Beweggründe den Unterhaltsschuldner zu dem Anerkenntnis veranlasst haben, wird häufig nicht ersichtlich sein. Wenn es für die Frage, ob eine Änderung der maßgeblichen Verhältnisse vorliegt, gleichwohl hierauf ankäme, könnte der Unterhaltsschuldner unschwer mit einem Abänderungsbegehren durchdringen, ohne dass der Unterhaltsgläubiger dem Erhebliches entgegenhalten könnte. Deshalb können nur die dem Anerkenntnisurteil zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände dafür maßgebend sein, ob sich nachträglich eine Veränderung ergeben hat (ebenso Johannsen/Henrich/Brudermüller aaO § 323 ZPO Rdn. 64; Soyka Die Abänderungsklage im Unterhaltsrecht Rdn. 65; Luthin/Margraf aaO Rdn. 7292; a.A. Graba Die Abänderung von Unterhaltstiteln 3. Aufl. Rdn. 270 und FamRZ 2002, 6, 8, der die vom Unterhaltsschuldner - subjektiv - zugrunde gelegten Verhältnisse für maßgebend hält). Lässt sich die Berechnung des titulierten Unterhalts unter Zugrundelegung der verschiedenen Faktoren nicht nachvollziehen und ist deshalb eine Anpassung des Anerkenntnisurteils an zwischenzeitlich geänderte Verhältnisse nicht möglich, so ist der geschuldete Unterhalt nach den gesetzlichen Vorschriften neu zu berechnen (so für einen Vergleich Senatsurteil vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99 - FamRZ 2001, 1140, 1142).
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c) Eine Veränderung der objektiven Sachlage hat das Berufungsgericht hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht festgestellt. Es ist vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, dass er eine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes nicht nachgewiesen habe. Es hat daraus gefolgert, dass der Kläger, der auch hinreichende Erwerbsbemühungen nicht dargetan habe, sich an dem Einkommen festhalten lassen müsse, das dem Anerkenntnisurteil zugrunde liege. Dieses Einkommen hat das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des zur Zeit des Anerkenntnisses nach den Brandenburgischen Unterhaltsleitlinien maßgeblichen Selbstbehalts von 1.350 DM, des nach dem Anerkenntnis zu zahlenden 100 %igen Regelbetrages der dritten Altersstufe (451 DM) für die beiden Kinder und unter Berücksichtigung des jeweils hälftigen Kindergeldes (125 DM) mit 2.002 DM (1.024 €) ermittelt. Das begegnet im Grundsatz keinen rechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht hat dabei zwar verkannt, dass der Kläger im Zeitpunkt des Anerkenntnisses nur Kindesunterhalt entsprechend der zweiten Altersstufe (380 DM) schuldete, da die Beklagten seinerzeit erst zehn bzw. neun Jahre alt waren, und auch nur in diesem Umfang der Unterhaltsanspruch anerkannt worden ist. Das beschwert die Beklagten indessen nicht.
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d) Das Berufungsgericht hat sich, wie die Revision zu Recht rügt, allerdings nicht mit dem Vortrag der Beklagten auseinandergesetzt, der Kläger könne inzwischen ein höheres Einkommen, nämlich 1.400 € netto monatlich, erzielen , wenn er entsprechend seiner unterhaltsrechtlichen Obliegenheit einer Erwerbstätigkeit nachginge. Dieser Vortrag ist nicht "ins Blaue hinein" erfolgt. Er kann sich vielmehr darauf stützen, dass das Lohnniveau seit dem Jahr 1999 allgemein gestiegen ist, was auch in den angehobenen Bedarfssätzen und Selbstbehaltsbeträgen der Unterhaltstabellen zum Ausdruck kommt, und dass der Kläger nach Bayern verzogen ist und dort generell günstigere Erwerbsmöglichkeiten bestehen dürften. Ein Anstieg des Nettoeinkommens kann im Übrigen auch mit einer möglicherweise gesunkenen steuerlichen Belastung verbunden sein. Das Berufungsgericht hätte deshalb den Beklagtenvortrag nicht übergehen , sondern in die Beurteilung einbeziehen müssen, inwieweit die geänderten Selbstbehaltsätze eine Abänderung des Anerkenntnisses auch unter Berücksichtigung eines ggf. mit einem höheren Betrag anzusetzenden fiktiven Einkommens zu rechtfertigen vermögen. Diese Notwendigkeit entfiel - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - nicht deshalb, weil die Beklagten keine Abänderungswiderklage erhoben haben. Einer solchen bedurfte es nicht, solange das Bestreben der Beklagten allein darin bestand, den vorhandenen Unterhaltstitel der Höhe nach zu verteidigen.
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4. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben, soweit es das der Abänderungsklage teilweise stattgebende Urteil des Amtsgerichts aufrechterhält. Die Sache ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , das Feststellungen zu dem vom Kläger erzielbaren Einkommen nachzuholen haben wird.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Strausberg, Entscheidung vom 20.05.2003 - 2 F 235/02 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 09.11.2004 - 10 UF 144/03 -

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – St. Ingbert vom 1. August 2008 - 11 F 70/08 UK - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Klägerin ist das minderjährige Kind des Beklagten. In dem Verfahren 11 F 62/07 UK des Amtsgerichts – Familiengericht – St. Ingbert wurde der Beklagte mit rechtskräftigem Urteil vom 19. Oktober 2007 zur Zahlung von Kindesunterhalt an die Klägerin in Höhe von monatlich 257,00 EUR verurteilt. Aus der Ehe mit der gesetzlichen Vertreterin der Klägerin ist weiter das minderjährige Kind J. hervorgegangen, das im Haushalt des Beklagten, der wieder verheiratet ist, lebt.

Mit vorprozessualem Schreiben vom 14. Februar 2008 begehrte die Klägerin im Hinblick darauf, dass sie inzwischen das 12. Lebensjahr vollendet habe, von dem Beklagten einen Kindesunterhalt ab dem Monat Februar in Höhe von monatlich 288,00 EUR (Bl. 4 d.A.).

Mit einer am 12. März 2008 eingereichten und mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbundenen Klageschrift hat die Klägerin eine Abänderung des Urteils des Amtsgerichts – Familiengericht - St. Ingbert vom 19. Oktober 2007 – 11 F 62/07 UK – dahingehend begehrt, an sie beginnend mit dem 1. März 2008 Unterhalt in Höhe von 288,00 EUR monatlich im Voraus bis spätestens am dritten Werktag des jeweiligen Monats und rückständigen Kindesunterhalt für den Monat Februar in Höhe von 31,00 EUR zu zahlen.

Mit am 31. März 2008 eingegangenem Schriftsatz vom 24. März 2008 ist der Beklagte dem Klagevorbringen vollumfänglich entgegen getreten und hat im Wege der Widerklage beantragt, das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – St. Ingbert dahingehend abzuändern, dass er mit Wirkung ab Rechtshängigkeit an die Klägerin bis auf weiteres keinen Unterhalt zu zahlen habe. Zugleich hat er um Prozesskostenhilfe für sein Verteidigungsvorbringen und die Widerklage nachgesucht. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, nicht leistungsfähig zu sein. Im Oktober 2007 sei er arbeitslos geworden. Ab dem 11.2.2008 habe er einen befristeten Arbeitsvertrag mit der Fa. „... GmbH“, , abgeschlossen. Für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis 10. Februar 2008 habe er Arbeitslosengeld in Höhe von 322,50 EUR netto bezogen. An Arbeitsentgelt habe er für die Zeit vom 11. Februar bis 29. Februar 2008 einen Betrag in Höhe von 778,46 EUR netto erhalten. Für die Monate März, April und Mai sei von einem Nettoverdienst in Höhe von 1.552,45 EUR auszugehen (Fix-Gehalt 750,00 EUR brutto, garantierte Fix-Umsatzprovision 1.100,00 EUR brutto, pro Urlaubstag Fixum von 60,00 EUR = 170,00 EUR /Monat). Ob und in welcher Höhe ab Juni 2008 Umsatzprovision gezahlt werde sei unklar, so dass nur ein belastbares Nettogehalt von 726,34 EUR einsetzbar sei. Dem gegenüber stünden berufsbedingte Fahrtkosten in Höhe von monatlich mindestens 445,50 EUR sowie Miete und Nebenkosten zuzüglich Heizkosten in Höhe von 1114,55 EUR, so dass unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts in Höhe von 900,00 EUR kein Unterhalt zu zahlen sei. Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 24. März 2008 nebst Anlagen Bezug genommen (Bl. 9 ff d.A.).

Mit Schriftsatz vom 4. April 2008 hat der Beklagte darauf verwiesen, zum 15. April 2008 ordentlich und mit Schreiben vom 3. April 2008 außerordentlich gekündigt worden zu sein. Ferner habe er für März 2008 nur ein Gehalt in Höhe von 630,49 EUR ausgezahlt erhalten. Für die Zeit ab April 2008 erhalte er voraussichtlich Arbeitslosengeld, so dass ein Zahlungsanspruch der Klägerin nicht bestehe.

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird (Bl. 45 ff d.A.), hat das Amtsgericht – Familiengericht – dem Beklagten die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht verweigert. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass grundsätzlich von einem belastbaren Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von monatlich 1500,00 EUR auszugehen sei. Dies gelte für den Monat März 2008, da eine Gehaltssumme in der behaupteten Höhe nicht nachvollziehbar sei. Im Übrigen sei für die Zeit ab April 2008 ein fiktives Einkommen in Höhe von 1.500,00 EUR netto zugrunde zu legen, weil der Beklagte nichts zu seinen Bewerbungsbemühungen oder der Erfolglosigkeit eines Vorgehens gegen die außerordentliche Kündigung vorgetragen habe. Fahrtkosten seien in Form der geltend gemachten Kilometerpauschale nicht abzugsfähig, auch sei eine Erhöhung des Selbstbehalts wegen der Mietkosten für die Anmietung eines Einfamilienhauses nicht gerechtfertigt. Ebenso wenig seien die Prozesskosten aus vorhergehenden Unterhaltsverfahren abzugsfähig.

Weiterhin hat das Amtsgericht – Familiengericht – der Klägerin mit Beschluss vom 1. August 2008 Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Abänderung des Unterhalts ab März 2008 unter Zurückweisung des Gesuchs im Übrigen mangels verzugsbegründender Wirkung des Schreibens vom 14. Februar 2008 bewilligt (Bl. 51 d.A.). Die Klägerin hat daraufhin um Zustellung der Klageschrift mit der Klarstellung gebeten, dass eine Abänderung des Urteils des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 19. Oktober 2007 - 11 F 62/07 UK - nur in dem Umfang der Bewilligung der Prozesskostenhilfe beantragt werde (Bl. 55 d.A.).

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 24. September 2008 Klageabweisung beantragt und im Wege der Widerklage beantragt, das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – St. Ingbert vom 19. Oktober 2007 – 11 F 62/07 UK - dahingehend abzuändern, dass er beginnend ab dem 1. April 2008 an die Klägerin einen Unterhalt in Höhe von 224,89 EUR monatlich im Voraus bis spätestens zum dritten Werktag eines Monats zu zahlen habe. Ferner hat er um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht. Danach sei er unter Berücksichtigung der tatsächlich erzielten Einkünfte und des Arbeitslosengeldes unter Berücksichtigung seines jeweiligen Selbstbehalts sowie der der Klägerin zustehenden Quote nur noch in Höhe eines Betrages von 224,89 EUR leistungsfähig. Im Februar 2008 habe er nach Maßgabe seiner Einkünfte 138,88 EUR, im März 2008 nach Verrechnung der Überzahlung für Februar 107,88 EUR zu viel Unterhalt gezahlt. Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 24. September 2008 Bezug genommen (Bl. 57 ff d.A.).

Mit am 25. September 2008 eingegangenem Faxschreiben hat der Beklagte gegen den seinen Prozesskostenhilfeantrag zurückweisenden Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 69 ff d.A.). Er hat auf sein Vorbringen im Schriftsatz vom 24. September 2008 verwiesen und geltend gemacht, dass er sich sowohl in der Zeit ab Dezember 2007 als auch ab April 2008 ohne Rücksicht auf seinen bisherigen beruflichen Werdegang und seine Ausbildung auf alle auch nur im entferntesten in Frage kommenden Stellenanzeigen und regelmäßig auch eigeninitiativ beworben habe, die aktuelle Marktlage sowie sein Alter und sein Bewerbungsprofil machten eine Einstellung nach Auskunft der ARGE aber wenig wahrscheinlich.

Das Amtsgericht – Familiengericht – hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 9. Oktober 2008 nicht abgeholfen (Bl. 86 d.A.).

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn weder die Rechtsverteidigung des Beklagten noch das beabsichtigte Widerklageverfahren bieten hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Gegenüber dem Unterhaltsanspruch der minderjährigen Klägerin kann sich der Beklagte unter Berücksichtigung des ihm anrechenbaren Einkommens nicht auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Das zu berücksichtigende Einkommen liegt bei Leistung des angeforderten Kindesunterhaltes in Höhe von 288,00 EUR weder unter dem für Berufstätige in Höhe von 900,00 EUR noch für Nichtberufstätige in Höhe von 770,00 EUR nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien anerkannten Selbstbehalt.

Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH, FamRZ 2003, 1471). Gegenüber minderjährigen Kindern erfährt diese Verpflichtung aufgrund der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 BGB eine Verschärfung dahin, dass den Unterhaltspflichtigen eine noch erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft (zuletzt BVerfG, FamRZ 2007, 273). Dies gilt insbesondere, wenn die aus einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte nicht ausreichen, den geschuldeten Unterhalt zu leisten. Deshalb muss sich der Unterhaltspflichtige, auch wenn er vollschichtig arbeitet, eine weitere Beschäftigung suchen, um zusätzliche Mittel für den Kindesunterhalt zu erwirtschaften. Hierbei hat er alle Erwerbsobliegenheiten auszuschöpfen und muss auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen. Die Elternverantwortung erfordert, für die Ausübung einer Nebentätigkeit auch Zeiten in Betracht zu ziehen, die üblicherweise dem Freizeitbereich zuzuordnen sind, sowie jede Art von Tätigkeit anzunehmen (BGH, aaO). Für seine die Sicherung des Regelbetrages betreffende Leistungsfähigkeit ist der Unterhaltsverpflichtete in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet. Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit, die ihre Grenze allein in der Unmöglichkeit findet, vollständig gerecht geworden zu sein, muss er sich so behandeln lassen, als ob er über ein solches Einkommen verfügt (vgl. hierzu auch OLG Brandenburg, ZFE 2008, 231, m.w.N.).

Dies gilt auch im Fall der Arbeitslosigkeit. Auch in diesem Fall ist dem Unterhaltspflichtigen ein fiktives Einkommen zuzurechnen, wenn ihm ein verantwortungsloses, mindestens leichtfertiges unterhaltsbezogenes Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Bei eigener Arbeitslosigkeit hat sich der Pflichtige durch intensive Suche um eine Erwerbsstelle zu bemühen. Bei Arbeitsstellen mit geringeren Einkommen ist entweder eine neue Arbeitstelle oder eine weitere Beschäftigung zu suchen, um zusätzliche Mittel zu erlangen, etwa zusätzliche Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten. Arbeitszeiten von bis zu 48 Wochenstunden sind durchaus zumutbar, ebenso kommen für die Ausübung einer Nebentätigkeit Zeiten in Betracht, die üblicher Weise dem Freizeitbereich zuzuordnen sind. Die beruflichen Dispositionsmöglichkeiten treten dabei weitgehend hinter der Elternverantwortung zurück, weshalb sich die Bemühungen um die (Wieder-) Erlangung einer Arbeit nicht auf den Bereich des erlernten Berufes oder der zuletzt ausgeübten Tätigkeit beschränken dürfen. Vielmehr ist es dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich anzusinnen, sich jedenfalls nach einiger Zeit um jede Art von Tätigkeit, auch eine solche unterhalb des Ausbildungsniveaus, zu bemühen und auch Arbeiten für ungelernte Kräfte, Arbeiten zu ungünstigen Zeiten oder zu wenig attraktiven Arbeitsbedingungen anzunehmen (Saarländisches Oberlandesgericht, Beschl v. 13. Februar 2008, 2 UF 28/07, m.z.w.N.; OLG Brandenburg, aaO, m.w.N.). Hierbei ist für die Suche nach Arbeit selbst die Zeit aufzuwenden, die erforderlich ist, alle der nach Vorgesagtem in Betracht kommenden Stellen zu erfassen, sich darauf zu bewerben und Vorstellungsgespräche wahrzunehmen. Dies wird bei Arbeitslosen in aller Regel dem Zeitaufwand eines vollschichtig Erwerbstätigen entsprechen (Saarländisches Oberlandesgericht, aaO, m.w.N.).

Dass er sich nach Maßgabe dessen unter Anspannung aller Kräfte und insbesondere intensiver und ernsthafter Bemühungen um eine zumutbare neue Arbeitstelle oder jedenfalls um eine Nebenbeschäftigung zwecks Aufstockung des Arbeitslosengeldes bemüht und sich bietende Erwerbsmöglichkeiten ausgenutzt hat, hat der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht – wozu er verpflichtet ist- nachprüfbar dargelegt.

Regelmäßige Meldungen beim Arbeitsamt und die Wahrnehmung sämtlicher von dort angebotenen Vermittlungen sind in diesem Zusammenhang selbstverständlich und es wird unterstellt, dass der Beklagte dem, wie er vorträgt, nachgekommen ist. Indes ist dies für sich allein nicht ausreichend. Vielmehr ist auch bei einfachen Arbeitsplätzen die regelmäßige und kontinuierliche Auswertung der gesamten einschlägigen örtlichen wie gegebenenfalls auch überörtlichen Tages- und Wochenpresse erforderlich sowie die Schaltung eigener Annoncen bei allen in Betracht kommenden Arbeitgebern. Bewerbungen sind auch bei einfachen Arbeitsplätzen grundsätzlich in schriftlicher Form abzufassen und so zu gestalten, dass sie geeignet sind, den Adressaten von der Ernsthaftigkeit der Bewerbung und der Eignung des Bewerbers zu überzeugen. Bloße telefonische Bewerbungen sind demgegenüber auch bei einfachen Arbeitsplätzen in aller Regel nicht ausreichend, da bei der heutigen Arbeitsmarktlage davon ausgegangen werden muss, dass ein gewerblicher Arbeitgeber nur schriftliche Arbeitsgesuche in die engere Auswahl einbezieht. Jedenfalls sind auch persönliche oder telefonische Vorsprachen zumindest in verifizierbarer Form aufzulisten. Dabei können von dem Unterhaltspflichtigen 20-30 Bewerbungen im Monat erwartet werden (Senat, aaO, m.w.N.; OLG Brandenburg aaO).

Für die ordnungsgemäße Erfüllung sämtlicher der zuvor dargestellten Voraussetzungen ist der Unterhaltsverpflichtete darlegungs- und beweisbelastet. Dies gilt auch für die Richtigkeit der Behauptung fehlender realer Beschäftigungschancen. Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass wegen hoher Arbeitslosigkeit, mangelnder Ausbildung, fortgeschrittenen Alters oder sonstiger ungünstiger Bedingungen trotz gehöriger Bemühungen keine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, existiert nicht. Auch ältere Arbeitnehmer, wozu der Beklagte unzweifelhaft nicht gehört, sind - trotz schwieriger allgemeiner wirtschaftlicher Lage - von ihrer Darlegungslast nicht befreit, da die Sicherstellung des Minderjährigenunterhalts (Regelbetrages) im Familienrecht absolute Priorität genießt (vgl. hierzu auch OLG Saarbrücken, ZFE 2005, 100 f. - für 63-jährigen Unterhaltsschuldner; OLG Hamm, FamRZ 2005, 297 - für 57-jährigen Unterhaltsschuldner). Zweifel daran, dass bei angemessenen Bemühungen eine Beschäftigungschance von vornherein auszuschließen ist, gehen daher zu Lasten des Unterhaltsverpflichteten (OLG Brandenburg, aaO).

Diesen strengen Anforderungen genügt das Vorbringen des Beklagten, der kaum Näheres zu seinen einzelnen Erwerbsbemühungen dargestellt, sondern lediglich eine Liste mit den von ihm kontaktierten Unternehmen ohne Angabe von Bewerbungszeitpunkt, Absage etc. vorgelegt hat, in keiner Weise. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

Soweit die Klägerin mit der von ihr erhobenen Klage den erhöhten Unterhalt für den Monat Februar 2008 nicht geltend macht (Bl. 55 d.A.), vermag der Beklagte im Übrigen auch nicht mit Erfolg eine Verrechnung mit überzahltem Unterhalt einzuwenden. Denn ein Bereicherungsanspruch wegen zuviel gezahlten Unterhalts kann nicht mit der Pflicht zur Zahlung laufenden Unterhalts verrechnet werden. Der Unterhaltspflichtige kann die Überzahlung lediglich mit der Bereicherungsklage auf Erstattung zu unrecht gezahlten Unterhalts geltend machen (§§ 850 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 394 BGB).

Auch die Höhe des von dem Amtsgericht – Familiengericht- als erzielbar angesehenen fiktiven Einkommens, das sich im Einzelfall an dem zu orientieren hat, was der Unterhaltsschuldner nach seinem Alter, seiner Vorbildung und seinem beruflichen Werdegang erzielen könnte, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken und wird mit dem Beschwerdevorbringen letztlich auch nicht in rechtserheblicher Weise in Frage gestellt.

Die sofortige Beschwerde ist daher mit dem Kostenausspruch aus § 127 Abs. 4 ZPO zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen (§ 574 ZPO).

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.