Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 06. Juni 2012 - 6 UF 47/12

bei uns veröffentlicht am06.06.2012

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin und die Anschlussbeschwerde des Antragstellers wird der am 24. Januar 2012 verkündete Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in St. Wendel - 6b F 144/10 S – wie folgt in Ziffer II, 6) des Beschlusstenors teilweise abgeändert und um die Ziffer II, 7) ergänzt:

II, 6) Im Wege der internen Teilung wird, bezogen auf den 31. Oktober 2010, zulasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Lebensversicherungs-AG, Versicherungsnummer:, aus einer fondsgebundenen Riester-Rente zu Gunsten des Antragstellers nach Maßgabe der Teilungsordnung der Lebensversicherungs-AG für den Neubestand (01.10) ein Anrecht in Höhe von 1.119,72 EUR übertragen.

II, 7) Im Wege der internen Teilung wird, bezogen auf den 31. Oktober 2010, zulasten des Anrechts des Antragstellers bei der Lebensversicherungs-AG, Versicherungsnummer: aus einer fondsgebundenen Riester-Rente zu Gunsten der Antragsgegnerin nach Maßgabe der Teilungsordnung der Lebensversicherungs-AG für den Neubestand (01.10) ein Anrecht in Höhe von 4.905,88 EUR übertragen.

2. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

3. Beschwerdewert: 1.925 EUR.

Gründe

I.

Der am ... Mai 1958 geborene Ehemann (Antragsteller) und die am ... März 1957 geborene Ehefrau (Antragsgegnerin), beide deutsche Staatsangehörige, haben am 28. November 1986 geheiratet. Aus der Ehe sind zwei 1988 bzw. 1990 geborene Kinder hervorgegangen. Der am 29. Oktober 2010 eingereichte Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 23. November 2010 zugestellt.

Während der Ehezeit (1. November 1986 bis 31. Oktober 2010, § 3 Abs. 1 VersAusglG) haben die beteiligten Eheleute Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund, weitere Beteiligte zu 1) sowie Anwartschaften aus privaten Rentenversicherungen bei der Lebensversicherungs AG (weitere Beteiligte zu 3) erworben. Außerdem hat der Antragsteller beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften bei der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Deutsche Post AG (weitere Beteiligte zu 2) erlangt.

In dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht die Ehe - insoweit rechtskräftig – geschieden (Ziffer I des Beschlusstenors) und den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass es, jeweils im Wege der internen Teilung und bezogen auf den 31. Oktober 2010, zulasten des Anrechts des Antragstellers bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 0,6478 Entgeltpunkten auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund übertragen hat (Ziffer II, 1 des Beschlusstenors), zulasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Post AG monatlich 782,22 EUR auf die Antragsgegnerin übertragen hat (Ziffer II, 2 des Beschlusstenors), zulasten des Anrechts des Antragstellers bei der Lebensversicherungs AG, Versicherungsnummer, zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 11.917,95 EUR übertragen hat (Ziffer II, 3 des Beschlusstenors), zulasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 2,7494 Entgeltpunkten auf das Versicherungskonto des Antragstellers bei der DRV Bund übertragen hat (Ziffer II, 4 des Beschlusstenors), zulasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Lebensversicherungs AG, Versicherungsnummer, zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 7.591,46 EUR übertragen (Ziffer II, 5 des Beschlusstenors) und angeordnet hat, dass ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Lebensversicherungs AG, Versicherungsnummer:, nicht stattfinde (Ziffer II, 6 des Beschlusstenors).

Gegen die Regelung des Versorgungsausgleichs wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie rügt, dass der Antragsteller während der Ehezeit ein weiteres Anrecht auf eine Altersrente mit der Versicherungsnummer bei der Lebensversicherungs-AG erlangt habe, das einen vorgeschlagenen Ausgleichswert von 4.905,88 EUR aufweise und ebenfalls auszugleichen sei.

Auch der Antragsteller hat Beschwerde gegen die Versorgungsausgleichsregelung eingelegt, mit der er den Ausgleich des in Ziffer II, 6) des Beschlusstenors wegen Geringfügigkeit ausgeschlossenen Anrechts der Antragsgegnerin erstrebt.

Die beteiligten Eheleute tragen übereinstimmend vor, dass die zweitinstanzlich in Rede stehenden Anwartschaften von gleicher Art seien und beide ausgeglichen werden müssten. Die Lebensversicherungs-AG trägt vor, dass es sich um gleichartige Anrechte aus einer fondsgebundenen Riester-Rente handle. Die übrigen Beteiligten haben sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert.

II.

Die Beschwerden sind zulässig, wobei dahinstehen kann, ob der Antragsteller die Beschwerdefrist gewahrt hat, was im Hinblick auf die am 30. April 2012 per Fax beim Familiengericht eingereichte Beschwerdeschrift insofern zweifelhaft erscheint, als diese nicht unterschrieben ist, denn jedenfalls ist das Rechtsmittel des Antragstellers als Anschlussbeschwerde zulässig.

Die beiden Rechtsmittel führen zur teilweisen Änderung des angefochtenen Beschlusses nach Maßgabe der Entscheidungsformel.

Die Antragsgegnerin rügt zu Recht, dass das Familiengericht den Ausgleich des Anrechts des Antragstellers aus einer fondsgebundenen Riester-Rente bei der Lebensversicherungs-AG mit der Versicherungsnummer nicht vorgenommen hat. Denn nach der unbeanstandet gebliebenen und zu keinen Bedenken Anlass gebenden Auskunft der Lebensversicherungs-AG vom 18. Januar 2011 (Bl. 91 ff. d.A. VA) verfügt der Antragsteller über Anrechte aus einer unter dieser Versicherungsnummer geführten privaten Altersversorgung mit einem Ehezeitanteil 9.991,76 EUR bzw. einem Ausgleichswert von 4.905,88 EUR. Es unterliegt keinem Zweifel, dass dieses Anrecht gemäß §§ 2, 10 ff., 46 VersAusglG unter Berücksichtigung der Teilungsanordnung für den Neubestand (01.10) im Wege der internen Teilung entsprechend auszugleichen ist.

Dasselbe gilt hinsichtlich der fondsgebundenen Riester-Rente der Antragsgegnerin, die bei der Lebensversicherungs-AG unter der Versicherungsnummer geführt wird. Nach der ebenfalls unbeanstandet gebliebenen und zu keinen Bedenken Anlass gebenden Auskunft vom 21. April 2011 (Bl. 29 ff. d.A. VA) verfügt die Antragsgegnerin über entsprechende Anrechte in Höhe eines Ehezeitanteils von 2.419,44 EUR mit einem Ausgleichswert von 1.119,72 EUR. Auch insoweit hat ein Ausgleich zu erfolgen. Die Bagatellklausel des § 18 VersAusglG steht dem nicht entgegen. Die Differenz der Ausgleichswerte dieser Anrechte, die zweifelsfrei von gleicher Art i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG sind, beläuft sich auf 3.786,16 EUR (= 4.905,88 EUR – 1.119,72 EUR) und ist damit höher als 120 % der zum Ehezeitende maßgebenden Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV von 2.555 EUR. Dass der Ausgleichswert des Anrechts der Antragsgegnerin für sich allein genommen die Geringfügigkeitsgrenze des § 18 Abs. 2 VersAusglG unterschreitet, ist unerheblich, wenn, wie hier, die Differenz der Ausgleichswerte nicht als geringfügig im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG angesehen werden kann (BGH, FamRZ 2012, 513).

Nach alledem ist der angefochtene Beschluss entsprechend abzuändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 150 FamFG, 20 FamGKG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf der unangegriffen gebliebenen Wertfestsetzung des Familiengerichts und berücksichtigt, dass in der Beschwerdeinstanz nur zwei Anrechte verfahrensgegenständlich sind.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern.

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Gesetz über den Versorgungsausgleich


Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 18 Bezugsgröße


(1) Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung ist, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vo

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 18 Geringfügigkeit


(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. (2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen. (3) Ein Wer

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 3 Ehezeit, Ausschluss bei kurzer Ehezeit


(1) Die Ehezeit im Sinne dieses Gesetzes beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist; sie endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags. (2) In den Versorgungsausgleich sind alle Anrechte einzu

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 150 Kosten in Scheidungssachen und Folgesachen


(1) Wird die Scheidung der Ehe ausgesprochen, sind die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen gegeneinander aufzuheben. (2) Wird der Scheidungsantrag abgewiesen oder zurückgenommen, trägt der Antragsteller die Kosten der Scheidungssache u

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Tenor I Der am 09.12.2015 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum wird von Amts wegen in der Beschlussformel zum Versorgungsausgleich dahin berichtigt, dass die Nummer des für die Antragstellerin bei der Deutschen Rentenvers

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(1) Die Ehezeit im Sinne dieses Gesetzes beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist; sie endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags.

(2) In den Versorgungsausgleich sind alle Anrechte einzubeziehen, die in der Ehezeit erworben wurden.

(3) Bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren findet ein Versorgungsausgleich nur statt, wenn ein Ehegatte dies beantragt.

(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist.

(2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen.

(3) Ein Wertunterschied nach Absatz 1 oder ein Ausgleichswert nach Absatz 2 ist gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt.

(1) Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung ist, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag.

(2) Die Bezugsgröße für das Beitrittsgebiet (Bezugsgröße [Ost]) verändert sich zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres auf den Wert, der sich ergibt, wenn der für das vorvergangene Kalenderjahr geltende Wert der Anlage 1 zum Sechsten Buch durch den für das Kalenderjahr der Veränderung bestimmten Wert der Anlage 10 zum Sechsten Buch geteilt wird, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Für die Zeit ab 1. Januar 2025 ist eine Bezugsgröße (Ost) nicht mehr zu bestimmen.

(3) Beitrittsgebiet ist das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet.

(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist.

(2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen.

(3) Ein Wertunterschied nach Absatz 1 oder ein Ausgleichswert nach Absatz 2 ist gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt.

(1) Wird die Scheidung der Ehe ausgesprochen, sind die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen gegeneinander aufzuheben.

(2) Wird der Scheidungsantrag abgewiesen oder zurückgenommen, trägt der Antragsteller die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen. Werden Scheidungsanträge beider Ehegatten zurückgenommen oder abgewiesen oder ist das Verfahren in der Hauptsache erledigt, sind die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen gegeneinander aufzuheben.

(3) Sind in einer Folgesache, die nicht nach § 140 Abs. 1 abzutrennen ist, außer den Ehegatten weitere Beteiligte vorhanden, tragen diese ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

(4) Erscheint in den Fällen der Absätze 1 bis 3 die Kostenverteilung insbesondere im Hinblick auf eine Versöhnung der Ehegatten oder auf das Ergebnis einer als Folgesache geführten Unterhaltssache oder Güterrechtssache als unbillig, kann das Gericht die Kosten nach billigem Ermessen anderweitig verteilen. Es kann dabei auch berücksichtigen, ob ein Beteiligter einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem Informationsgespräch nach § 135 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat. Haben die Beteiligten eine Vereinbarung über die Kosten getroffen, soll das Gericht sie ganz oder teilweise der Entscheidung zugrunde legen.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten auch hinsichtlich der Folgesachen, über die infolge einer Abtrennung gesondert zu entscheiden ist. Werden Folgesachen als selbständige Familiensachen fortgeführt, sind die hierfür jeweils geltenden Kostenvorschriften anzuwenden.