Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 08. März 2010 - 9 W 39/10 - 7

bei uns veröffentlicht am08.03.2010

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 23. November 2009 – 2 O 3/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 809,08 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

In dem am 8. Dezember 2008 eingeleiteten Verfahren 2 O 3/09 nahm der Kläger die Beklagte, seine Mutter, auf Feststellung, dass er und seine Schwester, Frau A. E., aufgrund gesetzlicher Erbfolge Erben zu je ½ des am 18. Mai 2008 verstorbenen D. W. E., Vater des Klägers und der Frau A. E. und Ehemann der Beklagten, geworden sind. Das Landgericht Saarbrücken hat mit Urteil vom 15. Oktober 2009 – 2 O 3/09 – auf den Klageantrag erkannt und hat die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt (Bl. 157 ff d.A.).

Mit am 19. Oktober 2009 eingegangenem Kostenfestsetzungsantrag vom 16. Oktober 2009 begehrt der Kläger unter anderem die Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 50.000 EUR (Bl. 171 d.A.).

Die Beklagte ist dem nicht entgegen getreten (Bl. 178 d.A.).

Das Landgericht – Rechtspfleger – hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23. November 2009 -2 O 3/09 -, auf den Bezug genommen wird (Bl. 185 ff d.A.), die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 4.524,65 EUR nebst Zinsen festgesetzt.

Gegen den ihr am 2. Dezember 2009 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss (Bl. 189 d.A.) hat die Beklagte mit am 16. Dezember 2009 eingegangenem Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt und darauf verwiesen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber der Beklagten persönlich bereits vorprozessual tätig geworden sei, so dass in Anlehnung an die Entscheidung des BGH vom 29. September 2009 – X ZB 1/09 -, wonach § 15 a RVG auf Altfälle keine Anwendung finde, eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr zu erfolgen habe (Bl. 192 ff d.A.).

Das Landgericht – Rechtspfleger – hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 204 d.A.).

II.

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 576, 569 ZPO statthafte und im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Rechtspfleger des Landgerichts hat zu Recht die dem Kläger zu erstattenden Kosten auf 4.524,65 EUR festgesetzt und dabei trotz des unbestrittenen Anfalls der außergerichtlichen Geschäftsgebühr die geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) im Ergebnis zutreffend in voller Höhe berücksichtigt.

1.

Der Gesetzgeber hat in dem mit Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des am 4. August 2009 verkündeten Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) eingeführten § 15 a Abs. 2 RVG geregelt, dass ein Dritter sich auf eine im Gesetz vorgesehene Gebührenanrechnung nur berufen kann, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden. § 15 a RVG ist gemäß Art. 10 des vorgenannten Gesetzes am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten.

Eine ausdrückliche Übergangsregelung hat der Gesetzgeber nicht angeordnet. Die Anwendbarkeit des § 15 a RVG auf Fallkonstellationen der hier in Rede stehenden Art, sog. Altfälle, ist nicht nur in der obergerichtlichen Rechtsprechung, sondern auch in der Rechtsprechung der Senate des Bundesgerichtshofs höchst umstritten.

a) Gemäß dem Beschluss des X. Zivilsenats des BGH vom 29. September 2009 – X ZB 1/09 (BGH Report 2009, 1290), der sich auf die bisherige (und gefestigte) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht, wird die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr angerechnet und nicht umgekehrt (grundlegend BGH, Urt. v. 7. März 2007 - VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049 und Beschl. v. 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323; v. 30. April 2008 - III ZB 8/08, NJW-RR 2008, 1095; v. 25. September 2008 - IX ZR 133/07; v. 2. Oktober 2008 - I ZB 30/08, WRP 2009, 75) und ist diese Anrechnungsregel in Anlehnung an die Rechtsprechung des VIII., des III. und des I. Zivilsenats des BGH auch im Außenverhältnis zum Prozessgegner in der Kostenfestsetzung anzuwenden (BGH NJW 2008, 1323; NJW-RR 2008, 1095; WRP 2009, 75) mit der Folge, dass die Verfahrensgebühr nur in der um den Anrechnungsbetrag verminderten Höhe entsteht. Wegen der Übergangsregelung in § 60 Abs. 1 RVG komme ein Rückgriff auf den erst nachträglich durch Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (BGBl. I S. 2449) in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügten § 15a RVG nicht in Betracht (letztlich für den konkreten Fall vom X. Zivilsenat offen gelassen; siehe auch OLG Celle, Beschl.v.19. Oktober 2009, 2 W 280/09, m.w.N.; OLG Celle (2. ZS), OLGR 2009, 749; OLG Hamm, Beschl. v. 25. September 2009 - 25 W 333/09; OLG Bamberg, Beschl. v. 15. September 2009 - 4 W 139/09 - n.v.; KG, Beschlüsse v. 13. Oktober 2009 - 27 W 98/09 - und vom 10. September 2009 - 27 W 68/09; KG, Beschl. v. 13. August 2009 - 2 W 128/09; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10. August 2009 - 12 W 91/09; VG Ansbach, Beschl. v. 23. September 2009 - AN 19 M 08.30392 - juris, Tz. 3; siehe auch OLG Hamm (6. FamS,) AGS 2009, 445 sowie LAG Hessen, AGS 2009, 373).

b) Demgegenüber vertritt der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 2. September 2009 – II ZB 35/07 – NJW 2009, 3101) die Auffassung, die Anrechnungsregel in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG wirke sich im Verhältnis zu Dritten, also namentlich im Kostenfestsetzungsverfahren, grundsätzlich nicht aus. Er begründet dies damit, dass mit dem neu eingefügten § 15 a RVG der Gesetzgeber das RVG nicht geändert, sondern die seiner Ansicht nach bereits vor Einfügung von § 15 a RVG bestehende Gesetzeslage lediglich klargestellt habe. Die Anrechnungsvorschrift betreffe nur das Innenverhältnis Anwalt und Mandant. Sichergestellt werde durch § 15 a Abs. 2 RVG, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus in Anspruch genommen werden könne, den der Anwalt von dem Mandant verlangen könne (siehe auch OLG München, MDR 2009, 1417, m.z.w.N.; OLG Koblenz, AGS 2009, 420; OLG Düsseldorf, AGS 2009, 372; OLG Stuttgart AGS 2009, 371; OLG Köln, Beschl. v. 14. September 2009 - 17 W 195/09; LG Saarbrücken, Beschl. v. 3. September 2009 - 5 T 434/09; AG Bremen, Beschl. v. 22. September 2009 - 9 C 213/09; OVG Münster AGS 2009, 447, 448; VG Osnabrück, Beschl. v. 3. September 2009 - 5 A 273/08; Nickel, FamRB 2009, 324 f.; Henke, AnwBl. 2009, 709; Hansens, AnwBl. 2009, 535; Enders, JurBüro 2009, 393; Kallenbach, AnwBl. 2009, 442).

c) Nach einer vermittelnden Meinung hat § 15 a Abs. 2 RVG zwar das geltende Recht geändert. Dennoch finde diese Vorschrift ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens auch auf Altfälle Anwendung, denn die Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG greife hier nicht. Diese behandle die Berechnung der Vergütung des Anwalts, nicht jedoch die Frage, was ein Dritter zu ersetzen habe. Geregelt sei in § 60 RVG daher allein das Verhältnis des Anwalts zu seinem Auftraggeber und nicht das des Letztgenannten zu einem ersatzpflichtigen Dritten (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 13. August 2009 - 3 W 793/09; LG Berlin (82. ZK), AGS 2009, 367, 369 f.; ebenso wohl auch OLG München, Beschl. v. 13. Oktober 2009 - 11 W 2244/09).

2.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs vertritt in seiner Entscheidung vom 9. Dezember 2009 – XII ZB 175/07 –, der Sichtweise des II. Zivilsenats des BGH (Beschluss vom 2. September 2009 – II ZB 35/07- aaO) folgend, die Auffassung, dass der Gesetzgeber mit § 15 a RVG das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht geändert, sondern lediglich die seiner Ansicht nach bereits zuvor bestehende Gesetzeslage klargestellt habe. Danach beträfen Anrechnungsvorschriften grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. Gegenüber dem Gegner musste und müsse daher die Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn schon eine Geschäftsgebühr entstanden sei. Sichergestellt werde durch § 15 a Abs. 2 RVG lediglich, dass ein Dritter nicht mehr zu erstatten habe, als der gegnerische Anwalt von seinem Mandanten verlangen könne.

Dieser Auffassung schließt sich der Senat aus den von dem 12. Zivilsenat genannten Gründen an.

3.

Dies hat zur Folge, dass die Verfahrensgebühr in voller Höhe festzusetzen ist und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Saarbrücken nicht zu beanstanden ist.

Demzufolge hat das Rechtsmittel der Beklagten keinen Erfolg und ist dieses mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO, Nr. 1812 GKG-KV als unbegründet zurückzuweisen.

4.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt im Hinblick auf die oben dargelegte Streitfrage, ob der Gesetzgeber mit § 15 a RVG das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geändert oder lediglich die seiner Ansicht nach bereits zuvor bestehende Gesetzeslage klargestellt hat. Dieser Streitfrage misst der Senat im Hinblick auf die in der Rechtsprechung und auch von den einzelnen Zivilsenaten des BGH hierzu vertretenen unterschiedlichen Ansichten grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 3 i.V. mit Abs. 2 Nr. 2 ZPO) bei.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 60 Übergangsvorschrift


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Tenor 1. Der Einzelrichter überträgt das Beschwerdeverfahren zur Entscheidung auf die Beschwerdekammer. 2. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen. 3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. 4. De

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(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.

(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.

(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 1/09
vom
29. September 2009
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Gebührenanrechnung im Nachprüfungsverfahren
RVG § 15a Abs. 1, Abs. 2, 3. Alt.; RVG-VV Vorbemerkung 3 Abs. 4
Die Geschäftsgebühr, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren
vor der Vergabekammer erhält, ist auf die Verfahrensgebühr
des Beschwerdeverfahrens anzurechnen.
Zur Anwendbarkeit des § 15a RVG auf Altfälle.
BGH, Beschluss vom 29. September 2009 - X ZB 1/09 - OLG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2009
durch den Vorsitzenden Richter Scharen sowie die Richter Asendorf, Gröning,
Dr. Berger und Dr. Grabinski

beschlossen:
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim Oberlandesgericht Düsseldorf vom 26. Juni 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich der von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin nebst Zinsen zu erstattende Betrag auf 5.199,94 € beläuft.

Gründe:


1
I. Durch Beschluss vom 14. Mai 2008 wies der vorlegende Vergabesenat auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurück, erlegte ihr die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf, verpflichtete die Antragstellerin, der Antragsgegnerin die im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, und sprach die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren aus. Die Antragsgegnerin , die schon erstinstanzlich durch die von ihr im Beschwerdeverfahren bevollmächtigten Rechtsanwälte vertreten worden war, hat, abgesehen von Post- und Telekommunikationspauschalen sowie Reisekosten, für das Verfahren vor der Vergabekammer eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG sowie für das Verfahren vor dem Vergabesenat eine Verfahrens- sowie eine Terminsgebühr (Nr. 3200 und Nr. 3202 VV RVG) zur Festsetzung gegen die Antragstellerin beantragt. Der Rechtspfleger beim Oberlandesgericht hat die Geschäftsgebühr mit Blick auf die Regelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG in Höhe von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des Beschwerdeverfahrens angerechnet , den zur Festsetzung begehrten Betrag entsprechend gekürzt und zu Gunsten der Antragsgegnerin zu erstattende Kosten von 5.211,84 € (rechnerisch richtig: 5.199,94 €) festgesetzt. Gegen die anteilige Anrechnung der Geschäftsgebühr in dem Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Antragsgegnerin sich mit einem als "sofortige Beschwerde" bezeichneten Rechtsbehelf, den der Vergabesenat als Erinnerung behandelt hat, gewandt.
2
Der vorlegende Vergabesenat hält die Anrechnung für rechtens und möchte die Erinnerung deshalb zurückweisen, sieht sich daran aber durch Entscheidungen des Kammergerichts (VergabeR 2005, 402) und der Oberlandesgerichte München (VergabeR 2009, 106) und Celle (Beschl. v. 23.6.2008 - 13 Verg 10/07) gehindert und hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof nach § 124 Abs. 2 GWB vorgelegt.
3
II. Die Vorlage ist in entsprechender Anwendung von § 124 Abs. 2 GWB zulässig.
4
1. Nach dieser Vorschrift legt ein Oberlandesgericht, das über eine sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung einer Vergabekammer zu befinden hat, die Sache, sofern sie nicht einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB oder § 121 GWB zum Gegenstand hat, dem Bundesgerichtshof vor. Die Vorlagepflicht gilt, wie der Senat bereits entschieden hat, auch bei sofortigen Be- schwerden gegen die in Kostenfestsetzungsverfahren ergangenen Entscheidungen der Vergabekammern (Sen.Beschl. v. 23.9.2008 - X ZB 19/07, VergabeR 2009, 39 - Geschäftsgebühr im Nachprüfungsverfahren). Eine solche Konstellation liegt hier allerdings nicht vor. Vielmehr hat der Rechtspfleger beim Beschwerdegericht - wie bundesweit in den Fällen, in denen ein Nachprüfungsverfahren in die Beschwerdeinstanz gelangt ist, üblich - in entsprechender Anwendung von § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO die vor der Vergabekammer entstandenen Kosten (mit-)festgesetzt. Gegen diese Entscheidung ist nicht die sofortige Beschwerde statthaft, sondern die Erinnerung (§ 567 ZPO; § 11 Abs. 1 und 2 RPflG).
5
Die Vorschrift des § 124 Abs. 2 GWB ist auf Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Rechtspflegers beim Oberlandesgericht entsprechend anzuwenden, um eine planwidrige Lücke im Anwendungsbereich von § 124 Abs. 2 GWB zu vermeiden. Der Sinn und Zweck dieser Regelung, eine bundeseinheitliche Rechtsprechung in Vergabesachen zu gewährleisten, schließt, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, vergaberechtsbezogene Gebührenfragen ein (Sen., aaO Tz. 5). Dass davon solche Entscheidungen ausgenommen sein sollen, die ein Vergabesenat aufgrund der Regelung in § 11 Abs. 1 und 2 RPflG im Erinnerungsverfahren trifft, ist nicht anzunehmen.
6
2. Die Vorlage ist auch im Übrigen zulässig.
7
Die Voraussetzungen für eine Divergenzvorlage nach § 124 Abs. 2 GWB sind erfüllt, wenn das vorlegende Oberlandesgericht als tragende Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. BGHZ 179, 84 - Rettungsdienstleistungen).
8
So verhält es sich hier. Das Oberlandesgericht Düsseldorf möchte die sofortige Beschwerde mit der Begründung zurückweisen, die Anrechnungsregel in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG finde auch Anwendung, wenn es sich bei der anzurechnenden Geschäftsgebühr um eine solche handelt, die im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer verdient worden ist. Dieser Rechtssatz kollidierte mit der vom vorlegenden Gericht angeführten Rechtsprechung des Kammergerichts und der Oberlandesgerichte München und Celle.
9
III. Die nach § 11 Abs. 2 RPflG statthafte Erinnerung ist auch sonst zulässig , insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
10
IV. In der Sache tritt der Senat der Ansicht des vorlegenden Oberlandesgerichts bei.
11
1. Für die Beantwortung der Divergenzfrage, deretwegen der Vergabesenat die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt hat, ist zu unterscheiden zwischen dem Problem, ob die Regelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG überhaupt Anwendung findet, wenn es um die Anrechnung der vom Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im erstinstanzlichen Vergaberechtsnachprüfungsverfahren verdienten Gebühr auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Beschwerdeverfahrens geht, und - wenn dies bejaht wird - der Frage, wie die Anrechnungsbestimmung in der Kostenfestsetzung zu handhaben ist.
12
a) Die Regelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG ist auf die Gebühr, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer erhält, anzuwenden. Nach dieser Regelung wird, soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach den Nrn. 2300 bis 2303 entsteht, diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Im Verfahren vor der Vergabekammer verdient der Rechtsanwalt in Ermangelung eines konkreten Gebührentatbestands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 Abschn. 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (Sen.Beschl. v. 23.9.2008 - X ZB 19/07, aaO; allg. Ansicht), namentlich nach den Gebührentatbeständen 2300 und 2301.
13
b) Das Oberlandesgericht München vertritt die Ansicht, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei schon nicht anzuwenden, weil die Regelung nur Fälle betreffe, in denen ein Verwaltungsverfahren dem erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren vorausgegangen sei (VergabeR 2009, 106). Dem kann nicht beigetreten werden. Eine solche Geltungsbeschränkung ist der Regelung nicht zu entnehmen. Der Gebührentatbestand von Nr. 2300 VV RVG betrifft grundsätzlich die gesamte außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts (vgl. Hartung /Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., Vertrag 2300 Rdn. 1; Sermond in: Lutje /v. Seltmann, Beck'scher Online-Komm. z. RVG, VV 2300 Rdn. 1). Die gesetzliche Regelung sieht lediglich eine einschränkende Modifikation des Gebührenrahmens von Nr. 2300 VV RVG vor, wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, die nach der Rechtsprechung des Senats auch bei Vertretung im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren anzuwenden ist, die aber nichts daran ändert, dass diese Gebühr dem Geltungsbereich von Vorbemerkung 3 Abs.4 VV RVG unterliegt.
14
c) Eine Nichtanwendung der ihrem Wortlaut nach einschlägigen Regelung käme danach nur in Betracht, wenn die Rechtsfolge aus der Anwendung der Norm in planwidrigem Widerspruch zu sonstigen gesetzlichen Regelungen oder zu von der Rechtsordnung anerkannten allgemeinen Grundsätzen stünde, deren weitere Geltung der Gesetzgeber offensichtlich nicht antasten wollte. Das ist indes nicht der Fall.
15
aa) Die Anrechnung der im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer verdienten Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des Beschwerdeverfahrens vor dem Vergabesenat wird in der Rechtsprechung, von der das vorlegende OLG Düsseldorf abweichen möchte, und in der Fachliteratur im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, beim Beschwerdeverfahren handle es sich der Sache nach um ein Rechtsmittelverfahren gegen die Entscheidung in einem kontradiktorisch und gerichtsähnlich ausgestalteten Verfahren vor der Vergabekammer, welches seinerseits mit einem herkömmlichen Verwaltungsverfahren nicht zu vergleichen sei (KG, OLG München, OLG Celle, aaO; Rojahn, VergabeR 2004, 454, 456 f.; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Komm. zum GWB-Vergaberecht § 128 Rdn. 51; Noelle in Byok/Jaeger, Komm. zum Vergaberecht , 2. Aufl. Rdn. 1450p).
16
bb) Das rechtfertigt die Nichtanwendung von Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nicht.
17
Es trifft zwar zu, dass das Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern Rechtsschutz in einem gerichtsähnlich ausgestalteten Verfahren gewährleisten soll. Gleichwohl handelt es sich dabei, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, um ein in die Exekutive eingebettetes Verwaltungsverfahren (Sen.Beschl. v. 9.12.2003 - X ZB 14/03, VergabeR 2004, 414). Kostenrechtlich ist es, wie sich aus der Regelung in § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB n.F. ergibt, dem verwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren gleichgesetzt (vgl. auch Sen.Beschl. v. 23.9.2008, aaO Tz. 11).
18

d) Dass die Vergabekammern eine streitentscheidende Tätigkeit ausüben und diese kostenrechtlich gleichwohl als Verwaltungstätigkeit behandelt und nicht einem Gerichtsverfahren gleichgesetzt wird, steht im Übrigen in Einklang mit allgemeiner verwaltungsrechtlicher Anschauung. Auch außerhalb des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen werden bisweilen unparteiische, aber ebenfalls in die Exekutive eingebundene Stellen in ähnlicher Weise tätig wie die Vergabekammern, indem sie im Konflikt zwischen Bürgern und Behörden in einem möglichst gerichtsähnlichen Verfahren durch gestaltenden, streitentscheidenden Verwaltungsakt eine Regelung treffen, ohne dass der Charakter dieser Entscheidungen als Maßnahmen der Exekutive angezweifelt und die gerichtliche Überprüfung solcher streitentscheidenden Verwaltungsakte als justizielles Rechtsmittelverfahren aufgefasst würde (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rdn. 221).
19
e) Das Verhältnis zwischen der Vergabekammer und dem Vergabesenat lässt sich auch nicht deswegen demjenigen zwischen einem Eingangs- und einem Rechtsmittelgericht gleichsetzen, weil kostenrechtlich für das Verfahren vor dem Vergabesenat die für das Berufungsverfahren erhobenen Gebühren gelten (Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 Nr. 4 VV RVG). Diese Bestimmung gilt nämlich nicht nur für Beschwerden nach § 116 GWB, sondern gleichermaßen für Beschwerden gegen erlassene oder unterlassene Verfügungen der Kartellbehörden (§ 63 Abs. 1 und 2 GWB). Die Kartellbehörde wird im Kartellverwaltungsverfahren nicht streitentscheidend, sondern originär als Organ der vollziehenden Gewalt tätig und erlässt eine Abschlussverfügung durch Verwaltungsakt oder unterlässt es, eine Einzelfallregelung zu treffen. Die Beschwerde dagegen tritt an die Stelle der Klage vor dem Verwaltungsgericht (vgl. Immenga /Mestmäcker, WettbR - GWB, 4. Aufl., § 63 Rdn. 1). Die gebührenrechtliche Regelung in Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 Nr. 4 VV RVG erklärt sich dement- sprechend nicht aus der vermeintlichen Natur des Beschwerdeverfahrens als eines Rechtsmittelverfahrens, sondern vielmehr durch den Umstand, dass das (erstinstanzliche) gerichtliche Verfahren vor einem Gericht im Range eines Oberlandesgerichts stattfindet.
20
2. Für die Frage der Anrechnung der Geschäftsgebühr im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren gilt Folgendes:
21
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr angerechnet und nicht umgekehrt (grundlegend BGH, Urt. v. 7.3.2007 - VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049 und - in Auseinandersetzung mit gegenteiligen Ansichten - Beschl. v. 22.1.2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323; v. 30.4.2008 - III ZB 8/08, NJW-RR 2008, 1095; v. 25.9.2008 - IX ZR 133/07; v. 2.10.2008 - I ZB 30/08, WRP 2009, 75). Nach der Rechtsprechung des VIII., des III. und des I. Zivilsenats ist diese Anrechnungsregel auch im Außenverhältnis zum Prozessgegner in der Kostenfestsetzung anzuwenden (BGH NJW 2008, 1323; NJW-RR 2008, 1095; WRP 2009, 75). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung entsteht die Verfahrensgebühr nur in der um den Anrechnungsbetrag verminderten Höhe. Danach erweist die Berechnung des Rechtspflegers sich - abgesehen von einem Rechnungsfehler , den der Senat, wie aus dem Tenor ersichtlich, entsprechend § 319 Abs. 1 ZPO berichtigt hat - als richtig. Wegen der Übergangsregelung in § 60 Abs. 1 RVG kommt hiernach ein Rückgriff auf den erst nachträglich durch Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (BGBl. I S. 2449) in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügten § 15a RVG nicht in Betracht.
22

b) Demgegenüber hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nunmehr die Auffassung vertreten, die Anrechnungsregel in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG wirke sich im Verhältnis zu Dritten, also namentlich im Kostenfestsetzungsverfahren , grundsätzlich nicht aus. Das Verfahren nach § 132 Abs. 2, 3 GVG zu beschreiten hat der II. Zivilsenat nicht für erforderlich erachtet, weil seiner Meinung nach der Gesetzgeber das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bezüglich der Anrechnung nicht geändert, sondern lediglich die auch nach Ansicht des Gesetzgebers vor Einfügung von § 15a RVG bestehende Gesetzeslage in dem Sinne klargestellt hat, dass sich die Anrechnung gemäß Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG grundsätzlich im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren , nicht auswirken soll (Beschl. v. 2.9.2009 - II ZB 35/07 Tz. 8).
23
c) Der beschließende Senat hat durchgreifende Zweifel, dieser Auffassung beizutreten. Der II. Zivilsenat mag zwar darauf verweisen können, dass ausweislich einer Pressemitteilung das Bundesministerium der Justiz die Meinung geäußert hat, durch § 15a RVG werde klargestellt, dass sich die Anrechnung im Verhältnis zu Dritten nicht auswirke. Die Presserklärung des zuständigen Ministeriums lässt jedoch keine tragfähigen Rückschlüsse auf den Willen des Gesetzgebers im Sinne der historischen Auslegungsmethode zu. Dass der Gesetzgeber die seiner Ansicht nach bereits bestehende Gesetzeslage (lediglich ) hat klarstellen wollen, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien, auf die der II. Zivilsenat ferner verweist, nicht entnehmen. Vielmehr wird dort das Anliegen artikuliert, für den bisher im Gesetz nicht definierten Begriff der Anrechnung eine Legaldefinition zu schaffen bzw. diesen Begriff inhaltlich zu bestimmen (BT-Drucks. 16/12717, S. 2 und 68). Dass die vom VIII. Zivilsenat aufgrund seines Verständnisses der Anrechnungsregel in Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG für das Kostenfestsetzungsverfahren gezogenen Konsequenzen der bisherigen Rechtslage entsprechen, wird in den Materialien nicht infrage gestellt, sondern es wird darin lediglich der Wille zum Ausdruck gebracht, die bestehende Rechtslage zu modifizieren. Das spricht dafür, dass auch § 15a RVG - wie bei Gesetzesänderungen üblich - eine neue Gesetzeslage geschaffen hat. Im Übrigen hat der Senat Bedenken, die Materialien zu einem Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der historischen Auslegungsmethode nicht nur zur Auslegung der Neuregelung heranzuziehen, sondern auch des bisherigen, insbesondere des in einer früheren Legislaturperiode verabschiedeten Rechts.
24
Angesichts der wiedergegebenen Gesetzesbegründung bestehen ebenfalls Bedenken, die Anwendbarkeit des § 15a RVG auch auf am 5. August 2009 noch nicht abgeschlossene Kostenfestsetzungsverfahren aus dem Grundsatz herzuleiten, dass bei Verfahrensrecht eine Gesetzesänderung ab deren Inkrafttreten gilt (vgl. Müller-Rabe, NJW 2009, 2913, 2916 und die dortigen Nachw.). Denn ausgehend von der Auslegung des bisherigen Rechts, die auf die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats zurückgeht, kann kaum davon gesprochen werden , dass § 15a RVG ausschließlich verfahrensrechtliche Fragen (neu) regele.
25
d) Im Streitfall bedürfen die Meinungsverschiedenheiten über das richtige Verständnis des bisherigen Rechts keiner abschließenden Klärung. Auch bei Anwendung des § 15a RVG könnte die Antragsgegnerin nicht mehr als das, was zu ihren Gunsten bereits festgesetzt ist, beanspruchen, weil ein Fall des § 15a Abs. 2, 3. Alt. RVG vorliegt. Im Streitfall werden die Geschäftsgebühr und die Verfahrensgebühr in demselben Verfahren geltend gemacht. "Dasselbe Verfahren" i.S. von § 15a Abs. 2 RVG ist hier das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren. Die Antragstellerin kann sich auf die Anrechnung berufen, weil die Antragsgegnerin aufgrund des in der Beschwerdeentscheidung des Vergabesenats enthaltenen Kostenausspruchs die Erstattung der Geschäftsgebühr zwar grundsätzlich verlangen kann, diese Gebühr aber aus den dargelegten Gründen (oben IV 1) auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist und die Antragsgegnerin jedenfalls in einem solchen Fall nach allen Auffassungen nur den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren geltend machen kann (vgl. auch das eine gleichgelagerte Konstellation betreffende Beispiel bei Müller-Rabe NJW 2009, 2913, 2914 unter IV 2 d, 2. Spiegelstrich).
Scharen Richter Asendorf Gröning istwegenUrlaubs gehindert,denBeschlusszuunter - schreiben Scharen Berger Grabinski
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.01.2009 - VII-Verg 17/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 86/06 Verkündet am:
7. März 2007
Ermel
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Nr. 3100 Vorbemerkung 3 Abs. 4
Ist nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben
Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des
gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene
Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren
anfallende Verfahrensgebühr.
BGH, Urteil vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06 - LG Bonn
AG Siegburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers,
Dr. Wolst und Dr. Koch sowie die Richterin Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 2. März 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 16. November 2005 teilweise abgeändert. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 254,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Juli 2005 zu zahlen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Beklagten zu 3/5, der Kläger zu 2/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung des Klägers in T. . Nachdem die Beklagten mehrere Monate keine Miete mehr gezahlt hatten, kündigte der Kläger mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 4. Juli 2005 das Mietverhältnis fristlos und forderte die Beklagten zur Räumung der Wohnung bis spätestens 22. Juli 2005 auf.
2
Da die Beklagten weder die behaupteten Mietrückstände bezahlten noch die Wohnung räumten, machte der Kläger Ansprüche auf Zahlung rückständiger Miete und anteiliger Betriebskosten gerichtlich geltend, ebenso sein Verlangen auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung. Zusätzlich verlangte er die Erstattung der ihm für das Kündigungsschreiben in Rechnung gestellten vorgerichtlichen Gebühren seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 700,29 €.
3
Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Räumung, zur Zahlung rückständiger Miete und offener Forderungen aus Betriebskostenabrechnungen sowie zur Zahlung von 277,94 € für die durch die anwaltliche Kündigung vorprozessual entstandenen Rechtsverfolgungskosten verurteilt. Hinsichtlich der weitergehend geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten (422,35 €) hat es die Klage abgewiesen. Die vom Amtsgericht zugelassene Berufung des Klägers hat das Landgericht in Höhe eines Betrages von 167,39 € als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
4
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Restbetrages von 422,35 € weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg in Höhe von 254,96 €. Darüber hinaus ist das Rechtsmittel unbegründet.

I.

6
Das Berufungsgericht (LG Bonn NZM 2006, 658) hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, ausgeführt:
7
In Höhe eines Betrages von 167,39 € sei die Berufung unzulässig, weil der Kläger sein Rechtsmittel insoweit nicht begründet habe. Die Abweisung der Klage in dieser Höhe in erster Instanz beruhe darauf, dass das Amtsgericht für die vorgerichtliche Rechtsverfolgung lediglich einen Gegenstandswert von 5.052 € angenommen habe und nicht, wie der Kläger, von 8.112 €.
8
Soweit die Berufung zulässig sei, sei sie unbegründet. Bei einem Gegenstandswert von 5.052 € für die Geschäftsgebühr belaufe sich diese samt Auslagenpauschale und Umsatzsteuer auf 532,90 €. Da das Amtsgericht bereits insoweit 277,94 € zuerkannt habe, sei im Rahmen der zulässig begründeten Berufung allein noch zu entscheiden, ob dem Kläger weitere 254,96 € zustünden. Dies sei zu verneinen. Zwar habe das Amtsgericht zutreffend einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280, 286 BGB angenommen. Die Beklagten hätten ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt und dadurch dem Kläger Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben. Zu dem deshalb ersatzfähigen Schaden gehörten auch die Kosten einer angemessenen Rechtsverfolgung mit Hilfe eines Anwalts. Der mit der Berufung geltend gemachte Anspruch scheitere jedoch teilweise daran, dass das angefallene Anwaltshonorar für das vorprozessuale Kündigungsschreiben der hälftigen Anrechnung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG unterliege. Diese Vorschrift sei einschlägig, weil das Kündigungsschreiben und die im Rechtsstreit entfaltete Tätigkeit denselben Gegenstand beträfen.

II.

9
1. Die Revision ist unbegründet, soweit sich der Kläger gegen die Verwerfung seiner Berufung in Höhe eines Betrages von 167,39 € wendet. Zutreffend hat das Landgericht die Berufung des Klägers in diesem Umfang für unzulässig gehalten. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2 und 3 ZPO soll eine Berufungsbegründung aus sich heraus verständlich sein und erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97, NJW 1998, 3126, unter 1). Ausführungen dazu, dass und weshalb die Annahme des Amtsgerichts fehlerhaft sei, der Gegenstandswert betrage lediglich 5.052 €, enthält die Berufungsbegründung nicht. Ohne Erfolg verweist die Revision in diesem Zusammenhang darauf, der Kläger habe seinen Schaden unter Bezugnahme auf die anwaltliche Kostennote, die er auch zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht habe, beziffert. Es genügt den an eine Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen nicht, wenn der Rechtsmittelführer - wie hier - lediglich pauschal ausführt, er wolle sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998, aaO, unter 2 b).
10
2. Erfolgreich ist die Revision hingegen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung bezüglich des verbleibenden Zahlungsantrags in Höhe von 254,96 € wendet. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht wegen der Anrechnungsvorschrift nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG einen Anspruch des Klägers verneint. Dabei kommt es nicht auf die vom Landgericht für erheblich gehaltene Frage an, ob die vorgerichtliche und die nachfolgende gerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Sinne der genannten Vorschrift denselben Gegenstand betreffen.
11
a) Nach der genannten Regelung ist unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, eine entstandene Geschäftsgebühr teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Danach bleibt eine bereits entstandene Geschäftsgebühr unangetastet. Durch die hälftige Anrechnung verringert sich eine (später) nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die gerichtliche Verfahrensgebühr zu mindern, nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr (so auch BayVGH NJW 2006, 1990; Schultze-Rhonhof, RVGreport 2005, 374; Hansens, RVGreport 2005, 392).
12
Soweit in der Rechtsprechung eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr abgelehnt und stattdessen eine hälftige Anrechnung der Verfahrensgebühr auf die Geschäftsgebühr befürwortet wird (z.B. KG JurBüro 2006, 202; OVG NRW NJW 2006, 1991, wobei übersehen wird, dass der Kostenschuldner durch die gegenteilige Auffassung nicht begünstigt wird, weil er einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch ausgesetzt ist), mögen dafür prozessökonomische Gründe sprechen. Denn bei einer Anrechnung auf die Verfahrensgebühr wird die obsiegende Partei darauf verwiesen, die volle Geschäftsgebühr gegen die unterlegene Partei - gegebenenfalls gerichtlich - geltend zu machen, weil die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG - anders als die Verfahrensgebühr - im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht berücksichtigt werden kann. Gründe der Prozessökonomie gestatten es jedoch nicht, ein Gesetz gegen seinen klaren Wortlaut anzuwenden.
13
b) Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben, soweit die Berufung des Klägers in Höhe des zuletzt genannten Betrages von 254,96 € zu- rückgewiesen worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Zahlung weiterer 254,96 € nach § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB zu. Da die Anrechnung, wie ausgeführt, nicht auf die Geschäftsgebühr stattfindet, ist dem Kläger der Restbetrag zuzuerkennen. Ball Wiechers Dr.Wolst Dr.Hessel Dr.Koch
Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 16.11.2005 - 117 C 201/05 -
LG Bonn, Entscheidung vom 02.03.2006 - 6 S 279/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 57/07
vom
22. Januar 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 91 RVG-VV, Anlage 1 Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4

a) Es wird daran festgehalten, dass sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich
entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (Nr. 2400 VV RVG aF) auf die
Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4
VV RVG nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden
gerichtlichen Verfahren nach Nr. 3100 VV RVG anfallende Verfahrensgebühr
vermindert (Senatsurteile vom 7. März 2007 – VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049; vom
14. März 2007 – VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050; vom 11. Juli 2007 – VIII ZR 310/06,
NJW 2007, 3500).

b) Für die Anrechnung ist es ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr auf materiellrechtlicher
Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht
, tituliert oder bereits beglichen ist.

c) Eine vorprozessual zur Anspruchsabwehr angefallene Geschäftsgebühr kann nicht Gegenstand
einer Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein (im Anschluss an BGH, Beschluss
vom 27. April 2006 – VII ZB 116/05, NJW 2006, 2560 f.).
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - LG Magdeburg
AG Quedlinburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns
und Dr. Milger sowie den Richter Dr. Achilles

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 18. Juni 2007 und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Quedlinburg vom 10. Juli 2006 aufgehoben. Die von dem Kläger aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Quedlinburg vom 1. März 2006 an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf 733,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. März 2006. Der weitergehende Festsetzungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Wert des Beschwerdegegenstandes: Wertstufe bis 300 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien haben um die Rückabwicklung eines PKW-Kaufvertrages gestritten. Die auf Kaufpreisrückzahlung und Erstattung von Versicherungsaufwendungen gerichtete Klage ist durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts auf Kosten des Klägers abgewiesen worden. Bereits vorprozessual hatten die Parteien über die anschließend rechtshängig gemachten Ansprüche korrespondiert , wobei die Beklagte die erhobenen Ansprüche durch ihren späteren Prozessbevollmächtigten zurückweisen ließ. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat das Amtsgericht auf Antrag der Beklagten neben einer 1,3Verfahrens - und einer 1,2-Terminsgebühr (Nrn. 3100, 3104 VV RVG), die nach dem festgesetzten Streitwert von 3.535 € bemessen waren, antragsgemäß noch eine 1,3-Geschäftsgebühr (Nr. 2400 VV RVG) festgesetzt, die nach einem vorprozessual noch über der Klageforderung liegenden Forderungsbetrag bemessen war, und hierauf eine 0,65-Verfahrensgebühr nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert angerechnet. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers, der sich gegen den Ansatz einer Geschäftsgebühr gewandt hat, hat das Beschwerdegericht an diesem Ansatz festgehalten, die 13/10-Geschäftsgebühr jedoch lediglich unter Zugrundelegung des gerichtlich festgesetzten Streitwerts festgesetzt und hierauf eine 0,65-Verfahrensgebühr angerechnet. Hiergegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde, die in den Grenzen des mit der sofortigen Beschwerde gestellten Antrages einen vollständigen Fortfall des Ansatzes einer Geschäftsgebühr erstrebt sowie auf die Verfahrensgebühr eine 0,65-Geschäftsgebühr angerechnet wissen will.

II.

2
Die zulässig erhobene Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
3
1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass die vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorprozessual zu Zwecken der Anspruchsabwehr entfaltete Tätigkeit eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG (ab 1. Juli 2006: Nr. 2300 VV RVG) ausgelöst habe und dass diese angesichts ihres eindeutigen Bezuges zum späteren Rechtsstreit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden könne, zumal hierdurch der Beklagten ein im Vergleich zu einem Hauptsacheverfahren einfacherer Weg zur Durchsetzung ihres Kostenerstattungsanspruchs eröffnet werde. Jedoch stehe ihr ein solcher Anspruch nur in Höhe der Hälfte der Geschäftsgebühr nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert zu.
4
2. Diese Sichtweise rügt die Rechtsbeschwerde mit Recht als fehlerhaft, weil das Beschwerdegericht mit der vorprozessual angefallenen Geschäftsgebühr unzulässig Kosten in die Kostenerstattung einbezogen hat, die keine Prozesskosten sind. Darüber hinaus wird die Festsetzung der Vorinstanzen der in Anlage 1, Teil 3, Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG (im Folgenden: Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG) geregelten Gebührenanrechnung nicht gerecht.
5
a) Die Rechtsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Beschwerdegericht die durch den vorprozessualen Versuch einer Anspruchsabwehr entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG als festsetzungsfähig angesehen hat. Denn ebenso wie die Aufwendungen für ein anwaltliches Mahnschreiben nicht zu den Prozesskosten gehören, können die vorprozessual zur Anspruchsabwehr angefallenen Gebühren nicht im Rahmen einer Kostenerstattung nach § 91 ZPO angesetzt werden und somit nicht Gegenstand einer Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2006 – VII ZB 116/05, NJW 2006, 2560 f.).
6
b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde greift weiter durch, soweit das Beschwerdegericht die angemeldete Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG ohne Anwendung der Anrechnungsvorschrift gemäß Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG ungekürzt in Ansatz gebracht hat. Diese Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 7. März 2007 – VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049, unter II 2 a; Urteil vom 14. März 2007 – VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050, unter II 2 d; Versäumnisurteil vom 11. Juli 2007 – VIII ZR 310/06, NJW 2007, 3500, unter II 2) so zu verstehen, dass eine entstandene Geschäftsgebühr unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist. Durch diese Anrechnung verringert sich die erst später nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr, während die zuvor bereits entstandene Geschäftsgebühr von der Anrechnung unangetastet bleibt. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut der genannten Anrechnungsvorschrift erfolgt die Anrechnung auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens und nicht umgekehrt, so dass sich nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr , sondern die im gerichtlichen Verfahren angefallene Verfahrensgebühr im Umfang der Anrechnung reduziert.
7
Der Senat hält an dieser Sichtweise, die in erster Linie auf den klaren Wortlaut der Anrechnungsbestimmung gestützt ist, trotz der namentlich in der Instanzrechtsprechung (z.B. KG, AGS 2007, 439; OLG München, Rpfleger 2007, 686; OLG Karlsruhe, AGS 2007, 494; OLG Koblenz, AnwBl 2007, 873; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Oktober 2007 – 8 W 442/07; wie der Senat etwa VGH München, NJW 2006, 1990; OLG Hamburg, MDR 2007, 1224) geäußerten Kritik fest.
8
aa) Die teilweise vertretene Auffassung, der Gesetzgeber habe bei der Anrechnungsbestimmung gemäß Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG an der unter der Geltung des § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO entwickelten Praxis nichts ändern wollen, wonach die schon dort vorgeschriebene Anrechnung der vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr auf die im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren angefallene Prozess- oder Verkehrsgebühr bei der späteren Kostenfestsetzung nicht zu berücksichtigen sei (vgl. OLG München, aaO), wird durch die Gesetzesbegründung zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drs. 15/1971, S. 209) nicht gestützt. Aus den dort wiedergegebenen Erwägungen geht nicht hervor, dass der Gesetzgeber sich überhaupt mit diesen im rechnerischen Ergebnis ohnehin als wenig bedeutsam angesehenen Praxisdetails befasst hat oder gar eine Festsetzungspraxis hat bestätigen wollen, die am Gesetzeswortlaut vorbei von der hierin vorgesehenen Anrechnung Abstand genommen hatte. Das Anrechnungserfordernis ist vielmehr nur vor dem Hintergrund der neu vorgesehenen Teilanrechnung erörtert worden, und zwar in dem Sinne, dass der Umfang derjenigen Tätigkeit, den die in Vorbemerkung 3 Absatz 2 VV RVG umschriebene Verfahrensgebühr abdecken sollte, entscheidend davon beeinflusst werde, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst gewesen sei. Denn eine Gleichbehandlung des Rechtsanwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhalte, mit dem Rechtsanwalt, der zunächst außergerichtlich tätig gewesen sei, sei nicht zu rechtfertigen, wobei in diesem Zusammenhang unter anderem noch das Bestreben nach einer aufwandsbezogenen Vergütung hervorgehoben worden ist. Der Gesetzgeber hat also mit Blick auf einen erfahrungsgemäß geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand des schon vorprozessual mit der Sache befassten und hierfür nach Nrn. 2400 ff. VV RVG vergüteten Prozessbevollmächtigten dessen gerichtliche Verfahrensgebühr bereits in ihrer Entstehung um den in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG beschriebenen Teil der vorprozessual verdienten Gebühren kürzen wollen.
9
Erst recht ist kein Grund ersichtlich, eine unter der Geltung von § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO nicht selten gegen den klaren Gesetzeswortlaut praktizierte Anrechnung der Prozess- auf die Geschäftsgebühr in die Anwendung der Anrechnungsklausel gemäß Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG fortzuschreiben und zu diesem Zweck den unzweideutig in umgekehrte Richtung gehenden Gesetzeswortlaut als auslegungsfähig und auslegungsbedürftig anzusehen (so aber OVG Münster, NJW 2006,1991, 1992). Ebenso wenig besteht nach den im Gesetzgebungsverfahren anzutreffenden Äußerungen Anlass, von einem kor- rekturbedürftigen Redaktionsversehen des Gesetzgebers bei Abfassung der genannten Anrechnungsbestimmung auszugehen (so zutreffend Streppel, MDR 2007, 929, 930).
10
bb) Kein entscheidendes Gewicht kommt der häufig angeführten Überlegung zu, wie schon § 118 Abs. 2 BRAGO betreffe die Anrechnungsbestimmung in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG nur das Rechtsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant, nicht jedoch das für eine etwaige Kostenerstattung maßgebliche Außenverhältnis zwischen dem Mandanten und seinem Prozessgegner (vgl. KG, OLG München, OLG Stuttgart und OLG Karlsruhe, aaO). Hierbei wird – worauf auch Streppel, aaO, zutreffend hinweist – übersehen, dass § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO für eine Kostenerstattung an die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts und darüber unmittelbar an die genannte Anrechnungsbestimmung anknüpft. Entsteht die Verfahrensgebühr wegen der in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG vorgesehenen Anrechnung eines Teils der bereits vorher entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG von vornherein nur in gekürzter Höhe, kommt im Rahmen der Kostenfestsetzung auch keine darüber hinausgehende Erstattung in Betracht. Ob die vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstattende Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist, ist bereits nach dem Wortlaut der Anrechnungsbestimmung ohne Bedeutung. Für die Anrechnung und damit die von selbst einsetzende Kürzung ist nach dieser Vorschrift vielmehr entscheidend, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstandes entstanden ist, der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Entstehens der Verfahrensgebühr also schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr aus seinem vorprozessualen Tätigwerden erlangt hatte.
11
cc) Soweit eingewandt wird, es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich , dass die unterlegene Partei nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten habe , weil der Prozessbevollmächtigte der Gegenseite bereits vorprozessual das Geschäft seines Mandanten betrieben habe, greift dies ebenso wenig durch wie die Überlegung, die vom Senat vertretene Auslegung der Anrechnungsvorschrift begünstige diejenige Partei sinnwidrig, die davon abgesehen habe, bereits vorprozessual einen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. KG und OVG Münster , aaO; ferner VGH München, NJW 2007, 170). Es trifft zwar zu, dass durch diese Auslegung ein Beklagter gegenüber der unter der Geltung von § 118 Abs. 2 BRAGO praktizierten Anwendung der Anrechnungsvorschrift benachteiligt wird, wenn ihm für eine bereits vorprozessual eingeleitete Rechtsverteidigung kein Erstattungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458). Dass ein von ihm aufzubringender, materiellrechtlich nicht auf den Prozessgegner abwälzbarer Gebührenanspruch zur Kürzung eines ihm im Falle des Obsiegens zustehenden prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach §§ 91 ff. ZPO führt, hat seinen Grund jedoch allein darin, dass durch die Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG ein seinem Prozessbevollmächtigten nach Nrn. 3100 ff. VV RVG zustehender Gebührenanspruch unter einem aufwandsbezogenen Gesichtspunkt gekürzt wird, nämlich weil er aufgrund seiner vorprozessualen Befassung in der Regel nur einen geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand hat. Dieser geringere Aufwand im Rahmen der von § 91 ZPO erfassten Prozessführung wiederum war nach der Gesetzesbegründung (aaO) einer der entscheidenden und durch die Anknüpfung am voraussichtlichen Tätigkeitsumfang sachlich auch tragfähigen Beweggründe des Gesetzgebers, dem Prozessbevollmächtigten nur eine insoweit gekürzte Vergütung zuzubilligen. Dies anschließend im prozessualen Erstattungsrechtsverhältnis der Parteien durch eine abweichende Erstattungspraxis wieder zu korrigieren, ist zudem rechtlich nicht geboten. In- soweit konnte es der Gesetzgeber vielmehr bei der bestehenden Rollen- und Risikoverteilung und den hiernach nur eingeschränkt bestehenden materiellrechtlichen Erstattungsansprüchen belassen.
12
dd) Für nicht durchgreifend erachtet der Senat schließlich die Bedenken, das Kostenfestsetzungsverfahren eigne sich nach seinen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten nicht, die für eine Anrechnung erforderlichen Voraussetzungen festzustellen (vgl. OLG München und KG, aaO). Abgesehen davon, dass ein anrechnungserhebliches vorprozessuales Tätigwerden in der Regel durch entsprechenden und häufig schon bei den Gerichtsakten befindlichen Schriftwechsel dokumentiert ist und dass die Bemessung der Höhe einer Geschäftsgebühr durch die in Nr. 2400 VV RVG vorgesehene Regelgebühr sowie durch die in der Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG vorgesehene Anrechnungskappung zumeist ebenfalls keinen übermäßigen Feststellungs- und Wertungsaufwand erfordert, ist das Kostenfestsetzungsverfahren durchaus darauf angelegt, auch streitigen Sachvortrag zu verarbeiten und zu klären (§ 104 Abs. 2, § 294 ZPO; dazu näher etwa Musielak/Wolst, ZPO, 5. Auflage, § 104 Rdnr. 18 m.w.N.). Zudem ist eine Anrechnung nicht von Amts wegen, sondern erst auf substantiierten, über eine Äußerung bloßer Vermutungen hinausgehenden Einwand des Festsetzungsgegners zu beachten. Im Übrigen bleibt bei Unaufklärbarkeit der Anrechnungsvoraussetzungen immer noch die Beweislastentscheidung zu Lasten dessen, der sich abweichend vom gesetzlichen Regelfall einer 1,3Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG auf die Anwendbarkeit der als Ausnahmebestimmung zu wertenden Anrechnungsvorschrift nach Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG beruft.
13
Dass die sonst unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie angeführten Erwägungen nicht geeignet sind, ein vom klaren Wortlaut dieser Anrechnungsbestimmung abweichendes Auslegungsergebnis zu rechtfertigen, hat der Senat bereits früher hervorgehoben (Urteil vom 7. März 2007, aaO, unter II 2 a; Versäumnisurteil vom 11. Juli 2007, aaO, unter II 2). Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die Anlass gäben, hiervon abzurücken.
14
3. Die Rechtsbeschwerde rügt hiernach zu Recht, dass das Beschwerdegericht zum einen die angemeldete Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG ungekürzt in Ansatz gebracht und zum anderen die durch den vorprozessualen Versuch einer Anspruchsabwehr entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG als ebenfalls erstattungsfähig angesehen hat. Vielmehr muss die angemeldete 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG wegen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG, die nach dem aus der Anlage B 3 ersichtlichen vorprozessualen Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten unstreitig angefallen ist, auf eine 0,65-Gebühr gekürzt werden. Die Beklagte kann deshalb, wie von der Rechtsbeschwerde vorgerechnet, jeweils eine Gebühr nach Nrn. 3100 (allerdings gekürzt auf 0,65) und 3104 VV RVG, Auslagen nach Nr. 7002 VV RVG sowie die nach Nr. 7008 VV RVG anzusetzende Mehrwertsteuer in Höhe von an sich insgesamt nur 548,97 € erstattet verlangen.
15
Infolge der Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den mit der sofortigen Beschwerde gestellten Antrag (Begrenzung des zu erstattenden Betrages auf 733,70 € nebst Zinsen) ist allerdings nur eine Abänderung der Kostenfestsetzung in diesem Umfang möglich. Da in der Sache keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, sondern der Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO nach Maßgabe vorstehender Beschlussformel in der Sache selbst zu entscheiden. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG Quedlinburg, Entscheidung vom 10.07.2006 - 3 C 306/05 (IV) -
LG Magdeburg, Entscheidung vom 18.06.2007 - 3 T 325/07 *288* -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 133/07
Verkündet am:
25. September 2008
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Vorbemerkung 3 Absatz 4; RVG VV Nr. 2300, 3101
Die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr ist auch auf die verminderte Verfahrensgebühr
anteilig anzurechnen.
BGH, Urteil vom 25. September 2008 - IX ZR 133/07 - LG Chemnitz
AG Hainichen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und den Richter
Dr. Pape

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 28. Juni 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger verlangt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Die alleinige Verantwortung des bei der Beklagten versicherten Unfallgegners steht außer Streit. Vorprozessual hat die Beklagte insgesamt einen Betrag von 6.351,99 € gezahlt. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger unter anderem Anwaltskosten in Höhe von 1.460,15 € geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer über die Höhe der entstandenen Geschäftsgebühr eingeholt. Es hat die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1.175,95 € nebst Zinsen verurteilt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verlangt der Kläger restliche Anwaltskosten in Höhe von 284,20 € nebst Zinsen.

Entscheidungsgründe:


2
Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


3
1. Das Berufungsgericht hat eine Geschäftsgebühr (RVG VV 2400 a.F.; seit dem 1. Juli 2006 wortgleich RVG VV 2300) von 1,3 für erstattungsfähig gehalten. Die Tätigkeit des Anwalts des Klägers sei nicht überdurchschnittlich umfangreich gewesen, sondern habe sich darin erschöpft, die Beklagte - die ihre Einstandspflicht dem Grunde nach anerkannt habe - in zwei Telefonaten und dazu gehörenden Schreiben wegen der ausstehenden Zahlung anzumahnen. Auch nach Schwierigkeit und Bedeutung sei die Sache allenfalls durchschnittlich gewesen. An das Gutachten der Rechtsanwaltskammer, das eine Gebühr von 2,0 für angemessen gehalten habe, sei das Gericht nicht gebunden.
4
2. Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
5
a) Der Kläger kann diejenigen Gebühren ersetzt verlangen, die er selbst seinem Anwalt schuldet. Dazu gehört die Geschäftsgebühr nach RVG VV Nr. 2400.
6
b) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Im Rechtsstreit zwischen Anwalt und Mandant über die Billigkeit der vom Anwalt getroffenen Bestimmung (§ 315 Abs. 3 BGB) hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist (§ 14 Abs. 2 Satz 1 RVG). Sinn dieser Regelung ist es, den Sachverstand und die Erfahrung der Rechtsanwaltskammern zur Frage der Angemessenheit der Gebühren fruchtbar zu machen (BT-Drucks. 15/1971, S. 190). Eine Bindung des Gerichts an das Ergebnis des eingeholten Gutachtens sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Zu den vergleichbaren Bestimmungen der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (§ 12 Abs. 2, § 3 Abs. 3 Satz 2 BRAGO) hat der Senat bereits entschieden, dass das Gutachten der Rechtsanwaltskammer der freien richterlichen Würdigung unterliegt (BGHZ 162, 98, 104; BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, WM 2004, 1792, 1795). Nichts anderes gilt für § 14 Abs. 2 RVG (vgl. etwa Mayer in Gerold/Schmidt, RVG 18. Aufl. § 14 Rn. 40; Römermann in Hartung/Römermann/Schons, RVG 2. Aufl. § 14 Rn. 108; Jungbauer in Bischof u.a., RVG 2. Aufl. § 14 Rn. 129).
7
Im Rechtsstreit zwischen dem Auftraggeber des Anwalts und einem Dritten , der zur Erstattung der Anwaltskosten verpflichtet ist, soll § 14 Abs. 2 RVG nicht anwendbar sein (BVerwG NJW 2006, 247, 248 Rn. 19). Eine Bindung des Gerichts an ein gleichwohl eingeholtes Gutachten tritt unabhängig davon ebenfalls nicht ein. Das hat das Berufungsgericht nicht verkannt.
8
c) Das Revisionsgericht kann das Beurteilungsermessen des Tatrichters nicht in vollem Umfang nachprüfen. Rechtlich nachprüfbar ist, ob der Begriff der Billigkeit im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB und § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG verkannt worden ist. Nachprüfbar kann ferner sein, ob bei der Beurteilung von Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zutreffende Maßstäbe, auch für eine Differenzierung des anwaltlichen Leistungsbildes innerhalb derselben abstrakten Gebührenangelegenheit, angewendet worden sind (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, aaO). Insoweit sind dem Berufungsgericht jedoch keine Fehler vorzuwerfen. Die Revision nimmt die Annahme des angefochtenen Urteils hin, die vom Anwalt des Klägers entfalteten Tätigkeiten seien nach Umfang und Schwierigkeit allenfalls als durchschnittlich zu bezeichnen. Für die Abwicklung eines "durchschnittlichen" oder "normalen" Verkehrsunfalls ist eine Geschäftsgebühr von 1,3 angemessen (BGH, Urt. v. 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420, 421 Rn. 8).
9
d) Entgegen der Ansicht der Revision haben die Parteien dieses Rechtsstreits keinen Schiedsgutachtervertrag (§§ 317, 319 BGB) geschlossen, welcher zu einer Bindung an das Ergebnis des eingeholten Gutachtens führen könnte. Das Berufungsgericht hat die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen Vertrages nicht festgestellt. Die Revision zeigt auch kein vom Berufungsgericht übergangenes Vorbringen der Parteien aus den Tatsacheninstanzen auf, welches den Schluss auf einen Schiedsgutachtervertrag rechtfertigen könnte. Der Schiedsgutachter übernimmt es, als Dritter die einer Vertragspartei obliegende Leistung zu bestimmen (§ 317 Abs. 1 BGB). Auf die von ihm getroffene Bestimmung der Leistung ist § 319 BGB entsprechend anwendbar. Die Bestimmung der Leistung durch ihn ist für die Vertragsparteien grundsätzlich verbindlich (BGHZ 43, 374, 376). Ein Beweisantrag oder eine Beweisanregung im Zivilprozess bedeutet regelmäßig nicht, dass die Partei sich dem Ergebnis der Begutachtung unterwerfen will. Dass die Beklagte eine Geschäftsgebühr von 2,0 in ihre Berechnung eingestellt hat, nachdem das Gutachten der Rechtsanwaltskammer vorlag, stellt weder ein nachträgliches Angebot auf Abschluss eines Schiedsgutachtervertrages noch ein Indiz für einen früheren Vertragsschluss dar.

II.


10
1. Das Berufungsgericht hat ferner eine gemäß RVG VV Nr. 3101 wegen vorzeitiger Erledigung auf 0,8 ermäßigte Verfahrensgebühr (RVG VV Nr. 3100) für erstattungsfähig gehalten. Auf diese Gebühr hat es gemäß RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 die hälftige Geschäftsgebühr nach RVG VV Nr. 2400 von 1,3 angerechnet, so dass nur eine Gebühr von (0,8 – 0,65 =) 0,15 verblieb.
11
2. Auch diese Berechnung ist nicht zu beanstanden.
12
a) Die Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3100 entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl. RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 2), sofern - wie im vorliegenden Fall - bereits Klageauftrag erteilt worden war. War zuvor schon eine Geschäftsgebühr nach RVG VV Nr. 2400 angefallen , die ebenfalls für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information entsteht (RVG VV Vorbemerkung 2.4 Abs. 3), wird diese zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet (RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1). Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermindert sich durch die anteilige Anrechnung nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr (BGH, Urt. v. 7. März 2007 - VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049, 2050 Rn. 11; Beschl. v. 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323, 1324 f Rn. 6 ff; v. 30. April 2008 - III ZB 8/08, FamRZ 2008, 1346 Rn. 4). Die Anrechnung hat zwingend zu erfolgen.
13
b) Endet der Auftrag, bevor der Anwalt die Klage eingereicht hat, ermäßigt sich die Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3100 auf 0,8 (RVG VV Nr. 3101). Entgegen der Ansicht der Revision ist die Geschäftsgebühr auch auf die verminderte Verfahrensgebühr ("Erledigungsgebühr") anzurechnen.
14
aa) Der Wortlaut der Anrechnungsvorschrift des RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 ist eindeutig. Die Geschäftsgebühr ist auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, unabhängig davon, ob es sich um die volle Gebühr nach Nr. 3100 oder die verminderte Gebühr nach Nr. 3101 handelt. Auch die verminderte Gebühr nach Nr. 3101 ist eine Gebühr, die im gerichtlichen Verfahren anfällt. Gebührenrechtlich beginnt der "Erste Rechtszug" (so die Überschrift des 1. Abschnitts von Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses) bereits mit der Erteilung des (unbedingten) Klageauftrags, nicht erst mit der Einreichung der Klageschrift bei Gericht (vgl. BGH, Urt. v. 8. Februar 2007 - IX ZR 215/05, NJW-RR 2007, 720 Rn. 11). Dass die Vorschrift der RVG VV Nr. 3101 keinen eigenen Gebührentatbestand enthält, sondern nur eine Unterart der Verfahrensgebühr der Nr. 3100 darstellt, ergibt sich aus dem ebenfalls eindeutigen Wortlaut der genannten Vorschriften.
15
bb) Die Materialien zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (Art. 3 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 12. Februar 2004, BT-Drucks. 15/1971, S. 187 ff, 209, 211) enthalten keinerlei Hinweis darauf, dass die Anrechnungsvorschrift des RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 für die gemäß Nr. 3101 verminderte Verfahrensgebühr nicht gelten soll. Die Beschränkung der Anrechnung auf höchstens einen Gebührensatz von 0,75 könnte umgekehrt auf eine Absicht des Gesetzgebers hindeuten, eine gänzliche Aufzehrung der (verminderten) Verfahrensgebühr durch die Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auszuschließen.
16
cc) Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschriften bleiben bei einer Anwendung auch auf die verminderte Verfahrensgebühr ebenfalls gewahrt. Die Anrechnung soll ausschließen, dass ein und dieselbe Tätigkeit doppelt - durch die Geschäfts- und zusätzlich durch die Verfahrensgebühr - vergütet wird. Der Umfang der durch das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information veranlassten anwaltlichen Tätigkeit wird entscheidend davon beeinflusst, ob der Anwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Eine gebührenrechtliche Gleichbehandlung des Anwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Anwalt, der zunächst außergerichtlich tätig war (und diese Tätigkeit gesondert vergütet erhält), ist nicht zu rechtfertigen (BT-Drucks. 15/1971, S. 209). Diese Überlegung gilt unabhängig davon , ob die Klage schließlich eingereicht wird oder ob sich die Sache zuvor anderweitig erledigt.
17
Nach der amtlichen Begründung der Anrechnungsvorschriften ist die Anrechnung außerdem erforderlich, um eine außergerichtliche Erledigung zu fördern. Es müsse der Eindruck vermieden werden, der Anwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren. Dieses Interesse kollidiere zwangsläufig mit dem Bestreben einer aufwandsbezogenen Vergütung. Diesen unterschiedlichen Interessen solle die Anrechnungsregel des Absatzes 4 der Vorbemerkung 3 RVG VV gerecht werden (BT-Drucks. 15/1971, S. 209). Die Revision verweist darauf, dass eine Anrechnung auch auf die verminderte Verfahrensgebühr zu deren weiterer Reduzierung führe, was mit dem Bemühen des Gesetzgebers, die außergerichtliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten gebührenrechtlich zu fördern, nicht im Einklang stehe. Diese Überlegung ist nur insofern richtig, als auch die Beilegung zwischen der Erteilung des Klageauftrags und der Klageerhebung prozessual noch eine "außergerichtliche" ist. Dass der Anwalt bei einer Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfah- rensgebühr aus RVG VV 3100 besser steht als bei einer Anrechnung auf die Gebühr aus RVG VV 3101, ist jedoch angemessen, weil er typischerweise für das nicht vorgerichtlich erledigte Verfahren mehr Aufwand treiben muss. Dafür, dass auch die verminderte Verfahrensgebühr durch die Anrechnung nicht völlig aufgezehrt wird, sorgt die Begrenzung der Anrechnung auf einen Gebührensatz von höchstens 0,75.
18
Unterbliebe die Anrechnung im Fall des RVG VV Nr. 3101, führte dies überdies dazu, dass sich die Gebühren des Anwalts, der vor Erteilung des Klageauftrags bereits eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,0 verdient hat, durch die Einreichung der Klage zunächst verringerte. Bis zur Einreichung der Klage könnte er dann nämlich die Gebühr nach RVG VV Nr. 3101 von 0,8 anrechnungsfrei beanspruchen. Mit der Einreichung der Klage wäre zwar die Gebühr nach RVG VV Nr. 3100 von 1,3 verdient; auf diese ist jedoch die hälftige Geschäftsgebühr anzurechnen, so dass nur eine Gebühr von weniger als 0,8 verbliebe. Ein solcher Regelungsplan des Gesetzes wäre sinnwidrig. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Einreichung einer Klageschrift mit dem Verlust bereits verdienter Gebühren sanktionieren wollte, finden sich demgemäß weder im Gesetzestext noch in den Materialien zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz.
Ganter Raebel Kayser
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Hainichen, Entscheidung vom 27.09.2006 - 1 C 630/06 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 28.06.2007 - 6 S 391/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 30/08
vom
2. Oktober 2008
in der Rechtsbeschwerdesache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Oktober 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert,
Dr. Bergmann und Dr. Koch

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 8. Zivilsenat, vom 12. Februar 2008 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 1.015,10 €.

Gründe:


1
I. Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben ihrer anwaltlichen Bevollmächtigten vom 20. Juni 2007 wegen eines vermeintlichen Wettbewerbsverstoßes ab. Im anschließenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurden die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt.
2
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Antragstellerin unter anderem beantragt, eine 1,3fache Verfahrensgebühr aus einem Wert von 100.000 € in Höhe von 1.760,20 € nach §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG festzusetzen.
3
Das Landgericht hat die Verfahrensgebühr lediglich in Höhe von 0,55 als erstattungsfähig angesehen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
4
Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag auf Festsetzung der nicht verminderten Verfahrensgebühr weiter.
5
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
6
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
7
Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG sei nur eine 0,55fache Verfahrensgebühr zu berücksichtigen. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift sei die Verfahrensgebühr und nicht die Geschäftsgebühr zu kürzen. Dabei genüge die bloße Entstehung der Geschäftsgebühr; darauf, ob die Gebührenrechnung über die Geschäftsgebühr beglichen sei, komme es nicht an.
8
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
9
a) Die im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens entstandene Geschäftsgebühr kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 7.3.2007 - VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049 Tz. 12). Dementsprechend können weder die Kosten für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung (vgl. BGH, Beschl. v. 20.10.2005 - I ZB 21/05, GRUR 2006, 439 Tz. 10 ff. = WRP 2006, 237 - Geltendmachung der Abmahnkosten, m.w.N. zum Streit- stand) noch die für die vorprozessuale Abwehr von Ansprüchen der Partei entstandene Gebühr nach Nr. 2300 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG Gegenstand einer Kostenfestsetzung nach §§ 103, 104 ZPO sein (vgl. BGH, Beschl. v. 22.1.2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323 Tz. 5).
10
b) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, im Kostenfestsetzungsverfahren sei die volle Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG ohne die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 der RVG vorgesehene Kürzung gegen die unterlegene Partei festzusetzen, wenn die Festsetzung der Geschäftsgebühr ausgeschlossen sei. Die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgesehene Bestimmung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dahin zu verstehen, dass eine entstandene Geschäftsgebühr , die denselben Gegenstand betrifft, auch dann auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist, wenn die Geschäftsgebühr nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO berücksichtigt werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 14.8.2008 - I ZB 103/07; BGH NJW 2008, 1323 Tz. 10 m.w.N. auch zur Gegenmeinung; BGH, Beschl. v. 30.4.2008 - III ZB 8/08, FamRZ 2008, 1346 Tz. 4). Für die Anrechnung ist es ferner ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (BGH NJW 2008, 1323 Tz. 10).
11
c) Die Geschäftsgebühr bezieht sich hier auf denselben Gegenstand i.S. der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit im kostenrechtlichen Sinn wird nach allgemeiner Auffassung durch das Recht oder das Rechtsverhältnis definiert, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des ihm von seinem Mandanten erteilten Auftrags bezieht (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Tz. 15 m.w.N.). Gegenstand der Abmahnung wie eines anschließenden Verfü- gungs- und Hauptsacheverfahrens ist demnach im vorliegenden Zusammenhang der durch den vermeintlichen Wettbewerbsverstoß begründete Unterlassungsanspruch. Dagegen kommt es für die Anwendung der Anrechnungsregelung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG nicht darauf an, ob die Geschäfts- und die Verfahrensgebühr dieselbe Angelegenheit oder unterschiedliche kostenrechtliche Angelegenheiten betreffen.
12
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Bergmann RiBGH Dr. Koch ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.11.2007 - 416 O 239/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.02.2008 - 8 W 2/08 -

(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.

(3) In Angelegenheiten nach dem Pflegeberufegesetz ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts § 52 Absatz 4 Nummer 4 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 15. August 2019 erteilt worden ist.

(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.

(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.

(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

Tenor

1. Der Einzelrichter überträgt das Beschwerdeverfahren zur Entscheidung auf die Beschwerdekammer.

2. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 211,17 Euro.

Gründe

A

Der Streit der Parteien betrifft die Anrechnung der infolge der vorgerichtlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin angefallenen Geschäftsgebühr auf die in dem Verfahren vor dem Amtsgericht angefallene Verfahrensgebühr.

Das Amtsgericht Saarlouis hat durch sein am 14.02.2008 verkündetes Urteil (Az.: 30 C 118/07) die Beklagte u.a. verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 250,15 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat das Amtsgericht der Beklagten auferlegt.

Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 16.04.2009 – beim Amtsgericht am 17.04.2009 eingegangen – hat das Amtsgericht – Rechtspflegerin – durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.06.2009 die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten festgesetzt auf 30,31 Euro nebst Zinsen.

Es hat auf die von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensgebühr eine 0,65 Geschäftsgebühr in Höhe eines Betrages von 177,45 Euro angerechnet und des Weiteren die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus der Staatskasse gezahlte PKH-Vergütung in Höhe von 654,50 Euro von dem Erstattungsbetrag abgezogen.

Gegen diesen am 09.07.2009 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 20.07.2009 sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt,

gegen die Beklagte weitere Kosten in Höhe von 211,17 Euro festzusetzen.

Die Klägerin ist der Auffassung, bei der Kostenfestsetzung sei § 15 a RVG anzuwenden, so dass keine 0,65 Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sei.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

B

I.

Da die in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren entscheidungserhebliche Frage der Anwendbarkeit des neu in das RVG eingefügten § 15 a RVG grundsätzliche Bedeutung hat, überträgt der Einzelrichter das Beschwerdeverfahren der Beschwerdekammer zur Entscheidung (vgl. § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO).

II.

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.

III.

1. Die erkennende Kammer ist ebenso wie das Oberlandesgericht Stuttgart in seinem Beschluss vom 11.08.2009 (Az.: 8 W 339/09, zitiert nach Juris, Rn. 10) der Auffassung, dass die seit dem 5. August 2009 in Kraft getretene Vorschrift des § 15 a RVG auch auf noch nicht abschließend entschiedene „Altfälle“ wie dem vorliegenden anzuwenden ist (ebenso: Hansens, Anwaltsblatt 2009, 535; Schons, AGS 2009, 216).

Dies ergibt sich daraus, dass für diese gesetzliche Neuregelung in Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (vgl. Bundesgesetzblatt I 2009 S. 2449) keine Übergangsvorschrift geschaffen worden ist und dass die in § 60 RVG enthaltene Übergangsvorschrift auf diesen Fall keine Anwendung findet.

2. Gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Rechtsanwaltsvergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erteilung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend deshalb nicht erfüllt, weil die Regelung des § 15 a RVG keine Gesetzesänderung in diesem Sinne darstellt, sondern eine von dem Gesetzgeber im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH FamRZ 2009, 225; BGH Beschluss vom 02.10.2008, Az.: I ZB 30/08, zitiert nach Juris Rn.10; BGH NJW 2008, 1323) für erforderlich gehaltene Klarstellung der bereits zuvor geltenden Rechtslage hinsichtlich der Anrechnung von Rechtsanwaltsgebühren (vgl. ebenso: OLG Stuttgart a.a.O. Juris Rn. 10).

2.1. Das Landgericht Saarbrücken (vgl. dazu den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 14. März 2008 – Az.: 5 T 41/08 m.w.N.) hat ebenso wie zahlreiche andere Gerichte (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 16.01.2008 – Az.: 2 B 8/08 – zitiert nach juris, Rdnr. 9; OLG Karlsruhe, JurBüro 2007, 635; OLG München, Rechtspfleger 2007, 686; OLG Koblenz, JurBüro 2007, 636; OLG Rostock, AGS 2008, 46; OLG Hamm, AGS 2008, 47; Schleswig Holsteinisches OLG, AGS 2008, 42; KG Berlin, JurBüro 2007, 582; anderer Ansicht: OLG Nürnberg, AGS 2008, 48; OLG Hamburg, AGS 2008, 47; OLG Frankfurt, AGS 2007, 477; OLG Oldenburg, AGS 2008, 50) bis zu den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH FamRZ 2009, 225; BGH Beschluss vom 02.10.2008, Az.: I ZB 30/08, zitiert nach Juris Rn.10; BGH NJW 2008, 1323) die maßgeblichen Vorschriften des RVG (Vorbemerkung 3 Abs. 4 vor Nr. 3100 VV RVG) bereits in dem Sinne ausgelegt, wie es der Gesetzgeber nunmehr durch § 15 a RVG klargestellt hat. Dies wurde damit begründet, dass das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) primär die Rechtsbeziehung des Rechtsanwalts zu seinem Mandanten und nicht das Rechtsverhältnis der Prozessparteien untereinander regele. Der vorrangige Zweck der Vorbemerkung Nr. 3 Abs. 4 VV RVG bestehe darin, das abrechenbare Gebührenaufkommen des Rechtsanwalts gegenüber seinem Auftraggeber zu begrenzen, wenn er für diesen wegen derselben Angelegenheit bereits vorgerichtlich tätig gewesen sei (vgl. OLG München, a.a.O., juris, Rdnr. 18). Diese Anrechnungsregelung sei deshalb erforderlich, weil es sich bei der vorgerichtlichen Tätigkeit und der Tätigkeit des Rechtsanwalts in dem Gerichtsverfahren nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 16 RVG handele, so dass im Hinblick auf § 15 RVG die in dem Gerichtsverfahren anfallende Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) durch die bereits vorgerichtlich angefallene Geschäftsgebühr (Nr. 2300 bis 2303 VVRVG) nicht abgegolten sei.

Dem Prozessgegner komme die Anrechnungsbestimmung der Vorbemerkung Nr. 3 Abs. 4 VV RVG nur mittelbar zugute, weil die in dem Rechtsstreit obsiegende Partei von ihrem zur Kostentragung verpflichteten Gegner gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO insgesamt keine höhere Gebühren erstattet verlangen könne als sie ihrem eigenen Rechtsanwalt schulde (vgl. OLG München, a.a.O., Rdnr. 19).

Dies sei in dem Kostenfestsetzungsverfahren jedoch nur dann zu berücksichtigen, wenn über Anfall und Höhe der außergerichtlichen Geschäftsgebühr zwischen den Parteien kein Streit bestehe. Denn das Kostenfestsetzungsverfahren sei nicht dazu geeignet und nicht dazu bestimmt, einen Streit der Parteien über die Voraussetzungen und über die Höhe einer bereits vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr zu entscheiden (vgl. OLG München, a.a.O., juris, Rdnr. 20; OLG Koblenz, a.a.O., juris, Rdnr. 22; OLG Hamm, a.a.O., juris, Rdnr. 7).

2.2. Zudem hat das Bundesministerium der Justiz in einer Pressemitteilung vom 05. August 2009 erklärt, mit dem neuen § 15 a RVG habe der Gesetzgeber die Probleme beseitigt, die in der Praxis aufgrund von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Anrechnung der anwaltlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr aufgetreten seien. Das Vergütungsrecht habe danach die vorgerichtliche Streiterledigung durch Rechtsanwälte behindert. Dieses Ergebnis sei nicht sachgerecht gewesen und habe den Vorstellungen von einer sinnvollen Rechtsanwaltsvergütung und Justiz widersprochen. Mit § 15 a RVG sei klargestellt, dass sich die Anrechnung im Verhältnis zu Dritten grundsätzlich nicht auswirke. In der Kostenfestsetzung müsse eine Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn eine Geschäftsgebühr entstanden sei, die auf sie angerechnet werde. Sichergestellt werde jedoch, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz oder Erstattung in Anspruch genommen werden könne, den der Rechtsanwalt von seinem Mandanten verlangen könne.

3. Die Problematik der Anrechnung bei der Kostenerstattung ist nun in § 15 a Abs. 2 RVG geklärt. Nach dieser Vorschrift kann sich ein Dritter auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

Diese Voraussetzungen für eine Anrechnung der vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr auf die in dem Gerichtsverfahren angefallene Verfahrensgebühr sind vorliegend erfüllt. Auf den Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht die Beklagte u. a. verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 250,15 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Somit besteht zu Gunsten der Klägerin wegen ihres Anspruchs gegen die Beklagte auf Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Geschäftsgebühr ihres Prozessbevollmächtigten ein Vollstreckungstitel in Höhe des genannten Betrages von 250,15 Euro. Diese titulierte Zahlungsverpflichtung der Beklagten ist bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen, so dass die in dem Gerichtsverfahren angefallene 1,3 Brutto-Verfahrensgebühr in Höhe von 422,33 Euro um 250,15 Euro zu kürzen ist und für die Kostenfestsetzung noch ein Betrag von 172,18 Euro übrig bleibt. Zuzüglich der 1,2 Terminsgebühr in Höhe von 327,60 Euro und der Kostenpauschale von 20,-- Euro jeweils zuzüglich der Mehrwertsteuer und der Schiedsmannskosten von 60,-- Euro ergeben sich somit bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigende Verfahrenskosten der Klägerin in Höhe von 645,82 Euro. Diese Erstattungsforderung wegen der aus der Staatskasse gezahlten PKH-Vergütung von 654,50 Euro gemäß § 59 RVG auf die Staatskasse übergegangen, so dass zu Gunsten der Klägerin kein Restbetrag festzusetzen wäre.

Wegen des Verbotes der reformatio in peius im Beschwerdeverfahren (vgl. dazu Zöller/Gummer, ZPO, 26. Auflage, § 572 ZPO Rn. 39 m. w. N.) kann die von der Klägerin angefochtene Kostenfestsetzung des Amtsgerichts jedoch nicht zu Ungunsten der beschwerdeführenden Klägerin abgeändert werden; allerdings ist der sofortigen Beschwerde im vollen Umfang der Erfolg zu versagen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

5. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wurde gemäß § 3 ZPO unter Berücksichtigung der von der Klägerin geltend gemachten höheren Erstattungsforderung festgesetzt.

6. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2 S. 1 ZPO zugelassen, da die Anwendung des § 15 a RVG auf sogenannte Altfälle klärungsbedürftig ist und die Rechtssache somit grundsätzliche Bedeutung hat.

Anders als das Oberlandesgericht Stuttgart (a.a.O., Juris Rn. 17) erscheint eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedoch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf den Beschluss des hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Juli 2009 (Az.: 13 TA 302/09) erforderlich zu sein. Denn das hessische Landesarbeitsgericht (zitiert nach Juris) hat seine Entscheidung bereits am 7. Juli 2009 und damit zu einem Zeitpunkt getroffen, als § 15 a RVG noch nicht in Kraft getreten war.

(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.

(3) In Angelegenheiten nach dem Pflegeberufegesetz ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts § 52 Absatz 4 Nummer 4 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 15. August 2019 erteilt worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 35/07
vom
2. September 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG § 15 a, RVG VV Vorb. 3 Abs. 4 VV; ZPO § 91
Der Gesetzgeber hat durch die Einfügung von § 15 a Abs. 1 RVG (Art. 7 Abs. 4
Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen
Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie
zur Änderung sonstiger Vorschriften, BGBl I S. 2449) die bereits unter Geltung
des § 118 BRAGO und nachfolgend unter Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG bestehende Gesetzeslage
klargestellt. Die Anrechnungsvorschrift wirkt sich danach grundsätzlich
im Verhältnis zu Dritten, damit insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht
aus. Im Kostenfestsetzungsverfahren musste und muss eine Verfahrensgebühr, von
den in § 15 a Abs. 2 RVG geregelten Ausnahmen abgesehen, stets auch dann in
der geltend gemachten Höhe festgesetzt werden, wenn für den Bevollmächtigten
des Erstattungsberechtigten eine Geschäftsgebühr entstanden ist.
BGH, Beschluss vom 2. September 2009 - II ZB 35/07 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. September 2009
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer,
Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 1. Oktober 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 676,52 €

Gründe:


I.

1
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2. August 2007 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die von den (vollumfänglich) unterlegenen Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 3.073,84 € festgesetzt. In diesem Betrag ist u.a. die von der Klägerin für ihren Bevollmächtigten geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG in voller Höhe berücksichtigt. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Begründung, wegen der vorgerichtlichen Tätigkeit des Bevollmächtigten der Klägerin und der dadurch entstandenen 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG sei im Hinblick auf die Anrechnungsregelung in Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG die Verfahrensgebühr nur in Höhe von 0,55 entstanden und nur in dieser Höhe festsetzbar.
2
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

3
Die statthafte und frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde der Beklagten (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 575 ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat zu Recht die von den Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 3.073,84 € festgesetzt und dabei die Verfahrensgebühr des Bevollmächtigten der Klägerin in der geltend gemachten Höhe von 1,3 Gebühren trotz der unstreitig entfalteten außergerichtlichen Tätigkeit des Bevollmächtigten berücksichtigt.
4
1. Die Beklagten stützen - vor allem im Rechtsbeschwerdeverfahren - ihre Ansicht auf die neuere Rechtsprechung einiger Senate des Bundesgerichtshofs. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Beschluss vom 22. Januar 2008 (VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323 ff.) - abweichend von der bis dahin feststehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung (Beschl. v. 20. Oktober 2005 - I ZB 21/05, NJWRR 2006, 501; v. 27. April 2006 - VII ZB 116/05, NJW 2006, 2560 und v. 30. Januar 2007 - X ZB 7/06, NJW 2007, 3289) und ohne sich mit ihr auseinanderzusetzen - entschieden, dass in einem Fall wie dem vorliegenden die Verfahrensgebühr nur in Höhe von 0,55 festgesetzt werden könne, da sie im Hinblick auf die vorgerichtliche Tätigkeit des Bevollmächtigten und die Anrechnungsregelung in Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG überhaupt nur in dieser Höhe "entstehe". Dem haben sich mehrere Senate des Bundesgerichtshofs ohne eigene Begründung angeschlossen.
5
Diese Rechtsprechung ist im Schrifttum ganz überwiegend und z.T. auch in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung auf - teilweise heftige - Kritik gestoßen (s. nur Schons, AnwBl. 2008, 356; Hansen, RVG-Report 2008, 121; Junglas, NJOZ 2008, 2707; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG 18. Aufl. VV 3100 Rdn. 217; Bericht der Gebührenreferenten der RAK, RVG-Report 2008, 210; KG JurBüro 2008, 304; AnwBl. 2009, 236). Selbst der Petitionsausschuss des Bundestages hat den Gesetzgeber aufgefordert, tätig zu werden.
6
2. Den erkennenden Senat überzeugt die Ansicht des VIII. Zivilsenats nicht. Ohne die gegen diese Lösung des Anrechnungsproblems anzuführenden systematischen, teleologischen und sprachlichen Argumente im Einzelnen darzustellen , vermag der Senat ihr nicht zuletzt im Hinblick auf die teilweise zu Recht als katastrophal bezeichneten Folgen aber auch, weil er sie aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht abzuleiten vermag, nicht zu folgen.
7
Statt im Hinblick auf seine abweichende Meinung den Großen Senat für Zivilsachen anzurufen, hat der Senat die Bearbeitung des vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahrens zurückgestellt, nachdem der Gesetzgeber die vom VIII. Zivilsenat begründete Rechtsprechung zum Anlass für eine klarstellende Änderung des RVG genommen hat. Das Gesetzgebungsverfahren hat am 4. August 2009 durch Verkündung des § 15 a RVG (Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht , zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften) im Bundesgesetzblatt (BGBl I S. 2449) sein Ende gefunden. § 15 a RVG ist gemäß Art. 10 Satz 2 dieses Gesetzes am Tag nach der Verkündung (5. August 2009) in Kraft getreten.
8
Mit dem neu eingefügten § 15 a RVG hat der Gesetzgeber das RVG nicht geändert, sondern lediglich die seiner Ansicht nach bereits vor Einfügung von § 15 a RVG bestehende Gesetzeslage in dem Sinne, wie auch der erkennende Senat sie verstanden hat, klargestellt, derzufolge sich die Anrechnung gemäß Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG grundsätzlich im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht auswirkt. Die Anrechnungsvorschrift betrifft vielmehr grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. In der Kostenfestsetzung musste und muss daher eine Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn für den Bevollmächtigten eine Geschäftsgebühr entstanden ist. Sichergestellt wird durch § 15 a Abs. 2 RVG lediglich, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz und Erstattung in Anspruch genommen werden kann, den der Anwalt von seinem Mandanten verlangen kann (siehe hierzu BT-Drucks. 16/12717 S. 2 und S. 67 f.; Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 5. April 2009; ebenso OLG Stuttgart, Beschl. v. 11. August 2009 - 8 W 339/09, juris Tz. 10; OLG Dresden, Beschl. v. 13. August 2009 - 3 W 0793/09, n.v.; OVG Münster, Beschl. v. 11. August 2009 - 4 E 1609/09, juris Tz. 9 ff.; Kallenbach, AnwBl. 2009, 442; Schons, AGS 2009, 216, 217; Hansens, RVG-Report 2009, 241, 246; ders. AnwBl. 2009, 535 ff.).
9
3. Da - unstreitig - keiner der Anwendungsfälle des § 15 a Abs. 2 RVG vorliegt, hat die Rechtspflegerin die Verfahrensgebühr mit Recht in voller Höhe festgesetzt.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Löffler
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 02.08.2007 - 12 O 101/07 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 01.10.2007 - 8 W 380/07 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)